Möbelindustrie 2030. Entwicklung plausibler und konsistenter Zukunftsszenarien mit Berücksichtigung von additiven Fertigungsverfahren


Masterarbeit, 2016

109 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Relevanz und Forschungsnutzen
1.2 Forschungsfragen und -thema
1.3 Nicht-Ziele
1.4 Forschungsdesign und Vorgehen
1.5 Definition und Eingrenzung „Möbelindustrie“

2 Grundlagen
2.1 Status quo
2.2 Methodenauswahl
2.3 Szenariotechnik
2.3.1 Definition und Begriffsabgrenzung
2.3.2 Vorgehensweise
2.3.3 Kontroverse - Zukunftsforschung/Trendforschung
2.4 Megatrends
2.5 Additive Fertigungsverfahren
2.5.1 Definition und Begriffserläuterung
2.5.2 Funktionsweise (Kurzbeschreibung)
2.5.3 Strategische und wirtschaftliche Aspekte
2.5.4 Einsatzfelder von additiven Fertigungsverfahren

3 Szenario-Vorbereitung

4 Szenariofeld-Analyse: Einflussfaktoren
4.1 Einflussbereich
4.2 Vorgehen
4.3 Additive Fertigung
4.4 Megatrends

5 Szenariofeld-Analyse und Status quo: Befragung
5.1 Zielsetzung der Befragung
5.2 Aufbau des Fragebogens und Kontaktaufnahme
5.3 Pretest
5.4 Datenauswertung der quantitativen Befragung
5.4.1 Zusammensetzung der Teilnehmer
5.4.2 Einflussfaktoren
5.4.3 Status quo „additive Fertigung in der Möbelindustrie“

6 Szenariofeld-Analyse: Schlüsselfaktoren
6.1 Schlüsselfaktorenauswahl

7 Projektions-Entwicklung
7.1 Merkmale der Schlüsselfaktoren
7.2 Projektionskatalog
7.3 Expertenbefragung
7.4 Ergebnisse der Expertenbefragung

8 Szenario-Bildung

9 Szenario-Transfer
9.1 Szenario A
9.2 Szenario B
9.3 Szenario C
9.4 Szenario D
9.5 Wild-Cards

10 Schlussbetrachtung

IV. Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Unser gesellschaftliches und wirtschaftliches System unterliegt einem ständigen Wandel, dessen Tempo in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat. Anhaltende Trends verändern die Märkte und machen diese dynamischer und volatiler als jemals zuvor. Für Führungskräfte ist es unerlässlich die Unternehmensstrategien zukunftsorientiert zu gestalten, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Die Möbelindustrie in Deutschland zeichnet sich, im Vergleich zu anderen Branchen durch ein eher träges Innovationsverhalten aus. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind vier konsistente und plausible Zukunftsszenarien der Möbelindustrie 2030, welche unter Berücksichtigung der Zukunftstechnologie der additiven Fertigungsverfahren entwickelt wurden. Der Prozess zur Entwicklung der Szenarien wird in dieser Arbeit beschrieben. Dabei ist der erste Schritt die Szenariofeld-Vorbereitung, bei der das Ziel und die Rahmenbedingungen der Szenario-Technik für die Anwendung im Rahmen dieser Arbeit definiert werden. Zur Auswahl der geeigneten Schlüsselfaktoren dient die Szenario-Analyse. Dabei wird eine Vielzahl von Einflussfaktoren aus dem nahen und fernen Umfeld, Megatrends sowie additiven Fertigungsverfahren zu 16 Schlüsselfaktoren verdichtet. Um diese Verdichtung zu validieren, wurden Unternehmen der Möbelindustrie befragt und die Ergebnisse in die Schlüsselfaktorenauswahl einbezogen. Die ausgewählten Schlüsselfaktoren dienen als Basis für die Bildung von Zukunftsprojektionen. Alle Zukunftsprojektionen wurden durch eine Expertenbefragung hinsichtlich der Eintritts- wahrscheinlichkeit und Auswirkungsintensität bewertet. Durch die Szenario-Bildung erfolgte die Kombination der Zukunftsprojektionen zu vier konsistenten und plausiblen Zukunftsszenarien. Der Szenario-Transfer beschreibt diese vier Szenarien, zeigt Chancen und Risiken auf und gibt allgemeine Handlungsempfehlungen für Unternehmen der Möbelindustrie in Deutschland. Zur Validierung der Szenarien werden die Bewertungen der Expertenbefragung aufgeführt. Jedes Szenario wird auf zwei Seiten als eine Art „Management Summary“ dargestellt. Zusätzlich werden vier Wild-Cards (Störereignisse) dargestellt, die bei der Strategieentwicklung mit einbezogen werden können. Die Schlussbetrachtung erläutert weshalb additive Fertigungsverfahren das Potential besitzen, die Möbelindustrie zu verändern und neue Geschäftsmodelle zu schaffen. Zusätzlich werden Handlungsempfehlungen genannt, wie die Möbelindustrie auf additive Fertigungsverfahren reagieren sollte, um deren Potentiale zu nutzen. Dies kann zu einer signifikanten Steigerung des Innovationsgrads der Möbelindustrie in Deutschland führen.

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Grafische Darstellung des Forschungsdesign (eigene Darstellung)

Abbildung 2: Struktur der Holzindustrie in Deutschland (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Darstellung durch einen „Szenariotrichter“ (eigene Darstellung, in Anlehnung an Müller-Prothmann & Dörr, Innovationsmanagement, 2014, S. 67 )

Abbildung 4: Einflussbereiche (eigene Darstellung)

Abbildung 5: Vorgehen Szenario-Technik für diese Arbeit (eigene Darstellung)

Abbildung 6: "Zukunftssituationen und Zukunftsbilder" (Gausemeier, Fink & Schlake, 1996, S.33)

Abbildung 7: Gartner Hype Cycle "Technology" (Quelle: Gartner)

Abbildung 8: Screenshot Google Trends - Vergleich von Suchanfragen mit dem Begriff „3D Druck“ (Quelle: https://www.google.de/trends/, Zugriff am 19.05.2016)

Abbildung 9: Screenshot Google Trends - Vergleich der Suchanfragen "additive und generative Fertigungsverfahren" (Quelle: https://www.google.de/trends/, Zugriff am 29.05.2016)

Abbildung 10: Beispiel einer Klassifikation additiver Fertigungsverfahren (Quelle: Gebhardt, Generative Fertigungsverfahren, 2013, S. 92 )

Abbildung 11: "Treppenstufeneffekt" als Folge des Schichtbauverfahrens (Quelle: Gebhardt, Generative Fertigungsverfahren, 2013, S. 22 )

Abbildung 12: 3D-Druckprozess, stark vereinfacht (eigene Darstellung)

Abbildung 13: Einflussbereiche (eigene Darstellung)

Abbildung 14: Vorgehen zur Auswahl von Einflussfaktoren (eigene Darstellung)

Abbildung 15: Mindmap Einflussfaktoren „sozio-kulturell" (eigene Darstellung)

Abbildung 16: Mindmap Einflussfaktorensammlung "Additive Fertigung" (eigene Darstellung)

Abbildung 17: Ablauf und Segmente der Befragung

Abbildung 18: Zusammensetzung "angefragte Unternehmen" (eigene Darstellung)

Abbildung 19: Zusammensetzung der teilgenommen Unternehmen (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 20: Mitarbeiteranzahl der befragten Unternehmen (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 21: Diagramm Frage 2 "Haben Sie bereits von additiven Fertigungsverfahren (3D- Druck) gehört?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 22: Diagramm Frage 3 "Besitz Ihr Unternehmen einen 3D-Drucker?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 23: Diagramm Frage 4 "Plant ihr Unternehmen den Kauf eines 3D-Druckers in den nächsten 3 Jahren?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 24: Diagramm Frage 5 "Hat ihr Unternehmen bereits einen 3D-Druckdienstleister für den Bauteildruck beauftragt?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 25: Diagramm Frage 6 "Nutzen Sie additive Fertigungsverfahren in der Entwicklung/im Prototyping?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 26: Diagramm Frage 7 "Nutzen Sie additive Fertigungsverfahren in der Serienfertigung?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 27: Diagramm Frage 8 "Nutzen Sie additive Fertigungsverfahren in der Kommissionsfertigung /Losgröße-1-Fertigung?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 28: Darstellung Frage 9 "Wie bewerten Sie das Potential von additiven Fertigungsverfahren in der Möbelindustrie in Deutschland?" (Darstellung: umfrageonline.com)

Abbildung 29: Darstellung Frage 27, Kontrollfrage zu Frage 9

Abbildung 30: Darstellung Frage 10 "Wie hoch schätzen Sie die Einflussstarke dieser Faktoren zum Einsatz additiver Fertigungsverfahren auf die Möbelindustrie?"

Abbildung 31: Vorgehen zur Auswahl der Schlüsselfaktoren (eigene Darstellung)

Abbildung 32: System-Grid mit allen bewerteten Einflussfaktoren

Abbildung 33: System-Grid mit ausgewählten Schlüsselfaktoren

Abbildung 34: Merkmale der Schlüsselfaktoren (Darstellung als Mindmap)

Abbildung 35: Einbindung der Expertenbefragung

Abbildung 36: Illustration Szenario A (illustriert von Mella Hagedorn; www.tintakel.com) . 82

Abbildung 37: Illustration Szenario B (illustriert von Mella Hagedorn; www.tintakel.com).. 84

Abbildung 38: Illustration Szenario C (illustriert von Mella Hagedorn; www.tintakel.com).. 86

Abbildung 39: Illustration Szenario D (illustriert von Mella Hagedorn; www.tintakel.com) .

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht Vorgehensmodelle und Auswahl

Tabelle 2: Anzahl der gesammelten und ausgewählten Einflussfaktoren

Tabelle 3: Präferenzmatrix zur Vorauswahl von sozio-kulturellen Einflussfaktoren

Tabelle 4: Ergebnis der Präferenzmatrix "sozio-kulturelle Einflussfaktoren"

Tabelle 5: Präferenzmatrix zur Vorauswahl von Einflussfaktoren "additive Fertigung"

Tabelle 6: Ergebnis der Präferenzmatrix Einflussfaktoren "Additive Fertigung"

Tabelle 7: Sammlung und Verdichtung von Einflussfaktoren "Megatrends"

Tabelle 8: Präferenzmatrix zur Vorauswahl der Einflussfaktoren "Megatrends"

Tabelle 9: Ergebnis der Präferenzmatrix Einflussfaktoren "Megatrends"

Tabelle 10: Ergebnis der Befragung "ausgewählte Einflussfaktoren"

Tabelle 11: Einflussfaktorenmatrix

Tabelle 12: Relevanzanalysematrix

Tabelle 13: Übersicht und Bewertung der verdichteten Einflussfaktoren nach Kategorie

Tabelle 14: Ausgewählte Schlüsselfaktoren mit Bewertung und Begründung

Tabelle 15: Tabellenausschnitt der durchgeführten Expertenbefragung (hier: Schlüsselfaktor 16)

Tabelle 16: Ergebnisse und Auswertung der Expertenbefragung (Seite 1 von 2)

Tabelle 17: Ergebnisse und Auswertung der Expertenbefragung (Seite 2 von 2)

Tabelle 18: Morphologischer Kasten mit markierten Szenarien

Tabelle 19: Übersicht der Szenario A und B sowie Auswertung hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungsintensitäten (Expertenbefragung)

Tabelle 20: Übersicht der Szenario C und D sowie Auswertung hinsichtlich

Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungsintensitäten (Expertenbefragung)

Tabelle 21: Wild-Card I "Weltweites Waldsterben"

Tabelle 22: Wild-Card II "Starker Rechtsruck in Europa"

Tabelle 23: Wild-Card III "Unendliche Energie" (Quelle/in Anlehnung an Steinmüller „Ungezähmte Zukunft“)

Tabelle 24: Wild-Card IV "Digital GAU" (Quelle/in Anlehnung Z_punkt „Wild Cards: Digital GAU“)

1 Einleitung

In diesem Abschnitt werden die Relevanz sowie der Nutzen des Forschungsthemas und die sich daraus ergebenden Forschungsfragen erläutert. Nach Definition der Ziele sowie NichtZiele dieser Arbeit erfolgt die Beschreibung des Forschungsdesigns, welches zur Beantwortung der Forschungsfragen führt. Zusätzlich findet die Definition des Begriffs „Möbelindustrie“ für den Rahmen dieser Arbeit statt.

1.1 Relevanz und Forschungsnutzen

Unser gesellschaftliches und wirtschaftliches System unterliegt einem ständigen Wandel, dessen Tempo in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat.1 2 3 4 Anhaltende Trends, wie zum Beispiel den der Globalisierung, der Digitalisierung und der Individualisierung von Produkten, verändern die Märkte und machen diese dynamischer und volatiler als jemals zuvor.5 6 7 Dies macht es für Führungskräfte notwendig, mit flexiblen Strategien die Unternehmen dieser Dynamik anzupassen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auch zukünftig zu gewährleisten.8 Die Diskontinuität der strategischen Umweltfaktoren und der Märkte sorgt dafür, dass Planungsprozesse einer steigenden Risiko- und Unsicherheitssituation unterliegen.9 Dadurch wird die Frage der zukünftigen Gestaltung von Unternehmen in den Vordergrund gerückt: Welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Trends sind relevant und welche Konsequenzen resultieren daraus?10 Eine Orientierung nach Außen wird für Unternehmen unabdingbar, um eine Differenzierung von Wettbewerben zu gewährleisten.11

Die Innovationsintensität der Möbelindustrie in Deutschland lag 2014 bei 1,2%.12 Dies stellt eine hohe Differenz zu den drei Branchen mit der höchsten Innovationsintensitäten in Deutschland, dem „Fahrzeugbau“ mit 10%, der Elektroindustrie mit 9,9% und der „Chemie/Pharma“ mit 7,7% im Jahr 2014 dar. Selbst im Vergleich zum zehnten Platz, der „Gummi-, Kunststoffverarbeitung“ mit 2,7% im Jahr 2014 liegt die Möbelindustrie im Vergleich weit zurück.13 Auch die Anzahl der Patentanmeldungen in Deutschland im Jahr 2011 der Klasse „Möbel- und Haushaltsgeräteherstellung“ (IPC A47) mit 441 Anmeldungen14 ist vergleichsweise gering. Die meisten Patente wurden 2012 in der Klasse „Fahrzeuge allgemein“ mit 6.084 Stück angemeldet. Gefolgt von „Maschinenelemente oder Maschineneinheiten“ mit 5.090 Anmeldungen und „Grundlegende elektrische Bauteile“ mit 4.290 Anmeldungen. Auf dem zehnten Platz lag die Klasse „Elektrische Nachrichtentechnik“ mit 1.370 Anmeldungen. Bei einem Umsatz der deutschen Möbelindustrie im Jahr 2014 von 18,175 Mrd. Euro15 lagen die Innovationsaufwendungen 2014 bei 0,27 Mrd. Euro16. Möbelneuheiten wurden von 11% der Unternehmen der Möbelindustrie vertrieben.17

Die Technologie der additiven Fertigung hat das Potenzial Produktionssysteme und ganze Branchen nachhaltig zu verändern - So das Ergebnis einer Bitkom-Umfrage.18 Auch der zukünftig zunehmende Einsatz von additiven Fertigungsverfahren für die Produktion von Kleinserien und individualisierten Produkten ist nach einer Umfrage in den USA wahrscheinlich.19

Durch den niederländischen Designer Dirk Vander Kooij, der einen Industrieroboter in einen 3D-Drucker umbaute, werden dessen Möbel in Amsterdam gedruckt und vertrieben. Zu seiner Kollektion zählen unter anderem Sitzmöbel, Tische und Lampen aber auch Gebrauchsgegenstände wie Vasen. Im Fokus liegen das Design der Möbel und das Erscheinungsbild der Oberflächenstruktur durch die additive Fertigung. Das Druckmaterial besteht aus recyclebaren Kunststoffen und ist nach dem Druck wiederverwertbar.20

Das französische Unternehmen „drawn“ hat das Ziel, durch additive Fertigung produzierte und individualisierte Möbel zu vertreiben. Auch hier ist ein selbstgebauter 3D-Drucker im Einsatz mit dem das Unternehmen die Möbel fertigt, die über den eigenen Online-Shop unter drawn-shop.com vertrieben werden. Das Unternehmen bietet unter anderem Tische und Sitzmöbel an. Zusätzlich wird ein Druckservice für eigene Designs und individuelle Einrichtungskonzepte angeboten. Das Druckmaterial kann auch hier wiederverwertet werden.21

In der Ausgabe 7/2015 der Fachzeitschrift „Möbelfertigung“ wurden Berichte zu den Fachmessen „Formnext“ in Frankfurt und der „Euromold“ in Düsseldorf veröffentlicht. Die Berichte stellen dar, dass die Technologie der additiven Fertigung eine zunehmende Aufmerksamkeit von Experten erhält. Keiner der Berichte nimmt Bezug auf die Möbelindustrie. Es werden keine konkreten Handlungsempfehlungen oder Zukunftschancen für Unternehmen der Möbelindustrie genannt.22 23 Dies ist bisher der einzige Artikel zu diesem Thema in der Fachzeitschrift.

Dies zeigt, dass die Möbelindustrie zwar die Technologie der additiven Fertigung wahrnimmt, aber bisher nur wenig konkrete Handlungsfelder erschlossen hat. Das noch unerkannte Potenzial dieser Technologie in Bezug auf die Möbelindustrie macht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung in einem von Diskontinuität geprägten und zunehmend dynamischeren Umfeld notwendig. Die Beschreibung von zukunftsorientierten und strategischen Einsatzmöglichkeiten von additiven Fertigungsverfahren innerhalb der Möbelindustrie kann von Unternehmen als Basis für ihre individuelle Strategieentwicklung genutzt werden. Dennoch sollte die additive Fertigung nicht für sich alleine, sondern im Gesamtkontext betrachtet werden. Hierzu ist es notwendig eine Vielzahl von unterschiedlichen Schlüsselfaktoren aus dem Gesamtumfeld der Möbelindustrie zu betrachten und die additive Fertigung in konsistente und plausible Szenarien einzubetten.

1.2 Forschungsfragen und -thema

Hinsichtlich der im Abschnitt 1.1 genannten Anforderungen an das strategische Management, der geringen Innovationstätigkeit der Möbelindustrie und dem Potenzial von additiven Fertigungsverfahren ergeben sich folgenden Fragen:

(1) Welche plausiblen Zukunftsszenarien der Möbelindustrie 2030 lassen sich auf Basis aktueller Entwicklungen und Trends mit Berücksichtigung von additiven Fertigungsverfahren entwickeln?
(2) Besitzen additive Fertigungsverfahren das Potential die Möbelindustrie nachhaltig zu verändern und/oder neue Prozesse, Produkte und/oder Geschäftsmodelle zu schaffen?
(3) Wie sollte die Möbelindustrie auf die Technologie der additiven Fertigung reagieren?

Mit dieser Arbeit sollen plausible und konsistente Szenarien der Möbelindustrie 2030 entwickelt werden. Ein Augenmerk liegt hierbei auf additiven Fertigungsverfahren. Die entwickelten Zukunftsprojektionen sollen durch Experten validiert werden, um die gebildeten Szenarien hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten bewerten zu können. Auf Basis dieser Szenarien können allgemein-branchengültige als auch individuelle Handlungsempfehlungen für Unternehmen der Möbelindustrie abgeleitet werden, um damit die Strategieentwicklung in betreffenden Unternehmen zu unterstützen.

1.3 Nicht-Ziele

Um eine klare Abgrenzung des Inhalts dieser Arbeit zu gewährleisten, ist es notwendig NichtZiele zu definieren. Die Nicht-Ziele dieser Arbeit sind:

- Detaillierte Abhandlung der eingesetzten Methoden wie der Szenario-Technik, der Online-Befragung und der Expertenbefragung
- Detaillierte Beschreibung unterschiedlicher additiver Fertigungsverfahren sowie Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen
- Individuelle Handlungsempfehlungen für einzelne Unternehmen
- Einbezug von Handwerksbetrieben beziehungsweise Tischlereien/Schreinereien

1.4 Forschungsdesign und Vorgehen

Höchste Priorität dieser Arbeit hat das Entwickeln konsistenter Zukunftsszenarien für die Möbelindustrie 2030. Um ein möglichst breites Blickfeld zu gewährleisten, fließen Faktoren aus drei unterschiedlichen Kategorien in die Szenarienentwicklung ein. In der ersten Kategorie sind Umfeldfaktoren der Möbelindustrie, welche den größten Teil der Einflussfaktoren bilden. Sie gewährleisten die Bildung konsistenter und in sich schlüssiger Szenarien. In der zweiten Kategorie sind Faktoren der additiven Fertigungsverfahren. Diese verdeutlichen das mögliche Potenzial zum Einsatz dieser Technologie in der Möbelbranche. Um einen zukunftsorientierten Blick zu gewährleisten, werden als dritte Kategorie aktuelle Megatrends mit einbezogen.

Die durch Recherche und Brainstorming erarbeiteten Einflussfaktoren der Kategorien „Umfeldfaktoren“ und der recherchierten „Megatrends“ werden durch eine Präferenzmatrix reduziert. Sie fließen mit den Technologiefaktoren der additiven Fertigung in eine Befragung von innovationsorientierten und entwicklungsfokussierten Unternehmen der Möbelindustrie ein. Diese Befragung verdichtet die zuvor erarbeiteten Daten und sorgt für eine fundierte Auswahl der Faktoren mit dem höchsten Einfluss auf die Möbelbranche. Die Faktoren mit der höchsten Einflussstärke, laut der befragten Unternehmen, werden durch eine Einflussfaktorenmatrix weiter verdichtet und die Relevanz der Einflussfaktoren analysiert. Das Ergebnis sind 16 Schlüsselfaktoren als Basis für die Projektionsbildung.

Nach der Erarbeitung von Projektionen werden diese durch eine Expertenbefragung hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungsintensität bewertet. Auf Basis der dabei entstehenden Daten und Einschätzungen kann eine qualifizierte Bewertung der zuvor erarbeiteten Zukunftsszenarien vorgenommen werden.

Diese Zukunftsszenarien dienen als Basis für das Herleiten von Handlungsempfehlungen für das strategische Management und für den zukünftigen Einsatz additiver Fertigungsverfahren in der Möbelindustrie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Grafische Darstellung des Forschungsdesign (eigene Darstellung)

1.5 Definition und Eingrenzung „Möbelindustrie“

Für die Bearbeitung dieser Arbeit wird folgende Eingrenzung und Definition der „Möbelindustrie“ verwendet. Diese Definition bezieht sich dabei ausschließlich auf die Holzindustrie in Deutschland. Eine internationale Betrachtung ist im Rahmen dieser Arbeit nicht vorgesehen. Die Abbildung 2 zeigt die Struktur der Holzindustrie in Deutschland aus dem Blickwinkel dieser Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Struktur der Holzindustrie in Deutschland (eigene Darstellung)

Die Holzindustrie in Deutschland lässt sich grob in drei Zweige einteilen. Die holzbearbeitende Industrie umfasst die Herstellung vom Säge-, Hobel-, und Furnierwaren sowie Holzwerkstoffen. Hersteller von Papier- und Papperzeugnissen sowie Zellstoffen können als weiterer Zweig am Rande der Holzindustrie eingegliedert werden. Zur holzverarbeitenden Industrie zählen Hersteller von Möbeln, Packmitteln und Holzwaren sowie der Bau-Bereich, welchem die Fertigung von Holzkonstruktionen und Bauelementen zugeordnet wird.24 25

Für diese Arbeit wird ausschließlich der Bereich „Möbel“ betrachtet, bei dem wiederrum zwischen dem Möbelhandel und der Möbelindustrie unterschieden werden kann. Zum Möbelhandel können alle Tätigkeiten im Bereich des Einzelhandels gezählt werden. Dies umfasst Möbelhäuser, Fachhändler sowie den Online-Handel und sonstige mit Möbeln handelnde Unternehmen. Der gesamte Bereich des Möbelhandels wird im Rahmen dieser Arbeit nicht beachtet. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Möbelindustrie, welche für die Herstellung von Möbeln, Möbelteilen und dem Innenausbau verantwortlich ist. Ferner lassen sich Möbel ihrer Funktion nach in die Kategorien Behältnismöbel, Sitzmöbel, Liege- oder Schlafraummöbel sowie Küchen-, Bad- und Büromöbel einteilen.26 Möbelhersteller erzeugen dabei aus Möbelteilen, Beschlägen und weiteren Zukaufartikeln fertige Einzelmöbel.

Ein großer Anteil der Innovationstätigkeiten der Möbelindustrie wird durch Beschlägehersteller, Produzenten von Holzbearbeitungsmaschinen und Software-Entwicklern durchgeführt. Diese Unternehmen tragen zwar nicht direkt zur Produktion von Möbeln bei, unterstützen aber die Möbel- und Möbelteilehersteller beim gesamten Produktionsprozess. Sie sind maßgeblich an der Effektivitäts- und Effizienzsteigerung des Fertigungsprozesses selbst als auch an dessen Planung und Steuerung beteiligt. Des Weiteren wird durch Software der gesamte „Order-to-cash“-Prozess unterstützt und ein Informationsfluss gewährleistet. Auch für den Endkunden lässt sich eine Wertsteigerung des Endprodukts durch hohe Funktionalität und neue Funktionen des Möbels durch Beschläge erkennen. Für diese Teilgebiete bzw. unterstützenden Tätigkeiten der Möbelproduktion existieren in Deutschland hochspezialisierte Unternehmen. Da diese maßgeblich zur Zukunftsorientierung und Innovationsfähigkeit der Möbelindustrie in Deutschland beitragen und zusätzlich einen hohen Anteil der Entwicklungstätigkeit leisten, werden diese Unternehmen in die Betrachtung dieser Arbeit mit einbezogen.

Handwerksbetriebe wie Tischlereien/Schreinereien sind bei der Betrachtung ausgeschlossen und zählen nicht zur Grundgesamtheit. Diese fertigen zwar hochindividuelle Produkte für ihre Kunden, allerdings findet der Entwicklungsprozess nicht im Sinne der oben genannten strategischen Entwicklungsfokussierung statt. Vielmehr resultiert die strategische Ausrichtung aus historisch gewachsenen Branchenstrukturen, weshalb die Betrachtung der Tischlereien/Schreinereien nicht im Sinne dieser Arbeit wäre.

Aus den oben genannten Gründen ergibt sich die Eingrenzung der betrachteten Unternehmen für diese Arbeit:

Entwicklungsfokussierte und/oder innovationsorientierte Unternehmen der Möbelindustrie in Deutschland in den Bereichen Möbel- und Möbelteilehersteller, Beschlägehersteller, Softwareentwickler und Holzbearbeitungsmaschinenhersteller.

2 Grundlagen

Der folgende Abschnitt enthält den Status quo der aktuellen Forschung hinsichtlich des Forschungsthemas dieser Arbeit. Im Weiteren wird die Methodenauswahl dieser Arbeit begründet sowie die Methoden kurz erläutert. Das Fokusthema „Additive Fertigung“ und der Begriff „Megatrends“ werden am Ende dieses Abschnitts beschrieben.

2.1 Status quo

Wie in Abschnitt 1.1 „Relevanz und Forschungsnutzen“ beschrieben, wird den additiven Fertigungsverfahren durch die Möbelindustrie in Deutschland aktuell kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Trotz der derzeitigen Umsatzprognosen mit starken Wachstumstendenzen27 und der Prognose eines stark steigenden Marktvolumens28 von additiven Fertigungsverfahren, werden diese wenig durch Fachzeitschriften, Fachpresse oder Publikationen der Möbelindustrie benannt. In der Holztechnik-Ausbildung wird einzig von der Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst am Standort Hildesheim im Studiengang Holzingenieurwesen der Vertiefungsrichtung Möbel und Ausbau ein Vertiefungsmodul mit der Bezeichnung „Additive Fertigungstechnik“ aufgeführt.29

Hinsichtlich der Szenarioentwicklung und Trendforschung der Möbelindustrie in Deutschland existieren Publikationen aus unterschiedlichen Jahren:

Die Studie „Trendanalyse Zukunft Holz - Delphistudie zur Entwicklung der deutschen Holzindustrie“ veröffentlicht am 29. Oktober 2004 durch die Knauf Consulting GbR, untersuchte Branchentrends unter Berücksichtigung möglicher Innovationen der Holzindustrie. Bei dieser breit ausgelegten Studie wurde unter Einbezug von 40 brancheninternen und -externen Experten die Delphi-Methode angewandt.30 Das Ergebnis sind neun Thesen zur Entwicklung der Möbelindustrie bis 2020.31 Eine Verifizierung dieser Thesen hat 2011 durch die Knauf Consulting GbR stattgefunden.32 Das Ergebnis der Studie von 2004 wurde im Rahmen unterschiedlicher Tagungen wieder aufgegriffen.33

Die drei Trends mit der höchsten Bedeutung für die Forst- und Holzwirtschaft sind, laut dem Ergebnis der Studie, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Verknappung von Rohstoffen und die Globalisierung. Dies bezieht sich nicht auf die Möbelindustrie, sondern auf die Holzschutzbranche als Teil der Forst- und Holzwirtschaft in Deutschland.34 Die Ergebnisse der 2011 verifizierten Delphistudie flossen nach Vorstellung der Resultate in eine Befragung der Besucher der „Gülzower Fachgespräche: Stoffliche Nutzung von Laubholz“ vom 6.-7. September 2012 in Würzburg in diese Arbeit ein. Ziel der Befragung war die Nutzung der fachlichen Expertise der Besucher zur Ableitung strategischer Ausrichtungen in der Forst- und Holzwirtschaft.35 Weder das Ergebnis dieser Studie, ihrer späteren Verifizierung noch die auf Basis der Studie durchgeführten Befragungen, lassen sich nach der in Abschnitt 1.5 definierten Möbelindustrie anwenden. Da die Studie Bezug auf die Forst- und Holzwirtschaft nimmt, ist ein Übertrag der Erkenntnisse kaum oder nur teilweise möglich.

Eine weitere Studie trägt den Titel „Die Zukunft der heimischen Möbelindustrie 2025“ von Dr. Olaf Plümer. Sie wurde durch „Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein- Westfalen e.V.“ initiiert und in Kooperation mit vier Unternehmen der Möbelindustrie erarbeitet. Die Moderation wurde vom ScMi (Scenario Management International) durchgeführt. Zusätzlich wurden Studierende der Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn einbezogen.36 Das Ergebnis der Studie sind sechs beschriebene Zukunftsszenarien der Möbelindustrie 2025, die unter der Berücksichtigung von 19 Einflussfaktoren erarbeitet wurden.37 Da weder das eigentliche Ziel der Studie noch das methodische Vorgehen näher beschrieben werden und daher keine Nachvollziehbarkeit und Wiederholbarkeit gewährleistet wird, kann diese Publikation im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter berücksichtig werden.

In der Publikation „megatrends“ des „Verband der Deutschen Möbelindustrie e.V.“ (kurz: VDM) in Kooperation mit der „imm cologne“ (Internationale Möbelmesse Köln) erläutert die Autorin Ursula Geismann aktuelle Megatrends und deren Auswirkungen auf das Produkt Möbel und das Wohnen. Das Booklet entstand mit Unterstützung des Zukunftsinstitut (zukunftsinsitut.de).38 Eine Auswahl der vom Zukunftsinstitut publizierten Megatrends wird kurz beschrieben. Die Autorin erläutert anschließend die Auswirkungen jedes der genannten Megatrends auf Möbel und unsere Art des Wohnens.39 Da die Publikation durch fehlende Quellenangaben und nicht beschriebene Methoden weder nachvollziehbar noch wiederholbar ist, kann diese nicht als Quelle genutzt werden. Sie findet in dieser Arbeit keine weitere Berücksichtigung.

Die genannten Publikationen und Quellen geben keine Antwort auf die Forschungsfragen dieser Arbeit. Die Szenariotechnik fand zwar Anwendung aber die Ergebnisse der Methode sind inzwischen veraltet oder wurden nicht mit ausreichendem wissenschaftlichem Anspruch erarbeitet. Das gleiche gilt für die Publikation mit dem Thema Megatrends. Dieses Booklet ist zwar aktuell aber besitzt keine wissenschaftliche Relevanz. Zu additiven Fertigungsverfahren liegen bisher keine Forschungen hinsichtlich der Möbelindustrie vor. Zwar wird das Thema inzwischen von den branchenspezifischen Medien aufgegriffen, es werden aber keine konkreten Anwendungsmöglichkeiten genannt. Außerdem liegen keine Daten für eine weitere Auswertung oder Analyse vor.

Die auf Seite 3 in Abschnitt 1.2 genannten Forschungsfragen sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantwortet. Weder im Bereich der additiven Fertigungsverfahren noch zur Szenariotechnik liegen wissenschaftliche Ergebnisse vor, welche Unternehmen der Möbelindustrie (nach Definition aus Abschnitt 1.5, Seite 6) hinsichtlich der Strategieentwicklung und dem Einsatz additive Fertigungsverfahren unterstützen können. Aus den genannten Gründen ist die Forschung dieser Arbeit als relevant zu bezeichnen.

2.2 Methodenauswahl

Szenario-Technik: Die Szenario-Technik ist eine im strategischen Management etablierte Methode zur konsistenten Erstellung von Zukunftsszenarien, die als Grundlage für die Strategieentwicklung dienen. Die Methode basiert auf der Prämisse der „multiplex Zukunft“ und bildet damit unterschiedliche Szenarien sowie deren Entwicklungen ab. Darauf basierend können Unternehmen konkrete Handlungsalternativen und Strategien erarbeiten, die auf eine gewünschte Entwicklung hinzielen oder bei Eintreffen einer Entwicklung die dadurch entstehenden Risiken minimieren. Die Szenario-Technik deckt die Anforderungen hinsichtlich der Komplexität und Dynamik der Zukunft durch den integrierten Einsatz des vernetzten Denkens und des ganzheitlichen Ansatzes ab.40 Diese Arbeit nimmt zwar keinen Bezug auf ein konkretes Unternehmen der zuvor in Abschnitt 1.5 definierten Möbelbranche, schafft aber durch einen allgemeingehaltenen Ausführungsansatz eine breite Grundlage für die Strategieentwicklung. Durch die ganzheitliche Betrachtung, der Prämisse der multiplen Zukunft und der Abdeckung der Komplexitätsanforderungen, erfüllt die Szenario-Technik die Anforderungen zu Beantwortung der Forschungsfrage (1) (siehe Abschnitt 1.2 auf Seite 3) und wird daher angewandt. Das in dieser Arbeit angewandte Vorgehensmodell sowie die in den jeweiligen Phasen eingesetzten Sub-Methoden werden im Abschnitt 2.3.2 „Vorgehensweise“ detailliert dargestellt.

Befragung: Befragungen gehören zu den klassischen Instrumenten der empirischen Sozialforschung. Im Kontext dieser Arbeit wird diese Methode zur Validierung und Verdichtung von Einflussfaktoren verwendet. Dies geschieht durch eine standardisierte Online-Befragung, die zum Großteil aus quantitativen Fragen besteht. Befragt werden Unternehmen der zuvor in Abschnitt 1.5 (siehe Seite 6) definierten Zielgruppe der Möbelindustrie. Grund für den Einsatz dieser Methode ist die Steigerung der Auswahlgüte von Schlüsselfaktoren. Schlüsselfaktoren bilden die Grundlage der Projektionsbildung im Phasenmodell der Szenario-Technik und sollten daher genauestens und wohl überlegt ausgewählt werden. Durch die Befragung von Unternehmen der entsprechenden Zielgruppe hinsichtlich der Einfluss- wahrscheinlichkeit von Faktoren auf ihr Unternehmen, wird die Güte der Schlüsselfaktorenauswahl gesteigert und untermauert.

Expertenbefragung: Diese Befragungsart ist eine Methode, durch die ausgewählte Experten eine Beurteilung und Einschätzung auf Basis ihrer Erfahrung, ihres Wissens und Expertise abgeben. Im Kontext der Szenario-Technik wird so ein Bewerten von Projektionen und Szenarien möglich, die auf einer fundierten Expertise beruhen. In dieser Arbeit werden die Projektionen von Experten aus unterschiedlichen Bereichen hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungsintensität bewertet. Die Bildung des arithmetischen Mittels dieser Bewertungskriterien ermöglicht eine konkretere Bewertung und Analyse der ermittelten, konsistenten Zukunftsszenarien. Die Berücksichtigung der „Gesamtplausibilität“ der Szenarien im Szenario-Transfer wird damit möglich.

2.3 Szenariotechnik

„ Die Szenariotechnik ist ein strategisches Planungs- und Analyseverfahren zur Projektion des aktuellen Zustands (Status quo) in die Zukunft. “ 41

Zu den klassischen Managementaufgaben zählen unter anderem, das Lösen von Problemen und das Treffen von Entscheidungen. Dabei ist nicht zuletzt der Erfolg vom Einsatz einer angemessenen Methode abhängig.42 Bei der zukunftsorientierten Strategieplanung treten Erfolgspotenziale als neue Führungsgrößen in den Vordergrund. Erfolg und Liquidität bleiben nach wie vor gewichtige Unternehmensziele, dies jedoch eher im operativen Bereich.43 Stetig werden Führungskräfte mit Entscheidungssituationen konfrontiert, welche einen unterschiedlichen Grad der Komplexität aufweisen.44 Komplexe Problemstellungen zeichnen sich durch eine systeminhärente Dynamik, einer Vielzahl von Einflussfaktoren und einem langfristigen Zeithorizont aus. Dies hat zur Folge, dass relative Unsicherheiten von vornherein gegeben sind und der Umgang mit diesen notwendig wird. Das Erarbeiten von Lösungen für komplexe Problemstellungen im eigentlichen Sinne ist nicht möglich. Ausschließlich das Aufzeigen von Lösungsansätzen ist denkbar - Lineare Problemlösungsmethoden werden dem Anspruch der Dynamik nicht gerecht. Für das Erarbeiten von Lösungsansätzen für komplexe Problemstellungen ist die Methode der Szenariotechnik geeignet.45 Neben Benchmarkings, Portfolioanalysen und flexiblen Expertenbefragungen, ist die Szenario-Technik eine häuft genutzte Methode in der Wirtschaft46, sie findet aber auch Anwendung im Krisenmanagement.47 Anstelle von herkömmlichen Prognosen werden Projektionen erarbeitet, durch welche das Abschätzen von variablen Entwicklungen ermöglicht wird. Diese Projektionen basieren zwar auch auf Daten der Vergangenheit, werden jedoch im Rahmen einer flexiblen und situationsoffenen Planung analysiert.48 Der Vorteil der Szenariotechnik gegenüber Prognosemethoden wie der Trendextrapolation ist, dass Störereignisse und Strukturveränderungen Berücksichtigung finden.49 Ähnlich der Methode des „vernetzten Denkens“ liegt der Fokus der Szenariotechnik auf dem Ergründen von Einflussfaktoren und deren möglichen Auswirkungen in Bezug auf das zu untersuchende System. Aus diesen Projektionen wird versucht mögliche zukünftige Entwicklungspfade zum heutigen Zeitpunkt zu identifizieren und damit Rückschlüsse auf angemessene Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.50 Die Betrachtung von unterschiedlichen Zukunftsverläufen und aller relevanter Einflussgrößen mit ihren multikausalen Interdependenzen rückt in den Vordergrund.51 Die Szenariotechnik selbst besteht aus einer Vielzahl von Methoden, Techniken und Vorgehensweisen.52

Dabei unterliegt die Methode den folgenden Prämissen: Zu einem zukünftigen Zeitpunkt sind mehrere unterschiedliche Situationen und Entwicklungswege möglich, welche bei einer zukunftsorientierten Strategieentwicklung in Betracht gezogen werden müssen (multiple Zukunft).53 „ Mehrere Personen verfügenüber mehr und ausgewogeneres Wissen als ein Individuum. “ 54

„ Das Zusammenführen verschiedener Sichtweisen beschreibt einen Gegenstand zuverlässiger als die Sicht des Einzelnen. “ 55

„ Die Konsistenz der Aussagenüber einen Betrachtungsgegenstand bleibt erhalten, solange die einzelnen Teilaussagen sich in derselben Betrachtungsebene befinden wie der betrachtete Gegenstand selber. “ 56

„ Wird ein System durch Teilaspekte bzw. einzelne Eigenschaften beschrieben, so gelten die Beziehungen der verschiedenen Eigenschaften untereinander auch für das ganze System; dies unter der Bedingung, dass die Betrachtungsebene des Systems unverändert bleibt. “ 57

Die Ergebnisse aus den Zukunftsbetrachtungen sind die Basis für die Erarbeitung neuer und zukunftsorientierter Unternehmensziele, welche als Leitgrößen für gegenwärtige Planungen und Maßnahmen dienen. Damit wird die Schwierigkeit des Prognostizierens „der einzig richtigen Zukunft“ umgangen.58

Mintzberg fasst diese Prämissen, eher populistisch und leicht „reißerisch“, wie folgt zusammen:

„ Wenn man die Zukunft nicht voraussagen kann, erweitert man seinen Horizont, in dem manüber eine Bandbreite von verschiedenen Möglichkeiten spekuliert, unter denen dann möglicherweise sogar die richtige sein kann. “ 59

Da die Beurteilung eines komplexen Systems für Menschen schwieriger ist, als die Beurteilung der Teilaspekte des jeweiligen Systems60, werden durch Kombination von Analyse-, Prognose- und Syntheseelementen komplexe Zukunftsprobleme zerlegt, analysiert und in neuen Konstellationen zusammengesetzt. Charakteristisch für die Szenariotechnik ist dabei die Breite des Informationsspektrums, welches in den Prozess einfließt und eine ganzheitliche Perspektive ermöglicht sowie das Einbeziehen von quantitativen als auch qualitativen Informationen. Die Anwendung der Methode ist ein strukturierter und formalisierter Prozess, mit dem systematisch und transparent widerspruchsfreie Zukunftsbilder und deren Entwicklungspfade entwickelt werden. Dieses Vorgehen kann auf intuitiver Logik (von subjektiven Einschätzungen geprägt) oder modellgestützter Logik (mathematischer Algorithmen und Softwareunterstützung) beruhen.61

Definition der Szenariotechnik laut Berghold:

„ Das Planungsinstrument ‚ Szenario-Technik ‘ entwickelt in sich konsistente, untereinander differente mögliche Zukunftssituationen, die auf einem komplexen Netz multipler Einflussfaktoren basieren, und zeigt die dorthin führenden Entwicklungswege sowie die Konsequenzen für das Unternehmen auf. “ 62

Diese Definition nach Berghold findet im Weiteren Anwendung im Rahmen dieser Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Darstellung durch einen „Szenariotrichter“ (eigene Darstellung, in Anlehnung an MüllerProthmann & Dörr, Innovationsmanagement, 2014, S. 67 )

2.3.1 Definition und Begriffsabgrenzung

Die zur Eingrenzung verwendeten Definitionen für diese Arbeit werden in diesem Abschnitt beschrieben.

Definition: „Szenario“

Ein Übertrag in die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften erfolgte in den 60er Jahren durch die Zukunftsforscher Kahn/Wiener.63 Diese definierten den Begriff wie folgt:

„ Scenarios are hypothetical sequences of events constructed fort the purpose of focusing attention on casual processes and decision points. ” 64

Nach duden.de wird der Begriff „Szenario“ allgemeingültiger und ohne Bezug zur SzenarioTechnik definiert:

„ (Fachsprache) (in deröffentlichen und industriellen Planung) hypothetische Aufeinanderfolge von Ereignissen, die zur Beachtung kausaler Zusammenhänge konstruiert wird “ oder auch „ Beschreibung, Entwurf, Modell der Abfolge von möglichen Ereignissen oder der hypothetischen Durchführung einer Sache “ 65

Gausemeier/Flink/Schlake definieren den Begriff, ähnlich der Duden-Definition, als Beschreibung einer möglichen Zukunftssituation. Zusätzlich erhält er hier den Aspekt der Entwicklungsbeschreibung. Ein Szenario soll die Entwicklung von der Gegenwart zu der zuvor definierten Zukunftssituation darstellen.

„ Ein Szenario ist eine allgemeinverständliche Beschreibung einer möglichen Situation in der Zukunft, die auf einem komplexen Netz von Einflussfaktoren beruht, sowie die Darstellung einer Entwicklung, die aus der Gegenwart zu dieser Situation führen könnte. “ 66

Für diese Arbeit wird die Definition nach Gausemeier/Flink/Schlake verwendet, da sie aus Sicht der Szenario-Technik formuliert wurde. Sie enthält die Aspekte der beschriebenen hypothetischen Zukunftssituation, die komplexen, vernetzten Einflussfaktoren und zusätzlich die Darstellung der Entwicklung zur beschriebenen Zukunftssituation. Dies ist eine umfassende Beschreibung des Begriffs für den Betrachtungshorizont dieser Arbeit.

Definition: „System“

Da der Begriff „System“ auf vielfältige Art und Weise und aus sehr vielen unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt werden kann, sollte zuerst die Wortherkunft betrachtet werden. Duden.de beschreibt die Wortherkunft wie folgt:

„ spätlateinisch systema < griechisch s ý st ē ma = aus mehreren Teilen zusammengesetztes und gegliedertes Ganzes, zu: synist á nai = zusammenstellen; verknüpfen, zu: s ý n = zusammen und hist á nai = (hin)stellen, aufstellen “ 67

Hier werden die wesentlichen Aspekte des Begriffs deutlich - „ein aus mehreren miteinander verknüpften Teilen bestehendes Ganzes“. Unter einer Auswahl von unterschiedlichen Definitionsansätzen führt duden.de auch folgende, aus den Naturwissenschaften stammende, Definition auf:

„ Gesamtheit von Objekten, die sich in einem ganzheitlichen Zusammenhang befinden und durch die Wechselbeziehungen untereinander gegenüber ihrer Umgebung abzugrenzen sind “ 68

In einer weiteren aus technischem Blickwinkel betrachteten Definition wird zwischen der externen und der interne Sicht eines Systems unterschieden. Aus externer Sicht ist ein System ein Gebilde, das dessen Abgrenzung von seiner Umgebung als zusammenhängende Einheit erlaubt. Auf das System wirken gezielte Eingangsgrößen sowie unerwünschte Störgrößen, während das System zurück auf dessen Umgebung mit gewünschten Reaktionen und unerwünschten Nebenwirkungen reagiert. Die interne Sicht eines Systems besteht hingegen aus den einzelnen System-Komponenten und/oder Subsystemen und deren Wechselwirkungen untereinander. Diese Interdependenzen herrschen zwischen den Komponenten/Subsystemen als auch zwischen dem System und seiner Umgebung. Hierbei ist die Differenzierung zwischen dem System, dessen Komponenten, den Wechselwirkungen und der Umgebung abstrakt und nicht immer eindeutig.69

Definition: „Schlüsselfaktor"

Laut Duden.de wird der Begriff „Einflussfaktor“ wie folgt definiert: „ Faktor, der Einfluss auf etwas hat “ 70

Dies verweist auf den Begriff „Faktor“, welcher wiederrum so beschrieben wird:

„ etwas, was in einem bestimmten Zusammenhang bestimmte Auswirkungen hat; Umstand “ 71

Als Schlüsselfaktoren werden jene Einflussfaktoren bezeichnet, welche sehr hohen Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand ausüben und das zuvor definierte Szenariofeld besonders prägen.72 Diese erfolgsrelevanten Schlüsselfaktoren charakterisieren das Szenariofeld und dienen als Basis zur Beschreibung zukünftiger Entwicklungen.73 Diese Definition wird im Rahmen dieser Arbeit verwendet.

2.3.2 Vorgehensweise

In der Literatur finden sich unterschiedliche Vorgehensmodelle für die Anwendung der Szenario-Technik. Viele Vorgehensmodelle orientieren sich an einem Phasenmodell, das nach Gausemeier in fünf Phasen unterteilt wird.74

1. Szenario-Vorbereitung
2. Szenariofeld-Analyse
3. Szenario-Prognostik
4. Szenario-Bildung
5. Szenario-Transfer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht Vorgehensmodelle und Auswahl

Um das bestmögliche Vorgehensmodell für diese Arbeit zu finden, wurden vier unterschiedliche Modelle aus der Literatur miteinander verglichen. Aus diesen Modellen wurde das Vorgehensmodell für diese Arbeit zusammengestellt und ist in der Tabelle 1 in der letzten Spalte aufgeführt.

Das hier verwendete Modell orientiert sich an dem Phasenmodell nach Gausemeier, Fink und Schlake. Die angewandten Methoden je Phase unterscheiden sich jedoch in kleineren Aspekten. In der Szenario-Vorbereitung wird die Zielsetzung für die Szenario-Technik definiert und das Gestaltungsfeld analysiert. Da es sich bei der Festlegung eines Gestaltungsfeldes um die konkrete unternehmerische Fragestellung handelt75, ist die Gestaltungsfeldanalyse im Rahmen dieser Arbeit kaum möglich. Daher wird in dem jeweiligen Absatz eine allgemeingültige Formulierung des Gestaltungsfelds angestrebt. Um Schlüsselfaktoren für die zuvor definierte Zielsetzung und das Gestaltungsfeld zu finden, werden in der Phase der Szenariofeld-Analyse unterschiedliche Methoden angewandt. Zuerst werden hier Einflussbereiche definiert, die als Ausgangsspektrum für die Suche nach Einflussfaktoren dienen. Einflussbereiche werden durch die Kombination der Methoden „STEEP“ (Social, Technological, Economical, Environmental/Ethical, Political76 ) für das ferne Umfeld und „Porter’s Five Forces“ für das nahe Umfeld definiert. Zusätzliche Einflussbereiche stellen die additive Fertigung, auf denen der Fokus dieser Arbeit liegt, und aktuelle Megatrends dar. Daraus ergeben sich insgesamt 12 Einflussbereiche:

1. Fernes Umfeld (STEEP): Social, Technological, Economical, Environmental/Ethical, Political
2. Nahes Umfeld (Porter’s Five Forces): Bestehender Wettbewerb, Kunden, Lieferanten, Neue Wettbewerber, Substitute
3. Megatrends
4. Additive Fertigung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Einflussbereiche (eigene Darstellung)

Diese Einflussbereiche decken ein sehr breites Blickwinkel-Spektrum ab und eignen sich daher, um eine ganzheitliche Betrachtung der Szenarien zu gewährleisten. Die hierbei durch Kreativitätsmethoden erarbeiteten Einflussfaktoren werden durch Präferenzmatrizen paarweise mit der Frage „Welcher Faktor hat mehr Einfluss auf die Möbelbranche?“ verglichen. Das Ergebnis dieser Vorauswahl der wichtigsten Einflussfaktoren wird durch eine quantitative Befragung von innovationsorientierten und entwicklungsintensiven Unternehmen der Möbelindustrie in Deutschland validiert und weiter verdichtet. Die durch die Unternehmen verdichteten Faktoren werden durch eine Relevanzanalyse bewertet. Des Weiteren erfolgt die Analyse durch eine Einflussfaktorenmatrix, welche die Bestimmung der Aktiv- und Passivsumme der einzelnen Faktoren zulässt.77 Aus dem Relevanzwert sowie der Aktiv- und Passivsumme lassen sich Schlüsselfaktoren als Basis für die Projektions- Entwicklung bestimmen. Das Ziel dieser Phase ist, für jeden Schlüsselfaktor unterschiedliche Zukunftsprojektionen zu bilden. Diese sollten wertneutral formuliert werden, um das Denken in multiplen Zukunftsverläufen zu unterstützen und nachfolgende Analysen nicht zu beeinflussen.78 Es kann hier zwischen Extrem- und Trendprojektionen unterschieden werden, wobei Extremprojektionen extreme und eher unwahrscheinliche Entwicklungsmöglichkeiten darstellen. Trendprojektionen sind Entwicklungsmöglichkeiten, deren Eintreten vom Betrachtungshorizont ausgehend, als wahrscheinlich erachtet werden. Sie besitzen einen stärkeren Gegenwartsbezug.79 In der vorletzten Phase, der Szenario-Bildung, werden die zuvor erarbeiteten Zukunftsprojektionen zu konsistenten Szenarien kombiniert. Szenarien sollten stets konsistent und plausibel sein. Hierzu werden die Projektionen hinsichtlich ihrer Konsistenz untereinander analysiert. Im nächsten Schritt werden die Zukunftsprojektionen zu konsistenten und plausiblen Rohszenarien zusammengeführt. Durch die Beschreibung der Rohszenarien werden diese detailliert dargestellt. Es entstehen unterschiedliche Zukunftsszenarien, welche durch den Szenario-Transfer hinsichtlich ihrer Chancen-Risiken analysiert werden. Zusätzlich erfolgt die Summierung der in der Expertenbefragung pro Projektion erhaltenen Daten hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Auswirkungsintensität. Dies bildet mit der Chancen-Risiken-Analyse die Basis für das Ableiten von allgemeinen Handlungsempfehlungen für Unternehmen der Möbelindustrie in Deutschland.

Dabei ist zu beachten, dass die Bewertung von Szenarien beziehungsweise zukünftiger Entwicklungen stets ambivalent ist, und diese daher je nach Interessengruppe unterschiedliche ausfallen.80

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Vorgehen Szenario-Technik für diese Arbeit (eigene Darstellung)

2.3.3 Kontroverse - Zukunftsforschung/Trendforschung

In der Literatur ist immer wieder eine Kontroverse über die Begriffe Zukunftsforschung und Trendforschung zu finden. Es gibt Literatur, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, wie das von Holger Rust verfasste und 2008 erschienene „Zukunftsillusionen: Kritik der Trendforschung“81. Rust unterstellt der generellen Trend- und Zukunftsforschung, dass diese durch ihre Studien und empirischen Forschungen den Unternehmen nur das vermitteln, was deren Unternehmensstrategie entspreche. Die Projekte zielen auf „sensationelle Ergebnisse“ und nicht auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse. Publikationen würden weder wissenschaftlichen noch journalistischen Standards entsprechen, so Rust.82 Seine Thesen nehmen Bezug auf selbstbetitelte Zukunftsforscher, die konkrete Zukunftsprognosen und Trends beschreiben, um damit auf einer populistischen Art und Weise ihre eigenen Unternehmensstrategien zu verfolgen - Die Zukunft als Geschäftsmodell.

In diesem Sinne sei darauf hingewiesen, dass es nicht Anspruch dieser Arbeit ist, die mögliche Zukunft für die Möbelindustrie in Deutschland zu ermitteln. Eine sichere Voraussage der Zukunft ist nicht möglich. Ziel dieser Arbeit ist das Entwickeln möglicher Zukunftsszenarien der Möbelindustrie in Deutschland, welche als Handlungsgrundlage für die Strategieentwicklung der betreffenden Unternehmen dienen kann. Damit werden ein strategisches Vorausplanen und das Ableiten begründeter Handlungsalternativen für das Eintreffen möglicher Zukunftsszenarien ermöglicht.

Die Darstellung „Zukunftssituationen und Zukunftsbilder“ von Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 33 gibt einen Überblick hinsichtlich der Unterschiede von Prognosen, Vorhersagen und Projektionen sowie deren Zusammenhängen mit Eintrittswahrscheinlichkeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: "Zukunftssituationen und Zukunftsbilder" (Gausemeier, Fink & Schlake, 1996, S.33)

In der Darstellung wird generell zwischen zwei Kategorien von Zukunftssituationen unterschieden. Die der „Ungewissheit“, denen keine quantitative Eintrittswahrscheinlichkeit im Rahmen der Wahrscheinlichkeitsrechnung zugeordnet werden kann und die der „Sicherheit“ bei denen diese Zuordnung möglich ist. Ist das Eintreffen oder Nichteintreffen eines zukünftigen Ereignisses sicher, dann lässt sich eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 1 oder 0 zuordnen.83

Ungewissheit - Projektionen (Typ I): Das Zuordnen einer Eintrittswahrscheinlichkeit ist nicht möglich („wirkliche Ungewissheit).84

Ungewissheit - Vorhersagen (Typ II): Lediglich das Zuordnen von subjektiven Eintrittswahrscheinlichkeiten ist möglich. Trotz der Subjektivität können diesen Situationen Wahrscheinlichkeitswerte zugeordnet werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Summe aller Alternativen 1 ergibt.85

[...]


1 Vgl. Wehrlin, Corporate Foresight, 2011, S. 9-19

2 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 7-9

3 Vgl. John P., Leading Change, 2011, S. 15-17

4 Vgl. Gassmann & Friesike, 33 Erfolgsprinzipien der Innovation, 2012, S. 261-263

5 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 7-9

6 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 43-44

7 Vgl. ebd. S. 87

8 Vgl. Wehrlin, Corporate Foresight, 2011, S. 9-19

9 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 17-21

10 Vgl. Wehrlin, Corporate Foresight, 2011, S. 9-19

11 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 7-9

12 Vgl. ZEW, 2016. Innovationsintensität der Möbelindustrie in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2014. (Zugriff: 24. Februar 2016)

13 Vgl. ZEW, 2016. Innovationsintensität nach Wirtschaftsbranchen in Deutschland in den Jahren von 2011 bis 2014. (Zugriff: 24. Februar 2016)

14 Vgl. Eurostat, 2012. Patentanmeldungen aus Deutschland beim Europäischen Patentamt im Bereich der Möbel- und Haushaltsgeräteherstellung in den Jahren 2000 bis 2012. (Zugriff: 25. 02 2016)

15 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2014. Umsatz der deutschen Möbelindustrie in den Jahren 1995 bis 2014 (in Millionen Euro). (Zugriff: 25. 02 2016)

16 Vgl. ZEW, 2014. Innovationsaufwendungen der Möbelindustrie in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2016* (in Milliarden Euro). (Zugriff: 25. 02 2016)

17 Vgl. ZEW, 2014. Anteil der Unternehmen mit Marktneuheiten in der Möbelindustrie in den Jahren 2008 bis 2014.. (Zugriff: 25. 02 2016)

18 Vgl. Bitkom, ARIS, 2013 und 2014. ITK-Unternehmen: Wie schätzen Sie die Bedeutung von 3D-Druckern ein?. (Zugriff: 25. 02 2016)

19 Vgl. PwC, 2014. USA: Wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass 3D-Druck in den nächsten 3 bis 5 Jahren hauptsächlich für die Klein- bzw. Großserienfertigung verwendet wird?. (Zugriff: 25. 02 2016)

20 Vgl. Vander Kooij, Dirk, 2016. about - Dirk Vander Kooij. (Zugriff: 25. 02 2016)

21 Vgl. drawn, 2014. drawn - large scale 3D printing - furniture and interior decoration. (Zugriff: 25. 02 2016)

22 Vgl. Möbelfertigung, Starkes Debüt mit zahlreichen Weltpremieren: Die "Formnext" in Frankfurt feiert sehr guten Einstand, 2015

23 Vgl. Möbelfertigung, 3D-Druckt sorgt für "Goldgräberstimmung": "Euromold" auch in Düsseldorf gut gefüllte Hallen, 2015

24 Vgl. HDH e.V. Holzindustrie. (Zugriff: 14. März 2016)

25 Vgl. DeSH e.V. Die Branche. (Zugriff: 14. März 2016)

26 Vgl. Wagenführer/Scholz, 2008, S. 503

27 Vgl. Canalys, 2014. Geschätzter Umsatz der 3D-Druckindustrie weltweit im Jahr 2014 und Prognose für die Jahre 2015 und 2019 (in Milliarden US-Dollar). (Zugriff: 15. März 2016)

28 Vgl. Roland Berger; Wohlers Associates; VDW; Diverse, 2012. Prognose zum Marktvolumen von "Additive Manufacturing" weltweit bis zum Jahr 2023 (in Milliarden Euro). (Zugriff: 15. März 2016)

29 Vgl. Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst;, 2012. Vertiefungsrichtung: Möbel und Ausbau. (Zugriff: 15. März 2016)

30 Vgl. Knauf & Frühwald, Trendanalyse Zukunft Holz, 2004, S. 2-11

31 Vgl. ebd., S 101-107

32 Vgl. Knauf, Trends und Perspektiven in der Forst- und Holzwirtschaft, 2012, S. 1-3

33 Vgl. Knauf Consulting GbR, 2012. Trend- und Zukunftsforschung. (Zugriff: 15. März 2016)

34 Vgl. Knauf Consulting GbR, 2012. Trend- und Zukunftsforschung. (Zugriff: 15. März 2016), S. 1-3

35 Vgl. Knauf, Marcus, Stoffliche Nutzung von Laubholz, 2012, S. 26

36 Vgl. Plümer, Die Zukunft der der heimischen Möbelindustrie 2025, 2014, S. 2-3

37 Vgl. Plümer, Die Zukunft der der heimischen Möbelindustrie 2025, 2014, S. 6-13

38 Vgl. Geismann, megatrends, 2015, S. 60

39 Vgl. Geismann, megatrends, 2015, S. 8 ff.

40 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 83-102

41 Müller-Prothmann & Dörr, Innovationsmanagement, 2014, S. 65

42 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 61-62

43 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 24-26

44 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 61-62

45 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 63-64

46 Vgl. Hauschildt & Salomo, Innovationsmanagement, 2011, S. 219

47 Vgl. Lindemann, Methodische Entwicklung technischer Produkte, 2007, S. 217

48 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 24-26

49 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 65-68

50 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 65-68

51 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 24-26

52 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 65-68

53 Vgl. Gausemeier & Christoph, Zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung, 2014, S. 45-46

54 Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 69

55 Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 69

56 Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 69

57 Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 69

58 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 25-27

59 Mintzberg , Ahlstrand & Lampel, Strategy Safari, 2012, S. 88

60 Vgl. Falko E.P., Szenariotechnik, 2006, S. 69

61 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 28-29

62 Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 28

63 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 27

64 Kahn & Wiener, The Year 2000, 1967, S. 6

65 Bibliographisches Institut GmbH, Szenario, das. (Zugriff: 21. 05 2016)

66 Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 90

67 Bibliographisches Institut GmbH, System, das. (Zugriff: 21. 05 2016)

68 Bibliographisches Institut GmbH, System, das. (Zugriff: 21. 05 2016)

69 Vgl. Jakoby, Projektmanagement für Ingenieure, 2015, S. 16-18

70 Bibliographisches Institut GmbH, Einflussfaktor, der. (Zugriff: 24. 05 2016)

71 Bibliographisches Institut GmbH, Faktor, der. (Zugriff: 24. 05 2016)

72 Vgl. Gausemeier & Christoph, Zukunftsorientierte Unternehmensgestaltung, 2014, S. 51

73 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 42-44

74 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 98-101 19

75 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 99-100

76 Vgl. Micic, Das ZukunftsRadar, 2007, S. 64-65

77 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 217-219

78 Vgl. Berghold, Die Szenario-Technik, 2011, S. 44-46

79 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 224-225

80 Vgl. Niederberger & Wassermann, Methoden der Experten- und Stakeholdereinbindung, 2015, S. 217-219

81 Rust, Zukunftsillusionen, 2008

82 Vgl. Rust, Zukunftsillusionen, 2008, S. 16-20

83 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 30-33

84 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 33

85 Vgl. Gausemeier , Fink & Schlake, Szenario-Management, 1996, S. 33

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Möbelindustrie 2030. Entwicklung plausibler und konsistenter Zukunftsszenarien mit Berücksichtigung von additiven Fertigungsverfahren
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt  (Fakultät Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Strategisches Management, Zukunftstechnologien
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
109
Katalognummer
V343462
ISBN (eBook)
9783668338807
Dateigröße
8521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Szenariotechnik, Möbelbranche, Zukunftstechnologien, strategisches Management, additive Fertigungsverfahren, 3D-Druck, 2030, Möbelindustrie, Zukunftsszenarien
Arbeit zitieren
Florian Feyen (Autor:in), 2016, Möbelindustrie 2030. Entwicklung plausibler und konsistenter Zukunftsszenarien mit Berücksichtigung von additiven Fertigungsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343462

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