Die Entwicklung der Amerikanisierung in Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

32 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Exposé

1. Was ist „Amerikanisierung“?

2. Historischer Abriss
2.1 Wurzeln der Amerikanisierung in der Weimarer Republik
2.2 Amerikanisierung nach 1945

3. Ein Sinnbild der Amerikanisierung – McDonald’s

4. Die Rolle des 11. September 2001

5. Die Amerikanisierung des Holocaust

Ausblick

Bibliographie

Sekundärliteratur

Internetressourcen

Multimedia

Bildernachweis

Appendix A

Exposé

Während einer Konferenz zum Thema Amerikanisierung begann Cynthia P. Schneider, die amerikanische Botschafterin in den Niederlanden, ihren Vortrag mit folgender Liste jener Produkte, Einrichtungen und Ideen, die weithin mit dem Begriff „Amerikanisierung“ in Verbindung gebracht werden:

„New York. New York Yankees hats. Disney. Disneyland. Disneyworld.. Disney Paris. Disney Tokyo. "Mulan." "Alladin." "Pocahantas." "The Hunchback of Notre Dame." "The Lion King." English. Michael Jordan. Elvis Presley. Jazz. Blues. Blue Grass. Rock. Rap. Hip Hop. Mick Jagger singing "Ain't Too Proud to Beg," or the Beatles covering "Twist and Shout." Hollywood. "A Bridge too Far," "Saving Private Ryan." Leonardo DiCaprio. Gwenyth Paltrow. The American Dream. Super highways. Supermarkets. Superstars. Super-Powers. Sesame Street. The Simpsons. Jerry Springer. CNN. Marlboro Country. Coke. Microsoft. Levi's blue jeans. Harley-Davidson. Pop corn. Chewing gum. [McDonald’s]. Hamburgers. Hot dogs The Marshall Plan. Democracy. Vietnam. Kosovo. Guns. Gangs. The death penalty. The profit motive. Commercialization. Mass production. Hiroshima. The Statue of Liberty. The Goddess of Freedom. Or, more abstractly, the characteristics listed in the subtitle of this conference: Bigger, Better, Faster.“

(http://www.usemb.nl/051800.htm)

Diese Liste soll jedoch nicht als Definition des Phänomens Amerikanisierung dienen. Im Grunde existiert keine präzise, allgemein anerkannte und umfassende Definition. Ich werde im Folgenden den Versuch unternehmen, die historischen Wurzeln der Bewegung zu ergründen, ihre Erscheinungsformen zu beschreiben und einer Antwort auf die Frage näher zu kommen, weshalb gerade die amerikanische Kultur (oder das was man für amerikanische Kultur hält) zu einem derartigen Siegeszug in der Lage war.

1. Was ist „Amerikanisierung“?

Der ursprüngliche Begriff der „americanization“ bezog sich überwiegend auf Europäer, die als Immigranten nach Amerika kamen. Man wollte ihnen die amerikanischen Ideen vermitteln, ja sie sollten das amerikanische Wertesystem akzeptieren und letztendlich als ihr eigenes übernehmen. Da Emigranten früher meist die Verbindung zu ihrem Heimatland abbrachen, war die Bereitschaft, sich in die neue Kultur zu integrieren, vielleicht eher gegeben als in der Gegenwart.

Etwa seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kommt der Begriff „Amerikanisierung“ auch im deutschen Kontext verstärkt zur Anwendung. Er bezieht sich noch immer auf Nicht-Amerikaner, meint jedoch Gesellschaften außerhalb des nordamerikanischen Kontinents. Damit verbunden war die Annahme, Deutschland – und andere Teile Europas und der Welt – würden mit amerikanischen Produkten, Ideen und Leitbildern überschwemmt. Diese Überflutung mit fremden Kultureinflüssen wurde zu jeder Zeit, vorwiegend von Intellektuellen, als extrem negative Entwicklung betrachtet, der es Einhalt zu gebieten galt.

Während vor dem Zweiten Weltkrieg die Beeinflussung eher von Europa in Richtung Amerika verlief, kehrte sie sich der Strom nach der, vor allem moralischen, Katastrophe des Krieges um und verlief fortan überwiegend von Amerika nach Europa.

