Dossier über den Stand der Entwicklung der CARPO-Technologie für Rotationssysteme

Intelligente Mechanik nach dem Vorbild der Mittelhandknochen der Wirbeltiere


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2016

110 Seiten

Dipl.-Ing. Michael Dienst (Autor:in)


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Leseprobe


Dossier uber den Forschungsbedarf und den Stand der Entwicklung der CARPO- Technologie fur Rotationssysteme

Mi. Dienst, Berlin im Sommer 2016

TITEL der Forschungslinie

CARPO.POC (Proofe of Concept)

Losungsprinzip, Konzept, Entwurf, Konstruktion, Prototyping und experimen- telle Erprobung flexibler Tragflugel fur Stromungsmaschinen nach dem Vorbild der Mittelhandknochen (Meta-Carpus) der Meeressager. Die Prinzipielle Losung schlieftt numerische Analysen von Strukturkinematik und Stromung ein.

PRAAMBEL

Wir sprechen von intelligenter Mechanik, wenn ein mechanisches System die Idee eines Manovers erkennt, sich passiv klug verformt und dann autonom dieses Manover ausfuhrt. Die Energie der Formanderung der Struktur stammt aus der Umgebung.

ADAPTION

How the PHYSICAL IMPACT shapes a bodies FUNCTION. Anpassungsphano- mene in der belebten Natur konnen recht unterschiedlich sein. Fitness (engl. Fitness, Angepasstheit, Tauglichkeit) ist ein Fachbegriff aus der Populations- genetik bzw. der Evolutionstheorie. Haufig benutzte Synonyme sind Anpassungs- bzw. Adaptationswert, relative Uberlebensrate oder Eignung. Die Fitness betrachtet Anpassungsphanomene von Wesen in evolutionsrelevanten Zeitraumen: Leben oder Generationen von Leben. Die Fahigkeit eines Individuums zur Adaption bzw. Adaptation (von lat. adaptare', anpassen, verandern) ist eine ortliche, lokale (Anpassungs-) Leistung der Transformation, des Gestaltwandels und/oder der Funktionsanpassung und sie ist zeitlich ad hoc. Die Anpassung (Adaptation) des biologischen Auges an die im Gesichtsfeld vorherrschenden Leuchtdichten, die Pflanzenbewegungen (Taxien, Nastien, Tropismen oder autonome Bewegungen) die der einzelnen Pflanze dazu dienen, den Lebensraum bestmoglich auszunutzen bzw. zu erschlieften oder um Gefahren auszuweichen, sind populare Beispiele der Funktionsanpassung durch Adaption. Adaptionsprozesse konnen sehr komplex sein, aber gleichzeitig einfache mechanische Funktionsursachen besitzen. So nutzen beispielsweise wandernden Fische (Lachsartige, Salmoniden) Wirbelstrukturen, um ihrer Umgebung bis zu 40% der zum Bergaufschwimmen erforderlichen Energie zu entziehen. Die mechanische Ursache sind so genannte „nichtorthodoxe Beaufschlagungs- Bewegungs- Regime, NOB" der Flossenstrahlen, denen eine sehr einfache Konstruktion zu Grunde liegt. Wir Menschenwesen nutzen taglich die Parallelogramm-Formation des Fuft-Beine-Becken-Kollektivs um auf eine sehr elegante Weise (NOB) unseren Korperschwerpunkt in eine vorteilhafte Position zu verlagern, beispielsweise bei Ausgleichen eines abrupten Bremsvorgangs (negative Beschleunigung) im U-Bahnbetrieb. Autoadaptions- phanomenen ist gemein, dass die den Prozess antreibende Energie aus der Umgebung des Systems stammt und in sinnfalligen Beispielen die Reizrichtung des physikalischen Impact annimmt (orthodoxe Beaufschlagungs- Bewegungs- Regime). Beispiel ist der Fototropismus mancher Pflanzen (-bluten). Anders die Nastien (griech. nastos = festgedruckt) von Pflanzenorganen; sie werden von einem Auftenfaktor ausgelost, jedoch sind die Gestaltanderungen von der Struktur (physiologisch oder morphologisch, dorsiventral[1] ) der Organe festgelegt und nicht von der Reizrichtung. Nach kurzer Beaufschlagung kehrt die Pflanze von selbst wieder in die Ausgangslage zuruck (Autonastie). Ein Beispiel fur orthodoxe Autoadaption aus der Technik ist die Windfahne eines Windmuhlen-Repellers. Bei Anderung der Beaufschlagungsrichtung der (das Windrad antreibenden) Stromung richtet die Windfahne das Windrad wieder in eine stromungsgunstige (ggf. die optimale) Position. Betrachte auch: die Horizontal-Sturmsicherung kleiner Windrader.

Konzepte der Autoadaption in der belebten und unbelebten Natur und in der Technik implizieren Transformation und Gestaltwandel und zielen auf eine Funktionsanderung. Erfolgt der Gestaltwandel nicht durch Wechsel einer Anordnung (z.B. ein Hebel wird ausgetauscht) sondern in der Struktur (z.B. die Verwolbung einer Funktionsflache), treten Verschiebungen und Verzerrungen des Korpers auf, deren Zustandsbeschreibungen sehr komplex sein konnen. Differentialkonstruktionen sind gut geeignet, Bauteile oder Baugruppen zu substituieren und dem Gesamtsystem eine Anderung der Funktion aufzu- pragen. Integralkonstruktionen sind einer Substitution (eher) unzuganglich; die geforderte Transformationstauglichkeit muss ihnen inharent sein. Fragen wir also nach der Beschaffenheit der Inharenz der Gestaltwandelbarkeit. Adaptionsszenarien setzen eine formale Eignung des Systems zur Transfor­mation, zum Gestaltwandel und zu einer Funktionsanderung voraus. In einem ersten Hub mag man vielleicht von einer „gewissen Flexibilitat" des Systems sprechen und damit die Elastizitat einer Struktur meinen. Sicher bieten in bestimmten Fallen elastische Systeme Vorteile. So ist man beispielsweise dazu ubergegangen die Blinker von Einzylinder-Enduro-Motorradern generell auf elastischen Kunststoffpylonen „wackeln zu lassen", statt sie wie fruher mit immer massiveren Halteflanschen aus Stahl zu fixieren. Wenn wir als Gestalter die Krafte in einer elastischen Konstruktion „spazieren fuhren" wird uns die Fahigkeit der Struktur zum Gestaltwandel in einer sinnfalligen Weise sichtbar. Doch ist mit „Eignung zur Transformation" genau dies auch gemeint? Eher nicht.

In der Biologie ist die Konstruktions-Morphologie[2] die Lehre von Struktur, Form, Formerzeugung und Funktionsweise der Organismen. Dort in der belebten Natur, setzt (Auto-) Adaption konstruktionsmorphologische Regime voraus; Organe beispielsweise, oder Gewebe. Erst diese sind einer funktionsmorphologischen Betrachtungsweise zuganglich, die nach und nach Erkenntnisse generiert, welche in die gesamtkonstruktive Organismenbe- trachtung der Konstruktionsmorphologie integriert werden (konnen). Ein sehr kluger Ansatz. Dass wir (deutschen) Ingenieure mit unseren „problem- orientierten[3] " Produktentwicklungsmethoden so erfolgreich sind und so gerne und mit einer gewissen Uberheblichkeit auf unsere (englischsprachigen) Kollegen herabschauen, die „produktorientierte[4] " Betrachtungsweisen bevorzugen, ist noch lange nicht uberwunden und definitiv kein Konzept fur eine (schone) Zukunft. Das Festhalten, an einer (der einen als auch der anderen) Methodik mag daran liegen, dass uns selten Gestaltungsaufgaben gestellt werden, die von einer Maschine als einem WESEN, als einem transformationstauglichen, konstruktionsmorphologischen Regime ausgehen muss um ein Autoadaptionsphanomen zu materialisieren oder wenigstens das

Gestalten zu erleichtern. Dem Leser sei diesbezuglich das Kapitel METHODEN DES VORGEHENS in diesem Aufsatz empfohlen.

Gehen wir an dieser Stelle produktorientiert vor, also von auRen nach innen gerichtet! Zunachst einmal ungeachtet von und neutral gegenuber einer komplexen Innenkonstruktion mit Gewebe, Sehnen, Knochen, Nerven und GefaRen eines Tragflugelregimes sieht die konstruktionsmorphologische Sicht auf ein biologisches System die Kontur (eines Flugels) als eine Systemgrenze, die ein zu untersuchendes kompliziertes Jnnenmilieu" mit einer nicht minder komplexen auReren „Umgebung" (Evironment) verbindet. Verbindet, nicht trennt! Man konnte auch sagen, die (aus der systemischen Sicht stammende) technische „System-Grenze" wird in einer konstruktionsmorphologischen Betrachtungsweise durch eine „System-Kopplung" ersetzt. Diese System- kopplung ist real. Leider aber ist die Realitat als solche nur in einem unglaublich geringen MaRe von uns Menschen und selbst von unseren feinjustierten Apparaten und sensiblen Instrumenten uberhaupt „wahrnehmbar", weswegen man sinnvoller Weise besser von einer Wirklichkeit spricht. Wirklichkeit, im Sinne von Wechselwirklichkeit, ist einer Quantifizierung, wie wir sie gewohnt sind, zuganglich. Die „Stromungswirklichkeit" einer fluidisch beaufschlagten Tragflugelflache fur die wir eine (inzwischen groRe) Schar von beschreibenden GroRen und Parametern besitzen, ist Gegenstand zahlreicher zum Teil sehr unterschiedlicher Modellansatze, die mit dem Begriff des Computational Fluid Dynamics, CFD uberschrieben sind. In unseren weiteren Betrachtungen werden gitterbehaftete[5] und so genannte gitterlose[6] Verfahren der Systemmodel- lierung und Simulation auftauchen. Bei allen Unterschieden ist ihnen gemein, dass sie von einem kausalen Kern einer physikalischen Wechselwirkung (einer physikalischen Wechselwirklichkeit) ausgehen und uns Erkenntnisse liefern, die von genau jenen Tragflugeleigenschaften handeln, die wir untersuchen wollen. Welch ein Gluck. Diese Erkenntnisse konnen treffend und genau, im Sinne von „nahe der Wirklichkeit" oder auch weniger scharf sein. Die Zeit die wir fur eine Berechnung der Stromungswirklichkeit zu investieren bereit sind, skaliert fur die einen und fur die anderen Verfahren um den „Faktor 1000". Ob nun mathematisch genau und/oder numerisch unscharf, an der Systemkopplung von Innenmilieu und dem Environment des Tragflugels treffen wir eine physikalische Wechselwirklichkeit an: Die Systemkopplung ist wirklich. Und sie ist (mehr oder weniger exakt) quantifizierbar. Unsere eingangs gestellte Frage: „How the PHYSICAL IMPACT shapes a FUNCTION" suggeriert eine bestimmte Richtung des Reizes, einen definierten Richtungssinn des physikalischen Impacts. Das ist nicht der Fall; was unsere Untersuchungen naturlich nicht einfacher macht. Vielmehr wirkt die Stromung auf die Tragflache, andert gegebenenfalls deren Form und die Tragflache ihrerseits konditioniert die Stromung im Nachlauf des Flugels. Die Fluid-Struktur-Wechselwirkung an der Systemkopplung ist also zweiseitig. Mindestens, denn naturlich wissen wir inzwischen auch, dass die physikalische Wechselwirkung um einen Tragflugel Orte im Stromungsfeld erreicht, die geometrisch-zeitlich vor der Ebene der Tragflache liegen (ahnlich dem „Riss im Wackelpudding" der dem Messer vorauseilt - ausprobieren - oder die Welle vor dem Bug des Schiffes). Auch hier zwingt die konstruktions-morphologische Betrachtungs-weise zu einem Paradigmenwechsel, oder besser zu einem Paradigmenzuwachs. Wahrend im Schiffbau beispielsweise die griffige Formel „Lange lauft" aus der systemischen Sicht stammend, den Umstand beschreibt, dass der Bereich vorteilhafter Froudezahlen und damit die theoretische Rumpf-geschwindigkeit eines Seefahrzeugs mit zunehmender Konstruktionswasserlange leichter erreicht wird, den Status eines Mythos erreicht, tut sich selbst das Yachtdesign derzeit schwer, die Formel „die Welle Bleibt im Schiff" auch nur einer analytischen Wurdigung zu unterziehen. Dabei sieht doch jedes Kind, dass der wellenmachende Marlboro-Man mit seinem Motorboot enorme Energie nutzlos in den See koppelt, wahrend ein moderner Yachtrumpf genau dann optimal „lauft" wenn er eine kleine benetzte Rumpfoberflache besitzt und moglichst wenig in das Oberflachen-Wellengeschehen des Gewassers eingreift oder die „foilende Segeljolle" mit der gleichen Geschwindigkeit des Motorbootes die Wasseroberflache nahezu unberuhrt uberfliegt.

GESTALTANDERUNGSPARADIGMATA

Das unten naher beschriebene CARPO-Prinzip „greift" in seiner Variante ersten Grades den lokalen Grundmechanismus der sich unter mechanischer Last passiv verformenden Mittelhand der Wirbeltiere heraus und wendet ihn auf (gestalt-) morphologische[7] Formanderungsaufgaben bei technischen Trag- flugeln an. Die Getriebekinematik nach dem CARPO-Prinzip wird nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse zunachst nur an der Tragflugelwurzel verortet. Grundsatzlich kann das Gestaltungsprinzip an einer Tragflache mehrmals auftauchen. Eine CARPO-Tragflache ersten Grades besitzt begrenzte Moglich- keiten passiver Formanderung. Von einer Getriebekinematik nach dem CARPO- Prinzip konnen unterschiedliche Gestaltanderungsaufgaben gelost werden.

Bisher haben wir drei Formanderungsaufgaben identifiziert, die wir mit den semantischen Paradigmata CANT, CURV und WRIS bedeuten.

CANT ANWINKELN der Tragflache und RELAXIEREN.

CURV WOLBEN der TragflacheundRELAXIEREN.

WRIS TORDIEREN der Tragflache und RELAXIEREN.

Gestaltanderungsaufgaben und ihre Bedeutungen, die Gestaltanderungs- paradigmata[8] CANT, CURV und WRIS, konnen aus unterschiedlicher Richtung gestellt werden. Sie bestimmen das physikalische Wechselwirkungs-geschehen um das zu entwerfende Tragflugelsystem. Die zu einer Deformation erforderliche Gestaltaderungsenergie wird in die Struktur eigekoppelt oder der Struktur entnommen. Die Verformungsarbeit an der Struktur bleibt wahrend der Beaufschlagung im System enthalten. Der physikalische Impact soll in den von uns in diesem Vorhaben betrachteten Fallen aus den Stromungskraften stammen, aus Fliehkraften und Corioliskraften[9].

Aus einer (struktur-) energetisch niederen Ruhelage der Tragflache kann die Struktur unter mechanischer Belastung in eine (fluidmechanisch) neutrale Verformungslage gezwungen werden und umgekehrt. Das CARPO-Gelenk in seiner Variante ersten Grades kann so angeordnet sein, dass es die Struktur beugt (A-Konfiguration, bend) oder streckt (V-Konfiguration, spin out). In der Regel ist die Gestaltanderungsaufgabe CANT im Wurzelbereich des Tragflugels die die Verformung einleitende Bewegung. Die Verformungsaufgaben:

CANTA2N: die Tragflache steht in ihrer Ruhelage orthonormal auf einem Bezugssystem (z.B. einer Rotornabe). Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und zum Anwinkeln der Tragflache (cant angle to neutral).

N2A: die Tragflache ist in ihrer Ruhelage angewinkelt gegenuber einem Bezugssystem (z.B. einer Rotornabe). Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und zu einer senkrechten Anordnung der Tragflache (neutral to cant angle).

CURV I2C: die Tragflache bildet in ihrer Ruhelage ein symmetrisches Profil aus. Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und zu einem asymmetrischen Profil der Tagflache.

C2I: die Tragflache bildet in ihrer Ruhelage ein asymmetrisches Profil aus. Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und zu einem eher symmetrischen Profil der Tagflache.

WRIS T2N: die Tragflache hat in ihrer Ruhelage mit einem Anstellwinkel grower Null gegenuber der Hauptstromungsrichtung des Fluids. Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und in Richtung einer Neutralstellung des Tragflugels relativ zur Stromung (twist to neutral).

N2T: das Flugelprofil der Tragflache hat in seiner Ruhelage einen Anstellwinkel von Null gegenuber der Hauptstromungsrichtung des Fluids. Ein physikalischer Impact fuhrt auf eine Strukturverformung und zu einer Anstellung des Tragflugels relativ zur Stromung (neutral to twist).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die belastungsadaptiven Gestaltanderungsvorgange am elastischen Tragflugel sind in ihrer Art Natur komplex.

Mindestens zwei der formalen Verformungsaufgaben CANT, CURVE und WRIS bilden miteinander ein prozessorganisatorisches Beziehungssystem: sie bedingen einander und bilden ein Funktions- und gestaltmorphologisches Regime aus. Es ist davon auszugehen, dass zu einer komplexen Tragflugel- verformung alle Wechselwirkungsphanomene CAN, CURVE und WRIS gleichzeitig Beitrage zu dem funktionsmorphologischen Regime leisten auf die der Gestaltungs- und Entwicklungsvorgang zielt. In der Konstruktionspraxis stellt sich heraus, das das biologische Gestaltbildungs- bzw. Gestaltanderungs- paradigma, dass die Elastizitat des Mittelhandsystems aus den Fugen des „biologischen Getriebes" stammt, in technischen CARPO-Gelenksystemen ungewollte Stabilitatsprobleme auftauchen lasst. Hier, bei den technischen Adapten soll (in einem ersten Hub) die fur funktions-morphologische Gestaltanderungen erforderliche Elastizitat aus der Struktur stammen. Die belastungsinduzierten Gestaltanderungen setzen sich aus Verschiebungen und Verzerrungen der Struktur zusammen. In der Berechnungs- und Simulationspraxis zum Thema hat sich das systematische Monitoring ausgewahlter Spekulationsorte (gegeben durch TIP, MEDIAN, WURZEL und BUG, MITTE, HECK) auf der Tragflugelkontur bewahrt. Die einschlagige Analyse der funktionsmorphologische Gestaltanderungen ist Gegenstand der avisierten Forschung. Solange wir die dreidimensionalen Gelenkgetriebe nicht vollstandig verstehen, gelingt ein parametrisches, reversives Konstruieren nicht. Deshalb ist das Vorhaben CARPO so notwendig und nutzlich.

GEGENSTAND DER UNTERSUCHUNG

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das CARPO-Prinzip ersten Grades soll im Vorhaben CARPO.POC (Proofe of Concepts) auf drei durchaus unterschiedliche Stromungsmaschinen angewandt und untersucht werden. Gegenstand der Untersuchung soll ein Axialgeblase, eine vertikalachsige Windkraftanlage (H-Rotor) und der Rotor einer Wellsturbine sein. Der jeweils kurzen Ausfuhrung zum Stand der Technik ist eine daraus ableitbare Problemstellung angefugt und die vom CARPO-Prinzip getragene Losungsoption benannt.

Gemeinsam ist den drei Maschinen, dass sie im Medium Luft arbeiten, das CARPO-Konstruktionsprinzip auf einen rotierenden Tragflugel angewendet werden soll und sich die jeweiligen Problemstellungen auf das Band wirkungsgradopti- maler Betriebszustande bezieht, das mit passiv adaptiven Trag- flugeln verbreitert werden soll.

Die Deformation soll sich in erster Linie auf die Tragflugel- profile und deren zu verbessern- de Stromungswirklichkeit bezie- hen.

Das Stromungsprofil bezeichnet die Form eines Stromungs- korpers in Stromungsrichtung des umgebenden Fluids. Die Kontur eines Stromungsprofils bezeichnet die umhullende Gestalt des Stromungskorpers. Besonders konturiert sind Stromungsprofile fur Krafttragflachen und Arbeitstragflachen. Durch die spezifische Form von Kraft- und Arbeitstragflachen und durch die Umstromung des Fluids kommt es zu einem Wechselwirkungsgeschehen, das durch Energieaustausch gekenn- zeichnet ist.

Krafttragflachen sind fluidmechanisch wirksame Tragflugel die geeignet sind, vornehmlich dem bewegten umgeben-dem Fluid Energie zu entziehen. Beispiele sind die Repellertragflachen einer Windkraftanlage, die Schaufeln einer FlieBwasserkraftanlage oder ein Kanupaddel wahrend des Manovrierens. Arbeitstragflachen sind fluidmechanisch wirksame Tragflugel die vornehmlich Energie in ein umgebendes Fluid einkoppeln. Beispiele sind die Leit- und Steuerflachen von Luft- und Seefahrzeugen, Schaufeln von fluid-mechanischen Antrieben und das Paddel eines Kanus oder eines Kajaks. Fur Kraft- und Arbeitstragflachen von Stromungsmaschinen wird in der Regel eine mechanisch starre Form, ein deklaratorisch definiertes Profil und eine nichtflexible Kontur angestrebt. Die Profile von Kraft- und Arbeitstragflachen nach Stand der Technik sind hinsichtlich ihrer Lateralkontur in der Regel entweder definiert symmetrisch oder definiert asymmetrisch. Zentralsymmetrische Profile sind in der Konstruktionspraxis und in der Anwendung fur Stromungsmaschinen eher unublich. Eine Ausnahme bildet die gekrummte Platte (langen-symmetrisches Profil) oder ebene Platte (lateral- und langensymmetrisches Profil) fur einfachste Kraft- und Arbeitstragflachen, etwa bei kleinen Seefahrzeugen.

GEBLASE

STAND DER TECHNIK. Geblase

Pumpen, Verdichter und Geblase sind Arbeitsmaschinen. In Stromungs- arbeitsmaschinen wird von einem mit Schaufeln besetzten Rotor an ein kontinuierlich stromendes Fluid Arbeit ubertragen und ihm dadurch Energie zugefuhrt. Verdichter und Geblase sind entscheidende Elemente industrieller verfahrenstechnischer Prozessketten. Sie ubernehmen vielfaltige Forderaufgaben von Flussigkeiten und Gasen in fast allen technischen Anlagen. Weltweit flieBen etwa 20% der industriell eingesetzten Energie in (fluidische) Forderleistung.

Bei Axialgeblasen ist die parallel zur Rotorachse gelegene Geschwindig- keitskomponente maBgebend. Verdichter und Geblase sind auf eine bestimmte Volumenforderleistung (bei definierter Druckhohe) ausgelegt. In diesem Design-Betriebspunkt arbeitet das Geblase optimal und mit hohem Wirkungs- grad. Der reale Fall stellt sich haufig anders dar: in der industriellen Praxis arbeiten Geblase meist nicht im Design-Betriebspunkt. Ist die tatsachliche Kennlinie der zu versorgenden Anlage vom Auslegungsfall abweichend oder ist der Forderbedarf schwankend, spricht man vom Off-Design-Betrieb. Fast alle Geblase arbeiten mehr oder weniger im Off-Design. Verluste durch schlechtere Wirkungsgrade sind die Folge und summieren sich durch den stark verbreiteten Einsatz von Geblasen zu betrachtlichen Summen. Sowohl aus wirtschaftlicher Sicht, als auch vor dem Hintergrund der aktuellen Umwelt- und Klimadebatte ist ein breiterer wirtschaftlicher Betriebsbereich von Luftern und Geblasen hochst wunschenswert. Unter den Stromungsmaschinen sind Geblase besonders von der Verringerung des Wirkungsgrades durch den Off-Design- Betrieb betroffen. Wahrend beispielsweise Umwalzpumpen wirtschaftlich durch eine Drehzahlregelung an die gegebenen Anforderungen angepasst werden konnen, besteht diese Moglichkeit fur Geblase nicht in gleichem Mafte. Hier verschiebt sich der Betriebspunkt bei Drehzahlreduzierung in einen Bereich schlechterer Wirkungsgrade, so dass alle Moglichkeiten zur Einstellung verschiedener Forderstrome wie Drehzahl- Drossel-, Bypass- oder An/Aus- Regelung mit stark verschlechtertem Wirkungsgrad einhergehen. Im Hinblick auf die Energieeffizienz der Gesamtanlage stellen alle diese Moglichkeiten Kompromiss-losungen dar, von denen bei der Neuauslegung einer Anlage jeweils die Variante realisiert wird, von der die geringsten Verluste erwartet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tragflugelprofile fur Axialgeblase. Die Axial durchstromte Arbeitsmaschine ist durch die Einfachheit ihrer Konstruktion und den vergleichsweise hohen Wirkungsgrad aus. Das Axialgeblase im Sinne einer „Kreiselrad- Arbeitsmaschine" legt die Betrachtung der Schaufeln als einen rotierenden Kranz von Tragflugeln nahe. In der Regel sind die Tragflugel profiliert; die Profilkontur ist asymmetrisch. An der Eintrittskante (bugwartig) sind die Profile der Schaufeln angerundet, besitzen (auf der Hohe der Dickenrucklage) eine gewisse Fulle und laufen heckwartig schlank aus.

Die Krummung ist eine Kurve bezuglich der Linie vom Bugpunkt und Heck- punkt. Die Profiltiefe t ist von der Schaufeltiefe s zu unterscheiden. Der Rap­port der Tragflugel uber den Umfang der Nabe ist die Schaufelteilung S. Bei Abwicklung der Zylinder oberflache des koaxialen Zylinderschnitts auf eine Ebene bilden die Konturen der Schaufelprofile das Schaufelgitter (wie in der schematischen Skizze ersichtlich). Die Stromungslinie, auf der der Bugpunkt liegt, identifiziert die Eintrittsgeschwindigkeit in Richtung und Betrag; der Heckpunkt die Austrittsgeschwindigkeit in Richtung und Betrag.

Die Tragflugeltheorie behandelt bei guter Ubereinstimmung von Berechnung und Versuch die Analyse der Stromungswirklichkeit um Tragflugel mit kleinen Stromungsablenkungen. Die tatsachliche Ablenkung der Relativstromung ist bei vielen Axialgeblasen eher gering und bei kleinen Schaufeldichten (S/s)<l durfen die Schaufeln wie Tragflugel in einer freien Stromung betrachtet werden[10]. Das ist fur unsere Betrachtungen von Vorteil. Auf der Grundlage potentialt- heoretischer Untersuchungen werden wir im Vorhaben CARPO-POC die fur die anzutreffenden Anstrom-bedingungen vorteilhaften und sich unterscheidenden Profilkonturen gegenuberstellen. Fragen wir an dieser Stelle kurz, warum die Stromungswirklichkeiten am Schaufelgitter variieren: Mit wachsender Drehzahl des Laufzeugs wird der Eintrittswinkel der Stromung flacher. Ebenso wachst aus rein geometrischen Grunden die „scheinbare" Eintrittsgeschwindigkeit mit dem Abstand des betrachteten Profilquerschnitts von der Rotationsachse. Die Nabenverkleidung des Laufzeugs der Axialkraftmaschine formt ebenfalls das Profil (den Gradienten) der Zustromgeschwindigkeit auf das Schaufelgitter in Richtung und Betrag. Auch hier ist die Stromungswirklichkeit von der Geometrie des vorgelagerten Kanals oder der Einlaufhutze beeinflusst.

STAND DER TECHNIK. Variable Geometrie von Leitapparat und Laufzeug

Die Geblasekennlinie, die gemeinsam mit der Anlagenkennlinie den Betriebspunkt bestimmt, ist eine Funktion der Geblasegeometrie. Um einen breiteren optimalen Betriebsbereich zu erhalten, gibt es seit langerer Zeit die Idee, die Schaufel- oder Leitgittergeometrie variabel zu gestalten. In verschiedenen Patentanmeldungen und Offenlegungsschriften werden Mechanismen vorgeschlagen, die eine variable Krummung der Profilgeometrie einer Schaufel oder Tragflache ermoglichen. Von Seilzugmechaniken (EP 089 057 A2; 1999) uber bewegliche Klappen (DE 199 09 899 Al; 1999) bis hin zu Verformungen des Flugelprofils durch Druckbeaufschlagung im inneren (DE 100 15 942 A1; 2000) (DE 102 56 008 B3; 2004) werden hier unterschiedliche Herangehensweisen letztendlich mit dem Ziel formuliert, die Tragflache oder Schaufel an variable Betriebszustande anzupassen. Bewegliche Klappen an Vorleitradern von Axialpumpen wurden in einer Dissertation an der TU-Berlin (Radke, M. 1992) untersucht. Von auGen angesteuert, sorgen diese fur angepasste Zustromverhaltnisse am Rotor und ermoglichen uber eine Steuerung einen geringeren Abfall des Wirkungsgrades im Off-Design-Betrieb. Eine neuere Entwicklung verfolgt die Idee, die Schaufelgeometrie mit Hilfe einer kinematischen Kette adaptiv zu gestalten (Muller/ Lawrenz 2004). Hier liegt die Intension auf der Gestaltung adaptiver Verdichterschaufeln und/oder Leitradschaufeln in Axialverdichtern, die so in einem bestimmten geometrischen Bereich kinematisch reagieren konnen. Die Schaufel besteht dabei aus drei Segmenten, die gelenkig verbunden sind. Die naturgemaG unsteten Ubergange einer solchen Segmentkette sollen dabei durch Hautplatten geglattet werden.

Als Beispiel fur die Wirksamkeit von verstellbaren Leitschaufeln, ist die Variable Nozzle Turbine (VNT) bei Abgasturboladern zu nennen. Die winkelverstellbaren Schaufeln des Vorleitapparates der Turbine ermoglichen hier einen breiten Betriebsbereich. Die VNT-Technik ist Stand der Technik und wird bereits sehr erfolgreich z.B. in PKW eingesetzt. Mit Ausnahme der kinematischen Kette von Muller und Lawrenz beziehen sich die bisher vorgeschlagenen und untersuchten Mechanismen auf die Schaffung einer Schnittstelle zwischen Flugel/ Schaufelgeometrie und einer, wie auch immer gearteten Aktuator, Steuer- oder Regelanlage; also auf die Herstellung der Steuerungsfahigkeit des Profilkorpers. Fur die Verstellung muss jedoch mit entsprechendem Steuerungsaufwand Energie in den Profilkorper eingeleitet werden. Den aufgefuhrten Konstruktionen ist gemein, dass sie zum Betrieb einen hohen Aufwand an Struktur, steuernder und regelnder Elektronik erfordern. Axialgeblase skalieren von etlichen Metern (Kuhlturme) uber Tunnel- ventilatoren, Entrauchungsgeblasen und Motorkuhlungen bis zu Zentimetern in PC-Luftern und Zentimetern in Kleinstgeblasen. Den Entwicklungskriterien ubergeordnet sind in der Regel hohe Volumenstrome bei geringem Energie- verbrauch und damit hoher Effizienz. Ein Effizienzkriterium ist die durch die Tragflugel des Laufzeugs generierbare Kraft. Schaufelkraft entsteht, wenn durch das Umstromen der Schaufel der Druck auf einer Seite groGer ist, als auf der anderen. So sind z.B. in Axialmaschinen mit in Axialrichtung gekrummten Schaufeln die Geschwindigkeiten nahe der Hohlseite kleiner als auf der Ruckseite mit der Folge, dass der Druck auf der Hohlseite groGer ist als auf der Ruckseite. Die als Druck auf der Schaufeloberflache wirkenden Normalkrafte haben eine Resultierende, die den wesentlichen Teil der Schaufelkraft ergibt. Als Reaktion auf das Integral aller an den Schaufeln angreifenden Krafte wird die Stromung umgelenkt[11]. Die Anordnung der Schaufeln in einer Ebene auf dem Rotor bilden das fur die betrachtete Maschine typische Schaufelgitter ab. Die Hauptaufgabe bei der Gitterauslegung besteht darin, den Zusammenhang zwischen der geometrischen Form der Beschaufelung und der Stromung zu bestimmen. Form und Stellung der Schaufeln ist so zu bestimmen, dass die gegebene Zustromung im Gitter in eine bestimmte Abstromung ubergefuhrt wird. Fur einen stromungstechnisch vorgegebenen Fall setzt der Gitterentwurf inverse Verfahren zur Bestimmung der entsprechenden Formen der Schaufeln und ihrer Stellung im Gitter voraus. Auslegungsziele sind Effizienz der Stromungsbeschleunigung, Minimierung der der Stromung im Gitter aufgepragten Verluste und Standhaltigkeit der Schaufeln hinsichtlich der Beanspruchungen durch Stromungskrafte und der mechanischen Belastung durch Fliehkrafte. Kriterien fur die zweckmaRige Stellung der Schaufeln im Gitter sind (1) BelastungskenngroRen stationar und bei Steigerung der Umlenkung, denn Schaufeldichte und die engste Stelle f zwischen den Schaufeln stellen einen Zusammenhang mit Ablose-Effekten der Stromung bei Anderung der Zustromrichtung her, (2) Profilverluste und (3) Verluste an den Schaufelenden.

Die kollektive Blattverstellung fur Axialgeblase ist Stand der Technik, soll aber fur die Untersuchungen im Rahmen des Vorhabens CARPO-POC keine nennenswerte Rolle spielen. (siehe auch: Kennfelder / Geblasekennlinie)

PROBLEMSTELLUNG. Verdichter und Geblase

Die Tragflugel der Lufter und Geblase vom Stand der Technik sind starr. Die konstruktive Auslegung der Stromungsmaschine besitzt nur einen Schnittpunkt mit der Kennlinie der zu versorgenden Anlage. In der industriellen Praxis ist der Forderbedarf meist schwankend und das Geblase arbeitet nicht im Auslegungs- Betriebspunkt, sondern im Off-Design-Betrieb. Verluste durch schlechtere Wirkungsgrade sind die Folge.

PROBLEMLOSUNG. Verdichter und Geblase. (CARPO.FAN)

Die Minimierung der Verluste ist der zentrale Gegenstand der Untersuchungen von Tragflugelgeometrien im Vorhaben CARPO-POC. Eingedenk der oben benannten Abhangigkeiten sind fur eine gegebene Drehzahl des Laufzeugs die Schaufelgeometrie und das Schaufelprofil einer Optimierung zuganglich. Wir sprechen von einer Konditionierung, wenn sich die Anpassung auf eine Schar von Betriebspunkten auf der Kennlinie erstreckt und die Leistungsentwicklung uber die Drehzahl eine gewisse Robustheit besitzt. Genau hier setzt die Untersuchung profilvariabler Tragflugelgeometrien (wolb- und knickbare Profilkonturen) des avisierten Vorhabens CARPO.POC an.

Der physikalische Impact der fluidmechanisch wirksamen Geblase- Rotortragflache ist gegeben durch (1) die Fliehkrafte an der Struktur und (2) den Stromungsdruck auf die Tragflachenkontur. Das Verformungsgebaren entspricht einer Relaxation im oben beschriebenen Sinn. Eine derart formulierte autoadaptive Tragflache nimmt durch Wechselwirkung mit der Stromung eine Gleichgewichtslage an, die je nach Belastung variiert. Bei verandertem Betriebszustand passt sich die fluidmechanisch wirksame Flache entsprechend der (1) Fliehkraftbeaufschlagung und (2) Druckverteilung an und kann damit eine Ablosung der Stromung weitestgehend vermeiden. Als Resultat dessen kann der Wirkungsgrad des Geblases auch bei Variation von Betriebszustanden weitgehend erhalten bleiben. Die Kennlinie des Wirkungsgrads wird in der Umgebung des Optimalpunktes flacher, der nutzbare Bereich des Geblases breiter. So die Theorie.

Eine Entkopplung der Rotationskrafte aus dem gestaltandernden physika- lischen Impact des adaptiven Tragflugels ist als Konzept und Design auszuloten.

H-ROTOR

STAND DERTECHNIK. H-Rotoren

Uber die Bedeutung der Windkraft beim Ausstieg aus der Fossilen Energie und dem Ruckbau der Kernkraftwerke besteht kein Zweifel. Nicht alleine aufgrund der geologischen Gegebenheiten Europas sind erneuerbaren Energien wie z. B. Wasserkraft, Windenergie, solar Strahlung, Erdwarme und nachwachsende Rohstoffe nicht gleich gestellt. Auch politische Widerstande mussen weiterhin uberwunden werden. Nach den herrschenden Wirtschaftsregeln muss ein substituierendes Energieversorgungssystem ad hoc den Stand der etablierten Technik ubertreffen. Hinsichtlich des Wirkungsgrades und der Energieeffizienz gilt die rezente Windenergieanlage als ausgereizt. Neben den groGen On- und Offshore-Windparks haben in den vergangenen Jahren kleine und Kleinstwindanlagen fur den urbanen Raum an Bedeutung gewonnen. Die Konzepte fur stadtische Windenergieanlagen werden cleverer. Stand bislang die Stromversorgung des Endverbrauchers im Mittelpunkt befurwortender und ablehnender Diskussionen, erlangen Systemkonzepte, wie Wasserpumpen oder Heizmuhlen zur Warmwasseraufbereitung wieder an Bedeutung fur die dezentrale additive Warmeversorgung privater Liegenschaften, aber auch die lokale Energieversorgung von Funkmasten, die Bordelektronik auf Schiffen oder auch Substitutionen fur teuer zu unterhaltende Dieselaggregate in Schwellen- und Entwicklungslandern. Hier ergibt sich (erneut) ein Marktsegment fur kleine, effiziente, dezentrale Windkraftanlagen. Waren die vertikalachsigen Savonius-, Darrieus- und H-Rotoren (Vertical Wind Turbines, VAWT) in den 80er Jahren noch eine ernst zu nehmende Alternative zum klassischen horizontalachsigen Windrad (Horizontal Wind Turbines, HOWT), ging in den nachfolgenden Jahren mit der Optimierung der 3-Blatt-Horizontalmaschine die Schere der erreichbaren Wirkungsgrade weiter auseinander und die aus der Einfachheit der vertikalachsigen Maschine resultierende Wirtschaftlichkeit geriet aus dem Blickfeld der Anwender und der Forscher. Dabei hat diese Maschine gewisse Vorteile: Die Energienutzung ist bei der vertikalen WKA unabhangig von der Windrichtung. Die Schallemission ist geringer als bei den Horizontalachsern. Bei Darrieus- und H-Rotoren konnen die zur Energie- wandlung erforderlichen mechanischen sowie elektrischen Komponenten (Lagerung, Getriebe, Generator und Bremse) in Bodennahe platziert werden. Eine dieserart geerdete Konstruktion ist vorteilhaft hinsichtlich Betrieb und die Wartung und ideal fur urbane Anwendungen. Verglichen mit Horizontalachsern ist die Schwerkraftbelastung der Rotorblatter immer gleichmaGig; Schwingun- gen, Gewichts- und Rotationsbelastungen konnen durch einfache konstruktive MaGnahmen gut begegnet werden. Nachteile sind neben einer konzeptionell und konstruktiv schwer zu losenden Sturmsicherung, dass bodennahe Boen oder Turbulenzen beim schnell laufenden Vertikalachser die Gefahr fur einen fruhzeitigen Stromungsabriss am Rotorblatt bergen.

Darrieus- und H-Rotoren besitzen aerodynamisch Auftrieb erzeugende Tragflugel, wahrend der Savonius-Rotor als Widerstandslaufer[12] gilt. Der H- Rotor ist eine besonders einfache und robuste Ausgestaltung des ursprunglichen Darrieus-Prinzips. Wahrend die gebogenen Blatter des klassischen Darrieus-Rotors oben und unten mit der Rotorachse zusam- menlaufen, besteht der H-Darrieus-Rotor aus geraden, parallel zur Drehachse angeordneten Blattern an Tragarmen. Die Bauform mit zwei oder mehr senkrecht stehenden Blattern und einem horizontalen Tragarm erinnert an den Buchstaben „H", daher der Name. Als Tragflugelprofile werden haufig symmetrische Konturen der vierstelligen NACA-Serie verwendet (z.B. NACA 0016)[13]. H-Rotoren vermeiden einige Nachteile des klassisch gebogenen Darrieus-Rotors. (1) Alle Bereiche eines Blattes bewegen sich gleich schnell, mit einheitlichem Anstellwinkel. (2) Eine Abspannung aus der wirksamen Flache heraus nach unten ist moglich. (3) Geringerer Materialeinsatz bei hoherem Leistungsbeiwert fur die gleiche aerodynamisch wirksame Flache. Eine windrichtungsgefuhrte Blattwinkelverstellung (giromill) kann das Anlauf- verhalten und den Wirkungsgrad verbessern. Das Prinzip ist bereits seit den fruhen 1970er Jahren bekannt. Dem hoheren Wirkungsgrad und besserem Anlaufverhalten steht die Wirtschaftlichkeit bestimmend der hohere Bauaufwand entgegen. Im Bereich bis zu 10 kW Nennleistung werden kommer- zielle Anlagen, die mit einer windrichtungsgefuhrten Blattverstellung arbeiten, beworben. Ob bzw. in welcher Zahl solche Anlagen in Betrieb sind, ist nicht bekannt. In neuerer Zeit sind auch Konzepte entwickelt worden, den H-Rotor in einer Meeres- oder Flussstromung unter Wasser zu nutzen.[14]

PROBLEMSTELLUNG. H-Rotoren

Bodennahe Boen oder Turbulenzen, die fur Widerstandslaufer kein Problem darstellen, sorgen sie beim Darrieus- oder H-Rotor fur einen fruhzeitigen Stromungsabriss am Rotorblatt. Erst ab bestimmten Drehzahlen wird die wechselseitige Beaufschlagung der Tragflugel von der Maschine nur noch als eine pulsierende Richtungsanderung der Stromung wahrgenommen. Eine ernste Konzept- und Gestaltungsaufgabe birgt die geringe Anlaufwilligkeit der Darrieus- und H-Rotoren. Es ist auf Dauer keine Losung, einen H-Rotor elektrisch (mit dem Generator als Motor) anzuwerfen. Darrieus-Maschinen, die mit einem Savonius-Laufer starten, der bei hohen Drehzahlen freilauft sind aufgrund des groReren strukturellen Aufwands eher unwirtschaftlich. Eine kollektive Blattverstellung (Pitch) kann bei gleichzeitiger Inkaufnahme konstruktiver Komplexitat und Steuer- und Kontrollaufwands das Anlaufverhalten und den Leistungsbeiwert der Maschine verbessern. Wunschenswert waren drehzahl- und belastungsabhangige Tragflugelprofile, die sich passiv - und am besten unabhangig voneinander - die herrschende Stromungswirklichkeit adaptieren.

PROBLEMLOSUNG. H-Rotoren (CARPO.H).

Eine adaptive Schaufel nach dem CARPO-Gestaltungsprinzip konnte im Gegensatz zu einem starren symmetrischen Profil uber die gesamte Rotationsperiode Wellenperiode und bei unregelmaRiger Stromungsbeauf- schlagung eine verlustarme Stromungsumlenkung und damit Energiewandlung gewahrleisten, was den Wirkungsgrad der Anlage erhoht. Gleichzeitig stellt die Anwendung des CARPO-Prinzips als Schaufel im rotierenden System mit starker Verformung einen extremen Fall dar, der geeignet ist, die Leistungsfahigkeit des Mechanismus unter Beweis zu stellen. Eine Entkopplung der Rotationskrafte aus dem gestaltandernden physikalischen Impact des adaptiven Tragflugels ist als Konzept und Design auszuloten.

WELLS TURBINEN

STAND DER TECHNIK. Wells Turbinen.

Vor dem Hintergrund der Verknappung fossiler Energieressourcen, dem Ansteigen der Rohstoffpreise und zur Deckung des zukunftigen Energiebedarfs erscheint die Ausnutzung der Wellenenergie in Kustennahe als Energiequelle wirtschaftlich. So kann beispielsweise mit Hilfe einer Stromungskraftmaschine der Brandungswellenhub genutzt werden um Wellen-energie in mechanische und/oder elektrische Energie umzuwandeln. Der Betrieb eines derartigen Energiewandlers erfordert eine zum Meer hin offene Kammer (Wellen- kollektor), in der sich der Wasserspiegel aufgrund der Wellenbewegung periodisch hebt und senkt. Die Kammer ist mit der Umgebung durch einen Stromungskanal verbunden, in dem Luft gefuhrt wird. Bei Wellengang setzt die oszillierende Wassermasse das daruber befindliche Luftvolumen in Bewegung, was zu einer Luftbewegung im Stromungskanal mit zyklisch wechselndem Richtungssinn fuhrt: OWC-Prinzip (Oscillating Water Column). Im Stromungskanal (Luftseite des Kollektors) befindet sich eine Turbinenanlage mit dem charakteristischen Merkmal, dass unhabhangig von der Durchstromungs-richtung, das Laufzeug der Turbine stets in dieselbe Richtung rotiert. Eine, sich stets in dieselbe Drehrichtung rotierende, aber aus unterschiedlichen Stromungs-richtungen beaufschlagte Stromungskraftmaschi- ne ist die Wellsturbine, eine ummantelte Axialstromungskraftmaschine. Bei den bislang bekannt geworden ausgefuhrten Wellsturbinen besitzen die zahlreichen (acht und mehr) Rotorblatter nach Stand der Technik symmetrische Profile und sind starr. Prinzipbedingt ist der Anstellwinkel der Rotorblattprofile gleich Null. Die durch den Hub der Welle periodisch wechselnde Durch- stromungsrichtung des Rotors (nachfolgend Repeller genannt) kehrt die Stromungsbedingungen in der gesamten Anlage periodisch und Equivalent zum Wellenzyklus um. Die Drehzahl ausgefuhrter Wellsturbinen liegt je nach Beschaufelung des Rotors bei einigen tausend Umdrehungen pro Minute, wahrend die axiale Durchstromungsgeschwindigkeit der Luft bauartabhangig zwischen 0 und etwa 30 m/s liegt. Die Schwingungsdauer einer Wellenbewegung liegt bei einigen Sekunden. Ergebnisse uber die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit und der technischen Funktionalitat einer ausgefuhrten OWC-Anlage (Islay Wells Air Turbine) wurden von Whittacker et. al. (1993) veroffentlicht. Whittacker berichtet, dass eine der groBten Schwierigkeiten der ausgefuhrten Maschine - neben einer offenbaren Uberdimensionierung - in der Luftstromung an der Turbine besteht, die nicht die vorhergesagten sinusformigen Schwingung unterliegt. Eine situatve, gegebenenfalls lokale Reaktion der Maschine auf sich andernde Stromungsverhaltnisse ist nicht Stand der Technik.

Ummantelte Axialstromungskraftmaschinen mit wechselnder Durchstromungs- richtung haben bauartbedingt eine Nabe, die im Wesentlichen parallel zur Stromungsrichtung ausgerichtet ist und wenigstens eine Rotorenebene mit nach Stand der Technik zwei oder mehreren Repellertragflachen, die ublicherweise orthogonal zur Stromungsrichtung angeordnet sind. In einer praktisch ausgefuhrten Anlage wird der Rotor mit acht Repellerblattern betrieben [BHT-10]. Die Schnelllaufzahl des Repellers ist auch bei ummantelten Axialstromungskraftmaschinen von entscheidendem Einfluss auf die Auswahl der Energie wandelnden Elektrogeneratoren [Gasch-05]. Die Schnelllaufzahl ist eine wichtige Kennzahl fur die Auslegung von Windkraftanlagen. Sie gibt das Verhaltnis der Umfangsgeschwindigkeit des Rotors zur Windgeschwindigkeit an. Der reziproke Wert der Schnelllaufzahl ist im Turbinenbau und in der Propellertheorie als Fortschrittsgrad bekannt. Widerstandslaufer, wie beispielsweise historische Windmuhlen, haben eine Schnelllaufzahl kleiner eins. Aus der Schnelllaufzahl und dem meist nach auBen flacher werdenden Einstellwinkel ergibt sich der Anstellwinkel der Stromung zum Blattprofil. Da sowohl der Impulsstrom des Windes, den es zu etwa 2/3 auszubremsen gilt (Betz'sches Gesetz), als auch die aerodynamischen Krafte etwa quadratisch mit der Stromungsgeschwindigkeit zunehmen, ist fur einen konstanten Erntegrad die Schnelllaufzahl nahezu unabhangig von der Windgeschwindigkeit. Entsprechend der Schnelllaufzahl wird unterschieden in Langsamlaufer mit einer Schnelllaufzahl etwa zwischen 1 und 3 und Schnelllaufer mit einer Schnelllaufzahl etwa zwischen 5 und 7...8. Windrader mit einer Schnelllaufzahl grafter 10 werden wegen der hohen Schallemission heute in der Regel nicht mehr gebaut [www-02]. Mit hohen Schnelllaufzahlen lassen sich kleinere, weniger gewichtige getriebelose Generatoren bei gleicher Energieausbeute realisieren. Bisher bekannt gewordene ummantelten Axialstromungs- kraftmaschinen, insbesondere Wellsturbinen, besitzen Repeller mit vielen (acht und mehr) fluidmechanisch wirksamen Tragflachen, wie oben beschrieben. Bei nichtummantelten Axialstromungskraftmaschinen (z.B. Windkraftanlagen), sind auch einarmig ausgefuhrte Rotorkonstruktionen bekannt. Ummantelte Axialstromungskraftmaschinen mit wechselnder Durchstromrichtung werden verfahrensbedingt nicht in einem Betriebspunkt sondern (periodisch) entlang einer Kurve von Arbeitspunkten (Drehzahl- Beaufschlagungslast-Kollektiven) betrieben, deren Bandbreite erheblich graft sein kann. Fur derartige Axialstromungskraftmaschinen bedeutet der nichtstationare Betrieb mit wechselnder Durchstromungsrichtung periodisch schwellende Drehzahl- Beauf- schlagungslast-Kollektive und somit ein Betrieb der Turbine mit zyklischem Beschleunigen und Verzogern des gesamten Laufzeugs. Die mechanische, insbesondere die schwingungsdynamische Belastung des Laufzeugs der Axialstromungskraftmaschine ist hoch. Durch die zyklische, nicht stationare Stromungsbeaufschlagung und das damit verbundene Beschleunigen und Verzogern des gesamten Laufzeugs der Turbine sind die Stromungsverluste im Drehzahlubergang hoch. Zur Steigerung der Effizienz einer Axialstromungs- kraftmaschinen mit wechselnder Durchstromungs-richtung besteht die Notwendigkeit diese maschinendynamisch (hinsichtlich des Laufzeugs) und stromungsmechanisch (hinsichtlich des Repellerflugels) zu optimieren.

PROBLEMSTELLUNG. Wells Turbinen

Die nach ihrem Erfinder benannte Wells- Turbine ist eine, wird in Wellenkraftwerken eingesetzt und arbeitet in einem oszillierenden Luftstrom. Sie besteht aus einem Rotor, an dem starre, symmetrische Profile montiert sind. Diese, bislang mit starren symmetrischen Schaufeln ausgestattete Turbine kann in beide Richtungen angestromt werden, behalt dabei aber ihre Drehrichtung bei. Auf Grund dieser Eigenschaften wird sie z.B. in Wellenkraftwerken eingesetzt, wo mit oszillierenden Stromungen elektrische Energie erzeugt werden soll. Die starren, symmetrischen Schaufeln dieser Turbine sind auf einem Rotor befestigt, der sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit dreht. Wird nun eine axiale Stromung von der einen oder der anderen Richtung uberlagert, entstehen an den Schaufeln ausreichend kleine

Anstellwinkel, so dass an ihnen eine radiale Kraft und somit ein Moment in Drehrichtung entsteht. Mit optimierten Schaufelprofilen konnen Wirkungsgrade bis zu 60% erreicht werden. GroGe Ablosungsgebiete an den Saugseiten der Schaufeln und fehlende Leiteinrichtungen bewirken einen hohen Druckverlust in der Turbine, ohne dass dieser in entsprechende Rotorleistung umgewandelt werden konnte. Der Repeller einer Wellsturbine wird Prozess- und bauartbedingt von beiden Seiten fluidmechanisch beaufschlagt. Stand der Technik sind Repeller-tragflachen mit symmetrischer Profilkontur. Tragflachensysteme mit symmet-rischen Profilkonturen sind grundsatzlich in der Lage, der Stromung aus beiden Anstromrichtungen Energie und entziehen. Jedoch ist die Ausbeute an zur Energiewandlung verwertbarer Querkraft beispielsweise eines symmetrischen Plattenprofils klein. Schon eine geringe Deformation (Wolbung von wenigen Prozent) des Plattenprofils kann die Querkraft mehr als verdoppeln. Profilflexible, reversibel wolbbare oder scharnierartig ausgefuhrte Bauweisen fur Repellertragflachen sind nicht Stand der Technik. Die besonderen Anforderungen von Axialturbinen in Wellenkraftwerken machen aber geometrieflexible Repellertragflachensysteme die nichtsymmetrische Stromungs-profile ausbilden konnen wunschenswert.

Die einfache Anordnung ohne Leitschaufeln oder bewegliche Flugel gewahrleisten einen robusten Betrieb, gestatten jedoch auch keine hohen Wirkungsgrade

PROBLEMLOSUNG. Wells Turbinen (CARPO.WELLS).

Der Einsatz von autoadaptiven Schaufeln in einer solchen Turbine konnte nicht nur durch stark verminderte Ablosung den Wirkungsgrad steigern, sondern stellt zudem auch besonders hohe Testvoraussetzungen an die adaptiven Eigenschaften der Tragflache.

Im „Labor fur konventionelle und erneuerbare Energien" der BHT- Berlin ist ein Wellenkanal mit Druckkammer und einer Wellsturbine vorhanden. Nach dem Bau sind Studenten und Mitarbeiter nun mit der weiteren Optimierung der Anlage beschaftigt und haben bereits eine betriebssichere Konfiguration erarbeitet. Fur den autoadaptiven Flugel bietet die Wellsturbine eine hervorragende Moglichkeit, dessen Funktionsfahigkeit unter Beweis zu stellen. Eine adaptive Schaufel konnte im Gegensatz zu einem starren Profil uber die gesamte Wellenperiode auch bei unregelmaGigen Wellen eine verlustarme Stromungsumlenkung gewahrleisten und damit den Wirkungsgrad der Anlage erhohen. Eine Entkopplung der Rotationskrafte aus dem gestaltandernden physikalischen Impact des adaptiven Tragflugels ist als Konzept und Design auszuloten.

CARPO-WELLS ware eine erste fundamentale Ubertragung des biologischen Gestaltungsprinzips „Carpus" auf eine stromungsadaptive (artifizielle) Krafttragflache einer wechselseitig beaufschlagten Axialturbine. Unter fluidischer Belastung weicht die CARPO-Tragflugel-Struktur geringfugig der Querstromungskraft aus (Canting). Zwangskinematisch (i-mech) wechselt die Tragflache in einen raumlichen Verformungszustand (Adaption) und eine asymmetrische Profilkontur entsteht. Stromungstheoretische Vorunter- suchungen legen den Schluss nahe, dass die nun wirksame Stromung am Tragflugelprofil die Auftriebskraft (Lift) des Tragflugels vergroRert und zugleich den schadlichen Stromungsabriss (Separation) zeitlich herauszogert. Der Stromungswiderstand (Drag) der verformten Tragflache ist geringer als jener der symmetrischen Kontur im Ablosungszustand (Stall).

BIOLOGIE und TECHNIK

STAND DER WISSENSCHAFT. BIOLOGIE.

So elegant: Der Sprung der Katze im Angriff, der kunstvolle Flug der Mowen, die faszinierende Manovrierfahigkeit einer Forelle. Betrachtungen, nach denen - angesichts der erschlagenden Komplexitat der kinematischen Vorgange - alle Bewegungen der Wesen aktiv gesteuert und kognitiv kontrolliert werden, wohnt ein Zweifel inne. Wie sich angesichts der jungsten Forschung immer deutlicher herausstellt, liegt es auch nicht in der "Strategie der Natur", alle Bewegungen exakt zu beherrschen, sondern Gleichgewichtsphanomene und Eigenformen von Strukturen und Moden der Bewegungen zu nutzen, um Bewegungsablaufe weitgehend autonom auszufuhren; man mochte in diesem Zusammenhang von einer korperintelligenten Kinematik sprechen. GliedmaRen werden nicht genau positioniert, sondern mit Hilfe der Muskelspannung in einen anderen Gleichgewichtszustand gebracht, der die gewunschte Position oder den Bewegungsmodus beinhaltet. Das dynamische Gleichgewicht des Systems in der Wechselwirkung mit der Umwelt wird so zum Bestandteil jeder Bewegung. Bewegungssysteme sind daruber hinaus so gestaltet, dass sie auf Anderungen in der Umwelt mit minimalem Kontrollaufwand adaptiv reagieren konnen. Viele Ausgleichsbewegungen laufen sogar vollstandig passiv ab. Dadurch reduziert sich der erforderliche Kontrollaufwand fur den Organismus erheblich (morphological computation) [Pfeif-07][Siewert].

Biologische Systeme und Strukturen, die durch ihre Gestalt in fur das Gesamtsystem vorteilhafter Weise reagieren, besitzen eine ihnen „inharente intelligente Mechanik" und sind uberall in der belebten Natur zu finden: von den flexiblen Sehnen im Bewegungsapparat des Menschen uber die Stromungskontrolle durch flexible Federn beim Vogelflug bis hin zu Grashalmen, die sich durch Biegung einer Uberlastung entziehen.

Technik. In den verschiedensten Bereichen der Technik kommen Konstruktionselemente zum Einsatz, die unter Belastung verformt werden und deren aufgrund einer Krafteinwirkung nachgiebig-elastisches konventionelles Verformungsverhalten mit der Richtung der auf das betreffende Bauteil wirkenden Kraft korreliert. Bei bestimmten Gestaltungsanforderungen, beispielsweise im Fahrzeugbau, im Stromungsmaschinenbau sowie im Apparatebau, ist es jedoch wunschenswert, dass eine der Kraftwirkungs- richtung entgegen gesetzte Formanderung des Bauteils erzielt wird. Ein derart paradoxes - nicht eindeutig nachgiebig-elastisches - Verhalten zwischen der Beaufschlagungsrichtung und der daraus resultierenden Formanderung eines Bauteils (Beaufschlagungs- Formanderungsgebaren) im Zusammenhang mit einem Gesamtsystem ist insbesondere dann von Vorteil, wenn dadurch stromungsmechanische Vorteile erzielt oder verbessert werden kann. Die Beaufschlagung des Bauteils kann einseitig oder wechselseitig sein und die Systemantwort kann unsymmetrisch oder symmetrisch sein.

In der Technik ist ein paradoxes Kraftwirkungsrichtungs-Formanderungs- Verhalten bisher nur mit komplexen mechatronischen Sensor-Aktor- Anordnungen und somit einem entsprechend hohen regelungstechnischen Kontrollaufwand realisierbar und zudem mit einem hohen Gewicht und hohen Kosten verbunden. Bei fluidisch beaufschlagten Bauteilen, die beispielsweise symmetrisch ausgebildet und beidseitig fluidisch belastet sind, aber auch bei fluidbeaufschlagten Kraft- und Arbeitstragflugeln in Stromungsmaschinen und anderen in einem Fluid arbeitenden Leit-Systemen sind die angestromten Flachen einer erheblichen mechanischen Belastung ausgesetzt. Hier folgt die Richtung der Formanderung der beaufschlagten Bauteilanstromflachen der Richtung des Lasteintrags und fuhrt zu veranderten, stromungstechnisch ungunstigen Anstrombedingungen an den Leit- oder Steuerflachen. Der Anderung der Anstrombedingungen durch eine der Lastbeaufschlagungs- richtung folgende elastisch-nachgiebige Formanderung versucht man bisher mit einem erheblichen regelungstechnischen und mithin kostenintensiven Aufwand zu begegnen. Wunschenswert waren Konstruktionselemente mit

[...]


[1] Lebewesen oder Teile davon sind dorsiventral, wenn sie nur eine einzige Symmetrieebene haben

[2] Die Konstruktions-Morphologie (von griechisch gopyg, morphe = Gestalt, Form und Aoyop, logos = Wort, Lehre, Vernunft).

[3] Vergleiche: „Pahl & Beiz" (Technische Universitat Berlin, GER) in: Konstruktionslehre sowie die VDI-R 2221.

[4] Vergleiche: „Michael French" (University of Lancaster, UK) in: Design in Nature and Engineering.

[5] Z.B. Finite Volumen Verfahren.

[6] Z.B. die Potentialtheorie oder auch Smoothed Particle Hydrodynamics, SPH.

[7] Morphologie einer Konstruktion (aus griechisch morphe, Gestalt, Form), siehe oben Konstruktionsmorphologie.

[8] Paradigma im Sinne einer grundsatzlichen (Gestaltungs-) Denkweise und semantisch als Bedeutung besitzend.

[9] Die Corioliskraft ist eine Schein- oderTragheitskraft, die einen bewegten Korper quer zu seiner Bewegungsrichtung ablenkt, wenn diese relativ zu einem rotierenden Bezugssystem beschrieben wird und nicht zu dessen Rotationsachse genau parallel liegt. Die Corioliskraft tritt nicht in Erscheinung, wenn die Bewegung aus Sicht eines nicht rotierenden Bezugssystems (z. B. eines Inertialsystems) beschrieben wird. Benutzt man zur Vereinfachung der Beschreibung rotierende Koordinatensysteme, treten fur Bewegungen in diesen rotierenden Bezugssystemen auch Corioliskrafte auf.

Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Corioliskraft

[10] Vergleiche Kalide, W. (1989) Energieumwandlung in Kraft- und Arbeitsmaschinen, S. 232. 7. Auflage, Hanser Verlag Munchen, Wien

[11] Aus: Dubbel. Taschenbuch fur den Maschinenbau, (2005) Stromungsmaschinen, Allgemeine Grundlagen S. R1. 21. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York.

[12] Theoretische und experimentelle Untersuchungen am HFI derTU Berlin legten schon in den 80er Jahren d.v.J. die Vermutung nahe, dass (zumindest bei der zweiblattrigen Variante) Pulsationsvorgange im -in der Maschine „stehenden"- Luftvolumen fur Drehzahluberhohungen verantwortlich sind.

[13] NACA0015 hat eine Profilwolbung sowie eine Wolbungsrucklage von 0% und eine Profildicke von 15%.

[14] Nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Darrieus-Rotor

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Dossier über den Stand der Entwicklung der CARPO-Technologie für Rotationssysteme
Untertitel
Intelligente Mechanik nach dem Vorbild der Mittelhandknochen der Wirbeltiere
Veranstaltung
Bionik
Autor
Jahr
2016
Seiten
110
Katalognummer
V343075
ISBN (eBook)
9783668324923
ISBN (Buch)
9783668324930
Dateigröße
5274 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Lösungsprinzip, Konzept, Entwurf, Konstruktion, Prototyping und experimentelle Erprobung flexibler Tragflügel für Strömungsmaschinen nach dem Vorbild der Mittelhandknochen (Meta-Carpus) der Meeressäger. Die prinzipielle Lösung schließt numerische Analysen von Strukturkinematik und Strömung ein.
Schlagworte
dossier, stand, entwicklung, carpo-technologie, rotationssysteme, intelligente, mechanik, vorbild, mittelhandknochen, wirbeltiere
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Michael Dienst (Autor:in), 2016, Dossier über den Stand der Entwicklung der CARPO-Technologie für Rotationssysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343075

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