Pädagogischer Umgang mit Kinderträumen


Facharbeit (Schule), 2016

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der Kindertraum - Bedeutung für die Kinderanalyse
1.1 Kindertraum und Traumdeutung nach Sigmund Freud
1.2 Geschichtliche Bedeutung des Kindertraumes

2. Kinderträume in den jeweiligen Entwicklungsphasen
2.1 Träume der Kinder (bis 5 Jahre) und im Vorschulalter (6-7 Jahre)
2.2 Träume der Schulkinder (7-10 Jahre)

3. Umgang mit den Träumen der Kinder
3.1 Träume müssen erzählt werden dürfen
3.2 Reaktion der Eltern auf die (erzählten) Träume
3.3 Gegenstände zur Traumbewältigung
3.4 Träume, die nicht erzählt werden wollen
3.5 Märchen und Träume

4. Luzides Träumen („Klarträumen“)
4.1 Was versteht man unter einem luziden Traum?
4.2 Luzides Träumen erlernen
4.3 Kritik am luziden Träumen

5. Schlussteil

Literaturverzeichnis

Einleitung

Diese Facharbeit thematisiert den pädagogischen Umgang mit Kinderträumen. Es sollen die Fragen beantwortet werden,

- wie Eltern die Träume ihrer Kinder verstehen,
- einordnen sollten und
- diesen begegnen können.

Sowohl die meisten tiefenpsychologischen Schulen (zum Beispiel die Theorien nach Freud und Jung) als auch die moderne Schlafforschung, die den Schlafphasen (REM- und NONREM-Schlaf) unterschiedliche Traum- erscheinungen zuordnet, sind sich darin einig, dass der Mensch träumen muss, um sich besser an die an ihn gestellten Forderungen anpassen zu können. Träume sind damit notwendig für das innere Gleichgewicht des Träumenden und für die Aufrechterhaltung seiner psychischen Funktionen. Gleichzeitig haben Träume immer auch konfliktlösenden Charakter. Auch oder insbesondere Kinderträume sind hiernach wichtig zu nehmen, sie bereiten die Kinder auf das Alltagsleben vor und helfen dabei, Kinder und Ihr Verhalten und Erleben besser zu verstehen. Umso trauriger ist es, dass die Bedeutung von Kinderträumen bis ins 20. Jahrhundert unterschätzt wurde.

In meiner Arbeit möchte ich insbesondere auf die Möglichkeiten eingehen, wie Eltern auf die Träume ihrer Kinder reagieren und sie im täglichen Umgang mit dem Kind sinnvoll nutzen können. Hierbei konzentriere ich mich ausschließlich auf das Alter bis etwa zehn Jahre - Träume der Heranwachsenden sollen unberücksichtigt bleiben. Für ein besseres Verständnis stelle ich zunächst vor, wie sich das Traumverhalten und die Trauminhalte in Abhängigkeit vom Alter entwickeln und verändern. Im Weiteren sollen Ansätze für den Umgang mit Kinderträumen aufgezeigt werden, aber auch die Möglichkeit, Albträume durch luzides Träumen in den Griff zu bekommen.

Wichtig hierbei ist: Träume müssen immer unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensgeschichte/-situation gewertet werden. Auf die psychotherapeutische Behandlung von Kindern möchte ich nicht eingehen, das heißt ich möchte nur auf Träume von Kindern eingehen, die in einem „normalen“ Umfeld leben, folglich nicht auf Träume, die krankheitsbedingt sind (das heißt keine psychischen Störungen, durch Trauma ausgelöste Albträume, keine Berücksichtigung von Kindern, die aus Kriegsgebieten stammen).

1. Der Kindertraum - Bedeutung für die Kinderanalyse

1.1 Kindertraum und Traumdeutung nach Sigmund Freud

Die Traumdeutung nach Freud umfasst sowohl die „topographische“ Theorie, als auch die 1923 hinzugekommene „Strukturtheorie“ - zwei Theorien, die sich gleichen, aber nicht miteinander vereinbaren lassen. Nach Freuds topographischer Theorie, der er stets die größere Bedeutung beigemessen hat, handelt es sich bei einem Traum um den „Versuch einer Wunscherfüllung“1 - um unbewusste, an ein Vortagesereignis anknüpfende Wünsche, die „von der Zensur daran gehindert werden, im Wachleben ins Bewusstsein oder auch nur ins Vorbewusste zu gelangen, verstärkt werden und so den Drang nach Ausdruck gewinnen“2. Nach dieser Theorie reduzierte Freud die Wünsche jedoch ausschließlich auf „Triebwünsche aus den frühesten Kindheitsstadien“3, die schlichtweg nicht in das Bewusstsein gelangen können. Bei seiner später aufgestellten, weniger beachteten, Strukturtheorie - bei der Ich, Es und Über- Ich Beachtung finden -, steht eine Innenwelt (vom Es stammende Triebansprüche) einer Außenwelt gegenüber. Nicht zuletzt, weil Freud Kinderträume bis zum fünften Lebensjahr lediglich als zu kurze, „simple, unverkleidete Wunscherfüllungen“ verstand und Kinder sogar mit niederen Tieren verglich, ließ er die Besonderheiten von Kinderträumen unbeachtet, reduzierte hier auf seine topographische Theorie und richtete sein Interesse nur darauf, zu einem tieferen Verständnis des Erwachsenentraumes zu gelangen.

1.2 Geschichtliche Bedeutung des Kindertraumes

Dem Kindertraum wurde in der Psychoanalyse lange Zeit wenig Bedeutung beigemessen. Dies begründete man damit, dass Kinder

a) ungern über Träume berichteten und sich
b) nach psychoanalytischer Auffassung „Trieb-abkömmlinge, Impulse und Wünsche auch im freien Spiel, in bewussten Phantasien und in Tagträumen äußerten“, so dass letztlich keine Notwendigkeit für die Beachtung von Kinderträumen bestehe4.

Ausführlicher setzte sich beispielsweise C.G. Jung bereits 1909 mit dem Kindertraum und seiner Bedeutung auseinander. Er verstand den Traum als ein „natürliches Phänomen, das keiner Absicht entspringt und mit keiner Psychologie des Bewusstseins erklärt werden kann“, als eine „spontane Selbstdarstellung der aktuellen Lage des Selbst in symbolischer Ausdrucksform5. Nach Jung liegt jedem Traum eine Struktur zugrunde, die dem Schema eines Dramas mit Einleitung, Exposition, Peripetie, Katastrophe oder Lysis (Lösung) entspricht. Hierbei verhalten sich Träume kompensatorisch zur jeweiligen Bewusstseinslage, das heißt es werden genau die Elemente angegliedert, die am Vortag unterschwellig geblieben sind, weil sie verdrängt worden waren, unbeachtet blieben oder zu schwach waren, um das Bewusstsein zu erreichen. Erst 1955 führte Erikson die Freudsche Strukturtheorie und ich-psychologische Aspekte in die Traumanalyse ein6, wonach der Kindertraum für Diagnose und Therapie an Bedeutung gewann.

2. Kinderträume in den jeweiligen Entwicklungsphasen

Besondere Schwierigkeiten beim Umgang mit Kinderträumen ergeben sich daraus, dass das Kind sich zunächst überhaupt an einen Traum bewusst erinnern können muss, um diesen dann im nächsten Schritt formulieren zu können. Über den Inhalt von Kinderträumen erfahren wir, auch wenn bereits im Säuglingsalter geträumt wird, naturgemäß also erst frühestens zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr (Piaget zum Beispiel siedelt die untere Grenze der Verbalisierungsfähigkeit um den Beginn des zweiten Lebensjahres an). Hinzu kommt nach Hamburger, dass „Kinder zu träumen lernen, wenn wir ihre Träume für sinnvoll halten“7, das heißt je mehr sich Eltern in die Gefühlswelt der Kinder einzufühlen vermögen, desto größere Bedeutung erlangen Kinderträume und eröffnen damit neue Wege.

Dies scheint sich aus Erfahrungen in meiner eigenen Familie zu bestätigen: Ein Elternteil wurde in der Kindheit niemals nach Träumen gefragt - dem Träumen wurde keine Bedeutung beigemessen, so dass auch bis heute im Erwachsenenalter kaum Erinnerung an nächtliches Träumen vorhanden ist. Bei dem anderen Elternteil wurde dem Geträumten schon als Kind großes Interesse entgegengebracht - hier ist heute als Erwachsener ein lebhaftes Träumen mit großer Erinnerung in der Wachphase gegeben. Hier wurde das Träumen „gelernt“ und ermöglicht einen besonderen Zugang zur Persönlichkeit.

Thema, Inhalt und Handlung der Kinderträume richten sich nach den jeweiligen Entwicklungsphasen der Kinder, entwickeln sich also gemäß den kognitiven Veränderungen des Wachlebens der Kinder. So träumt zum Beispiel ein siebenjähriges Kind ganz anders als ein Fünfjähriges. Hinzu kommt, dass Kinder erst ab dem siebten Lebensjahr in der Lage sind, einen Traum als „innenseelisches Geschehen“ zu verstehen (das heißt als etwas zu erkennen, was nur in ihrem Inneren passiert), anstatt diesen - wie zuvor - der äußeren Realität zuzuordnen.8 Etwa im Alter von vier Jahren erkennen die Kinder, dass ihre Träume nicht von anderen gesehen werden können, mit sechs Jahren, dass die Träume in ihnen selbst stattfinden. Doch erst vom siebten bis zum neunten Lebensjahr ist das Kind in der Lage, Träume als Gedanken zu erfassen, das heißt Traum und Wirklichkeit (Wachleben) zu unterscheiden.

Kinder träumen intensiv in Bildern und Symbolen, die sie intuitiv verstehen. Märchenfiguren und Tiere sind ein häufiges Traumthema. „Kinder können sich noch nicht mit ihren eigenen Konflikten auseinandersetzen, sie brauchen dazu Symbolfiguren“ 9. Kinder projizieren hierbei ihre Vorstellungen auf die Tiere. Hier steht zum Beispiel das Krokodil für Aggression, der Hase für Angst oder Schafe für das Bedürfnis nach Nähe. In allen Altersstufen kommen gefährliche Tiere vor: 61% der Vierjährigen, 39% der Fünf- und Sechsjährigen und 16% der 13-14-jährigen träumen von Tieren (zum Vergleich: bei Erwachsenen sind es nur noch 7,5%) 10 Mit zunehmendem Alter reift die Symbolisierungsfähigkeit, so dass mit und mit ein Austausch der Tiersymbole durch andere Symbole erfolgt.

2.1 Träume der Kinder (bis 5 Jahre) und im Vorschulalter (6-7 Jahre)

Träume von Kleinkindern verlaufen - den anderen geistigen Fähigkeiten entsprechend - einfach und frei von Emotionen. Dies bestätigen auch Untersuchungen im Schlaflabor11. Geträumt wird von bekannten Situationen, Sorgen und Interessen, die das Kind vom Wachsein her kennt. Das Träumen knüpft häufig an das Tageserlebnis an und setzt beispielsweise Handlungen nach den Vorstellungen der Kinder fort, die dem Kind nicht in der Realität, wohl aber im Traum erfüllt werden, wodurch es erfährt, dass es sich - wenn zunächst auch nur im Traum - auch selbst Wünsche gegen den Willen zum Beispiel der Erwachsenen erfüllen kann. Insofern dient der Traum als Wunscherfüllung und hilft so dem Kind ein inneres Gleichgewicht herzustellen. Durch das Träumen kann das Kind sich mit dem Konflikt zwischen Abhängigkeit (denn es muss in der Realität ja dem Willen der Eltern folgen) und Autonomie (Welchen Wunsch hatte das Kind?) auseinandersetzen und diesen zunächst befriedigend auflösen. Im Alter von fünf oder sechs Jahren bekommt der Traum eine einfache Handlung, wobei das Kind sich als Beobachter erlebt.

Auch Angstträume spielen leider schon bei kleineren Kindern eine große Rolle. Da das Kind (wie oben dargestellt) bis zum siebten Lebensjahr noch keine Unterscheidung zwischen Traum und Realität vornehmen kann, sind für sie Angstträume besonders erschreckend. Mädchen und Jungen träumen unterschiedlich: Untersuchungen zeigen, dass Mädchen träumen, dass sie gejagt und bedroht werden, während Jungen in ihren Träumen eher Angst vor Räubern und Einbrechern haben. Verbalisierte Angstträume bieten den Eltern eine gute Möglichkeit, die Ängste des Kindes für dieses beherrschbar zu machen, die Ursachen für die Ängste durch den Bezug zum Tagesgeschehen/- erleben zu erkennen und zu nehmen.

Nur kurz möchte ich hier ein Beispiel eines vierjährigen Mädchens namens Eva geben, das von einem angsteinjagenden, einem Warzenschwein ähnlichen Tier träumte, welches ein Fass um den Körper herum trug12. Durch das Erzählen des Traumes wurde der Mutter der Bezug zum Tageserleben Evas deutlich: Das Fasstier, das Eva auf Vorschlag ihrer Mutter malte, hatte Ähnlichkeit mit einem von Evas Bilderbuchfiguren, einem Warzenschwein, das mit seiner Situation

[...]


1 Hans Hopf: Träume von Kindern und Jugendlichen, Stuttgart 1. Auflage 2007, S.19

2 Hans Hopf, 2007, S.19-23

3 Hans Hopf, 2007, S.19

4 Hans Hopf, 2007, S.24 ff.

5 Hans Hopf, 2007, S.31

6 vgl. Hans Hopf, 2007, S.28

7 Hans Hopf, 2007, S.52

8 vgl. Hans Hopf, 2007, S.53 ff.

9 Hans Hopf, Kinderträume verstehen, Frankfurt am Main 2.Auflage 2016, S.76

10 vgl. Hans Hopf, 2007, S.79

11 vgl. Hans Hopf, 2007, S.56

12 vgl. Hans Hopf, 2007, S.61 ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Pädagogischer Umgang mit Kinderträumen
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V341802
ISBN (eBook)
9783668318373
ISBN (Buch)
9783668318380
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kinderträume, Träumen, Albträume, Träume verstehen, Pädagogik, Facharbeit, Traumverhalten, Trauminhalte, luzides Träumen, Umgang mit Kinderträumen, Träume, Traumdeutung, Angst, Angst bei Kindern, Angstbewältigung
Arbeit zitieren
Alina Schramm (Autor:in), 2016, Pädagogischer Umgang mit Kinderträumen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341802

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