Paredes azules. Licht- und Farbsymbolik in Amparo Poch y Gascóns „La Ciencia en la Mochila“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Kurzporträt der Autorin

3 Erläuterung des Werkes „La Ciencia en la Mochila“

4 Licht- und Farbsymbolik
4.1 Ein Überblick
4.2 Assoziationen und psychische Wirkung einzelner Farben in „La Ciencia en la Mochila“
4.3 Lichtsymbolik im vorliegenden Werk

5 Schluss

6 Verzeichnis der benutzten Literatur und Quellen

1 Einleitung

Zur Zeit Poch y Gascóns waren die Lebensbedingungen, unter denen ein Großteil der spanischen Bevölkerung lebte, von Analphabetismus und sozialer Ungerechtigkeit geprägt. Weder der Staat, noch die Kirche oder das Bürgertum schafften Abhilfe der vorliegenden Probleme, weshalb die Ideen des Anarchismus im Verlauf der 30er Jahre zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit beizutragen schienen.[1] Aufgrund dessen bildete sich 1936 die feministisch-anarchistische Frauenorganisation Mujeres libres, welche zunächst die gleichnamige Zeitschrift veröffentlichte. Als Hauptanliegen dieser Gruppierung wurde vor Allem die persönliche, soziale und ökonomische Freiheit der Frau betrachtet.[2] Mit Mujeres libres beteiligten sich zum ersten Mal die Arbeiterinnen kollektiv als Gruppe von 20.000 Frauen an der libertären Bewegung Spaniens.[3] Ihr Ziel war eine Gesellschaft, in der Männer und Frauen gleichermaßen ihre Rechte und Pflichten würden ausleben können.[4]

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit einer in der damaligen Zeit entstandenen Textreihe des Gründungsmitglieds Amparo Poch y Gascón. Aufgrund der prekären Quellenlage und wegen der disziplinübergreifenden Thematik wird die Licht- und Farbsymbolik mithilfe psychologischer, soziologischer und kunsthistorischer Literatur erläutert.

2 Kurzporträt der Autorin

Die anarchistische Ärztin María Pilar Amparo Poch y Gascón wurde 1902 in Zaragoza geboren. Nach einem altruistisch geführten Leben, welches sie neben der Medizin dem Kampf um die Gleichstellung von Frauen und Männern widmete, verstarb sie im Jahre 1968 in Toulouse.[5]

Amparo Poch y Gascón studierte Medizin[6] und führte ihr Leben als Stimme der Frauen und Kinder. Sie wollte der Arbeiterklasse nicht nur das Thema der Gesundheit näherbringen[7], sondern durch Sexualaufklärung und –erziehung ebenfalls eine sexuelle Befreiung und Freiheit für beide Geschlechter bezwecken.[8] Sie selbst hatte entgegen der Gepflogenheiten der damaligen Zeit wechselnde Lebensgefährten.[9]

Als Gründungsmitglied der Mujeres libres sah sie in der Befreiung der Frau aus ihrer dreifachen Unterdrückung der Unwissenheit, als Produzentin und als Frau eine wichtige Aufgabe.[10]

Neben Programmen zur Gesundheitserziehung, Sexualhygiene und Schwangerschaftsverhütung[11] lag ihr Fokus vor Allem auf der Kinderkrankenpflege und der Verringerung der Kindersterblichkeitsrate.[12]

Bereits in ihrer Jugend weckten die Poesie, der Journalismus und das Schreiben ihr Interesse, stellten sie doch einen Weg für Amparo dar, ihre Gedanken und Auffassungen auszudrücken.[13] Diese waren, wider Erwarten, geprägt von einer direkten und kritischen Haltung, welche sich dem Humor und der Ironie als rhetorischem Stilmittel bediente.

Das Ende ihres libertären Kampfes begann Anfang Februar 1939 mit ihrer Flucht nach Frankreich ins Exil.

3 Erläuterung des Werkes „La Ciencia en la Mochila“

Bei „La Ciencia en la Mochila“ handelt es sich um eine von Poch y Gascón verfasste Sammlung kritischer Erzählungen. Zehn einzelne Broschüren wurden unter der Überschrift „Sanatorio de optimismo“ und geschützt durch das Pseudonym „Doctora Salud Alegre“ in der Zeitschrift Mujeres libres veröffentlicht.[14]

Mithilfe der Textreihe kritisiert Amparo vorherrschende Missstände und Probleme der Gesellschaft und des Einzelnen, indem sie diese übertrieben und lächerlich darstellt. Das Sanatorium fungiert folglich als Allegorie für den Menschen bzw. den Leser an sich, welcher im Verlauf der Textreihe wiederholt persönlich angesprochen wird. Darüber hinaus dient die Heilanstalt als Ort der Therapie allgemeiner Problematiken wie z.B. die der Eifersucht. Durch bereits erwähnte Stilmittel wie Ironie und Hyperbel schafft die Autorin eine lustige und spaßige Atmosphäre, welche ihrer Auffassung nach zu einer erfolgreichen Bewältigung alltäglicher Probleme beiträgt.[15]

Die erste Erzählung „Apertura y marcha triunfal“ beschreibt das Sanatorium mit seinen mutigen Ärzten und Krankenschwestern, welche die Klienten mit offenen Armen empfangen.[16] Die Belegschaft umfasst die Ärzte Fröhlichkeit (Buen Humor), Guten Appetit (Buen Apetito) , Glücklicher Traum (Sueño Feliz) , Menschliche Liebe (Amor Humano) und Aufgeweckter Scherz (Guasa Viva) sowie die Krankenschwestern Ilusion (Ilusión) , Fantasie (Fantasía) und Lachen (Risa). Bei der Vernunft (La Razón) handelt es sich um eine Gefangene, welche in den Keller gesperrt wurde.

Der daran anschließende Artikel „Un cliente: el celoso“ beschreibt einen Eifersüchtigen als typischen Erkrankten, dessen Leiden nur schwer zu lindern ist.[17] Diese Personifizierungsallegorie weist auf den seelischen Aspekt der Eifersucht der Menschen hin und bemitleidet Menschen, die nur in eine Richtung blicken.

Die dritte Broschüre trägt den Namen „Terrible fracaso“. Sie handelt von einem feministischen Treffen, das einen Notfall-Einsatz nach sich zieht. Spießbürgerlicher Feminismus wird hier lächerlich dargestellt.

Der Text „Controlados e intervenidos“ übt Kritik an Krieg und Gewalt, was durch das Auftreten der Frauen Krieg (Doña Guerra) und Revolution (Doña Revolución) aufgezeigt wird.

Die fünfte Broschüre „Fiestecitas superevangélicas“ beschreibt christliche Feste und stellt sowohl die Festlichkeiten im Allgemeinen als auch die Besucher auf überspitzte und lächerliche Art und Weise dar. Sie werden als gestellt, ernst und langweilig beschrieben.[18]

Artikel sechs und sieben kritisieren unter der Überschrift „Proyección para la creación de una fábrica de bodas en serie (Churros auténticos)“ das Heiraten bzw. institutionalisierte Trauungen, welche den eigentlichen anarchistischen Prinzipien widersprechen.[19] Die Doppelmoral einiger Anarchisten sowie die Ehe, die oftmals nicht aus Liebe vollzogen wird, erhält eine negative Darstellung.

Die darauf folgende Erzählung beschreibt die Erkrankung des Arztes Buen Humor an einem bösartigen Tumor, welcher mit Leichtgläubigkeit in Verbindung gebracht und mithilfe von Skepsis behandelt werden kann.[20] Hiermit wird Kritik an der Gesellschaft und den Menschen, die blind Institutionen und der Politik folgen, geübt.

Der zehnte und letzte Artikel der Sammlung kritisiert unter der Überschrift „La raza esforzada del „aval““ die Wechselbürgschaft. Der Arzt Buen Humor möchte sich rote Socken mit lila Verzierung erstehen, wofür er einen immensen bürokratischen Aufwand leisten muss. Es handelt sich bei dieser Erzählung folglich um eine Kritik an der Bürokratie und der staatlichen Kontrolle Spaniens.

4 Licht- und Farbsymbolik

4.1 Ein Überblick

„Farbe hat für uns zivilisierte Menschen […] deshalb Bedeutung, weil sie, der Musik ähnlich, die Ebene der Emotionen anspricht, die in unserem Leben eher in den Hintergrund gedrängt wurde.“[21]

Farben haben immer eine Gefühlsbedeutung.[22] Sie verändern die Umgebung und können die Stimmung der Betrachter beeinflussen, indem sie bestimmte Assoziationen hervorrufen und auf die Psyche wirken.[23] Dies geschieht immer implizit, da der Betrachter sich der Wirkung der Farben oftmals nicht direkt bewusst ist. Diese Tatsache machte sich Poch y Gascón zu Nutze, indem sie mithilfe des Einsatzes von Farben bestimmte Gefühle suggeriert und viel mehr ausdrückt, als sie mit bloßen Worten zu Papier gebracht hat.

Eine entsprechende Wirkung kann ebenfalls in Bezug auf das Licht festgestellt werden. Licht ist die Quelle des Lebens und überlebenswichtig.[24] Es trägt zum Wohlbefinden und Leistungsvermögen bei, da sich Sonnenstrahlen positiv auf die Gesundheit auswirken.[25] Mit Dunkelheit bildet Licht ein Gegensatzpaar, indem es konträr zu Orientierungslosigkeit, Tod und Bedrohung für Neues, Hoffnung und Leben steht. Es vermittelt geistige und sinnliche Erkenntnis und steht als Metapher für Wahrheit, Gutes und Erkenntnis.[26]

4.2 Assoziationen und psychische Wirkung einzelner Farben in „La Ciencia en la Mochila“

Vor Allem die ersten Texte der Sammlung weisen eine Vielzahl an Farbbeschreibungen und Farbsymbolik auf.

So werden beispielsweise die Wände des Sanatoriums, also die Eckpfeiler ebendieser Institution, als blau beschrieben. Blau ist die Himmels- und Meeresfarbe. Sie steht für Himmel und Luft, Wasser und Meer sowie für Ferne und Unendlichkeit.[27]

Ferner ist Blau die Farbe „der äußersten Orte und der letzten Grade, die dem Leben verschlossen sind“.[28] Diese Aussage lässt sich unzweifelhaft auf das Sanatorium anwenden, da dieses einen besonderen und utopischen Ort darstellt, welcher den Menschen helfen soll, einen Zugang zu ebendiesen verschlossen Orten in sich selbst zu erlangen. Darüber hinaus wird die Heilanstalt durch diese blaue Farbgebung als weit entfernter, ruhiger Ort dargestellt, an welchen sich Frauen wie z.B. die Autorin in Zeiten des Bürgerkrieges und der Revolution gerne gewünscht hätten.

Rudolf Gross, Autor des Buches „Warum die Liebe Rot ist – Farbsymbolik im Wandel der Jahrtausende“ erwähnt in seinem Werk, dass die Farbe Blau den Parasympathikus anspreche.[29] Hierbei handelt es sich um einen der drei Komponenten des vegetativen Nervensystems, welcher für Ruhe und Entspannung sorgt und aufgrund dessen auch als „Ruhenerv“ bezeichnet wird.[30] Als Ruhepart des vegetativen Nervensystems dient dieser dem Auftanken von Energie während er den Körper sich erholen lässt. Entspannung, Erholung und Kraft als körperliche Empfindungen durch die Farbe Blau, deuten darauf hin, dass sich Poch y Gascón dessen Wirkung bewusst war und als Medizinerin aus dem Sanatorium eine Oase der Ruhe als Flucht vor dem Alltag erschaffen wollte. Aus diesem Grund wird das Gemäuer ihrer Institution mit der Farbe Blau beschrieben. Dies wird durch die symbolische Wirkung von blauer Farbe wie Vertrauen, Ruhe, Frieden und Zuverlässigkeit noch verstärkt[31], da dies Zustände und Eigenschaften darstellt, welche das Sanatorium charakterisieren. Die Heilanstalt als Ort der Freundschaft und Harmonie steht somit im Kontrast zur damaligen Außenwelt.

Hinzu kommt die Wirkung des Blaus als „Farbe der unbegrenzten Dimensionen“, was den Wunsch nach Veränderungen unterstreicht, da Poch y Gascón im starren, ungerechten System Spaniens aufwuchs und lebte. Im Vergleich zur vorherrschenden Gesellschaftsordnung versinnbildlichte ihre erschaffene Klinik bereits einen angestrebten, besseren Ort.

[...]


[1] Vgl. Gamero, Juan (Regie), (1997): Vivir la utopia (Film). Fundación de Estudios Libertarios Anselmo Lorenzo, Spanien. TC: 4:30-4:45.

[2] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, Karin Kramer Verlag, Berlin S. 31ff.

[3] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, S. 39.

[4] Vgl. ebd., S. 128.

[5] Vgl. Rodrigo, Antonina (2002): Amparo Poch y Gascón – Textos de una médica libertaria, Alcaraván Ediciones, Zaragoza, S. 13.

[6] Vgl. http://www.ciudaddemujeres.com/mujeres/Republica/PochGascon.htm.

[7] Vgl. ebd.

[8] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, S. 15.

[9] Vgl. Rodrigo, Antonina (2002): Amparo Poch y Gascón – Textos de una médica libertaria, S. 14.

[10] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, S. 64f.

[11] https://www.anarchismus.at/texte-zur-spanischen-revolution-1936/die-mujeres-libres/6102-die-anarchistische-frauenorganisation-mujeres-libres.

[12] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, S. 18.

[13] Vgl. Rodrigo, Antonina (2002): Amparo Poch y Gascón – Textos de una médica libertaria, S. 14.

[14] http://www.escritorasyescrituras.com/el-discurso-etico-de-amparo-poch-y-gascon-anarcofeminismo-divulgacion-cientifica-y-pacifismo/.

[15] Vgl. http://www.escritorasyescrituras.com/el-discurso-etico-de-amparo-poch-y-gascon-anarcofeminismo-divulgacion-cientifica-y-pacifismo/.

[16] Vgl. Poch y Gascón, Amparo (1936): La Ciencia en la Mochila – Sanatorio de optimism, S. 208.

[17] Vgl. ebd., S. 211.

[18] Vgl. ebd., S. 217.

[19] Vgl. Nash, Mary (1979): Mujeres Libres - Die freien Frauen in Spanien 1936-1978, S. 35.

[20] Vgl. Poch y Gascón, Amparo (1936): La Ciencia en la Mochila – Sanatorio de optimism, S. 221f.

[21] Diehl, Edgar (2005): Farbzeiten, Wie die Farbe der Seele hilft, Drachen Verlag, Klein Jasedow, S. 19.

[22] Vgl. ebd., S. 14.

[23] Vgl. ebd., S. 19.

[24] https://www.evangelisch.de/inhalte/77649/01-02-2013/licht-goettliche-brauch

[25] http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/vitamin-d-jetzt-sonne-tanken-um-einen-mangel-zu-vermeiden-a-989518.html / http://www.netdoktor.de/Gesund-Leben/Praevention/So-gesund-ist-Sonne-12865.html.

[26] Beuttler, Ulrich (2010): Gott und Raum - Theologie der Weltgegenwart Gottes, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, S. 109.

[27] Vgl. Riedel, Ingrid (1999): Farben in Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie, Kreuz Verlag, Stuttgart, S.57ff.

[28] Heimendahl, Eckert (1961): Licht und Farbe - Ordnung und Funktion der Farbwelt, Walter De Gruyter & Co., Berlin, S. 208.

[29] Vgl. Gross, Rudolf (1981): Warum die Liebe rot ist – Farbsymbolik im Wandel der Jahrtausende, Econ Verlag, Düsseldorf und Wien, S. 201.

[30] https://www.dr-gumpert.de/html/parasympathikus.html.

[31] Vgl. Heller, Eva (2004): Wie Farben wirken, Rohwolt, Reinbek bei Hamburg, S.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Paredes azules. Licht- und Farbsymbolik in Amparo Poch y Gascóns „La Ciencia en la Mochila“
Hochschule
Universität Münster  (Romanistik)
Veranstaltung
Lucía Sánchez Saornil und Amparo Poch y Gascón: Zwei anarchistische Dichterinnen in den Stürmen des 20. Jahrhunderts
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V349705
ISBN (eBook)
9783668367739
ISBN (Buch)
9783668367746
Dateigröße
740 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
paredes, licht-, farbsymbolik, amparo, poch, gascóns, ciencia, mochila
Arbeit zitieren
Lena Sauer (Autor:in), 2016, Paredes azules. Licht- und Farbsymbolik in Amparo Poch y Gascóns „La Ciencia en la Mochila“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/349705

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