Der Kundenwert als zentrale Größe im wertorientierten Vertriebscontrolling. Stand der Umsetzung und Ausprägung bei Unternehmen in B2B-Märkten


Masterarbeit, 2015

132 Seiten, Note: 2,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract Deutsch

Abstract English

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen
1.4 Methodik und Aufbau der Arbeit

2 Erläuterung zentraler Begriffe
2.1 Begriffsdefinition B2B-Markt
2.2 Begriffsdefinition Vertrieb
2.3 Begriffsdefinitionen zum Vertriebscontrolling
2.3.1 Begriffsdefinition Controlling
2.3.2 Begriffsdefinition Vertriebscontrolling
2.4 Begriffsdefinitionen zum Kundenwert
2.4.1 Begriffsdefinition Wert
2.4.2 Begriffsdefinition Kundenwert

3 Konzeptioneller Bezugsrahmen
3.1 Wertorientierung und Kundenwert im Unternehmen
3.1.1 Wertorientierte Unternehmenssteuerung
3.1.2 Wertorientierung im B2B-Marketing
3.1.3 Wertorientierung im Vertrieb
3.2 Besonderheiten und Vertrieb in B2B-Märkten
3.2.1 Charakteristika der B2B-Märkte
3.2.2 Kunden in B2B-Märkten
3.2.3 Geschäftstypen in B2B-Märkten
3.2.4 Vertriebswege in B2B-Märkten
3.2.5 Vertriebsorganisation
3.3 Der Kundenwert zur Kundenpriorisierung im Vertrieb
3.3.1 Kundenbewertung als Basis für die Kundenpriorisierung
3.3.2 Kundenpriorisierung
3.3.2.1 Strategische Kundenprioritäten
3.3.2.2 Operative Kundenprioritäten
3.4 Vertriebscontrolling
3.4.1 Relevanz der Thematik Vertriebscontrolling
3.4.2 Abgrenzung strategisches und operatives Vertriebscontrolling
3.4.2.1 Strategisches Vertriebscontrolling
3.4.2.2 Operatives Vertriebscontrolling
3.4.3 Informationsversorgung des Vertriebs
3.4.4 Die einzelnen Phasen des Vertriebscontrollings
3.4.4.1 Planung
3.4.4.2 Kontrolle
3.4.4.3 Koordination und Steuerung

4 Kundenbewertung
4.1 Ausgangspunkt für die Kundenbewertung
4.2 Determinanten und Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
4.2.1 Marktpotenzial
4.2.1.1 Ertragspotenzial
4.2.1.2 Entwicklungspotenzial
4.2.1.3 Cross-Buying-Potenzial
4.2.1.4 Loyalitätspotenzial
4.2.2 Ressourcenpotenzial
4.2.2.1 Referenzpotenzial
4.2.2.2 Informationspotenzial
4.2.2.3 Kooperationspotenzial
4.2.2.4 Synergiepotenzial
4.3 Kundenbewertungsmethoden
4.3.1 Systematisierung der Kundenbewertungsmethoden
4.3.2 Einsatzhäufigkeiten der Kundenbewertungsmethoden
4.3.3 Monetäre Kundenbewertungsmethoden
4.3.3.1 ABC-Umsatzanalyse
4.3.3.2 ABC-Analyse nach Kundendeckungsbeitrag
4.3.3.3 Kundenorientierte Prozesskostenrechnung
4.3.3.4 Customer Lifetime Value - Kundenkapitalwert
4.3.3.5 Monetäre Bewertung des Referenzpotenzials
4.3.4 Nicht monetäre Kundenbewertungsmethoden
4.3.4.1 Loyalitätsleiter
4.3.4.2 Allgemeine Scoring-Modelle
4.3.4.3 RFMR-Methode
4.3.4.4 Kundenreferenzwert-Analyse
4.3.4.5 Kundenportfolios
4.4 Problemfelder bei der Kundenbewertung

5 Zusammenfassung der Literaturanalyse

6 Empirische Untersuchung
6.1 Forschungsdesign
6.1.1 Auswahl des zu Grunde liegenden Forschungsansatzes
6.1.2 Forschungsfeld und Sampling
6.1.3 Datenerhebung
6.1.3.1 Erhebungsmethode
6.1.3.2 Erhebungsinstrument
6.1.4 Steckbrief der in die Studie einbezogenen Experten
6.1.5 Aufbereitung des Datenmaterials
6.1.6 Qualitative Inhaltsanalyse
6.2 Darstellung der Ergebnisse aus den Expertengesprächen
6.2.1 Verständnis zum Begriff Kundenwert
6.2.2 Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts
6.2.2.1 Determinanten des Marktpotenzials
6.2.2.2 Determinanten des Ressourcenpotenzials
6.2.3 Eingesetzte Methoden zur Bestimmung des Kundenwerts
6.2.3.1 Monetäre Kundenbewertungsmethoden
6.2.3.2 Nicht-monetäre Kundenbewertungsmethoden
6.2.4 Erfahrungen des Vertriebs mit der Kundenbewertung

7 Conclusio
7.1 Zusammenfassung und kritische Bewertung der Ergebnisse
7.2 Handlungsempfehlungen
7.3 Weitere Forschungsfelder

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Unterschiede zwischen B2B- und Industriegütermärkten

Abbildung 2: Einordnung des Vertriebs in das Marketing

Abbildung 3: Typologisierung organisationaler Kunden

Abbildung 4: Von der strategischen zur operativen Planung

Abbildung 5: Allgemeine Zielsystematik im Marketing

Abbildung 6: Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts

Abbildung 7: Klassifizierung der Kundenbewertungsmethoden

Abbildung 8: ABC-Analyse nach Umsatz

Abbildung 9: Teilprozesse des Hauptprozesses "Kundenbetreuung"

Abbildung 10: Formel zur Berechnung des CLV

Abbildung 11: Kundenkapitalwert-Rechnung

Abbildung 12: Referenzwert-Modell

Abbildung 13: Darstellung eines Scoring-Verfahrens

Abbildung 14: Punktevergabe nach der RFMR-Methode

Abbildung 15: Ermittlung von Referenzwerten mit der Scoring-Methode

Abbildung 16: Kundenwachstum-/Relativer Lieferanteil-Portfolio

Abbildung 17: Kundenrendite-Portfolio

Abbildung 18: Kategoriensystem zur Inhaltsanalyse

Abbildung 19: Aufbau einer Kundendeckungsbeitragsrechnung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Maßgrößen der Kundenbedeutung

Tabelle 2: ABC-Analyse der Kundendeckungsbeiträge

Tabelle 3: Klassifizierungsansätze für den Kundenstatus

Tabelle 4: Klassifizierung von Interviews

Tabelle 5: Interviewpartner der Expertengespräche

Tabelle 6: Bedeutung des Begriffs "Kundenwert" für die Experten

Tabelle 7: Determinanten des Kundenwerts aus Sicht der befragten Experten

Tabelle 8: Methoden und Kennzahlen zur Kundenbewertung

Tabelle 9: Scoring-Modell zur Kundenbewertung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract Deutsch

Der Vertrieb ist die direkte Schnittstelle zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden. Die Vertriebsressourcen reichen im Regelfall jedoch nicht aus, um alle Kunden mit höchster Priorität zu betreuen. Deshalb ist es notwendig, die Ressourcen auf jene Kunden zu verteilen, welche den höchsten Wertbeitrag für das eigene Unternehmen einbringen.

In vorliegender Arbeit wird daher untersucht, welche Möglichkeiten dem Vertriebscontrolling zur Verfügung stehen, um den Vertrieb bei der Kundenbewertung zu unterstützen und mittels des daraus resultierenden Kundenwerts, die optimale Ressourcenallokation im Vertrieb zu gewährleisten. Aufbauend auf den Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Literatur wird in der empirischen Erhebung untersucht, wie das Vertriebscontrolling in Unternehmen der B2B-Märkte ausgestaltet ist, um den Kundenwert zu ermitteln und damit die Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten an den wichtigsten Kunden sicherzustellen.

Es zeigt sich, dass die Unternehmen eine Vielzahl an Determinanten zur Bestimmung des Kundenwerts heranziehen. Speziell bei der Kundenbewertung mittels qualitativer Faktoren stehen dem Vertrieb jedoch nur in bestimmten Fällen entsprechende Instrumente und Methoden zur Verfügung. Zudem zeigt sich, dass die Prognose der zukünftigen Kundenentwicklung, die Unternehmen vor Herausforderungen stellt.

Abstract English

The sales department is the direct interface between a company and its customers. However, sales resources are normally insufficient for managing and supporting all customers with maximum priority. That is why it is necessary to distribute sales resources amongst those customers that generate the most value for the company.

This paper therefore examines the options available in the area of sales controlling in order to support the sales department with assessing customers and using the resulting customer value to ensure the optimal allocation of resources within the area of sales. Based on findings published in scientific literature, the empirical survey examines how sales controlling is structured in companies on B2B markets in order to determine the customer value and hence to ensure that sales activities are aligned to the most important customers.

It is evident that companies use a large number of determinants to ascertain customer value. However, sales departments only occasionally have the necessary instruments and methods at their disposal, especially when qualitative factors are used to assess customers. It is also evident that companies are faced with challenges when it comes to forecasting future customer development.

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation

Das Umfeld in dem sich Unternehmen heute behaupten müssen, um langfristig zu bestehen, wird zunehmend schwieriger. Die Produktlebenszyklen werden kürzer und damit auch die Zeit, um Produkte gewinnbringend abzusetzen. Zudem steigen die Investitionen für Produktentwicklungen und für die Platzierung der Leistungen auf den Märkten (Pufahl, 2014, S. 5-7). Die Vertriebsleitungen sind mit zunehmender Vertriebskomplexität konfrontiert und Fehleinschätzungen des Marktumfelds können aufgrund der hohen Investitionen, bis zur Marktreife von Leistungen, den Fortbestand des Unternehmens gefährden (Pufahl, 2014, S. 6-7). Infolge des dynamischen Marktumfelds ist die Vertriebstätigkeit, neben einem steigenden Anspruchsniveau der Kunden, durch einen hohen Produktivitätsdruck gekennzeichnet (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 5).

Der Vertrieb ist die direkte Schnittstelle zum Kunden (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 5) und hat einen starken Einfluss auf die Erlöse und den Unternehmensgewinn (Heaton, 2009, S. 72). Die Vertriebsorganisation kostet Unternehmen in der Regel jedoch auch zwischen 10% und 20% des Umsatzes. Dies macht es notwendig die Vertriebsressourcen in jene Richtung zu lenken, in welche sie die meisten Renditen bringen (Dannenberg & Zupancic, 2008, S. 2). Winkelmann (2012, S. 338) postuliert daher:

„Nur die ‚richtigen‘ Kunden sind als Könige zu krönen.“

Würden alle Kunden vom Vertrieb mit der gleichen Intensität betreut und die Vertriebsaktivitäten bei den „falschen“ Kunden wahrgenommen werden, so kann dies hohe Kosten und einen hohen Zeitaufwand verursachen. Dies trifft nicht nur die Vertriebsabteilung, sondern auch andere involvierte Unternehmensbereiche, da bspw. bei Kundenprojekten im Maschinenbau die Möglichkeit besteht, dass Entwicklungskosten vor Auftragsvergabe anfallen, die dann letztlich nicht weiterverrechnet werden können. Es ist daher notwendig zwischen wichtigen und weniger wichtigen Kunden zu unterscheiden (Winkelmann, 2012, S. 338).

Zum Zweck der optimalen Ressourcenallokation sowie aufgrund des vorhandenen Wettbewerbs- und Margen-Drucks ist neben einer starken Kundenorientierung, besonderes Augenmerk auf den Kundenwert zu richten (Duderstadt, 2006, S. 14). Die Kundenbewertung und der daraus resultierende Kundenwert für den Anbieter kann hierbei die optimale Ressourcenallokation im Vertrieb gewährleisten. Dadurch wird der Einsatz von Vertriebsressourcen, jenem Wertbeitrag, den eine Geschäftsbeziehung dem eigenen Unternehmen bringt, angepasst (Winkelmann, 2013, S. 337). Die Unterscheidung zwischen profitablen und nicht profitablen Kundenbeziehungen ist wesentlich für die Erreichung der Rentabilitätsziele eines Unternehmens (Duderstadt, 2006, S. 14-15). Ein wertorientiertes Kundenmanagement kann den Unternehmenswert merkbar steigern. Dennoch werden in der Praxis die Vertriebsaktivitäten häufig nicht zielgenau an den individuellen Kundenwerten angepasst (Pufahl, 2014, S. 41).

Das Vertriebscontrolling kann hierbei unterstützend wirken (Pufahl, 2012, S.6). Die dabei identifizierten Erfolgspotentiale aus dem strategischen Vertriebscontrolling sollen mit Hilfe des operativen Vertriebscontrollings genutzt und umgesetzt werden. Als Ziel des operativen Vertriebscontrollings gilt dabei die kurz- und mittelfristige Sicherstellung der Vertriebseffizienz (Duderstadt, 2006, S. 127). Für eine rentabilitätsorientierte Kundenbetrachtung sind die Controlling-Systeme von der trad i tionell produktorientierten Sichtweise auf eine kundenorientierte Perspektive auszurichten (Duderstadt, 2006, S. 14-19), um den ökonomischen Beitrag der einzelnen Kunden oder Kundengruppen zum Unternehmenserfolg transparent darstellen zu können (Cornelsen, 2006, S. 185).

