Polypharmazie bei älteren Patienten. Ist weniger nicht mehr?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

14 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG
1.1 Der Ältere Mensch und seinen Lebensumwelt
1.2. Der ältere Mensch und seine Gesundheit mit Medikamenten

2. METHODIK
2.1. Datenbankrecherche
2.2. Beobachtungsstudie

3. DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE

4. DISKUSSION
4.1. Wichtige Botschaften
4.2. Prävention für die Zukunft

5. RESÜMEE

1. Einleitung

Problemhintergrund der vorliegenden Arbeit soll sein: brauchen alte Menschen wirklich mehrere Medikament um „gesund“ alt zu werden oder machen diese erst krank. Ist weniger nicht mehr?

Es fiel ein erhöhter Medikamentenkonsum, der als Hausmedikation angegeben wurde und oft auch mit vom Hausarzt unterschriebenen Plänen nachgewiesen wurde, auf im Alltag einer kardiologischen Station eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung. Die Patienten, die stationär aufgenommen wurden, zeigten eine nicht unerhebliche, oft verschiedenartige Medikation. In ärztlichen und pflegerischen Visiten fiel zunehmend auf, dass die Medikamente nicht namentlich benannt wurden, in Farben klassifiziert wurden und die Indikation dem älteren Menschen nicht bekannt war. Der Arzt hatte verschrieben und das wurde nicht hinterfragt. Der Eindruck entstand, dass eine fehlende Compliance, auch eine fehlende Autonomie und in Fragestellen der eigenen Kompetenz, Patienten veranlasste, die Medikamente widerspruchslos ohne Hinterfragen oder Auseinandersetzen einzunehmen. Die Patienten fühlten sich auch mit den Medikamenten eingeschränkt und krank.

Zu Beginn der Recherche waren die Patienten, die deutlich mehr wie vier Medikamente einnehmen, sind nicht mehr selten. Die Patienten zwischen 70 - 90 Jahren haben oft 5 - 10 Diagnosen, die leitliniengerecht therapiert werden. Ein Patient hat häufig einen Myokardinfarkt erlebt, dazu kommt eine exazerbierte Lungenerkrankung und ein Ulcus des Magens oder Darmes.

Einer Multimedikation ist der Weg bereitet. Viele Betroffenen üben noch eine Selbstmedikation mit Life style Produkten, Bagatellerkrankungen, Vitaminen, Laxanzien und diversen Schlafmittel aus.

Ist dies eine subjektive Wahrnehmung oder gibt es dazu validierte Daten? Sind delirante Zustände bei älteren Patienten zu vermeiden? Sind Stürze und Immobilität Nebenwirkungen der Medikationen, die Gesundheit und Wohlbefinden fördern soll. Kann die Lebensqualität der älteren Menschen erhöht werden und die persönliche Autonomie im Alltag gehalten werden? Über welche Konzepte sollte nachgedacht werden?

Der ältere Mensch hat eine höhere Krankheitslast. Dies ist belegt durch das Statistische Bundesamt 2007. Berthold und Steinhagen-Thiessen belegten 2009 in ihrem Artikel über „Arzneitherapie im Alter“, dass im Jahr 2007 die Gesamtverordnung der Patienten über 60 Jahre 64%, aber dieser Anteil der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung nur 27% betrug.

Schwer lässt sich erkennen, ob die Symptome eine neue Erkrankung oder Nebenwirkungen sind, die sich ab 4 Präparate verdoppeln und ab 7 Medikamente um das 14fache steigen. In diesem Artikel wird auf die Verschreibungskaskade eingegangen, die mögliche Weise zu einer Polypharmazie führt. Der Patient kommt mit Beschwerden zum Arzt, eine Diagnose wird erstellt und eine medikamentöse leitliniengerechte Therapie erfolgt. Es können aus physiologischen Gründen unerwünschte Nebenwirkungen mit unspezifischen Symptomen entstehen. Der Patient geht erneut zum Arzt und bekommt eine neue Diagnose dazu mit den dazugehörigen leitliniengerechter und medikamentöser Therapie.

Noch gibt es bisher keinen wissenschaftlicher Konsens, aber viele Mediziner und Pharmakologen haben erkannt, das es eine Veränderung für die älteren Patienten geben sollte und die Diskussion in den Fachzeitschriften zeigt die hohe Bedeutung für die Sozialmedizin und die Gesundheitsökonomie auf. Es zeigte sich auch, dass es kein deutsches Problem ist, sondern international auch so gesehen wird.

1.1. Der ältere Mensch und die Lebensumwelt

Definiert werden Senioren, die 65 Jahre oder älter sind, als ältere Menschen. Die über 80jährigen werden als oldest old bezeichnet. Zahlen und Statistiken liefern das Statistische Bundesamt, Versicherungsträger und Versorgungsämter. In Deutschland sind momentan vier Studien zu diesem Thema relevant:

Bonner Gerontologische Längsschnittstudie seit 1965 - BOLSA

Möglichkeiten und Grenzen selbstverständiger Lebensführung in privaten Haushalten seit 1990 - MUG

Berliner Altersstudie seit 1996 - BASE Alterssurvey 1996

In der Berliner Altersstudie wurde eine kritische Analyse der Therapiepläne vorgenommen. Damit konnten laut Burkhardt erste stabile Zahlen einer Unter-, Fehl- oder Übermedikation belegt werden und eventuelle Zusammenhänge und Symptome evaluiert werden.

Die Gruppe der 65 - 80 jährigen stellen 15,5% der Gesamtbevölkerung Deutschlands 2009. Die stärkste Gruppe sind die im Jahre 1940 geborenen Menschen, von den 1939 geborenen gefolgt.

In der Betrachtung der GEDA 2010 des Robert-Koch-Institut 2010, das Gesundheitsmonitoring, sind die älteren Menschen materiell zufrieden und mit ihrem ökonomischen Kapital gut ausgestattet. Sie verfügen über eine stabile Rente, was die kommenden Generationen so nicht mehr erwarten können. Eine Differenzierung erfolgt nach dem neuen und alten Bundesländer, Geschlecht, Bildung und Qualifikation. Peters belegte in seinem Artikel 2010, dass die Erkrankungswahrscheinlichkeit immer auch vom sozialen Gefüge, der Region und vom Alter abhängig ist. So zeigt sich zum Beispiel das Risiko einen Apoplex zu erleiden bei Männern und in der östlichen Region Deutschlands höher.

In den sozialen Beziehungen verwitwet ein Mann unter 75 Jahren selten, da oft die Frauen jünger sind und eine höhere Lebenserwartung haben. Dagegen sind Frauen zwischen 75-79 Jahren zur Hälfte schon Witwe. Diese Singularisierung bringt Probleme in dem sozialen Geflecht. Die heutigen spät Gebärenden müssen ihre Kinder betreuen und haben oft die pflegebedürftigen bzw. hilfebedürftigen Eltern in Fürsorge. Die Beziehungen zu erwachsenen Kindern geben die meisten Älteren als eng an und helfen sich sowohl ideell, wie materiell laut einer Umfrage des Deutschen Alterssurveys. Dennoch zeigt sich im sozialen Kapital ein anderes Gefüge. Die Mehrgenerationshaushalte, in dem ein jeder seine Aufgaben hat und Verantwortung geteilt wurde, sind deutlich rückgängig. Die Entbindung aus gewachsenen Sozialbindungen, die Freisetzungsdimensionen nehmen in einer individualisierten Gesellschaft deutlich zu.

Auf der anderen Betrachtungsweise zeigt Schroeter auf, dass auch die nun vorherrschenden Krankheiten zu Störungen im eigenen Sozialsystem führen.

Durch Erkrankungen bedingt und dadurch gefolgter Immobilität lässt gewachsene Sozialstrukturen wie Ehrenamt, Vereinsarbeit und Chor auslaufen. Damit fehlt auch eine kognitive Komponente im Leben der Älteren.

Ein sozioökonomischer Unterschied zeigt sich in der Sterblichkeit. Ältere Menschen, die sich eine gute Alterssicherung leisten konnten, bleiben länger gesund. Die soziale Ungerechtigkeit zeigt sich bei den Menschen, deren Altersarmut anwachsen wird. Die Senioren mit höherem Einkommen sterben später, wie Menschen mit niedrigen Einkommen.

1.2. Der ältere Mensch und die Gesundheit mit Medikamenten

Der ältere Patient ist auch nicht kalendarisch zu bestimmen, sondern nach den physiologischen Veränderungen. Im Jahre 2010 hat das Robert - Koch - Institut ein Gesundheitsmonitoring bei den 65 - 80 jährigen durchgeführt. Sehr gut bewerteten 50,8% der Frauen und 57,4% der Männer ihre Gesundheit. Dennoch zeigt sich in der Altersgruppe der 64 - 69 jährigen 53% mit 2-4 Erkrankungen, 9% 5-10 Erkrankungen. Ab den 70jährigen verdoppelt sich die Zahl noch. Allerdings in der Gruppe der 76-81jährigen steigt der Prozentsatz nicht mehr signifikant, sondern nur auf 21%.

Bei der Verschlechterung der Sehleistung sind Frauen häufiger betroffen wie Männer. Dagegen ist beim Hören festzustellen, dass es genau anders ist 36,9% der Frauen, aber 41,9% der Männer geben Schwächen an.

Die Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystem hängen von den erhaltenen Bildungen ab. Frauen und Männer mit geringer Bildung haben deutlich mehr Rückenschmerz. Die häufigste Erkrankung ist die Arthrose und die Gicht. Hier zeigen sich Fehlernährung bei Männern mehr wie bei Frauen und wird oft vom Diabetes mellitus begleitet. Jeder fünfte Senior oder Seniorin hat eine Diabetes - Diagnose. Mit oralen Antidiabetika werden 44% therapiert, mit Insulin 31%.

Bei Herz- Kreislauferkrankungen zeigen sich unterschiedliche Symptome. Dadurch wurden auch Frauen deutlich später eine Herzinfarktbehandlung unterzogen. Die Gruppe der Männer mittlerer Bildung sind hier die gefährdetste Gruppe. Menschen mit niedrigen sozioökonomischen Status haben, wie beschrieben, ein höheres Risiko einen Schlaganfall zu erleiden.

Auch bei den Lungenerkrankungen zeigt sich die männliche Gruppe deutlich vorn, wobei die Frauen durch die Zunahme aktiven Rauchens ansteigen.

Eine Erkrankung der Neuzeit, die nun selbständig bewertet wird, ist die Harninkontinenz. Ob aus Scham oder anderen Gründen nehmen 50% - 70% der Betroffenen keine ärztliche Hilfe in Anspruch. Neben Prostataleiden, Tumore und Entzündungen wird die Multimedikation als Auslöser vermutet.

Maligne Erkrankungen gehören mit zu den häufigsten Todesursachen. Hier eine Polypharmazie zu bewerten, zeigt sich nicht adäquat.

Das Sturzrisiko bei Älteren nimmt deutlich zu durch Rhytmusstörungen, Hypertonie und Sehkrafteinschränkungen. Die Multimedikation wird ebenfalls als Auslöser bewertet. Natürlich zeigen sich neben intrinsischen Faktoren, auch extrinsische, wie Bodenbeläge, Schuhwerk und Kleidung.

Psychische Erkrankungen trifft die untere Bildungsgruppe häufiger durch Noxen wie Tabak und Alkohol.

Frauen betreffen mehr affektive Störungen, wie Depressionen und Männer mehr durch Missbrauch der Noxen. Demenz hat bis 69 Jahre 1%-1,5% keine Bedeutung, aber 90 Jahre 30% ist es signifikant.

Welche Medikamente werden wie häufig verschrieben? Angiotensinhemmer und β- Rezeptorenblocker zur Hypertonietherapie, die in Kombination mit Diuretika zu einer Elektrolytverschiebung führen können, sind aber therapeutisch notwendig. Bei der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung stellt das Handling der Aerosole viele ältere Menschen vor Probleme und damit wird die verordnete Medikation wertlos. Um eine wirksame nicht gefahrvolle Medikation zu gewährleisten, braucht man die Fehlerquellen. Ist die Indikationsstellung wirklich streng? Gibt es eine klare therapeutische Zielstellung und trägt der Patient sie auch mit? Ist die Dosierung dem physiologischen Alter und dem Grundumsatz des Körpers angepasst? Erfolgt eine Einnahmekontrolle, eindeutige Dokumentation und wird eine Anordnung für eine Behandlungspflege verordnet um Fehleinnahmen und Falschmedikation auszuschließen?

Ein Hauptpunkt ist aber: wird die Verschreibungskaskade erkannt?

Der Fettanteil steigt, der Wasser- und Muskelanteil sinkt und damit das lipidlösliche Volumen steigt, während das Volumen der hydrophilen Substanzen sinkt. Es kommt zu einer Verlängerung der Eliminationshalbwertzeit. Die verminderte Aktivität der arzneimetabolisierenden Enzyme erhöht die Bioverfügbarkeit, wie bei Metroprolol oder Midazolam. Schlafmittel, wie Benzodiazepine sind bei bekanntem Sturzrisiko fraglich im therapeutischen Nutzen, die Suchtcompliance hoch-, werden oft eingefordert von Patienten und verschrieben.

Bei Frauen betrugen die Kosten 2008 6470 Euro, bei Männern 6580 € pro Jahr. Positiv zu bewerten ist die Zunahme des Gesundheitsbewusstseins und die angebotenen Präventionen werden mehr angenommen.

In der Erhebung der Bundesgesundheitszentrale wird die Multimedikation angesprochen, ist aber nicht evaluiert.

Mit einer Beobachtungsstudie soll erfasst werden, ob die Patienten mehr wie 4 Medikamente nehmen, diese in ihrer Wirkung und Indikation kennen und von unterschiedlichen Ärzten ohne Zusammenarbeit verschrieben bekommen. Die Studie umfasst die Zugänge ab 65 Jahre einer kardiologischen Station innerhalb 3 Tage. Das Einverständnis des leitenden Chefarztes und die der befragten Patienten lagen vor.

2. Methodik

Das Thema wurde als Problem der Betroffenen im eigenen Alltag einer kardiologischen Station erkannt. Wie in der Einleitung erwähnt, zeigt oft, das weder die Indikation oder ihrer physiologischen Zusammenhänge bekannt war. Die älteren Menschen klagten auch immer wieder über Symptome, die mit de Einweisungsdiagnose nichts gemein hatten. Es gab eine andere Gewichtung der Leiden, wie es das medizinische Personal sah.

Ungünstige Effekte der Polypharmazie sind unüberschaubare Interaktionen der Medikamente, unerwartete Arzneimittelwirkung, die auch eine Hospitalisierung zur Folge haben kann, steigt. Gesellschaftlich werden steigende Kosten benannt.

2.1. Datenbankrecherche

Die Datenbankrecherche gestaltete sich als schwierig, da das Problem bekannt, aber nicht eingegrenzt wurde. Valide Daten zur Polypharmazie gibt es wenig, da es ein Problem der heutigen Zeit ist. So fehlen Ausgangsdaten, begleitende Daten über einen längeren Zeitraum und einer Nachbetrachtung. Die Datenbanken der Fachbereiche Soziologie, Medizin, Pflege und Pharmakologie wurden genutzt. Das Robert-Koch Institut und das Bundesgesundheitsministerium zeigt sich sehr an einem Monitoring und der Fragestellung interessiert. Da es vier große Studien in Deutschland gibt, zeigen sich immer wieder Metaanalysen dieser Arbeiten. Immer wieder werden die Beers-Kriterien zitiert. Der Suchbegriff Polypharmazie zeigte sehr viele Treffer. Beharrlich wurde auf den psychiatrischen älteren Patienten hingewiesen oder auf an Demenz Erkrankte. Es wurde über die Suchmaschine google scholar der erfragte Begriff eingegeben. Die Lokalisation der Artikel identifiziert und über die betreffende Datenbank gefunden. Um die relevanten Datenbanken zu erreichen wurde ein Arbeitsraum in der SLUB gebucht. Die ruhige konzentrierte Arbeitsatmosphäre wirkte sich positiv aus.

Zeitungsartikel und Abstract von Kongressen zeigten eine deutliche Aktualität, während Bücher nur bedingt gegenwärtig sind. Die Begrenzung auf einen zeitlichen Rahmen bot Vorteile und eine Reduzierung der Trefferquote.

Die Suchbegriffe wurden von den Artikeln abgeleitet. Die zitierten Personen wurden dann mit ihren Schlagwörtern eingegeben, so dass es zu den gewünschten Ergebnissen kam.

Enttäuschend war, dass sich die Soziologie deutlich zu Prävention und der Versorgung älterer Menschen äußerte. In den Datenbanken der Pflege leider kaum Material zu finden war. Viel benannte Probleme zeugen deutliche Indikationen zu Pflegestudien, wie das Handling der Aerosole. Leider wird das Thema kaum gewichtet.

MedPilot und PubMed zeigten interessante Ergebnisse, die gut zu verarbeiten waren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Polypharmazie bei älteren Patienten. Ist weniger nicht mehr?
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
2.0
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V350925
ISBN (eBook)
9783668374744
ISBN (Buch)
9783668374751
Dateigröße
665 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Polypharmazie, ältere Menschen, geriatrische Patienten, Medikation
Arbeit zitieren
Heike Hirschmann (Autor:in), 2014, Polypharmazie bei älteren Patienten. Ist weniger nicht mehr?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/350925

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