Darstellung des Geniebegriffs in Kants Kritik der Urteilskraft


Hausarbeit, 2016

12 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einbettung des Geniebegriffs in der Kritik der Urteilskraft

3. Neudefinition des Geschmacks- und Geniebegriffs

4. Das Verhältnis von Genie und Geschmack

5. Fazit

6. Literatur

1. Einleitung

Die Kritik der Urteilskraft bildet die dritte der drei Hauptwerke von Immanuel Kant. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Lehre vom ästhetischen Urteil, während sich der zweite Teil mit der Auslegung der Natur mittels Zweckkategorien befasst.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung des Geniebegriffs, welcher im ersten Teil der Kritik der Urteilskraft eingeführt und dargestellt wird. In welchem Zusammenhang führt Kant diesen Begriff ein und in welchem Zusammenhang steht dieser zu dem Terminus des Geschmacks? Diese Fragestellung begleitet die drei Kapitel der Arbeit und versucht sie näher zu erläutern.

Kapitel zwei führt die Einbettung des Geniegedanken in der Kritik der Urteilskraft näher aus. Hierbei werden die Paragraphen 43-50 genauer in den Blick genommen und vorgestellt. Es wird aufgezeigt, wie die Herleitung des Begriffes erfolgt und welche Bedingungen geschaffen werden müssen, um das Genie in §46 direkt zu benennen. Die Aufschlüsselung des Kunstbegriffes in seine Einzelteile und schließlich die Unterscheidung von schöner Kunst und Natur werden hierbei in den ersten Paragraphen vorgenommen. Nach der Einführung des Geniebegriffs folgt in den weiteren Paragraphen eine Charakterisierung des Begriffes mit seiner Abgrenzung zu den Wissenschaften. Ab §48 verbindet Kant schließlich das Genie mit dem Terminus des Geschmacks und führt ihr Verhältnis zueinander näher aus.

Das nächste Kapitel dieser Arbeit trägt den Titel „Neudefinition des Geschmacks- und Geniebegriffs“ und beschäftigt sich zum einen mit der Ursachenforschung, weswegen es von Kant überhaupt als nötig angesehen wurde einen neuen Geniebegriff zu definieren und zum anderen mit den Eigenschaften, welche ein Genie haben muss, um als solches zu gelten. Hierbei legt Kant besonderen Wert auf die „Naturgabe“, welche jedem Genie angeboren innewohnt.

Das vierte Kapitel stellt die beiden Termini Genie und Geschmack vor und setzt sie miteinander in Verbindung. Interessant ist hierbei zu sehen, wie Kant das Zusammenspiel der beiden bewertet und beschreibt. Für diese Ausführungen werden besonders die Paragraphen ab 46 in den Blickpunkt gerückt, da diese den gegenseitigen Einfluss verdeutlichen. Es wird hierbei darauf zu achten sein, welcher der beiden Termini der eigentlich dominierende Part ist und auf welche Weise sie in Synthese treten.

Den Abschluss der vorliegenden Arbeit bildet das Fazit, welches die oben genannte Fragestellung noch einmal aufgreift und eine Gesamtbetrachtung der herausgestellten Positionen enthält.

2. Einbettung des Geniebegriffs in der Kritik der Urteilskraft

Die Paragraphen 43-54 bilden in der Kritik der Urteilskraft[1] einen eigenen, abgeschlossenen Teil, welcher in der Deduktion aufgeht. Hierbei entwickelt Kant eine Kunsttheorie, welche nach einer Abgrenzung des Begriffs der Kunst durch drei Schritte von anderen Begriffen mit einer Einführung seines Geniebegriffs einhergeht.[2]

Den ersten Schritt bildet die Abgrenzung der Kunst von der Natur, indem die Vernunft als Grundlage für Kunst angesehen wird. Denn zum Beispiel erscheint ein Bienenstock vordergründig als Kunst, aber wenn man darüber nachdenkt, „daß sie [die Bienen] ihre Arbeit auf keine eigenen Vernunftüberlegung gründen, [...] ist [es] ein Produkt ihrer Natur.“[3] Eine genauere Definition bildet die Unterscheidung, dass man nur dasjenige ein Kunstwerk nennen kann, was „ein Werk der Menschen“ ist.[4] Die zweite Abgrenzung der Kunst erfolgt vom Begriff der Wissenschaft, also der Unterscheidung des „praktischen vom theoretischen Vermögen“[5]. Demnach liegt der Schwerpunkt der Kunst auf praktischem Können im Gegensatz zum theoretischen Wissen.[6] Die letzte Unterscheidung liegt zwischen Kunst und Handwerk, genauer gesagt in dem Unterschied von „freier“ Kunst und „Lohnkunst“. Der Handwerker betreibt seine „Lohnkunst“, um Geld zu verdienen, wohingegen der Künstler eine Kunst ausübt, „die für sich selbst angenehm ist“.[7]

