Wiesenvogelschutz und Vertragsnaturschutz in der Fehntjer Tief Niederung


Hausarbeit, 2004

36 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Naturräumliche Beschreibung der Fehntjer Tief Niederung

3. Entstehung des Feuchtgrünlandes und seine Zerstörung

4. Charakteristische Wiesenvögel

5. Gefahren für die Wiesenvögel

6. Maßnahmen für den Wiesenvogelschutz

7. Naturschutz
7.1. Hoheitlicher Naturschutz
7.2. Vertragsnaturschutz
7.2.1. Kooperationsprogramm Dauergrünland (innerhalb NSG)
7.2.2. Kooperationsprogramm Feuchtgrünland (außerhalb NSG)
7.3. Natura 2000
7.3.1. Vogelschutzgebiet
7.3.2. FFH-Gebiet

8. Ergebnisse der Naturschutzbemühungen bei den Wiesenvögeln

9. Neue Wege im Naturschutz

10. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

ANHANG I

ANHANG II

1. Einleitung

Im Zuge der traditionellen Landwirtschaft, die auf extensiver Nutzung (kein bis wenig Dünger, keine Pestizide, einschürige Mahd, geringer Viehbesatz auf Weide (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998)) beruhte, sind für viele Wiesenvögel[1] geeignete Sekundärlebensräume entstanden. Zuvor wurden jedoch ihre ursprünglichen Habitate wie Moore, Sümpfe und Auenlandschaften durch die Landwirtschaft zerstört.

Der seit den 50er Jahren andauernde Strukturwandel in der Landwirtschaft vertreibt die Wiesenvögel nun wieder aus ihrem Lebensraum, nur haben sie jetzt kaum noch eine Ausweichmöglichkeit. Die größte Bedrohung für Feuchtwiesen geht sowohl von der Intensivierung der Nutzung als auch von der Nutzungsaufgabe aus (ARBEITSKREIS FEUCHTWIESEN-SCHUTZ WESTNIEDERSACHSEN, 1998 ).

Tab. 1: ausgewählte Wiesenvögel der Roten Liste; Deutschland nach Witt et al. (1996), Niedersachsen nach Heckenroth (1995) (ARBEITSKREIS FEUCHTWIESENSCHUTZ WESTNIEDERSACHSEN, 1998, S. 11, verändert)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Fast alle Vogelarten, die Feuchtgrünland als Brut-, Rast- und Nahrungsplatz aufsuchen, sind auf der „Roten Liste“ (Tab. 1) verzeichnet (ARBEITSKREIS FEUCHTWIESENSCHUTZ WESTNIEDERSACHSEN, 1998).

Niedersachsen hat dabei eine besonders hohe Verantwortung zu tragen, da hier die höchsten Bestände der charakteristischen Wiesenvögel brüten (z. B. 2/3 des deutschen Brutbestandes der Uferschnepfe (BURDORF & SÜDBECK, 2002)). Als Erhaltungsmaßnahmen von Wiesenvogelpopulationen werden Extensivierung, Herstellung mehr oder minder natürlicher Wasserverhältnisse sowie die Schaffung eines dichten Netzes von Lebensräumen für Brut- und Rastvögel angegeben (ARBEITSKREIS FEUCHTWIESENSCHUTZ WESTNIEDER-SACHSEN, 1998 ).

Mit dem Beispiel der Fehntjer Tief Niederung (Abb. 1) sollen nun die Möglichkeiten und Grenzen des Wiesenvogelschutzes und somit auch des Naturschutzes aufgezeigt werden.

2. Naturräumliche Beschreibung der Fehntjer Tief Niederung

Die Fehntjer Tief Niederung liegt im Nord-Westen von Niedersachsen in Ostfriesland, zwischen den Städten Aurich und Leer. Der Geestbach Fehntjer Tief erhält Zufluss aus den Fließgewässern Krummes Tief, Flumm und Bagbander Tief und fließt der Ems zu.

In den Niederungen der Fließgewässer sind durch periodische Überflutungen wertvolle Feuchtgebiete entstanden, die durch die kulturhistorische Nutzung zu Wiesenvogellebensräumen umgestaltet wurden. Im Übergangsbereich von Geest zur Marsch hat sich ein Niedermoor entwickeln können, welcher im Zuge der Kultivierung zum großen Teil abgebaut wurde. Die Endung „-fehn“ in den Ortsnamen[2] deutet auf die Ausübung der holländischen Fehnkultur hin. Hierbei wurden im 16./17. Jahrhundert Siedlungen angelegt, die es zum Ziel hatten den Torf abzubauen. Zur Siedlungsstruktur gehörte die Anlage sogenannter Fehnkanäle, über die der Torf verschifft werden konnte und die den Dörfern ihre charakteristische Gestalt verliehen. Links und rechts der Kanäle befanden sich die Höfe mit den anschließenden Moorparzellen (LESER, 1997).

Die Niederung des Fehntjer Tief wird Hammrich[3] genannt und weist eine hohe Lebensraumdiversität auf (PEGEL, 2001a):

- Feucht- und Nasswiesen (> 80 % des Gebietes)
- Calthion- (Wassergreiskraut- und Sumpfdotterblumenwiesen) und Molinion-Gesellschaften (Schlitzkratzdistel-Pfeifengraswiesen) mit eingestreuten Kleinseggenrieden und Borstgrasrasen
- Natürliche Fließgewässer, Altwässer und Stillgewässer, Gräben und Kanäle
- Schilfröhrichte, Großseggenriede und Hochstaudenfluren sowie Feuchtgebüsche entlang bzw. im Einflussbereich der o. g. Gewässer

3. Entstehung des Feuchtgrünlandes und seine Zerstörung

Die Landschaft wurde nachhaltig von der Saale-Eiszeit im Drenthe-Stadium geprägt. Im Zuge der Weichsel-Eiszeit wurde das Gebiet nicht mehr vergletschert, jedoch erhielt es durch den Wechsel von Warm- und Kaltzeiten und der damit verbundenen Verwitterung seine heutige Form, die als Altmoränenlandschaft oder Geest bezeichnet wird.

Im Norden schließt sich an die Geest die tiefer liegende Marsch an, deren Bildung nach der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren begonnen hat. Die Marsch war vor der Eindeichung im Mittelalter aufgrund des hohen Wasserstandes und des kontinuierlichen Einflusses der Gezeiten ein für den Menschen nicht nutzbares Land. Da der Boden nach der Eindeichung keinen weiteren Nachschub an Sedimentpartikeln erhielt, sackte er in sich zusammen, so dass im Inneren der Marsch nur noch Höhenwerte von 0,5 m über NN erreicht werden (VONDERACH, 2002).

Bereits im Mittelalter sind die feuchten Niederungen, die damals z. T. noch einen Bruchwald trugen, als Wiese und Weide genutzt worden. Im 20 Jh. wurde mithilfe von Entwässerungsmaßnahmen versucht, das Land für die Landwirtschaft zugänglich zu machen. Durch die Industrialisierung und Modernisierung in der Landwirtschaft konnten feuchte bis nasse Standorte nutzbar gemacht werden, blieben aber immer noch Grenzertragsstandorte, die lange hauptsächlich als extensive Wiese (mit höchstens zwei Schnitten im Jahr, geringe Gülledüngung) und Weide (geringer Viehbesatz) genutzt wurden. Als in den 70er Jahren immer mehr Grünland umgebrochen wurde, rückte die für Ostfriesland so typische Landschaft in die Sicht des Naturschutzes. So ist zu erklären, dass noch viele wertvolle Lebensräume bis zu den konkreten Naturschutzmaßnahmen Anfang 1990 erhalten geblieben sind (BOHLEN, 2000).

4. Charakteristische Wiesenvögel

Einer der bekanntesten Wiesenvögel ist der Kiebitz (Abb. 2, rechts), der besonders durch sein Rufen und seine abstehende Feder auf dem Hinterkopf auffällt. Seine Überwinterungsgebiete liegen im Süden und Westen Europas. Ende Februar erreichen die ersten Pärchen unsere Feuchtwiesen und Mitte März/Anfang April beginnen die Weibchen mit der Brut. Sofern sie auf den Wiesen keinen geeigneten, d. h. kurzgrasigen und dunklen (nassen) Brutplatz vorfinden, brüten die Kiebitze neuerdings auf dem frisch gepflügten Acker, was jedoch nur einen geringen Bruterfolg hat, da auf diesen Flächen ohne Rücksicht auf Verluste intensiv gewirtschaftete wird (VONDERACH, 2002; BÖCKER & KOHLER, 1994). Der Kiebitz braucht, wie auch Rotschenkel und Uferschnepfe, in der Nähe Kleingewässer mit einer flachen und breiten Uferzone mit niedrig wachsender Vegetation. Zwar ist der Kiebitz noch oft auf den Wiesen zu sehen, doch ist die Reproduktionsrate[4] im Augenblick zu gering, um die Population dauerhaft zu erhalten (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Uferschnepfe (http://www.biostation-gt-bi.de/artenschutz/bilder/uferschnepfe.jpg), Kiebitz (http://gs.matzlow.bei.t-online.de/images/Kiebitz%5B1%5D.jpg)

Die Uferschnepfe (Abb. 2, links) bevorzugt zur Brut im April nassere Flächen wie Moore, Niederungen und Marschen, die an einigen Stellen auch mal langgrasig ein können (PEGEL, 2002). Im Juli ziehen die Uferschnepfen mit ihren Jungen ins Watt (VONDERBACH, 2002). Trotz der durchgeführten Schutzmaßnahmen konnte sich der Bestand der Uferschnepfe in Deutschland nicht erholen (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998).

Der Rotschenkel (Abb. 3, links) brütet Ende April und verbirgt seine Brut mit Gräsern, im Gegensatz zum Kiebitz, Uferschnepfe und Austernfischer, die ihre Eier in ein offenes Nest legen. So braucht er offene, kurzgrasige Flächen mit einigen Stellen höherer Grasbestände. Ende Juli ziehen die Rotschenkel wieder in den Süden (VONDERBACH, 2002; BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998). Auch der Rotschenkel weist in Deutschland einen negativen Trend auf, da er sehr empfindlich auf Entwässerung reagiert (BÖCKER & KOHLER, 1994; BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Rotschenkel (http://www.jswis.de/Foehr/bilder/rotschenkel.jpg), Austernfischer (http://www.weichtiere.at/images/andere_tiere/austernfischer.jpg)

Der eben erwähnte Austernfischer (Abb. 3, rechts) hat sich erst kürzlich in den Feuchtwiesen zur Brut- und Nahrungssuche eingefunden; vorher hat er hauptsächlich den Küstenraum und die Inseln besiedelt, dort zwingt ihn der Populationsdruck neue Gebiete auszumachen (BÖCKER & KOHLER, 1994). Was den Brutplatz anbelangt, ist er nicht sonderlich wählerisch (VONDERACH, 2002). Genauso wie der Kiebitz brütet er auch gelegentlich auf dem Acker (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998; BÖCKER & KOHLER, 1994).

Die Bekassine (Abb. 5, links) ist so wie die Uferschnepfe an nasse Standorte angewiesen, jedoch lässt sie sich von einer Verbrachung einer Fläche aufgrund Nutzungsaufgabe nicht verdrängen wie z. B. der Kiebitz (VONDERBACH, 2002). An ihrem Brutplatz bevorzugt sie höhere Vegetation, die ihr ausreichend Schutz vor Feinden gibt (BÖCKER & KOHLER, 1994). Dieser Vogel reagiert am empfindlichsten auf Entwässerung (Abb. 4). In Niedersachsen konnte in den letzten Jahren eine Erholung der Population beobachtet werden (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Toleranzbereich ausgewählter Wiesenlimikolen hinsichtlich landwirtschaftlicher Nutzung (BUNDESAMT FÜR NATUSCHUTZ, 1998: S. 54)

Auch konnte sich der Große Brachvogel (Abb. 5, rechts) in den 50er und 60er Jahren als Brutvogel des Feuchtgrünlands, auch des intensiv bewirtschafteten, etablieren. Er war ein typischer Brutvogel der Sümpfe, Moore und Heiden und ist durch die Kultivierung bzw. Nutzungsintensivierung dieser Lebensräume verdrängt worden. Von Bedeutung sind für ihn offene, weite Flächen, die keine Sichtschranken aufweisen und feuchtes Grünland zur Nahrungssuche in der Nähe des Brutplatzes (BÖCKER & KOHLER, 1994; BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Bekassine (http://www.altmuehltal.de/gunzenhausen/vogelinsel/bekassine.jpg), Großer Brachvogel (http://www.biostation-gt-bi.de/artenschutz/bilder/brachvogel.jpg)

[...]


[1] hierunter werden sowohl Limikolen als auch Entenvögel sowie Greif- und Singvögel, die Feuchtgrünland zur Rast, Brut oder Nahrungssuche aufsuchen, zusammengefasst (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998)

[2] z. B. Grossfehn, Warsingsfehn, Jheringsfehn, Neukamperfehn, Westgroßefehn, Mittegroßefehn, Hüllenerfehn

[3] Hammrich ist ein ostfriesischer Begriff für Sietland und bezeichnet eine Niederung zwischen Marsch und Geest mit Wiesen und Weiden

[4] Sowohl Deutschlandweit (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998), als auch in der Fehntjer Tief Niederung (PEGEL,2002)

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Wiesenvogelschutz und Vertragsnaturschutz in der Fehntjer Tief Niederung
Hochschule
Universität Bremen
Veranstaltung
Einführung in den Naturschutz
Note
2.0
Autor
Jahr
2004
Seiten
36
Katalognummer
V34547
ISBN (eBook)
9783638347389
ISBN (Buch)
9783656470625
Dateigröße
1136 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wiesenvogelschutz, Vertragsnaturschutz, Fehntjer, Tief, Niederung, Einführung, Naturschutz
Arbeit zitieren
Dipl.-Geographin Olimpia Dorniok (Autor:in), 2004, Wiesenvogelschutz und Vertragsnaturschutz in der Fehntjer Tief Niederung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34547

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wiesenvogelschutz und Vertragsnaturschutz in der Fehntjer Tief Niederung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden