Planung unternehmerischer Nachhaltigkeit

Über die Notwendigkeit der Implementierung relevanter Stakeholder in den Strategiefindungsprozess


Bachelorarbeit, 2014

47 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

1. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

2. Betriebswirtschaftliche Ursprünge unternehmerischer Nachhaltigkeit
2.1. Die Bedeutung der Unternehmensführung
2.2. Unternehmensstrategie als Instrument der Zielerreichung
2.3. Shareholder- und Stakeholder-Ansatz als Maxime unternehmerischen Handelns

3. Nachhaltigkeit und Verantwortung in der Betriebswirtschaft
3.1. Die Bedeutung nachhaltigen Handelns
3.2. Zielsetzungen in dem Kontext nachhaltigen Handelns

4. Das Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit
4.1. Die Definition der unternehmerischen Nachhaltigkeit
4.2. Betriebswirtschaftliche Motivation zur Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit
4.3. Objektive und subjektive Perspektiven unternehmerischer Nachhaltigkeit
4.4. Die ganzheitliche Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit

5. Die Relevanz der Stakeholder in der Unternehmensumwelt
5.1. Das Unternehmen als offenes System
5.2. Die Interessenvielfalt in der Unternehmensumwelt
5.3. Macht, Legitimation und Relevanz der Stakeholder
5.4. Der Implementierungsprozess als Grundstein der Legitimation

6. Die Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit unter Einbindung relevanter Stakeholder
6.1. Die Notwendigkeit der Implementierung der Stakeholder
6.2. Weitere Auswirkungen der Implementierung von Stakeholdern
6.3. Die unternehmerische Umsetzung des Implementierungsprozesses
6.4. Die Bestimmung der Relevanz verschiedener Stakeholder
6.5. Die Mobilisierung relevanter Stakeholder
6.6. Der Stakeholder-Dialog als das führende Instrument der Unternehmenskommunikation
6.7. Die Rückkopplung als Anstoß neuer Strategiedefinitionen

7. Das Controlling als entscheidender Faktor zur Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit
7.1. Die Koordination unternehmerischer Nachhaltigkeit
7.2. Besondere Herausforderungen an das Controlling

8. Die STAR-Methode als Rahmenkonzept zur Implementierung von Stakeholdern in den Strategiefindungsprozess
8.1. Strategy
8.2. Tactics
8.3. Action
8.4. Respond

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Ausgangssituation der unternehmerischen Nachhaltigkeit

Abb. 2 Einfluss des Shareholder-Ansatzes auf die unternehmerische Nachhaltigkeit

Abb. 3 Einfluss des Stakeholder-Ansatzes auf die unternehmerische Nachhaltigkeit

Abb. 4 Einfluss von Nachhaltigkeitskonzepten auf die unternehmerische Nachhaltigkeit

Abb. 5 Die unternehmerische Nachhaltigkeit

Abb. 6 Die STAR-Methode: Konzept

Abb. 7 Die STAR-Methode: Respond

1. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Nachhaltigkeit als betriebswirtschaftliches Konzept erlebt in der wissenschaftlichen Diskussion aktuell eine Renaissance und findet mannigfaltigen Einzug in Thesen und Diskussionspapiere. Dies ist nachvollziehbar, da besonders die betriebswirtschaftliche Unternehmung aufgrund ihrer vielfältigen Verknüpfungen eine tragende Rolle in der heutigen Gesellschaft einnimmt. Diese Rolle und die damit einhergehende Verantwortung haben im Zuge der immer schneller voranschreitenden Globalisierung in dem letzten Jahrzehnt signifikant an Gewicht gewonnen und stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen. So kann Nachhaltigkeit in einer globalisierten Welt, in der betriebswirtschaftliche Beziehungen staatliche Grenzen fluent werden lassen, nicht mehr national gedacht werden und globalisierte Unternehmen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein.

Dennoch findet im wissenschaftlichen Diskurs zumeist eine Grundsatzdebatte um die Verantwortung der Unternehmen an sich statt. So vertreten die Befürworter des Shareholder-Ansatzes eine alleinige Verpflichtung der Unternehmen gegenüber ihren Anteilseignern, während die Befürworter von Nachhaltigkeitsmodellen mit der Verpflichtung gegenüber der nationalen sowie globalen Gesellschaft argumentieren. Der Anspruch auf Ausschließlichkeit, welcher mit beiden fundamentaltheoretischen Konzepten oftmals einhergeht, beraubt diese ihrer eigenen Potentiale und wird einer modernen Betriebswirtschaft, welche sich im 21. Jahrhundert vor allem durch ihre Flexibilität und Adaptionsfähigkeit in einer sich stetig wandelnden Umwelt auszuzeichnen hat, nicht gerecht.

Ziel dieser Arbeit ist es, das Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit als Symbiose verschiedener betriebswirtschaftlicher Lager näher zu beleuchten und aus der Vielzahl an Ansätzen und Definitionen eine verlässliche und eindeutige zu bestimmen. Es soll gelingen, die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit für den langfristigen Unternehmenserfolg hervorzuheben ohne die finanzielle Nutzenhaftigkeit als zentrales Qualitätsmerkmal wirtschaftlichen Handelns zu vernachlässigen. Des Weiteren soll die Rolle verschiedener Anspruchsgruppen (Stakeholder) in der Unternehmensumwelt hervorgehoben und die Abhängigkeit des Unternehmenserfolgs von deren Wahrnehmung vergegenwärtigt werden.

Die der Arbeit zugrundeliegende Hypothese lautet, dass die Implementierung relevanter Stakeholder in den Strategiefindungsprozess einer Unternehmung notwendig ist, um unternehmerische Nachhaltigkeit erfolgreich umzusetzen.

Damit die Hypothese im Rahmen dieser Arbeit geprüft werden kann, wird zunächst das Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit hergeleitet und definiert. Die dem Konzept zugrundeliegenden betriebswirtschaftlichen Ansätze, welche in ihrer Grundausrichtung oftmals konkurrierender Natur sind, werden hierzu zunächst separat erläutert. Abschließend werden die konträren Ansätze und Begrifflichkeiten zu dem der unternehmerischen Nachhaltigkeit zusammengeführt.

Vor dem Hintergrund unternehmerischer Nachhaltigkeit wird darauf folgend die Relevanz der unterschiedlichen Anspruchsgruppen (Stakeholder) innerhalb der Unternehmensumwelt, insbesondere mit Hinblick auf die Kernthemen Macht und Legitimation, hervorgehoben. Daraus resultierend wird die Notwendigkeit einer Implementierung dieser für das Unternehmen relevanten Stakeholder in den Strategiefindungsprozess diskutiert.

Im Rahmen einer möglichen Implementierung der Stakeholder in den Strategiefindungsprozess werden abschließend verschiedene Aspekte eines Implementierungsprozesses beleuchtet. Hierbei wird besonders die Rolle des Unternehmenscontrollings als Schnittstellenfunktion hervorgehoben. Das STAR-Modell als Rahmenkonzept für eine erfolgreiche Implementierung von Stakeholdern in den Strategiefindungsprozess repräsentiert als finales Kapitel dieser Arbeit den Übergang in die angewandte Betriebswirtschaft.

Die Herleitungen und Modelle in dieser Arbeit erheben bewusst keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da theoretische Ansätze teilweise nur grob angerissen werden und aufgrund der Fülle an wissenschaftlichen Konzepten nur ausgewählte zwecks einer Analyse herangezogen werden können. Dies erscheint im Rahmen dieser Arbeit jedoch als legitim, da somit einerseits den arbeitstechnischen Restriktionen Rechnung getragen wird, und andererseits eine breite Anwendbarkeit der Modelle und Erkenntnisse für die Praxis erhalten bleibt.

2. Betriebswirtschaftliche Ursprünge unternehmerischer Nachhaltigkeit

In diesem Kapitel werden die betriebswirtschaftlichen Ursprünge der unternehmerischen Nachhaltigkeit beleuchtet und notwendige Begrifflichkeiten zwecks einer systematischen Herleitung definiert. Hierzu werden besonders die unterschiedlichen Zielsetzungen und Strategieansätze einer Unternehmensführung diskutiert sowie dessen Bedeutung für die Strategiefindung herausgearbeitet.

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Abb. 1 Ausgangssituation der unternehmerischen Nachhaltigkeit (Quelle: Eigene Darstellung)

2.1. Die Bedeutung der Unternehmensführung

Die Unternehmensführung als der originäre Ausgangspunkt für unternehmensstrategische Entscheidungen kann nicht auf einzelne Aspekte und Tätigkeiten innerhalb einer Organisation reduziert werden. Vielmehr repräsentiert die Unternehmensführung „die Gesamtheit der Handlungen der Verantwortungsträger einer Unternehmung“[1]. Da diese weitschweifende Definition in der hier vorliegenden Arbeit nicht abschließend behandelt werden kann, soll die Gesamtheit der Handlungen auf die „zielorientierte Gestaltung, Leitung und Steuerung des Systems Unternehmung“[2] zusammengefasst werden und als Diskussionsgrundlage dienen.

Neben der internen Aufbau- sowie Ablauforganisation[3] kommt hierbei der „Unternehmens-Umwelt-Interaktion“[4] eine besondere Bedeutung zu, da Unternehmungen nicht als geschlossene Systeme betrachtet werden können. Auch wenn die Handlungen der Unternehmensführung vornehmlich innerhalb der Unternehmung wirken, so steht die Unternehmung immer in einer Wechselbeziehung zu ihrer Umwelt und strebt nach einer funktionalen Nutzung des daraus resultierenden Inputs, um die unternehmensinternen Zielsetzungen zu erreichen.[5]

2.2. Unternehmensstrategie als Instrument der Zielerreichung

Unternehmerische Zielsetzungen basieren auf dem Leitbild einer Unternehmung und werden in Form von Formal-, Sach- und Sozialzielen konkretisiert.[6] Zudem werden sie maßgeblich von Abhängigkeiten, Verpflichtungen und Verantwortung der jeweiligen Unternehmung beeinflusst und reflektieren schlussendlich das unternehmerische Selbstverständnis. Dieses Selbstverständnis ist ein individuelles und variiert von Unternehmung zu Unternehmung.[7]

Die Unternehmensführung bedient sich der Unternehmensstrategie, um notwendige Maßnahmen sowie eine angemessene Unternehmensausrichtung langfristig festzulegen, damit die unternehmerischen Ziele erreicht werden. In diesem Zusammenhang kann die Unternehmensstrategie als „Weg zur Umsetzung eines Unternehmungsziels verstanden werden.“[8]

Die Strategiefindung und –formulierung verschiedener Unternehmen unterliegt hierbei der gleichen Heterogenität wie deren Zielsetzungen. So unterscheidet Mintzberg (1998, o. S.) zwischen zehn verschiedenen Denkschulen der Strategieformulierung.[9] Ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg ist hierbei weder die gewählte Denkschule der Strategieformulierung noch das unternehmerische Selbstverständnis. Vielmehr bestimmt die „Strategieumsetzungskompetenz“[10] des Unternehmens, ob dieses mit denen von der Unternehmensführung bestimmten Zielen und Strategien einen Erfolg verzeichnet.

2.3. Shareholder- und Stakeholder-Ansatz als Maxime unternehmerischen Handelns

Im vorigen Abschnitt wurde die Heterogenität zwischen Unternehmen, bezogen auf deren individuelle Selbstverständnisse und Zielsetzungen dargelegt. Zwecks einer zielführenden Diskussion wird in dieser Arbeit die Vielzahl der verschiedenen Perspektiven auf zwei konträre Positionen reduziert. Diese Positionen sind der Shareholder-Ansatz, welcher ausschließlich die Interessen der (Fremd-) Kapitalgeber (Shareholder) priorisiert, sowie der Stakeholder-Ansatz, welcher den Einfluss verschiedenster Anspruchsgruppen (Stakeholder) auf den unternehmerischen Erfolg berücksichtigt.[11]

2.3.1. Shareholder-Ansatz

Basierend auf der Arbeit von Rappaport (1986) „Creating Shareholder Value“[12] orientiert sich die Unternehmensführung bei ihren Entscheidungen im Rahmen des Shareholder-Ansatzes ausschließlich am Unternehmenswert.[13] Basierend auf den neoklassischen produktionswirtschaftlichen Modellen, wonach der Markt rational agiert und sich selbst reguliert, unterstellt das Konzept, dass alleinig die finanzielle Nutzenhaftigkeit einer Unternehmung deren Fortbestand sichern kann.[14] Demzufolge ist die Gewinnmaximierung beim Shareholder-Ansatz sowohl Zielsetzung als auch Instrument.[15]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Einfluss des Shareholder-Ansatzes auf die unternehmerische Nachhaltigkeit (Quelle: Eigene Darstellung)

Dieses dem Shareholder-Ansatz zugrundeliegende Unternehmens- und Managementverständnis führte mehrfach zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik. Vor allem die ausschließlich monetäre Zielorientierung und die damit einhergehende Vernachlässigung nicht-monetärer Erfolgsfaktoren wie z. B. Unternehmensimage, Innovationsfähigkeit sowie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit stießen auf Kritik.[16] Zudem wird dem Shareholder-Ansatz eine zu kurzfristige Erfolgsorientierung, welche zu einer maximalen Nutzung kurzfristig gegebener Erfolgspotentiale und einer Schwächung der langfristigen Unternehmensentwicklung führt, vorgeworfen.[17] Weiter führt die alleinige Fokussierung auf die Gewinnmaximierung zwangsläufig zu Interessenskonflikten mit diversen Anspruchsgruppen, welche in einem kausalen Zusammenhang mit der Unternehmung stehen (z. B. Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten).[18] So ignoriert der Shareholder-Ansatz unterschiedliche Interessen inner- sowie außerhalb des Unternehmens gänzlich, da er diese in Form der Interessen der Kapitalgeber als gegeben ansieht.[19]

2.3.2. Stakeholder-Ansatz

Entgegen dem Shareholder-Ansatz orientiert sich die Unternehmensführung beim Stakeholder-Ansatz an den pluralistischen Interessen der verschiedenen Stakeholder.[20] Hierbei sind unter Stakeholdern „externe und interne Anspruchsgruppen zu verstehen, die vom Unternehmen beeinflusst werden und das Unternehmen ihrerseits selbst beeinflussen.“[21] Die Zielsetzungen des Stakeholder-Ansatzes sind somit mehr an soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Maßnahmen und unternehmerische Stabilität als an kurzfristige Gewinnmaximierung gebunden. Folglich wird „nicht der kurzfristige monetäre Erfolg (…), sondern die langfristige Ausrichtung auf eine werteorientierte Unternehmensentwicklung und Existenzsicherung (…) zur Handlungsmaxime.“[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Einfluss des Stakeholder-Ansatzes auf die unternehmerische Nachhaltigkeit (Quelle: Eigene Darstellung)

Obwohl der Stakeholder-Ansatz bei den vermeintlichen Defiziten des Shareholder-Ansatzes ansetzt, wird auch dieser nicht als ultimative Lösung innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses gewertet. Der Diskurs wird auf einem weiten Feld geführt und der Übersichtlichkeit halber werden an dieser Stelle die elementarsten Kritikpunkte angeführt.

Kritik entzündet sich vor allem an der grundlegenden Frage über die Verantwortung und Verpflichtung der Unternehmen. Besonders in fremdkapitalfinanzierten Unternehmen befindet sich die Unternehmensführung oftmals selbst in einem Angestelltenverhältnis und ist zunächst ihrem Arbeitgeber, welcher durch die Kapitaleigner (Shareholder) repräsentiert wird, verpflichtet. Unternehmensziele fernab der Gewinnmaximierung ohne Einwilligung der Kapitaleigner würden somit zu einer monetären Schädigung derselben und einer Verletzung der persönlichen Verpflichtung als Arbeitnehmer führen.[23] Des Weiteren wird angeführt, dass eine Ausrichtung an den verschiedenen Interessen der Stakeholder zwangsläufig zu ökonomischen Einbußen und einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit führen muss. Hierbei wird auf eine verlangsamte Entscheidungsfindung, unprofitable Investitionen und eine reduzierte Innovationsfähigkeit verwiesen.[24] Sogar die Möglichkeit einer erfolgreichen Umsetzung des Stakeholder-Ansatzes als Ganzes wird in Frage gestellt, da die vorherrschende Heterogenität unter den Stakeholdern zwangsläufig zu Interessenkonflikten führen muss. Diese nicht lösbaren Konflikte sowie die fehlende Fokussierung auf einzelne Unternehmensziele und Kernkompetenzen des Unternehmens fördern demnach die Existenzsicherung des Unternehmens nicht, sondern gefährden diese.[25]

3. Nachhaltigkeit und Verantwortung in der Betriebswirtschaft

Nach der Herleitung des betriebswirtschaftlichen Fundaments, speziell die Funktion der Unternehmensführung sowie die originären Sichtweisen des Shareholder- beziehungsweise Stakeholder-Ansatzes, wird in diesem Kapitel die Thematik Nachhaltigkeit und Verantwortung behandelt. Hierzu wird der Begriff der Nachhaltigkeit konkretisiert, um, darauf aufbauend, auf die daraus resultierende Verantwortung und Zielsetzungen der Unternehmen einzugehen.

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Abb. 4 Einfluss von Nachhaltigkeitskonzepten auf die unternehmerische Nachhaltigkeit (Quelle: Eigene Darstellung)

3.1. Die Bedeutung nachhaltigen Handelns

Eine intakte Umwelt ist die Grundvoraussetzung für jegliche Form von Leben und Wohlstand, weshalb ökologisch verantwortungsvolles Handeln „nicht nur Randbedingung des sozioökonomischen Fortschritts, sondern eigenständiges Ziel gesellschaftlicher Entwicklung und Planung“[26] sein muss.

Demzufolge besteht ein enger Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und der globalen Entwicklung im Allgemeinen, sowie Nachhaltigkeit und der globalen Wirtschaft im Speziellen. Besonders Unternehmen, welche die Nutzung natürlicher Ressourcen sowie die Umweltbelastung oftmals in besonderem Maße direkt beeinflussen können, stehen somit in einer besonderen Verantwortung.[27] Diesbezüglich ist es nicht verwunderlich, dass das Konzept der Nachhaltigkeit originär aus der Wirtschaft, genau genommen aus der Forstwirtschaft, stammt.[28]

Nachhaltigkeit aus dieser Perspektive kann im Kern als „die Anwendung des Gerechtigkeitspostulates auf den Umgang mit natürlichen Ressourcen, wobei die Ausweitung auf globale und intergenerationelle Aspekte im Vordergrund steht“[29], definiert werden. Konkretisiert und zukunftsorientiert soll Nachhaltigkeit in dieser Arbeit als „eine Entwicklung, welche den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eignen Bedürfnisse zu befriedigen“[30] verstanden werden. Die Andersartigkeit der beiden Definitionen spiegelt eine grundlegende Problematik der wissenschaftlichen Diskussion auf dem Feld der Nachhaltigkeit wider. Zum einen liegt in der Wissenschaft keine einheitlich gültige Definition des Begriffes vor, und zum anderen sind die anerkannten Definitionen oftmals durch ein hohes Abstraktionsniveau gekennzeichnet. Als Resultat ist eine konkrete Handlungsempfehlung für Unternehmen wie auch Gesellschaft schwer abzuleiten.

Erschwert wird diese Uneinheitlichkeit durch die Tatsache, dass Nachhaltigkeit an sich schon in verschiedenen Dimensionen wahrgenommen wird. So klassifiziert Colsman (2013, S. 14)[31] Nachhaltigkeit in eine ökologische, ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Dimension. Diese Dimensionen müssen nicht zwangsläufig korrelieren und auch innerhalb der einzelnen Dimensionen sind Abweichungen, abhängig von den individuellen Rahmenbedingungen und der Wahrnehmung des jeweiligen Akteurs, in der Ausprägung der Nachhaltigkeit gegeben.[32] Doch darf Nachhaltigkeit auch bei vorherrschender Uneinigkeit nicht der Subjektivität sowie Relativismus einzelner Akteure zum Opfer fallen. Unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung muss Nachhaltigkeit auch immer einen objektiven Kern beinhalten um glaubhaft und nachprüfbar zu sein.

3.2. Zielsetzungen in dem Kontext nachhaltigen Handelns

In der Nachhaltigkeitsdiskussion kommt den Unternehmen eine besondere Rolle zu, da diese aufgrund ihres ausgeprägten Einflussbereiches auf Ressourcennutzung und Umweltbelastung diese direkt beeinflussen können. Ein Unternehmen, welches diese Verantwortung fernab dem rein monetären Ziel der Gewinnmaximierung annimmt, hat zwangsläufig auch eine sozioökonomische Funktion für seine Umwelt neben den originär wirtschaftlichen Grundfunktionen.[33]

Eine konsequente Weiterführung dieses Ansatzes lässt die Reduzierung der Unternehmenstätigkeit auf die Gewinnmaximierung obsolet werden. Die Annahme der sozioökonomischen Rolle in der Gesellschaft bildet somit die essentielle Grundlage für die Unternehmenstätigkeit, da der Unternehmenszweck in einem gesamtwirtschaftlichen Kontext als Resultat der öffentlichen Akzeptanz bedarf.[34] So befindet Madrian (1998, S. 129), dass „erst mit dem Übergang von einer monistisch-anteilseignerorientierten hin zu einer quasi-öffentlichen, interessenpluralistisch ausgerichteten Wertschöpfungseinheit (…) große Unternehmen ihre Legitimation bewahren [können]“[35]. Weiter argumentiert Staehle (1999, S. 438), dass sich „die Existenzberechtigung – der Zweck – einer Unternehmung (…) aus ihren Funktionen für die Umwelt und deren Mitglieder [ableitet]“[36].

Auch wenn Nachhaltigkeit im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs mehr an Gewicht gegenüber den neoklassischen produktionswirtschaftlichen Modellen gewinnt, müssen sich dennoch auch Nachhaltigkeitskonzepte regelmäßig einer kritischen Würdigung stellen. In diesem Zusammenhang wird konsequent auf die finanziellen Mehrbelastungen sowie Effizienzeinbußen für die Unternehmen, welche mit einer nachhaltigen Neuorientierung einhergehen, hingewiesen. Laut Argumentation würde Nachhaltigkeit steigende Verkaufspreise infolge eines höheren Kostenniveaus bedingen und die Unternehmung zwangsläufig in ihrer Wettbewerbsfähigkeit schwächen. Colsman (2013, S. 32) argumentiert hingegen, dass höheren Kosten im Beschaffungswesen ein geringerer Rohstoffverbrauch in der Verarbeitung gegenüberstehen kann, sodass Nachhaltigkeit als ganzheitlicher Ansatz nicht zwangsläufig zu höheren Kosten führen muss.[37]

Nicht nur unternehmensintern, sondern auch in den Außenbeziehungen der Unternehmen kann nachhaltiges Wirtschaften zu einem Spannungsverhältnis führen. Eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Folge nachhaltigen Wirtschaftens gewichtiger Akteure innerhalb einer aufstrebenden Volkswirtschaft kann zu Unmut in der oftmals (noch) armen Bevölkerung führen. Diese setzt sich zumeist vorrangig mit ihrer persönlichen Lebensqualität und ihrem Einkommen auseinander, als mit dem Rohstoffverbrauch sowie der industriellen Umweltbelastung.[38]

Auch wird in der Wissenschaft das Konfliktpotential innerhalb der nachhaltigkeitsorientierten Unternehmung, unabhängig von dem klassischen Spannungsverhältnis zwischen Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit, diskutiert. So erkennt Kirschten (1998, S. 6) eine deutliche Konkurrenz zwischen ökologischen und sozialen Gesichtspunkten, welche sich besonders in wirtschaftlich schwachen Phasen in der Abwägung zwischen hohen Umweltstandards und dem Erhalt (unter diesem Postulat) nicht rentabler Arbeitsplätze manifestiert.[39]

4. Das Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit

In diesem Kapitel wird das Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit aus den konträren Standpunkten der vorangegangenen Kapitel zusammengeführt, um in der Folge weiterführende Zielsetzungen zu erläutern. Abschließend werden die Perspektiven unternehmerischer Nachhaltigkeit und die Bedeutung ganzheitlicher Umsetzung hervorgehoben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Die unternehmerische Nachhaltigkeit (Quelle: Eigene Darstellung)

4.1. Die Definition der unternehmerischen Nachhaltigkeit

Aus den bisherigen Erkenntnissen ist klar ersichtlich geworden, dass jedes der vorgestellten Konzepte in seiner Absicht und Begründung eine grundlegende Daseinsberechtigung besitzt. Allerdings begrenzen sich die einzelnen Konzepte durch ihren Anspruch auf Ausschließlichkeit in ihrem jeweiligen Wirkungspotential selbst. Deshalb werden an dieser Stelle die separaten Konzepte und Begrifflichkeiten zu dem Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit zusammengeführt.

Unternehmerische Nachhaltigkeit soll in diesem Zusammenhang als die Gesamtheit der Handlungen der Unternehmensführung zur langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken, welche sich aus einer nachhaltigen Betrachtungsweise ergeben, definiert werden.

Der zentrale Punkt der Definition ist der Anspruch, dass ökonomische, ökologische und soziale Aspekte in der Strategiefindung der Unternehmensführung eine formal gleichberechtigte Rolle einnehmen, wobei der Fokus auf der unternehmerischen Existenzsicherung sowie langfristigem Wachstum erhalten bleibt. Auf diese Weise wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Unternehmen aufgrund Ihres Einflusses zwar Verantwortung für Themen fernab der Gewinnmaximierung übernehmen müssen, jedoch eine ökonomische Nutzenhaftigkeit als essentielle Grundvoraussetzung für jegliches unternehmerisches Handeln gegeben sein muss.[40] Zudem besteht ein grundlegender Unterschied zwischen Nachhaltigkeit in einem Unternehmen und Nachhaltigkeit in der Gesellschaft. Zwar ist ein Unternehmen ein Teil der Gesellschaft, jedoch ist es „weder Ziel noch Zweck von Unternehmen, eine verantwortungsbewusste Gesellschaft zu formen.“[41]

4.2. Betriebswirtschaftliche Motivation zur Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit

Die Motivation zur Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit ist nicht zwangsläufig das Resultat verpflichtender Management-Philosophien[42], sondern kann durchaus auf klassischen betriebswirtschaftlichen Annahmen basieren. So kann eine unter Berücksichtigung pluralistischer Zielvorstellungen implementierte unternehmerische Nachhaltigkeit zu einer Differenzierung von anderen Marktteilnehmern führen, was wiederrum zur Schaffung „einer einzigartigen und werthaltigen Marktposition“[43] führt und einen strategischen Wettbewerbsvorteil[44] ermöglicht.[45] Ferner tragen mehrdimensionale Zielsetzungen unternehmerischer Nachhaltigkeit zu einer Flexibilisierung des Unternehmens bei, was besonders die Fähigkeit einer zeitnahen Wahrnehmung und effizienten Reaktion auf Änderungen in der Unternehmensumwelt steigert.[46]

Dass nachhaltigkeitsorientiertes Wirtschaften ein Unternehmen zwangsläufig in seiner kostentechnischen Wettbewerbsfähigkeit einschränkt, gilt inzwischen in der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung als widerlegt.[47] So stehen den steigenden Kosten im Beschaffungsprozess durch ein nachhaltig gestaltetes Lieferantenmanagement sinkende Kosten im Produktionsprozess durch Effizienzsteigerungen in der Rohstoffnutzung gegenüber. Dieser Aspekt unterstreicht besonders anschaulich, dass unternehmerische Nachhaltigkeit nicht in Form von separaten Einzelprojekten gedacht werden kann, sondern ganzheitlich für das Unternehmen geplant und ausgeführt werden muss.[48]

4.3. Objektive und subjektive Perspektiven unternehmerischer Nachhaltigkeit

Unternehmerische Nachhaltigkeit besitzt eine objektive und eine subjektive Perspektive. Die objektive Perspektive verkörpert die tatsächlichen und messbaren Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf die Umwelt (z. B. Reduzierung des Ressourcenverbrauchs im Produktionsprozess). Die subjektive Perspektive hingegen beschreibt, wie die objektive Nachhaltigkeit von der Unternehmensumwelt wahrgenommen wird. Denn soll die Umsetzung unternehmerischer Nachhaltigkeit das Unternehmen zu dem Erlangen eines strategischen Wettbewerbsvorteils befähigen, so ist die Wahrnehmung eben dieser durch die Stakeholder unerlässlich.[49]

[...]


[1] Poeschl, H. (2013), S. 41.

[2] Poeschl, H. (2013), S. 41.

[3] Vgl. Malik, F. (1986), S. 6; einen Überblick gibt Bleicher, K. (2004), S. 80ff.

[4] Macharzina, K. (2003), S.43.

[5] Vgl. Staehle, W. (1999), S. 416.

[6] Vgl. Baum, H. G. /Coenenberg, A. G. /Günther, T. (2007), S. 23f

[7] Vgl. Johnson, G./Whittington, R./Scholes, K. (2014), S. 115

[8] Baum, H. G. /Coenenberg, A. G. /Günther, T. (2007), S.2

[9] Vgl. Mintzberg, H. (1998), o. S.

[10] Horváth & Partners (2004), S. 24

[11] Vgl. Letza, S. /Sun, X. /Kirkbride, J. (2005), S.242ff; auch Poeschl, H. (2003), S. 2f

[12] Vgl. Rappaport, A. (1986), o. S.

[13] Vgl. Baum, H.-G. /Coenenberg, A. G. /Günther, T. (2007), S. 274

[14] Vgl. Speckbacher, G. (2007), S. 581ff; auch Hirth, P. (2013), S. 29ff

[15] Vgl. Poeschl, H. (2013), S. 79;

[16] Vgl. Janisch, M. (1993), S. 102; weiterführend Poeschl, H. (2013), S.112f

[17] Vgl. Bleicher, K. (2004), S. 173; auch Löhnert, P. (1996), S. 103 und Bea, F. /Haas, J. (2001), S.82

[18] Vgl. Macharzina, K. (2003), S. 204; ebenfalls Poeschl, H. (2013), S. 124

[19] Vgl. Hirth, P. (2013), S. 29

[20] Vgl. Johnson, G. /Whittington, R. /Scholes, K. (2014), S. 17ff

[21] Freeman, R. E. (1984), S. 25

[22] Colsman, B. (2013), S. 13

[23] Vgl. Friedman, M. (1970), o. S.

[24] Vgl. Johnson, G. /Whittington, R. /Scholes, K. (2014), S. 117f

[25] Vgl. Johnson, G. /Whittington, R. /Scholes, K. (2014), S. 121

[26] Vogt, M. /John, K. D. /Schwaab, J. A. (2004), S.86

[27] Vgl. Colsman, B. (2013), S. 19

[28] Vgl. Prexl, A. (2010), S. 39

[29] Vogt, M. /John, K. D. /Schwaab, J. A. (2004), S. 79

[30] Colsman, B. (2013), S. 13

[31] Colsman, B. (2013), S. 14

[32] Vgl. Luthans, F. /Doh, J. P. (2012), S. 63

[33] Vgl. Ulrich, P. /Fluri, E. (1995), S. 60

[34] Vgl. Handy, C. (2002), S. 49ff; ebenfalls Wheelen /Hunger (1995), S. 57; und Hill (1968), S. 225 und Poeschl (2013), S. 32; weiterführend Colsman, B. (2013), S. 24f

[35] Marian, J.-P. (1998), S. 129

[36] Staehle, W. (1999), S. 438

[37] Vgl. Colsman, B. (2013), S.32

[38] Vgl. Luthans, F. /Doh, J. P. (2012), S. 67

[39] Vgl. Kirschten, U. (1998), S. 6

[40] Vgl. Zornow, S. /Pedersen, A. G. J. (2013), S. 85f; ebenfalls Colsman, B. (2013), S. 9 und Weber, M. (2008), S. 44 und Meffert, H. /Münstermann, M. (2005), S. 21f und Eckardt, F. (2005), S. 225

[41] Colsman, B. (2013), S. 11

[42] Vertiefend Bleicher, K. (2004), S. 184ff

[43] Porter, M. E. (1997), S. 48

[44] Vertiefend Simon, H. (1988), S. 4ff

[45] Ebenfalls Wieland, J. (1994), S. 228

[46] Vgl. Baum, H.-G. /Coenenberg, A. G. /Günther, T. (2007), S.6f

[47] Vgl. Bonini, S. /Görner, S. (2011), S. 2

[48] Vgl. Colsman, B. (2013), S. 32

[49] Vgl. Simon, H. (1988), S. 4

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Planung unternehmerischer Nachhaltigkeit
Untertitel
Über die Notwendigkeit der Implementierung relevanter Stakeholder in den Strategiefindungsprozess
Hochschule
Hochschule Fulda  (Fachbereich Wirtschaft)
Note
1,6
Autor
Jahr
2014
Seiten
47
Katalognummer
V350471
ISBN (eBook)
9783668370531
ISBN (Buch)
9783668370548
Dateigröße
793 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Betriebswirtschaftslehre, Unternehmensstrategie, Unternehmensführung, Stakeholer, Shareholder, Nachhaltigkeit, Verantwortung, Unternehmensumwelt, Implementierung, Prozessimplementierung
Arbeit zitieren
Philipp Söchting (Autor:in), 2014, Planung unternehmerischer Nachhaltigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/350471

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