Nach der klaren Abgrenzung der Kunst von anderen Begriffen teilt Kant in §44 diese in zwei Kategorien ein, nämlich in die mechanische und die ästhetische Kunst. Hierbei ist die mechanische Kunst diejenige, welche einen Gegenstand wirklich macht, indem sie „die dazu erforderlichen Handlungen verrichtet“.[8] Die zweite Kategorie bildet die ästhetische Kunst, welche noch einmal in die angenehme und die schöne Kunst unterteilt wird. Ästhetische Kunst wird allgemein so verstanden, dass sie ein „Gefühl der Lust zur unmittelbaren Absicht“ hat. Der Begriff der angenehmen Kunst umfasst die Bereiche, „welche bloß zum Genusse abgezweckt werden“.[9]

Hierzu zählen zum Beispiel das Erzählen von Geschichten oder ein im Hintergrund spielendes Orchester, welchem keine direkte Aufmerksamkeit gezollt wird, sondern dieses bloß zur Unterhaltung dient.[10] Schöne Kunst hingegen „ist eine Vorstellungsart, die für sich selbst zweckmäßig ist, und obgleich ohne Zweck, dennoch die Kultur der Gemütskräfte zur geselligen Mitteilung befördert“.[11] Sie dient also dazu, Vorstellungen hervorzurufen, die zweckmäßig und daher lustvoll sind.[12]

Der §45 bildet die Verknüpfung zwischen den vorherigen Ausführungen zu der Wesensart der Kunst und dem kantischen Geniebegriff. Nach Kant kann „Kunst nur schön genannt werden, wenn wir uns bewußt sind, sie sei Kunst, und sie uns doch als Natur aussieht“.[13] Demnach besteht die Zweckmäßigkeit der Kunst darin, dass sie nur in der bloßen Betrachtung gefällt.[14] Die bloße Betrachtung lässt hierbei die Sinnesempfindungen außer Acht. Deshalb muss durch den Produzenten der absichtlichen Kunst versucht werden, diese als nicht absichtliche erscheinen zu lassen. Die dafür erforderlichen Komponenten werden von Kant als „Pünktlichkeit“, also die Herstellung unter Bezugnahme bestimmter Regeln, und „Peinlichkeit“, die Vermeidung, dass diese angewandten Regeln durchblicken, dargestellt.[15] Schließen lässt sich aus diesen Ausführungen, dass der Künstler sein Handwerk gelernt haben muss, um die Regeln der Schulform anwenden zu können. Dieses bedeutet jedoch, dass nicht jeder Künstler zwangsläufig ein großer Künstler ist, denn schöne Kunst kann nur durch „Pünktlichkeit“ ohne „Peinlichkeit“ erzeugt werden.[16]

Im Zuge dieser Darstellungen führt Kant im §46 den Begriff des Genies ein: „Genie ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel gibt. Da das Talent, als angebornes produktives Vermögen des Künstlers, selbst zur Natur gehört, so könnte man sich auch so ausdrücken: Genie ist die angeborne Gemütsanlage (ingenium), durch welche die Natur der Kunst die Regel gibt.“[17] Die Natur ist die eigentlich leitende Instanz, durch welche die Arbeit des Genies überhaupt erst ermöglicht wird. Die zuvor aufgeführten Komponenten sind nur die Grundpfeiler für die Herstellung eines schönen Kunstwerkes. Es gehört jedoch ein Können hinzu, welches über das begriffliche Wissen hinausgeht und nicht durch einen Schulunterricht erlernt werden kann.[18]

Es ist also zu schlussfolgern, dass „die schöne Kunst nur als Produkt des Genies möglich [ist]“. Das Genie besitzt nach Kant vier Eigenschaften, die es von anderen Künstlern abgrenzt. Es ist ein Talent, welches keine Regel voraussetzt und daraus seine Originalität bezieht. Zweitens hat es eine musterhafte Originalität, in Abgrenzung zu sinnloser Originalität. Dies bedeutet, dass das Genie kein Produkt aus Regeln ist, sondern selbst eine Regel für das Urteil über andere Produkte, also exemplarisch sein muss.[19] Die dritte Eigenschaft wird detaillierter ausgeführt und zeigt das Genie als Künstler, welcher selbst nicht weiß, wie er sein Produkt zustande bringt. Das Genie weiß nicht, „wie sich in ihm die Ideen dazu herbei finden.“[20] Der letzte Punkt fügt nichts Neues hinzu, sondern bestätigt, „daß die Natur durch das Genie nicht der Wissenschaft, sondern der Kunst die Regel vorschreibe“, und setzt sie auf diese Weise bewusst von der Wissenschaft ab.

Der nächste Paragraph stellt eine klare Unterscheidung zwischen schöner Kunst und Wissenschaft heraus. Zum einen ist „daß Genie dem Nachahmungsgeiste gänzlich entgegen zu setzen“ und zum anderen charakterisiert das Genie die Tatsache, dass seine Vorgehensweise nicht rekonstruier- und nachahmbar ist.[21] Diese Differenz wird anhand des Gegensatzes der Wissenschaften, deren Errungenschaften Schritt für Schritt nachvollziehbar sind, und der Dichtkunst vollzogen, in welcher ein Homer niemals ausführen könnte, welche „gedankenvollen Ideen in seinem Kopfe hervor und zusammen finden“.[22]

Paragraph 48 hat das Verhältnis des Genies zum Geschmack zum Thema, in welchem der Geschmack nötig ist, schöne Gegenstände zu Beurteilen (Rezeption), wohingegen Genie benötigt wird, um diese Gegenstände hervorzubringen (Produktion).[23] Kant bringt eine weitere Unterscheidung ein, nämlich die Gegenüberstellung von Natur- und Kunstschönheit: „Die Naturschönheit ist ein schönes Ding; die Kunstschönheit ist eine schöne Vorstellung von einem Dinge“.[24] Naturschönheiten gefallen anhand ihrer ansprechenden Form in der bloßen Betrachtung und werden vom Geschmack beurteilt. Anders hingegen verhält es sich mit dem Kunstschönheit, in welcher der Geschmack als solches nicht für eine Beurteilung schöner Dinge ausreicht, sondern er mit begrifflichem Wissen einhergehen muss. In diesem Zusammenhang führt Kant im nächsten Paragraphen den Begriff der „Darstellung ästhetischer Ideen“[25] ein, um das Können des Genies als Vermögen genau dieser Darstellung zu erklären.[26]

[...]


[1] Im Folgendem abgekürzt mit KdU.

[2] Teichert, Dieter: Immanuel Kant. Kritik der Urteilskraft. Ein einführender Kommentar, Paderborn 1992., S. 87.

[3] KdU 174, S. 303.

[4] Ebd. 174, S. 303

[5] Ebd. 175, S. 303.

[6] Teichert, S. 87.

[7] KdU 176, S. 304.

[8] Ebd. 177, S. 305.

[9] Ebd. 178, S. 305.

[10] Bruno, Paul W.: Kant`s Concept of Genius. Its Origin and Function in the Third Critique, London 2010., S. 103.

[11] KdU 179, S. 306.

[12] Teichert, S. 88.

[13] KdU 179, S. 306.

[14] Teichert, S. 88.

[15] KdU 180, S. 307.

[16] Teichert, S. 89.

[17] KdU 181, S. 307.

[18] Teichert, S. 90.

[19] Valle, Julio del: Der Kompass und die Segel. Kants Bestimmung der Kunst und des Genies, Inauguraldissertation, Heidelberg 2004, S. 110.

[20] KdU 182, S. 308.

[21] Ebd. 183-184, S. 308-309.

[22] Ebd. 184, S. 309.

[23] Teichert, S. 91.

[24] KdU 188, S. 311.

[25] Ebd. 192, 314.

[26] Teichert, S. 92-93.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Darstellung des Geniebegriffs in Kants Kritik der Urteilskraft
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Kant-Kritik der Urteilskraft
Note
1,0
Jahr
2016
Seiten
12
Katalognummer
V343205
ISBN (eBook)
9783668330542
ISBN (Buch)
9783668330559
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Genie, Geschmack, Das Schöne, Ästhetik
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Darstellung des Geniebegriffs in Kants Kritik der Urteilskraft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343205

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