Die U.S.A. wurden weitgehend hinsichtlich des technologischen Fortschritts und des Progresses im Modernisierungsprozess als führend betrachtet. Was dagegen Kunst und Kultur betraf, sah man Amerika als eine rein auf Vermögen und Gewinn basierende Gesellschaft, die der europäischen Kultur weit unterlegen war (http://www.bpb.de/
publikationen/0L28RP,0,0,Sind_die_Westdeutschen_amerikanisiert_worden.html#art0). Demnach war Amerika Ende der 1950er ein Synonym für alles Negative, das Theodor W. Adorno als Inbegriff der Seelenlosigkeit, Entfremdung, Einsamkeit des Egoismus, und als Nation ohne historisches Bewusstsein beschrieb (Sznaider, 2001: 23).

Weitere Begriffe, die häufig im Zusammenhang mit, und teilweise sogar synonym für Amerikanisierung verwendet werden, sind Globalisierung, Modernisierung und Westernisierung. Eine klare Abgrenzung der Begriffe voneinander ist kaum möglich; es scheint mir dennoch wichtig, die einzelnen Konzepte kurz zu definieren und somit ihre Verschiedenheit zu dokumentieren.

Der Minimalkonsens bezüglich des Bedeutungskerns von „Globalisierung“, dem wahrscheinlich am wenigsten greifbaren der oben genannten Bezeichnungen, bezeichnet die zunehmende weltweite wirtschaftliche, politische und kulturelle Verflechtung, die weitreichende Veränderungen der Rahmenbedingungen nationaler wie internationaler Politik zur Folge haben (Osterhammel, 2003: 14).

Modernisierung hingegen designiert sehr allgemein neue technische Entwicklungen, Verfahren und Produkte, die im Allgemeinen den Lebensstandard heben und den Alltag erleichtern. Die Konfusion mit „Amerikanisierung“ rührt von der Tatsache, dass der Ursprung vieler dieser Neuheiten in den U.S.A. zu finden ist. Man denke nur an die Welle von neuen Haushaltesgeräten, die seit den 1950ern den Markt erobert haben.

Westernisierung bezieht sich laut Definition vieler Autoren, z.B. A. Doering-Manteuffel, auf den Transfer politischer, gesellschaftlicher und kultureller, wenn auch überwiegend amerikanischer, Ideen, im Sinne eines Kreislaufes wechselseitiger Beeinflussung, Dialoge und Netzwerke. Die grundlegende Differenz wird hierbei im Kreislaufcharakter der Westernisierung gesehen, da Amerikanisierung als einseitig linear verlaufender Prozess interpretiert wird.

Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch, so Axel Schildt, fand zeitgleich sowohl eine Amerikanisierung als auch eine Westernisierung Deutschlands statt. Die fast synonyme Verwendung beider Begriffe rührt folglich aus dieser Periode (http://www.bpb.de/
publikationen/0L28RP,0,0,Sind_die_Westdeutschen_amerikanisiert_worden.html#art0).

Auch für Amerikanisierung gibt es keine eindeutige Definition. Es finden sich lediglich in den verschiedenen Ansätzen unterschiedlicher Autoren gewisse Überschneidungen, die allgemein akzeptiert zu sein scheinen. Dazu gehört unter anderem, dass Amerikanisierung sich, wie bei zum Beispiel Nolan, 1999 beschrieben, vorwiegend um die Übernahme von Populärkultur, Lifestyle, und technischem Fortschritt dreht (Nolan, 1999: 4). Maase fügt hinzu, dass amerikanischer Formen grundsätzlich adaptiert, das heißt z.B. an deutsche Gegebenheiten angepasst werden. Das Herkunftsland des Impulses, so Maase weiter, bleibe jedoch stets erkennbar (Doering-Manteuffel, 1999: 11).

Manteuffel selbst geht noch einen Schritt weiter beschreibt Amerikanisierung als eine Synthese aus Erkennbarkeit des Herkunftslandes und Einseitigkeit des Kulturtransfers. Der Begriff des „Kulturtransfers“ ist hierbei extrem weit gefasst und bezieht die Übertragung sowohl von Institutionen, Normen, Werten, Gebräuchen und Verhaltensweisen, als auch von Symbolen und Bildern, welche aus den Vereinigten Staaten übernommen, zumindest aber als amerikanisch empfunden werden, mit ein (ibid).

2. Historischer Abriss

2.1 Wurzeln der Amerikanisierung in der Weimarer Republik

Vor dem Ersten Weltkrieg galt Deutschland als die Wiege der Modernität, während Großbritannien und Frankreich das „alte Europa“, eine Bezeichnung, die nach den Äußerungen von US-Außenminister Donald Rumsfeld erneut zweifelhafte Berühmtheit erlangte, repräsentierten.

Man hatte begonnen, in den Bereichen der Kunst, Literatur, Theater und Architektur zu experimentieren, und folglich wurde die Aussicht auf Krieg oftmals als Chance gesehen, den Anglo-Französischen Einfluss zu überwinden. Hinzu kam, dass die Konsolidierung der deutschen Staaten erst seit Kurzem abgeschlossen war, und man folglich annahm, ein Krieg könne der vollständigen Einigung des Landes und der Überwindung noch bestehender Barrieren wie Religion, Klassen und Regionen dienlich sein.

Besonders für die Soldaten selbst, die zu Beginn des Krieges sowohl durch den Rückgriff auf die in altdeutsche Mythen und Sagen prominente Idee des „Heldentums“ als auch durch den nach der Schaffung des deutschen Kaiserreichs erstmals aufkommenden Nationalstolz hoch motiviert waren, musste die Realität des Krieges wie ein Schock wirken. Dieser erste totale Krieg, der erstmals ähnlich viele Opfer unter der Zivilbevölkerung wie den Soldaten forderte, und dem insgesamt mehr als 10 Millionen Menschen zum Opfer fielen, kann, spätestens durch den Kriegseintritt der U.S.A 1917, als der erste „moderne“ und „globale“ Krieg bezeichnet werden. Entsprechend veränderte er die positive Einstellung gegenüber Modernismus und brachte seine grausamen Formen an die Oberfläche. Ein bis dahin unvorstellbares Ausmaß an Zerstörung ließ die „Heldentum“-Mentalität zur „Zerrissenheit“ werden.

Nach Ende des Krieges wurde offensichtlich, dass die vorher von Deutschland beanspruchte Führungsrolle im Prozess der Modernisierung nun Amerika zufallen würde. Es folgte eine Verlagerung des Focuses von Europa nach Amerika. Der damals zur Bezeichnung amerikanischer Einflüsse verwendete Begriff „Amerikanismus“ wurde folglich in den 1920ern und 30ern vorwiegend für modernistische Erscheinungsformen gebraucht (Doering-Manteuffel, 1999: 12).

Schon damals jedoch durchdrangen Verstädterung, moderne Finanzplanung, technologischer Fortschritt – vor allem Massenproduktion und Massenkonsum – und besonders die amerikanische populär- und ethnische Kultur in Form von Jazz, Ragtime und der vor allem durch Charlie Chaplin verkörperten Filmindustrie Hollywoods, weite Teile der Bevölkerung.

Diese Entwicklung wurde besonders von den damaligen Intellektuellen aufs Schärfste kritisiert. Während die politische Rechte von einer Erniedrigung der deutschen Kultur sprach und ihre Ängste um den Verlust des „Deutschtums“ zum Ausdruck brachte, erkannte die politische Linke zwar an, dass US Präsident Woodrow Wilson zum Ende des verhassten Kaiserreichs beigetragen hatte, propagierte aber gleichzeitig eine stärkere Betonung des sozialen Gerechtigkeit. Genau diese Idee steht im Widerspruch zu dem schon damals von Amerika verkörperten Kapitalismus.

Als Deutschland nicht mehr in der Lage war für die geforderten Reparationsleistungen aufzukommen, stürztw die junge Nation trotz der Bemühungen des Young Plans in eine Depression. Da dieser neue Wirtschaftsplan einen amerikanischen Namen trug, ging mit dem Abschwung der deutschen Wirtschaft ein Anwachsen des Antiamerikanismus einher.

Max Weber, Theodor Adorno, Thomas Mann, Walter Benjamin, Kurt Tucholsky, Max Horkheimer und alle anderen großen Denker der Zeit beklagten den Verlust des Individuellen und die Schaffung der „großen Masse“. Jedoch war die Distanz zwischen Intellektuellen und der Bevölkerung zu groß als dass ihre Befürchtungen Gehör gefunden hätten.

Im Großen und Ganzen machte sich der Eindruck breit, die Vereinigten Staat sein nur durch Deutschlands „Pech“ zum globalen Spieler aufgestiegen. Es kam zu einer „Nationalisierung der Kultur“ (Wagner, 2002: 12), nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Staaten wie Italien oder Spanien.

2.2 Amerikanisierung nach 1945

Neben der materiellen und physischen Zerstörung des Zweiten Weltkrieges, und vor allem nach dessen moralischen Schock, musste deutsche Gesellschaft völlig neu geordnet werden. Der Zusammenbruch des fanatischen, totalitären Systems des Nationalsozialismus ließ den Großteil der Bevölkerung ohne Orientierung (Doering-Manteuffel, 1999: 34).

Dieses Orientierungsvakuum kam den U.S.A. nicht ungelegen. Bereits bei Kriegseintritt 1941 war „Amerikanisierung“ eines der erklärten Ziele der amerikanischen Regierung (http://globalization.about.com/library/weekly/aa112801ahtm).

In den Westzonen war Amerika nun mit einem Mal nicht mehr die Verkörperung alles Negativen, sondern der Gegenpol zum gefürchteten Sowjetkommunismus. Folglich sank dort der Anti-Amerikanismus und es kam zu einer noch breiter angelegten Übernahme vor allem der amerikanischen Populärkultur, einer Bewegung die, so betont Doering-Manteuffel, nicht von der Besatzungsmacht „organisiert“ wurde (Doering-Manteuffel, 1999: 35). Die zeitgleiche Sowjetisierung in der Ostzone unterstützte den Anti-Kommunismus im Westen und somit natürlich auch die Amerikanisierung (Nolan, 1999: 4), jedoch wird die zweifellos gewichtige Rolle des Kalten Krieges in der Amerikanisierungsdebatte weitgehend ignoriert (Nolan, 1999:7).

Die Bemühungen der „re-education“, die eine grundlegende Änderung der Werthaltungen der deutschen Bevölkerung zum Ziel haben, gestalten sich scheinbar einfacher als angenommen. Anselm Doering-Manteuffel zitiert einen Zeitzeugen:

„Nach den verbissenen, verzweifelten, ausgezehrten Rückzugsdeutschen hatten wir Kinder angesichts der wohlgenährten Amerikaner (die freundlichsten waren die Schwarzen) ein wahres Griechenerlebnis. Sie verteilten Lebensmittel, warfen was, was sie nicht mehr brauchten, aus den Panzern. Ihre Müllkippen wurden zum Mekka für die versprengte, hungernde Bevölkerung. Es bedurfte keiner Umerziehung, die Westbindung wurde schnell zur Überlebens – ja Herzenssache.“ (Doering-Manteuffel, 1999: 37)

Das Ziel ist die Schaffung eines „international gültigen Wertehorizont[s]“ (Doering-Manteuffel, 1999: 10). Mit verschiedenen Programmen will man versuchen, vor allem die Deutschen in ein „offenes atlantisch-europäisches Ordnungssystem“ (ibid), das jedoch von amerikanischen Vorstellungen dominiert werden sollte, einzubinden, und somit ein Bollwerk gegen den Kommunismus zu schaffen.

Naheliegend war der Versuch der Beeinflussung mit Hilfe der Massenmedien. So verdanken einige der heute erfolgreichen regionalen und überregionalen Zeitungen, wie zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Rundschau oder auch die Nordbayrische Zeitung, ihre Existenz einer amerikanischen Lizenz (http://www.bpb.de/
publikationen/0L28RP,0,0,Sind_die_Westdeutschen_amerikanisiert_worden.html#art0).

Einen weiteren Teil der „amerikanischen Kulturoffensive“ (ibid) stellten die Amerikahäuser, später German-American Institutes, dar. Dabei sollten nicht nur Aspekte der amerikanischen Kultur vermittelt werden, sondern auch Elemente der deutschen Kultur vertreten sein.

Zusätzlich schuf man Besuchsprogramme, bei denen vor allem junge Vertreter der Funktionseliten für mehrere Wochen oder gar Monate in die Vereinigten Staaten eingeladen wurden um mit der dortigen Kultur in Kontakt zu kommen. Zwischen 1948 und 1953 besuchten auf diesem Weg circa 10.000 Personen die U.S.A. (ibid).

Die zweifellos größte Wirkung unter der deutschen Bevölkerung jedoch erzielten die Amerikaner, wie bereits in obigem Zitat angedeutet, durch ihre schiere materielle Präsens. Die berühmten CARE-Pakete waren gefüllt mit den typisch amerikanischen Konsumgütern: Schokolade, Kaffee und Zigaretten, Waren, die auf dem Schwarzmarkt horrende Preise erzielt hatten und erzielten. Dazu kamen die „Rosinenbomber“ der alliierten Luftbrücke, und nicht zu vergessen das Recovery Program (ibid).

Aufgrund all dieser Bemühungen und in Kenntnis der sich konstant verschlechternden Zustände in der Ostzone ist es nicht verwunderlich, dass man der amerikanischen Besatzungsmacht gegenüber freundlich eingestellt war. Dennoch betrachtete man die amerikanische Kultur noch immer als unterlegen (ibid).

Mitte, beziehungsweise Ende der 1950er, nach Ende der McCarthy Zeit, entwickelte sich die westdeutsche Gesellschaft deutlich in Richtung Konsumgesellschaft. Gleichzeitig liefen die obigen Programme aus. Die „Amerikanisierung von oben“ (ibid) kam zu einem endgültigen Stopp.

Dennoch übernahm man immer deutlicher den „amerikanischen Lebensstil“, oder genauer, die Lebensart der „weißen Oberklasse der amerikanischen Ostküste“ (ibid), der seinen Ausdruck unter anderem im Wohnstil der Vororte, der Massenmotorisierung und dem stetig steigenden Fernsehkonsum fand.

Den wohl bedeutendsten Ausdruck der Amerikanisierung in den 1950ern verkörperte die so genannte „Halbstarkenrebellion“, die von einer kleinen Gruppe männlicher Arbeiterjugendlicher in den Großstädten getragen wurde. Sie zeichnete eine Vorliebe für Jeans, für die Helden des Rock’n’Roll wie Billy Haley und Elvis Presley, vor allem aber die Verehrung des zum Sinnbild des Jungen Wilden avancierten James Dean aus. Die damit verbundene „zivile Lässigkeit“ (ibid) und das als „demonstrative Vulgarität in Kleidung, Umgangsstil und Musik“ (ibid) interpretierte Benehmen der Jugendlichen stieß bei der älteren Generation auf Feindseligkeit und Unverständnis, während die Unterhaltungsindustrie das wirtschaftliche Potential dieser Generation von Halbstarken erkannte und zu ihren Gunsten nutzte. Die Gründung der bis heute erfolgreichsten deutschen Jugendzeitschrift Bravo Anfang der 1960er (ibid) wurde von einer millionenstarken Leserschaft frenetisch gefeiert. In Unkenntnis der realen Lebensumstände in den Vereinigten Staaten wurde Amerika unter Teenagern zum Inbegriff von Freiheit und Liberalität.

Erst der Vietnamkrieg, der erste in den Medien direkt miterlebbare Krieg, führte zu Kritik am amerikanischen Selbstverständnis und seiner Politik. Die Generation der 68er fand sich in einem Zweispalt zwischen der Bewunderung ihrer amerikanischen Vorbilder, einem Verbundensein mit der amerikanischen Jugend und einer tiefen Abneigung gegen die Aktionen des amerikanischen Establishments.

Charakteristisch für die deutsche Jugendbewegung ist, dass praktisch ihr gesamter musikalischer Protest nie eine deutsche Stimme fand. Stattdessen machte man sich amerikanische Musiker wie Bob Dylan, Joan Baez oder Frank Zappa zueigen (ibid).

Mary Nolan stellt eine weitere bedeutende Frage: Weshalb orientierte sich vor allem die deutsche Jugend nach 1945 an amerikanischen Vorbildern, wo doch die anderen beiden Westmächte Frankreich und Großbritannien geographisch und kulturell wesentlich näher gelegen waren? Die einzig annehmbare Antwort ist, dass die U.S.A. einen absolut klaren Gegenpol zum Nazi-Regime bildeten, eine Qualität, mit der vor allem Frankreich aufgrund des Vichy-Regimes nicht aufwarten konnte. Dennoch lässt sich die Glorifizierung der amerikanischen Kultur in der Nachkriegszeit nicht vollständig erklären.

„[Die n]eue Konsumgesellschaft (…) drückte(…) sich aus in der generellen Aufwertung der Massenkultur gegenüber der traditionellen Hochkultur, in einer Auffassung vom American Way of Life als umfassender Lebenserleichterung und Luxus für alle sowie in einer demonstrativen Herausstellung amerikanischer Güter, die Prestige verhießen - zu illustrieren etwa mit der populären Hollywood-Schaukel auf der Bungalow-Terrasse.“ (http://www.bpb.de/publikationen/0L28RP,0,0,
Sind_die_Westdeutschen_amerikanisiert_worden.html#art0)

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Amerikanisierung in Deutschland
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Globalisierung
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
32
Katalognummer
V34066
ISBN (eBook)
9783638343886
ISBN (Buch)
9783638842884
Dateigröße
1324 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kurzer Abriss der Entwicklung der Amerikanisierung in Deutschland, Fokus auf 11. September (9/11) und die Amerikanisierung des Holocaust
Schlagworte
Entwicklung, Amerikanisierung, Deutschland, Globalisierung
Arbeit zitieren
Kristina Maul (Autor:in), 2004, Die Entwicklung der Amerikanisierung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34066

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