Die Eurokrise 2010. Entstehung und Bewältigung


Seminararbeit, 2014

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Entstehung der Krise
2.1 Ist die Eurokrise eine Staatsschuldenkrise?
2.2 Die Verschuldung des Privatsektors
2.3 Außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in der Eurozone
2.4 Zwischenfazit

3. Bisherige Maßnahmen zur Überwindung der Krise

4. Langfristige Lösungsstrategien
4. 1 Maßnahmen zum Abbau von Leistungsbilanzdefiziten
4.2 Maßnahmen zum Abbau von Leistungsbilanzüberschüssen
4.3 Ein außenwirtschaftlicher Stabilitätspakt

5. Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

„Die Diskussion in Deutschland ist heute sehr stark von der Vorstellung geprägt, dass wir es mit einer weitgehend auf den Bereich der Finanzmärkte begrenzten Krise zu tun haben, die vor allem auf eine skrupellose Bankmanager zurückzuführen ist und auf US-amerikanische Privathaushalte, denen es an den Tugenden der schwäbischen Hausfrau fehlt.“ (Peter Bofinger)

1. Einleitung

Der Wahlkampf zur Europawahl im Mai 2014 hat einmal mehr gezeigt, dass auch vier Jahre nach dem akuten Ausbruch der sogenannten Eurokrise mit ihren schwerwiegenden Folgen gekämpft wird. Deutlich wurde dies zum einen in Diskussionen führender Politiker zur konstitutionellen Weiterentwicklung des Staatenbundes aber auch in dem Anstieg der Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die sich bereits vor der Wahl zu Euro-kritischen und tendenziell rechtspopulistischen Parteien bekannt haben.

Diese Euroskepsis scheint in großem Maße in der seit 2010 anhaltenden Krise der Euro-Zone begründet. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Krisenländern wie Spanien, Portugal und Griechenland sowie strikte Sparauflagen der Regierungen führen zu großem Unmut in der europäischen Bevölkerung. Problematisch scheint jedoch vor allem, dass sowohl auf Ebene der Nationalstaaten als auch auf supranationaler Ebene bisher kein Konsens bezüglich politischer Konsequenzen und Maßnahmen gefunden wurde. Um jedoch langfristige Lösungsstrategien zur Stabilisierung der gemeinsamen Währungszone zu finden, muss zunächst einmal Klarheit in Hinblick auf die Auslöser, aber auch in Bezug auf die Wegbereiter der Krise geschaffen werden. Denn hingegen der weitverbreiteten Annahme, dass sich jene einzig und allein auf die Sphäre der Finanzmärkte und Spekulationsgeschäfte fahrlässig handelnder Banker zurückführen ließe, spielen mitunter auch strukturelle Missstände der Märkte eine zentrale Rolle.

Ziel dieser Arbeit ist es zunächst, die tieferliegenden Ursachen der Eurokrise aufzuzeigen, um in Anschluss eine Beurteilung der bisher ergriffenen Maßnahmen vornehmen zu können. Darüber hinaus werden Lösungsstrategien thematisiert, deren Bedeutung viele Ökonomen als ausschlaggebend für die zukünftige Stabilisierung der Euro-Zone erachten.

2. Entstehung der Krise

Als Auslöser der Eurokrise sind ohne Zweifel die Folgen der Finanzkrise 2007 zu benennen, die wiederum ihren Ursprung in der Immobilien- und Bankenkrise der Vereinigten Staaten hatte (vgl. Edler 2013: 25). Welche weiteren Aspekte zum Ausbruch sowie der Weiterentwicklung der Krise beitrugen und somit den dramatischen Anstieg der Verschuldung von Nationalstaaten verstärkten, ist jedoch umstritten: „Selten in der neuesten Wirtschaftsgeschichte gab es in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit so viel Verwirrung auf einem Politikfeld wie bei der Thematik Währungsunion bzw. Eurokrise“. (Welfens 2013: 2)

In diesem Kapitel soll geklärt werden, welche Rolle der Verschuldung des Staates und des Privatsektors sowie den stark diskutierten außenwirtschaftlichen Ungleichheiten in der Euro-Zone zukommt. Hierbei wird die konkrete Ausgangslage ausgewählter Staaten betrachtet und auf Grundlage makroökonomischer Erkenntnisse analysiert.[1]

2.1 Ist die Eurokrise eine Staatsschuldenkrise?

Häufig wird die Eurokrise auch als „Staatsschuldenkrise“ bezeichnet. Diese Betitelung legt die Vermutung nahe, dass die anhaltenden wirtschaftlichen und finanziellen Missstände der Euro-Zone durch eine hohe Staatsverschuldung der sogenannten „Krisenländer“ wie beispielsweise Spanien und Irland bedingt wurden. Eine Betrachtung der Entwicklung des Staatsschuldenstandes ausgewählter Länder soll Aufschluss darüber geben, ob diese These zutrifft oder anhand der Daten widerlegt werden kann.

Die folgende Abbildung zeigt die staatlichen Schuldenquoten[2] der zuvor genannten Krisenländer Irland und Spanien im Vergleich zur öffentlichen Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland. Anhand der hier dargestellten Entwicklung in den Jahren 2001 bis 2012 lässt sich feststellen, dass die starke Verschuldung von Irland und Spanien erst mit der akuten Entwicklung der Krise entstand. So lag die staatliche Schuldenquote der Vorjahre in beiden Ländern stets unter dem sogenannten Mastrichter 60%-Konvergenzkriterium, welches eine verbindliche Obergrenze des staatlichen Schuldenstands für Mitgliedsstaaten der Europäischen Union darstellt.[3]

Ein Blick auf die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung Deutschlands veranschaulicht, dass die Bundesrepublik dieses Kriterium fortwährend seit dem Jahre 2002 verletzt hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Staatsschulden in % des Bruttoinlandsprodukts

Diese Entwicklung zeigt also, dass die Eurokrise nicht durch ein zu hohes Maß an Staatsschulden entstanden ist, sondern im vielmehr den enormen Anstieg der Staatsverschuldung hervorgerufen hat. Die Betitelung der Eurokrise als „Staatsschuldenkrise“ ist demnach irreführend.

2.2 Die Verschuldung des Privatsektors

An die vorangegangene Untersuchung schließt sich die Frage, warum gerade jene Staaten, deren öffentlicher Schuldenstand in den Vorjahren der Krise stets unter dem 60%-Konvergenzkriterium lag, im Jahr 2010 von einem massiven finanziellen Einbruch betroffen waren.

Zur Klärung dieser Frage ist ein Blick auf den Schuldenstand der Privatsektoren[4] notwendig.

In der folgenden Abbildung wird die Entwicklung des privaten Schuldenstands der in Kapitel 2.1 betrachteten Staaten dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Privater Schuldenstand

Es zeigt sich, dass die Privatsektoren Irlands und Spaniens bereits in den Vorjahren der Krise hoch verschuldet waren. Verstärkt durch den akuten Ausbruch der Krise, lag der private Schuldenstand Spaniens im Jahre 2010 bei dramatischen 213 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (im Folgenden abgekürzt: BIP), Irlands Privatsektor hatte zur gleichen Zeit einen noch höheren Schuldstand von 283 Prozent des BIP. Diese immense Verschuldung der Privatsektoren führte dazu, dass die Krisenländer sich zu einer Stabilisierung des Sektors gezwungen sahen und versuchten, das nationale Wirtschaftswachstum durch Konjunkturprogramme zu erhalten (vgl. Edler 2013: 30). Vor allem die Rettung der stark geschwächten Banken löste schnell eine finanzielle Überforderung einiger Staaten aus. Nichtsdestotrotz nahmen die betroffenen Staaten die enorme Verschuldung zu diesem Zwecke in Kauf, da „Banken gemeinhin als systemrelevant für die Wirtschaft angesehen werden“ (Edler 2013: 30).

Die in der Abbildung dargestellten Schulden des deutschen Privatsektors sind vergleichsweise gering: Mit 110 Prozent des BIP lag der Wert weit unter dem privaten Schuldenstand der Krisenländer. Deutschland befand sich somit trotz der zuvor höheren Staatschulden in einer gesamtwirtschaftlich wesentlich stabileren Lage, als Spanien und Portugal (vgl. hierzu auch Abb. 3-5, s. Anhang).

Es ist also festzuhalten, dass man die Eurokrise in großem Maße auf die Verschuldung der Privatsektoren einiger Staaten zurückzuführen ist, die sich durch die Folgen der Finanz- und Bankenkrise 2007 stark angestiegen ist und letztendlich zur Staatsverschuldung geführt hat.

2.3 Außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in der Eurozone

Seit einigen Jahren wird in der Volkswirtschaftslehre immer wieder die Bedeutung außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte thematisiert. Viele Ökonomen erachten sie als eine der fundamentalen Ursachen der Wirtschaftskrisen seit 2007 (vgl. van Treeck 2014: 22).

