Nahrungsmittelspekulation. Grundlagen, Mechanismen und Argumentationslinien


Hausarbeit, 2016

16 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Mechanismen der Nahrungsmittelspekulation
2.1. Begriffsdefinition und Grundlagen
2.2. Entwicklung der Nahrungsmittelpreise
2.3 Argumentationslinien
2.3.1. Gegner der Spekulation
2.3.2. Befürworter der Spekulation

3. Schlussfolgerungen

4. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die Spekulation mit und auf Rohstoffe und Agrarprodukte, die der Ernährung von Menschen dienen, steht unter dem Verdacht die Preise für diese Güter steigen zu lassen und sie somit auf den Weltmärkten für einige Teile der Weltbevölkerung schwer oder gar unerschwinglich werden zu lassen. Angesichts von 795 Millionen Menschen auf der Erde, die an einer Form von Hunger leiden1, erscheint folgerichtig, dass die Aufmerksamkeit auf potenzielle Gründe für diesen Zustand gerichtet wird. Der Fokus hin zu den Warenterminbörsen, an denen unter Zuhilfenahme diverser Finanzprodukte mit Agrarprodukten gehandelt und spekuliert wird, liegt da nahe. Denn nicht nur Produzenten und Abnehmer sind auf diesen Märkten zugegen, längst wirken hier auch weitere Akteure der Finanzindustrie mit. In Zeiten der Globalisierung und des technischen Fortschritts fallen technische Hürden und der Kauf sowie Verkauf von Gütern auf der ganzen Welt wird möglich.

Doch nicht alles, was auf den ersten Blick logisch erscheint, muss schlussendlich auch zutreffen. Im Falle der Spekulation mit Rohstoffen gibt es eine lebhafte Debatte darum, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß diese für steigende Preise verantwortlich ist. Dem schließen sich weitere Fragen an, wie die der ethischen Verantwortung oder die der Konsequenzen, die im Falle einer Bejahung der Frage gezogen werden müssen. Die Fronten sind klar verteilt. Einerseits fordern vornehmlich Akteure und NGOs aus dem linken Spektrum, so wie Attac2, ein Ende der Spekulationen. Auf der anderen Seite stehen u.a. Banken und Versicherungen, für die Spekulationen zum alltäglichen Geschäft gehören. Es ist jedoch zu beobachten, dass einige Banken und Fondsgesellschaften bereits begonnen haben das Geschäftsfeld zu verlassen.3 Die Beweggründe, ob z.B. öffentliche Druck, moralische Verantwortung oder schlicht mangelnde Rentabilität dafür verantwortlich sind, sind nicht bekannt.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Aussagen der Gegner sowie Befürworter der Nahrungsmittelspekulation zu betrachten und eine Abwägung vorzunehmen, ob und inwiefern ein Zusammenhang zwischen der Spekulation einerseits und einer Verteuerung von Nahrungsmitteln anderseits besteht.

Dafür soll zunächst geklärt werden, was mit dem Terminus der Lebensmittelspekulation bezeichnet werden sollen. Dem folgt eine kurze Betrachtung der Entwicklung von

Agrarrohstoffpreisen. Im Anschluss werden in einzelnen Teilkapiteln die Argumente beider

Seiten für sich dargestellt. Zum Schluss soll ein Fazit erfolgen, das nach Möglichkeit klärt, ob der Vorwurf der Preistreiberei so haltbar ist.

2. Mechanismen der Nahrungsmittelspekulation

2.1. Begriffsdefinition und Grundlagen

Es ist notwendig sich ein Bild darüber zu machen, mit welchen Instrumenten Nahrungsmittel gehandelt werden und wie Preise entstehen.

Eine Spekulation als solches ist erst einmal ein „Geschäftsabschluss, dem nicht die Absicht auf tatsächliche Lieferung der ge- bzw. verkauften Waren, sondern das Bestreben zur Ausnutzung von Preisdifferenzen zwischen Einkauf und Verkauf zugrunde liegt.“4 Ausgangspunkt der hier behandelten Spekulationen sind Warenterminmärkte an denen Termingeschäfte (Futures) abgeschlossen werden können. Diese Termingeschäfte stellen u.a. für Landwirte eine Art Versicherung dar. Diese werden nämlich mit der Intention geschlossen, zukünftige Preisrisiken, etwa durch ein Überangebot, zu minimieren und so eine sichere Kalkulationsbasis zu haben.5 Bei diesem Handel sind Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag des Rohstoffs) und Erfüllungsgeschäft (Lieferung der Ware) zeitlich voneinander getrennt und die beiderseitig versprochenen Leistungen, also Warenlieferung einerseits und Zahlung der vereinbarten Summe andererseits, erfolgen bei Fälligkeit zum vorher vereinbarten Termin.6 Und anders als etwa bei Optionsgeschäften sind beide Parteien zur Erfüllung des Vertrages verpflichtet. Landwirte haben weiterhin den Vorteil, dass sie nicht all ihre Erzeugnisse auf einmal verkaufen müssen, und es somit zu einem plötzlichen Überangebot kommt, wenn zur Erntezeit alle landwirtschaftlichen Betriebe verkaufen. Vielmehr können sie durch Lagerung Kontrakte über das ganze Jahr gestreckt abschließen. Aber auch ein potenzieller Käufer hat den Vorteil, dass er verlässlich mit Ware kalkulieren kann und zu hohen Preisschwankungen aus dem Weg geht.

In der Regel nehmen Landwirte eine Verkaufsposition ein, während es naturgemäß immer auch eine Gegenposition geben muss, damit ein Geschäft zustande kommt. Diese muss nicht von jemandem gehalten werden, der ein Interesse an der Ware hegt. Der denkbare Fall ist auch, dass an die Stelle des Käufers ein Spekulant tritt. Dieser hat kein Interesse am eigentlichen Gut, sondern sieht die Chance, dieses später zu einem höheren Preis zu Verkaufen und aus der Differenz von Kaufs- und Verkaufspreis zu profitieren.7

Neben dieser geübten Praxis haben sich in den letzten Jahren auch sogenannte Indexfonds etabliert. Da das bisherige Modell für die großen institutionellen Anleger nicht lohnend war, begann man die Agrarrohstoffe zu bündeln.8

Ein Indexfonds unterscheidet sich insofern von einem gewöhnlichen Fonds, als dass er nicht aktiv, sondern nur passiv gemanagt wird.9 Während z.B. ein gewöhnlicher Aktienfonds von einem Fondsmanagement stets betreut wird und dieses Aktien und deren Anteile nach definierten Maßgaben laufend verändert, richtet sich ein Indexfonds an einen Index. Das heißt, das Fondsmanagement beschränkt sich auf „die laufende Anpassung des Fondsvermögens an den Referenzindex.“10

Die für diese Arbeit relevanten Indexfonds orientieren sich an Indizes, die nach bestimmten selbstauferlegten Kriterien die Preisentwicklung der darin gebündelten Rohstoffe widerspiegeln. Beispiele für Indizes sind der Deutsche Bank Liquid Commodity Index11, der Thomson Reuters Score Commodity CRB12 oder der Bloomberg Commodity Index13. All diese Indizes haben neben anderen Rohstoffen, wie z.B. Metallen auch Agrarrohstoffe in veränderlicher Gewichtung als Bestandteil.

Investiert man nun in einen Indexfonds, der sich an einen der Rohstoffindizes orientiert, so investiert man in dessen Nachbildung. Das Fondsmanagement kauft die dem Index zugrundeliegenden Werte zu gleichen Anteilen. Dafür treten diese Fonds auf dem Markt als Käufer auf und kaufen bzw. erneuern selbst regelmäßig oben erwähnte Terminkontrakte, um die entsprechenden Werte des Index im Portfolio zu haben. Zudem handelt es sich um „Long-only Indexfonds“, was bedeutet, dass sie in der Regel Kaufpositionen („long position“) halten und somit an langfristig steigenden Kursen interessiert sind.14

2.2. Entwicklung der Nahrungsmittelpreise

Die Food and Agriculture Organization of the United Nation (FAO) führt über die Preisentwicklung der globalen Nahrungsmittel Buch. Basierend auf den Preisen von Fleisch, Milchprodukten, Getreide, Ölen und Fetten sowie Zucker errechnet diese den sogenannten FAO Food Price Index (FFPI).15 Der FFPI besteht seit 1990 und bietet die Möglichkeit, die Preisentwicklung für diese ernährungsrelevanten Güter in Form eines Charts darzustellen.

Lebensmittelpreisindex 1961 - 201616

Der Chart gibt über die die nominale sowie die inflationsbereinigte reale Preisentwicklung Auskunft. Die Jahre 2002 - 2004 dienen als Ausgangsbasis (=100) für die zu betrachtende Periode. Die X-Achse gibt das jeweilige Jahr an, die Y-Achse den Index-Preis in US-Dollar. Unabhängig von Gründen lassen sich einige Erkenntnisse aus dem Chart ziehen. Als erstes ist festzustellen, dass der Preis für Nahrungsmittel auf dem globalen Markt schon immer Schwankungen unterlag, Spitzen aber eher eine Ausnahme bilden. Für den Zeitraum ab ca. Anfang der 1980er Jahre bis zum Jahr 2005 pendelt sich der Preis auf einem relativ konstanten Niveau ein, das nahe an der 100-US-Dollar-Referenz bleibt, bzw. dahin zurückkehrt. Erwähnenswert ist, dass die realen Rohstoffpreise für einen sehr langen Zeitraum deutlich unter denen zu Beginn der Darstellung 1961 lagen, trotz einer gleichzeitigen Verdopplung der Weltbevölkerung.17

[...]


1 Vgl. http://www.welthungerhilfe.de/hunger.html, Abruf am 01.09.2016.

2 Vgl. http://www.attac.de/kampagnen/nahrungsmittel-spekulation/einfuehrung/, Abruf am 01.09.2016

3 Vgl. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/commerzbank-schluss-mit-der- spekulation-auf-nahrungsmittel/6982440.html, Abruf am 01.09.20016.

4 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/spekulationshandel.html, Abruf am 01.09.2016.

5 Vgl. Prehn et al.: Der Einfluss von Long-only Indexfonds auf die Preisbildung und das Marktergebnis an Warenterminmärkten., S.4.

6 Vgl. Kompaktwissen Bankbetriebslehre., S.296.

7 Vgl. Prehn et al.: Der Einfluss von Long-only Indexfonds auf die Preisbildung und das Marktergebnis an Warenterminmärkten., S.5.

8 Vgl. ebd. S.

9 Vgl. Oxfam Deutschland: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation., S.1.

10 Kompaktwissen Bankbetriebslehre., S.235.

11 Vgl. Deutsche Bank AG: Nutzerleitfaden Rohstoffe., S.65.

12 Vgl. Thomson Reuters: Thomson Reuters Score Commodity CRB Factsheet. S.1.

13 Vgl. Bloomberg: Bloomberg Commodity Index. Fact-Sheet. S. 1-2.

14 Vgl. Oxfam Deutschland: Fact-Sheet zur Nahrungsmittelspekulation., S.1.

15 Vgl. http://www.fao.org/worldfoodsituation/foodpricesindex/en/, Abruf am 01.09.2016.

16 Ebd.

17 Vgl. http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52699/bevoelkerungsentwicklung, Abruf am 03.09.2016.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Nahrungsmittelspekulation. Grundlagen, Mechanismen und Argumentationslinien
Hochschule
Universität zu Köln
Autor
Jahr
2016
Seiten
16
Katalognummer
V342941
ISBN (eBook)
9783668328778
ISBN (Buch)
9783668328785
Dateigröße
803 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nahrungsmittelspekulation, Oxfam, Spekulation, Hunger, Ingo Pies, Agrar, Agrarrohstoff, Indexfonds, Future, Warenterminkontrakt
Arbeit zitieren
Andreas J. Moj (Autor:in), 2016, Nahrungsmittelspekulation. Grundlagen, Mechanismen und Argumentationslinien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342941

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Nahrungsmittelspekulation. Grundlagen, Mechanismen und Argumentationslinien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden