Wege der Interessensvertretung bei öffentlichen Großprojekten


Fachbuch, 2016

54 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Autoren

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Basis
2.1 Öffentliche Großprojekte
2.2 Nonprofit-Organisationen
2.2.1 Verbände
2.2.2 Bürgerinitiativen
2.3 Planfeststellungsverfahren
2.4 Kriterien für die Bewertung der Wege zur Interessenvertretung
2.4.1 Effizienz
2.4.2 Kosten
2.4.3 Effektivität

3 Analyse der Interessenvertretung bei öffentlichen Großprojekten
3.1 Stuttgart 21
3.1.1 Chronik
3.1.2 Die verschiedenen Interessen bei Stuttgart 21
3.1.3 Analyse der angewandten Verfahren
3.1.3.1 Planfeststellungsverfahren
3.1.3.2 Bewertung des Planfeststellungsverfahrens
3.1.3.3 Bürgerbegehren
3.1.3.4 Bewertung des Bürgerbegehrens
3.1.3.5 Bildung einer Allianz
3.1.3.6 Bewertung von Allianzen
3.1.3.7 Demonstrationen
3.1.3.8 Bewertung von Demonstrationen
3.1.3.9 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
3.1.3.10 Bewertung von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
3.1.3.11 Schlichtungsverfahren
3.1.3.12 Bewertung des Schlichtungsverfahrens
3.2 Die Energiewende
3.2.1 Chronik
3.2.2 Die verschiedenen Interessen in der Energiewende
3.2.2.1 Vertreter Atomkraftwerkbetreiber
3.2.2.2 Vertreter alternative Energien
3.2.2.3 Vertreter Industrie
3.2.3 Analyse der angewandten Verfahren
3.2.3.1 Steuerung E-Wende
3.2.3.2 Monitoring auf Bundebene
3.2.3.3 Bewertung des Monitorings auf Bundesebene
3.2.3.4 Monitoring in Baden-Württemberg
3.2.3.5 Bewertung des Monitorings in Baden-Württemberg
3.2.3.6 Vergleich der beiden Monitoringarten
3.2.3.7 Bürgerdialog der Bundesnetzagentur zum Netzausbau
3.2.3.8 Bewertung des Bürgerdialogs
3.2.3.9 Politische Gespräche im Rahmen der Energiewende
3.2.3.10 Bewertung politischer Gespräche

4 Alternative Modelle der Interessensvertretung
4.1 Mediationsverfahren
4.2 Wurfsendungen und Aushang
4.2 Petition und Bürgerantrag

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Vorwort

Der Inhalt des Buches basiert auf einer mit sehr gut beurteilten Bachelorarbeit von Benno Speer an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen / Geislingen (HfWU), die vom Erstbegutachter Dieter Neumann ergänzt und überarbeitet wurde.

Die Autoren

Benno Speer B.Sc. studierte Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Im Rahmen seines Studiums vertiefte er sein Wissen über NPOs im Allgemeinen und Wirtschaftsverbände im Speziellen. Zudem ergänzte er das theoretische Wissen als Praktikant und Werkstudent in wirtschaftspolitischen Verbänden und Branchennetzwerken. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er als freier Journalist für Regionalzeitungen und war redaktionell verantwortlich für das Kundenmagazin der Stadtwerke Nürtingen.

Seit 2014 ist er Referatsleiter im Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie (LVI), dort verantwortet er das Referat Forschung - Technologie – Cluster. Ebenfalls seit 2014 ist er Netzwerkmanager des Forum Luft- und Raumfahrt Baden-Württemberg e.V., dem Branchenverband der Luft- und Raumfahrtindustrie im Südwesten Deutschlands. Ehrenamtlich referiert Benno Speer an verschiedenen Hochschulen über Verbandswesen/-Arbeit.

Dieter Neumann M.A. studierte Volkswirtschaft, Soziologie und Politologie an der Universität Bonn. Im Anschluss übernahm er mehrere journalistische Tätigkeiten in der Redaktion (Bonner Rundschau) und Öffentlichkeitsarbeit. Von 1978 bis 1986 war er Pressesprecher bei der Landesvereinigung der Niedersächsischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände e.V. (seit 1980 Unternehmerverbände Niedersachsen e.V.) und übernahm 1980 als Mitglied der Geschäftsführung die Leitung der Abteilungen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Bildungswesen und Volkswirtschaft/Statistik.

Als Verlagsleiter beim Dr. Curt Haefner-Verlag in Heidelberg (gehört seit 2005 zur Konradin Mediengruppe) hatte er bis zum Jahr 2013 die Chefredaktion unterschiedlicher Publikationen im Themenbereich Journalistik, Öffentlichkeitsarbeit, Verbandswesen (Non-Profit-Organisationen) inne. Bis zum Jahr 2011 war er darüber hinaus Pressesprecher der Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Deutschen Papierindustrie e.V. (VAP).

Als Lehrbeauftragter und Ehrensenator an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ist er in den Themenbereichen Journalistik, Öffentlichkeitsarbeit und Non-Profit-Organisationen tätig.

Seit dem Jahr 2013 ist er außerdem Verleger eines eigenen Verlages in Weinheim.

Abstract

Jedes öffentliche Großprojekt berührt die Belange einer Vielzahl heterogener Interessensgruppen, welche alle berücksichtigt werden wollen. Diese Arbeit analysiert, welche Möglichkeiten Nonprofit-Organisationen haben, um die Interessen ihrer Mitglieder bei solchen Großprojekten zu vertreten. Dazu werden das Bahnprojekt Stuttgart 21 und die deutsche Energiewende auf Wege der Interessenvertretung untersucht. Zusätzlich werden die untersuchten Verfahren nach zuvor erarbeiteten Kriterien bewertet.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Eine hochentwickelte Industrienation wie Deutschland befindet sich im stetigen Wandel. Unternehmen verändern sich, Städte verändern sich, gesellschaftliche und politische Ansichten ändern sich. Die Infrastruktur eines Landes ist ein gutes Abbild stetiger, teils massiver Veränderungen. Öffentliche Großprojekte werden geplant und umgesetzt.