1.2 Problemstellung

Der Kundenwert mit seinen Bestimmungsfaktoren ist jene Messgröße, welche die individuelle, ökonomische Gesamtbedeutung eines Kunden, in Hinblick auf die Zielerreichung des Anbieterunternehmens, darstellt und bildet damit eine wesentliche Größe im wertorientierten Vertriebsmanagement (Tomczak & Rudolf-Sipötz, 2012, S.128-129). Dennoch werden nur von jedem sechsten Industriegüterhersteller Kundenbewertungen systematisch durchgeführt. Im Konsumgüterbereich bewerten etwa 40% der Anbieter ihre Kunden zumindest nach deren Umsatz oder erwirtschaftetem Deckungsbeitrag (Winkelmann, 2012, S. 339) und in der branchenübergreifenden Studie von Rudolf-Sipötz (2001, S. 62-70) zeigte sich bei den Top 2000-Unternehmen der Schweiz, dass nur 3% der in die Auswertung einbezogenen Unternehmen regelmäßig den Customer-Lifetime-Value erheben.

Den Business to Business-Märkten kommt aufgrund ihrer Größe und Vielschichtigkeit eine besondere Bedeutung im Rahmen der Volkswirtschaft zu. Deren quantitative Bedeutung resultiert aus den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen der Industriegütermärkte und zeigt sich darin, dass in entwickelten Volkswirtschaften das Umsatzvolumen der B2B-Märkte am Beispiel von Deutschland dem vier- bis fünffachen der klassischen Konsumgütermärkte entspricht (Kleinaltenkamp & Saab, 2009, S. 3-4; Winkelmann, 2012, S. 30; Backhaus & Voeth, 2014, S. 3).

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur sind diverse Arbeiten zu finden, die sich dem Thema Vertriebscontrolling nähern, so beispielsweise jene von Weber, Linnenlücke, & Krügerke (2009), Weber & Jensen (2009) und im österreichischen Raum die Studien von Anlanger, Barrantes, & Karner (2012) sowie Wünschl & Porri (2013), welche sich zum Teil auf B2B-Unternehmen beziehen, jedoch kein besonderes Augenmerk auf den Kundenwert im Rahmen des Vertriebscontrollings legen. Aus der Sicht des Marketings gehen die Arbeiten von Freter (2008) und Werani (2012) auf das Thema Kundenwert ein. Winkelmann (2012) und Hofbauer & Hellwig (2012) betrachten zwar die Kundenbewertung im Vertrieb, jedoch nur in Ansätzen in Verbindung mit dem Vertriebscontrolling. In der Letztausgabe der Arbeit von Pufahl (2014) findet sich der Kundenwert im Rahmen des Vertriebscontrollings bereits wieder, wobei ein besonderes Augenmerk auf die B2B-Märkte ausfällt.

Aufgrund der wichtigen Unterstützungsfunktion des Vertriebscontrollings sowohl bei der Kundenbewertung als auch generell in Bezug auf die Vertriebsorganisation, den daraus resultierenden positiven Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 1) und dem geringen Grad des Einsatzes von Kundenbewertungen in B2B-Märkten (Winkelmann, 2012, S. 339), werden nachstehende Zielsetzung und die Fragestellungen abgeleitet.

1.3 Zielsetzung und Forschungsfragen

Die vorliegende Arbeit soll Klarheit darüber bringen, wie die Kundenbewertung derzeit in Unternehmen im B2B-Segement durchgeführt wird, welche Bestimmungsfaktoren in die Kundenbewertung einfließen, welche positiven Aspekte und Problemfelder aus Vertriebssicht der Kundenbewertung zugeordnet werden und versucht zudem die Gründe dafür zu erforschen. Im Weiteren kann ein Abgleich zwischen den aus der Literatur erarbeiteten Erkenntnissen zur Kundenbewertung und dem IST-Stand in den Unternehmen durchgeführt werden. Darüber hinaus kann eine Ableitung von Handlungsempfehlungen erfolgen und allfällig gefundene neue Ansätze in den Unternehmen können der weiteren Forschung zugeführt werden.

Forschungsfragen

Die Hauptforschungsfrage, welche der vorliegenden Studie zu Grunde liegt, leitet sich aus der Problemstellung sowie dem bisherigen Forschungsstand ab und lautet wie folgt:

1. Wie ist das wertorientierte Vertriebscontrolling in B2B-Unternehmen ausgestaltet, um die Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten am Kundenwert sicherzustellen ?
2. Welche Erfahrungen haben die Unternehmen mit den eingesetzten Konzeptionselementen/Instrumenten des Vertriebscontrollings zur kundenwertorientierten Marktbearbeitung gemacht?

Des Weiteren werden die nachstehenden Sub-Forschungsfragen abgeleitet, welche letztlich der Beantwortung der ersten Forschungsfrage dienen:

1. Welche Konzeptionselemente/Instrumente werden vom Vertriebscontrolling zur kundenwertorientierten Allokation der Vertriebsressourcen in den B2B-Unternehmen angewendet?
2. Welche Bestimmungsfaktoren werden in den B2B-Unternehmen zur Bestimmung des Kundenwerts herangezogen?

Die Beantwortung der Forschungsfragen dient zum einen der Darstellung des aktuellen Standes der Umsetzung und der Ausprägung der eingesetzten Kundenbewertungsmethoden in den B2B-Unternehmen und zum anderen dem notwendigen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Erfahrungen mit den eingesetzten Methoden, Instrumenten und Bestimmungsfaktoren in den Unternehmen.

1.4 Methodik und Aufbau der Arbeit

Die Gliederung der vorliegenden Arbeit folgt schlüssig der systematischen Beantwortung der Forschungsfrage und gliedert sich im Wesentlichen in einen theoretischen Teil (Kapitel 2-4) und einen empirischen Teil (Kapitel 5-6).

Im ersten Kapitel werden die zu Grunde liegende Ausgangssituation und die Problemstellung beschrieben. Daraus werden die Zielsetzung und Forschungsfragen abgeleitet und der Aufbau und die Methodik der Arbeit dargelegt.

Darauffolgend werden im zweiten Kapitel grundlegende Begriffe definiert und abgegrenzt, um für den Zweck der Arbeit ein einheitliches Verständnis für die Begriffe zu schaffen. Auf dieser Basis wird im dritten Kapitel der Rahmen dargestellt, in welchem sich die Kundenbewertung zum Zweck der Vertriebssteuerung bewegt. Hierzu wird Grundlegendes zur Wertorientierung in den Unternehmen, zu den Besonderheiten der B2B-Märkte und dem Vertrieb in diesen sowie zum Kundenwert im Vertrieb festgestellt. Der Abschluss des dritten Kapitels dient der Darstellung des Vertriebscontrollings, mit besonderem Fokus auf die Integration des Kundenwerts in diesem. Das vierte Kapitel behandelt umfangreich die Analysemethoden und die Bestimmungsfaktoren des Kundenwerts und dient der Darlegung des aktuellen Stands der Wissenschaft in Hinblick auf die Instrumente zur Kundenbewertung.

Die theoretischen Grundlagen, welche im Wesentlichen in den Kapiteln zwei bis vier ersichtlich sind, werden auf Basis einer Analyse der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur erarbeitet. Die Erkenntnis- und Datengewinnung erfolgt durch eine umfangreiche Literaturrecherche. Zu diesem Zweck werden die Bibliotheken der FH Krems, der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität Wien sowie deren jeweiligen elektronischen Datenbanken mit relevanten Suchbegriffen durchforscht, anschließend wird die Literatur gelesen und in die Arbeit eingearbeitet. Um einen möglichst aktuellen Stand der Wissenschaft darlegen zu können, wird besonderes Augenmerk auf die Aktualität der Literatur gelegt und damit, sofern möglich, nur die neuesten Auflagen der Werke und die aktuellsten wissenschaftlichen Journale verwendet.

Auf Basis der Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Literatur erfolgt im empirischen Teil der Arbeit, dem Kapitel sechs, die empirische Untersuchung. Das gewählte Forschungsdesign wird in diesem Abschnitt dargelegt und begründet. Das Ziel der Erhebung ist es, zu erforschen welche Methoden, Instrumente und Bestimmungsfaktoren des Kundewerts in den Unternehmen zur Kundenbewertung herangezogen werden, wie das Vertriebscontrolling in diesem Sinne ausgestaltet ist und welche Problemfelder in diesem Rahmen vorliegen. Als Erhebungsmethode wird die qualitative Befragung gewählt. Damit sollen die erforderlichen Erkenntnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage gewonnen werden. Zu diesem Zweck wird die Erstellung des Interviewleitfadens durchgeführt, welcher zur Durchführung der Expertengespräche notwendig ist. Im Weiteren werden die Ergebnisse dargestellt und interpretiert.

Das letzte und siebente Kapitel schließt die Arbeit ab und fasst die wesentlichen Punkte der empirischen Untersuchung zusammen. Es werden die Ergebnisse kritisch betrachtet, Handlungsempfehlungen für die Unternehmen abgeleitet und Ansatzpunkte für die weitere Forschung aufgezeigt.

2 Erläuterung zentraler Begriffe

2.1 Begriffsdefinition B2B-Markt

Der Begriff „Business-to-Business“ (abgekürzt B2B oder BtoB) ist bezeichnend für jene Märkte, in welchen Unternehmen untereinander Transaktionen tätigen (Winkelmann, 2013, S. 9-10) und ihre Leistungen, zu welchen auch Produkte zählen, vermarkten (Kleinaltenkamp & Saab, 2009, S. 1). Im Gegensatz dazu stehen die Anbieterunternehmen in Business-to-Consumer-Märkten (abgekürzt B2C-Märkte) privaten Abnehmern gegenüber (Winkelmann, 2013, S. 8-9)

Nach Kleinaltenkamp & Saab (2009, S. 1) sind „(...) alle industriellen Hersteller, Dienstleistungsunternehmen, Händler und Handwerksbetriebe (.)“ die Kunden der Geschäftstreibenden im B2B-Sektor. Aufgrund der ähnlichen Vermarktungsgegebenheiten sind auch weitere Organisationen, wie staatliche oder staatsnahe Institutionen, in B2B-Märkten zu berücksichtigen. Auch Backhaus & Voeth (2014, S. 3) grenzen den Kundenkreis nicht auf Unternehmen ein, sondern sehen ebenso Organisationen im Allgemeinen als Kunden des B2B-Sektors an.

Die Bezeichnung B2B-Markt wird in der Literatur häufig synonym mit den Begriffen Industriegüter- oder Investitionsgütermärkte verwendet. Trotz sehr ähnlicher Aspekte sind diese jedoch nicht gänzlich mit den B2B-Märkten ident, wie nachstehend festgestellt wird (Backhaus & Voeth, 2014, S. 5).

Ein wesentliches Merkmal von Industrie-/Investitionsgütermärkten ist, dass die vermarkteten Leistungen von den Unternehmen nicht konsumiert, sondern zum Zweck der Leistungserstellung investiv bzw. produktiv eingesetzt werden (Kleinaltenkamp & Saab, 2009, S. 1-3). Je höherwertiger und beratungsintensiver die hergestellten Leistungen sind, desto eher wird in den Industriegütermärkten direkt zwischen den Herstellern vertrieben. Der Vertrieb kann jedoch auch indirekt durch die Einschaltung von Absatzmittlern und dem technischen Handel erfolgen (Winkelmann, 2013, S. 8-9). Da sich der Bedarf der Unternehmen aus der Nachfrage der nachgelagerten Wertschöpfungsstufen ableitet, welche letztendlich von der Nachfrage der Endkonsumenten in den Konsumgütermärkten abhängt, wird dies auch als „abgeleitete Nachfrage“ bezeichnet (Kleinaltenkamp & Saab, 2009, S. 1-3). Jene Märkte, in welchen der Kunde ein privater Endverbraucher ist, werden als Konsumgütermärkte bezeichnet (Backhaus & Voeth, 2014, S. 3).

Abbildung 1: Unterschiede zwischen B2B- und Industriegütermärkten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Backhaus & Voeth (2014, S.5)

Wie in Abbildung 1 ersichtlich umfasst der Begriff B2B sowohl den Bereich der Industriegütermärkte als auch Teile der Konsumgütermärkte. Dies ist deshalb der Fall, da die Industriegütermärkte nur die Vermarktung an nachgelagerte Wertschöpfungsstufen umfassen, welche die beschafften Leistungen zur eigenen Leistungserstellung benötigen. In B2B-Märkten wird jedoch zudem die Vermarktung von Leistungen mit einbezogen, welche zum Zweck der Distribution an die privaten Konsumenten, an den Groß- und Einzelhandel der Konsumgütermärkte vermarktet werden (Backhaus & Voeth, 2014, S. 5-6). Winkelmann (2013, S. 9) spricht hierbei auch vom „BtoBtoC-Vertrieb“, welcher letzlich den Warenfluss vom Hersteller, über den Handel, zum Konsumenten beschreibt.

Der B2B-Sektor ist durch gewerbliche Kunden und eine abgeleitete Nachfrage gekennzeichnet. Die Kaufentscheidungen erfolgen durch bevollmächtigte Einkäufer oder durch das Buying Center, wobei die Kunden den Anbieterunternehmen im Regelfall bekannt sind (Winkelmann, 2013, S. 10-13). Da dies sowohl für die Industriegütermärkte als auch für die Konsumgüterhersteller, die an den Handel vertreiben, gilt (Winkelmann, 2012, S. 29-35), wird für die vorliegende Arbeit der Begriff B2B wie folgt definiert:

Mit dem Begriff „Business to Business“ (B2B) wird jener Markt sowie das zugehörige Marketing und der Vertrieb gekennzeichnet, in welchem Transaktionen zwischen Unternehmen getätigt werden. Dies umfasst sowohl den gesamten Industriegüterbereich als auch jene Transaktionen, bei welchen von Herstellern Konsumgüter an den Groß- und Einzelhandel vertrieben werden.

Die Vermarktung an den privaten Konsumenten wird damit nicht vom Begriff B2B umfasst und auch die spezifischen Herausforderungen im Konsumgüterbereich, welche aus der Vermarktung an die privaten Endkonsumenten resultieren, (Winkelmann, 2012, S. 32 ff.) werden nicht betrachtet. Wenngleich Gemeinsamkeiten in Hinblick auf die Vertriebstätigkeit der Unternehmen innerhalb der B2B-Märkte vorhanden sind, wird der Begriff nicht wie an anderer Stelle in der Literatur (Backhaus & Voeth, 2014, S. 6) synonym mit den Begriffen Industriegüter- bzw. Investitionsgütermärkte verwendet. Dies begründet sich darin, dass wie dargestellt, keine Deckungsgleichheit zwischen den Begriffen besteht und die B2B-Märkte umfassender als die Industriegütermärkte sind.

Da die Vermarktung von Dienstleistungen grundlegende Besonderheiten mit sich bringt und spezielle Marketing- und Vertriebsaktivitäten erfordert, wird dieser Bereich in vorliegender Arbeit ausgegrenzt. Im Gegensatz zum Sachgüterbereich, in welchem das Produkt vom Verkaufsprozess abgelöst werden kann, ist dies im Dienstleistungssektor oftmals nicht möglich, da der Verkaufsvorgang mit der Leistungserbringung kombiniert sein kann und der Verkäufer damit auch zum Hersteller werden könnte (beispielsweise Steuerberater oder Unternehmensberater) (Winkelmann, 2012, S. 35).

2.2 Begriffsdefinition Vertrieb

Die Begrifflichkeiten Vertrieb und Verkauf sowie Marketing, Distribution oder auch Absatz finden sowohl in der Literatur als auch im alltäglichen Sprachgebrauch häufig synonym Verwendung. Aus der Sicht von Pepels (2014, S. 27) trifft dies vor allem im B2B-Sektor zu. Um für den weiteren Verlauf dieser Arbeit Klarheit zu schaffen, wird im Folgenden der Begriff „Vertrieb“ abgegrenzt.

Das Marketing kann als Leitkonzept für die marktorientierte Unternehmensführung verstanden werden, welches die Unternehmensaktivitäten auf den Markt, die Kunden und die Mitbewerber ausrichtet (Winkelmann, 2012, S. 15). Nach Pepels (2014, S. 27) umfasst das Marketing die Instrumente der Distributions- und Verkaufspolitik, der Angebots- und Sortimentspolitik, der Preispolitik sowie der Informations- und Präsentationspolitik. Das Marketing ist demzufolge nicht mit dem Vertrieb gleichzusetzen. Dieser Auffassung folgt auch Winkelmann (2012, S. 4-5), welcher weiter zwischen der strategischen und der in Praxis dominierenden operativen Sichtweise differenziert. Folgt man dem strategischen Ansatz, ist der Vertrieb dem Marketing zuzuordnen, wenngleich in der Praxis das Marketing und der Vertrieb in getrennten Organisationseinheiten mit jeweils unterschiedlichen Aufgabenstellungen zu finden sind.

Der Distributionsbegriff entstand in den vereinigten Staaten von Amerika zu Zeiten der Industrialisierung. Obwohl es zu dieser Zeit weder Kunden- noch Verkaufsprobleme gab, kam es dennoch bei der Nahrungsversorgung in den Städten zu Engpässen, wobei sich diese Engpässe einzig in der physischen Warenverteilung begründeten (Winkelmann, 2012, S. 11). Die Herausforderung für den Vertrieb zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand darin, einen Weg zu finden, der die Auslieferung der Ware zum Kunden ermöglichte (Pufahl, 2014, S. 3). Es entstanden die ersten Absatzmittler-Netzwerke und die „Distributoren“ verteilten die Produkte der Farmer (physisch) in den Städten (Winkelmann, 2013, S. 284). Hieraus entstand die Distributionssicht des Marketings und die Ableitung des Begriffs Distributionspolitik (Place) als eines der 4 P (Product, Price, Place, Promotion) des Marketingmix (Winkelmann, 2012, S. 4-12). Der ursprüngliche Distributionsbegriff beschreibt damit lediglich die physische Warenverteilung. Der Aufgabenbereich des Vertriebs ist heutzutage jedoch wesentlich weiter gesteckt. Homburg (2012, S. 49) postuliert daher, dass die Verwendung des Begriffs „Vertriebspolitik“ im Vergleich zu „Distributionspolitik“ zeitgemäßer und treffender ist. Die Auffassung von Homburg (2012, S. 49) zum Distributionsbegriff bestätigt sich, wenn der Definition zum Vertrieb von Winkelmann (2013, S. 38) gefolgt wird. Demnach umfasst

„(…) der Vertrieb / die Vertriebspolitik (Praxisbegriff: Vertriebsmanagement) (…) alle Funktionen und Tätigkeiten, Methoden und Instrumente, Strukturen und Abläufe (Prozesse), Funktionalitäten und Systeme zur Gewinnung von Aufträgen (Umsatzgenerierung), zur Kundensicherung und zur Warenbereitstellung.“ (Winkelmann, 2013, S. 38)

Pepels (2014, S. 27) führt zwar den Begriff „Distributionspolitik“, trennt diesen jedoch in eine logistische und akquisitorische Komponente auf. Der Vertrieb wird hierbei als jenes Umfeld beschrieben, welches der „(…) unmittelbaren Herbeiführung der Tauschakte, also der Akquisition von, der Transaktion mit und der Nachbereitung der Kunden (.)“ (Pepels, 2014, S. 28) dient. Wesentlich enger greift Küsell (2006, S. 124), welcher einzig den Verkaufsprozess (der Kundenkontakt sowie das Verkaufsgespräch) und somit nur die akquisitorische Komponente, dem Vertrieb zuordnet. Aufgrund der kommunikativen Elemente im Verkauf wäre in diesem Sinne der Vertrieb im Marketingmix nicht der Distributions-, sondern der Kommunikationspolitik unterzuordnen (Winkelmann, 2012, S. 12).

Wenngleich der Verkauf eine Grundfunktion des Vertriebs ist, so ist das Tätigkeitsfeld dieses ein breiteres und beinhaltet die akquisitorische Vertriebskomponente (Verkaufspolitik), die Gestaltung des Vertriebssystems, die Vertriebskanalpolitik sowie das Vertriebscontrolling (Winkelmann, 2013, S. 38). Die logistische Komponente (Distributionspolitik) wird in der Praxis meist nicht dem Vertrieb zugeordnet (Duderstadt, 2006, S. 3).

Eine eindeutige Zuordnung des Vertriebs ist damit wie dargestellt weder zur Distributionspolitik noch zur Kommunikationspolitik möglich (Winkelmann, 2012, S. 11). Auch Winkelmann (2012, S. 12) folgt daher der Auffassung von Homburg (2012, S. 49), wonach anstelle von Distributionspolitik der Begriff Vertriebspolitik eingesetzt werden sollte, da damit sowohl die Distribution (physischer Vertrieb) als auch die im Vertrieb wesentliche, akquisitorische Komponente Berücksichtigung findet.

Abbildung 2: Einordnung des Vertriebs in das Marketing

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: modifiziert nach Duderstadt (2006, S. 4)

Zum Begriff Vertrieb im institutionellen Sinn folgt die vorliegende Arbeit dem operativen Verständnis und damit der Definition von Hesse (2004, S. 19). Es wird daher im Weiteren „(…) unter dem Begriff ‚Vertrieb‘ jene organisatorische Einheit eines Unternehmens verstanden, welche die vertriebspolitischen Ziele, Strategien und Maßnahmen koordiniert und umsetzt (…)“ (Hesse, 2004, S. 19)

Der Vertrieb im funktionellen Sinn umfasst „(…) alle Funktionen und Tätigkeiten, Methoden und Instrumente, Strukturen und Abläufe (Prozesse), Funktionalitäten und Systeme zur Gewinnung von Aufträgen (Umsatzgenerierung), zur Kundensicherung und zur Warenbereitstellung.“ (Winkelmann, 2013, S. 38).

2.3 Begriffsdefinitionen zum Vertriebscontrolling

2.3.1 Begriffsdefinition Controlling

Die Auffassungen zum Begriff „Controlling“ sind vielfältig. Der Begriff selbst leitet sich aus dem Englischen „to control“ ab, was sinngemäß mit kontrollieren, steuern, beherrschen oder regulieren übersetzt werden kann (Jung, 2014, S. 6; Eschenbach & Siller, 2011, S. 36; Horváth, 2011, S. 16). Bereits anhand dieser Übersetzung zeigt sich, dass „Controlling“ keineswegs mit Kontrolle gleichgestellt werden kann, wie dies in der Umgangsprache häufig der Fall ist (Horváth, 2011, S. 16). Horváth (2011, S. 17) postuliert daher, dass darunter vielmehr „Unternehmenssteuerung“ zu verstehen ist.

Im Sinne von Unternehmenssteuerung ist Controlling eine zentrale Managementaufgabe (Horváth, 2011, S. 16) und damit eine Führungsfunktion (Eschenbach & Siller, 2011, S. 73). In funktionaler Hinsicht ist Controlling ein Führungsservice, wird als Prozess oder Denkweise verstanden und entsteht durch die Zusammenarbeit von ControllerIn und Führungskräften (Eschenbach & Siller, 2011, S. 73). Eine zentrale Aufgabe des Controllings ist es, Führungsunterstützung zu leisten (Horváth, 2011, S. 67) und die Führung zu ergänzen (Lechner, Egger, & Schauer, 2010, S. 106). Die Durchführung von Controlling erfolgt durch die Führungskräfte selbst (Eigencontrolling) und/oder durch unterstützende Einheiten (Fremdcontrolling) (Alter, 2011, S. 38).

Entsprechend den Ebenen der Führung kann zwischen normativen, strategischen und operativen Aufgabenfeldern des Controllings unterschieden werden (Lechner, Egger, & Schauer, 2010, S. 107), wobei die jeweils übergeordnete Ebene den Rahmen für die nächste Ebene vorgibt (Eschenbach & Siller, 2011, S. 73). So gibt die normative Ebene die langfristig gültigen Rahmenbedingungen für die strategische Ebene vor und dient der Gestaltung der Vision, der Unternehmenswerte und der Unternehmenskultur (Eschenbach & Siller, 2011, S. 119). Die Unterteilung anhand der Ebenen der Unternehmensführung dient in erster Linie analytischen Zwecken und sollte in der Praxis ineinandergreifen und gut abgestimmt sein (Eschenbach & Siller, 2011, S. 74).

Im Vordergrund der strategischen Ebene steht mit einem Planungshorizont von drei bis fünf Jahren (Eschenbach & Siller, 2011, S. 161) die Zielsetzung, den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern (Lombriser & Abplanalp, 2010, S. 23). Dies erfolgt durch die Planung und Entwicklung der Unternehmens-Strategie ebenso wie durch die strategische Kontrolle und Frühaufklärung (Lechner, Egger, & Schauer, 2010, S. 107). Die Entscheidungen, welche bei der Strategieentwicklung zu treffen sind, zielen auf Effektivität („Die richtigen Dinge tun“) ab (Bea, Friedl, & Schweitzer, 2005, S. 363).

Auf operativer Ebene erfolgen im Rahmen der strategischen Vorgaben, mit dem Fokus auf Effizienz („Die Dinge richtig zu tun“) (Bea, Friedl, & Schweitzer, 2005, S. 363), die operativen Unternehmensplanungen, Soll-Ist-Vergleiche, Investitions- und Projektplanungen und die laufende Informationsversorgung der Führungskräfte (Lechner, Egger, & Schauer, 2010, S. 107). Der Planungshorizont liegt im Regelfall bei einem Jahr und es kommen hierbei Steuerungsgrößen wie Rentabilität, Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Liquidität zum Einsatz (Eschenbach & Siller, 2011, S. 213-214).

