Die Bedeutung der Zeichnungen in Francisco de Goyas Gesamtwerk


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

20 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Forschungsstand

2. Ausbildung und die frühen Jahre bis 1792

3. Vorzeichnungen für Druckgrafiken
3.1. Caprichos
3.2. Los Desastres de la Guerra
3.3. Tauromaquia
3.4. Disparates

4. Zeichenalben
4.1. Album B - Madrider Album
4.3. Album C
4.2. Album G - Album I von Bordeaux

5. Zeichnungen im 19. Jahrhundert - Goya im Kontext seiner Zeit

6. Resümee

1. Einleitung

Francisco de Goya zählt zu den bekanntest Künstlern der spanischen Malereigeschichte. Meist sind jedoch die zahlreichen Gemälde und Kupferstiche bekannt, die er in einer Zeit von politischen Umbrüchen und Veränderungen, am Übergang vom 18. Jahrhundert zum 19. Jahrhundert schuf. Neben diesen Werken fertigte Goya auch Zeichnungen an, von denen heute rund 1000 Exemplare bekannt sind. Sie setzten sich zum einen aus rund 500 vorbereitenden Entwürfen und Vorzeichnungen für seine Druckgraphiken, Gemälde sowie Tapisseriekartons zusammen. Zum anderen gehören die in den 8 Skizzenalben gesammelten 467 Blätter dazu, die Goya ab dem 50. Lebensjahr zeichnete. Aufgrund der großen Anzahl der Werke und den vielen Jahren in denen sich Goya mit dieser Technik befasste, kann von den Zeichnungen als ein wichtiger Teil seiner Kunst gesprochen werden, um das es in der folgenden Arbeit gehen soll. Im Mittelpunkt soll die Frage nach der Bedeutung der Zeichnungen in Goyas Gesamtwerk stehen - Welchen Stellenwert hatte diese Technik für ihn? Hierzu werden zunächst seine Ausbildung und die Entwicklung des Künstlers in dieser Technik betrachtet. Die Fragen, wie kam Goya zum Zeichnen und was war der Wendepunkt an dem die Zeichenkunst eine andere Bedeutung für ihn erlangte, sollen in dieser Arbeit geklärt werden. Abschließend soll ein Vergleich der Zeichentechniken Goyas und denen in seiner Zeit üblichen Zeichenmittel dabei helfen, die eingangs gestellte Frage zu klären.

1.1.Forschungsgeschichte

Mit dem zeichnerischen Oeuvre Goyas setzte sich 1858 erstmals Laurent Matheron in seinem Buch zu dem Künstler auseinander.1 In einem Aufsatz in der Zeitschrift Gazette des Beaux Arts, aus dem Jahre 1860, wies Valentín Caderera ebenso auf diesen Werkkomplex in Goyas Schaffen hin, so dass danach den Zeichnungen größere Aufmerksamkeit geschenkt wurde.2 Einen weiteren Schritt machte 1923 August Liebmann Mayer, indem er sämtliche bekannte Zeichnungen auflistete und damit die Grundlage für die Forschung der nächsten Jahre schuf.3 Ebenso erkannte Mayer die thematischen und stilistischen Unterschiede in den einzelnen Blättern und rekonstruierte auf diese Weise die Skizzenbücher.

In den 1970er Jahren griff Pierre Gassier die Zeichnungen Goyas erneut auf und verfasste zwei sehr ausführliche Werke zu diesem Thema. In dem 1973 erschienen Buch geht er auf die acht Skizzenbücher ein.4 Zwei Jahre später setzte er sich mit den restlichen Zeichnungen und Studien auseinander.5 Beide Werke bilden eine Grundlage dieser Arbeit. Des Weiteren bietet der Katalog zur Ausstellung in Berlin einen guten Überblick zu dem neuesten Forschungstand.6

2. Ausbildung und die frühen Jahre bis 1792

Goya, dessen Vater selbst Maler und Vergolder von Altarbildern war, begann seine Ausbildung bereits mit 14 Jahren bei dem Barockmaler José Luzán Martínez in Saragossa. In den vier Jahren der Lehre ließ ihn Luzán hauptsächlich Zeichnungen nach italienischen und französischen Künstlern anfertigen. Goya lernte hier, genauso wie kurze Zeit später bei Francisco Bayeu die handwerklichen Grundlagen des Zeichnens. In Bayeu, der seit 1767 Maler am spanischen Hof war, fand Goya einen einflussreichen Mentor, dessen Beziehungen der Karriere des jungen Künstlers nützlich waren. Ebenso nahm Bayeu großen Einfluss auf die stilistische Entwicklung des jungen Goya. Nachdem er 1774 nach Madrid umzog, begann er ein Jahr später für die königliche Teppichmanufaktur zu arbeiten. Mit mehreren Unterbrechungen war er bis 1792 für die Madrider Santa-Bárbara- Manufaktur tätig und entwarf über 60 Kartons. Hierzu sind neun Vorzeichnungen bekannt, die Goya alle bereits in den ersten Jahren zwischen 1775 und 1780 schuf.7 Wie die Studien zu dem Tapisseriekarton La merienda a orillas del Manzanares 8 (Abb.1) zeigen, legte Goya sehr viel Wert auf eine exakte Wiedergabe der Details, ganz in Manier seiner Lehrer. So sind die Studien der im Vordergrund sitzenden Majos (Abb.2.1; 2.2) sehr detailreich und mit klaren Linen wiedergegeben. Eine sich im Hintergrund befindende Gruppe skizzierte er etwas flüchtiger und verzichtete auf Detailangaben (Abb.2.3). Allerdings sind auch diese Personen so genau modelliert und in einer natürlichen Haltung wiedergegeben, dass vermutet wird, Goya habe die Studien nach einem Modell gefertigt.9 In den folgenden Jahren gab Goya derartige Vorzeichnungen zu seinen Tapisseriekartons auf und beschränkte sich auf Ölskizzen. Zudem erinnern die Tapisserieentwürfe stark an seinen französischen Lehrer Bayeu und stehen in der Tradition der Manufaktur. Sie können daher nicht als charakteristisch für den Stil Goyas angesehen werden.

Ebenfalls in diesen frühen Jahren entstanden die Kopien nach den Werken des spanischen Malers Diego Velázquez. Um 1775 kam eine Sammlung von Velázquez- Gemälden in den Madrider Stadtpalast, wo sie bei Goya großes Interesse geweckt haben müssen. Bereits drei Jahre später veröffentlichte er seine erste Folge mit 13 Radierungen nach Velázquez. Goya folgte hierbei möglicherweise der Empfehlung von Antonio Ponz (1725-1792), die Werke der königlichen Sammlung zu kopieren und sie bekannt zu machen.10 Aber auch der Leiter der Teppichmanufaktur Anton Raphael Mengs empfahl, sich Velázquez als Vorbild zu nehmen und seine Werke nachzuzeichnen.11 Goya verwendete hauptsächlich Rötel und schwarze Kreide für die Kopien, nur bei einem Werk griff er zu Feder. Entsprechend dem Einfluss seiner Lehrer standen die 19 Radierungen und auch die 12 dazu bekannten Vorzeichnungen, in dem klassischen, strengen Stil, den er vermittelt bekam (Abb.3). Dieser zeichnet auch die wenigen Studien und Skizzen aus, die der Künstler für seine Gemälde in den Jahren um 1770 anfertigte. Zu den rund 700 Gemälden die Goya in seinem Leben schuf, sind heute nur 22 Vorzeichnungen bekannt. Er griff auch hier im Laufe der Jahre immer mehr auf vorbereitende Ölskizzen zurück, ähnlich wie es bei den Tapisseriekartons der Fall war. Das unterscheidet Goya von anderen Meistern sowohl seiner Zeit als auch vergangener Jahrhunderte und kann als Besonderheit der Kunst Goyas bezeichnet werden. Bei den Gemälden, die Goya mit Skizzen und Studien vorbereitete, handelt es sich nicht um die bekannten großen Auftragswerke wie Die Erschie ß ungen am 3. Mai auf der Moncloa oder die Bildnisse der königlichen Familie, sondern um kleinere religiöse oder allegorische Bilder sowie einige Porträts. Nachdem Goya 1780 an der Akademie von San Fernando aufgenommen wurde, begann für ihn ein rascher Karriereaufstieg. Mit zunehmenden Auftraggebern, zu denen Mitglieder der königlichen Familie und später auch der Herzog von Osuna zählten, veränderte er seinen bis dahin hauptsächlich durch die Manufaktur bestimmten Stil. Goya distanzierte sich von der klassischen Malweise, die ihm sein Lehrer Bayeu beibrachte und entwickelte eine eigene künstlerische Individualität. Diese machte sich auch in den Arbeitsmitteln bemerkbar. Während Goya bis zum Jahr 1792 seine gesamten Skizzen ausschließlich auf grauem oder blau getöntem Papier mit Rötel und schwarzer oder weißer Kreide anfertigte, entdeckte er nun das Medium Zeichnung ganz neu. Nach seiner schweren Krankheit, in Folge derer er taub wurde, widmete sich der Künstler ab 1796 in Sanlúcar verstärkt der Zeichenkunst. Er entdeckte die Lavistechnik12 für sich und begann neben den bis dahin entstanden Skizzen und Studien, die Zeichnung auch als eigenständiges Medium schätzen zu lernen, dass bei ihm einen eigenen, differenzierteren Stil besaß.

3. Vorzeichnungen für Druckgrafiken

Nach den Skizzenbüchern bilden die Entwürfe und Skizzen zu den vier Radierzyklen die zweitgrößte Gruppe in Goyas Zeichenoeuvre. Fast 20 Jahren nach seinen ersten Radierungen nach Velázquez, befasste sich Goya 1797 wieder mit dieser Technik. Ganz anders als bei den Gemälden fertigte er hierzu rund 300 detailliert ausgearbeitete Vorzeichnungen für die druckgrafischen Serien an. Obwohl zu einigen Grafiken die Vorstudien fehlen, wird heute davon ausgegangen, dass zu jeder Radierung oder Lithographie eine Zeichnung existierte.13 Diese These wird durch die von Goya verwendete Technik des Umdruckverfahrens gestützt.14 Fast alle seine Vorzeichnungen für die Radierungen weisen Markierungen für Kupferplatten sowie kleinere Falten auf. Die Skizzen sind außerdem nicht einheitlich und unterscheiden sich in Format, Papiersorte sowie in der Zeichentechnik voneinander.

Aufgrund der langen Abstände zwischen den einzelnen Radierzyklen glaubt P. Gassier, dass Goya sich dieses Mediums hauptsächlich in persönlichen oder politischen Krisenzeiten bediente. Während er sich nach seiner schweren Krankheit nach Sanlúcar zurückzog, fertigte er dort die ersten Entwürfe und Zeichnungen zu den Caprichos. Die Jahre zwischen 1810 bis 1820, eine Zeit von Krieg und darauf folgenden politischen Umwälzungen, verarbeitete Goya in dem Zyklus Desastres de la Guerra. Auch die Zeichnungen zu dem letzten Radierzyklus Disparates entstanden in Zurückgezogenheit, die Goya 1820 nach einer erneuten schweren Krankheit in seinem Landhaus Quinta del Sordo suchte.15

[...]


1 Matheron, Laurent: Goya. Paris 1858.

2 Caderera, Valentín: François Goya. Sa vie, ses dessins et ses eaux-fortes. In: Gazette Beaux Arts, 1860, S.215-227.

3 Mayer, August Liebmann: Fransisco de Goya. München 1923.

4 GASSIER, Pierre: Francisco Goya. Die Skizzenbücher, Berlin 1973.

5 GASSIER, Pierre: Francisco Goya. Die Zeichnungen, Frankfurt a. M. 1975.

6 SCHUSTER, Peter-Klaus/ SEIPEL Wilfried: Goya. Prophet der Moderne. Berlin 2005.

7 GASSIER 1975, S.29.

8 Das Picknick am Ufer des Manzanares, 1776 Öl auf Leinwand (Tapisseriekarton) 272 x 295 cm. Madrid, Museon Nacional del Prado.

9 GASSIER 1975, S.35.

10 Antonio Ponz schrieb dies im sechsten Band seines Buches „Viage de España“. Nach MENA MARQUÉS, M. B.: Katalog. Philipp IV. als Jäger. In: SCHUSTER./ SEIPEL, 2005. S.90.

11 GASSIER 1975, S. 58.

12 Ein Maltechnik bei der Tusche mit einem nassen Pinsel verwischt wird. Vgl. Brockhaus Enzy- klopädie, Bd.13, Mannheim 1998 → lavieren S.175.

13 GASSIER 1975, S.54.

14 Bei dem Umdruckverfahren werden die Zeichnungen befeuchtet, auf die Kupferplatte gelegt und durch die Presse geschoben. Hierbei überträgt sich die Zeichnung spiegelbildlich auf die Kupferplatte und kann dort detailgetreu weiter ausgearbeitet werden. Um ein Verrutschen des Blattes zu verhindern, faltete Goya es um die Kupferplatte. Erst die Abzüge entsprachen der zu Beginn gefertigten Zeichnung.

15 GASSIER 1975, S.53-54.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der Zeichnungen in Francisco de Goyas Gesamtwerk
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Francisco de Goya
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V351199
ISBN (eBook)
9783668376458
ISBN (Buch)
9783668376465
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bedeutung, zeichnungen, francisco, goyas, gesamtwerk
Arbeit zitieren
Manuela Blobner (Autor:in), 2005, Die Bedeutung der Zeichnungen in Francisco de Goyas Gesamtwerk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351199

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