Das Interesse der Bürger an solchen Projekten wird beständig stärker. Folglich tendieren die Gesellschaft und ihre Akteure zu immer mehr Einmischung im Rahmen von Großprojekten. Im Rahmen großer infrastruktureller Vorhaben treffen daher mehr und mehr heterogene Interessen aufeinander, welche in unterschiedlichster Weise organsiert und artikuliert werden. Aus diesem Grund entwickeln sich öffentliche Großprojekte zunehmend zu großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen am Standort Deutschland.

Eine entscheidende Rolle in diesem Spiel der Interessen nehmen Nonprofit-Organisationen (NPOs) in jeder Ausprägung ein. Meist stehen sich Bürgerinitiativen, Verbände, Verwaltung, Vereine, Politikvertreter und private Unternehmen gegenüber, präsentieren sich und versuchen, die breite Öffentlichkeit von ihrer jeweiligen Meinung zu überzeugen.

Diese Arbeit geht der Frage nach, welche Verfahren zur Interessenvertretung es gibt und wie diese angewandt werden. Wie können Meinungsvertreter den Interessen ihrer Klientel am besten Gehör verschaffen? Wobei es nicht nur darauf ankommt, die Öffentlichkeit zu überzeugen, sondern auch am Ende eines Interessenskonflikts „handfeste“ Erfolge vorweisen zu können.

Die Arbeit ist in fünf Teilabschnitte untergliedert. Im einleitenden Abschnitt wird kurz die in der Arbeit behandelte Thematik bzw. Problematik angesprochen sowie auf die Aktualität (Stand 2013) des Themas verwiesen. Der hierauf folgende Teil stellt die theoretische Basis dar, in welcher alle relevanten Begriffe definiert und erklärt werden. Danach folgt die Analyse verschiedener öffentlicher Großprojekte als der Hauptteil dieser Facharbeit. Am Beispiel des Projekts Stuttgart 21 und der deutschen Energiewende werden verschiedene Interessenvertretungen sowie deren Wege, ihre Interessen zu kommunizieren und durch zu setzten, analysiert. Im Anschluss werden weitere Verfahren vorgestellt, die bis dahin nicht untersucht wurden. Am Ende dieser Arbeit werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und weiterführende Forschungsfragen formuliert.

In dieser analytischen Arbeit wird davon abgesehen, Parteien in den Rahmen der NPOs einzuschließen. Parteien sind zwar Interessenvertretungen, besitzen jedoch spezifische Eigenschaften, welche sie deutlich von den hier untersuchten NPOs unterscheidet. An dieser Stelle sei unter anderem auf das Prinzipal Agent Problem verwiesen. Des Weiteren nimmt dieses Buch keinerlei Wertung in Bezug auf den Gegenstand der betrachteten Projekte vor.

2 Theoretische Basis

In diesem Kapitel wird die theoretische Basis beschrieben, auf welche die weitere Arbeit aufbaut Relevante Begriffe werden erklärt und die zur Analyse wichtigen Bewertungskriterien vorgestellt.

2.1 Öffentliche Großprojekte

In Kapitel 3 werden öffentliche Großprojekte (im Folgenden nur Großprojekt genannt) analysiert. Hierzu ist es notwendig, den Begriff des öffentlichen Großprojektes zu definieren.

In den meisten Fällen haben Großprojekte eine sehr lange Vorlaufzeit, bis sie realisiert bzw. gebaut werden.[1] Am Beginn steht die Projektidee, danach folgen Variantenuntersuchungen, Wirtschaftlichkeits- sowie Machbarkeitsstudien.[2] Erst wenn diese Schritte abgeschlossen sind, beginnt die endgültige Planung.[3]

In den verschiedenen Stadien der Planung kommt es laufend zu Änderungen verschiedenen Ausmaßes.[4] Zum einen können technische oder andere unerwartete Probleme auftauchen, zum anderen können Genehmigungsprozesse Änderungen erzwingen.[5] Dies führt zu zwei weiteren wichtigen Aspekten der meisten öffentlichen Großprojekte: Innovation bzw. technische Weiterentwicklung und politische Budgets bzw. Teilfinanzierung durch öffentliche Gelder.[6] Diese beiden Dinge können leicht im Konflikt zueinander stehen. Eine erstmals verwendete technische Weiterentwicklung kann beachtliche Risiken enthalten, welche unter Umständen zur Überschreitung des Kostenrahmens führen.[7] Unter anderem durch die Anteile der öffentlichen Hand an der Finanzierung stehen Großprojekte oft im Fokus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit.[8] Dem ist geschuldet, dass bei der Sprengung des Kostenrahmens das Interesse der Gesellschaft an solch einem Projekt stark ansteigt.

Ein weiteres Merkmal von Großprojekten ist die Vielzahl an Beteiligten, welche teils sehr heterogene Interessen und Definitionen des Projektziels haben. Um Probleme bei der Umsetzung zu vermeiden, sollten sich alle beteiligten Akteure im Voraus auf einen Konsens einigen. Dies wirkt sich auch positiv auf die öffentliche Meinung aus. Ein solcher Kreis von Beteiligten setzt sich in der Regel aus Mitarbeitern des Bauherren sowie Gutachtern, Baufirmen, Ingenieurbüros, Behörden und betroffenen Privatpersonen zusammen.[9] Hier können sich schnell mehrere Tausende Beteiligte summieren.[10]

2.2 Nonprofit-Organisationen

Innerhalb des Nonprofit-Sektors lassen sich viele verschiedene Arten von Organisationen finden. Für die vorliegende Arbeit sind Interessenvertretungen relevant. In einem demokratischen System, wie es in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird, finden sich verschiedene Arten von Nonprofit-Organisationen (NPOs), welche sich der Interessenvertretung widmen.

Als typische Organisationsformen für NPOs gelten in Deutschland u. a.:

- Eingetragene Vereine
- Gemeinnützige eingetragene Vereine
- Geselligkeitsvereine
- Stiftungen
- Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege
- Gemeinnützige GmbHs
- Gemeinnützige Aktiengesellschaften
- Gesellschaften bürgerlichen Rechts
- Gemeinnützige Genossenschaften
- Organisationen ohne Erwerbszweck
- Verbände des Wirtschafts- und Berufslebens
- Gewerkschaften
- Verbraucherorganisationen
- Selbsthilfegruppen
- Bürgerinitiativen
- Umweltschutzgruppen
- staatsbürgerliche Vereinigungen

[11]

Jede NPO zeichnet sich durch ein Zielsystem aus. Unter Ziel wird ein erstrebenswerter Zustand verstanden, welcher in der Zukunft liegt.[12] Dieses künftige Stadium betrifft unter Umständen mehre differenzierte Objektbereiche, Systeme sowie Systemteile.[13]

Das Zielsystem von NPOs hat als oberstes Ziel den Zweck ihrer Gründung, also eine Art Vision oder Mission.[14] Dieses Ziel kann oft nicht quantitativ gemessen werden und ist nur über verschiedene Wege zu erreichen, da sich unter anderem eine Mission aus einem Strauß verschiedenster Ziele zusammensetzt.[15] Macht man sich diesen Umstand bewusst, ist es offensichtlich, dass alle Aktivitäten einer NPO die Mission – den Zweck – im Fokus haben.[16] Der eingeschlagene Weg muss stets zur Erfüllung der Mission geeignet sein.[17] „NPOs möchten bei bestimmten Gruppen oder Personen - den Stakeholdern […] – Wirkungen erzielen, um ihre Mission zu erfüllen“.[18]

Dementsprechend müssen NPOs sich ihrer Ziele und ihrer Zielklientel bewusst sein, um in gewünschtem Maße ihre Beeinflussung zur Verhaltens- und/oder Zustandsänderung praktizieren zu können.[19] Beispielsweise kann die Verhinderung eines öffentlichen Großprojektes als Mission über verschiedenste Wege umgesetzt bzw. vorangetrieben werden. Je nachdem welcher Anspruchsgruppe man sich zuwendet, werden andere Vorgehensweisen gefordert.[20]

Die für diese Arbeit besonders wichtigen Arten von NPOs werden im Folgenden genauer beschrieben.

2.2.1 Verbände

Verbände sind Zusammenschlüsse von Einzelpersonen oder Körperschaften in der Rechtsform eines Vereins.[21] Der Sinn des Zusammenschlusses ist die Verfolgung gemeinsamer Interessen bzw. die Vertretung der gemeinsamen Interessen. Hauptakteure bei der Interessenvertretung in Deutschland sind große Interessenverbände, die von Bürgerinitiativen und Ähnlichem abzugrenzen sind.[22] Große Interessenverbände besitzen genug Macht, um für ihre materiellen oder ideellen Interessen gegenüber Staat und „gegnerischen“ Verbänden offensiv einzutreten.[23] In der vorliegenden Arbeit handelt es sich um Wirtschafts- und Umweltverbände.

2.2.2 Bürgerinitiativen

Wenn in dieser Arbeit von Bürgerinitiativen die Rede ist, dann ist darunter ein spontaner, zeitlich befristeter, ein spezielles Ziel verfolgender, loser Zusammenschluss von Personen zu verstehen.[24] Bürgerinitiativen sind kein homogener Typ politischer Organisationen. Der Fokus mancher Gruppen liegt in der Einflussnahme auf Entscheidungen von Staatsorganen (auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen), bei anderen ist die Bildung der Initiative eher eine Selbsthilfeaktion.[25] Wenn diese lockeren Zusammenschlüsse eine längere Zielverfolgung beabsichtigen, schließen sie sich meist zur Rechtsform eines eingetragenen Vereins zusammen, ebenso wie Verbände dies tun.

In Bürgerinitiativen schließen sich Bürger zusammen, welche sich von öffentlichen Planungsvorhaben, Entscheidungen oder anderen politischen Maßnahmen betroffen fühlen. Durch Selbsthilfe, durch Ausübung politischen Drucks und Beeinflussung der öffentlichen Meinung, verfolgen sie ihre Ziele.

Betrachtetet man die Vielfalt der Initiativen, so fällt auf, dass es protestierende, fordernde, fördernde und selbstlos arbeitende Initiativen gibt. Die in dieser Arbeit untersuchten Zusammenschlüsse sind meist protestierende Initiativen.

