Besondere Probleme der Financial Due Diligence aus unternehmensexterner Sicht


Bachelorarbeit, 2012

47 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Theoretischer Hintergrund der Financial Due Diligence
2. 1 Definition und Begriffsabgrenzung
2. 2 Funktionen und Ziele
2. 3 Anlässe

3 Vorbereitende Maßnahmen der Financial Due Diligence
3. 1 Rahmenbedingungen
3. 2 Organisation und Zusammenstellung des Teams
3. 3 Informationsgrundlagen
3.3.1 Informationsquellen
3.3.2 Offenlegung

4 Durchführung und Analyseergebnisse der Financial Due Diligence
4. 1 Analyse wesentlicher Finanzinformationen
4. 1.1 Analyse der Vergangenheitsdaten
4. 1.2 Plausibilität der Zukunftsplanung
4. 2 Dokumentation und Berichterstattung
4. 3 Ergebnisse
4. 4 Auswirkungen auf den weiteren Transaktionsverlauf

5 Schlussbetrachtung

Anhang

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Rechtsprechung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Bedeutung der Unterlagen des Zielunternehmens (N=215)

Abb. 2: Nicht offengelegte Unterlagen nach dem Grad der Nichtanforderung durch den Käufer (N=232)

Abb. 3: Scheren- und Hockeyschlägereffekt

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Beziehung zwischen dem Rang der Offenlegung und dem Rang der Bedeutung der Unterlagen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Fusionen und Akquisitionen sind in der Wirtschaftswelt schon lange nichts Neues mehr. Zwar ist der Hype um sie nicht mehr so groß wie vor einigen Jahren, den- noch gehören sie heutzutage zum Alltag fast aller deutschen Unternehmen. Mana- ger erhoffen sich hierdurch insbesondere eine Steigerung des Unternehmenswer- tes.1 Jedoch ist die Quote der Misserfolge beachtlich. Noch lange nicht jedes Un- ternehmen ist den besonderen Herausforderungen einer professionellen Unter- nehmensübernahme gewachsen. Ca. 50% aller M&A-Transaktionen scheitern.2 Die hauptsächlichen Ursachen liegen darin, dass oft viel zu hohe Preise für die Akquisitionsobjekte gezahlt werden und die potenziellen Erwerber sich im Vor- feld der Transaktion nicht ausgiebig mit dem Zielobjekt auseinandersetzen. Dem- entsprechend stehen ihnen nicht ausreichend Informationen über das Target zur Verfügung. Die asymmetrische Informationsverteilung zwischen den Transakti- onspartnern wird für den Erwerber zum Hindernis. Dieses gilt es zu überwinden. Für eine erfolgreiche Transaktion ist vorab eine genaue Analyse des Zielunter- nehmens von höchster Priorität.

Genau hier kommt es zum Einsatz der Due Diligence - in der vorliegenden Arbeit insbesondere der Financial Due Diligence. Das in der Praxis mittlerweile uner- lässliche Prüfungsverfahren soll dem Käufer einen bestmöglichen Überblick über die finanzielle und wirtschaftliche Lage des Targets verschaffen, damit qualitativ hochwertige und klar durchdachte Entscheidungen im Bezug auf einen möglichen Kauf bzw. eine Übernahme getroffen werden können. Die Financial Due Dili- gence soll dazu dienen, die Quote erfolgreicher Transaktionen zu erhöhen.

1.1 Problemstellung

Die Analyse des Zielunternehmens für einen sich interessierenden Unternehmer aus externer Sicht ist mit gewissen Problemen verbunden. Damit die asymmetri- sche Informationsverteilung abgebaut werden kann, muss der potenzielle Erwer- ber an Informationen über das Zielunternehmen gelangen. Die Zielgesellschaft wird sensible Daten jedoch nicht ohne Weiteres für jedermann zugängig machen. Die hauptsächliche Barriere besteht demgemäß in der Beschaffung der Informati- onen über das Transaktionsobjekt. Aber auch wenn Informationen an den potenzi- ellen Erwerber übermittelt werden, ist die Zuverlässigkeit und Qualität dieser kri- tisch zu hinterfragen. Ein weiteres Problem ist der zeitliche Engpass, unter dem die Durchführung der Financial Due Diligence abläuft. Es stellt sich die Frage, inwiefern und auf welche Weise es für einen Unternehmensexternen in kurzer Zeit überhaupt möglich ist, durch die Financial Due Diligence an ausreichend Informa- tionen zu gelangen, um das Target zu bewerten. Infolgedessen ist kritisch zu beur- teilen, ob die Durchführung der Financial Due Diligence eine sinnvolle Entschei- dung im Zuge einer Transaktion ist. Hierzu gilt es, die Kosten der Akquisition im Verhältnis zum Nutzen der Transaktion für den Erwerber zu stellen und zu analy- sieren. Diese Problemstellungen werden in der folgenden Arbeit dargestellt und kritisch betrachtet.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zu Beginn der Arbeit soll der Leser über den theoretischen Hintergrund der Fi- nancial Due Diligence aufgeklärt werden, sodass er einen Überblick über das Thema erhält. Im Anschluss daran werden die Vorbereitungen der Financial Due Diligence dargestellt. Die Rahmenbedingungen und die Organisation werden er- läutert und der Hauptanalyseschwerpunkt, der Vorgang der Informationsbeschaf- fung, wird beschrieben, sowie kritisch beurteilt. Im folgenden Abschnitt wird die eigentliche Durchführung der Financial Due Diligence-Prüfung diskutiert, wobei zunächst die Analyse der wesentlichen Finanzkennzahlen im Vordergrund steht. Hiernach wird auf die Berichterstattung, die Ergebnisse und die Auswirkungen auf den weiteren Transaktionsverlauf näher eingegangen. Die wichtigen Analy- seergebnisse werden im abschließenden Teil nochmals zusammengefasst und kri- tisch bewertet.

Die vorliegende Arbeit basiert partiell auf den empirischen Ergebnissen einer Stu- die von Berens/Strauch aus dem Jahre 2002.3 Hierbei wurden deutsche Käuferun- ternehmen im Bezug auf die Durchführung der Due Diligence bei dem Erwerb eines Zielunternehmens der letzten drei Jahre befragt. Insgesamt wurden 3.926 Fragebögen an die Unternehmen versendet, wobei eine Rücklaufquote von 11,3% erzielt wurde.

2 Theoretischer Hintergrund der Financial Due Diligence

2. 1 Definition und Begriffsabgrenzung

Der aus dem amerikanischen Sprachraum stammende Begriff „Due Diligence“ wird in der deutschen Literatur meist als „gebührende Sorgfalt“ bezeichnet.4 Darunter ist „die detaillierte und systematische Analyse von Daten und Informationen“5 des Zielunternehmens zu verstehen, die im Vorfeld einer geschäftlichen Transaktion getätigt wird. Damit soll ein möglichst umfassendes und transparentes Gesamtbild über das Transaktionsobjekt geschaffen werden.6 Gleiches gilt gewiss auch für die Financial Due Diligence. Diese bezieht sich explizit auf die finanzielle und wirtschaftliche Analyse des Unternehmens.

Die Due Diligence lässt sich in sogenannte „Teilreviews“ untergliedern. Ver- schiedenen Studien zufolge ist die Financial Due Diligence der am häufigsten vertretende Review mit einem Anteil von über 90%, gefolgt von der Tax, Legal, Strategy und Market Due Diligence.7 Weitere Teilreviews sind die Human Re- sources, die Organisation, die Technical und die Environmental Due Diligence. Die Analyse des Zielunternehmens wird aus den jeweiligen Perspektiven betrach- tet, wobei die einzelnen Teilreviews gesondert voneinander analysiert werden.8 In der Regel wird in der Praxis eine Entscheidung für die Transaktion auf der Grund- lage einer ganzheitlichen Untersuchung getroffen. Anlässlich des hohen Verbrei- tungsgrades der Financial Due Diligence liegt der Fokus in der vorliegenden Ar- beit auf dieser. Im Folgenden wird somit immer von der Prüfung und Analyse der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens ausgegangen.

Die Financial Due Diligence-Prüfung wird des Öfteren mit der Jahresabschluss- prüfung verglichen, ist jedoch von dieser durch verschiedene Faktoren zu diffe- renzieren. Ein Unterschied liegt darin, dass bei der Abschlussprüfung hauptsäch- lich vergangenheitsbezogene Daten geprüft werden, während bei der Financial Due Diligence besonderer Wert auf zukunftsbezogenen Daten gelegt wird.9 Bei der Jahresabschlussprüfung handelt es sich zudem um eine gesetzlich in § 317 Abs. 1 Satz 2 HGB geregelte Pflichtprüfung10, bei der geprüft wird, „ob die ge- setzlichen Vorschriften und [..] ergänzende Bestimmungen des Gesellschaftsver- trags oder der Satzung beachtet worden sind.“ Es muss untersucht werden, ob die dargestellten Unternehmensdaten auch ordnungsmäßig wiedergegeben wurden. Der Umfang der Abschlussprüfung ist somit gesetzlich festgelegt, hingegen ist das Untersuchungsfeld bei der Financial Due Diligence auftragsindividuell ge- staltbar und weiter gefasst.11 Allerdings ist die Tiefe der Analyse bei der Jahresab- schlussprüfung stärker ausgeprägt.12 Der Financial Due Diligence-Auftraggeber kann selbst über die zu analysierenden Bereiche der Prüfung entscheiden und muss sich nicht an vorgeschriebenen Normen orientieren. Hinzukommt noch, dass die Dokumentation der Daten bei der Jahresabschlussprüfung verpflichtend ist.13 Die Financial Due Diligence wird zwar in der Regel auch dokumentiert, dies ist jedoch nicht vorgeschrieben.

Neben der Abgrenzung zur Abschlussprüfung ist auch zu verdeutlichen, dass es sich bei der Financial Due Diligence nicht um eine Unternehmensbewertung handelt. Ziel der Unternehmensbewertung ist die Ermittlung eines Unternehmenswerts bspw. anhand der Bewertung zukünftiger Zahlungsüberschüsse.14 Indes liegt die Aufgabe der Financial Due Diligence in der Verifizierung bestimmter relevanter Informationen.15 Vielmehr dient die Financial Due Diligence als Datenbasis der Unternehmensbewertung.16

2. 2 Funktionen und Ziele

Im Zuge der Financial Due Diligence soll geprüft werden, ob das Zielunterneh- men „den Gewährleistungen des Verkäufers und den Erwartungen des Käufers entspricht.“17 Das fundamentale Problem ist die asymmetrische Informationsver- teilung der Geschäftspartner. Das maßgebliche Ziel der Financial Due Diligence liegt darin, die Informationsasymmetrie bzgl. der finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Targets zwischen dem meist nur gering informierten Käufer und dem besser informierten Verkäufer weitestgehend zu reduzieren.18 Das zu erwerbende Unternehmen sollte so durchleuchtet werden, dass finanzielle Risiken und Schwachstellen19 aufgedeckt, sowie richtig eingeschätzt und mögliche Deal Brea- ker20 identifiziert werden können. Je geringer das Risiko für den potenziellen Käufer, desto eher steigt die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Transaktion. Eine weitere wichtige Funktion ist die Wertermittlung und hiermit die Anpassung des Kaufpreises durch den potenziellen Erwerber im Rahmen der Bewertung der Zielgesellschaft.21 Außerdem von Bedeutung sind die Zusammenfassung von Gewährleistungen der Zielgesellschaft und die Erstellung eines Garantiekatalogs, in dem bestimmte Garantien gegenüber dem möglichen Käufer für erhaltene In- formationen abgesichert werden.22 Hinzukommt noch die Funktion der Dokumen- tation mit dem Ziel der Beweissicherung, die im Falle von Streitigkeiten nach abgeschlossener Transaktion von Nutzen sein kann.23

Der empirischen Untersuchung von Berens/Strauch zur Folge, ist bei 44,6% der Befragten das erstrangige Ziel der Due Diligence, die Identifizierung von Risi- ken.24 An zweiter Stelle wurde die Kaufpreisbestimmung genannt, die hingegen nur ungefähr halb so stark gewichtet wurde (20,9%), gefolgt von der Analyse des Targets (19,8%).

Der wesentliche Bestandteil der Financial Due Diligence ist die präzise Darstel- lung der vergangenen und gegenwärtigen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, sowie die Analyse der Geschäftsplanung.25 Ferner zu untersuchen sind das Kern- geschäft des Zielunternehmens, die obersten Führungsebenen und das Umfeld des Targets.26

2. 3 Anlässe

Die Motive für die Durchführung die Financial Due Diligence können vielseitig sein. Abgrenzungen bestehen zwischen Prüfungen, die auf freiwilliger Basis stattfinden und solche, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfolgen.27 Charakteristisch für alle Anlässe ist die ungleiche Verteilung von Wissen der beteiligten Parteien über das Unternehmen.28 Mithilfe der Financial Due Diligence soll diese asymmetrische Verteilung weitestgehend reduziert werden. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Due Diligence-Prüfung, wenn ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft ausscheidet, sodass der Wert einer Abfindung ermittelt werden muss, eine Fusion oder eine Vermögensübertragung geplant ist und somit der Unternehmenswert zu ermitteln ist, Ausgleichszahlungen angesichts Scheidungsverfahren, Kapitalentnahmen oder Erbstreitigkeiten anfallen und bei Drohungen von Enteignungen.29

Hingegen kann die Analyse eines Zielunternehmens u. a. freiwillig vollzogen werden, wenn der Kauf bzw. Verkauf eines Unternehmens bevorsteht und der Wert des Zielunternehmens ermittelt werden muss, das Management den Kauf eines Unternehmens beabsichtigt, wobei in der Regel Drittinvestoren herangezogen werden und diese meist eine Prüfung des Targets erwarten, ein Kreditfinanzierung durch eine Bank erfolgen soll und bei der Börseneinführung eines Unternehmens.30

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit beschränkt sich die Durchführung der Finan- cial Due Diligence auf den Kauf bzw. Verkauf von Unternehmen. Der Empirie zur Folge sind Unternehmensakquisitionen der häufigste Anlass für Due Dili- gence-Prüfungen.31

3 Vorbereitende Maßnahmen der Financial Due Diligence

3. 1 Rahmenbedingungen

Die Art und Weise wie die Transaktion und die damit einhergehende Durchfüh- rung der Financial Due Diligence erfolgt, hängt von verschiedenen Rahmenbedin- gungen ab. Der Kauf eines Unternehmens kann auf zwei verschiedene Arten er- folgen. Es besteht die Möglichkeit eines Share oder eines Asset Deal. Wird das Zielunternehmen in Form eines Share Deal veräußert, geschieht dies durch die „Übertragung seines Rechtsträgers“32. Für eine GmbH bedeutet dies, dass Ge- schäftsanteile übertragen werden, während bei einer Aktiengesellschaft die Aktien den Erwerbsgegenstand darstellen.33 Werden hingegen die Wirtschaftsgüter des Zielunternehmens übertragen, handelt es sich um einen Asset Deal.34 Die Ent- scheidung, ob eine Transaktion die Struktur eines Asset oder Share Deal annimmt, hängt wesentlich mit den steuerrechtlichen Folgen zusammen.35 Zu Beginn der Financial Due Diligence wird vertraglich festgelegt, auf welche Weise der Unter- nehmenskauf vollzogen wird.

Neben der Differenzierung bzgl. der Struktur des Unternehmenskaufs kann außer- dem zwischen den Auftraggebern der Financial Due Diligence differenziert wer- den. In der Regel wird die Analyse durch den potenziellen Käufer des Zielunter- nehmens veranlasst, eine sogenannte „Acquiror-Due Diligence“.36 Die Prüfung kann aber auch von dem Verkäufer selber und aus Sicht des potenziellen Erwer- bers initiiert werden, dann wird von einer „Vendor Due Diligence“ gesprochen.37 Die Vendor (Financial) Due Diligence sollte von einem unabhängigen Dritten durchgeführt werden, sodass Vertrauen gegenüber dem potenziellen Käufer auf- gebaut werden kann.38 Wird die Prüfung z. B. durch einem unabhängigen Wirt- schaftsprüfer durchgeführt, ist ein hoher Grad an Verlässlichkeit geboten. Der Verkäufer erhält mit der Analyse einen übersichtlichen Gesamteindruck über den Betrieb, sodass eventuelle Risiken identifiziert werden und möglicherweise noch im Vorfeld der Transaktion behoben werden können.39 Folglich verschafft sich der Verkäufer durch die bessere Selbsteinschätzung und vorangegangene Beseiti- gung von Schwachstellen im Unternehmen Vorteile für die weiteren Vertragsver- handlungen. Der positive Nutzen, sowohl für das Zielunternehmen als auch für den potenziellen Erwerber, liegt einerseits in der Reduzierung der Transaktions- kosten und andererseits in der Verkürzung des Verkaufsprozesses, da die Informa- tionen dem potenziellen Käufer bereits zu Beginn der Verhandlung zur Verfügung stehen.40 Dies wiederum bringt den Nachteil mit sich, dass die Daten schnell an Aktualität verlieren.41 Werden die Informationen der Käufer-Due Diligence zeit- nah zu den Vertragsverhandlungen herangezogen, müssen die Daten der Vendor Due Diligence bereits in einem relativ frühen Prüfungsabschnitt vorliegen. Die Prüfung des Zielunternehmens ist im Vergleich zu der Financial Due Diligence durch den Kaufinteressenten standardisiert und wenig auf die spezifischen Inte- ressen des möglichen Käufers angepasst.42 Die Vendor (Financial) Due Diligence ist demgemäß hauptsächlich dann sinnvoll, wenn mehrere Interessenten für das Zielobjekt existieren43, wie es z. B. bei Auktionsverhandlungen der Fall ist. Der erhebliche Nachteil der Vendor (Financial) Due Diligence für den Kaufinteressen- ten besteht in der Entscheidungsmacht und Kontrolle über die Informationen sei- tens der Zielgesellschaft.44 Bei der Analyse des Zielunternehmens durch den mög- lichen Käufer werden mehrfach Unterlagen und Informationen „ohne Rückspra- chen mit dem Management bzw. den Gesellschaftern“45 an den Erwerber übermit- telt, was sich für ihn meist positive Auswirkungen hat. Dies ist bei der Vendor (Financial) Due Diligence aufgrund der Kontrollmacht des Verkäufers nicht mög- lich. In der vorliegenden Arbeit liegt der Fokus auf einer Transaktion zwischen zwei Vertragsparteien, d. h. zwischen der Zielgesellschaft und einem potenziellen Erwerber. Im weiteren Verlauf wird von einer durch den möglichen Käufer veran- lasste Financial Due Diligence aus unternehmensexterner Sicht ausgegangen.

3. 2 Organisation und Zusammenstellung des Teams

Aufgrund des hohen Zeitdrucks ist es von enormer Bedeutung, die Financial Due Diligence bis ins Detail und bis zum Schluss zu planen, wobei die einzelnen Auf- gaben eindeutig an die verschiedenen Teammitglieder zuzuordnen sind. Das Team kann dabei sowohl aus internen Mitarbeitern des Käufer- oder Zielunternehmens, als auch aus externen Beratern bestehen. Essenziell ist die fachliche Qualifikati- on46 und die Erfahrung47 der beteiligten Personen. Beste Voraussetzungen für ei- nen Financial Due Diligence-Prüfer sind ausreichende Kenntnisse in den Berei- chen „[n]ationale [..] und internationale Rechnungslegung […], Geschäftspla- nungsanalyse, Steuer- und Gesellschaftsrecht, Branchenkenntnisse sowie Sensibi- lität für angrenzende Problemfelder.“48 Aus diesem Grund setzt sich das Financial Due Diligence-Team in der Regel nicht nur aus internen Mitarbeitern zusammen. Ihnen fehlt zumeist das fachliche Know-How und zudem sind personelle Ressour- cen des Kaufinteressenten, je nach Größe der Transaktion, nicht ausreichend vor- handen.49 Demzufolge werden vom potenziellen Erwerber gewöhnlich externe Berater hinzugezogen. Im Fall der Financial Due Diligence sind dies häufig Wirt- schaftsprüfer. Vorteile externer Berater bestehen in deren qualifizierten Fach- kenntnissen und Erfahrungen sowie deren objektiven Beurteilungsvermögen.50 In der Praxis weit verbreitet sind gemischte Teams, wobei in der Regel die Koordi- nationsfunktion in der Aufgabe des internen Managements liegt und die fachliche Kompetenz der externen Berater in Anspruch genommen wird.51 Die Studie von Berens/Strauch zeigt, dass ca. 36% der Beteiligten des Teilreviews der Financial (und Tax) Due Diligence aus internen Mitarbeitern des Käuferunternehmen, rund 48% aus Mitarbeitern des Zielunternehmens und ca. 16% aus externen Prüfern und Beratern bestehen.52 Aufgrund der vielen Teammitglieder, die zumeist an der Financial Due Diligence Prüfung beteiligt sind, können einige Probleme bei der Ausführung entstehen. Ein Nachteil einer hohen Anzahl der Beteiligten kann in der zu detaillierten Analyse der Daten des Zielunternehmens bestehen. Ist die Prü- fungstiefe zu ausgiebig ausgeprägt, kann dies dazu führen, dass der Überblick über das Ganze verloren geht.53 Es ist vom potenziellen Erwerber bzw. vom Gut- achter darauf zu achten, dass gerade bei großen Transaktionen ständige Mee- tings54 stattfinden, wo sich die Mitglieder über die erhaltenen und analysierten Informationen austauschen. Anderenfalls kann es dazu kommen, dass bestimmte Analyseschritte doppelt bearbeitet werden, was bei der geringen Zeitspanne nicht erwünscht ist und wodurch zusätzliche Kosten für den Kaufinteressenten anfallen. Neben dem Austausch über die aktuellen Informationszustände dienen die Mee- tings auch der Mitteilung bestimmter Planänderungen bzgl. des Zeitmanagements, die sich bei der Financial Due Diligence aufgrund von verzögerter Bereitstellung relevanter Dokumente der Zielgesellschaft u. Ä. ergeben.55 Demgemäß ist eine klar strukturierte Aufgabenverteilung, eine ständige Kontrolle und Darlegung der Ergebnisse, sowie die damit einhergehende Anpassung des detaillierten Zeitplans unerlässlich.

Vor dem eigentlichen Beginn einer jeden Transaktion sollte ein sogenannter „Let- ter of Intent“ (LoI) verfasst und von dem Kaufinteressenten oder auch von beiden Vertragspartnern unterzeichnet werden.56 Unter LoI ist die „schriftliche Erklärung […], einen Unternehmenskaufvertrag […] abschließen zu wollen“57 zu verstehen. Somit handelt es sich hierbei um eine (Kauf-)Absichtserklärung. Der potenzielle Erwerber signalisiert dem Verkäufer, dass er bereit ist, nach erfolgreichem Ab- schluss der Financial Due Diligence einen Kaufvertrag über das Zielobjekt abzu- schließen58 und veranschaulicht ihm die Ernsthaftigkeit der beabsichtigten Trans- aktion. Die wesentliche Intention des LoI ist die verhandlungspsychologische Wirkung, da die Erklärung „faktisch ein bereits erreichtes Verhandlungsergebnis fest[legt].“59 Jedoch ist die Absichtserklärung keineswegs rechtlich verbindlich60, d. h. es bestehen keine Vertragsabschlusspflichten. Ferner existieren auch keine vorgegebenen Formalien. Der LoI ist von den Parteien auftragsindividuell zu ge- stalten. Der wesentliche Inhalt besteht aus der Nennung des Transaktionsobjektes, der Vertragspartner und der Transaktionsform, einem zeitlichen Ablaufplan der Financial Due Diligence, der Exklusivitätsvereinbarung61, der Höhe eines mögli- chen Kaufpreises und den Zahlungsmodalitäten, einer möglichen Bedingung für die Beendigung der Verhandlung sowie den Geheimhaltungs- und Nichtverwen- dungsverpflichtungen.62 Die Aufführung der Geheimhaltungspflichten ist in der Regel nur dann im LoI vorzufinden, wenn keine gesonderte Vertraulichkeitserklä- rung vereinbart wurde. Diese regelt hauptsächlich, mit welchen Informationen vertraulich umgegangen werden muss und inwiefern und an welche Personen die- se weitergegeben werden dürfen.63 In der Praxis unterzeichnen neun von zehn Unternehmen eine Vertraulichkeitsvereinbarung.64 Im Vergleich zur Absichtser- klärung, die ungefähr bei sieben von zehn Unternehmen abgeschlossen wird.

3. 3 Informationsgrundlagen

3.3.1 Informationsquellen

Die Informationen, die bei der Financial Due Diligence zur Verfügung stehen, bestimmen die Qualität der Prüfung maßgeblich.65 Je detaillierter der Einblick in das zu erwerbende Unternehmen ist, desto leichter kann über die Durchführung bzw. Unterlassung der Transaktion entschieden werden. Hat ein Interessent einen stark eingeschränkten Zugang zu den Unterlagen des Zielunternehmens, wird es schwer fallen, eine sinnvolle Entscheidung im Bezug auf eine mögliche Über- nahme zu treffen. Die Durchführung der Übernahme anhand nur weniger Infor- mationen ist mit einem erhöhten Risiko verbunden. Demzufolge muss der poten- zielle Erwerber sich im Vorfeld der Transaktion mit dem Problem auseinanderset- zen, an alle für ihn relevanten Informationen zu gelangen.66 Damit soll verhindert werden, dass nach der Übernahme unerwartete Nachteile für den Käufer entste- hen.

Die erforderlichen Informationen können vom externen Unternehmer mithilfe von Checklisten einholt werden. Sie ermöglichen, die Financial Due Diligence mög- lichst effizient zu gestalten.67 Die Checklisten sind jedoch meist sehr allgemein aufgestellt und nicht individuell an den jeweiligen Erwerber angepasst.68

[...]


1 Vgl. Balz, Ulrich (2007) S. 22; Brauner/Neufang (2011), S. 409.

2 Vgl. Kummer/Eiffe/Mölzer (2011), S. 1.

3 Vgl. Berens/Strauch (2002).

4 Vgl. o. V. (2010), S. 760.

5 Wagner/Russ (2007), S. 1079.

6 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 79.

7 Vgl. Marten/Köhler (1999), S. 342; Berens/Strauch (2002), S. 62-65.

Der Untersuchung von Marten/Köhler zufolge werden bei 93,53% aller Transaktionen eine Fi-

nancial Due Diligence durchgeführt; bei Berens/Strauch beläuft sich die Quote der Financial (und Tax) Due Diligence auf 94,7%.

8 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 34.

9 Vgl . Bredy/Strack (2011), S. 387; Hansmeyer/Roling (2010), S. 98. 3

10 Vgl. Grote (2007), S. 104.

11 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 98.

12 Vgl. Ganzert/Kramer (1995), S. 579.

13 Vgl. Nieland (2002), S. 65.

14 Vgl. Ganzert/Kramer (1995), S. 579.

15 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 98.

16 Vgl. Bredy/Strack (2011), S. 387.

17 Helbling (2012), S. 245.

18 Vgl. Berens/Schmitting/Strauch (2011), S. 69.

19 Kann (2009), S. 26.

20 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 79. Unter Deal Breaker sind Erkenntnisse, die den Erwerbsin- teressenten veranlassen, die Transaktion abzubrechen, zu verstehen. Vgl. Krüger/Kalbfleisch (1999), S. 175.

21 Vgl. Fleischer/Körber (2001), S. 842.

22 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 80.

23 Vgl. Hansmeyer/Roling (2010), S. 80.

24 Vgl. Berens/Strauch (2002), S. 52.

25 Vgl. Ganzert/Kramer (1995), S. 578.

26 Vgl. Ganzert/Kramer (1995), S. 578-579. Hier wird in der vorliegenden Ausführung jedoch nicht näher drauf eingegangen, da diese Untersuchungsfelder eine zu hohe Interdependenz mit anderen Teilreviews bspw. der Market Due Diligence oder der Strategy Due Diligence aufwei- sen.

27 Vgl. Scott (2002), S. 14.

28 Vgl. Wagner/Russ (2007), S. 1081.

29 Vgl. Scott (2002), S. 14-15.

30 Vgl. Jungblut (2003), S. 12-15.

31 Laut einer Studie von Marten/Köhler erfolgen 73% der M&A-Transaktionen in Form von Akquisitionen, vgl. Marten/Köhler (1999), S. 341.

32 Holzapfel/Pöllath (2010), S. 117.

33 Vgl. Jungblut (2003), S. 40.

34 Vgl. Holzapfel/Pöllath (2010), S. 117.

35 Vgl. Picot (2004), S. 34.

36 Vgl. Blöcher (2002), S. 33.

37 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 39.

38 Vgl. Kann (2009), S. 18.

39 Vgl. Koch (2011), S. 7.

40 Vgl. Nawe/Nagel (2011), S. 790.

41 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 41.

42 Vgl. Jungblut (2003), S. 139.

43 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 40.

44 Vgl. Görtz/Kolb (1999), S. 469.

45 Görtz/Kolb (1999), S. 469.

46 Vgl. Grote (2007), S. 109.

47 Vgl. Koch (2011), S. 42.

48 Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 37.

49 Vgl. Grote (2007), S. 109.

50 Vgl. Berens/Hoffjan/Strauch (2011), S. 123.

51 Vgl. Ganzert/Kramer (1995), S. 577; Berens/Hoffjan/Strauch (2011), S. 122-123.

52 Vgl. Berens/Strauch (2002), S. 72.

53 Vgl. Helbling (2012), S. 248.

54 Vgl. Hölscher/Nestler/Otto (2007), S. 39.

55 Vgl. Scott (2002), S. 20.

56 Vgl. Picot (2004), S. 37.

57 Kann (2009), S. 22.

58 Vgl. Holzapfel/Pöllath (2010), S. 9.

59 Picot (2004), S. 37.

60 Vgl. Holzapfel/Pöllath (2010), S. 8.

61 Durch die Exklusivitätsvereinbarung verpflichtet sich der Verkäufer während der Vertragsver- handlungen mit keinem anderen außer dem Vertragspartner zu verhandeln. Vgl. Kann (2009), S. 25.

62 Vgl. Kummer/Eiffe/Mölzer (2011), S. 84.

63 Vgl. Kann (2009), S. 20.

64 Vgl. Berens/Strauch (2002), S. 54.

65 Vgl. Picot (2012), S. 258.

66 Vgl. Schacht/Fackler (2009), S.34.

67 Vgl. Popp (2011), S. 196.

68 Vgl. Jungblut (2003), S. 135.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Besondere Probleme der Financial Due Diligence aus unternehmensexterner Sicht
Hochschule
Universität Trier
Note
2,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
47
Katalognummer
V343861
ISBN (eBook)
9783668339378
ISBN (Buch)
9783668339385
Dateigröße
802 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Financial Due Diligence
Arbeit zitieren
Jennifer Mertens (Autor:in), 2012, Besondere Probleme der Financial Due Diligence aus unternehmensexterner Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343861

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