Ferienwohnungen in Berlin. Die rechtliche Entwicklung der Instrumentarien gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

34 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Vorwort

B. Grundsätzliche Rechtsgrundlagen

I. Mietrechtsverbesserungsgesetz

II. Bauplanungs- und Bauordnungsrecht
1. Bauplanungsrecht
a) Regelung durch Bebauungsplan
b) Im Zusammenhang bebauter Ortsteil
2. Bauordnungsrecht

III. Fazit
C. Berliner Rechtsgrundlagen
I. Erste Zweckentfremdungsverbots-Verordnungen

II. Zweckentfremdungsgesetz
1. Indikatoren
a) Bevölkerungsentwicklung
b) Haushalte
c) Ferienwohnungen
2. Umsetzung
a) Vollständiges Verbot
b) Genehmigungsfiktion
c) Auskunftspflicht
d) Anzeige
e) Ordnungswidrigkeiten
f) Unzulässige Werbung
g) Strafen für Touristen
h) Beschäftigte
3. Rechtliche Würdigung
a) Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG
b) Verordnungsermächtigung
c) Genehmigungsinteresse
d) Übergangsfrist
e) Gesamtes Stadtgebiet
4. Auswirkungen für airbnb und vergleichbare Plattformen

III. Fazit
D. Schlussfolgerung

A. Vorwort

Die Bevölkerung Berlins kann nicht überall im Stadtgebiet in genügendem Maße mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen versorgt werden, sodass es unter anderem eines geeigneten Instruments bedarf, durch das der Verwendung des vorhandenen Wohnraumbestandes zu anderen als Wohnzwecken entgegengewirkt werden kann.1

Das ist die Zielsetzung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfrem- dung von Wohnraum (ZwVbG) vom 29.11.2013. Mit diesem wird der Se- nat in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG ermächtigt, durch Rechtsverordnung fest- zustellen, ob im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken die Voraussetzun- gen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen. Von dieser Möglichkeit hat der Senat mit der Verordnung über das Verbot der Zweckentfrem- dung von Wohnraum (ZwVbVO) vom 04.03.2014 Gebrauch gemacht, wel- che am 01.05.2014 in Kraft trat.

Doch das Problem der Zweckentfremdung und des Wohnraummangels ist keineswegs ein neues, sondern wurde bereits in den 60er und 70er Jahren durch den Bundesgesetzgeber erkannt und allgemein geregelt. Allerdings führte die exponentielle Entwicklung der Einwohnerzahlen in den letzten Jahren und speziell die Weiterentwicklung der Anbieter von Ferienwohnungen auf Internetplattformen zu einer Verschärfung der Wohnraumlage in Berlin.

Wurde die seinerzeit noch für Berlin erlassene Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vom OVG Berlin zum 01.09.2000 au- ßer Kraft gesetzt, weil der Wohnungsmarkt inzwischen entspannt sei,2 so bedarf es nun eines neuen Einschreitens von Seiten des Gesetzgebers. Da der Wohnungsnotstand in zahlreichen deutschen Großstädten mit dem wachsenden Erfolg von Angeboten wie z.B. airbnb einhergeht,3 soll diese Ausarbeitung die rechtliche Entwicklung der Instrumentarien gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum auf allen Gesetzesebenen am Bei- spiel der Ferienwohnungen aufzeigen und beschäftigt sich dabei insbe- sondere mit der Umsetzung und rechtlichen Würdigung des aktuellen ZwVbG.

B. Grundsätzliche Rechtsgrundlagen

I. Mietrechtsverbesserungsgesetz

Die Idee der Einschränkung von kurzzeitigen Untervermietungen mittels rechtlicher Vorgaben ist wie bereits angesprochen kein Phänomen der jüngsten Vergangenheit. Als Folge der Wohnungsnot der 1960er Jahre wurde die Verhinderung von Zweckentfremdungen bereits mit dem Ge- setz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietan- stiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 04.11.1971 (MRVerbG) möglich gemacht.4

Gemäß Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbG werden die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf.

Die Genehmigung stellt dabei ein repressives Verbot mit Befreiungsvor- behalt dar, welches die Zweckentfremdung grundsätzlich verhindern soll, um einer Gefährdung der Wohnungsversorgung entgegenzuwirken.5 Die immer als Ausnahme in Betracht kommende Genehmigung obliegt dabei dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde.6 Der Bürger wird allerdings regelmäßig mit einer Versagung rechnen kön- nen, da sie nur erteilt wird, wenn ein besonderes schutzwürdiges Inte- resse das öffentliche Interesse ausnahmsweise überwiegt. Als solch ein überwiegendes Interesse kommt das einfache Motiv der Zweckentfrem- dung oder das bloße Streben nach Erhöhung der Rendite allein nicht in Betracht.7

Mit Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen vom Bund auf die Länder im Zuge der Föderalismusreform I aus dem Jahre 2006 steht es dem Landesgesetzgeber frei, ein eigenständiges Zweckentfremdungsgesetz zu erlassen und den zweckentfremdungsrechtlichen Wohnraumbegriff selbst zu definieren.8 Mithin ist die Regelung in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MRVerbrG obsolet geworden.9

Auf diese Weise soll es dem Land Berlin ermöglicht werden, geeigneten Wohnraum, der bereits durch Ferienwohnungen dem regulären Woh- nungsmarkt entzogen worden ist, grundsätzlich wieder Wohnzwecken zuführen zu können.10 Das MRVerbrG gewährleistete dagegen lediglich den Bestandsschutz von Wohnraum mit dem Ziel einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingun- gen.11

II. Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

Aufgrund des beschränkten Umfangs der Ausarbeitung kann nur auf die relevantesten bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften eingegangen werden.

1. Bauplanungsrecht

Gemäß § 1 Abs. 1 BauGB ist es Aufgabe der Bauleitplanung, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzes vorzubereiten und zu leiten. Dies erfolgt nach den §§ 29 ff. BauGB, die sich unter anderem auch auf die Nutzungsänderungen von baulichen Anlagen beziehen.

Der Begriff der baulichen Anlage im bauplanungsrechtlichen Sinne ist nach der Rechtsprechung durch zwei Elemente gekennzeichnet, einem verhältnismäßig weitem Begriff des Bauens und einem eingeschränkten Merkmal der bodenrechtlichen Relevanz.12 Beide Elemente sind bezogen auf die Ferienwohnungen zu bejahen. Insbesondere die bodenrechtliche Relevanz liegt gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 3 aber auch in Nr. 7 c) BauGB durch eine möglicherweise erhöhte Lärmbelästigung vor.

a) Regelung durch Bebauungsplan

Die Stadt Berlin hat folglich die Möglichkeit neben dem qualifizierten Be- bauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB, auch einen einfachen oder vorha- benbezogenen Bebauungsplan festzusetzen,13 um eines der Baugebiete nach § 1 Abs. 2 BauNVO für einen bestimmten Bereich anzuordnen.14 Diese Aufzählung ist dabei abschließend.15 Von dieser Möglichkeit hat die Stadt Berlin zum Teil schon Gebrauch gemacht (Anlage 1).

Die einzelnen Baugebietsvorschriften enthalten sodann im jeweiligen Ab- satz 2 einen Katalog von allgemein zulässigen Nutzungen und Anlagen wie zum Beispiel im reinen Wohngebiet nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO die

Wohngebäude.16 Allerdings wird nach ständiger Rechtsprechung zwischen Wohngebäuden und Ferienwohnungen unterschieden, da die BauNVO die Wochenend- und Ferienhäuser in § 10 Abs. 3 und 4 BauNVO explizit als eigene Nutzungsarten aufführt.17

Demnach wird die Ferienwohnnutzung von der reinen Wohnnutzung un- terschieden, sodass sich bereits aus der Systematik der Gebietstypen der BauNVO aber auch aus den Festsetzungen im hier maßgeblichen Bebau- ungsplan ergibt, dass eine Ferienwohnnutzung im Plangebiet nicht ge- stattet ist. Die Beschränkung der Nutzungsarten der in den §§ 2 - 9 BauNVO geregelten Baugebieten bedeutet demnach, dass eine andere als die bezeichnete Nutzungsart in dem entsprechenden Gebiet grundsätzlich nicht zulässig ist, soweit die Gemeinde nicht von den durch § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch macht und Ausnahmen zugelassen werden.18

b) Im Zusammenhang bebauter Ortsteil

In den Bereichen, in denen die Stadt bisher noch keinen Bebauungsplan festgesetzt hat, richtet sich die Zulässigkeit der Ferienwohnung im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 Abs. 1 BauGB vor allem nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung.

Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil liegt vor, wenn die Bebauung im Gemeindegebiet den Eindruck einer Geschlossenheit und Zusammenge- hörigkeit vermittelt, die ein gewisses Gewicht hat und Ausdruck einer or- ganischen Siedlungsstruktur ist.19 Dies liegt innerhalb des Stadtgebietes Berlin regelmäßig vor.

