Schwarmintelligenz und Ameisenalgorithmen

Anwendungen in der Wirtschaft


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Definition und Bedeutung von Schwarmintelligenz
1.1 Allgemein
1.2 Schwarmintelligenz in der Natur
1.3 Schwarmintelligenz in der menschlichen Gesellschaft
1.4 Schwarmintelligenz in der Wirtschaft
1.5 Schwarmintelligenz in der Informationstechnologie und im Internet

2. Funktionsweise von Ameisenalgorithmen

3. Anwendung von Ameisenalgorithmen auf kombinatorische Optimierungsprobleme
3.1 Das Routenproblem
3.2 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei der Anwendung von Ameisenalgorithmen in unterschiedlichen Branchen

4. Kritische Betrachtung und Grenzen der Anwendung von Schwarmintelligenz und Ameisenalgorithmen in der Wirtschaft

1. Definition und Bedeutung von Schwarmintelligenz

1.1. Allgemein

Die wachsende Komplexität im unternehmerischen Umfeld resultiert durch zunehmende staatliche Regulierungen, Innovationsdruck, der Globalisierung der Märkte und die daraus entstehende Notwendigkeit zur Internationalisierung sowie der immer höheren Ansprüchen an das Informationsmanagent. Mit traditionellen Praktiken und klassischen Führungsansätzen sind solch einschneidenden Veränderungen nur schwer beizukommen. 1 Im Verlauf der vorliegenden Arbeit soll die Frage, ob die Nutzung der Erkenntnisse aus der Schwarmintelligenzforschung eine geeignete Methode sein kann, um die immer größere Komplexität in Unternehmenslandschaften in den Griff zu bekommen, beantwortet werden. „Ist das Konzept der kollektiven Intelligenz überhaupt auf uns Menschen übertragbar: Können wir wirklich von Ameisen und Bienen lernen?“ 2

Jedermann sah sicherlich bereits schon einmal riesige Vogelschwärme am Himmel, die akrobatisch anmutende Formationen bilden und gemeinsam gegen Süden ziehen. Bestehend aus Tausenden einzelnen Individuen, sind sie gemeinsam perfekt aufeinander abgestimmt und fähig zu einer präzisen Synchronisation während solcher anmutiger Formationsflüge. Doch woher aber rührt der Impuls, „augenscheinlich als ein Organismus zu agieren und nicht etwa als bloße Aggregation einzelner Individuen?“ 3

1.2. Schwarmintelligenz in der Natur

„Der Schwarm aus einer Vielzahl von Individuen zeichnet sich durch ein koordiniertes Agieren ohne zentrale Führung oder Hierarchie aus und kann mittels direkter und indirekter Kommunikation seine Überlebenschancen erhöhen.“ 4 In der Natur gibt es dank der Evolution, viele Tierarten die im gemeinschaftlichen Verbund zu beeindruckenden komplexen Leistungen fähig sind, die dem Einzeltier nur begrenzt oder gar nicht möglich sind. 5 Fisch- und Vogelschwärme, Bienen-, Termiten- und Ameisenstaaten „zeigen wie hochkomplexe Organisationen ganz ohne zentrale Planungen und Steuerungen“ 6 fungieren. Bei genauerer Betrachtung beruht dieses Verhalten aber zumeist auf wenige und sehr simplen Regeln. Schwarmintelligenz kann als das Verhalten von vielen Individuen, die nach einfachen Regeln handeln beschrieben werden. Peter Miller drückt in seinem Artikel, der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien, die vorausgesetzten Regeln für solch ein erfolgreiches Kollektiv Verhalten innerhalb des Tierreiches etwas simpel aber dennoch treffend aus: „Folge dem Fisch vor dir“, „Halte die Geschwindigkeit des Fisches neben dir“, „Lege den Sandkorn dort ab, wo die anderen Termiten ihres ablegen“, Fliege so schnell, dass die Heuschrecke hinter dir dich nicht ins Bein beißen kann“. 7

Das Model von Couzin et al., das drei Interaktionszonen beinhaltet, beschreibt die Vorraussetzungen zur möglichen Behandlung von kollektiven Verhalten detaillierter. 8

1. Die Abstoßungszone, die die Tatsache widerspiegelt, dass Individuen im Allgemeinen einen gewissen Abstand zu anderen Individuen halten.
2. Die Orientierungszone, innerhalb derer sich Individuen häufig in die gleiche Richtung wenden.
3. Die Attraktionszone, innerhalb welcher sich Individuen voneinander angezogen fühlen, denn ohne Anziehung kann es keine sozialen Gruppen geben.

Computersimulationen die auf diesen Regel basierten, zeigten, dass sich viele Aspekte des Schwarmverhaltens damit gut nachvollziehen lassen. Im Verlauf der Simulationen wurden Individuen eingeführt, die Informationen über ihre Umwelt besitzen. Dahinter stand die Frage, wie viele Individuen von Nöten sind, um einen Schwarm zu führen. Das Ergebnis besagte, dass bereits etwas fünf Prozent der Mitglieder eines Schwarmes ausreichen würden, um den Schwarm effizient zu führen. 9 Dies entspricht bei einer Größe eines Schwarms von etwa 200 Individuen bloß zehn Mitglieder eines Schwarmes.

Mit dieser erstaunlichen Gabe der Koordinationsfähigkeit wurden zahlreiche Spezies von der Natur ausgestattet. Fischschwärme nutzen beispielsweise diese Fähigkeiten, „um die Wahrscheinlichkeit, dem Räuber als Individuum zu entkommen, zu erhöhen, da dieser nicht den ganzen Schwarm im Auge behalten und verfolgen kann.“ 10 Ebenso sind Fische im Kollektiv dazu in der Lage Feinde besser wahrnehmen zu können. Wie Vögel, besitzen Fische ein Seitenlinienorgan, dass ihnen bei Positionierung und Synchronisation innhalbe eines Schwarmes hilft. Damit sind sie in der Lage kleinste Richtungsänderungen des Nachbars schnell wahrzunehmen. 11

Dahingegen nutzen Ameisen ihre Fähigkeiten zur Schwarmbildung „um den effizientesten Weg zur Nahrungsquelle zu finden“ 12 Diese Fähigkeit macht sie für die Informatik interessant. Dort werden sie für ihren Methode zur Problemlösung geschätzt. „Informatiker nennen es das Problem des Handlungsreisenden: Ein Vertreter soll Kunden in verschiedene Städten besuchen und sucht die kürzesten Route. Bei drei Städten gibt es sechs Alternativen, das ist übersichtlich, aber bei fünf Städten sind es aber schon 120 mögliche Routen, bei zehn Städten 3,6 Millionen und bei dreißig würden wir schon länger brauchen, um die Alternativen aufzuzählen, als das Universum noch existieren wird.“ 13 Dagegen haben Ameisen keinerlei Probleme auch zu hunderten Futterplätzen noch die kürzeste Route zu finden.

Auf ihrer Suche nach geeigneten Futterplätzen schwärmen sie massenhaft in alle Richtungen und lassen dabei Pheromenspuren auf ihrem Weg zurück. Die Tiere die den kürzesten Weg zur Futterstelle entdeckt haben, kehren auch als erste zurück.

Die Ameisen, die sich als zweite Gruppe auf den Weg zum Futterstelle machen, nutzen die Strecke der ersten Gruppe und verstärkten damit die entsprechende Pheomen- bzw. Duftspur. Auf deren Weg befinden sich, aufgrund der verstärkten Duftspur, schon bald die meisten Ameisen. Wohingegen auf den weniger begangenen Strecken sich die Pheromonenspuren verflüchtigen.14 „Ameisen folgen der höchsten Intensität der Duftmarke und wählen den kürzesten vom Kollektiv gefundenen Weg zwischen Bau und Nahrungsquelle.“ 15

Wie bei Fischen oder auch bei Ameisen, lässt sich ein Verhalten der kollektiven Intelligenz ebenfalls bei Bienen beobachten. Sie nutzen diese Fähigkeit vorwiegend zum Zweck der Nahrungssuche und Nestsuche. Sie treffen Entscheidungen „nur aufgrund lokaler Informationen und sind nicht von einer Instanz, die Arbeit zuteilt, abhängig.“ 16 Mit einem speziellen Tanz zeigen Bienen Richtung und Entfernung der Nahrungsquelle an. Bei ihrem Tanz kommt es auf die Richtung und Geschwindigkeit in Abhängigkeit zum Sonnenstand an. Dabei wird durch die Anzahl der Wiederholungen die Entfernung der Nahrungsquelle und mit dem Winkel zur Sonne die Richtung der Nahrungsquelle dargestellt. Bienen, die sehen, wie manche ihrer Artgenossen auf diese Weise zum Nest zurückkehren, bekommen signalisiert das dieser Ort Nahrung bereitstellt. Ebenfalls bei der Suche nach einem neuem Nest vertrauen Bienen auf ihre Fähigkeiten im Schwarm. Sobald ein geeigneter Ort entdeckt wurde und circa 15 Biene angezogen hat, kommen weitere Bienen hinzu und informieren den Rest des Schwarms. Bei der Entscheidungsfindung der Bienen werden zunächst viele Optionen völlig unbeeinflusst von anderen Bienen abgewägt, um dann eine Mehrheit entscheiden zu lassen. 17

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Natur sich der Schwarmintelligenz bedient, um als Kollektiv Entscheidungen zu treffen und Resultate herbeizuführen, die dem Individuum alleine nicht möglich gewesen wären. Dabei hat jedes einzelne Individuum die Möglichkeit den kompletten Schwarm zu führen. Viele Jahre glaubte man, dass es je Schwarm nur einen Anführer gibt, der mittels Telepathie seine „Befehle“ dem Rest des Schwarms kommuniziert.

Ebenso veranlasste das Merkmal eines Schwarmes, auf Störungen wie ein einziger Organismus reagieren zu können, selbst seriöse Forscher dazu, an eine Art telepathische Fähigkeit innhalb des Schwarms zu glauben, wie Miller berichtet. Telepathischen Fähigkeit innerhalb eines Schwarms konnten allerdings wissenschaftlich nie nachgewiesen werden, so dass dieser Ansatz im Sande verlief. Heutzutage wird vorwiegend von einem „koordiniertem dezentralem Verhalten“ gesprochen. Das bedeutet, dass jedes Individuum die Möglichkeit besitzt, die Handlungen des Kollektivs zu beeinflussen. 18

[...]


1 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.146

2 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.146

3 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

4 Remer, Lux (2009): Schwarmintelligenz, S. 68

5 J.Krause, S.Krause (2011): Darwin meets Business, S.129

6 Miller (2010): Die Intelligenz des Schwarmes, S.28

7 Miller (2010): Die Intelligenz des Schwarmes, S.28

8 J.Krause, S.Krause (2011): Darwin meets Business, S.126

9 Couzin, Krause, James, Ruxton (2002): Journal of Theoretical Biology, S. 1-11

10 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

11 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

12 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

13 Miller (2010): Die Intelligenz des Schwarmes, S.28

14 Miller (2010): Die Intelligenz des Schwarmes, S.28

15 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

16 Pintscher: Schwarmintelligenz

17 Pintscher: Schwarmintelligenz

18 Morhart, Jenewein, Schimmelpfennig (2013): Schwarmintelligenz, S.150

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Schwarmintelligenz und Ameisenalgorithmen
Untertitel
Anwendungen in der Wirtschaft
Hochschule
Fachhochschule Trier - Umwelt-Campus, Standort Birkenfeld
Veranstaltung
Hauptseminar Bionik
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
25
Katalognummer
V345185
ISBN (eBook)
9783668348691
ISBN (Buch)
9783668348707
Dateigröße
749 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schwarmintelligenz, Ameisenalgorithmen, Bionik, kombinatorische Optimierungsprobleme, Wirtschaft
Arbeit zitieren
Dominik Bohlmann (Autor:in), 2015, Schwarmintelligenz und Ameisenalgorithmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345185

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