Die Vermittlung von Mensch und Natur bei Karl Marx und Ernst Bloch


Hausarbeit, 2015

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. „Naturalismus des Menschen, Humanismus der Natur“ in Marx Ökonomisch-Philosophischen Manuskripten

2. Die Versöhnung von Mensch und Natur als Zielinhalt bei Ernst Bloch

3. „Allianztechnik“ als Vermittlung von Mensch und Natur

Einleitung

Folgt man Ernst Bloch in seiner Annahme, dass Welt und Geschichtsprozess nicht determiniert und abgeschlossen sind, sondern nach vorne hin offen, sich im Prozess entwickelnd nach etwas Noch-nicht-dagewesenem streben, so stellt sich die Frage nach dem Zielinhalt dieses Prozesses. Bloch sieht diesen Zielinhalt komprimiert beschrieben in der Formel „Naturalisierung des Menschen, Humanisierung der Natur“[1]. Dieses Diktum stammt aus den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten von Karl Marx und wird von Bloch mehrmals zitiert. Im „Prinzip Hoffnung“ ist es dem 37. Kapitel „Wille und Natur, die technischen Utopien“ sogar als Motto vorangestellt[2]. Aber nicht nur das, es wird von Bloch auch eigenwillig interpretiert und gewinnt im Zuge seiner Naturphilosophie eine neue Bedeutung.

Die vorliegende Arbeit soll den Unterschied der Mensch-Natur- Verhältnis-Konzeption bei Marx und Bloch mit Hilfe des vorliegenden Zitates herausarbeiten und die Frage klären, inwiefern Blochs Version des Marx´schen Diktums heute gesellschaftliche Relevanz hat. Bloch wurde von verschiedenen Seiten für seine angeblich mystischen und spekulativen Überlegungen kritisiert[3]. Es stellt sich also weiter die Frage, ob diese Kritik berechtigt ist und ob Bloch überhaupt noch als Weiterführung von Marx gesehen werden kann. Um dies zu klären wird im ersten Teil dieser Arbeit der erwähnte Heimat.“ Zum finale furioso von Blochs „Prinzip Hoffnung“. In: Weigand, Karlheinz, BlochAlmanach 8. Ludwigshafen, 1988, S. 137-142 oder auch Jürgen Habermas: „Ernst Bloch, ein marxistischer Schelling“. In: Habermas, Jürgen, Politik, Kunst, Religion, Stuttgart: Reclam, 1989, S. 11-32.

Satz von Marx: „(...)Naturalismus des Menschen(...)Humanismus der Natur“[4] interpretiert und sein naturphilosophischer Kontext untersucht. Im zweiten Teil werden dann Blochs Weiterentwicklungen desselben erläutert und Unterschiede zu Marx thematisiert. Abschließend wird im dritten Teil versucht, die aufgekommenen Fragen zu klären und ein Fazit zu ziehen.

1.„Naturalismus des Menschen, Humanismus der Natur“ in Marx Ökonomisch-philosophischen Manuskripten

Um die Bedeutung dieser Formel für Marx zu klären, ist es sinnvoll, zunächst kurz auf die anthropologischen und naturphilosophischen Überlegungen einzugehen, welche Ihr im Manuskript vorangehen. Nach Marx liegt in der Art der Lebenstätigkeit der Gattungscharakter einer Spezies. Der Gattungscharakter des Menschen ist die freie, bewusste Tätigkeit.[5] Diese freie, bewusste Tätigkeit ist es, die den Menschen wesentlich vom Tier unterscheidet. Während das Tier nur für unmittelbare physische Bedürfnisse produziert, der ganze Sinn seiner Tätigkeit die Reproduktion der eigenen Spezies ist, kann der Mensch frei von physischen Bedürfnissen und universell produzieren. Er formt auch nach den Gesetzten der Schönheit und bearbeitet die unorganische Natur um sie zu gestalten.[6] Diese für den Menschen charakteristische Lebenstätigkeit ist nichts anderes als menschliche Arbeit. Die Arbeit, das freie Verändern der Natur zu einer gegenständlichen Welt, ist also der Gegenstand des Gattungslebens des Menschen. Die Natur, als Material dieser Tätigkeit, ist der „unorganische Leib des Menschen“[7] und untrennbar mit seinem physischen und geistigen Leben verknüpft. Natur und Mensch bilden also eine Einheit.

In der kapitalistischen Gesellschaft nun, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln beruht und in welcher die Lohnabhängigen gezwungen sind ihre Arbeitskraft in Form von Lohnarbeit zu veräußern[8], sieht Marx dieses Mensch-Natur-Verhältnis zerstört. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die fortschreitende Arbeitsteilung haben das Phänomen der Entfremdung[9] zu folge. Dieses äußert sich in vier Formen. Erstens tritt dem Arbeiter das Produkt seiner Arbeit als ein „fremdes Wesen“, eine „unabhängige Macht“[10] gegenüber. Zweitens nimmt der Arbeiter auch den Akt der Produktion als einen „fremden, ihm nicht angehörigen“[11] war. Drittens ist der Mensch von seinem Gattungswesen entfremdet, da „das Gattungsleben zum Mittel des individuellen Lebens“[12] degradiert wird. Viertens schließlich resultiert aus den ersten drei Formen auch „die Entfremdung des Menschen von dem Menschen“[13]. Der dritte Aspekt, die Entfremdung des Menschen von seinem Gattungswesen, hat weitreichende Konsequenzen für das Mensch-Natur-Verhältnis und ist für diese Arbeit deshalb von besonderer Bedeutung. Wird „das Gattungsleben zum Mittel des individuellen Lebens“, so bedeutet dies auch, dass die Auseinandersetzung mit der Natur nur noch ein Mittel zum Erhalt des individuellen Lebens ist. Die Natur erscheint für den entfremdeten Menschen als ein ihm „fremdes Wesen“[14]. Das Verhältnis des Menschen zur Natur wird instrumentell. Durch die entfremdete Arbeit zerreißt also das „ursprüngliche“ Band zwischen Mensch und Natur.

Nach Marx wird dieses problematische Mensch-Natur-Verhältnis erst im Kommunismus aufgehoben. Durch die positive Aufhebung des Privateigentums und der Arbeitsteilung (als Bedingungen der Entfremdung) kann das „ursprüngliche“ Band zwischen Mensch und Natur wieder geschlossen werden. Nun allerdings auf einer höheren Stufe. Denn erst für den gesellschaftlichen, daher kommunistischen Menschen wird das menschliche Gesicht der Natur erkennbar:

„Das menschliche Wesen der Natur ist erst da für den gesellschaftlichen Menschen; denn erst hier ist sie für ihn da als Band mit dem Menschen.(...) Erst hier ist ihm sein nat ü rliches Dasein sein menschliches Dasein und die Natur für ihn zum Menschen geworden. Also die Gesellschaft ist die vollendete Wesenseinheit des Menschen mit der Natur, die wahre Resurrektion der Natur, der durchgeführte Naturalismus des Menschen und der durchgeführte Humanismus der Natur.“[15]

Der gesellschaftliche Mensch greift durch Industrie und Technik bewusst in die Natur ein und gestaltet Sie nach seinen Vorstellungen. In den durch menschliche Arbeit erzeugtenNaturzuständen manifestieren sich also erst die Fertigkeiten und Fähigkeiten des Menschen. Indem der Mensch bestimmte Potenzen der Natur realisiert, realisiert er gleichzeitig auch seine eigenen. So ist die menschliche Geschichte auch ein Teil der „Geschichte“ der Natur. „Humanismus der Natur“ ist für Marx also die Transformation der „Natur an sich“ zu einer „Natur für den Menschen“ durch den gesellschaftlichen Menschen. Und da sich erst in dieser Beziehung zur Natur, der gesellschaftlichen Produktion des Lebens mit der Natur, der Gattungscharakter des Menschen realisiert, ist es auch eine „Naturalisierung des Menschen“.

[...]


1 Bloch, Ernst, Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1982, S. 241.

2 Vgl. Ebd. , S. 728.

3 Exemplarisch hierfür die Kritik von Eberhard Braun in „und worin noch niemand war:

4 Marx, Karl, Werke, Ergänzungsband, 1. Teil, Berlin (DDR): Dietz Verlag, 1968, S. 537.

5 Vgl. Ebd. , S. 516.

6 Vgl. Ebd. , S. 517.

7 Ebd. , S. 516.

8 Die ökonomischen Verhältnisse und Wirkungsweisen des Kapitalismus, aus denen dieser Zwang resultiert, können in dieser Arbeit auf Grund der vorgegebenen Zeichenbeschränkung leider nicht erklärt werden. Marx hat sie aber, wie nur zu gut bekannt, ausführlichst erforscht und offengelegt.

9 Dieses wird im Manuskript unter „Die entfremdete Arbeit“ auf den Seiten 510-522 behandelt, vgl. Ebd. , S. 510 ff.

10 Ebd. , S. 511.

11 Ebd. , S. 515.

12 Ebd. , S. 516.

13 Ebd. , S. 517.

14 Ebd. S. 511.

15 Ebd. S. 537-538.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Vermittlung von Mensch und Natur bei Karl Marx und Ernst Bloch
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Seminar: Utopie bei Ernst Bloch
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V344803
ISBN (eBook)
9783668344976
ISBN (Buch)
9783668344983
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marx, Bloch, Philosophie, Gesellschaftstheorie, Naturphilosophie, Politik, Anthropologie
Arbeit zitieren
Kolja Buchmeier (Autor:in), 2015, Die Vermittlung von Mensch und Natur bei Karl Marx und Ernst Bloch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344803

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