Zur Beurteilung ist gemäß § 34 Abs. 2 BauGB ebenfalls die BauNVO anwendbar. Entspricht also die nähere Umgebung einem Baugebiet nach § 1 Abs. 2 BauNVO, richtet sich die Zulässigkeit nach den zugehörigen Vorschriften. Dementsprechend sind in den meisten Gebieten innerhalb der Stadt Berlin, in denen bisher noch kein Bebauungsplan erlassen wurde, Ferienwohnungen in der Regel unzulässig.

2. Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht liegt als besonderes Ordnungsrecht gemäß Art. 70 Abs. 1 GG im Zuständigkeitsbereich der Länder. Als Ermächtigungsgrundlage für die Bauaufsichtsbehörde kommt § 79 Satz 2 BauO Bln in Betracht, wonach die Nutzung untersagt werden kann, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird.

Die grundsätzliche Baugenehmigungsbedürftigkeit bei einer Zweckentfremdung ergibt sich aus § 60 Abs. 1 BauO Bln für die in Frage kommende Nutzungsänderung.20 Eine Ausnahme bzw. eine Genehmigungsfreistellung kommt in der Regel nicht in Betracht.

Demnach muss durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde das verein- fachte Baugenehmigungsverfahren gemäß § 64 BauO Bln durchgeführt werden, da es sich um die ungenehmigte Nutzung eines Wohngebäudes handelt.21 Dazu gehört unter anderem auch die Übereinstimmungen mit den Vorschriften nach §§ 29 bis 38 BauGB, sodass eine zeitweise oder auf Dauer angelegte Nutzungsänderung von Wohnraum zu einer Ferienwoh- nung regelmäßig nur zulässig ist, wenn dies im Bebauungsplan festgesetzt wurde.

III. Fazit

Wie bereits dargestellt, ist das Problem der Zweckentfremdung von Wohnraum kein neues. Der Bundesgesetzgeber hat die Problematik früh erkannt und entsprechende Regularien geschaffen, um dem entschwindenden Wohnraum entgegenwirken zu können.

Allerdings hat man auch schnell feststellen müssen, dass allein mit bau- planungs- und bauordnungsrechtlichen Instrumenten dieser Fehlent- wicklung am Wohnungsmarkt nicht Einhalt geboten werden kann,22 da die Bauleitplanung zu umfänglich und zeitaufwändig ist und auf der bau- ordnungsrechtlichen Ebene lediglich punktuelle Verfolgungen der Ver- stöße möglich sind und durchgesetzt werden können. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht unterstrichen, dass die Ermächtigung aus dem MRVerbG nicht dazu dienstbar gemacht werden dürfe, städtebauliche Ziele zu verwirklichen oder unerwünschte Entwicklungen zu verhindern, sodass es letztlich mehrerer Instrumente bedürfe.23

C. Berliner Rechtsgrundlagen

I. Erste Zweckentfremdungsverbots-Verordnungen

Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum weist in Deutschland eine lange Rechtsentwicklung auf.24 Die wichtige bundesrechtliche Vor- schrift aus Art. 6 § 1 Abs. 1 MRVerbG fand daher schon Beachtung. Aufgrund dieser Ermächtigung wurde in West-Berlin im Jahre 1972 eine

Zweckentfremdungsverbots-Verordnung (ZwVbVO) erlassen. Nach deren § 1 Abs. 1 Satz 1 durfte in Berlin Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des Landesamtes für Wohnungswesen zugeführt werden. Diese ZwVbVO trat nach der Wiedervereinigung mit dem Inkraft- treten der zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (2. ZwVbVO) 1994 außer Kraft. In § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 2. ZwVbVO war geregelt, dass in Berlin die Verwendung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwe- cken grundsätzlich verboten sei. Als Ausnahme vom Verbot dürfe Wohn- raum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zugeführt werden.25

Insoweit wiederholte die für Berlin ergangene Verordnung lediglich deklaratorisch, was sich schon unmittelbar aus der in Art. 6 § 1 Abs. 1 MRVerbG getroffenen Regelung ergab.26

Das Oberverwaltungsgericht Berlin kam in seinem Urteil vom 13.06.2002 zu dem Schluss, dass die 2. ZwVbVO mit Wirkung vom 01.09.2000 wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten sei.27 Zur Begründung führte das Gericht an, dass es zu einer deutlichen und abgeschlossenen Entspan- nung des Berliner Wohnungsmarktes gekommen sei und die Verordnung daher nicht mehr von der Ermächtigungsnorm gedeckt werde.28

II. Zweckentfremdungsgesetz

Seit einigen Jahren macht sich in Berlin nun aber wieder eine Anspannung des Wohnungsmarktes bemerkbar. Zuzüge sorgen für steigende Einwoh- nerzahlen und die Zahl der Haushalte erhöht sich kontinuierlich. Zur Ver- schärfung der Situation tragen zudem zahlreiche Umnutzungen von Woh- nungen zu anderen als zu Wohnzwecken bei. Dabei werden Wohnungen immer häufiger auch als Ferienwohnungen genutzt und stehen damit der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum nicht mehr zur Verfügung.29 Das Abgeordnetenhaus der Stadt Berlin hat entsprechend reagiert und das ZwVbG vom 29.11.2013 beschlossen.

Dabei wird der Senat in § 1 Abs. 2 Satz 1 ZwVbG ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzustellen, ob im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen. Von dieser Möglichkeit hat der Senat mit der ZwVbVO Gebrauch gemacht, welche am 01.05.2014 in Kraft getreten ist.

1. Indikatoren

Für die Beurteilung des Wohnungsmarktes zum Erlass des Gesetzes wurde die umfängliche Wohnungsmarktanalyse vom Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung GmbH (GEWOS) herangezogen, welche aussagekräftige Indikatoren beinhaltet.30

Die Nachfrage am Wohnungsmarkt wird demnach maßgeblich von der Situation und der Entwicklung der privaten Haushalte bestimmt. Wesentliche Einflussgrößen sind zum einen demografische Prozesse aber auch die Haushaltsentwicklungen.31

a) Bevölkerungsentwicklung

Berlin hatte im letzten Jahrhundert immer wieder mit schwankenden Bevölkerungszahlen zu kämpfen. Ab Mitte der 1990er Jahre schrumpfte die Stadt, unter anderem mit der Folge von erheblichen Wohnungsleerständen. Eine Stabilisierung setzte mit der Jahrtausendwende ein. Seit 2005 wächst die Einwohnerzahl der Stadt kontinuierlich (Anlage 2). Heute leben fast 3,5 Mio. Einwohner in der Stadt Berlin.32

Ferner beziffert die aktuelle Prognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in der mittleren Variante den erwarteten Einwohnerzuwachs Berlins auf 7,5 % bzw. um 266.000 Personen bis zum Jahr 2030 (Anlage 3). Bei der Betrachtung der künftigen Einwohnerentwicklung ist zu beachten, dass diese nicht die derzeit und perspektivisch hohe Zahl an geflüchteten Menschen umfasst.33

Die Einwohnerentwicklung in der Vergangenheit und in den Prognoseräumen gibt jedoch allein keinen eindeutigen Hinweis auf eine Wohnraumverknappung.34

b) Haushalte

In Berlin gab es 2014 insgesamt 1.963.200 Haushalte und damit 65.300 mehr als noch 2005. Mit einer Anzahl von mehr als 1 Mio. sind die Mehr- heit Einpersonenhaushalte. Ihr Anteil hat seit 2005 um 3,2 % zugenom- men. Zudem entfällt mehr als ein Viertel auf die Zweipersonenhaushalte, sodass insgesamt rund 82 % der Berliner Haushalte als sogenannte kleine Haushalte zu beschreiben sind (Anlage 4).35 Dies führt zu großen Verän- derungen auf der Nachfragenseite des Wohnungsmarktes.36

Gerade im Hinblick auf die Einwohnerprognose ist es daher wichtig, den Wohnungsbestand (Anlage 5) an die vorhandene und sich weiter entwickelnde Wohnungsnachfrage anzupassen.

c) Ferienwohnungen

Der Anteil von Ferienwohnungen am Wohnungsbestand eignet sich als Indikator für eine besondere Anspannung des Wohnungsmarktes, weil dadurch eine externe Nachfrage von Nicht-Berliner Haushalten angezeigt wird, die sich auf die Wohnungsversorgung der residenten Bevölkerung auswirkt.37

Unter dem Begriff Ferienwohnung versteht man im Allgemeinen eine möblierte Wohnung, die Gäste gegen Bezahlung für einen bestimmten Zeitraum nutzen können.38

Die Untersuchungen im Berliner Stadtgebiet bis zum 13.02.2012 ergaben eine Anzahl von 8.918 Ferienwohnungen. Zudem führte eine Mitglieder- befragung der Berliner Mietergemeinschaft im Jahr 2011 zu dem Ergeb- nis, dass rund ein weiteres Drittel existieren, die nicht im Internet ange- boten und quasi unter der Hand vermietet werden. Auf Grundlage dieser Befragung kann davon ausgegangen werden, dass in Berlin im Jahre 2012 rund 12.000 Ferienwohnungen vorhanden waren (Anlage 6).39 Ein Jahr später geht man bereits von bis zu 18.000 Ferienwohnungen aus.40 Auch die rasante Entwicklung und Verbreitung von Internetplattformen wie airbnb lässt eine weiter ansteigende Anzahl vermuten.

2. Umsetzung

"Das Zweckentfremdungsverbot im Bezirk umsetzen!", so lautet derzeit ein Aufruf, der in Berlin per Postkarte an die Bewohner verteilt wird.41 Doch laut des MieterEchos lasse die Umsetzung nur wenig Gutes erwar- ten, da sich der Bestand der Ferienwohnungen nicht verringere, eine große Schonfrist gewährt werde und die Gefahr bestehe, dass auf Grund der Genehmigungsfiktion weitere Ferienwohnungen gewährt werden.42

a) Vollständiges Verbot

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwVbG liegt eine Zweckentfremdung unter anderem vor, wenn Wohnraum zum Zwecke der wiederholten Vermietung als Ferienwohnung verwendet werde.

[...]


1 Bln. Drs. 17/1057, S. 9

2 Bln. Drs. 17/1057, S. 9

3 Schröder/Kullick, Untervermietung als Zweckentfremdung, NZBau 2013, 624, 624

4 Schröder/Kullick, (Fn. 3), 624, 624

5 BVerfG, Urteil v. 04.02.1975 – 2 BvL 5/74, NJW 1975, 727, 727

6 BVerfG, (Fn. 5), 727, 727

7 BVerfG, (Fn. 5), 727, 729

8 Bln. Drs. 17/1057, S. 12

9 BVerfG, Beschluss vom 13.02.2015 – 1 BvR 3332/14, Rn. 12; Hinrichs, Hamburgs neue Instrumente, NZM 2013, 782, 783; Sodan, Rechtsprobleme des Zweckent-fremdungsverbots, S. 3

10 Bln. Drs. 17/1057, S. 12

11 BVerfG, (Fn 5), 727, 727

12 BVerwGE 44, 59, 61

13 Söfker in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, Baugesetzbuch - Leitfaden, Rn. 168

14 Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, Kommentar, § 1 Rn. 1

15 Fickert/Fieseler, (Fn. 14), § 1 Rn. 26

16 Müller/Weiss, Die Baunutzungsverordnung, Kommentar, S. 62

17 BVerwG, Urteil v. 12.03.1982 - 4 C 59.78, NJW 1982, 2512, 2513; BVerwG, Be- schluss v. 08.05.1989 - 4 B 78.89, NVwZ 1989, 1060, 1060

18 OVG Greifswald, Beschluss v. 28.12.2007 - 3 M 190/07, BeckRS 2008, 36782

19 BVerwGE 31, 22, 26 f.

20 Hahn/Radeisen, Bauordnung für Berlin, Kommentar, § 55, Rn. 1

21 Hahn/Radeisen, (Fn. 20), § 70, Rn. 12

22 Bln. Drs. 17/1057, S. 10

23 BVerfG 38, 348, 360

24 Sodan, (Fn. 9), S. 2

25 Sodan, (Fn. 9), S. 2

26 BVerfG, (Fn 5), 727, 730

27 OVG Berlin, Urteil v. 13.06.2002 - 5 B 18/01, NVwZ 2003, 232, 232

28 OVG Berlin, (Fn. 27), 232, 233 f.

29 GEWOS, Kleinräumige Marktanalyse, S. 1

30 Bln. Drs. 17/1057, S. 9 f.

31 Investitionsbank Berlin, Wohnungsmarktbericht 2015, S. 16

32 Investitionsbank Berlin, (Fn. 31), S. 16

33 Investitionsbank Berlin, (Fn. 31), S. 23

34 GEWOS, (Fn. 29), S. 10

35 Investitionsbank Berlin, (Fn. 31), S. 24

36 Investitionsbank Berlin, (Fn. 31), S. 25

37 GEWOS, (Fn. 29), S. 16

38 GEWOS, (Fn. 29), S. 16

39 GEWOS, (Fn. 29), S. 17 f.

40 BMGeV, MieterEcho, S. 8

41 Zeit Online, Auf der Jagd nach den Gastgebern

42 BMGeV, (Fn. 40), S. 3

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Ferienwohnungen in Berlin. Die rechtliche Entwicklung der Instrumentarien gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin  (Fachbereich 3 Allgemeine Verwaltung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
34
Katalognummer
V349917
ISBN (eBook)
9783668370975
ISBN (Buch)
9783668370982
Dateigröße
1162 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ferienwohnung, Zweckentfremdung, Wohnraum
Arbeit zitieren
Danielo Mohwinkel (Autor:in), 2016, Ferienwohnungen in Berlin. Die rechtliche Entwicklung der Instrumentarien gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/349917

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