2.3 Planfeststellungsverfahren

Der Ablauf eines Planfeststellungsverfahrens ist im Verwaltungs-Verfahrens-Gesetz (VwVfG) geregelt. Der Beginn eines Planfeststellungsverfahrens ist demnach ein Verwaltungsverfahren, in dessen Zuge ein Planfeststellungsverfahren angeordnet werden kann. Wird ein Planfeststellungsverfahren durch eine Rechtsvorschrift angeordnet, so findet das gesamte VwVfG (mit wenigen Ausnahmen) Anwendung sowie im Speziellen §73-78.[26]

Zu Beginn des Planfeststellungsverfahrens wird ein sogenanntes Anhörungsverfahren eingeleitet. In diesem Verfahren reicht der Träger des Vorhabens den umzusetzenden Plan bei der Anhörungsbehörde ein.[27] „Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.“[28] Die Anhörungsbehörde holt nun Stellungnahmen all jener Behörden ein, die vom eingereichten Plan betroffen sind.[29] Des Weiteren sorgt die Anhörungsbehörde dafür, dass der vollständige Plan in den betroffenen Gemeinden ausgelegt wird.[30] Diese Aufgaben sind innerhalb eines Monats zu erledigen.[31] Die Gemeinden, die durch das Vorhaben berührt werden, müssen den Plan für die Dauer eines Monats für Einsichten zur Verfügung stellen und dies ortsüblich bekannt machen.[32] Der Plan muss wiederum nicht ausgelegt werden, wenn die Betroffenen der Gemeindeverwaltung bekannt sind „und ihnen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen“.[33] In diesem Stadium hat jeder, der durch das Vorhaben tangiert wird, die Möglichkeit, bei der Gemeinde oder der Anhörungsbehörde seine Einwände vorzutragen.[34] Die Frist zum Vorbringen von Einwänden endet zwei Wochen nach Ablauf der Einsichtsmöglichkeit.[35] Nach diesem Stichtag vorgebrachte Einsprüche sind nur bei außergewöhnlichen privatrechtlichen Titeln zu berücksichtigen.[36] Die erhobenen Einwände sowie die Stellungnahmen der Behörden werden anschließend mit dem Träger des Vorhabens, den Betroffenen, den Behörden sowie Personen mit Beanstandungen besprochen.[37] Dies geschieht beim sogenannten Erörterungstermin.[38] Die Art der Bekanntmachung dieses Termins variiert je nach Anzahl der Betroffenen. Die Besprechung der Einwände sollte spätestens drei Monate nach Beendigung der Einwendungsfrist abgeschlossen sein.[39] Wird im Rahmen der Erörterung der vorgelegte Plan geändert, so ist wieder die Möglichkeit der Stellungnahme zu gewähren.[40] Ist das Anhörungsverfahren abgeschlossen, gehen eine Stellungnahme der Anhörungsbehörde nebst eingereichtem Plan und eventuelle nicht berücksichtigte Einwendungen der Planfeststellungsbehörde zu.[41]

Die Planfeststellungsbehörde erarbeitet nun einen Planfeststellungsbeschluss, in dem über die nicht berücksichtigten Einwendungen entschieden wird.[42] Zusätzlich wird in diesem Prozess festgelegt, ob der Träger des Vorhabens Vorkehrungen treffen muss, um Nachteilen vorzubeugen oder um das Wohl der Allgemeinheit zu schützen.[43] Können solche Vorkehrungen nicht mit dem Vorhaben in Einklang gebracht werden, so hat der Betroffene das Recht auf eine monetäre Entschädigung.[44] Der Planfeststellungsbeschluss wird in den Gemeinden 14 Tage zur Einsicht ausgelegt sowie dem Träger, den bekannten Betroffenen und den Personen, über deren Einwände entschieden wurde, zugesandt.[45] Dieser Schritt wird verändert, wenn mehr als 50 Zustellungen nötig sind.[46] In solch einem Fall wird die Zustellung durch eine öffentliche Bekanntmachung ersetzt.[47] Innerhalb der Rechtsbehelfsfrist können nun nochmals Einwände erhoben werden.[48] Geschieht dies nicht, ist der Plan festgestellt.[49]

Nach der Planfeststellung gilt das Vorhaben als zulässig, nebst allen nötigen Folgemaßnahmen.[50] Durch die Planfeststellung ist die Notwendigkeit anderer behördlicher Entscheidungen nicht mehr erforderlich.[51] Alle öffentlich-rechtlichen Verbindungen zwischen Träger und Betroffenen werden durch die Planfeststellung geregelt.[52] Sollten Mängel am Ergebnis des Verfahrens festgestellt werden, müssen diese so gravierend sein, dass sie das Ergebnis verändert hätten.[53] Ist dies der Fall, kann eine Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren eingeleitet werden.[54] Erst wenn diese Mittel nicht mehr funktionieren, kann dies zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen.[55] Im nächsten Schritt wird der Beschluss unanfechtbar.[56] Die Unterlassung der Planumsetzung ist nun nicht mehr möglich.[57] Existieren nun noch unvorhersehbare Folgen, kann ein Betroffener Maßnahmen verlangen, die diese negativen Folgen ausschließen.[58] Ist es nicht möglich, Maßnahmen gegen negative Folgen zu treffen, so entsteht ein Anspruch auf monetäre Entschädigung.[59] Die Geltendmachung von Ansprüchen kann nur erfolgen, wenn die Ansprüche innerhalb von drei Jahren nach bekannt werden der negativen Folge geäußert werden.[60] Wird der Plan nicht innerhalb von fünf Jahren nach Erlangen der Unanfechtbarkeit umgesetzt, so erlischt er.[61] Soll nun der Plan nochmals vor Fertigstellung des Vorhabens verändert werden, so kann von einem neuen Planfeststellungsverfahren abgesehen werden; aber nur unter der Voraussetzung, dass die Änderung unbedeutend ist und von den Betroffenen befürwortet wird oder die Interessen Dritter nicht berührt.[62] In allen anderen Fällen ist ein erneutes Planfeststellungsverfahren erforderlich.[63] Bei Abbruch der Durchführung eines Projekts hebt die Planfeststellungsbehörde ihren Plan auf, und der Träger muss den ursprünglichen Zustand wieder herstellen, soweit dies zum Wohl der Allgemeinheit notwendig ist.[64]

2.4 Kriterien für die Bewertung der Wege zur Interessenvertretung

Im Folgenden werden die Kriterien erklärt, mit deren Hilfe in der nachfolgenden Analyse die Verfahren zur Interessenvertretung bewerten werden. Die Kriterien sollen eine volkswirtschaftliche Wertung der analysierten Verfahren ermöglichen.

2.4.1 Effizienz

Unter Effizienz versteht man ein Bewertungskriterium, das klären soll, ob eine bestimmte Maßnahme zur Erreichung eines angestrebten Ziels sinnvoll ist.[65] Ist ein Weg zur Interessenvertretung sehr effizient, so bedeutet dies, dass das Verfahren schnell und einfach zum gewünschten Ziel führt.

Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass es im Bereich der Interessenvertretung bei öffentlichen Großprojekten seitens eines Akteurs meist verschiedene Ziele gibt und diese nicht immer alle im gleichen Maß erreicht werden können. Es ist daher wichtig, einen möglichst hohen Erfüllungsgrad, bis hin zur kompletten Zielerreichung, anzustreben.

2.4.2 Kosten

Kosten entstehen bei allen Verfahren, lediglich die Höhe der Kosten variiert. Da Interessenvertretungen vorwiegend nicht über unbegrenzte Mittel zur Praktizierung ihrer Arbeit verfügen, ist es wichtig, dass sie einen kostengünstigen Weg wählen. Kosten existieren bei der Interessenvertretung hauptsächlich in Form von Zeitaufwand und monetärem Aufwand. Auf diese zwei Kostenarten werden die Wege der Interessenvertretung untersucht. Da es für die Kosten eines Verfahrens keine Belege gibt, wird der Verfasser den Zeit- und Geldaufwand schätzen und bewerten.

2.4.3 Effektivität

Das dritte Kriterium, nach dem die Verfahren bewertet werden, ist die Effektivität. Die Effektivität ist ein „[…] Beurteilungskriterium, mit dem sich beschreiben lässt, ob eine Maßnahme geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel zu erreichen.“[66] Im Unterschied zur Effizienz geht es bei der Bewertung der Effektivität um die Frage, ob ein Weg überhaupt zum Ziel führen kann. Ob es sinnvoll ist, diesen Weg zu wählen, wird dabei nicht berücksichtigt.

3 Analyse der Interessenvertretung bei öffentlichen Großprojekten

n diesem Kapitel werden das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 und die deutsche Energiewende auf ihre Möglichkeiten zur Interessenvertretung untersucht. Die beiden Analysen gleichen sich nicht in ihrem Aufbau. Dies hat den Grund, dass es sich bei dem Projekt Energiewende um ein bundesweites Umbauprogramm sowie einen gesellschaftlichen Konsens (Energiewende) handelt, wobei die Frage eher auf dem „wie“ der Umsetzung liegt. Bei Stuttgart 21stellt sich hingegen die Frage, „ob“ es umgesetzt werden sollte bzw. in der geplanten Weise umgesetzt werden muss.

Bei beiden Projekten wird auf Grund der Vielzahl von beteiligten Interessenvertretungen stets nur eine Auswahl berücksichtigt. Es wird versucht die relevantesten und größten Interessensvertretungen zu wählen.

Die Grundstrukturen der beiden Analysen weisen jedoch folgende Gemeinsamkeiten auf: Zuerst wird das jeweilige Projekt in einer Chronik umrissen, anschließend werden die verschiedenen Interessen kurz vorgestellt. Danach folgt die Analyse der Möglichkeiten zur Interessenvertretung, diese werden dann mittels der vorgestellten Kriterien Effizienz, Kosten und Effektivität bewertet.

3.1 Stuttgart 21

Im Folgenden Kapitel wird das Projekt Stuttgart 21 beschrieben und auf seine Möglichkeiten der Interessenvertretung untersucht. Das Projekt wird von der Deutschen Bahn AG geleitet und ist daher, trotz Finanzierungsträgern aus dem öffentlichen Sektor, ein privatwirtschaftliches Projekt.

3.1.1 Chronik

Bereits im April 1994 wurde von Vertretern der baden-württembergischen Landesregierung und Vertretern der Deutschen Bahn AG eine Machbarkeitsstudie für einen neuen Stuttgarter Hauptbahnhof vorgestellt.[67] Schon damals sah der Plan vor, einen unterirdischen Bahnhof für Stuttgart zu gestalten.[68] Die Verantwortlichen übertrafen sich an Lob für das Projekt. Es folgte eine „Öffentliche Vorstellung der Ideenskizze zu Stuttgart 21 am 18.4.1994“, so der damalige Oberbürgermeister Manfred Rommel.[69]

Im Januar 1995 folgte die Präsentation des Konzepts für den Tiefbahnhof.[70] Die Investitionssumme wurde auf 4,8 Mrd. Deutsche Mark geschätzt, der Abschluss des Projekts sollte bereits im Jahr 2010 sein.[71] Die ersten Kritiker des Projekts waren das Bündnis 90/die Grünen und die Republikaner.[72] Am 4. April 1995 folgte, laut Manfred Rommel, die „Einladung zur Ideenwerkstatt S21“, im darauffolgenden September dann die „mehrwöchige Ausstellung der Ergebnisse der Ideenwerkstatt S21“.[73] Bereits im November desselben Jahres wurden die Rahmenvereinbarungen zur Finanzierung von Bundes-, Landes-, Stadt- und Bahnvertretern unterschrieben.[74]

Anfang des Jahres 1996 bildete sich die Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21“. Mitbegründer dieser Initiative war ein ehemaliger Bündnis 90/die Grünen-Stadtrat.[75] Flugblätter wurden verteilt und Unterschriften gegen das geplante Projekt gesammelt.[76] Kritiker beanstandeten, die Bürger würden zu wenig in die Planung mit einbezogen.[77] Diese Kritik wurde jedoch von den Verantwortlichen abgewehrt.[78] Unter anderem antwortete Manfred Rommel: „Stuttgart 21 ist keine kommunale Angelegenheit und kann deshalb nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids nach der Gemeindeordnung sein. Die Forderung, über Stuttgart 21 solle das Volk abstimmen, klingt demokratisch, ist es aber nicht.“[79] Begründet wurde dies damit, man wisse nicht genau, welches Volk zu entscheiden habe, Bundes-, Landes- oder Stuttgarter Volk.[80]

Ende 1997 gewann ein Düsseldorfer Architektenbüro die Ausschreibung des Bahnhof-Projekts.[81] Zudem brachen die ersten heftigen Diskussionen über Superkoordinator und Bürgerentscheid zwischen verschiedenen politischen Lagern aus.[82] Ebenso wurde eine Studie in Auftrag gegeben, welche sich auf das Grundwassermanagement bezog.[83] Das Ergebnis dieser Studie war die Ausschließung der Gefährdung der Heilquellen bei einer Begrenzung der Gründungstiefe des Baukörpers.[84] Durch eine rot-grüne Bundesregierung mit wenig Interesse an der Finanzierung eines Bahnhofs in Stuttgart kam das Großprojekt beinahe zum Erliegen.[85] Die Planungsgruppe schrumpfte von 80 auf 20 Personen.[86]

Mitte des Jahres 1997 erwog die Deutsche Bahn AG, das Projekt in Hauptbahnhof Stuttgart und Neubaustrecke Ulm zu splitten.[87] Des Weiteren sollten, laut der Deutschen Bahn AG, die Risiken fairer verteilt werden.[88] Das Projekt wurde im Zuge dessen wieder angefahren.[89] Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Regionalverband Stuttgart und der Stuttgarter Flughafen sicherten dem Projekt finanzielle Unterstützung zu.[90] Für die Geldgeber war klar, dass der Hauptbahnhof und die Neubaustrecke zusammen realisiert werden sollten.[91]

Nach einer langen Pause ging es 2001 wieder mit größeren Schritten voran. Nach der Einigung von Bund und Land auf eine Vorfinanzierung wurden die Rahmenbedingungen aus dem Jahre 1995 um eine Ergänzungsvereinbarung erweitert.[92] Die neu veranschlagten Kosten beliefen sich auf 8 Mrd. Deutsche Mark.[93] Im Oktober 2001 wurde das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, im darauffolgenden Dezember kaufte die Stadt Stuttgart der Deutschen Bahn AG die ersten Grundstücke ab.[94]

Im April 2003 wurde im Canstatter Kursaal ein Erörterungstermin für die Talquerung und den Filderaufstiegstunnel veranstaltet.[95] Die Öffentlichkeit nahm den Termin wahr und 250 Bürger konferierten mit, Zeitungen widmeten dieser Veranstaltung Sonderseiten.[96] Gegen Tunnel und Tiefbahnhof gab es insgesamt rund 5.200 Einwände.[97] Die eingereichten Klagen wurden von den zuständigen Gerichten jedoch abgewiesen.[98]

Die Stuttgart betreffenden Planfeststellungsverfahren wurden 2005 abgeschlossen und 2007 rechtskräftig.[99] Die Vorbereitung zog sich auf Grund der nicht gesicherten Finanzierung bzw. Kosten in die Länge. Das Planfeststellungsverfahren wurde davon allerdings nicht tangiert.[100] Im Jahr 2006 hätte man mit dem Bau beginnen können, aber noch immer war die Finanzierung nicht sicher.[101] Im Juli des darauffolgenden Jahres einigte man sich über die Finanzierung und Risikoabsicherung, schriftlich festgehalten wurde diesbezüglich jedoch noch nichts.[102] Gegen Ende des Sommers 2007 wurde ein Bürgerbegehren gegen das Projekt organsiert.[103] Mitte November konnten insgesamt 67.000 Unterschriften von Projektgegnern abgegeben werden.[104] Ende des Jahres 2007 wurde von Rechtsgutachtern der Stadt festgestellt, dass das Bürgerbegehren ungesetzlich wäre.[105] Die Begründung der Rechtsgutachter war, dass Gemeinderatsbeschlüsse innerhalb von sechs Wochen nach ihrem Beschluss angezweifelt werden müssten.[106] Die entsprechenden Grundsatzbeschlüsse aus den Jahren 1995 und 2001 waren somit verjährt.[107] Im Jahr 2009 wurde das vorherrschende Informationsdefizit von den Trägern registriert.[108]

Im Februar 2010 plakatierte die Deutsche Bahn AG das Gleisvorfeld mit dem Slogan: „Auf die Gleise fertig los“.[109] Bereits beim ersten Spatenstich demonstrierten zahlreiche Projektgegner.[110] Je weiter das Bauprojekt umgesetzt wurde, desto mehr Projektgegner trieb es auf die Straße[111]. Nach der Eskalation der Proteste im September 2010 wurde Heiner Geißler als Schlichter berufen, um die beiden erhärteten Lager zu einem Konsens zu bewegen.[112] Heiner Geißler, Bundesminister a.D. und CDU-Mitglied, konnte hierbei auf seine Erfahrungen als Schlichter bei Tarifkonflikten zurückgreifen. Nach neun Gesprächsrunden wurde am 30.11.2010 der Schlichterspruch beschlossen. Danach folgte der Wechsel der Landesregierung (von Schwarz(CDU)-Gelb(FDP) zu Grün(Bündnis 90/Die Grünen)-Rot(SPD)) durch reguläre Landtagswahlen im Frühjahr 2011. Im November 2011, ein Jahr nach Heiner Geißlers Schlichterspruch, erfolgte eine Volksabstimmung über das „Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S21 Kündigungsgesetz)“.[113] Das Ergebnis der Abstimmung verlief eindeutig, denn 58,9% der gültigen Stimmen sprachen sich gegen das Gesetz und somit für den Weiterbau des Projekts Stuttgart 21 aus.[114]

Nach den Oberbürgermeisterwahlen in Stuttgart im Oktober 2012 äußerte sich der designierte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) zu Stuttgart 21.[115] Er wäre der Ansicht, dass im Falle weiterer Kostensteigerungen, welche die Stadt Stuttgart mitfinanzieren solle, ein Bürgerentscheid zu veranlassen sei.[116] Dieser sollte die Entscheidung bringen, ob sich die Stadt Stuttgart an den Mehrkosten beteiligt.[117] Im Juni 2016 zogen S21-Gegner vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, um einen Bürgerentscheid zum Ausstieg der Stadt aus dem umstrittenen Projekt zu erreichen.[118] Dort scheiterten die Kläger in dritter Instanz. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage ab. Das privatisierte Eisenbahnunternehmen DB Netz AG agierte als sogenanntes Wirtschaftsunternehmen. Der Bau des Bahnhofes sei damit nicht mehr Aufgabe des Bundes. Deswegen greife Paragraf 104a des Grundgesetzes, auf welchen sich die Kläger bei Stuttgart 21 beriefen. Die Beteiligung des Landes und der beklagten Stadt an der Finanzierung von S21 sei folglich keine unzulässige Mitfinanzierung fremder öffentlicher Aufgaben.[119] Ende Oktober 2016 sollten im Stuttgarter Rathaus größere öffentliche Runden zu S21 stattfinden. Bereits im Vorfeld sahen sich die S21 Gegner benachteiligt und waren sich sicher, sie (die Projektgegner) sollen ruhig gestellt werden.[120] Es scheint sicher, dass die Diskussion um den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs und die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm noch nicht zu Ende ist, auch wenn das Thema aus der medialen Wahrnehmung weitestgehend verschwunden ist (Stand Herbst 2016).

3.1.2 Die verschiedenen Interessen bei Stuttgart 21

Im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 sind die Interessen in zwei Lager aufgeteilt. Zum einen gibt es die Projektbefürworter, zum anderen die Projektgegner. Die Projektbefürworter pochen bei ihren Augmentationen auf die infrastrukturelle Weiterentwicklung des Bahnknotenpunktes Stuttgart sowie auf die Erweiterung des Schlossgartens und die Erschließung neuen Baulandes auf dem alten Gleisfeld. Des Weiteren berufen sie sich auf die rechtliche Legitimation, die den Projektträgern auf Grundlage des abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens zugesichert wurde.

Im Gegenzug argumentieren die Projektgegner, dass durch das Projekt der Schlossgarten zerstört würde und keine Weiterentwicklung des Bahnknotenpunktes stattfinde. Weitere Argumente der Projektgegner sind die Ausgaben, welche bereits mehrere Male den ursprünglich vereinbarten Kostenrahmen überschritten haben. Ferner bemängeln die Projektgegner verschiedene Abschnitte des Bauplans, beispielsweise in Bezug auf das Grundwassermanagement. Als Alternative bieten die Projektgegner das Projekt Kopfbahnhof 21an.

3.1.3 Analyse der angewandten Verfahren

Im Nachfolgenden werden die einzelnen Möglichkeiten, die den Interessenvertretern zur Einbringung ihrer Interessen im Rahmen dieses Projektes offen standen, analysiert und bewertet.

3.1.3.1 Planfeststellungsverfahren

In Kapitel 2.3 wurden bereits die Funktion und der Ablauf eines Planfeststellungsverfahrens sowie die Wege, um sich und seinen Anliegen in solch einem Verfahren eine Stimme zu verleihen, beschrieben. Zum einen gibt es die Möglichkeit eines Einwandes, zum anderen den Weg einer direkten Klage. Im Folgenden wird untersucht, in welcher Weise sich verschiedene Interessenvertretungen in diese Stufe des Projektes einbrachten.

Gemäß den gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden die Planunterlagen des Projektes in der Zeit vom 01.09.2003 bis 30.09.2003 öffentlich in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart ausgelegt.[121] Zeitgleich wurde das Anhörungsverfahren gestartet, dessen Einwendungsfrist am 14.10.2003 endete.[122] Zusätzlich hat das Regierungspräsidium Stuttgart „[…] den Trägern öffentlicher Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 19.08.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.11.2003 gegeben“.[123] So sollte der Öffentlichkeit die Chance gegeben werden, sich ein Bild über die Umweltauswirkungen zu machen und dazu Stellung zu beziehen.[124] Unter anderen beteiligten sich folgende Interessenvertretungen im Anhörungsverfahren:

- Verband Region Stuttgart
- Industrie und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart
- Pro Bahn Landesverband Baden-Württemberg e.V.
- Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V.
- Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland

Landesverband Baden Württemberg e.V.

- Naturschutzbund Deutschland Gruppe Stuttgart e.V.
- Leben in Stuttgart e.V.

[125]

Während des Anhörungsverfahrens wurde von einem Zusammenschluss mehrerer Interessenvertretungen (BUND, Bündnis „Umkehr Stuttgart“, Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart: Kein Stuttgart 21“) eine alternative Variante des Projekts unter dem Titel „Kopfbahnhof 21“ (K 21) präsentiert.[126] Dieser Gegenvorschlag wurde jedoch innerhalb des weiteren Verfahrens aus verschiedenen Gründen verworfen. Im weiteren Verlauf des Projektes wurde K 21 allerdings immer wieder von S 21 Gegnern als sinnvolle Alternative propagiert. Die Einbringung des alternativen Vorschlages „Kopfbahnhof 21“ ist ein Beispiel dafür, wie sich Interessengruppen innerhalb des Planfeststellungsverfahrens einbringen können.

[...]


[1] Adami; Marketakis: S. 1

[2] Adami; Marketakis: S. 1

[3] Adami; Marketakis: S. 1

[4] Adami; Marketakis: S. 1

[5] Adami; Marketakis: S. 1

[6] Adami; Marketakis: S. 2

[7] Adami; Marketakis: S. 2

[8] Adami; Marketakis: S. 2

[9] Adami; Marketakis: S. 2

[10] Adami; Marketakis: S. 2

[11] Neumann (2011): S. 17-18

[12] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[13] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[14] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[15] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[16] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[17] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[18] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[19] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[20] Bandelt; Meyer; Sisma (2007): S. 179

[21] Neumann (2011): S. 21

[22] Neumann (2011): S. 38

[23] Neumann (2011): S. 38

[24] Holtmann (2005): S. 557

[25] Holtmann (2005): S. 557

[26] §72 VwVfG

[27] §73 VwVfG

[28] §73 VwVfG

[29] §73 VwVfG

[30] §73 VwVfG

[31] §73 VwVfG

[32] §73 VwVfG

[33] §73 VwVfG

[34] §73 VwVfG

[35] §73 VwVfG

[36] §73 VwVfG

[37] §73 VwVfG

[38] §73 VwVfG

[39] §73 VwVfG

[40] §73 VwVfG

[41] §73 VwVfG

[42] §74 VwVfG

[43] §74 VwVfG

[44] §74 VwVfG

[45] §74 VwVfG

[46] §74 VwVfG

[47] §74 VwVfG

[48] §74 VwVfG

[49] §74 VwVfG

[50] §75 VwVfG

[51] §75 VwVfG

[52] §75 VwVfG

[53] §75 VwVfG

[54] §75 VwVfG

[55] §75 VwVfG

[56] §75 VwVfG

[57] §75 VwVfG

[58] §75 VwVfG

[59] §75 VwVfG

[60] §75 VwVfG

[61] §75 VwVfG

[62] §76 VwVfG

[63] §76 VwVfG

[64] §77 VwVfG

[65] Gabler Verlag (2012b)

[66] Gabler Verlag (2012c)

[67] Soldt (2010)

[68] Pagel (2010)

[69] Soldt (2010)

[70] Soldt (2010)

[71] Soldt (2010)

[72] Soldt (2010)

[73] Soldt (2010)

[74] Soldt (2010)

[75] Soldt (2010)

[76] Soldt (2010)

[77] Soldt (2010)

[78] Soldt (2010)

[79] Soldt (2010)

[80] Soldt (2010)

[81] Pagel (2010)

[82] Soldt (2010)

[83] Soldt (2010)

[84] Soldt (2010)

[85] Soldt (2010)

[86] Soldt (2010)

[87] Soldt (2010)

[88] Soldt (2010)

[89] Soldt (2010)

[90] Pagel (2010)

[91] Pagel (2010)

[92] Soldt (2010)

[93] Soldt (2010)

[94] Pagel (2010)

[95] Soldt (2010)

[96] Soldt (2010)

[97] Soldt (2010)

[98] Soldt (2010)

[99] Soldt, Rüdiger (2010)

[100] Soldt, Rüdiger (2010)

[101] Soldt, Rüdiger (2010)

[102] Soldt, Rüdiger (2010)

[103] Soldt, Rüdiger (2010)

[104] Soldt, Rüdiger (2010)

[105] Soldt, Rüdiger (2010)

[106] Soldt, Rüdiger (2010)

[107] Soldt, Rüdiger (2010)

[108] Soldt, Rüdiger (2010)

[109] Soldt, Rüdiger (2010)

[110] Soldt, Rüdiger (2010)

[111] Soldt, Rüdiger (2010)

[112] Soldt, Rüdiger (2010)

[113] Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2011)

[114] Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2011)

[115] Ohne Verfasser, Hrsg. Die Welt online (2012)

[116] Ohne Verfasser, Hrsg. Die Welt online (2012)

[117] Ohne Verfasser, Hrsg. Die Welt online (2012)

[118] Schwarz (2016)

[119] Ohne Verfasse, Hrsg. Die Zeit (2016)

[120] Schwarz (2016)

[121] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 162

[122] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 162

[123] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 162

[124] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 163

[125] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 163-165

[126] Eisenbahn-Bundesamt (2006): S. 205

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Wege der Interessensvertretung bei öffentlichen Großprojekten
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen; Standort Nürtingen
Veranstaltung
Nonprofit Ökonomie und Management
Note
1,3
Autoren
Jahr
2016
Seiten
54
Katalognummer
V343721
ISBN (eBook)
9783668346987
ISBN (Buch)
9783668346994
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wege, interessensvertretung, großprojekten
Arbeit zitieren
Dieter Neumann (Autor:in)Benno Speer (Autor:in), 2016, Wege der Interessensvertretung bei öffentlichen Großprojekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343721

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wege der Interessensvertretung bei öffentlichen Großprojekten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden