Kompetenzanforderungen an Praxisanleiter im Sozialwesen


Ausarbeitung, 2016

40 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1 Einführung

2 Grundsätzliches zur Verortung des praktischen Studiensemesters im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit
2.1 Definitionen
2.1.1 Terminus Modul
2.1.2 Terminus European Credit Transfer System (ECTS/Credit Points)
2.1.3 Terminus Workload
2.2 Ziele professioneller Sozialer Arbeit
2.3 Studienziele für das Bachelorstudium Soziale Arbeit

3 Der praktische Studienabschnitt/Terminus Anleitung
3.1 Kompetenzerwerb und Lernziele für den praktischen Studienabschnitt
3.1.1 Berufskompetenz
3.1.2 Berufsidentität
3.1.3 Reflexionskompetenz
3.2 Voraussetzung zur Anerkennung von Praxisstellen
3.3 Funktionen der Praxisanleitung
3.4 Aufgaben und Ziele der Praxisanleitung
3.4.1 Planung des Praktikumsverlaufs
3.4.2 Erstellen des Individuellen Ausbildungsplans
3.4.3 Führen von Anleitungsgesprächen/Reflexion und Auswertung
3.4.4 Beendigung und Beurteilung
3.4.5 Erstellung eines Arbeitszeugnisses/administrative Aufgaben

4 Kompetenzanforderungen an die Person des Anleiters
4.1 Definitionsversuch der Begriffes Kompetenz
4.2 Phasenübergreifende Anleitungskompetenzen
4.2.1 Selbstmanagement
4.2.2 Strategische Kompetenz
4.2.3 Kommunikative Kompetenz

5 Fazit und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Kompetenzbereiche

Abb. 2: Linkes Gehirn versus Rechtes Gehirn

Abb. 3: Beispiel Eisenhower-Methode

Abb. 4: Übersicht der SMART-Methode

1 Einführung

Seit über zehn Jahren bin ich nun als Praxisanleiterin für Studierende aus dem Sozialwesen tätig. Um mich auf diese Aufgabe vorzubereiten habe ich damals an der Fortbildung zur Praxisanleiterin an der Fachhochschule Landshut teilgenommen. Da ich selbst erfahren habe, welche Kompetenzen an mich als Anleiterin gestellt wurden und werden, möchte ich diesem Thema nun auch theoretisch nachgehen.

Das vorliegende Buch setzt sich mit den Aufgaben und Funktionen von Praxisanleitung und den sich daraus ergebenden Kompetenzanforderungen an die Person des Anleiters auseinander. Das Praxissemester des Bachelor-Studienganges der Sozialen Arbeit ist bedeutsam für die wissenschaftliche Ausbildung und die Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis der Studierenden. Um Studierende der Sozialen Arbeit angemessen auf ihren Beruf vorzubereiten ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und der Berufspraxis erforderlich. Deshalb findet die berufspraktische Ausbildung in Bereichen der Sozialpädagogik statt, welche unmittelbaren Handlungsbezug zum Klientel besitzen. Um eine qualitativ hochwertige praktische Ausbildung der Studierenden zu gewährleisten, sind qualifizierte Anleitungspersonen erforderlich welche neben ihrer Fachkompetenz auch Kenntnisse wie beispielsweise im Bereich der Menschenführung, Kommunikation, Selbst- und Qualitätsmanagement besitzen. Die anschließenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf die Anleitung von Studierenden der Sozialpädagogik. Jedoch sind die Anforderungen an Anleiter von Studierenden der Fachakademie für Sozialpädagogik sehr ähnlich und können in vielen Bereichen übertragen werden.

Zu Beginn meiner Ausführungen gehe ich auf Grundsätzliches zur Verortung des praktischen Studiensemesters im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit ein. Dies beinhaltet auch einen kurzen Diskurs bezüglich der Ziele professioneller Sozialer Arbeit.

Diesem Abschnitt schließen sich Informationen über den praktischen Studienabschnitt mit den verschiedenen Phasen und Zielen des Praktikums an. Hier wird auch auf die Funktionen von Praxisanleitung eingegangen. In Punkt 3.4 werden die Aufgaben von Praxisanleitung dargestellt.

Die Kompetenzanforderungen an die Person des Anleiters mit einem Definitionsversuch des Begriffes „Kompetenz“ folgt in Punkt 4. Ebenso wird darauf eingegangen, dass neben der rein fachlichen Anleitung pädagogische und psychologische Aspekte eine eminente Rolle spielen.

Die Begriffe Sozialpädagogik und Soziale Arbeit werden in den Ausführungen Synonym verwendet.

Abschließend erfolgen eine Zusammenfassung und ein Ausblick in die Zukunft.

Gender-Hinweis: Damit der Lesefluss erhalten bleibt, wird sowohl die männliche als auch die weibliche Form verwendet. Diese schließen jeweils die andere Form mit ein.

2 Grundsätzliches zur Verortung des praktischen Studiensemesters im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit

Ein Merkmal von Hochschulen des Ausbildungstyps Fachhochschule ist die Praxisorientierung des Studiums. Die Theorie und die Praxis sowie deren Verknüpfung sind die zwei Hauptpfeiler der Gesamtausbildung. Die Gesamtdauer des Bachelorstudiums Soziale Arbeit beträgt in der Regel 6-7 Semester. Innerhalb dieser ist ein praktisches Semester im Umfang von mindestens 22 Wochen integriert. Das praktische Studiensemester ist meist im 4. Semester abzuleisten. Während der praktischen Ausbildung findet qualifizierte Anleitung an der Hochschule sowie an der Praxisstelle vor Ort statt. Die praktische Ausbildung wird in dieser Zeit in gemeinsamer Verantwortung aller Beteiligten, d. h. Mitarbeitern der Hochschule, Lehrenden, Studenten und Fachkräften der Berufspraxis organisiert. Am Lernort Praxis übernimmt der Anleiter eine wichtige Rolle in der Mitverantwortung für eine qualitative praktische Ausbildung. Die Gestaltung des praktischen Ausbildungsabschnittes sowie die Rolle des Praxisanleiters stehen in engem Zusammenhang mit den Ausbildungszielen für das Studium der Sozialen Arbeit. Um auf die Praxisanleitung genauer eingehen zu können ist es erforderlich, sich mit den Zielen professioneller Sozialpädagogik zu beschäftigen. (vgl. Praxisorientierung im Studium der Sozialen Arbeit – Empfehlungen zur Praxisanleitung- Überarbeitete Beschlussvorlage der gemeinsamen Arbeitsgruppe für die Sitzung des Fachbereichstag Soziale Arbeit am 27./28. Oktober 2000, Hrsg. Bundes Arbeitsgemeinschaft der Praxisämter/-referate, Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik e. V., Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS), S. 3-4)

2.1 Definitionen

2.1.1 Terminus Modul

Ein Modul ist ein thematisch und zeitlich abgerundetes Stoffgebiet. Es kann verschiedene Lehr- und Lernformen enthalten. Der wesentliche Unterschied zu den Studienfächern vor der Einführung des Bachelorstudiengangs liegt in der konsequenten Kompetenzorientierung. Auf die Bedeutung des Begriffes Kompetenzorientierung gehe ich in Punkt 4.1 genauer ein. (vgl. Gregor, 2008, S. 3)

2.1.2 Terminus European Credit Transfer System (ECTS/Credit Points)

Studierende studieren Module und erwerben dafür Leistungspunkte nach dem European Credit Transfer System (ECTS). Für eine erfolgreiche Teilnahme an einem Modul erhalten die Studierenden ergänzend zur Note, eine festgelegte Anzahl von Leistungspunkten (Credits=CP). Pro Semester sind 30 Credits zu erwerben. Ein Credit bezeichnet dabei einen studentischen Arbeitsaufwand im Umfang von 30 Stunden. In jedem Semester muss ein Student circa 30 mal 30 Stunden für sein Studium aufwenden. Dies ergibt 900 Studienstunden. Bei dieser Berechnung wird von einem Vollzeitstudium ausgegangen. Dies ergibt eine durchschnittliche Wochenstudienzeit von circa 40-44 Stunden. Im 7-semestrigen Bachelor-Studiengang der Sozialen Arbeit müssen 210 Credits erworben werden.

2.1.3 Terminus Workload

Der Begriff Workload gibt den gesamten Zeitaufwand an, den ein Studierender für das jeweilige Modul zu erbringen hat. Hierzu zählt beispielsweise die Anwesenheit in der Lehrveranstaltung, Vorbereitung und Durchführung von Prüfungen/Referaten, Literaturstudium, Erstellen von Studienarbeiten, Vor- und Nachbereitung der Veranstaltung, Hospitationen, Exkursionen, Gruppenarbeiten, Lösung von Aufgaben, Tutorien und so weiter.

2.2 Ziele professioneller Sozialer Arbeit

Soziale Arbeit soll einzelne Menschen und Gruppen befähigen, ihr Leben sowie das Zusammenleben solidarisch und selbstbestimmt zu bewältigen. Hierbei wird das soziale Umfeld berücksichtigt und allgemeine Hilfe zur Lebensführung gegeben. Soziale Arbeit fördert die soziale und persönliche Kompetenz des Einzelnen und seines Umfeldes und erschließt Ressourcen und soziale Dienstleistungen. Ziel hierbei ist ein erleichterter Zugang und die Verbesserung von sozialen Hilfeleistungen. (DBSH u.a.: Wiener Deklaration, 1997, S. 6-8)

Zentrale Aufgaben der Sozialen Arbeit sind die Prävention, die Milderung und die Behebung sozialer Probleme und Benachteiligungen. Ebenso die Bearbeitung der sich daraus ergebenden Folgen. Hier können beispielsweise passende Freizeitangeboten sowie die politische Einflussnahme zur Veränderung von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen genannt werden. (vgl. Berufsbild des DBSH, 1998 und Geiser/Olbrecht, 1990)

Dies zeigt, dass Soziale Arbeit auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet. Zum einen in direktem Kontakt mit dem Klienten. Hier wird individuelle Hilfeleistung für den Einzelnen oder die Gruppe angeboten. Zweitens auf der strukturellen Ebene zur Verhinderung oder Beseitigung isolierender und diskriminierender Lebensbedingungen. Drittens findet Sozialpädagogik durch die Einflussnahme auf Rahmenbedingung, in denen Sozialpädagogik geleistet und unter denen Sozialpädagogik ermöglicht wird, statt. (vgl. unveröffentlichtes Skript zur Fortbildung Praxisanleitung – Qualifikation zur Ausbildung von PraktikantInnen im Rahmen eines praktischen Studiensemesters, 06.-08. März 2006 Fachhochschule Landshut)

2.3 Studienziele für das Bachelorstudium Soziale Arbeit

Das Praktikum innerhalb des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit dient dazu, eine primäre Professionskompetenz zu erwerben, welche im Praktikum herausgebildet werden kann. Diese Professionskompetenz beinhaltet zwei Elemente, welche eine professionelle Soziale Arbeit erst ermöglichen. (vgl. BundesArbeitsGemeinschaft der Praxisämtler/-referate, Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogk, e.V., Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS), Praxisorientierung im Studium der Sozialen Arbeit – Empfehlungen zur Praxisanleitung- Überarbeitete Beschlussvorlage der gemeinsamen Arbeitsgruppe für die Sitzung des Fachbereichstag Soziale Arbeit am 27./28. Oktober 1999) Hierunter fällt der Erwerb der Kompetenz zur Bewältigung von berufstypischen Herausforderungen im Bereich der Sozialen Arbeit. Dabei richtet sich der Blick auf die „Vermittlung der Fähigkeit zu abgekürzten Erkundungs- und Interpretationsverfahren, die am Ort des aktuellen Berufshandelns unmittelbar zum Einsatz gelangen und wissenschaftlich fundiert und angeleitet sind.“ (Schütze, 1979) Um dieses Ziel zu erreichen sind insbesondere die Fähigkeiten erforderlich, gestellte Aufgaben kritisch reflektieren zu können, Innovationsprozesse zu initiieren und die Herausbildung der Persönlichkeitskompetenz zu fördern.

Da Kennzeichen der Sozialen Arbeit die Ganzheitlichkeit und Interdisziplinarität sind, benötigen die zukünftigen Sozialarbeiter eine interdisziplinäre ökosoziale und psychosoziale wie auch sozialpolitische Sicht- und Betrachtungsweise sozialer Probleme. Deshalb müssen Studierende dazu befähigt werden, komplexe sozial-kulturelle und psycho-soziale Problemlagen von Menschen zu erkennen, diese zu analysieren und passende Handlungskonzepte zu erstellen, welche sich in der Praxis umsetzen lassen. (vgl. BundesArbeitsGemeinschaft der Praxisämtler/-referate, Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogk, e.V., Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS), Praxisorientierung im Studium der Sozialen Arbeit – Empfehlungen zur Praxisanleitung- Überarbeitete Beschlussvorlage der gemeinsamen Arbeitsgruppe für die Sitzung des Fachbereichstag Soziale Arbeit am 27./28. Oktober 1999) S. 5)

Die Studierenden sollen während ihres Studiums Grundkompetenzen erwerben, welche es Ihnen ermöglichen, den vielfältigen Problemlagen Ihres Klientels professionell zu begegnen. Diese werden folgend genauer beschrieben.

„Analysekompetenz: Eine dem Zeit- und Entscheidungsdruck professionellen Handelns angemessene Kompetenz zu abgekürzten Verfahren der Erkundung, Erklärung und Abwägung sozialer Prozesse auf der Basis einer einschlägigen sozialarbeitsspezifischen Theorie.

Handlungskompetenz: Fähigkeit, auf der Basis dieser Analyseergebnisse im Sinne eines Mandats für Adressaten Sozialer Arbeit Interventionsprozesse auf der Mikro- und Mesoebene initiieren und gestalten zu können, um so eine gelingende Lebensführung wieder bzw. weiter zu ermöglichen.

Persönlichkeitskompetenz: Hierzu gehört vor allem die Weiterentwicklung einer handlungsbezogenen professionellen Urteilskraft (Steigerung von Kommunikations- und Beziehungskompetenz, Wahrnehmungs-, Reflexions- und Deutungskompetenz, Selbst-Organisation).“ (BundesArbeitsGemeinschaft der Praxisämtler/-referate, Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogk, e.V., Fachbereichstag Soziale Arbeit (FBTS), Praxisorientierung im Studium der Sozialen Arbeit – Empfehlungen zur Praxisanleitung- Überarbeitete Beschlusßvorlage der gemeinsamen Arbeitsgruppe für die Sitzung des Fachbereichstag Soziale Arbeit am 27./28. Oktober 1999, S. 6)

3 Der praktische Studienabschnitt/Terminus Anleitung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege hat sich auf die folgende Definition von Anleitung verständigt:

„Praxisanleitung ist ein didaktisches Mittel in der berufsbezogenen Ausbildung von Sozialarbeiterinnen/Sozialpädagoginnen und kommt in den Praxisphasen zur Anwendung. Sie dient der Integration des Fachwissens und des beruflichen Könnens. Außerdem fördert sie die Entwicklung und Findung einer Berufsidentität. Schwerpunktmäßig ist die Praxisanleitung für die Praktikantin Begleitung bei der Einarbeitung in ein bestimmtes Arbeitsfeld der Sozialarbeit/ Sozialpädagogik, wobei auch persönliche Anteile der Praktikantin, soweit sie das berufliche Handeln beeinflussen, Berücksichtigung finden. Die Praxisanleitung unterstützt den Versuch, Zusammenhänge zwischen Theorie und Praxis herzustellen und fördert die Auseinandersetzung mit der Berufsrolle und dem beruflichen Handeln der zukünftigen Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin. Praxisanleitung umfasst Informationen, Einübung, Vertiefung und Verselbständigung.“ (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege: BAGFW 1989, S.11)

Der Studiengang Soziale Arbeit beinhaltet meist unterschiedliche Praktika, wie beispielsweise das Kurz- oder 48-Stunden-Praktikum sowie das hier genauer beschriebene Praxissemester. Allen Varianten gemeinsam ist, dass es sich im Kern immer um eine Ausbildungssituation handelt. In diesem Kapitel wird detailliert auf den praktischen Studienabschnitt eingegangen.

3.1 Kompetenzerwerb und Lernziele für den praktischen Studienabschnitt

Das Semesterpraktikum bietet wichtige praktische Lernchancen, welche von den Hochschulen nicht erbracht werden können. Den Studierenden wir die Möglichkeit geboten anhand realer Situationen eigene Sichtweisen kennen und reflektieren zu lernen sowie die Auswirkungen sozialarbeiterischen Handelns zu erfahren. Die Studierenden lernen das Handeln anderer Personen und die Auswirkungen äußerer Bedingungen einzuschätzen und zu bewerten. Sie können ihr theoretisch erworbenes Wissen mit der Praxis verknüpfen und anwenden. Ein optimales Lernen der Studierenden setzt bei allen an der Ausbildung Beteiligten voraus, dass die gegebene Verflechtung von Theorie und Praxis erkannt wird. Die Berufseignung kann durch eigenes Handeln, sammeln praktischer Erfahrungen und die Anwendung theoretischer Kenntnisse überprüft werden. Ebenso wird durch die Auseinandersetzung mit Werten und Normen sowie berufsethischen Grundsätzen der Prozess der beruflichen Sozialisation und Identität forciert. Durch eine sensible Praxisbegleitung lernen die Studierenden ihre persönlichen Anteile innerhalb von Hilfeprozessen kennen. Mit diesen grundsätzlichen Zielen während des praktischen Semesters wird der hohe Stellenwert der Praxis innerhalb des Gesamtstudiums deutlich. (vgl. Bernler/Johnson, 1995, S. 11ff)

Damit die angehenden Sozialarbeiter die nötigen beruflichen Kompetenzen erwerben, sollen im Praktikum besonders die Schlüsselqualifikationen Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz gefördert werden.

Fachkompetenz umfasst „Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, vor dem Hintergrund rechtlicher, gesellschaftlicher Rahmenbedingungen sowie einschlägiger Theorien, soziale Probleme deuten zu können und lösungsorientierte Verfahren professioneller Dienstleistung zu konzipieren.“ (Volk, 1996, S. 12)

Methodenkompetenz beinhaltet „Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die es ermöglichen, Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen. Dazu zählen angesichts der Komplexität sozialer Problemlagen und des Zeit- und Entscheidungsdrucks professionellen Handelns insbesondere die zielgerichtete Auswahl, Planung und Umsetzung von Lösungsstrategien.“ (Volk, 1996, S.12)

Mit Sozialkompetenz sind alle „Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten gemeint, welche dazu befähigen, in der Beziehung zu Mitmenschen situationsadäquat zu handeln. Neben Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit gehören dazu u.a. Konfliktfähigkeit und Einfühlungsvermögen sowie die Entwicklung einer handlungsorientierten professionellen Urteilskraft.“ (Volk, 1996, S.13)

Aus diesen beschriebenen Kompetenzen ergeben sich die nachfolgenden Lernziele für das praktische Studiensemester

3.1.1 Berufskompetenz

- Die komplexe Berufspraxis bei freien und öffentlichen Trägern der Sozialen Arbeit systematisch erfahren und zentrale sozialpädagogische Handlungsvollzüge der jeweiligen Arbeitsfelder erkennen und teilweise einüben;
- Die Adressatinnen der Praxisstelle und ihre gesellschaftlichen, regionalen, materiellen und persönlichen Probleme kennen- und beschreiben lernen; insbesondere auch deren Eigenkräfte erkennen, nutzen und fördern können;
- Kenntnis über andere im Berufsfeld tätige Institutionen, Dienste und Personen gewinnen, um eine ganzheitliche Hilfe anbieten zu können;
- Gesetzliche und institutionelle Angebote anwenden, ausschöpfen und verbessern;
- Mittel und Methoden fachlichen Handelns kennenlernen und im Sinne einer engagierten Rollendistanz zu erproben;
- Sozialwissenschaftliche Theorien in der beruflichen Praxis überprüfen. (vgl. Scherpner/ Richter-Markert/ Sitzenstuhl, 1992, S. 41f)

3.1.2 Berufsidentität

Dieser Sektor umfasst die grundlegende Ausformung eines beruflichen Habitus, der sich in der späteren Berufspraxis weiter ausprägen kann.

Die Studenten sollen

- In der jeweiligen Praxisstelle die Organisationsstruktur der Institution überschauen und Entscheidungsabläufe und Aufgabenverteilung nachvollziehen können;
- Sich mit eigenen Rollenträgern identifizieren bzw. auseinandersetzen und zu anderen Berufsrollen Abgrenzungen definieren können;
- Standards und berufsethische Prinzipien der Sozialen Arbeit in Vergleich und Abgrenzung zu anderen Berufsrollen erkennen und danach handeln;
- Das Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Institution und Erwartungen des Klientel erkennen und die Fähigkeit entwickeln, in diesem unaufhebbaren Widerspruch entsprechend berufsethischer Prinzipien zu handeln;
- Die Praxisanleitung konstruktiv nutzen, indem Lernprozesse regelmäßig reflektiert und ausgewertet werden, um so die persönliche und professionelle Urteilskraft zu steigern. (vgl. Scherpner/ Richter-Markert/ Sitzenstuhl, 1992, S.41f)

3.1.3 Reflexionskompetenz

Die Reflexionskompetenz ist Bestandteil der Entwicklung der beruflichen und Weiterentwicklung der persönlichen Identität. Die Studenten sollen:

- Ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung weiterentwickeln;
- Sich der Werte und Normen, die dem eigenen Handeln zu Grunde liegen, bewusst werden und deren Bedeutung einschätzen können;
- In der Lage sein, die Konsequenzen ihres Handelns einschätzen zu können. (vgl. Scherpner/ Richter-Markert/ Sitzenstuhl, 1992, S. 41f)

3.2 Voraussetzung zur Anerkennung von Praxisstellen

Damit eine Praxisstelle zum ersten Mal anerkannt wird, muss diese bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Hierunter fällt, dass die Praxiseinrichtung ein Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit sein muss, die Praktikumsstelle seit mindestens einem Jahr besteht und die Praxiseinrichtung aufgrund ihrer personellen und sachlichen Ausstattung für die praktische Begleitung der Studierenden geeignet ist. Damit das Praxissemester erfolgreich verläuft ist es des Weiteren unabdingbar, dass die Studierenden von einem fachlich qualifizierten und staatlich anerkannten Sozialpädagogen mit Berufserfahrung angeleitet werden und eine regelmäßige Praxisanleitung/Anleitungsgespräch stattfindet. Der anleitende Sozialpädagoge soll mehr als eine 50Prozent Stelle besetzen. Die Praxiseinrichtung soll dem Anleiter die Teilnahme an Fort- und Weiterbildung z.B. an Anleitertagen zur Entwicklung einer Anleitungskompetenz, ermöglichen. Es ist erforderlich, dass der Student die Möglichkeit zu selbständiger Arbeit und zur Teilnahme an betriebsinternen Veranstaltungen (Dienstbesprechung, Supervision, Konferenzen, Fortbildungen etc.) erhält. Die Praxisinstitution muss bereit sein, den Studenten für praxisbegleitende Veranstaltungen an der Hochschule freizustellen. Die Anerkennung als Praxisstelle soll regelmäßig – alle vier Jahre – überprüft werden. Damit eine erneute Anerkennung ausgesprochen werden kann, müssen die obigen Mindestkriterien erfüllt werden. Ebenso ist es sinnvoll die inhaltlich-organisatorische Ausgestaltung des Praktikums sowie die Kompetenzen der Anleiter nochmals zu prüfen. (vgl. Volk, 1996, S. 9)

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Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Kompetenzanforderungen an Praxisanleiter im Sozialwesen
Autor
Jahr
2016
Seiten
40
Katalognummer
V343773
ISBN (eBook)
9783668344808
ISBN (Buch)
9783668344815
Dateigröße
747 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziale Arbeit, Praxisanleiter, Kompetenzen, Berufspraxis, Ausbildung
Arbeit zitieren
Martina Kellner-Fichtl (Autor:in), 2016, Kompetenzanforderungen an Praxisanleiter im Sozialwesen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343773

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