Wird in der Volkswirtschaftslehre von außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten gesprochen, thematisiert man unausgewogene Leistungstransaktionen zwischen In- und Ausland, die sich in der sogenannten Leistungsbilanz der jeweiligen Länder widerspiegeln. In dieser wird vor allem das Verhältnis der Importe und Exporte ersichtlich. Verzeichnet ein Staat beispielsweise mehr Exporte als Importe, spricht man von einem Überschuss in der Leistungsbilanz. Dieser positive Außenbeitrag ist jedoch nur möglich, wenn das Ausland (also wenigstens ein anderer Staat) mehr Waren importiert, als exportiert und dementsprechend einen negativen Außenbeitrag bzw. ein Leistungsbilanzdefizit hat: Das Ausland verschuldet sich gegenüber dem Inland. (vgl. Edler 2013: 33 sowie van Treeck 2014: 23)

In den letzten Jahren sind zunehmend die starken deutschen Exportüberschüsse kritisiert und als Wegbereiter für die Zuspitzung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte des Euroraums thematisiert worden. „Deutschland verschafft sich Vorteile auf Kosten anderer“ erklärte so beispielsweise die ehemalige IWF-Chefin Lagarde und auch das US-Finanzministerium schließt sich der Kritik gegenüber der deutschen Regierung an: „Deutschlands schwächliches Wachstum der Binnennachfrage und seine Exportabhängigkeit hat eine Erholung der Wirtschaft [im Euroraum] behindert“, hieß es so in einem Bericht an den US Kongress (vgl. Mallien 2013).

Führt man sich in Anlehnung an diese Debatte nun die zuvor genannten wirtschaftsökonomischen Zusammenhänge der Außenbeiträge beziehungsweise Leistungsbilanzsalden vor Augen, wird schnell klar, dass die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands zwangsläufig zu einer Verschuldung des Auslands gegenüber der Bundesrepublik führen müssen.

In der folgenden Abbildung wird Entwicklung der Leistungsbilanzsalden von Deutschland, Spanien und Irland dargestellt in der Entstehungszeit der Krise abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Leistungsbilanzsalden in % des BIP

Die Tatsache, dass der hier ebenfalls abgebildete Leistungsbilanzsaldo der Euro-Zone insgesamt in den Jahren 2008 bis 2011 überwiegend gegen Null tendierte bedeutet, dass sich der Staatenbund insgesamt im wirtschaftlichen Gleichgewicht befindet. Dies impliziert, dass die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse durch entsprechende Defizite anderer Staaten innerhalb der Währungszone ausgeglichen werden (vgl. van Treeck: 25). Dieser Zusammenhang lässt sich beispielsweise durch die stark negativen Außenbeiträge der Krisenländer Spanien und Portugal in ebendiesem Zeitraum veranschaulichen.

Darüber hinaus kann mit man einen Blick auf die volkswirtschaftliche Identitätsgleichung auch der direkte Zusammenhang der starken Verschuldung der Privatsektoren und Leistungsbilanzdefiziten im Falle der Krisenländer veranschaulicht werden. Diese besagt, dass sich die Finanzierungssalden des Staates, des Privatsektors und des Auslandes immer zu null addieren müssen. Ein Defizit in der Leistungsbilanz bedeutet also nicht zwangsläufig, dass der Staat gegenüber dem Ausland verschuldet ist, sondern lediglich, dass die Summe der Finanzierungssalden der inländischen Sektoren (Staat, private Haushalte und Unternehmen) dem Finanzierungssaldo des Auslands entspricht (vgl. van Treeck: 23). Da bereits gezeigt werden konnte, dass die Verschuldung des Privatsektors der Krisenländer vor dem Ausbruch der Krise sehr viel höher ausfiel, als die Staatsverschuldung, sind die Leistungsbilanzdefizite vor allem auf die Finanzierungsdefizite der Privatsektoren zurückzuführen (vgl. Kapitel 2.1 und 2.2).

[...]


[1] Die in den folgenden Kapiteln thematisierten makroökonomischen Theorien stützen sich auf die Sichtweise der keynesianisch geprägten Sozioökonomie, die einer Selbstregulierung der Märkte im Sinne der (neo-)klassischen Wirtschaftstheorie widerspricht (vgl. Bofinger: 475ff.)

[2] Die staatliche Schuldenquote gibt die Verschuldung des öffentlichen Sektors in % des Bruttoinlandsprodukts an

[3] Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union besagt unter anderem, dass der staatliche Schuldenstand nicht mehr als 60% des Bruttoinlandsprodukts betragen nicht übersteigen darf (Vgl. Art 126 AEUV).

[4] Der Privatsektor umfasst die privaten Haushalte und Unternehmen sowie die Banken

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Eurokrise 2010. Entstehung und Bewältigung
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Soziologie)
Veranstaltung
Einführung in die Wirtschafts- und Sozialpolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V343785
ISBN (eBook)
9783668338524
ISBN (Buch)
9783668338531
Dateigröße
1169 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
eurokrise, entstehung, bewältigung
Arbeit zitieren
Marie Schröder (Autor:in), 2014, Die Eurokrise 2010. Entstehung und Bewältigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343785

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