Auf sämtlichen Ebenen liegt dem Controlling bei der Aufgabenerfüllung eine ausgeprägte Wertorientierung, Marktorientierung und Orientierung an der Effizienz der Prozesse zu Grunde (Lechner, Egger, & Schauer, 2010, S. 107). Das Ziel des Controllings ist die Optimierung der Gesamtzielerreichung und damit die Sicherung des Fortbestands eines Unternehmens (Jung, 2014, S. 10).

Der folgenden Begriffsdefinition zum Vertriebscontrolling, liegt die Sichtweise zu Grunde, dass „Controlling“ als umfassendes Konzept zur Unternehmenssteuerung zu verstehen ist (Eschenbach & Siller, 2011, S. 40), welches zur Aufgabe hat „(…) durch die Koordination von Planung, Kontrolle sowie Informationsversorgung die Führungsfähigkeit von Organisationen zu verbessern (…)“ (Horváth, 2011, S. 67) und dadurch zur Optimierung der Zielerreichung des Unternehmens und damit zur langfristigen Existenzsicherung beiträgt (Jung, 2014, S. 10).

2.3.2 Begriffsdefinition Vertriebscontrolling

Die Publikationen, welche sich mit der Vertriebssteuerung und dem zugehörigen Vertriebscontrolling befassen, sind in der wissenschaftlichen Literatur zahlreich vorhanden (Krügerke & Linnenlücke, 2009, S. 5). Arbeiten, welche sich explizit dem Forschungsfeld des Vertriebscontrollings annehmen, sind jedoch nur vereinzelt zu finden (Hahn & Steinhardt, 2012, S. 5). Dieser Thematik nähern sich zum einen Vertreter aus dem Controlling, zum anderen Vertreter aus dem Marketing, wobei ein Großteil die Informationsversorgung des Vertriebs in den Fokus des Vertriebscontrollings stellt (Krügerke & Linnenlücke, 2009, S. 5).

Grundsätzlich ist das Vertriebscontrolling als Teilbereich des Marketingcontrollings, welches wiederum Teil des Unternehmenscontrollings ist, zu verstehen, wenngleich in der wissenschaftlichen Literatur eine synonyme Verwendung der Begriffe Marketing- und Vertriebscontrolling evident ist. Im Vordergrund des Marketingcontrollings steht eher die Kosten- und Ergebnistransparenz der Marktforschung, der Marktanalyse und der Marketingkonzepte. Das Vertriebscontrolling zielt auf die Erlös- und Kostentransparenz im Vertrieb ab. Ebenso finden die Vertriebsprozesse, der Einsatz der Vertriebsressourcen und das Kundenmanagement im Vertriebscontrolling Betrachtung (Duderstadt, 2006, S. 30-31). Entsprechend der in der Praxis vorherrschenden organisationalen Trennung der Marketing- und Vertriebsabteilung (vgl. Kapitel 2.2. Begriffsdefinition Vertrieb) kann das Vertriebs- als auch das Marketingcontrolling als eigene Funktion angesehen werden. Dennoch stehen beide Funktionen in gegenseitigem Bezug (Duderstadt, 2006, S. 31).

Der Vertrieb als Bindeglied zwischen einem Unternehmen und dessen Märkten steht in starker Abhängigkeit von der Unternehmensumwelt und erfordert daher ein spezifisches, funktionsbereichsbezogenes Controlling (Deglow, 2003, S.47, zit. nach Duderstadt, 2006, S. 29). Das Vertriebscontrolling ist jener Teilbereich des Unternehmenscontrollings, welcher den Vertrieb bei der Steigerung der Produktivität und Kundenorientierung unterstützt (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 1) und auf die Koordination der Vertriebsaktivitäten und deren Abstimmung mit den übergeordneten Unternehmenszielen abzielt (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 352).

Nach Pufahl (2014, S. 6-7) verfolgt das Vertriebscontrolling den Zweck der Information, Koordination und Kontrolle des Vertriebs. Homburg (2012, S. 1169) greift hier weiter und führt als zusätzlichen Aspekt des Vertriebscontrollings die Planung im Vertrieb an. Eine Sichtweise der auch Winkelmann (2012, S. 668) folgt und die Planung und das Controlling in einer Einheit zusammenfasst, denn: „Wer plant, wird auch analysierend, kontrollierend, koordinierend, unterstützend und verbessernd tätig sein.“ (Winkelmann, 2012, S. 668) - wenngleich Winkelmann auch auf die sinnvolle Trennung von Controlling und Planung in einzelne Lehrgebiete aufgrund des weitläufigen Gebiets des Controllings hinweist.

Die Vergangenheitsbetrachtung des operativen Vertriebscontrollings analysiert systematisch die bisherigen Vertriebsaktivitäten und leitet daraus Schlüsse ab. Dies ist jedoch nicht ausreichend, da die dynamischen Märkte zudem flexible Vertriebsstrategien erfordern. Die Vertriebssteuerung muss Risiken und mögliche Alternativen prüfen sowie Vertriebsstrategien festlegen. Hierbei unterstützt das strategische Vertriebscontrolling und stellt die kontinuierliche Anpassung an die Marktprozesse sicher. Zum diesem Zweck erfolgt neben den Ergebnis- und Planfortschrittskontrollen über die jeweilige Betrachtungsperiode auch die Prüfung der Prämissen, welche der Strategie zu Grunde liegen (Pufahl, 2014, S. 6-7).

In der vorliegenden Arbeit folgt das Verständnis zum Vertriebscontrolling dem Anspruchsniveau des modernen Controllings. In diesem Sinne werden durch das Vertriebscontrolling Sachverhalte nicht nur kontrolliert, sondern auch Rückschlüsse auf die Vertriebssteuerung gezogen (Winkelmann, 2012, S. 668). Dem Vertrieb wird vom Vertriebscontrolling ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt, um Daten zu analysieren, Entwicklungen zu erkennen und daraus mögliche Vorgehensweisen zur Zielerreichung ableiten zu können (Winkelmann, 2012, S. 668; Reichmann, 2011, S. 433). Eine weitere wesentliche Bedeutung für den Vertrieb liegt zudem in der Informationsversorgung durch das Vertriebscontrolling (Reichmann, 2011, S. 433).

2.4 Begriffsdefinitionen zum Kundenwert

2.4.1 Begriffsdefinition Wert

Der vorliegenden Arbeit liegt eine ausgeprägte Wertorientierung zu Grunde. Zu Beginn soll daher an dieser Stelle der Begriff „Wert“ im Sinne eines ökonomischen Werts und im Kontext der hier untersuchten Themen definiert werden, da in der Literatur keine einheitliche Interpretation des Wertbegriffs existiert (Cornelsen, 2000, S. 28; Rudolf-Sipötz, 2001, S. 12-13; Mödritscher, 2008, S. 8). Der Wertbegriff kann insofern eingegrenzt werden, als es sich dabei nicht um Werte im ethischen Sinn handelt (Mödritscher, 2008, S. 9).

In der entscheidungstheoretischen Wertlehre werden Objekte nach dem realisierbaren Nutzen im jeweiligen Verwendungszusammenhang und nicht in ihrem objektiven[1] Wert bewertet (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 13). Der Wert ist hierbei Ausdruck der Vorziehenswürdigkeit einer Alternative, welche sich aus der Bewertung der „(…) im Kontext vorgegebenen Ziele, Alternativen und Umweltvariablen ergibt (.)“ (Cornelsen, 2000, S. 22). Auf der entscheidungstheoretischen Wertlehre basiert das gerundive Wertverständnis, welches auf Engels (1962, S. 11f. zitiert nach Cornelsen, 2000, S. 27-30) zurückgeht. Cornelsen (2000, S. 29) hierzu weiter:

„Der Wert eines Objekts ist der Indikator des Ausmaßes, in dem das Objekt dazu beiträgt, selbstgewählte oder vorgegebene Ziele des Bewerters zu erfüllen (Gerundiver Wert)“.

Diese Definition bedingt auch, dass nach diesem Wertverständnis nicht nur monetäre, sondern auch nicht monetäre Größen einbezogen werden können (Cornelsen, 2000, S. 30-31). Wesentliche Wertdeterminante sind hierbei die Unternehmensziele. Da Letztere von den Unternehmen individuell festlegt werden und somit subjektiv sind, stellt der gerundive Wert in dieser Hinsicht einen subjektiven Wert dar. Andererseits lassen sich diese Ziele objektiv (mittels Indikatoren, z.B. der Zielerreichung) überprüfen (Cornelsen, 2000, S. 28-30).

Im Weiteren kann „(…) der gerundive Wert als Differenz zwischen Nutzen und Kosten operationalisiert werden (.)“ (Werani, 2014, S. 49 in Anlehnung an Mühleder 1996, S. 26 f.). Der Nutzen beschreibt in diesem Kontext die Fähigkeit einer möglichen Alternative, die vorliegenden Bedürfnisse befriedigen zu können. Den Vorzug erhält jene Alternative, welche in Relation zu den anderen Alternativen die größte Differenz aufweist. Unter der Voraussetzung, dass der Nutzen monetär zu bewerten ist, sind nur jene Alternativen ökonomisch vorteilhaft, welche einen größeren Nutzen als die Kosten aufweisen. (Werani, 2012, S. 51) .

Der folgenden Begriffsdefinition zum Kundenwert liegt jenes Verständnis zum gerundiven Wert vor, welches im Weiteren als ein „(…) aus einer spezifischen Entscheidungssituation resultierendes Maß für die Vorziehenswürdigkeit einer bestimmten Alternative verstanden (…)“ (Werani, 2012, S. 51) wird.

2.4.2 Begriffsdefinition Kundenwert

Der Terminus „Kundenwert“ wird in der wissenschaftlichen Diskussion unterschiedlich interpretiert. Ein notwendiges Abgrenzungsmerkmal ist die Perspektive aus welcher der Kundenwert betrachtet wird, da für beide möglichen Sichtweisen der Begriff Kundenwert verwendet wird. Diese Betrachtung kann zum einen aus der Sicht des Kunden und zum anderen aus der Sicht des Anbieters erfolgen (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 14).

Der Kundenwert aus Kundensicht, sprich der Wert, den ein Lieferant für einen Kunden hat, beschreibt den Wertzuwachs welchen ein Lieferant (Winkelmann, 2013, S. 339) mit seinem Leistungsangebot dem Kunden stiftet (Cornelsen, 2000, S. 33). Dieser Kundenwert aus Kundensicht wird auch als Wertschätzung oder Präferenz eines Kunden[2] in Hinblick auf einen Anbieter aufgefasst (Krafft, 2007, S. 44). Cornelsen (2000, S. 37) beschreibt den Kundenwert als „(…) Indikator des Ausmaßes, in dem ein Anbieter dazu beiträgt, die monetären bzw. nicht-monetären Ziele des betrachteten Kunden zu erfüllen (.)“.

Für den Kundenwert aus Kundensicht findet in der Literatur auch der Begriff „Customer Value“ synonym Verwendung, (Cornelsen, 2000, S. 37) wenngleich bei diesem Begriff eine Doppelbelegung evident ist und darunter oftmals auch der Kundenwert aus Anbietersicht gemeint wird (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 14).

Aus der Perspektive des Anbieters wird unter dem Begriff „Kundenwert“ der ökonomische Wert, welchen Kunden oder Kundensegmente für den Anbieter haben, verstanden (Krafft, 2007, S. 43-44). Auch Cornelsen (2000, S. 43) bezeichnet diesen Wert aus Anbietersicht als „(...) Maß für die ökonomische Bedeutung eines Kunden, d.h. dessen direkten und/ oder indirekten Beitrag zur Zielerreichung des Anbieters“, wobei hierbei sowohl der Beitrag zur Erreichung monetärer als auch nicht monetärer Ziele erfasst wird (Cornelsen, 2000, S. 38-43).

Monetäre Determinanten werden hierbei als direkter Beitrag zum Unternehmenserfolg betrachtet, hingegen tragen nicht-monetäre Determinanten nur indirekt zum Unternehmenserfolg bei (Kunschert, 2009, S. 14). Cornelsen (2000, S. 43) nennt als Beispiele für die indirekten Beiträge das Referenz- und Informationspotential eines Kunden, unter direkten Beiträgen sind Größen wie Umsatz oder Deckungsbeiträge zu verstehen.

An anderer Stelle in der Literatur wird jener Definition gefolgt, welche den Kundenwert als die individuelle Einstufung eines Kunden beschreibt. Diese Einstufung stellt die ökonomische Gesamtbedeutung eines Kunden dar, die aus dessen Beitrag zur Zielerreichung des Anbieterunternehmens resultiert (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 14; Tomczak & Rudolf-Sipötz, 2006, S. 129).

Nach Winkelmann (2012, S. 339) fließen in den ökonomischen Kundenwert als quantitative Maßzahl nur finanzwirtschaftliche Kennzahlen ein. Hierbei kommen Größen wie Umsatz, Deckungsbeitrag oder der Customer Lifetime Value zum Einsatz. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass Winkelmann (2012, S. 339) in der Kundebewertung - wenngleich nicht unter der Bezeichnung des ökonomischen Kundenwerts – ebenfalls auch qualitative Erfolgsparameter, wie den „(…) Informationswert, strategischen Wert, Referenzwert und Customer-Value-Potentialwert (.)“ berücksichtigt. Was den Wert eines Kunden ausmacht und welche Kriterien zur Bewertung herangezogen werden, hängt letztlich von den individuellen Zielen ab, die das bewertende Unternehmen verfolgt (Kleinaltenkamp, 2011, S. 114). Der Kundenwert ist somit relativ, da der gleiche Kunde, je nach Zielsetzung des bewertenden Unternehmens, einen unterschiedlichen Kundenwert aufweisen kann (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 22).

Der Kundenwert kann des Weiteren sowohl für einzelne Kunden als auch für Kundengruppen oder Kundensegmente und die Gesamtheit der Kunden ermittelt werden. Hierbei führt die Bewertung einzelner Kunden zu individuellen Kundenwerten. Die Bewertung von mehreren Kunden gemeinsam kann jedoch nur zu Durchschnittswerten in Bezug auf einzelne Kunden führen und trägt daher nur wenig zur individuellen Kundeselektion bei (Günter & Helm, 2006, S. 7). Aus der Sichtweise, dass der Kundenstamm ein Vermögenswert des Unternehmens ist, resultiert weiters der Begriff Customer Equity (Rudolf-Sipötz, 2001, S. 14).

Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, jene Möglichkeiten aufzuzeigen, welche mit Hilfe des Kundenwerts die optimale Allokation der Vertriebsressourcen sicherstellen können. Daher konzentrieren sich die weiteren Ausführungen auf den Kundenwert aus Anbietersicht, welcher den bloßen Begriff „Kundenwert“ beibehält. Dieser wird mit seinen Bestimmungsfaktoren, als Kennzahl für die individuelle, ökonomische Gesamtbedeutung eines Kunden, in Hinblick auf die Zielerreichung des Anbieterunternehmens und damit als wesentliche Größe im wertorientierten Vertriebsmanagement verstanden (Tomczak & Rudolf-Sipötz, 2006, S. 128).

Die Kundenbewertung ist der notwendige Prozess zur Bewertung von Kundenbeziehungen oder Kundengruppen (Cornelsen, 2000, S. 44). Die Aufgabe der Kundenbewertung ist es sowohl die bestehenden als auch potentiellen Kunden aus verschiedenen Blickwinkeln und in Bezug auf ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu bewerten (Winkelmann, 2013, S. 338).

3 Konzeptioneller Bezugsrahmen

3.1 Wertorientierung und Kundenwert im Unternehmen

3.1.1 Wertorientierte Unternehmenssteuerung

Im Laufe der Zeit werden die Märkte zunehmend dynamischer, die wandelnden Bedürfnisse der Kunden immer herausfordernder und die Unternehmensleistungen verlangen umso mehr nach einem marktgerechten Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch der technische Fortschritt stellt die Unternehmen vor Herausforderungen und die Mitbewerber wollen ebenso einen größtmöglichen Vorteil am Markt erlangen. Die Strategien eines Unternehmens müssen auf dessen Märkte abgestimmt sein. Die Kunden und der Wettbewerb stehen daher im Mittelpunkt der marktorientierten Unternehmensführung. Um als Unternehmen langfristig existieren zu können, ist zudem eine entsprechende Ertragskraft und daher neben der Marktorientierung ebenso eine Wertorientierung notwendig (Hofbauer & Bergmann, 2013, S. 75-77).

Das Ziel der wertorientierten Unternehmenssteuerung ist die Wertsteigerung des Unternehmens. Die positive Wertentwicklung von Unternehmen wird dann erreicht, wenn die erwirtschafteten Erträge größer sind als die anfallenden Kapitalkosten (Altenburger, 2012, S. 1). Um dies zu erreichen, ist es notwendig die Geschäftsprozesse an jenen Beiträgen auszurichten, welche zur positiven Entwicklung des Unternehmenswerts beitragen (Günter & Helm, 2011, S. 281).

Aufgrund des wesentlichen Beitrags[3] der Kunden zur eigenen Zielerreichung ist die ökonomische Bedeutung eines Kunden und damit der Kundenwert aus Anbietersicht eine wesentliche Größe im Rahmen des wertorientierten Managements (Freter, 2008, S. 357-358). Zu bedenken ist hierbei jedoch, dass erst eine Wertschaffung für den Kunden eine Wertgenerierung für das Anbieter-Unternehmen und damit eine nachhaltige Ertragssteigerung bewirken kann (Hofbauer & Bergmann, 2013, S. 78). Im Vordergrund der wertorientierten Unternehmensführung steht deshalb die Schaffung von Werten, sowohl für die Kunden (Kundenwert aus Kundensicht) als auch für das Unternehmen (Kundenwert aus Anbietersicht). Dadurch soll die Ertragskraft gesteigert werden, wodurch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gesichert wird (Hofbauer & Bergmann, 2013, S. 77-78).

3.1.2 Wertorientierung im B2B-Marketing

Die Kunden werden nur dann für die Leistungen eines Unternehmens bezahlen, wenn der Nutzen eines Angebots gegenüber den Kosten, welche dafür aufzuwenden sind, überwiegt und damit ein Wert für den Kunden generiert wird (Werani, 2012, S. 51). Das wertbasierte B2B-Marketing hat zum Ziel, mit dem Leistungsprogramm Wert für die Kunden zu schaffen, um den generierten Wert auf Anbieterseite zu maximieren (Werani, 2014, S. 48). Dabei liegen dem B2B-Marketing folgende Prinzipien zugrunde (Werani, 2012, S. 53):

- Der Wert einer Transaktion muss für den Anbieter > 0 sein
- Der Wert einer Transaktion muss für den Kunden > 0 sein
- Der dem Kunden gestiftete Wert muss größer sein als jener Wert den der Wettbewerb dem Kunden stiften kann

Auch Winkelmann (2012, S. 209) postuliert, dass der Kunde nicht aufgrund eines möglichen Preisvorteils kauft, sondern jene Leistung präferiert, welche die größte Differenz zwischen dem Kundennutzen und dem Kaufopfer aufweist.

Anhand der vorangehenden Ausführungen zeigt sich deutlich die Verknüpfung zwischen dem Wert, den ein Anbieter für den Kunden hat und dem Kundenwert aus Anbietersicht. Nur ein Leistungsangebot, das beim Kunden einen positiven Wert stiftet, wird beim Anbieter einen Wert generieren, der sich letztlich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt (Werani, 2012, S. 52).

3.1.3 Wertorientierung im Vertrieb

Winkelmann (2012, S. 210) konstatiert: „Zur Werteproduktion gehört spiegelbildlich die Wertevermarktung.“ Das wesentliche Element im Unternehmen, um die eigenen Produkte effektiv und effizient abzusetzen, ist der Vertrieb (Kesten, Lühn, & Schmidt, 2013, S. 26). Das Ziel der wertorientierten Vertriebssteuerung ist es, die Unternehmensleistungen bei den Kunden zu platzieren, um damit einen Wertgewinn für den Anbieter zu erwirtschaften (Winkelmann, 2012, S. 209-210). Die Konzentration der Beziehungsmaßnahmen auf die wertvollen Kunden und die Entwicklung des Kundenwerts für den Anbieter bei diesen wird in der Literatur als Erfolgsfaktor und entscheidender Werttreiber genannt (Riesenbeck, 2010, S. 204-205). Das Ergebnis sollte eine partnerschaftliche Geschäftsbeziehung sein, in welcher ein Interessensausgleich stattfindet und Werte sowohl auf Anbieterseite als auch auf Kundenseite durch die Zusammenarbeit generiert werden (Winkelmann, 2012, S. 209-210).

Der Vertrieb hat daher nicht nur auf die Zufriedenheit der Kunden zu achten, sondern insbesondere auch auf die eigene Zufriedenheit mit den Kunden. Vor allem soll die Profitabilität einer Kundenbeziehung fokussiert und bewertet werden. Erst eine Bewertung der Kunden ermöglicht eine differenzierte Zuweisung der Vertriebsressourcen auf die wertvollsten Kunden des Unternehmens und damit eine fokussierte Betreuung und Pflege dieser Kundenbeziehungen (Palloks-Kahlen, 2006, S. 286).

3.2 Besonderheiten und Vertrieb in B2B-Märkten

Im Folgenden werden die Besonderheiten des Umfelds beschrieben, mit welchen der Vertrieb in B2B-Märkten konfrontiert ist. Diese Spezifika sollen nachfolgend kurz dargestellt werden. Ziel ist es ein Verständnis für die B2B-Märkte und die Vertriebstätigkeit in diesen zu schaffen, auf welchem die weitere Arbeit aufbauen kann.

3.2.1 Charakteristika der B2B-Märkte

Die B2B-Märkte definieren sich zum einen dadurch, dass die Kunden keine Konsumenten, sondern organisationale Abnehmer sind und zum anderen durch weitere Besonderheiten, wie der abgeleiteten Nachfrage, einer in der Regel langfristigen Geschäftsbeziehung, der Multiorganisationalität und -personalität und einem hohen Grad an persönlicher Interaktion zwischen dem Kunden- und dem Lieferantenunternehmen (Homburg, 2014, S. 300-301; Backhaus & Voeth, 2014, S. 9-12).

Abgeleitete Nachfrage

Im Gegensatz zur originären Nachfrage in den Konsumgütermärkten (Werani, 2012, S. 15) leitet sich der Bedarf der Kunden in B2B-Märkten aus dem Bedarf der nachgelagerten Märkte ab und ist somit derivativ und nicht originär (Homburg, 2014, S. 301). Die Nachfrage in den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen hängt letztlich vom Endkunden ab. Dieser bezieht Leistungen beim Handel oder direkt beim Hersteller, welcher zur Fertigung der Produkte wiederum Teile von seinen Lieferanten benötigt, welche wiederum zur Herstellung dieser Teile, Rohstoffe von Lieferanten beschaffen müssen. Aus den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen in den Industriegütermärkten resultiert das im Vergleich zu den B2C-Märkten relativ hohe Umsatzgewicht der B2B-Märkte, (Backhaus & Voeth, 2014, S. 2-5).

Multiorganisationalität und Multipersonalität

Beim Beschaffungsprozess handeln Organisationen zumeist mittels Repräsentanten, von welchen auf Kunden- und Anbieterseite mehrere vertreten sein können (Backhaus & Voeth, 2014, S. 9). Das Buying Center des Kunden fasst hierbei sämtliche in den Beschaffungsprozess involvierte Personen gedanklich zusammen. Ebenso steht diesem auf der Seite des Lieferanten ein Verkaufsteam - das Selling Center - gegenüber, welches Mitarbeiter aus dem Vertrieb, dem Kundendienst, der Forschung & Entwicklung oder auch der Produktion umfassen kann (Winkelmann, 2012, S. 448).

Neben der Multipersonalität ist die Multiorganisationalität eine Besonderheit der organisationalen Beschaffung. Das heißt, dass mehrere Organisationen am Beschaffungsprozess beteiligt sind (Homburg, 2014, S. 301; Backhaus & Voeth, 2014, S. 9), wobei die Gründe hierzu vielfältig sein können. Beispielsweise könnte eine Beschaffungskooperatione zwischen Unternehmen vorherrschen, eine Zusammenarbeit mit Behörden bestehen (Backhaus & Voeth, 2014, S. 9), eine Kooperation mit Banken, welche Großanschaffungen finanzieren, vorliegen oder auch die Zusammenarbeit von Kunden mit technischen Beratern, wie Ingenieurbüros (Homburg, 2014, S. 301) existieren.

Langfristige Geschäftsbeziehungen

Die Langfristigkeit der Geschäftsbeziehungen im B2B-Sektor ist ein weiteres Kennzeichen des organisationalen Kaufverhaltens. Dieses ergibt sich beispielsweise aus der Langlebigkeit der Produkte oder der Bedeutung einer kontinuierlichen Serviceleistung durch den Anbieter. Aufgrund der langfristigen Geschäftsbeziehungen ergibt sich die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit von spezifischen Investitionen in die Kundenbeziehungen (Homburg, 2014, S. 302).

Persönliche Interaktion und Bekanntheit der Kunden

Im Gegensatz zum B2C-Vertrieb richtet sich der B2B-Vertrieb meist nicht an einen anonymen Massenmarkt, sondern an Kunden die dem Unternehmen bekannt sind (Oberstebrink, 2014, S. 13). Zwischen dem Anbieter- und Kundenunternehmen bestehen häufig persönliche Kontakte, welche sich aus den langfristigen Geschäftsbeziehungen und dem hohen Ausmaß der Interaktion zwischen den beiden Unternehmen ergeben (Homburg, 2014, S. 302).

3.2.2 Kunden in B2B-Märkten

Ein wesentliches Merkmal von B2B-Märkten sind die organisationalen Abnehmer und dem zufolge ein organisationales Beschaffungsverhalten, welches sich grundsätzlich von dem eines Endkonsumenten unterscheidet (Homburg, 2014, S. 300). Die Kaufentscheidungen sind dabei häufig an Beschaffungsrichtlinien gebunden, welche auf den Anbieter Einfluss haben können (Werani, 2012, S. 16). Die nachfolgende Darstellung stellt eine Möglichkeit der Typologisierung von Kunden in den B2B-Märkten dar, welche nachfolgend beschrieben wird (Homburg, 2014, S. 301).

Abbildung 3: Typologisierung organisationaler Kunden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Homburg (2014, S. 301)

Die Kunden der privatwirtschaftlichen Unternehmen können in Verwender, Original Equipment Manufacturer (OEM) und Händler unterteilt werden (Homburg, 2014, S. 301).

Verwender beschaffen die Produkte, um weitere Leistungen damit herzustellen (Homburg, 2014, S. 300). Dies umfasst bspw. Rohstoffe, Fertigungsmaschinen und sonstige Anlagen wie EDV-Systeme oder auch Verbrauchsgüter wie Schmierstoffe oder Büromaterialen und die Verpflegung in der Kantine (Winkelmann, 2012, S. 29)

Original Equipment Manufacturer integrieren die bezogenen Produkte in die selbst hergestellten Produkte. Bekannte Beispiele sind in der Computerbranche zu finden, bspw. wenn ein Computerhersteller die zugekauften Computerchips oder die zugekaufte Software in seinen Laptops implementiert (Homburg, 2014, S. 300).

Händler in B2B-Märkten vertreiben die beschafften Leistungen in meist unverändertem Zustand an organisationale Kunden weiter (Homburg, 2014, S. 300). Beispiele hierzu sind der Büroartikelhandel, welcher bei den Herstellern Büroartikel beschafft und an andere Unternehmen verkauft oder der technische Handel, der bspw. verschiedene Bauteile zukauft und an Maschinenhersteller weiterverkauft.

Bei Kunden aus dem Kreis der staatlichen Einrichtungen (z.B. Bundesheer, Polizei) werden Leistungen zum Zweck der Leistungserbringung an die Bürger bezogen. Der Kaufprozess kann hierbei durch gesetzliche Regelungen (z.B. Vergaberichtlinien bei Ausschreibungen) und politische Überlegungen bestimmt sein. Dies gilt ebenso für die öffentlichen Institutionen (z.B. Krankenhäuser, Schulen und Universitäten) (Homburg, 2014, S. 300-301).

3.2.3 Geschäftstypen in B2B-Märkten

In B2B-Märkten können zudem verschiedene Geschäftstypen unterschieden werden, die sich zum einen in der Dimension der Kundenbeziehung und zum anderen in der Individualität der Leistungen unterscheiden. Der Blick auf die unterschiedlichen Geschäftstypen bietet einen Überblick über das breite Betätigungsfeld des B2B-Marketings und die damit verbundenen Vermarktungsprozesse, welche sich zum Teil sowohl innerhalb der B2B-Märkte als auch von den Konsumgütermärkten wesentlich unterscheiden (Homburg, 2014, S. 302).

Produktgeschäft

Die Leistungen des Produktgeschäfts werden nicht individuell für Kunden, sondern für einen anonymen Massenmarkt entwickelt und gefertigt (Backhaus & Voeth, 2014, S. 219). Hierzu zählen auch die klassischen Konsumgüter (Hinterhuber & Matzler, 2009, S. 118). Die Leistungen (z.B. Schrauben, Klebstoffe oder Lacke) sind standardisiert und werden in der Regel in Massenfertigung bereits vor Auftragsvergabe hergestellt. Aufgrund der einfachen Austauschbarkeit der Produkte und somit der Lieferanten, ist dieser Geschäftstyp nicht zwangsläufig durch eine langfristige Geschäftsbeziehung geprägt. Die Bindung von Kunden stellt daher eine strategische Herausforderung dar (Homburg, 2014, S. 302)

Projektgeschäft

Die Produkte im Projektgeschäft weisen im Gegensatz zum Produktgeschäft einen sehr hohen Grad der kundenspezifischen Individualisierung auf. Die Herstellung der Leistung erfolgt erst nach dem Verkaufsabschluss (Backhaus & Voeth, 2014, S. 217). Typische Leistungen sind bspw. Fertigungsanlagen, Kraftwerke, Hochöfen oder sonstige auf Kundenwunsch gefertigt Anlagen und Maschinen. Der Folgekaufcharakter ist wie im Produktgeschäft und speziell bei Großanlagen gering ausgeprägt. Umso wichtiger ist es, sich bei Ausschreibungen und Neugeschäften gegen die Wettbewerber durchzusetzen (Homburg, 2014, S. 302).

Zuliefergeschäft

Das Zuliefergeschäft ist wie im Projektgeschäft durch sehr individuell, an den Kunden angepasste oder speziell für diesen entwickelte Leistungen gekennzeichnet (Backhaus & Voeth, 2014, S. 218). Diese werden oftmals gemeinsam mit den Kunden entwickelt und für die Dauer des Produktlebenszyklus regelmäßig bezogen (Homburg, 2014, S. 303). Die Geschäftsbeziehungen sind daher meist langfristig ausgelegt. Diesem Geschäftstyp sind bspw. die Produkte von Lieferanten der Automobilhersteller zuzuordnen. Das können zum Teil sehr kundenspezifische Teile wie Scheinwerfer sein, die über die gesamte Lebensdauer der Serie vom Autohersteller bezogen werden (Backhaus & Voeth, 2014, S. 218).

Systemgeschäft

Im Systemgeschäft ist die Individualität der Leistungen zwar niedrig und diese werden wie im Produktgeschäft für einen anonymen Markt hergestellt, die Geschäftsbeziehung ist jedoch langfristig ausgelegt (Backhaus & Voeth, 2014, S. 217). Dies liegt daran, dass der Kunde den Lieferanten nicht einfach austauschen kann, wenn er sich für dessen Systemkomponenten einmal entschieden hat. Als Beispiel kann hierbei der Kauf einer Telefonanlage genannt werden. Möchte der Kunde die Anlage erweitern, so muss er hierzu die Komponenten des gleichen Systems, wie bei der bestehenden Anlage, verwenden (Homburg, 2014, S. 303).

3.2.4 Vertriebswege in B2B-Märkten

Der Kundenkreis in B2B-Märkten ist häufig begrenzt und überschaubar und die Produkte weisen speziell im Projektgeschäft und im Zuliefergeschäft häufig einen hohen Komplexitäts- und Individualisierungsgrad auf. Daher wird bei der Gestaltung der Vertriebswege meist der direkte Vertrieb bevorzugt, wodurch sowohl die erforderliche örtliche Nähe zu den Kunden als auch das Erfordernis eines hohen produktbezogenen Kompetenzniveaus gewährleistet werden kann. Letzteres ist bei den Vertriebspartnern meist nicht in dem Ausmaß ausgeprägt wie bei den Vertriebsingenieuren oder dem Vertriebsaußendienst des Herstellers (Homburg, 2014, S. 312). Der direkte Vertrieb kann in diesem Fall über Außendienstmitarbeiter, eigene Vertriebsniederlassungen oder Tochtergesellschaften erfolgen (Winkelmann, 2012, S. 30-31).

Bei Produkten die nicht in diesem hohen Ausmaß erklärungsbedürftig sind (z.B. genormte Produkte oder Ersatzteile), kommt dem technischen Handel und damit dem indirekten Vertriebsweg eine besondere Bedeutung hinzu (Winkelmann, 2012, S. 30). Der Handel hat zudem die Möglichkeit die Produkte unterschiedlicher Hersteller zu bündeln und den Abnehmern damit ein breiteres Sortiment zur Verfügung zu stellen. Ebenso kann durch die Lagerhaltung beim Händler, die Lieferzeit verkürzt werden, da die Hersteller möglicherweise die Artikel nicht lagernd haben und erst im Auftragsfall mit der Produktion beginnen. Des Weiteren müssen vom Hersteller oftmals hohe Mengen abgenommen werden. Der Handel kann diese Mengeneinheiten - im Sinne seiner quantitativen Sortimentsfunktion - in nachfragegerechte Mengen aufteilen (Homburg, 2014, S. 263). Der Vertrieb der Leistungen von den Konsumgüterherstellern an den Handel (Push-Vertrieb) wendet sich zumeist an die Einkaufszentralen der Handelsunternehmen und ist somit dem B2B-Sektor und hier der indirekten Vertriebsform zuordenbar (Winkelmann, 2012, S. 30-31).

3.2.5 Vertriebsorganisation

Die Vertriebsorganisation führt die Vertriebsaktivitäten auf den Märkten durch (Homburg, 2014, S. 257). Sie ist daher die Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und den Kunden und hat die Aufrechterhaltung sowie den Aufbau der Geschäftsbeziehungen zum Ziel (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 91). Die Ausgestaltung der Vertriebsorganisation ist stark von der Verkaufsform abhängig. Im Wesentlichen kann die Vertriebsorganisation aus Außen- und InnendienstmitarbeiterInnen, Key Account ManagerInnen (SchlüsselkundenbetreuerInnen) und der Vertriebsleitung als hauptverantwortliches Organ bestehen (Winkelmann, 2012, S. 46).

Der Vertriebsaußendienst ist meist regional gegliedert und in seiner Region für die Pflege der bestehenden Kunden, die Akquise von Neukunden und auch für die Betreuung von Vertriebspartnern verantwortlich. Zu diesem Zweck werden die Kunden regelmäßig besucht (Homburg, 2014, S. 258), wodurch die Kundenähe gewährleistet ist und Verkaufsgespräche mit dem Ziel von Abschlüssen geführt werden. Häufig werden beim Vertrieb von technisch anspruchsvollen Leistungen auch Vertriebsingenieure eingesetzt (Winkelmann, 2012, S. 31-49).

Key Account ManagerInnen kommen zumeist bei den absatz-, umsatz- und ergebnisstärksten Kunden zum Einsatz und betreuen damit jene Kunden, welche für das Anbieterunternehmen die höchste Priorität haben (Winkelmann, 2012, S. 55). Dies ist beispielsweise in der Automobilindustrie der Fall, bei der zudem spezielle Problemlösungen gefordert werden und eine enge Zusammenarbeit mit der Entwicklungs- und Konstruktionsabteilung erforderlich ist (Winkelmann, 2012, S. 31). Bei großen Spannweiten zwischen Groß- und Kleinkunden oder wenn Großkunden regionenübergreifend agieren, kann der Vertrieb ebenso mittels Key-Account-ManagerInnen erfolgen (Winkelmann, 2012, S. 31).

Die Aufgaben des Vertriebsinnendienstes können in administrative und akquisitorische Tätigkeiten gegliedert werden. Unter die administrativen Tätigkeiten fallen die Auftragsabwicklung oder die Koordination zwischen dem Kunden und dem Anbieter wie beispielsweise im Rahmen der Vertriebslogistik. In akquisitorischer Hinsicht steht die Herbeiführung von Verkaufsabschlüssen im Vordergrund. Tätigkeiten hierbei sind zum Beispiel die Angebotslegung oder die Durchführung von Preisverhandlungen (Homburg, 2014, S. 259).

3.3 Der Kundenwert zur Kundenpriorisierung im Vertrieb

3.3.1 Kundenbewertung als Basis für die Kundenpriorisierung

In Hinblick auf die hohen Einkaufspotentiale von B2B-Kunden stellt sich für den Vertrieb die Frage, welche Lieferanteile möglich oder bereits ausgeschöpft sind, welcher Gewinnbeitrag bereits mit den Kunden erwirtschaftet wurde bzw. welchen potentiellen Gewinnbeitrag das Anbieterunternehmen noch erwirtschaften kann (Winkelmann, 2013, S. 332-333). Die dafür notwendige Bewertung der Kundenbeziehungen in Hinblick auf ihre aktuelle und zukünftige Bedeutung für das Unternehmen (Winkelmann, 2012, S. 338-339) ermöglicht eine selektive Bearbeitung der Kunden und die Verteilung der knappen Vertriebsressourcen auf die langfristig wertgenerierenden Kunden (Palloks-Kahlen, 2006, S. 286). Für das Vertriebsmanagement ergeben sich daher unterschiedliche Fragestellungen (Palloks-Kahlen, 2006, S. 286):

- Welche Kunden sind die Schlüsselkunden?
- Wie wird der Kundenwert aus Anbietersicht ermittelt?
- Anhand welcher Indikatoren kann der Kundenwert gemessen werden?
- In welchem Ausmaß sollen welche Kunden bearbeitet werden?
- Was kostet die Pflege der Kundenbeziehungen?

Die identifizierten Schlüsselkunden werden auch Key Accounts genannt und sind gegenwärtige oder zukünftige Kunden, die sich dadurch auszeichnen, dass sie für die weitere Unternehmensentwicklung von besonderer Bedeutung sind. Zu diesen Kunden bestehen meist gute Geschäftsbeziehungen und das Ausmaß der Zusammenarbeit geht über eine Einzeltransaktion hinaus (Palloks-Kahlen, 2006, S. 290-291).

Die Ermittlung des Kundenwerts wird im Kapitel 4 ausführlich dargestellt. Das Ziel der Kundenbewertung ist die Ermittlung des Kundenwerts anhand nachvollziehbarer Beurteilungsgrößen (Qualifizierungsparameter) und eine Ableitung von Kundenprioritäten anhand der ermittelten Kundenwerte (Winkelmann, 2012, S. 338-339). Winkelmann (2012, S. 339) verwendet anstelle des Begriffs „Kundenbewertung“ auch den Begriff „Kundenqualifizierung“. Dieser Begriff sagt aus, dass sich Kunden durch einen entsprechend hohen Kundenwert für die Zuteilung von Vertriebsressourcen „qualifizieren“ müssen.

3.3.2 Kundenpriorisierung

Die Gründe für die Wichtigkeit der Kenntnis von Kundenprioritäten variieren je nach Interessensgruppe. Das Management hinterfragt welcher Markt der interessanteste für das Unternehmen ist, welche Wertigkeit Marktsegmente haben und daher präferiert werden sollen. Im Marketing stellt sich die Frage welche Zielgruppen für die Kampagnen priorisiert werden sollen und bei welchen der potentielle Wertbeitrag für das Unternehmen zu niedrig ist und die daher nicht mehr umworben werden sollten. Der Vertrieb benötigt für die Besuchsplanung sowie für die Priorisierung in der Kundenbearbeitung Informationen zu den Wertigkeiten von Bestandskunden und potentiellen Neukunden. Für den Vertriebsinnendienst stellt sich bspw. die Frage, welche die wichtigsten Angebote sind und bevorzugt nachbearbeitet werden sollten (Winkelmann, 2013, S. 340).

Nach erfolgter Kundenbewertung kann die weitere Gegenüberstellung einzelner Kunden oder Kundensegmente zueinander erfolgen. Damit wird die Voraussetzung zur Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Kunden(-segmenten) geschaffen, woraus sich unterschiedliche Kundenprioritäten ergeben. Durch diese Kundenpriorisierung wird eine dem Kundenwert entsprechende Allokation der Vertriebsressourcen auf die bestehenden und potentiellen Kunden ermöglicht (Winkelmann, 2012, S. 338-339). Die Kundenpriorisierung wird durch den Einsatz des Kundenwerts erleichtert (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 166) und verfolgt das Ziel die knappen Vertriebsressourcen auf die wertvollsten Kunden zu verteilen (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 38). Dies ist notwendig, da in der Regel die Vertriebsressourcen nicht ausreichen, um alle Kunden im gleichen Ausmaß zu betreuen (Winkelmann, 2012, S. 338-339).

3.3.2.1 Strategische Kundenprioritäten

In strategischer Hinsicht ist es notwendig, die Kundenerfolgspotenziale zu identifizieren. Darauf aufbauend ist es die Aufgabe des Vertriebs, diese zu erhalten, weiter zu entwickeln und damit das Erfolgspotential der Kunden auszuschöpfen (Reinecke & Keller, 2006, S. 262). Es stellt sich für den Vertrieb daher die Frage, welche Zielgruppen des Unternehmens und welche Kunden(-segmente) innerhalb der Zielgruppen, mit welcher strategischen Priorität bearbeitet werden sollten (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 38). Hierzu dient die Klassifizierung der einzelnen Zielgruppen und Kunden(-segmente) entsprechend ihres Wertbeitrags für das Unternehmen. Auf Basis dieser Klassifizierung kann die Ausrichtung der operativen Vertriebsaktivitäten und damit die Allokation der Vertriebsressourcen, entsprechend der strategischer Priorität der Kunden(-segmente) erfolgen (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 164-165; Winkelmann, 2012, S. 334).

Eine strategische und damit längerfristige Priorität kann es beispielsweise sein, das Geschäft bei den A-Kunden (vgl. Kapitel 4.3.3.1 ABC-Umsatzanalyse) mit höchster Priorität abzusichern oder die Geschäftsbeziehung von C-Kunden mit hohem Potential zu vertiefen und zu A- oder B-Kunden aufzubauen (Freter, 2008, S. 167) sowie über einen bestimmten Zeitraum Neukunden mit besonderer Priorität zu betreuen (Winkelmann, 2012, S. 385). Zur Bestimmung der strategischen Prioritäten und zur Segmentierung der Kunden bzw. deren Klassifizierung bieten sich bspw. Kundenportfolios (Freter, 2008, S. 388) oder ABC-Analysen (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 167) an. Dabei ist es möglich, sowohl quantitative als auch qualitative Beurteilungsparameter mit einzubeziehen (Freter, 2008, S. 393). Um qualitative Faktoren wie die Kooperationsbereitschaft eines Kunden zu beurteilen, bieten sich Scoring-Modelle an, deren Punktewerte beispielsweise in Portfoliobetrachtungen berücksichtigt werden können. Kapitel 4.3 zeigt vertiefend unterschiedliche Methoden zur Ermittlung der Kundenwerte und der Kundenpriorisierung auf.

3.3.2.2 Operative Kundenprioritäten

Auf operativer Ebene dient der Kundenwert als Entscheidungskriterium dafür, in welchem Ausmaß Kundenbearbeitungsaktivitäten bei den strategisch definierten Kunden gesetzt werden sollen, um deren Potential bestmöglich auszunützen (Rudolf-Sipötz, 2008, S. 32). Die operative Prioritätensetzung und damit auch die operative Zielgruppenbildung helfen dem Vertrieb dabei, die wichtigsten Kunden innerhalb der strategisch definierten Zielgruppen herauszufiltern und die Aktivitäten an diesen auszurichten. Dadurch können beispielsweise die für Aktionen und Aussendungen relevanten Kunden bestimmt werden (Winkelmann, 2012, S. 343-356). Im Rahmen von Katalogaussendungen kann eine Mindestumsatzgrenze definiert werden, welche regelt, dass Kunden die darunter fallen keinen Katalog zugesandt bekommen (Freter, 2008, S. 405). Ebenfalls auf operativer Ebene ist eine Priorisierung in Hinblick auf die Neukundenbearbeitung und Kundenbesuchsplanung erforderlich, da nur in erfolgversprechende Neukunden investiert werden sollte (Stüker, 2008, S. 42). Auch bei Angebotsnachbearbeitungen ist die Priorität des jeweiligen Angebots in Hinblick auf den Wert des jeweiligen Kunden notwendig. Dadurch wird eine fokussierte Bearbeitung ermöglicht (Winkelmann, 2012, S. 340). Selbiges gilt für die Ableitung von Handlungsmaßnahmen durch die Betrachtung der bisher ausgenutzten Potentiale bei den Kunden (Winkelmann, 2012, S. 362).

3.4 Vertriebscontrolling

3.4.1 Relevanz der Thematik Vertriebscontrolling

Das wertorientierte Vertriebscontrolling verfolgt entsprechend der Zielsetzung der wertorientierten Unternehmensführung die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts (Kesten, Lühn, & Schmidt, 2013, S. 27). Es stellt dem Vertrieb Instrumente zur Analyse von Daten und Trends zur Verfügung, um daraus Handlungsmaßnahmen für die Zielerreichung abzuleiten (Winkelmann, 2012, S. 668) und soll der Unterstützung des Vertriebs „(…) bei seiner Gratwanderung zwischen Kosten- und Kundenorientierung (…)“ (Winkelmann, 2012, S. 657) dienen.

Um ein effizientes Kundenmanagement zu ermöglichen, ist die Versorgung der Vertriebsorganisation mit entscheidungsrelevanten Informationen notwendig. Dies ermöglicht die Planung und Kontrolle der Erfolg versprechenden aktuellen und zukünftigen Kundenbeziehungen (Palloks-Kahlen, 2006, S. 286). Damit wird zudem der Grundsatz des Vertriebscontrollings verfolgt, Investitionen in die gewinnbringendste Alternative zu tätigen (Pufahl, 2014, S. 89). Die Wertigkeit der gegenwärtigen und potentiellen Kundenbeziehungen kann dabei nicht ausschließlich an Informationen aus dem Rechnungswesen abgelesen werden. Vielmehr erfordert dies eine Verknüpfung mit operationalisierbaren Kriterien zur Darstellung der Kundenattraktivität und damit die Integration relevanter Informationen über den Kundenwert in das Vertriebscontrolling (Palloks-Kahlen, 2006, S. 287).

Auf strategischer Ebene unterstützt das Vertriebscontrolling die Vertriebsleitung bei der Segmentierung der Kunden mittels der Kundenanalyse und bei der Ableitung von Vertriebsstrategien (Pufahl, 2014, S. 35). Dies alleine reicht jedoch nicht aus. Darüber hinaus müssen die Vertriebsstrategien an die dynamischen Marktbedingungen laufend angepasst und auf Risiken und Handlungsalternativen geprüft werden (Pufahl, 2014, S. 6-7). Des Weiteren ist es die Aufgabe des strategische Vertriebscontrollings, die Vertriebsleitung bei der Koordination und dem Abgleich der Vertriebsaktivitäten mit den Gesamtzielen des Unternehmens zu unterstützen (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 352).

Die hohen Anforderungen, welche sich aus dem Vertriebsumfeld ergeben, erfordern des Weiteren eine systematische Analyse der bisherigen Vertriebsaktivitäten. Daraus können Schlüsse für die weitere Vertriebsarbeit gezogen werden. Eine Unterstützung der Vertriebsorganisation erfolgt hierbei durch die Vergangenheitsbetrachtung des operativen Vertriebscontrollings (Pufahl, 2014, S. 6-7). Der Einsatz des Kundenwerts auf operativer Ebene ermöglicht die differenzierte Ableitung von Vertriebsmaßnahmen bei der Kundenbearbeitung (Rudolf-Sipötz, 2008, S. 32).

3.4.2 Abgrenzung strategisches und operatives Vertriebscontrolling

3.4.2.1 Strategisches Vertriebscontrolling

Das strategische Vertriebscontrolling fokussiert mit einem Planungshorizont von bis zu fünf Jahren (Hahn & Steinhardt, 2012, S. 33) die nachhaltige Existenz- und Erfolgssicherung des Unternehmens (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 355), indem neue Erfolgspotentiale erkannt und bestehende erhalten werden sollen (Pufahl, 2014, S. 119). Durch die Unterstützung bei der Ableitung der Vertriebsstrategien soll die langfristige Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten an die Markt- und Kundenbedürfnisse sichergestellt werden (Duderstadt, 2006, S. 34).

Das strategische Vertriebscontrolling versucht Marktentwicklungen frühzeitig zu erkennen, wodurch für das Management die langfristige Planung, Steuerung und Kontrolle der Vertriebsaktivitäten erleichtert werden soll. Das vergangenheitsorientierte, operative Controlling wird damit um eine vorausschauende Komponente ergänzt (Pufahl, 2014, S. 24). Die zentralen Steuerungsgrößen im strategischen Vertriebscontrolling sind die Marktpotenziale in Bezug auf Kunden, Produkte und Mitbewerber des Unternehmens (Pufahl, 2014, S. 119).

Die Aufgaben des strategischen Vertriebscontrollings sind vielfältig und umfassen im Wesentlichen die nachstehenden Aufgabenfelder (Pufahl, 2014, S. 24-25):

- Unterstützung bei der strategischen Marktplanung
- Umsetzung von der strategischen in die operative Vertriebsplanung
- Durchführen der strategischen Kontrolle

Die vorausschauende Komponente des strategischen Vertriebscontrollings wird immer wichtiger, um die Risiken und sich schnell wandelnden Marktverhältnisse frühzeitig erkennen zu können. Dadurch kann rasch reagiert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Zudem ermöglicht die Planung in Hinblick auf die Produkte, Vertriebswege und Kunden die bestmögliche Allokation der Investitionen (Pufahl, 2014, S. 195).

Speziell die Kundenbewertung anhand monetärer und qualitativer Kriterien gewinnt in der Praxis zunehmend an Bedeutung (Pufahl, 2014, S. 195; Palloks-Kahlen, 2006, S. 286). Entsprechend der strategischen Sichtweise stehen hierbei zukünftige Kundenerfolgspotentiale im Vordergrund (Reinecke & Keller, 2006, S. 261). Anhand der Kundenwerte aus Anbietersicht erfolgt eine Prioritätensetzung im Rahmen der strategischen Planung. Damit wird festgelegt, welche Kundengruppen bevorzugt bearbeitet werden sollten (Winkelmann, 2012, S. 362).

3.4.2.2 Operatives Vertriebscontrolling

Im Unterschied zum vorausschauenden strategischen Vertriebscontrolling, welches den Rahmen für das operative Vertriebscontrolling vorgibt (Duderstadt, 2006, S. 127), erfolgt die Orientierung im Letzteren meist an gegenwarts- und vergangenheitsbezogenen Zahlen und Ergebnissen und es bezieht sich in der Regel auf einen Planungshorizont von bis zu einem Jahr (Hahn & Steinhardt, 2012, S. 36).

Die oberste Zielsetzung des operativen Vertriebscontrollings liegt nach Duderstadt (2006, S. 127) „(…) in der kurz- bis mittelfristigen Sicherstellung der Vertriebseffizienz.“ Es zielt damit auf die Optimierung der operativen Performance ab (Kesten, Lühn, & Schmidt, 2013, S. 27).

Die Aufgaben des operativen Vertriebscontrollings umfassen zum überwiegenden Teil die Planung der operativen Umsatzerlöse und Kosten, die Durchführung von Abweichungsanalysen und die Ausarbeitung von Handlungsoptionen und Verbesserungsvorschlägen (Kesten, Lühn, & Schmidt, 2013, S. 27). Es greift dabei nicht in das Marktumfeld ein, sondern analysiert die Vertriebsaktivitäten im Kontext der aktuellen Marktbedingungen, wobei die Informationsquelle primär das interne Rechnungswesen ist und damit Daten aus der Gegenwart bzw. Vergangenheit zum Tragen kommen (Pufahl, 2014, S. 119).

Die operative Vertriebsunterstützung des Vertriebscontrollings zeigt sich beispielsweise in Berichten zur Umsatz- und Kostenentwicklung, in Kunden- und Artikelerfolgsrechnungen oder auch in Vertriebskanalanalysen und Kampfpreiskalkulationen (Winkelmann, 2012, S. 669).

In Hinblick auf den Kundenwert für den Anbieter steht die Nutzung aktueller Kundenerfolgspotenziale im Mittelpunkt der Betrachtung des operativen Controllings (Reinecke & Keller, 2006, S. 261). Die ermittelten Kundenwerte werden für die operative Vertriebssteuerung benötigt und es steht im Wesentlichen die Effizienzbetrachtung im Vordergrund. So werden beispielsweise die Deckungsbeiträge der Kunden sowie deren Umsätze und ausgeschöpfte Lieferanteile betrachtet, um daraus Handlungsmaßnahmen abzuleiten (Winkelmann, 2012, S. 362).

3.4.3 Informationsversorgung des Vertriebs

Wie dargestellt verfolgt das Vertriebscontrolling allgemein Zwecke der Information, Koordination und Kontrolle der Vertriebsaktivitäten. Damit das strategische und operative Vertriebscontrolling diese Zwecke erfüllen und den Vertrieb damit unterstützen kann, ist eine systematische Erfassung der Vertriebsinformationen notwendig (Pufahl, 2014, S. 7). Auch Duderstadt (2006, S. 33) sieht es als eine Hauptaufgabe des Vertriebscontrollings an, den Informationsbedarf des Vertriebs zu analysieren, die Beschaffung der Informationen zu koordinieren und diese dem Vertrieb bereitzustellen.

Daher ist es Aufgabe des Vertriebscontrollings gemeinsam mit der Vertriebsleitung zu definieren, welche Informationen für den Vertrieb entscheidungsrelevant sind und wie die Daten gewonnen werden können. Zur Informationsgewinnung können sowohl interne als auch externe Quellen herangezogen werden. Marktdaten können einerseits zugekauft und andererseits von interner Seite aus dem CRM- und ERP-System des Unternehmens entnommen werden (Pufahl, 2014, S. 10-13).

Die größte Herausforderung bei der Bereitstellung der Informationen ergibt sich daraus, dass die Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt werden müssen. Daher sind ERP-, CRM- und Logistiksysteme miteinander über Schnittstellen zu verbinden, um die Daten für den Vertrieb zugängig zu machen (Pufahl, 2014, S. 13). Im Optimalfall lassen sich damit die Daten der unterschiedliche Systeme in Echtzeit im CRM-System anzeigen (Pufahl, 2014, S. 13, Winkelmann, 2013, S. 221), bleiben aber physisch im jeweiligen System gespeichert, wodurch eine redundante Datenspeicherung vermieden wird (Pufahl, 2014, S. 13).

Die technische Entwicklung im Bereich der Vertriebs-Informationssysteme ermöglicht die effektive und effiziente Auswertung der Informationen. Diese Systeme bieten dem Vertrieb die Möglichkeit, die Informationen selbst auszuwerten und Einblick in Reports und Analysen zu nehmen, ohne auf die Controlling-Abteilung angewiesen zu sein (Winkelmann, 2012, S. 357). Die schnelle Verfügbarkeit der Informationen ist wesentlich für den Vertrieb, um rasch auf Fehlentwicklungen reagieren und Verbesserungsmaßhamen ableiten zu können (Hahn & Steinhardt, 2012, S. 53)

3.4.4 Die einzelnen Phasen des Vertriebscontrollings

3.4.4.1 Planung

Zur effizienten Steuerung der Vertriebsaktivitäten ist es notwendig, im Rahmen der Planungs- und Zielsetzungsphase sowohl strategische als auch operative Ziele für den Vertrieb im Planungszeitraum zu definieren (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 352). Die Basis hierfür bildet die Unternehmensstrategie, welche die übergeordneten, strategischen Ziele und Maßnahmen des Unternehmens festhält (Lombriser & Abplanalp, 2010, S. 23). Aus der Unternehmensstrategie wird im Weiteren die Marketingstrategie und daraus wiederum die Vertriebsstrategie abgeleitet (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 80).

Die Vertriebsstrategie gibt die grundsätzliche Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten vor und orientiert sich dabei an den Marktgegebenheiten. Standen früher die Produkte im Vordergrund, so sind es heute zumeist die Kunden an welchen die Vertriebsaktivitäten ausgerichtet werden. Zudem sind die Vertriebsstrategien laufend an die dynamischen Marktbedingungen anzupassen und dahingehend zu optimieren (Homburg, Schäfer, & Schneider, 2012, S. 28). Aus der entwickelten Vertriebsstrategie gehen Aussagen zu den Vertriebszielen, Kundenbearbeitungsstrategien und den Absatzkanälen sowie zur Ressourcenverteilung hervor (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 80).

Unter typischen Planungsgrößen sind der Absatz, der Umsatz, das Ergebnis und als zentrale Planungsgröße der Marktanteil zu verstehen (Winkelmann, 2012, S. 666-667). Zudem gilt es Kundenpotenziale zu identifizieren und Kunden(-gruppen) zu definieren und damit in der Bearbeitung zu priorisieren, sprich offenlegen mit welchen Kunden sich langfristig der höchste Wertbeitrag erwirtschaften lässt. Werden bei dieser Betrachtung unprofitable Kunden(-gruppen) identifiziert, stellt sich die Frage, ob diese Geschäftsbeziehungen beendet werden sollten. Alternativ können diese aber auch mit neuen Investitionen bedacht werden, um sie wieder zu profitablen Abnehmern der Unternehmensleistungen zu entwickeln (Kleinaltenkamp, 2011, S. 137).

Zum Zweck der Strategieumsetzung werden die strategischen Ziele zu konkreten operativen Zielen und Planungen herunter gebrochen (vgl. Abbildung 4), welche als weitere Steuerungsbasis dienen (Horváth, 2009, S. 25). Dazu werden operative Oberziele abgeleitet und in einem weiteren Schritt Maßnahmen und Kennzahlen für die operativen Einheiten auf Produkt-, Mitarbeiter-, Gebiets- und Kundenebene definiert. Durch diese Operationalisierung kann zudem der künftige Erfolg der operativen Einheiten messbar gemacht werden (Winkelmann, 2012, S. 670).

Abbildung 4: Von der strategischen zur operativen Planung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Winkelmann (2012, S. 670)

Die Vertriebsziele sollten erreichbar, aber auch ambitioniert sein und nicht vorgegeben, sondern gemeinsam mit den VertriebsmitarbeiterInnen vereinbart werden. Die Zielerreichung oder Überschreitung wird meist an finanzielle Anreize für die MitarbeiterInnen gebunden (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 354).

3.4.4.2 Kontrolle

Die Phase der Vertriebskontrolle dient der laufenden Überprüfung der gesetzten Maßnahmen in Hinblick auf den Fortschritt der Zielerreichung (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 352). Eine rein vergangenheitsorientierte Kontrolle der strategischen Planungen ist jedoch nur von geringem Nutzen, weshalb die strategische Kontrolle primär zukunftsorientiert ausgestaltet ist und die der Strategie zu Grunde liegenden Prämissen analysiert und überprüft. Dadurch kann rechtzeitig auf veränderte Marktbedingungen reagiert und die Vertriebsstrategie gegebenenfalls angepasst werden (Horváth, 2009, S. 28).

Das Konstrukt des Kundewerts ist grundsätzlich langfristig ausgelegt, da die Investitionen in Geschäftsbeziehungen langfristige Auswirkungen haben, weshalb auch die Kontrolle der Kundenerfolgspotenziale unter einer strategischen, langfristigen Perspektive erfolgen sollte. Aufgabe auf strategischer Ebene ist es bspw. mögliche Veränderungen in der Struktur des Kundenstamms zu erkennen (bspw. ein steigender Anteil von B-Kunden). Daraus können sowohl Chancen als auch Risiken für das Unternehmen entstehen. Die Kontrolle der Kundenpotentiale dient zum einen der Überprüfung des Grads der Ausschöpfung selbiger mittels laufender Kundenwertanalysen, wobei die Plan-Kundenwerte den Ist-Kundenwerten gegenübergestellt werden. Abweichungen können verschiedene Ursachen haben (Reinecke & Keller, 2006, S. 261). So kann das zum Beispiel im positiven Fall eine verbesserte Kundenbeziehung sein oder im negativen Fall eine Vertriebsmaßnahme, die nicht anhand der ursprünglich geplanten Kunden ausgerichtet wurde oder sich das Potential des Kunden aufgrund deren Marktumfeld (bspw. aufgrund zwischenzeitlich eingetretenen technologischen Neuerungen) geändert hat (Kleinaltenkamp, 2011, S. 137).

Die Kontrolle der operativen Planungen beinhaltet im Wesentlichen den Vergleich der Planungsvorgaben mit den IST-Resultaten (Horváth, 2009, S. 28). Bei Abweichungen der IST-Kundenwerte von den Planwerten ist eine Detailanalyse erforderlich, um Schwachstellen zu erkennen und Maßnahmen ableiten zu können (Kleinaltenkamp, 2011, S. 137). Das Vertriebscontrolling fungiert zudem als Lotse für den Vertrieb auf dem Weg zur Zielerreichung. Die Ausarbeitungen auf operativer Ebene des Vertriebscontrollings schlagen sich in diversen Berichten und Auswertungen wie bspw. Kunden- und Artikelerfolgsrechnungen, Effizienzanalysen der Kundeprozesse, wie dem der Kundenbetreuung und Auftragsabwicklung, sowie Abweichungsanalysen oder Kampfpreis-Kalkulationen nieder (Winkelmann, 2012, S. 669).

3.4.4.3 Koordination und Steuerung

Zur Gewährleistung der effektiven und effizienten Tätigkeit der Vertriebsorganisation ist es notwendig, die Vertriebsaktivitäten und Vertriebsprozesse optimal aufeinander abzustimmen. Dadurch sollen die geplanten Ziele erreicht werden. Die zuvor beschriebene Kontrolle des Fortschritts der Zielerreichung bildet die Grundlage für die Koordination und Steuerung der Vertriebsaktivitäten. Die dabei festgestellten Abweichungen sind zu analysieren und Maßnahmen abzuleiten (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 360).

Die Kundenwerte sind eine zentrale Steuerungsgröße im Vertrieb. Es gilt dabei die Vertriebsressourcen im Sinne der wertorientierten Steuerung in die wertvollsten Kunden zu investieren (Hofbauer & Hellwig, 2012, S. 360-361). Es werden daher Maßnahmen gesetzt, um die identifizierten Kundenpotentiale zu realisieren und die wertvollsten Kunden(-gruppen) in den Mittelpunkt der Bemühungen des Vertriebs zu stellen (Kleinaltenkamp, 2011, S. 137)

[...]


[1] Wird einem Sachverhalt von allen Bewertenden der gleiche Wert zugeordnet, so gilt dieser Wert als „objektiv“ (Wittmann, 1956, S.64-65 zitiert nach Rudolf-Sipötz, 2001, S. 13)

[2] Krafft (2007, S. 44) nimmt hierbei Bezug auf die Ausführungen zum Kundenwert von Grisaffe & Kumar (1998), Holbrook (1996), Woodruff (1997) und Zeithaml (1988).

[3] vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 4.1 – Die Unternehmensziele als Ausgangspunkt für die Kundenbewertung

Ende der Leseprobe aus 132 Seiten

Details

Titel
Der Kundenwert als zentrale Größe im wertorientierten Vertriebscontrolling. Stand der Umsetzung und Ausprägung bei Unternehmen in B2B-Märkten
Hochschule
FH Krems  (Management)
Note
2,00
Autor
Jahr
2015
Seiten
132
Katalognummer
V347004
ISBN (eBook)
9783668365001
ISBN (Buch)
9783668365018
Dateigröße
3165 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Anhang 3" (Gesprächsleitfaden) ist nicht im Lieferumfang enthalten.
Schlagworte
Vertrieb, Vertriebsressourcen, Vertriebscontrolling, Ressourcenallokation
Arbeit zitieren
Karl-Heinz Dorner (Autor:in), 2015, Der Kundenwert als zentrale Größe im wertorientierten Vertriebscontrolling. Stand der Umsetzung und Ausprägung bei Unternehmen in B2B-Märkten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/347004

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Kundenwert als zentrale Größe im wertorientierten Vertriebscontrolling. Stand der Umsetzung und Ausprägung bei Unternehmen in B2B-Märkten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden