Neue Formen der Serienrezeption. Das Phänomen Binge Watching


Masterarbeit, 2015

211 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 EINLEITUNG

1 DIE FERNSEHNUTZUNG IN DEUTSCHLAND
1.1 ALLGEMEINE NUTZUNGSDATEN
1.2 THE NEW AGE OF TELEVISION

2 DER VIDEO-ON-DEMAND-MARKT IN DEUTSCHLAND
2.1 GESCHÄFTSMODELLE
2.2 NUTZUNGSPRÄFERENZEN

3 FERNSEHSERIE VS. SERIE IM FERNSEHEN
3.1 EINGRENZUNG UND BEGRIFFSKLÄRUNG
3.2 STRUKTUREN UND FUNKTIONEN SERIELLEN ERZÄHLENS
3.3 DER SERIENMARKT IM WANDEL - QUALITY-TV
3.4. EXKURS NETFLIX: DIE ALL-YOU-CAN-WATCH-STRATEGIE

4 AKTUELLER FORSCHUNGSSTAND ZUM THEMA BINGE WATCHING
4.1 NATIONALE STUDIEN
4.2 INTERNATIONALE STUDIEN
4.3 FORSCHUNGSLÜCKEN: INDIVIDUELLE SERIENREZEPTIONSMUSTER
4.4 BINGE WATCHING - VERSUCH EINER DEFINITORISCHEN VERORTUNG

5 STUDIE: NEUE FORMEN DER SERIENREZEPTION
5.1 ERKENNTNISINTERESSE UND KONKRETISIERUNG DER FORSCHUNGSFRAGE
5.2 FORSCHUNGSDESIGN
5.3 METHODENWAHL
5.3.1 ENTWICKLUNG DES LEITFADENS - KATEGORIENBILDUNG
5.3.2 AUSWAHL DER TEILNEHMER
5.3.3 DURCHFÜHRUNG DER GRUPPENDISKUSSION UND INTERVIEWS
5.4 AUSWERTUNG DER DATEN

6 AUSWERTUNGEN DER ERGEBNISSE - DAS BINGE WATCHING- PHÄNOMEN
6.1 ALLGEMEINE MEDIENNUTZUNG
6.2 ALLGEMEINE SERIENREZEPTION - QUALITY-TV
6.2.1 BEWERTUNG VON QUALITY-TV-SERIEN
6.3 SERIEN IM ALLTAG
6.3.1 BEDEUTUNG VON SERIEN IM ALLTAG
6.3.2 MEHRWERT DER SERIELLEN FORMATE
6.4 REFLEKTION DES EIGENEN REZEPTIONSVERHALTENS
6.5 INDIVIDUELLE REZEPTIONSMUSTER
6.5.2 KOMMUNIKATION INNERHALB EINER REZEPTIONSGEMEINSCHAFT
6.5.3 GESCHLECHTSSPEZIFISCHE REZEPTIONSUNTERSCHIEDE
6.6 ERHÖHTER SERIENKONSUM ODER EXZESSIVE REZEPTION?
6.6.1 AUSDRUCK EXZESSIVEN KONSUMS
6.6.2 PHYSISCHE UND PSYCHISCHE GRENZEN VS. KONTROLLVERLUST
6.6.3 REZEPTIONSFOKUS UND AUFMERKSAMKEITSVERTEILUNG
6.7 WEITERE KONSUMFÖRDERNDE EINFLÜSSE

7 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT: WE ARE STILL WATCHING

QUELLENVERZEICHNIS

ANHANG
I LEITFADEN FÜR DIE GRUPPENDISKUSSIONEN UND INTERVIEWS
II ÜBERSICHT ÜBER DAS UNTERSUCHUNGSSAMPLE
III TRANSKRIPTIONEN

Abbildungsverzeichnis

ABBILDUNG 1: DURCHSCHNITTLICH NUTZUNGSDAUER 2000 - 2014

ABBILDUNG 2: FORMEN DER FERNSEHNUTZUNG

ABBILDUNG 3: FORMEN DER FERNSEHNUTZUNG INKLUSIVE ONLINEVIDEOS

ABBILDUNG 4: ÜBERSICHT ÜBER LINEARE UND NON-LINEARE ANGEBOTE

ABBILDUNG 5: ÜBERSICHT DER GESCHÄFTSMODELLE BEI VIDEO-ON-DEMAND

ABBILDUNG 6: DIE ENTWICKLUNG DES VIDEO-ON-DEMAND-MARKT

ABBILDUNG 7: VIDEO-ON-DEMAND-UMSÄTZE IN MIO. EURO

ABBILDUNG 8: ERFAHRUNGEN MIT BINGE WATCHING UND PRIORISIERUNG DES REZEPTIONSKANALS

ABBILDUNG 9: ÜBERSICHT ÜBER DIE FAVORISIERTEN BINGE-WATCHING FORMATE

ABBILDUNG 10: ÜBERSICHT DES UNTERSUCHUNGSSAMPLE (VGL. ORIGINALGRÖßE IM ANHANG II)

0 Einleitung

„The audience has spoken: They want stories. They´re dying for them. And they will talk about it, binge on it, carry it with them on the bus and to the hairdresser, force it on their friends, tweet, blog, Facebook… and God knows what else. And all we have to do is give it to them.” (Kevin Spacey)

Mit diesen Worten spricht Produzent und Schauspieler Kevin Spacey in einer eindrucksvol- len Rede auf dem International Television Festival in Edinburgh 2014 über die aktuellen Entwicklungen in der Fernsehbranche. Der zweifache Oscar-Preisträger weiß wovon er spricht: Er selbst ist Co-Produzent und Protagonist bei der von Netflix produzierten Serien- sensation HOUSE OF CARDS, dessen innovative Ausstrahlungspraktik einen bedeutenden Um- bruch der hiesigen Serienlandschaft markiert. Entgegen jeglicher üblicher Distributionsfor- men veröffentlicht das US-amerikanische Unternehmen Netflix alle Folgen der ersten Staffel simultan über die eigene Video-on-Demand-Plattform und eröffnet dem Serienpublikum da- mit ein vollkommen neues Feld der Serienrezeption. Das bis dato in Deutschland eher unbe- kannte Unternehmen sorgt mit dem Politdrama HOUSE OF CARDS für zahlreichen Diskussi- onsstoff in der Fernsehserienbranche. Spätestens mit dem Start der deutschen Plattform im letzten Jahr ist Netflix wohl auch dem eher weniger serienforcierten Fernsehpublikum ein Begriff.

In der Medienwissenschaft finden sich zahlreiche Publikationen, die sich mit dem Thema Serien auseinandersetzen. Serien faszinieren nicht nur Wissenschaftler und ein breites Fern- sehpublikum, sie sind gleichermaßen zahlreichen Entwicklungen und Umbrüchen unterwor- fen. Die voranschreitende Digitalisierung markiert einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Seriengeschichte. Während sich zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten im Speziellen mit den aktuellen Entwicklungen im Bereich Video-On-Demand oder den Kontroversen deut- scher und amerikanischer Produktionsbedingungen von Serien beschäftigen, widmet sich kaum eine Studie den Serienkonsumenten und deren gegenwärtigen Rezeptionsmustern. Die mangelnde Forschungslage auf der einen Seite und das persönliche Interesse an dem Hype auf der anderen Seite gelten als ausschlaggebende Motivation für die Wahl des vorliegenden Forschungsthemas.

Um sich tiefgehend mit individuellen Formen der Serienrezeption zu befassen, wurde das Thema qualitativ bearbeitet. Dabei sollen die ersten beiden Kapitel einen allgemeinen Über- blick über die Bedeutung des Fernsehens geben und aktuelle Nutzungsdaten offenlegen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Verschmelzung von Fernsehen und Internet wird dabei das neue Zeitalter des Fernsehens in seinem Wandel näher beleuchtet. Im Anschluss daran wird die Etablierung des Video-On-Demand-Marktes in Deutschland in den Fokus gestellt, wobei die unterschiedlichen Geschäftsmodelle kurz erläutert, sowie die Akzeptanz und Zukunfts- trächtigkeit von Video-On-Demand hinterfragt werden. Der dritte Teil der vorliegenden Ar- beit widmet sich dem allgemeinen Serienmarkt. Dabei soll der Blick vor allem auf die Loslö- sung der Fernsehserien von dem Medium Fernsehen an sich fokussiert werden. Um der zentralen Fragestellung nach neuen Formen der Serienrezeption gerecht zu werden, und da- mit dem Phänomen des Binge Watching auf den Grund zu gehen, erfolgt ein fokussierter Exkurs auf den eingangs bereits erwähnten Onlineanbieter Netflix. Dabei sollen Strategien und Auswertungspraktiken offengelegt werden, welche möglicherweise eine ausschlagge- bende Bedeutung für die Veränderungen des Serienkonsumverhaltens innehaben. An die all- gemeine Betrachtung des VoD- und Serienmarktes anschließend, erfolgt eine Übersicht der bestehenden Forschungsarbeiten, welche sich in einer Form dem Thema Binge Watching und den Veränderungen Serienkonsumverhaltens nähern. Als wichtiger Bestandteil für die bevor- stehende Erhebung soll dabei der Begriff des Binge Watching eingegrenzt werden und die Schwierigkeiten der definitorischen Verortung thematisiert werden. Bevor sich der Hauptteil dieser Arbeit den Ergebnissen der durchgeführten Studie widmet, umfasst das fünfte Kapitel eine ausführliche Erläuterung der Erhebungs- und Auswertungsmethoden der durchgeführten qualitativen Studie. Hier werden zudem die Thesen benannt, die den Leitfadeninterviews und Gruppendiskussionen zugrunde liegen. Im Hauptteil sollen die Ergebnisse unter Berücksich- tigung der vorher aufgestellten Thesen ausgewertet und interpretiert werden. Um sich dem Phänomen des Binge Watching definitorisch zu nähern, stehen dabei insbesondere Rezepti- onsveränderungen, individuelle Motivationen der Rezipienten und konsumfördernde Fakto- ren im Fokus der Auswertung. Abschließend wird basierend auf der Auswertung die Beant- wortung der Thesen und eine Eingrenzung der Begrifflichkeit Binge Watching vorgenommen.

1 Die Fernsehnutzung in Deutschland

1.1 Allgemeine Nutzungsdaten

Als Einstieg in das Thema der vorliegenden Arbeit ist ein allgemeiner Überblick über die Fernsehnutzung in Deutschland unabdingbar. Im Zuge der Digitalisierung und der wachsen- den Bedeutung des Internets verändert sich nicht nur die Angebotsstruktur von Bewegtbild- inhalten, sondern gleichermaßen auch die Form der Fernsehnutzung. Es kommt zu einer Er- weiterung in der Bereitstellung von audiovisuellen Inhalten einerseits und einer Veränderung der Abrufmöglichkeiten von Bewegtbildcontent andererseits (Hasebrink, 2009). Nichtsdestot- rotz kann das klassische Fernsehen - im Sinne von linearer Nutzung des Fernsehangebotes über das Fernsehgerät - keinen markanten Rückgang verzeichnen. Wie die Daten im folgen- den Abschnitt zeigen besitzt das klassische Fernsehen in Deutschland nach wie vor eine wichtige Bedeutung in der heutigen Mediennutzung. Wie Ergebnisse der jährlich durchge- führten ARD/ZDF-Online Studie zeigen, ist die Nutzung des konventionellen Fernsehgerätes - ob linear oder zeitversetzt - nach wie vor stabil. Trotz der zahlreichen Möglichkeiten be- wegte Bilder und audiovisuelle Inhalte über ein mobiles Endgerät via Internet zu rezipieren, bleibt die tägliche Sehdauer im Fernsehen im Vergleich zu den Vorjahren relativ konstant (Eimeren/ Frees, 2014). WieAbbildung 1zeigt, beträgt die Fernsehnutzung im Jahre 2014 durchschnittlich 240 Minuten täglich. Nach dem bis heute stärksten Fernsehjahr 2010 kommt es zu einem Einbruch im Jahr 2011. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 Stabilisierung der Nutzungsdauer zwischen 240 und 242 Minuten. Mit einer Onlinenutzung von 211 Minuten täglich sind das drei Minuten mehr als im Vorjahr und knapp 45 Minuten mehr als im Jahr 2010.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Durchschnittlich Nutzungsdauer 2000 - 2014. (Quelle: Eimeren/ Frees, 2014, S.392).

Der konstante Konsum des konventionellen Fernsehgerätes trotz der ansteigenden Onlinenut- zung, lässt sich durch eine komplementäre Nutzung von Fernsehinhalten via Internet erklä- ren. Damit stehen beide Medien nicht in Konkurrenz zu einander, sondern bieten dem Nutzer vielmehr neue Zugangswege und Nutzungsoptionen (vgl. Frees, 2014).

Um diese Medienkonvergenz zwischen Internet und Fernsehen genauer zu erfassen, wurde in der ARD/ZDF Onlinestudie 2014 zum zweiten Mal Informationen zur TV-Sehdauer (egal ob linear oder non-linear) im Tagesablauf erfasst (vgl. Abbildung 2). Dabei wurden alle möglichen Verbreitungswege und Gerätetypen miteinbezogen, so dass ein direkter Vergleich von 2014 zu 2013 möglich ist1(vgl.ebd.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Formen der Fernsehnutzung. (Quelle: Frees, 2014, S. 418).

Addiert man zusätzlich zu den vom AGF-Panel2erhobenen 237 Minuten linearer und den 3 Minuten zeitversetzter klassischer Fernsehnutzung 8 Minuten TV-Konsum über das Internet, so ergibt sich eine tägliche Fernsehnutzung von 248 Minuten unter allen Befragten ab 14 Jahren. Prozentual fallen damit 3 Prozent der täglichen Gesamtsehdauer auf den Konsum via Internet.3Im Vergleich zum Vorjahr ergeben sich keine bemerkenswerten Verschiebungen unter den jüngeren Nutzern begrenzt auf 14-29 Jahren. Zwar ist die Gesamtnutzung bei den jüngeren Zuschauern um 7 Minuten auf 126 Minuten täglich gesunken, aber auch die Nut- zung von TV-Inhalten über das Internet verzeichnet einen Rückgang um 1 Minute auf nun 11 Minuten täglich (vgl. Abbildung 2). Das Bild verschiebt sich, wenn der Onlinenutzung von TV-Sendungen (linear und non-linear) auch der Konsum von anderen Videos, wie Mu- sikclips, Youtube-Videos, Comedy- und Ratgebervideos, aus dem Internet ergänzt werden. Hier zeigt sich eine erhöhte Onlinenutzung von 15 Minuten täglich, das entspricht einem An- stieg von 5 Minuten im Vergleich zum Vorjahr (vgl. Frees, 2014). Abzüglich der 8 Minuten online rezipierter TV-Sendungen fallen demnach 7 Minuten auf die Nutzung anderer Online- videos (vgl. Abbildung 3). Der Wandel bei den jüngeren Mediennutzern vollzieht sich hinge- gen noch stärker, wie Abbildung 3 zeigt. Insgesamt konsumiert diese Zielgruppe täglich 32 Minuten bewegten Onlinecontent, wovon 21 Minuten auf die Nutzung sonstiger Bewegtbild- inhalte exklusive TV-Inhalten fällt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Formen der Fernsehnutzung inklusive Onlinevideos (Quelle: Frees, 2014, S.419).

Die Ergebnisse zeigen, gemessen an der gesamten Bewegtbildnutzung (klassisches Fernsehen + TV via Internet + Onlinevideos), dass allein 20 Prozent auf die Onlinerezeption von bewegten Bildern fällt. Das entspricht einem Zuwachs von 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt lässt sich beobachten, dass sich die Verlagerung der Bewegtbildnutzung vom klassischen Fernsehen ins Internet vor allem bei den jüngeren Nutzern vollzieht. Von zentraler Bedeutung ist jedoch, dass sich die Gesamtfernsehnutzung vermehrt, jedoch mehr und mehr verlagert. Es kommt dabei aber nicht zu einer Ablösung des Fernsehers durch das Internet. Die „friedliche Koexistenz“ zwischen beiden Medien führt lediglich zu einer Diversifikation des Fernsehnutzungsverhaltens (ebd., S.419.).

1.2 The New Age of Television

„Fernsehen erlebt gerade eine der erstaunlichsten Wachstumsgeschichten des Planeten, und zwar in jedem einzelnen Land. Fernsehen ist das Programm, egal auf welchem Weg die Leute es nutzen. Was die Menschen am liebsten im Internet machen, ist: fernsehen.

(Jeff Bewkes, CEO Time Warner)

Mit dieser nahezu unumstößlichen Aussage äußert sich CEO und Präsident von Time War- ner, Jeff Bewkes, in einem Interview über die Zukunft des Fernsehens, spricht dabei sogar von dem „Goldenen Zeitalter“.4Wenngleich diese Aussage sehr provokant und überzeichnet erscheint, belegen zumindest die im Vorfeld dargestellten Ergebnisse dass sich die TV- Branche gerade im Umbruch befindet, sowohl auf Seiten der TV-Angebote als auch der Nachfrage. Das traditionelle Bildschirmmedium gilt nach wie vor als Leitmedium und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben (vgl. Mikos, 2011). Jedoch durchlebt es seit dem begin- nenden 21. Jahrhundert zahlreiche Transformationen. Im Zuge der die Digitalisierung ist das klassische Fernsehen zahlreichen technischen Entwicklungen unterworfen. Sowohl die neuen Fernsehgeräte in den häuslichen Wohnzimmern, als auch die Verfügbarkeit zahlreicher audi- ovisueller Inhalte auf verschiedenen Zugangswegen, verbinden das konventionelle Leitmedi- um mit den neuen Möglichkeiten des Internets. Wie der jährliche Digitalisierungsbericht der Medienanstalten für das Jahr 2014 offenlegt, ist in 3,7 Mio. Haushalten ein Smart-TV vorzu- finden und immerhin 5,9 Mio. Haushalte besitzen einen sogenannten Connected TV, also mindestens ein internetfähiges TV-Gerät.5Unter Beachtung weiterer internetfähiger Geräte wie PC, Laptop oder Tablet verfügen 2014 bereits 12,3 Millionen Haushalte über mindestens ein an das Internet angeschlossene Fernsehgerät.6Neben der Digitalisierung, dem Kabelfern- sehen, Pay-TV und der DVD-Auswertung expandiert vor allem der Onlinemarkt rund um das Thema Video-On-Demand, welches im zweiten Kapitel näher behandelt wird. Aufgrund der technischen Entwicklungen ermöglicht der Ausbau schneller Internetleitungen wird die Nut- zung von Fernsehinhalten über das Internet zunehmend attraktiver. Fernsehinhalte können über jedes an das Internet angeschlossene Medium rezipiert werden. Dadurch entstehen ne- ben neuen Rezeptionsformen auch innovative Möglichkeiten der Publikumsteilhabe. Der von Goldmedia jährlich publizierte Trendmonitor verbindet mit den gegenwärtigen Entwicklun- gen einen „Paradigmenwechsel“ im Bewegtbildbereich (Kerkau, 1014, S.14). Ein Wechsel ist dabei vor allem in der Nutzung der Fernsehangebote zu beobachten. Die folgende Übersicht veranschaulicht die verschiedenen Möglichkeiten des Konsums in der neu entstandenen konvergierenden Medienumgebung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Übersicht über Lineare und Non-Lineare Angebote. (Quelle: Hasebrink, 2009, S. 7).

Audiovisuelle Angebote gliedern sich in zeitabhängige Angebote (klassisches Fernsehpro- gramm) und zeitversetzten Content (z.B.: Video-on-Demand-Angebote). Während non- lineare Angebote einerseits vom Rezipienten selber aufgezeichnet und abgerufen werden, existieren andererseits die Angebote der einzelnen Anbieter, welche online oder offline abge- rufen werden können. In der untersten Ebene der Darstellung von Hasebrink wird ersichtlich, dass zahlreiche Möglichkeiten der Nutzung von Bewegtbildinhalten entstanden sind. Wie bereits einleitend angedeutet, schauen die Zuschauer gegenwärtig nicht weniger, sondern diversifizierter fern. Dabei wird die lineare Rezeption nicht verdrängt, sondern durch die zahlreichen non-linearen Rezeptionsmöglichkeiten ergänzt (vgl. Frees, 2014).

2 Der Video-On-Demand-Markt in Deutschland

Ein wesentlicher Bestandteil und eine der Grundvoraussetzung für die Entstehung neuer Seri- enrezeptionsformen ist die Entwicklung des Video-On-Demand-Marktes (VoD) in Deutsch- land. Aus dem Englischen übersetzt bedeutet ‚on-demand’ soviel wie ‚auf Abruf’. Video-On- Demand meint also den Abruf von digitalem Videomaterial. Dabei können die audiovisuellen Inhalte über einen Internetanbieter entweder herunter geladen oder über eine Plattform direkt gestreamt werden. Die Etablierung von Video-On-Demand-Angeboten auf dem deutschen Fernsehmarkt vollstreckt sich bereits über viele Jahre, doch erst im Rahmen der Digitalisie- rung wird der VoD-Markt massentauglich. So spricht Goldhammer, Geschäftsführer des Me- dienberatungsunternehmens Goldmedia7, im Jahr 2014 von einem „Durchbruch in Richtung Massengeschäft“ (Goldhammer, 2014, S.16). Durch die Verschmelzung von Fernsehen und Internet entstehen zahlreiche VoD-Plattformen, welche um die Gunst der Zuschauer ringen. Dabei etablieren sich verschiedene Geschäftsmodelle, welche sich vor allem in der Form der Bezahlung und den Möglichkeiten des Abrufes der Inhalte unterscheiden.

2.1 Geschäftsmodelle

Mit den bereitstehenden technischen Möglichkeiten8, der wachsenden Zahl der VoD-Abieter und einem Publikum, welches bereit ist traditionelle Nutzungsmuster zu nivellieren, entfaltet der Video-On-Demand-Markt großes Entwicklungspotential. Mit insgesamt mehr als 50 VoD-Anbietern auf dem deutschen Online-Video Markt verteilt sich das Gesamtvolumen der Branche mit 163 Millionen Euro jedoch auch auf zahlreiche Plattformen, deren einzelne Ge- schäftsmodelle jedoch teilweise erheblich differieren und auch nicht immer eindeutig vonei- nander abzugrenzen sind (vgl. Goldhammer 2014). In Anlehnung an die von Martens/Herfert (2013) durchgeführte Studie zur Entwicklung des VoD-Markts in Deutschland soll ein kurzer Überblick über auf dem Markt existierende Geschäftsmodelle gegeben werden (vgl. Abbil-dung 5).

Hinter dem Geschäftsmodell EST (=Electronic Sell Through) verbirgt sich eine digitale Kaufvariante, wobei Filme, Serien und andere bewegte Inhalte gegen Gebühr bezahlt, herun- tergeladen und im Abschluss beliebig oft rezipiert werden können. Neben dem klassischen Kaufmodell existiert auf dem VoD-Markt ein Verleih-Modell, wobei die Nutzer die audiovi- suellen Angebote nach der Bezahlung als Einzelabruf oder nur für einen bestimmten Zeit- raum online ausleihen.

Einen großen Zuspruch auf dem VoD-Markt erfährt gegenwärtig insbesondere das S-VoD- Modell (=Subscription-Video-On-Demand). Hierbei handelt es sich um Bezahlmodell, wel- ches über eine regelmäßige Summe in Form eines (meist monatlichen) Abonnements finan- ziert wird. In der folgenden Abbildung sind die drei bereits genannten Beispiele nochmals übersichtlich mit praktischen Beispielen dargestellt und weiter, abgewandelte oder Misch- formen von Geschäftsmodellen der VoD-Portale aufgelistet (vgl. Abbildung 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Übersicht der Geschäftsmodelle bei Video-On-Demand (Quelle: Martens/Herfert, 2013, S. 103).

Goldmedia stellt fest, dass die Geschäftsmodelle des A-VoD und S-VoD im deutschsprachi- gen Raum die rasanteste Entwicklung hinlegen (vgl. Goldmedia, 2014)(vgl. auch Kapitel 2.2). Sowohl die öffentlich-rechtlichen, als auch die privaten TV-Sender sind online vertreten und bieten dem breiten Publikum über die jeweiligen Mediatheken der Sender zahlreiche TV- Inhalte ‚on-Demand’ an. Dabei besteht sehr häufig die Wahl zwischen linearem und non- linearem Fernsehkonsum. Während das TV-Programm der Sender wie ProSieben, RTL, aber auch ZDF oder ARD linear online mitverfolgt werden können, gibt es oftmals auch das non- lineare Angebot des ‚Catch-Up-TVs’. Catch-Up steht für die Möglichkeit verpasste Inhalte für einen bestimmten Zeitraum - üblicherweise 7 Tage - in der Online Mediathek ‚nachzu- schauen’, also zeitversetzt zu rezipieren. Als bekanntes Beispiel dafür gilt der sonntags zur Prime Time im Fernsehen ausgestrahlte TATORT. Nach Ausstrahlungsende ist die aktuelle Folge eine Woche lang in der ARD-Online Mediathek als kostenfreier Stream verfügbar.9 Erwähnt seien neben den klassischen Mediatheken der Free-TV-Sender ebenso die Angebote der Pay-TV-Sender. Hierzu gehören unter anderem Anbieter wie Sky, Kabel Deutschland oder horizon. Hier ist der Übergang bezüglich der Bezahlmethode eher fließend, jedoch fi- nanzieren sich diese Angebote vor allem über ein Abonnement, mit teilweise unterschiedli- chen Laufzeiten. Über eine monatliche Summe erhalten die Rezipienten nicht nur freien Zu- gang zu den Pay-TV-Sendern, sondern haben auch die Möglichkeit Sendungen aufzunehmen und/oder zu einem späteren Zeitpunkt beliebig wieder abzuspielen. Darüber bieten diese Plattformen auch eine große Bandbreite an Serien und Filmen an, welche beispielsweise über eine Set-Top-Box10oder einen DVR11(Digital Video Recorder) jederzeit abgerufen werden können. Neben den VoD-Möglichkeiten der Free- und Pay-TV-Sender haben sich in den letz- ten Jahren diverse andere Online Videoportale etabliert. Neben MyVideo, was der ProSie- benSat.1 Gruppe angehört, bietet auch Clipfish eine Vielzahl an Online Videos u.a. in den Bereichen Serien, Musikvideos, TV, Filme oder Webshows an. Beide Portale finanzieren sich, ebenso wie die oben genannten Sender Mediatheken, größtenteils über Werbeeinblen- dungen. Dieses als A-VoD (=Advertised-Video-On-Demand) bezeichnete Geschäftsmodell machen sich auch Senderportale wie der Disney Channel oder der Social TV Sender joiz zu Nutze. In deren Online Mediatheken stehen auch hier sämtliche Inhalte zum linearen oder zeitversetzen Abruf bereit.

2.2 Nutzungspräferenzen

Die etablierten Geschäftsmodelle werden von dem Publikum in divergentem Maße genutzt und setzen sich im Zuge der gegenwärtigen Entwicklungen unterschiedlich stark auf dem Medienmarkt durch. Die Daten der Gesellschaft für Konsumforschung zeigen einen deutli- chen Trend zum digitalen Abonnement-Modell (S-VoD). Während in der anfänglichen Ent- wicklung des VoD-Marktes ausschließlich Inhalte über das Leihmodell erworben werden können, etabliert sich ab 2008 auch das Kaufmodell (vgl. Abbildung 6). Während sich die VoD-Umsätze 2010 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln, treibt auch die Entwicklung des Abonnement-Modells die Umsätze ab 2011 stetig in die Höhe. Der Gesamtumsatz von 124 Millionen teilt sich dabei wie folgt auf: 22 Millionen werden durch S-VoD, 46 Million durch EST-VoD und 55 Millionen mit T-VoD erzielt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Die Entwicklung des Video-On-Demand-Markt. Dargestellt sind die Umsätze über die Nachfrageseite ohne Werbeeinnahmen. (Quelle: House of Research, 2013, S.5).

Abonnement-Modelle kamen in der Vergangenheit vor allem im Bereich der Printmedien zum Einsatz. Mit Sky und Premiere entstehen dann die ersten Bezahlmodelle für audiovisu- elle Inhalte, das Abo-Fernsehen kann sich jedoch lange Zeit nicht durchsetzen (vgl. Birkel, 2014). Durch zahlreiche im Internet kursierende Abo-Fallen im Jahr 2000 wird das Vertrauen der Nutzer in derartige Bezahlmodelle erneut geschwächt (vgl.ebd.). Die Abbildung 6 ver- deutlicht einen Zuwachs von abonnement-finanzierten Internetanbietern auf dem VoD ab 2008. S-VoD-Modelle finden sich zu dem Zeitpunkt beispielsweise bei Videoload oder Maxdome. Wie die aktuellen Ergebnisse von Goldmedia jedoch zeigen, wächst das Vertrauen der Nutzer in die monatlichen Zahlmodelle in den letzten Jahren stetig an (vgl. Abbildung 7). Der ausschlaggebende Durchbruch für die Akzeptanz von Abonnement-Modellen gelingt in Deutschland 2013 mit dem Launch des Anbieters Watchever. Ebenso beeinflussen Nachfol- ger wie Amazon Prime und seit 2014 auch Netflix die Umsatz- und Nutzerzahlen des deut- schen VoD-Marktes entscheidend. Maßgebliche Gründe für die plötzliche Zuschauerakzep- tanz und die steigenden Zahlen der Abonnement-Nutzer sind unter anderem sehr kurze Laufzeiten (meistens einen Monat) und ein geringer Monatsbeitrag (im Schnitt 7,99 Euro).

Die einzelnen Anbieter locken die potentiellen VoD-Nutzer zusätzlich mit einem kostenlosen Probemonat, in den meisten Fällen schaffen sie es jedoch Kunden erfolgreich und längerfristig zu binden. Neben einer flexiblen und einfachen Handhabung, haben die Nutzer Zugriff auf eine breite Masse an Videoangeboten, welche durch den Ausbau der Internetleitungen von überall sehr simpel zugänglich sind. Teilweise bieten die einzelnen Portale sogar einen sogenannten Offline-Modus, bei dem bereits vorher geladenen Videos offline rezipiert werden können, sodass eine dauerhafte Internetverbindung nicht nötig ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Entwicklung der Video-On-Demand-Umsätze. (Quelle: Goldmedia, 2014)

WieAbbildung 7zeigt, kommt es zu einer Verschiebung des VoD-Marktes. Goldmedia for- mulierte Zukunftsprognose für den deutschen VoD-Markt und hebt dabei das S-VoD-Modell als sich durchsetzendes Geschäftsmodell hervor. Während sich gegenwärtig die VoD- Modelle nahezu die Waage halten(vgl. Abbildung 7),lässt der erkennbare Trend in Richtung ‚Subscribe to Everything’ diese Vermutung durchaus zu. Die derzeitigen Hauptkonkurrenten um den deutschen S-VoD-Markt sind Maxdome, WATCHEVER, Netflix, Amazon Instant Video und Sky.

3 Fernsehserie vs. Serie im Fernsehen

Die Etablierung von Video-on-Demand-Modellen und die steigenden Möglichkeiten sämtli- che TV-Inhalte losgelöst von starren Rahmen des konventionellen Fernsehens zeitunabhängig rezipieren zu können, geht mit der Veränderung des Konsumverhaltens einher. Fernsehserien sind ein essentieller Bestandteil des Fernsehprogrammes und damit ebenso von den Wandel in der Fernsehlandschaft betroffen. Für die Untersuchung inwiefern die Rezeption serieller Formate Veränderungen unterworfen sind, muss zunächst das Format ‚Serie’ genauer be- schrieben werden. Nach einer Gegenstandsverortung, werden zentrale Strukturmerkmale des seriellen Erzählens erläutert und im Anschluss daran der sich vollziehende Wandel in der Serienlandschaft fokussiert werden. Abschließend erfolgt ein Exkurs auf die von Netflix praktizierte besondere Distributionsstrategie und dessen Auswirkungen auf das Serienpubli- kum.

3.1 Eingrenzung und Begriffsklärung

Fernsehserien sind nicht nur ein „wichtiger Bestandteil des Fernsehprogramms“, vielmehr sind sie ein wichtiger Alltagsbegleiter und nicht selten ein Teil des individuellen Sozialisati- onsprozesses (Mikos, 2013, S.3). Gerade in der gegenwärtigen Zeit erfreuen sich Fernsehse- rien besonders großer Beliebtheit, denn es vollzieht sich ein Wandel in der Fernsehserien- landschaft: sowohl die Produktionsbedingungen, als auch die Auswertungspraktiken und, damit einhergehend, vor allem die Rezeptionsgewohnheiten betreffend. Bevor die dynami- schen Entwicklungen und neueren Tendenzen in der Serienlandschaft im Fokus der weiteren Ausführungen stehen, ist es zunächst von Bedeutung, sich dem Serienbegriff definitorisch anzunähern bzw. eine für den vorliegenden Forschungsgegenstand geeignete Eingrenzung vorzunehmen. Da das Format der Serie schon länger große Zuschauergruppen generiert, ist sie ein wichtiges Forschungsthema, sodass sich bereits eine Vielzahl an Publikationen mit der Begriffsklärung einer Serie bzw. Serialität auseinander gesetzt haben. Umfangreiche Einbli- cke lassen sich vor allem bei Mikos (1994), Hickethier (1991), Creeber (2004), Kübler (2013), oder Weber/ Junklewitz (2008) finden. Im Folgenden soll die Begriffsklärung und Differenzierung von Serienformen lediglich in dem Rahmen erfolgen, wie Sie für die vorlie- gende Analyse und als Basis für die weitere Schwerpunktsetzung von Relevanz sind.

Hickethier konstatiert, dass die „Entwicklung von Serienformen [...] als dynamisch verän- dernde[(r) Prozess] zu begreifen“ und durch die Vielzahl an Gattungs- und Genrespezifischen Unterformen nur schwer trennscharf voneinander abzugrenzen ist (Hickethier, 1991, S.8).

Während früher12zwischen der ‚Serie’, der ‚Reihe’ und einem ‚Mehrteiler’ unterschieden wurde, so haben sich im Laufe der Zeit Hybridformen herausgebildet (vgl. Mikos, 2014). Die Vermischung von Serien- und Reihenelementen wird durch den Begriff der „flexi-narratives“ geprägt, welcher einen „Mix vieler Narrationsebenen und eine Kombination von Formatfor- men“ beschreibt (Nelson, zit. nach Mikos, 2014, S.5). Noch deutlicher wird die Komplexität der Seriendifferenzierung durch die Annäherung über formelle bzw. inhaltliche Abgren- zungskriterien, wie sie Bock (2013) als relevantes Unterscheidungsmerkmal heranzieht. For- mell unterscheidet sie dabei zwischen der Ausstrahlungszeit (‚Daytime’, ‚Primtime’) und dem Ausstrahlungsrhythmus (‚Daily’, ‚Weekly’ oder singuläre „Programmereignisse“ )(vgl. Bock, 2013). Darüber hinaus spielt die Ausstrahlungslänge eine Rolle für die formale Ab- grenzung. Während die einzelnen Episoden von Reihen und Mehrteilern mit 90 Minuten ei- nen Spielfilmcharakter vorweisen, sind „einzelne Folgen von Fortsetzungs- bzw. Episodense- rien für gewöhnlich ca. 42 bis 60 Minuten lang. Episoden mit einer Länge von ca. 22 Minuten kommen hingegen vor allem bei Sitcoms vor (ebd., S.39).

Inhaltlich wird insbesondere die Abgrenzung Fiction und Non-Fiction, sowie über die Abge- schlossenheit der Handlung vorgenommen. Bei der Unterscheidung zwischen Fortsetzungsse- rien (Serials) und Episodenserien (Series) spielt vor allem die dramaturgische Ausrichtung eine Rolle. Episodenserien weisen eine vertikale Dramaturgie auf, was bedeutet, dass die Handlungs- und Figurenentwicklung eher begrenzt stattfindet, weil die Geschichte innerhalb einer Episode abgeschlossen wird (vgl. Lang/ Dreher 2013). Im Gegensatz dazu ermöglicht eine horizontale Dramaturgie, wie sie bei Fortsetzungsserien eingesetzt wird, „längere erzäh- lerische Bögen, die sich über zwei oder mehrere Folgen, oder auch über eine ganze Staffel und darüber hinaus ziehen“ (ebd.). Doch auch bei aktuellen Serienbetrachtungen sind die Grenzen zwischen Episoden- und Fortsetzungsserien häufig nicht mehr trennscharf, sondern verschwimmen zunehmend, so dass Creeber (2004) von einem „breakdown between the tra- ditional series and serial“ spricht (Creeber, 2004, S.12).

Neben diesen Differenzierungskriterien existieren zahlreiche weitere Ansätze verschiedener Serientypologien. Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch nicht jeder auf Zweckmäßig- und Allgemeingültigkeit geprüft werden. In Anlehnung an Weber/ Junklewitz (2008) soll für die vorliegende Untersuchung zu Serienrezeptionsformen und -motiven zum einen auf Rezepti- onsunterschiede zwischen Episoden- und Fortsetzungsserien geachtet werden. Ergänzend dazu werden die formellen und inhaltlichen Abgrenzungskriterien nach Bock (2013) für die Auswertung mit herangezogen.

3.2 Strukturen und Funktionen seriellen Erzählens

Als Folge der Veränderungen in der Serienlandschaft darf ein wichtiger Aspekt serieller Formate nicht außer Acht gelassen werden: Serielle Formate weisen bestimmte strukturelle und funktionelle Merkmale vor, welche sich im Zuge der wandelnden Serienlandschaft immer weiter ausdifferenzieren. Um in der späteren Befragung mögliche Veränderungen von Strukturmerkmalen und Funktionszusammenhängen von Serien herauszuarbeiten und darstellen zu können, gilt es zunächst Serien bzw. serielle Formate in ihren Funktionen und Merkmalen ihrer (ursprünglichen) Strukturen offenzulegen.

Grundsätzlich galten Fernsehserien als serielle Erzählungen, welche ursprünglich für das Medium Fernsehen produziert und über ebenso dieses ausgestrahlt werden (vgl. Mikos, 2013). Die Hinfälligkeit des Fernsehgerätes als alleiniges Auswertungsmedium für Serienformate ist offensichtlich und in den vorherigen Abschnitten mehrfach angesprochen wurden. Die Fernsehinhalte, insbesondere die hier im Fokus stehenden TV-Serien, lösen sich vom starren Rahmen des Medium ‚Fernseher’ als bloßes Gerät an sich.

Medienhandeln und im Besonderen die Serienaneignung sind seit langer Zeit ein fester Be- standteil im menschlichen Alltag. Wie Mikos (1994) konstatiert, strukturieren Serien den Alltag und wirken gleichermaßen auch wieder auf diesen zurück. Serielle Strukturen in ihrem ursprünglichen Sinne in Form eines festgelegten, regelmäßigen Ausstrahlungszeitpunktes und Sendeplatz erfüllen eine gewisse Plan- und Berechenbarkeit. Die Folge daraus ist, ein gewis- ses beim Zuschauer hervorgerufenes Gefühl der Sicherheit und Routine. Im digitalen Zeital- ter werden die klassischen Strukturen und Funktionen mit der zunehmenden Durchsetzung von Video-On-Demand-Angeboten jedoch aufgebrochen. Die Fernsehinhalte sind jederzeit und (fast) überall verfügbar und müssen nicht mehr zu festen Zeiten über ein festes Medium konsumiert werden. Während Serien ursprünglich nicht auf Dichte, sondern auf die Breite waren, so ändern sich diese Strukturen gegenwärtig gänzlich (vgl. Kapitel 3.4.1).

3.3 Der Serienmarkt im Wandel - Quality-TV

„HBO is more than a place; it’s an idea ...

In certain cases’ it’s like the Medicis, like we’re patrons of the arts.“ (Chris Albrecht, ehem. CEO HBO)

Der amerikanische Sender HBO wird oftmals im Zusammenhang mit der Etablierung der sogenannten Quality-TV-Series genannt. Gleichermaßen ist es der Sender auch selber, der sich mit Slogans wie „It´s not TV, it´s HBO“ deutlich vom konventionellen Fernsehpro- gramm distanzieren möchte. Für die Erforschung neuer Formen der Serienrezeption ist es unabdingbar einen kurzen Abriss über die Entwicklung dieser neuen Erzählform zu geben und den viel umstrittenen Begriff der neuen Qualitätsserien anhand von Kriterien und Bei- spielen zu konkretisieren. Während im vorherigen Kapitel bereits die Problematik einer kla- ren Systematisierung des Serienbegriffs deutlich wurde, ist wurde auch die Quality-TV-Serie besonders in den Anfangszeiten vielfach diskutiert worden. Einigkeit herrscht allerdings über einen markanten Wendepunkt in der amerikanischen Serienlandschaft: Ende der 1990er Jah- ren mit der Veröffentlichung von zahlreichen innovativen und cleveren Serienformaten, wie die (von HBO produzierten) Serien THE SPORANOS, THE WIRE oder SIX FEET UNDER. Diese „komplex und nuanciert [...] gestaltete[n...] Erzählungen“ lösen einfach gestrickte „Wieder- holungsmuster“ ab (Blanchet, 2011, S.37). Damit werden sie dem damals vorherrschenden schlechten Ruf des Fernsehens entgegengesetzt und als Quality Television Series verhandelt. Zeitgleich gelingt den Serien damit die Differenzierung zu den damals auflebenden „Boule- vardformaten wie Reality-TV und Casting-Shows, aber auch von herkömmlichen Sitcoms und Seifenopern“ (ebd., S.38). Da das Merkmal ‚Qualität’ ebenso vielfältig wie kontrovers diskutiert werden kann, hat Thompson (1996) feste Merkmalskriterien für das „Gütesiegel ‚Qualitäts-TV’ “ festgelegt, welche durch Blanchet (2011) unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklungen überarbeitet und erweitert wurden. Zum besseren Verständnis und im Hin- blick auf die späteren Gruppendiskussionen und Interviews, sollen zumindest nach Thomp- son aufgestellte wesentliche Merkmale einer Quality-TV genannt und beispielhaft belegt werden (vgl. im folgenden Blanchet, 2011, S.44ff.).

Qualitätsserien ...

- ... sind kein gewöhnliches Fernsehen - wie der eingangs erwähnte HBO Slogan von HBO klar postuliert. Durch den Einsatz von beispielsweise bislang unbekannten Er- zählmitteln oder Genretransformationen versuchen diese Serien sich klar vom ge- wöhnlichen Fernsehen abzuheben.
- ... sprechen ein gehobenes Publikum an - Im Gegensatz zu konventionellen Serien, welche als „Inbegriff seichter Massenunterhaltung“ stehen, sprechen Qualitätsserien eher Akademiker und kulturell bewanderte Mediennutzer an.
- ... werden von Künstlern gemacht - Dieses Charakteristikum zielt vor allem auf die bei amerikanischen Serienproduktionen vorhandene zentrale Rolle des sogenannten Showrunners. Er ist dafür verantwortlich mit seiner Kreativität den Serien einen be- stimmten Stil und damit die besondere Qualität zu verschaffen (vgl. Mikos, 2013). Oftmals auch in der Rolle als Produzent tätig verknüpft der Showrunner dabei das Konzept der Serie und vermittelt zwischen Sender, Autoren und Produzenten. Die ge- samte Produktion unterliegt damit seiner Aufsicht (vgl. ebd.). Namhafte Beispiel für erfolgreiche Showrunner sind u.a. J.J.Abrams (LOST), David Chase (THE SOPRANOS), Alan Ball (TRUE BLOOD, SIX FEET UNDER) oder Mattew Weiner (MAD MEN).
- ... verfügen über ein großes Figurenensemble, präsentieren unterschiedliche Perspek- tiven und haben multiple Plots - Relevante Beispiele sind insbesondere THE WIRE (David Simons) mit 80 Serienfiguren in fünf Staffeln und vielfältig repräsentierten Perspektiven und starkem Pluralismus.
- ... haben ein Gedächtnis - Dieser Punkt betrifft das Serialitätsspektrum von Quality- TV. Die Handlungsstränge können über ein, mehrere oder eine ganze Staffel offen bleiben (‚story- oder character arts’). Diese staffelüberspannenden Bögen sind bei- spielsweise in 24 und BUFFY THE VAMPIRE SLAYER zu finden. Wenn sich einer oder mehrere Handlungsstränge über den kompletten Verlauf einer Serie offen bleiben, wie die Serie LOST beispielsweise beweist, ist vom ‚mythology arc’ die Rede.

Darüber hinaus gelten für Qualitätsserien Merkmale wie Selbstreflexivität, ein komplexer Schreibstil, die Behandlung kontroverser Themen und der Versuch realistisch zu sein ge- schrieben zu sein. Auffallend ist auch, dass Quality-Television-Series sehr häufig mit Preisen ausgezeichnet werden und sich nicht zuletzt dadurch auch als „eigenständiges <Genre> mit charakteristischen und ästhetischen Kennzeichen entwickelt hat“ (ebd., S.68). Um der Ambi- valenz des Begriffes ‚Qualitätsserie’ entgegenzuwirken, betont Thompson, dass dieser nicht als „Auszeichnung für den ästhetischen Wert bestimmter Serien“ verstanden werden soll. Stattdessen sei dieses Genre durch eine neue Stilform geprägt und ist „im Grunde nichts an- deres als die verspätete Antwort auf das Kunst- und Autorenkino“ (ebd.).

3.4. Exkurs Netflix: Die All-You-Can-Watch-Strategie

Wenn HBO als Inbegriff für die Etablierung von Quality-TV-Serien steht, so stellt die Streamingplattform Netflix die institutionalisierte Form der Serien-Evolution dar. Die seit dem letzten Jahr auch auf dem deutschen Markt agierende Onlineplattform hat den Begriff des Binge Watching, durch eine außergewöhnliche Vermarktungs- und Distributionsstrategie, zum Leben erweckt. Mit hochkarätigen seriellen Eigenproduktionen wie HOUSE OF CARDS oder ORANGE IS THE NEW BLACK versucht Netflix die Zuschauer an die Plattform zu binden. Die Besonderheit dabei ist jedoch, dass Netflix weder bei der Publikation, als auch bei der Art der Verbreitung auf die Merkmale einer klassischen Serie setzt. Statt eine ‚Serie’ wie HOUSE OF CARDS Folge für Folge auf den Markt zu bringen, und die Rezipienten in regelmä- ßigen Abständen mit neuen Inhalten zu versorgen, setzt Netflix auf Binge Watching als Ge- schäftsmodell. Die erste Staffel des Politdramas wurde in einem Stück veröffentlicht und nicht, wie für serielle Formate üblich, über einen längeren Zeitraum zu einem regelmäßigen Sendetermin. Wie HOUSE OF CARDS Produzent Beau Willimon13erklärt, zielt die Strategie von Netflix darauf ab „to shut down a portion of America for a whole day“.14Die Serie kann von den Rezipienten als homogenes Ganzes wahrgenommen und ebenso ‚am Stück’ konsu- miert werden. Diese neue Form der Distribution ermöglicht gleichermaßen eine differenzierte Erzählweise.

„Die langsame und komplexe Dramaturgie rund einen ehrgeizigen Kongressabgeordneten in Washington setzt auf andere Spannungsbögen als Serien dies normalerweise tun, verzichtet auf traditionell platzierte Cliffhanger und positioniert sich damit an der Schnittstelle zwischen Serie und Film“ (Ulm, 2013)

Die zeitgleiche Veröffentlichung aller Staffelfolgen führt dazu, dass die Handlungsstränge länger gezogen werden, jedoch typische Cliffhanger nicht am Ende einer Folge einzusetzen, da die Zuschauer sowieso die Möglichkeit haben, den Konsum der nächsten Folge sofort an- zuschließen. Obwohl das Streamingportal klassische Konventionen und die Sehgewohnheiten der Serienrezipienten bricht, scheint die „All-You-Can-Watch“- Strategie den Bedürfnissen der Zuschauer zu entsprechen. Dem unabhängigen Publikum wird vermittelt die alleinige Kontrolle über ihr Fernseherlebnis zu besitzen (vgl. Stelter, 2013). Dennoch benutzt Netflix subtile Strategien um den Zuschauer zu binden und sein Rezeptionsverhalten zu beeinflussen.

In HOUSE OF CARDS wird beispielsweise eine vierte Dimension eingeführt, als direkte Kom- munikationsebene zwischen dem Protagonisten Frank Underwood (Kevin Spacey) und dem Publikum. Als bezeichnendes Moment der Seriendarsteller-Zuschauer-Interaktion wendet sich Spacey zum Staffelauftakt der zweiten Staffel mit den begrüßenden Worten „Welcome Back“ direkt an das Publikum. Neben innovativen und komplexen Erzählweisen wird die Entwicklung von exzessivem Serienkonsum auch anderweitig provoziert. Gleichermaßen weist der allgemeine Aufbau der Internetplattform inklusive eingebauter Interaktionstools darauf hin, dass Netflix aktiv versucht die Serienzuschauer zu neuem, unkonventionellen Serienkonsum anzuregen.

Netflix gibt dem Nutzer zwar das Gefühl sich gänzlich unabhängig auf der Plattform bewe- gen und nach eigenem Gusto, solange wie möglich auf Unmengen Videoinhalte in Form von Serien oder Filmen rezipieren zu können. Tatsächlich scheint es jedoch, als kontrolliert Net- flix jeden Klick, jede konsumierte Minute, Episode oder Serie und erstellt ein aufschlussrei- ches Nutzerprofil auf der Basis vorhergehender auf der Seite ausgeführter Aktivitäten. In dem Netflix soviele Informationen wie möglich über seine Nutzer sammelt, umso gezielter kann der Einfluss auf das Rezeptionsverhalten erfolgen. Auf der Plattform hat der Nutzer außer- dem die Möglichkeit sich eine ‚Watch-Liste’ anzulegen, um keine Serien in Vergessenheit geraten zu lassen und diese kontinuierlich abarbeiten zu können. Um das Rezeptionsverhalten zu intensivieren hat Netflix den Übergang zwischen den einzelnen Folgen unauffällig und fließend wie möglich gestaltet. Lediglich die Eingangssequenzen und die Titelmelodie wei- sen darauf hin, dass sich der Konsument bereits bei der nächsten Folge befindet. Es gibt nicht, wie in konventionellen Serien üblich, einen zusammenfassenden Rückblick auf die vorhergehende Folge. Die Verwendung von kurzen Titelsequenzen soll den Serienkonsum möglichst nicht unterbrechen und das Binge Watching fördern.15Gleichermaßen besteht auch keine Notwendigkeit den Konsum zu unterbrechen, da der Nutzer keinen einzigen Mausklick tätigen muss, um die Rezeption fortzusetzen. Durch diese subtile Art der Plattformgestaltung greift Netflix gezielt in das Rezeptionsmuster der Nutzer ein, wie beispielsweise Chris Heller, Senior Associate Editor beim The Atlantic und selbst Netflix-Nutzer, bestätigen kann.

“The auto-play function is responsible for most of my binge-watches," Chris Heller says. "If it’ll keep playing, I’ll probably keep watching until it asks me to make a decision. You know, the ‘Are you still watching?’ prompt that appears after a while. It’s Netflix shaming. After that, I shut it down and try to not think about how my TV just judged me.” (Heller zit. nach Feeney, 2012).

Eine weitere in die Plattform integrierte Funktion unterbricht die Serienrezeption nach einem bestimmten interaktionslosen Zeitraum16mit den Worten „Are You Still Watching?“. Auf der einen Seite verhindert dieses Aktionstool, dass eine Serie unbeachtet weiterläuft, während der Konsument beispielsweise eingeschlafen ist. Auf der anderen Seite provoziert Netflix damit möglicherweise Schuldgefühle seitens der Nutzer, die tatsächlich aufmerksam rezipieren. Zusammenfassend zeigt der forcierte Blick auf die von Netflix praktizierte Strategie, dass bewusst aber sehr subtil auf das Rezeptionsverhalten der Nutzer Einfluss genommen wird. Die Serienkonsumenten die ein erhöhtes oder gar exzessives Serienverhalten an den Tag le- gen (wollen), finden bei Netflix die besten Voraussetzungen dafür. Mit einem gleichzeitig sehr geringen Monatsbeitrag von 7,99 Euro, welcher optional jederzeit kündbar ist, zielt Net- flix auf eine starke, beständige Rezipientenbindung.

4 Aktueller Forschungsstand zum Thema Binge Watching

Bereits angedeutet wurde die mangelnde Forschungslage zum Phänomen des Binge Watching. Im Folgenden sollen die sich dem Thema annähernden Studien und Publikationen herausgearbeitet werden. Nach der Aufarbeitung des nationalen und internationalen Forschungsstandes, wird die im Rahmen dieser Arbeit zu schließende Forschungslücke fokussiert. Als zentrales Element für die weitere Untersuchung erfolgt abschließend der Versuch einer definitorischen Verortung des Binge Watching Begriffes.

4.1 Nationale Studien

Ein Blick auf den aktuellen Forschungsstand zeigt, dass das Thema Binge Watching, bis auf einige wenige internationale Studien, noch nicht viel Beachtung findet. Zwar wird die neue Form der Serienrezeption durchaus wahrgenommen, wie einige Publikationen vernehmen lassen, dennoch wurde sich noch nicht wissenschaftlich fundiert mit dem Phänomen ausei- nander gesetzt.

Dennoch kann mit Blick auf hierzulande durchgeführte Studien und die Erhebung aktueller Konsumdaten festgestellt werden, dass eine allgemeine Veränderung im allgemeinen Fern- sehrezeptionsverhalten vorliegt. Zu nennen ist hier an erster Stelle eine Bestandsaufnahme des Medien- und Marktforschungsinstitutes House of Research, welche zahlreiche Daten und Fakten über die Entwicklung des Video-On-Demand-Marktes in Deutschland publiziert ha- ben. Die Studie wurde jedoch bereits 2012 in Auftrag gegeben, zu einem Zeitpunkt, an dem laut Daten der Studie gerade mal 4 Prozent der deutschen Haushalte das Video-On-Demand- Angebot für sich nutzen (vgl. Martens/ Herfert, 2013). Nichtsdestotrotz zeigen die Daten das große Potential auf, welches in dieser Branche für den deutschen Fernsehmarkt liegt.17Zum damaligen Zeitpunkt überwiegt die Nutzung von Leihangeboten (T-VoD-Nutzung = 55 Pro- zent), gefolgt von 46 Prozent von Kauf-Angeboten. Abo-Modelle (S-Vod) wurden gerade von lediglich 26 Prozent genutzt, werbefinanzierte Angebote sind kaum etabliert.

Gleichermaßen beschäftigt sich die BITKOM-Studie aus dem vergangenen Jahr mit der all- gemeinen Nutzung von VoD-Angeboten. Dabei werden, neben allgemeinen Zahlen zur zum Video-Streaming in Deutschland, bereits Gründe und Nutzungspräferenzen des Video- Streamings hinterfragt.18 Die Ergebnisse zeigen, dass von den knapp 1000 Befragten19jeder zweite Streaming-Nutzer weniger über das klassische Fernsehgerät konsumiert, seitdem In- ternetangebote abgerufen werden. Außerdem gibt BITKOM in der repräsentativen Studie an, dass jeder Fünfte in Zukunft auch auf konventionelles Fernsehen verzichten würde. Als Grund für die Bevorzugung von Streaming-Angeboten nennen immerhin 59 Prozent der Be- fragten, dass Sie dem Zeitdruck der festen Sendezeiten der TV-Sender entfliehen möchten und dementsprechend eher ein unabhängiges, non-lineares Rezeptionsverhalten anstreben. Nach dem sich diese beiden Studien vor allem quantitativ mit konkreten Nutzungsdaten und der allgemeinen Entwicklungen auf dem Online Bewegtbildmarkt befasst haben, sei noch eine Rezeptionsstudie von Bock (2013) erwähnt, welche sich im Speziellen mit den Motiven der Fernsehserienrezipienten auseinander setzt, in dem Produktions-, Vermarktungs- und Rezeptionskontext zu einander in Relation gesetzt werden (vgl. Bock, 2013b). Aus theoreti- schen Vorüberlegungen und der Miteinbeziehung verschiedener Motivationstheorien, ent- steht ein theoretisches Grundgerüst (Vierfeldschema der Rezeptionsmotivation, vgl. hierzu auch Kapitel 5), welches zusammen mit Leitfadeninterviews, der Analyse von Fernsehserien- , DVD- und Internetangeboten und Sichtung diverser US-Amerikanischer Serien die Basis für die weitere Onlinestudie darstellt.20

Die Auswertungen der drei Untersuchungsphasen zeigen, dass die Motivation eine Serie zu rezipieren von vielen verschiedenen Faktoren abhängig sein kann. Diese betreffen zum Bei- spiel Rezeptionsvorerfahrungen, Programm- und Vermarktungsstrategien einzelner Serien oder persönliche Eigenschaften des einzelnen Rezipienten. Im Rahmen der Studie werden durch die Kombination quantitativer und qualitativer Methoden viele Faktoren miteinander in Beziehung gesetzt, um zahlreiche mögliche Motivatoren, die bei der Rezeption von Fernseh- serien eine Rolle spielen können, aufzudecken. Ergänzend sei auf den Erhebungszeitraum verwiesen, der sich bei der Studie auf über fünf Jahre erstreckt. Aufgrund der rasanten Ent- wicklungen in der Serienlandschaft, betreffend insbesondere die Serienproduktion und On- linedistribution, ist die Aktualität der Ergebnisse anzuzweifeln. Darüber hinaus werden ledig- lich US-amerikanische Serienformate in den Untersuchungsfokus gestellt und ebenso andere Bezugsquellen, wie beispielsweise die Nutzung von illegalen Bewegtbildangeboten im Inter- net, außen vor gelassen.

4.2 Internationale Studien

In der Gegenüberstellung der nationalen und internationalen Medienforschungen, bezüglich der Sehgewohnheiten, werden unterschiedliche Schwerpunkte deutlich: Während auf nationa- ler Ebene der Fokus auf den allgemeinen Veränderungen der Fernsehnutzung und dem zu Folge der Serienrezeption liegt, werden international, vor allem aber in der US- amerikanischen Forschung, gezielte Studien zum übermäßigen Konsum von Fernsehserien, durchgeführt. Eine solche medienwissenschaftliche Eingrenzung ist in deutschen Studien bislang nur im Bezug auf die Entwicklungen im Video-on-Demand-Bereich zu finden.

So hat beispielsweise das Streamingportal Netflix im Jahr 2013 das Marktforschungsinstitut Harris Interactive mit einer Umfrage zum aktuellen TV-Streamingverhalten von Konsumen- ten beauftragt. Befragt wurden dabei ca. 1500 erwachsene US-Amerikaner, welche alle anga- ben mindestens einmal die Woche eine Fernsehsendung im Internet zu streamen. Die Ergeb- nisse sind nicht sonderlich überraschend, unter dem Wissen, dass Netflix selbst als Auftraggeber hinter der Studie steht: 61 Prozent der Befragten geben an, dass sie Binge Wat- ching für ein weitverbreitetes Phänomen halten. Ferner behaupten fast drei Viertel (73 Pro- zent) beim exzessiven Streaming positive Gefühle zu empfinden und sogar 76 Prozent sehen Binge Watching als willkommenen Zufluchtsort von dem Alltag. Weitere von Netflix veröf- fentlichte Ergebnisse zeigen, dass die Befragten größtenteils (79 Prozent) ein verstärktes Ge- nussempfinden haben, wenn sie mehrere Episoden einer Serie hintereinander konsumieren, als eine Staffel ‚zerstückelt’. Ein wichtiger Faktor sei außerdem der Aspekt der Selbstbe- stimmung: Die meisten Umfrage-Teilnehmer wählen den Zeitpunkt des TV-Konsums lieber selber aus, als sich an Sendezeiten und Ausstrahlungspraktiken orientieren zu müssen.

Mit dem Phänomen des Binge Watching hat sich auch Annalect Primary Research & Insights im Rahmen einer quantitativen Studie auseinander gesetzt. Mittels einer repräsentativen On- line-Umfrage mit 1307 erwachsenen Teilnehmern, konnte festgestellt werden, dass 63 Pro- zent aller Befragten Fernsehzuschauer zu den Binge Viewern gehören, wobei die Studie ab einer Rezeption von drei aufeinanderfolgenden Episoden einer Sendung von Binge Watching spricht.21Von den, als Binge Watcher eingestuften, Befragten würden sich allerdings weniger als die Hälfte (42 Prozent) auch selbst als jene bezeichnen, 62 Prozent hingegen geben an den Begriff zumindest schon einmal gehört zu haben. Als Begründung dafür geben sie an, dass es mehr als drei hintereinander konsumierte Folgen einer Sendung bedarf um von Binge Wat- ching zu sprechen. Weiterhin zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass die meisten Binger sich vor allem während der Prime Time, und zwei Drittel davon mindestens einmal in der Woche, ihrem exzessiven Serienkonsum hingeben. Als meistgenutzte Bewegtbildquelle wer- den Streamingportale angegeben, als meist genutzte Plattform wird an dieser Stelle Netflix genannt, gefolgt von HBO Go, SHC Anytime, Hulu und Amazon Instant Video. Immerhin 27 Prozent nutzen den klassischen Fernseher und veranstalten beispielsweise einen sogenannten Fernsehmarathon. An dritter Stelle steht der digitale Video Rekorder (DVR) als Aufzeich- nungsquelle für potentielle Serien- und TV-Abende. Bezüglich der Inhalte der meist rezipier- ten Fernsehsendungen sind vor allem Dramaseries und Comedies sehr beliebt unter den Bin- ge Watchern. Serien wie NCIS, WALKING DEAD, CRIMINAL MINDS oder THE BIG BANG THEORY führen die Beliebtheitsskala an. Die Frage nach den Gründen für ihren übermäßigen Konsum von Fernsehinhalten beantwortet fast die Hälfte der Binger mit dem Wiederholen von verpassten Folgen, um auf dem neuesten Stand zu sein, gefolgt von Spannung und Un- geduld auf die darauffolgende Episode. Weiterhin wird auch ein regelrechter Kontrollverlust über den stattfindenden TV-Konsum angegeben. Langeweile im Alltag und die Masse an hochwertigen Sendungen werden ebenfalls als Begründung für ein immenses Konsumverhal- ten angegeben.

Neben Netflix und Annalect existieren weitere US-amerikanische ‚Studien’22wie beispiels- weise vom Gerätehersteller TiVo, oder dem USC Institute for Creative Technology, welche im Einzelnen jedoch in diesem Rahmen nicht vertieft dargestellt werden sollen. Inzwischen lassen sich auch Publikationen finden, welche sich mit den Folgen eines extrem ausgeprägten Serienkonsumverhaltens beschäftigen. Nicht selten fällt dabei der Begriff der Seriensucht in Verbindung mit schwerwiegenden psychischen Problemen23. Im Rahmen der vorliegenden Studie sei an dieser Stelle jedoch lediglich noch auf eine Untersuchung aus dem europäischen Raum hingewiesen, welche sich mit zentralen Mediennutzungsgewohnheiten von Jugendli- chen in Europa beschäftigt. Eine von der European Broadcasting Union (EBU) angelegte Untersuchung stellte fest, dass das ‚Bingen’ auch in europäischen Ländern wie Belgien, den Niederlanden und in Großbritannien kein unbekanntes Phänomen ist. Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an schon einmal ‚gebinged’ zu haben (siehe Abbildung 8). Sowohl Belgier, Niederländer und Briten geben an dafür vorrangig einen Personal Video Receiver (PVR24) zu nutzen. Weitaus interessanter sind die Ergebnisse in Abbildung 9: Sie zeigen, die beliebtesten Inhalte für übermäßigen Fernsehkonsum. In allen drei Europäischen Ländern werden über- wiegend US Drama Series (vgl. Kapitel 2.2.) als Gegenstand des Binge Watching. Deutlich weniger werden die nationalen Dramaseries zum Gegenstand für Binge Watching. Nutzungs- präferenzen zwischen den Kulturen finden sich lediglich bei Soap-Formaten (Belgien), Do- kumentationen (Niederlande) und amerikanischen Sitcoms (Großbritannien)(vgl.Abbildung 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Erfahrungen mit Binge Wat-Watching und Priorisierung des Rezeptionskanals (Quelle: EBU, Datenbasis: Mitglieder der EBU

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Übersicht über die favorisierten Binge-Watching Formate

Zusammenfassend wird in der näheren Betrachtung des aktuellen Forschungsstandes deut- lich, dass es vor allem in den Vereinigten Staaten, wo Fernsehprogrammanbieter wie HBO und Netflix mit erfolgreichen, großen Eigenproduktion den Serienmarkt regieren, bereits ei- nige Versuche gibt das Phänomen des Binge Watching zu beschreiben und zu ergründen. Sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene stehen quantitative Forschungen im Vordergrund. Zumeist werden Faktoren wie Nutzungsdauer und -medium untersucht. An deutschen Forschungsinstituten ist eine verstärkte Untersuchung der Video-Streaming- Präferenzen und der vermehrten Nutzung von VoD-Angeboten vorzufinden. Auch hier bleibt die inhaltliche Auseinanderandersetzung mit den Motivationsgründen unbeachtet. Die Unter- suchung der EBU zeigt jedoch, dass die ‚gebingten‘ Serienformate im Genre differenzieren und im Ländervergleich stark variieren können. Ein qualitativer Forschungsansatz kann somit weitaus mehr Aufschluss über die veränderten (Serien-) Sehgewohnheiten geben

4.3 Forschungslücken: Individuelle Serienrezeptionsmuster

Die vorhergehende Aufarbeitung des bestehenden Forschungsstandes zeigt, dass sich die Wahrnehmung über die Veränderung auf dem allgemeinen Fernsehmarkt größtenteils deckt: Sowohl Fernsehinhalte und auch deren Angebotsform unterliegen derzeit einem starken Wandel. Mit dem Wachstum des Video-On-Demand Marktes verändert sich auch die Art und Weise diese Inhalte zu konsumieren: „Sehen was man will, wann man will“. An die Stelle passiver Fernsehkonsumenten tritt der mündige Rezipient, der zum individuellen Programm- planer wird, in dem er sich dank VoD die Fernsehinhalte nach eigenem Belieben zusammen- stellen und konsumieren kann. Darüber, dass eine Veränderung stattfindet, sind sich Forscher und Autoren durchaus bewusst. Jedoch decken die Forschungsthemen derzeit lediglich den quantitativen Aspekt der Veränderung und Verlagerung des Fernsehrezeptionsverhaltens ab: Wie verlagert sich die Rezeption vom klassischen Fernsehgerät in Online-Video-Angeboten? Tritt an Stelle des linearen Fernsehkonsumverhaltens eine unabhängige Rezeption? Über welche Online-Plattformen werden die verschiedenen Angebote rezipiert? Diese und zahlrei- che weitere Forschungsfragen können zumindest durch die quantitative Aufbereitung der bisherigen Forschungsergebnisse bestätigt und festgehalten werden. Bei der Frage, wie diese Rezeptionsveränderung im individuellen Fall aussieht, kann bisher keine Studie konkrete Aussagen geben. Daher ist das konkrete Ziel der bevorstehenden Untersuchung individuelle Rezeptionsweisen zu erfassen und im Hinblick auf die zu hinterfragen und zu begründen. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal dieser Studie ist dabei die Fokussierung auf die Fernsehse- rienrezeption, weil der Verdacht, auch in Bezug auf die oben zitieren Forschungsergebnisse, nahe liegt, dass insbesondere Fernsehserien eine bedeutende Rolle bezüglich veränderter Re- zeptionsmuster zugeschrieben werden kann. Dabei spielt vor allem die Produktion hochwer- tiger Serien, wie sie in Kapitel 2.2. erläutert wurden, eine zentrale Rolle: Die Etablierung von Quality-TV kann als wesentlicher Einfluss auf das veränderte Rezeptionsverhalten angesehen werden. Über Fernsehserien lassen sich komplexere Geschichten über einen ausgedehnten Zeitraum erzählen, wie es in einem Fernseh- oder Kinofilm kaum möglich ist. Ein weiterer zentraler Punkt, sind die Auswirkungen der erhöhten Frequenz, in der neue innovative Serien aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland getragen werden und das Rezeptionsverhalten von Serienkonsumenten beeinflussen. Neben der zunehmenden Akzeptanz von VoD- Angeboten und dem sich durchsetzenden Geschäftsmodell der S-VoD-Angebote entsteht eine Form von „All-you-can-Watch“ - Repertoire an Serien, welches ein schnelleres Rezeptions- verhalten nicht nur fordert, sondern quasi impliziert. Das enorme Angebot an Quality-TV- Serien erfordert dem entsprechend einen schnelleren, übermäßigen, nahezu exzessiven Seri- enkonsum. Für dieses, in den USA bereits schon länger bekannte Phänomen, wurde der Be- griff des Binge Watching geprägt. Unumstritten existiert der Begriff des Binge Watching noch nicht sehr lange im deutschen Sprachgebrauch und etabliert sich eher schleichend, wo- hingegen hierzulande auch kaum jemand die deutsche Übersetzung des sogenannten ,Komaglotzens’ verwendet. Jedoch ist diese Form des Serienkonsums auch in Deutschland längst keine Neuheit mehr, auch wenn Goldmedia25Geschäftsführer Klaus Goldhammer im- mer noch von einer „geringen Affinität zum sogenannten ‚Binge Watching’, also dem Kon- sum von ganzen Serienstaffeln am Stück“ spricht (Goldhammer, 2014, S.16). Viel mehr setzt Goldhammer nach wie vor auf die „deutsche Fernsehlandschaft mit vergleichsweise wenigen Werbepausen [und] traditionellen Nutzungsmustern“ (ebd.). Die Tragfähigkeit dieser Be- hauptung soll mit den Ergebnissen der vorliegenden Forschungsarbeit nicht nur wiederlegt, sondern viel mehr um den Aspekt der Diversifikation des Fernsehkonsums erweitert werden. Denn, „The death of TV is not likely, because instant show providers rely on the content of television networks. With so many ways to watch television, it will be interesting to see the effect of binge watching on the next generation“ (Royal, 2013).

Zu beachten ist an dieser Stelle, dass die Rezeption aufeinanderfolgender Bewegtbildinhalte kein gänzlich neues Phänomen darstellt, sondern bereits mit dem Aufkommen von DVDs die Möglichkeit zu übermäßigem Konsum vorhanden war. Dennoch zeigt sich erneut ein gegen- wärtiger Wandel:

„The name for mainlining episode after episode has its roots in 1990s with DVD Sets and TV marathons, but the practice reached a new level of recognition in 2013 as Netflix and other video services experimented with original content [...] and offered numerous catch-up opportunities for critic´s favorites [...]. (Feeney, Nolan, 2014)

Der wesentliche Unterschied scheint die Ergänzung der DVD-Boxen um weitere Erst- und Zweitdistributionsformen, wie Video-On-Demand. Damit scheint „exzessives Schauen meh- rerer Folgen einer Serie am Stück die periodische Rezeption abzulösen“ (Ulm, 2013, S.21). Um dieses veränderte Rezeptionsverhalten als zentralen Gegenstand dieser Forschungsarbeit zu untersuchen, bedarf es im Folgenden einer genaueren Begriffsbestimmung des Binge Watching.

[...]


1Die Basis TV-Sendungen via Internet (linear und zeitversetzt): Alle Befragten ab 14 Jahren, Mediennutzung gestern. Mo-So, 5.00 - 24.00 Uhr (n=1814). Quelle: Frees, 2014, S.418).

2Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) erfasst die Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) die Fernsehnutzung von Personen ab 3 Jahren in Deutschland. Das AGF-Panel umfasst aktuell fast 10.500 Personen in rund 5.000 Haushalten und misst die tagesaktuelle Fernsehnutzung. Die Daten gelten als repräsentatives Datenmaterial für ca. 72 Millionen Personen ab 3 Jahren in Fernsehhaushalten.

3Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Zuwachs von 1 Prozentpunkt (vgl. Frees, 2014, S. 417.).

4Jeff Bewkes im Interview mit dem Spiegel, Ausgabe 22/2014. Quelle: http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/127195003 . (Abruf am 24.01.2015).

5Hierunter zählen auch alle mit dem TV verbundenen Peripheriegeräte wie Hybridbox, Internet-Box, inter- netfähige Spielekonsole oder Blu-ray-Player (vgl. Digitalisierungsbericht der Medienanstalten 2014).

6Die Basis der Datenerhebung bilden 38,557 Millionen befragte TV-Haushalte (vgl. ebd.).

7Goldmedia untersucht gegenwärtige Entwicklungen der Medienbranche und publiziert auf der Basis quantitativer Datenerhebungen Studien zu aktuellen Entwicklungen.

8Die technischen Innovationen betreffen vor allem dem weitläufigen Ausbau von Internetleitungen, welche schnellere Abrufmöglichkeiten, sowie Übertragung und Speicherung großer Datenmengen ermöglichen.

9Da es sich in diesem Falle um ein für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk produziertes Format handelt, wird der Stream nicht von Werbeeinblendungen unterbrochen.

10Eine Set-Top-Box ist Zusatzgerät für den Fernseher, welches Daten dekomprimiert oder entschlüsselt, um dem Benutzer weitere Nutzungsmöglichkeiten wie digitales Fernsehen, WebTV, oder Pay-TV zu ermöglichen. URL: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/set-top-box.html. (Abruf am 15.01.2015).

11Ein digitaler Videorekorder (DVR) ist ein Aufzeichnungsgerät mit dem Fernsehinhalte digital auf eine Fest- platte aufgezeichnet werden und zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder abgerufen werden können. Ein DVR gilt damit als technischer Nachfolger des klassischen Videorekorder und der Aufzeichnung auf VHS-Kassetten.

12 Mikos spricht hier von einem Zeitraum von „vor 25 Jahren“ (vgl. Mikos, 2014, S.4/ Mikos, 1987, S.8).

13Beau Willimon ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor und Produzent und hat neben HOUSE OF CARDS Spielfilme wie beispielweise THE IDES OF MARCH produziert.

14Stelter, B. (2013). New Way To Deliver. 13 Episodes in One Sitting. In: New York Times vom URL: http://www.nytimes.com/2013/02/01/business/media/netflix-to-deliver-all-13-episodes-of-house-of-cards-on- one-day.html?_r=0 (Abruf am: 30.01.2015).

15Das berichtet Andi Harries, CEO von Leftbank Pictures, der gegenwärtig eine neue Serie für Netflix produziert auf dem Nordic Film Festival in Göteborg (28.01.2015).

16Nach Angabe von Netflix erscheint diese Erinnerung sofort nach drei Episoden (vgl. Feeney, 2012).

17Eine Umsatzübersicht der einzelnen Formate zeigt eine deutliche Verdrängung der klassischen DVD durch

Blu-ray, gleichermaßen aber auch eine Verdopplung des Umsatzes, welcher durch VoD-Angebote erzielt wurde (Vergleich 2011 - 2012). (Vgl. Martens/ Herfert, 2013).

18 Vgl. hierzu BITKOM (2014). Videostreaming verdrängt klassisches TV. URL: http://www.bitkom.org/80739_80851.aspx (Abruf am 20.01.2015).

19Insgesamt wurden 1004 Leute ab 14 Jahren befragt. (vgl. ebd.)

20 Den Ergebnissen lag eine Datengrundlage von n= 2287 ausgefüllten Onlinefragebögen von Probanden zwischen 14 und 49 Jahren zugrunde (vgl. Bock, 2013).

21Annalect Primary Research & Insights (2014). Tune In: The Impact of Binge-Viweing.

22 Im wissenschaftlichen Rahmen dieser Arbeit ist es fraglich (ebenso die erwähnte Netflix-Erhebung), inwiefern diese Gültigkeit besitzen, da zum einen häufig keine wissenschaftliche Methode dahintersteht und gleichermaßen „nur“ die eigenen Nutzer in die Auswertungen miteinbezogen werden.

23Jüngst wurden die Ergebnisse einer Studie der University of Texas/ Austin veröffentlicht, in der signifikante Korrelationen zwischen psychischen instabilen Persönlichkeiten und einem exzessiven Fernsehkonsumverhalten postuliert werden. Da psychische Erkrankungen und suchtartiges Verhalten oft im Zusammenhang stehen, sind die Ergebnisse weder überraschend, noch verifizierbar. Quelle: http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/suechtig-nach-tv-serien-glotzen-bis-zum-morgengrauen-1.2326536. (Abruf: 04.02.2015).

24Der PVR zeichnet noch analog über Magnetbänder auf, im Gegensatz zu dem digitalen Videorekorder (DVR).

25Goldmedia ist ein in Berlin ansässiges Unternehmen für Strategie- und Unternehmensberatung speziell in den Bereichen Medien, Entertainment und Telekommunikation.

Ende der Leseprobe aus 211 Seiten

Details

Titel
Neue Formen der Serienrezeption. Das Phänomen Binge Watching
Hochschule
Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" Potsdam-Babelsberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
211
Katalognummer
V341093
ISBN (eBook)
9783668309890
ISBN (Buch)
9783668309906
Dateigröße
2933 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
125 Seiten Anhang!
Schlagworte
Binge Watching, Serien, Serienrezeption, Neue Rezeptionsmuster, Seriennutzung, VoD
Arbeit zitieren
Juliane Kranz (Autor:in), 2015, Neue Formen der Serienrezeption. Das Phänomen Binge Watching, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341093

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