Dynamischer Informationsgehalt von negativen Ratingevents bei Corporate Bonds - eine empirische Untersuchung am Euromarkt


Diplomarbeit, 2004

57 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Ableitung der Information-Content-Hypothese
1.4 Bildung der Zyklus-Hypothese

2 Stichprobe
2.1 Datenbasis und Beobachtungszeiträume
2.2 Datenaufbereitung
2.3 Datenbereinigung
3 Statistische Methoden und Modelle
3.1 Nullhypothese
3.2 t-Test
3.3 Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest
3.4 Antizipationskoeffizient a

4 Überprüfung der Aufnahmen auf die Negativ-Überwachungsliste
4.1 Deskriptive Statistik
4.2 Information-Content-Hypothese
4.3 Zyklus-Hypothese

5 Überprüfung der Downgrades
5.1 Deskriptive Statistik
5.2 Information-Content-Hypothese
5.3 Überprüfung der Zyklus-Hypothese

6 Fazit und Ausblick
6.1 Fazit
6.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zeitfenster im Beobachtungszeitraum

Abb. 2: EN00 und HE00 1999 bis 2004

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aufteilung der Ratingevents

Tabelle 2: Aufnahmen auf die Watchlist nach Rating

Tabelle 3: Aufnahmen auf die Watchlist - gesamte Stichprobe

Tabelle 4: Aufnahmen auf die Watchlist nach Ratinggruppen

Tabelle 5: Aufnahmen auf die Watchlist vor 9.10.2002 vs. nach 9.10.2002

Tabelle 6: Migrationsmatrix

Tabelle 7: Downgrades - gesamte Stichprobe

Tabelle 8: Downgrades nach Ratinggruppen

Tabelle 9: Downgrades um 1 Notch vs. Downgrades um mehr als 1 Notch

Tabelle 10: Downgrades nach Watchlist vs. direktes Downgrades

Tabelle 11: Downgrades Investment - Non Investment vs. innerhalb Non Investment

Tabelle 12: Downgrades vor 9.10.2002 vs. Downgrades nach 9.10.2002

Tabelle 13: Ergebnisübersicht Information-Content-Hypothese

Tabelle 14: Ergebnisübersicht Zyklus-Hypothese

Tabelle 15: Aufnahmen auf die Watchlist - Tagesübersicht

Tabelle 16: Downgrades - Tagesübersicht

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Seit der Einführung des Euro zum 1.1.1999 hat sich der Euromarkt für Corporate Bonds dramatisch verändert. Lag das Emissionsvolumen im Jahr 1997 noch bei etwas mehr als € 23 Mrd., so belief es sich im Jahr 1999 bereits auf über € 140 Mrd.1, 2001 sogar auf über € 193 Mrd.2. 1997 waren in den weitläufig beachteten Merrill Lynch Corporate Bond Indizes für den Investment Grade Bereich EN00 und für den Non Investment Grade Bereich HE00 lediglich 118 Anleihen gelistet, im Februar 2004 lag diese Zahl bereits bei 738 Anleihen.3 In dem Maße, wie die Größe des Marktes zugenommen hat, so nahm auch die Bedeutung der Rating-Agenturen für die am Markt tätigen Investoren zu.4 Sowohl die große, schwer zu überblickende Zahl an Emissionen5 als auch regulatorische Vorschriften6 brachten den Rating-Agenturen eine enorme Bedeutung am Euromarkt ein.

In letzter Zeit jedoch hat sich vermehrt Widerstand gegen die dominierende Rolle der Agenturen geregt. Durch offensichtliche Fehleinschätzungen der Bonität einzelner Schuldner und zu späte Reaktionen auf sich verändernde Bonitätsverhältnisse wurde vermehrt in Frage gestellt, ob die Einschätzungen der Agenturen richtig sind und ob diese vor allem rechtzeitig auf sich verändernde wirtschaftliche Verhältnisse der Schuldner aktualisiert werden.7 Rating- Agenturen wie Moody’s ändern ein Rating nach eigener Aussage nur, wenn es unwahrscheinlich ist, dass diese Änderung nicht innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne wieder rückgängig gemacht wird.8 Zyklische Schwankungen in der Bonität des Emittenten werden bei der Ratingentscheidung ausgeklammert.9 Gerade im Portfolio-Management ist es jedoch von größter Bedeutung, dass Ratings zu jedem Zeitpunkt die tatsächliche Verfassung eines Schuldners darstellen, andernfalls ist die Verwendung von Ratings für Anlageentscheidungen nicht sinnvoll.10 Vor dem Hintergrund dieser mittlerweile weit verbreiteten Kritik stellt sich nun die Frage, ob Ratingänderungen noch einen signifikanten Einfluss auf den Euromarkt haben oder ob den Investoren das Vertrauen in die Einschätzung der Agenturen bereits verloren gegangen ist. In einer Umfrage unter 387 Rentenfondsmanagern stellten Baker und Mansi jüngst fest, dass 71% der Befragten die Reaktionsgeschwindigkeit der Rating-Agenturen für zu langsam halten.11 Kann vor diesem Hintergrund noch von einem kausalen Zusammenhang zwischen negativen Ratingevents und Spreadveränderungen der betroffenen Anleihe gesprochen werden oder vollziehen die Agenturen in ihrer Einschätzung nur noch die bereits am Markt erfolgten Anpassungen nach?

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, für den Zeitraum von Januar 1999 bis Februar 2004 zu untersuchen, welche Auswirkungen negative Ratingevents auf die Spreads von Corporate Bonds haben. Negative Ratingevents im Sinne dieser Arbeit sind zum einen Downgrades von einer der beiden Agenturen S&P und Moody’s und zum anderen eine Aufnahme auf deren Watchlists.

Die Auswirkungen der Ratingevents auf die Anleihen sollen so isoliert wie möglich betrachtet werden. Aus diesem Grund werden weitere Einflussfaktoren wie Zinsschwankungen und Gesamtmarktbewegungen so weit wie möglich eliminiert, da diese die Ergebnisse der Untersuchung verfälschen können.

Positive Ratingevents werden in dieser Arbeit nicht betrachtet, da die verwendete Datenbasis über nur sehr wenige Anleihen verfügt, die in dem beobachteten Zeitraum entweder mit einem positiven Outlook versehen oder sogar hochgestuft werden. Aufgrund der geringen Anzahl können keine stichhaltigen Aussagen über das Verhalten der Anleihen in diesen beiden Fällen getroffen werden.

1.3 Ableitung der Information-Content-Hypothese

Es lassen sich bei Ratings zwei Arten der Informationsvermittlung an den Kapitalmarkt unterscheiden: zum einen die statische Information, bei der Rating-Agenturen eine einmalige Aussage über das Risiko einer Anleihe bei deren Emission am Primärmarkt treffen12 und zum anderen die dynamische Information, bei der von den Rating-Agenturen laufend Aussagen über bereits emittierte Anleihen am Sekundärmarkt getroffen werden13. Diese zweite Dimension der Informationsvermittlung ist für den Bereich des aktiven Portfolio- Managements von großer Bedeutung. Erfüllt das Rating lediglich die statische Informationsfunktion, so ist die Orientierung an demselben bei Anleihen, deren Bonität sich während der Laufzeit ändert, nicht sinnvoll. Erfüllt das Rating hingegen die dynamische Informationsfunktion, so kann es als Grundlage für Anlageentscheidungen herangezogen werden. Erfüllen kann das Rating diese Funktion jedoch nur, wenn die Rating-Agentur über Informationen verfügt, die der Markt noch nicht hat. Verfügt der Markt über dieselben Informationen wie die Agentur, so wird er diese sofort in den Preisen umsetzen. Die Ratingaktion der Agentur wird somit keinerlei Auswirkung mehr auf die Preise haben, da sie keine neue Information mehr darstellt. Das Rating ist als Kriterium für Anlageentscheidungen in diesem Fall nicht sinnvoll.

Hinter all diesen Überlegungen steckt die entscheidende Frage, ob ein Ratingevent ausschlaggebend für Marktbewegungen ist oder ob es diese lediglich nachvollzieht. Die Information-Content-Hypothese, die in den Kapiteln 4.2 und 5.2 überprüft wird, spricht Rating-Agenturen diesen Informationsvorsprung gegenüber dem Markt zu. Sie geht also davon aus, dass die Ratingaktion eine neue Information darstellt. Es dürfte sich deshalb erst am Ankündigungstag eine signifikante Spreadreaktion zeigen.14

Untersuchungen am amerikanischen Kapitalmarkt in den vergangenen Jahren wie die von Holthausen und Leftwich, von Hand, Holthausen und Leftwich oder von Ederington, Goh und Nelson sprechen mit gewissen Einschränkungen für die Bestätigung der Information-Content- Hypothese. So bestätigen Holthausen und Leftwich die Information-Content-Hypothese lediglich für Aufnahmen auf die Negativ-Überwachungsliste und Downgrades, die über die einzelnen Ratingklassen (z.B. A-Segment, BBB-Segment, etc.) hinausgehen.15 Bei Downgrades innerhalb der Ratingklassen und bei Up-Grades stellen sie keine signifikanten Kursreaktionen fest.16 Hand, Holthausen und Leftwich bestätigen in einer späteren Studie die Information-Content-Hypothese lediglich bei Downgrades, wobei die Ergebnisse für den Non-Investment-Grade-Bereich deutlich besser sind als die des Investment-Grade-Bereichs.17 Für Aufnahmen auf die Negativ-Überwachungsliste und Up-Grades finden sie keine Beweise, die für die Information-Content-Hypothese sprechen.18 Ederington, Goh und Nelson stellen in ihrer Studie fest, dass selbst bei Downgrades die Information-Content-Hypothese nur zu einem Teil zutrifft, der Markt also bereits bis zum Tag der Ankündigung durch die jeweilige Rating-Agentur einen Großteil der Kursbewegung vorweggenommen hat.19

Für die europäischen Kapitalmärkte gibt es eine wegweisende Untersuchung in den vergangenen Jahren. In ihr bestätigt Heinke die Information-Content-Hypothese für Downgrades und Aufnahmen auf die Negativ-Überwachungsliste der Rating-Agenturen. Für Upgrades und für Aufnahmen auf die Positiv-Überwachungsliste kann er die InformationContent-Hypothese nicht bestätigen.20

1.4 Bildung der Zyklus-Hypothese

Die Zyklus-Hypothese basiert auf den Prinzipien der Behavioral Finance und befasst sich mit der Fragestellung, in welchem Maße allgemeine Marktbewegungen die Reaktion des Marktes auf negative Rating Events beeinflussen.

Nach der Theorie der sozialen Wahrnehmung werden neue Informationen immer im Sinne der bisherigen Erwartungen gedeutet.21 Stimmen diese neuen Informationen mit den Erwartungen überein, so bestätigen und verstärken sie die bereits vorhandenen Erwartungen und werden im Bewusstsein der jeweiligen Person stark übergewichtet. Stimmen sie nicht mit den Erwartungen überein, so werden sie stark untergewichtet und als weniger relevant eingestuft. Dies führt dazu, dass in manchen Marktphasen bestimmte Informationen für Kursausschläge sorgen, sie in anderen Marktphasen jedoch völlig übersehen und überhört werden.22 In Zeiten sich stark einengender Gesamtmarktspreads sind die Erwartungen und die generelle Risikoeinschätzung des Marktes positiv. In diesem Umfeld wird vermehrt auf die Chancen geschaut, positive Nachrichten werden stärker gewichtet, Risiken eher in den Hintergrund gestellt. In Zeiten sich stark ausweitender Spreads ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. Hier dominieren die vorhandenen Risiken die Chancen, Markterwartungen und Risikoeinschätzung sind negativ. In diesem Umfeld werden wiederum schlechte Nachrichten stärker gewichtet. Die Zyklus-Hypothese besagt nun, dass die Reaktion des Marktes im 61- Tage-Fenster auf eine negative Ratingaktion in Zeiten sich ausweitender Spreads deutlich stärker ausfallen wird als in Zeiten sich einengender Spreads, da negative Ratingevents in die negative Erwartungslage des Marktes passen und demnach von diesem übergewichtet werden.

Überträgt man diese Überlegung auf die Information-Content-Hypothese, so müsste diese in Zeiten sich stark ausweitender Spreads eher bestätigt werden als in Zeiten sich stark einengender Spreads.

2 Stichprobe

2.1 Datenbasis und Beobachtungszeiträume

Als Datenbasis für die folgenden Untersuchungen dienen die von Merrill Lynch berechneten Merrill Lynch Bond Indizes für Investment-Grade Anleihen (EN00) und für Non-Investment- Grade Anleihen (HE00).23 In der Datenbasis sind alle Anleihen enthalten, die im Zeitraum zwischen Januar 1999 und Februar 2004 in einem der beiden Indizes gelistet waren. Über alle Ratingklassen verteilt sind dies 975 Anleihen von 508 Emittenten. Als Startzeitpunkt wird der Januar 1999 gewählt, weil ab diesem Datum durch die Einführung des Euro erstmals ein einheitlicher Kapitalmarkt für den europäischen Raum existiert.24 Als Quelle für die Ratingevents wird für S&P deren Online-Datenbank „S&P direct“ verwendet, in der die Ratinghistorie jedes von der Agentur gecoverten Unternehmens eingesehen werden kann.25 Für die Ratingevents von Moody’s wird als Quelle der Datenanbieter Bloomberg verwendet.26

Der Beobachtungszeitraum, in dem die Untersuchung durchgeführt wird, beginnt am Tag -30 vor dem Ratingevent und endet am Tag +30 nach dem Ratingevent. Er umfasst somit wie bei einer Reihe früherer Untersuchungen27, insgesamt 61 Tage. Es existieren zwar in der Literatur Aussagen darüber, dass negative Ratingevents die betroffenen Anleihen schon mehrere Monate vor bis zu mehrere Monate nach dem Event beeinflussen28, die zugrundeliegende Datenbasis erlaubt jedoch kein längeres Zeitfenster. Bei vielen Anleihen würden durch die Verwendung eines längeren Zeitraumes mehrere Ratingevents in ein Beobachtungsfenster fallen. Jegliche Reaktion der Anleihe auf das erste Ratingevent verfälscht jedoch die Ergebnisse des eigentlich zu betrachtenden zweiten Events, was es zu vermeiden gilt.

Das 61-Tage-Fenster wird zusätzlich in drei weitere Unterzeitfenster aufgeteilt. Zum einen ist dies der Zeitraum vom Tag -30 bis zum Tag -1, dann der Zeitraum vom Tag 0 bis zum Tag 2 und zuletzt der Zeitraum ab Tag 3 bis Tag 30. Durch diese Aufteilung des Beobachtungszeitraumes können Bewegungen der Anleihe als vorlaufende, direkt aus dem Event resultierende und nachlaufende Bewegungen identifiziert werden. Diese Vorgehensweise ist bei der Untersuchung der Information-Content-Hypothese äußerst wichtig, da es ja gerade die Zeitpunkte dieser Bewegungen sind, die über die Bestätigung oder die Ablehnung der Hypothese entscheiden. Die einzelnen Beobachtungszeiträume sind in Abbildung 1 dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Zeitfenster im Beobachtungszeitraum

2.2 Datenaufbereitung

Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen negativer Ratingevents auf Anleihen so isoliert wie möglich darzustellen. Aus diesem Grund sind einfache Anleihekurse unbrauchbar, da sie sowohl Zinsänderungen29 als auch Gesamtmarktbewegungen30 reflektieren. Kursänderungen um ein Ratingevent herum können somit sowohl von dem Ratingevent selber herstammen, sie können aber ebenso gut auf Zinsänderungen oder Gesamtmarktbewegungen zurückzuführen sein, die mit dem Ratingevent selber in keinerlei Verbindung stehen.

Um die Auswirkung von Zinsänderungen auf die Ergebnisse dieser Arbeit auszuschließen, werden für die Untersuchungen keine Kurse, sondern Spreads herangezogen. Spreads sind Renditedifferenzen zwischen einer Anleihe mit Laufzeit t und einem vergleichbaren risikolosen Papier gleicher Laufzeit.31 Da sich in ihrer Ausgestaltung gleiche Papiere bei Veränderungen des Zinsniveaus gleich verhalten, kann durch die Verwendung der Spreads dieser Einflussfaktor auf die Anleihen der Stichprobe eliminiert werden.

An den Anleihemärkten existieren verschiedene Arten von Spreads. Zum einen gibt es den Asset Swap Spread, der die Differenz zwischen der Rendite auf Endfälligkeit der betrachteten Anleihe und des von der Laufzeit her vergleichbaren Swap-Satzes in Basispunkten (BP) ist.32 Der Asset Swap Spread weist jedoch einen gravierendere Nachteil auf: Anleihen, die mit Optionsbestandteilen ausgestattet sind, können über den Asset Swap Spread nicht mit Straight Bonds verglichen werden, die über keine solchen Bestandteile verfügen.33 Vor allem im HE00 aber auch im EN00 sind allerdings viele Anleihen mit Call Optionen ausgestattet.34 Diese Call Optionen geben dem Emittenten das Recht, zu bestimmten in den Anleihebedingungen festgelegten Terminen ab einem bestimmten Zinsniveau die Anleihe vom Investor zurückzukaufen, um sich anschließend auf dem niedrigeren Zinsniveau billiger zu refinanzieren.35 Die Verwendung von Asset Swap Spreads in dieser Arbeit würde dazu führen, dass 245 Anleihen mit Call Optionen aus der Datenbasis herausfallen und damit die Stichprobe um ca. 25% auf 730 Anleihen reduziert wird.

Diesem Problem kann man mit dem zweiten, neben dem Asset Swap Spread häufig verwendete Spread begegnen, dem Option Adjusted Spread (OAS). Beim OAS werden die einzelnen Zahlungsströme einer Anleihe betrachtet und jeder Zahlungsstrom mit dem Zins der entsprechenden Laufzeit abgezinst.36 Bei Anleihen, die über Call Optionen verfügen, werden über ein Binomialmodell mögliche Zinsentwicklungen in der Zukunft modelliert. Anschließend werden den einzelnen Cash-Flows der Anleihe Eintrittswahrscheinlichkeiten zugewiesen. Cash Flows, die vor dem ersten Call-Termin liegen, werden mit 100%, Cash Flows, die danach liegen, abhängig von den möglichen Zinsentwicklungen mit geringeren Wahrscheinlichkeiten gewichtet und mit den der Laufzeit entsprechenden Zinssätzen abgezinst. Die Summe aller Zahlungsströme bildet den Barwert der Anleihe, aus dem sich wiederum die Rendite und daraus der Spread ableiten lässt.37

Gegenüber dem Swap Spread weist der OAS zudem bei vielen Anleihen der Stichprobe eine deutlich höhere Anzahl an Spreadfeststellungen auf. Als Datenquelle für die OAS-Zeitreihen der einzelnen Anleihen wird BGN herangezogen. Der BGN OAS wird einmal täglich um 19 Uhr berechnet. Er ist ein Durchschnittsspread verschiedener Preisquellen am Markt, bei dem der oberste und unterste Wert abgeschnitten und aus den restlichen Preisstellungen der Durchschnitt gebildet wird.38

Um die Auswirkung von Gesamtmarktbewegungen der Spreads auf die Ergebnisse zu eliminieren, werden Zeitreihen der Merrill Lynch Sub-Indizes herangezogen. Diese Sub- Indizes werden täglich für jede Ratingkategorie berechnet und stellen den Durchschnittsspread aller in dieser Kategorie gelisteten Anleihen dar. Um nun also Gesamtmarktbewegungen herauszufiltern, werden die weiteren Untersuchungen nicht mit den OAS-Zeitreihen selbst, sondern mit Differenzen der OAS-Zeitreihen und der jeweils passenden Merrill Lynch Subindex Zeitreihe durchgeführt. Es werden also nicht mehr absolute Spreadwerte betrachtet, sondern nur noch die über die Marktbewegung hinausgehenden Bewegungen der Einzelanleihen dargestellt, damit nicht aufgrund von Gesamtmarktbewegungen falsche Schlüsse für einzelne Anleihen gezogen werden.

2.3 Datenbereinigung

Die Datenbasis muss für die Untersuchungen noch mit Hilfe einer Reihe von Bereinigungskriterien überprüft werden. Anleihen, die diesen Kriterien nicht genügen, werden von der weiteren Untersuchung ausgeschlossen, da sie zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen könnten.

In einem ersten Schritt werden aus der Datenbasis sämtliche Anleihen mit Step-Up Klauseln ausgeschlossen. In der Datenbasis besitzen 13 der 975 Anleihen solche Klauseln. Bei dieser Art von Anleihe erhöht der Emittent im Falle eines Downgrades den Kupon, den der Investor erhält, und entschädigt ihn somit zum Teil für das schlechtere Rating.39 Die Auswirkungen auf die Spreads sind in diesem Fall nicht so gravierend wie bei Anleihen, bei denen Spreadausweitungen die einzige Möglichkeit sind, auf das schlechtere Rating zu reagieren, da der Kupon unabhängig vom Rating über die gesamte Laufzeit der Anleihe gleich bleibt40.

Anleihen, die im 61-Tage-Fenster über keine oder nur eine unzureichende Spreadhistorie verfügen, werden von den weiteren Untersuchungen ausgeschlossen. Als unzureichend werden Anleihen klassifiziert, bei denen in jedem der einzelnen Unterzeitfenster nicht mindestens eine Spreadfeststellung stattfindet. Verfügt eine Anleihe bei einem negativen Ratingevent über keine ausreichende Spreadhistorie, liegt diese jedoch in einem früheren oder späteren Event vor, so wird nicht die komplette Anleihe von der Untersuchung ausgeschlossen, sondern es werden lediglich die negativen Ratingevents nicht weiter betrachtet, für die die Spreadhistorie unzureichend ist.

Von den verbleibenden Anleihen stammen teilweise mehrere Papiere von einem Emittenten. Die in Kapitel 4 und 5 durchgeführten Tests verlangen jedoch, dass die Stichprobe aus voneinander unabhängigen Einzelwerten besteht, um einer Verfälschung der Ergebnisse vorzubeugen.41 Aus diesem Grund wird pro Emittent jeweils nur eine Anleihe ausgewählt, wobei als Auswahlkriterium das emittierte Volumen dient. Der Grund dafür liegt darin, dass bei der Anleihe mit dem höchsten Volumen auch von der größten Liquidität am Markt und demzufolge von den besten Preisen ausgegangen werden kann.42

Nach Beachtung aller Bereinigungskriterien verbleiben als Datenbasis 224 Anleihen. Auf die verbleibenden Anleihen verteilen sich im Zeitraum von Januar 1999 bis Februar 2004 insgesamt 582 negative Ratingevents, deren Aufteilung in Tabelle 1 dargestellt ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Aufteilung der Ratingevents

3 Statistische Methoden und Modelle

3.1 Nullhypothese

Der Ausgangspunkt für empirische Testverfahren sind immer die zu überprüfenden Hypothesen.43 Den Begriff der Hypothese verwendet man in der Statistik für eine Annahme über die Verteilung einer Zufallsvariablen, z.B. die Annahme, dass eine Verteilung den Mittelwert 0 hat.44 Für die Tests wird immer ein Hypothesenpaar benötigt, das aus der Nullhypothese und der dazugehörigen Alternativhypothese besteht. Ausgangspunkt der Untersuchung ist immer die Nullhypothese. In dieser Arbeit lautet sie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Alternativhypothese, die durch die Tests statistisch belegt werden soll, lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zur Überprüfung dieses Hypothesenpaars werden in dieser Arbeit verschiedene Testverfahren herangezogen. Zum einen ist dies der parametrische t-Test und zum anderen der nichtparametrische Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest für den Median. Um zu überprüfen, in welchem Maße Spreadbewegungen vor dem Ratingevent stattgefunden haben, wird der Antizipationskoeffizient a verwendet.

3.2 t-Test

Der t-Test ist ein Testverfahren, mit dem sich Hypothesen über den erwarteten Mittelwert µ0 einer normalverteilten Grundgesamtheit bei vorgegebenem Signifikanzniveau testen lassen.45 Es lässt sich z.B. testen, ob eine Stichprobe den Mittelwert 0 hat. Man geht hierbei in mehreren Schritten vor. Zunächst berechnet man den t-Wert aus der Differenz zwischen dem Mittelwert und dem Erwartungswert der Verteilung, dividiert diesen durch die Standardabweichung der Verteilung und multipliziert das Ergebnis mit der Wurzel aus dem Umfang der Stichprobe. Die dazugehörende Formel lautet:46

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anschließend legt man das Signifikanzniveau fest. Übliche Werte hierfür sind α = 0,95 oder α = 0,99. Ein Signifikanzniveau von α = 0,95 bedeutet, dass mit einer Wahrscheinlichkeit i.H.v. 95% der Test zu einer Annahme der Nullhypothese führt, wenn diese korrekt ist. Je höher demnach das Signifikanzniveau liegt, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, die Nullhypothese abzulehnen, obwohl sie eigentlich korrekt ist, und desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse. Der errechnete t-Wert wird anschließend mit dem entsprechenden t- Tabellenwert zum vorgegebenen Signifikanzniveau und der Anzahl der Freiheitsgrade verglichen.47 Die Anzahl der Freiheitsgrade entspricht der Zahl der Einzelwerte in der Stichprobe, vermindert um 1.48 Die Entscheidungsregel für die Ablehnung oder Annahme der Nullhypothese lautet wie folgt:49

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Liegt der betragsmäßige t-Wert über dem t-Tabellenwert zum gegebenen Signifikanzniveau α und der Anzahl der Freiheitsgrade FG, so muss die Nullhypothese abgelehnt werden, liegt er darunter, so wird die Nullhypothese angenommen und die Alternativhypothese verworfen. In dieser Arbeit würde ein Verwerfen der Alternativhypothese bedeuten, dass ein negatives Ratingevent keinen Einfluss auf die Spreads eines Corporate Bond hat, da der Mittelwert der Verteilung nicht signifikant von null verschieden ist.

Ein Nachteil des t-Tests ist die Verwendung des Mittelwerts. Ausreißer sowohl nach oben als auch nach unten können somit die Ergebnisse beeinflussen. Ein weiterer Nachteil des t-Tests liegt darin, dass er für die zu untersuchende Stichprobe eine Normalverteilung voraussetzt. Für den Fall, dass keine Normalverteilung vorliegt, ergibt sich ein verzerrter t-Wert. Da jedoch die t-Verteilung ab einem Stichprobenumfang von n > 30 als approximativ normalverteilt betrachtet werden kann50 und die betrachtete Anzahl der Downgrades und der Aufnahmen auf die Watchlist in dieser Arbeit deutlich darüber liegt, kann eine solche Verzerrung der Ergebnisse für die Betrachtung der gesamten Stichprobe abgelehnt werden. In Kapitel 5.2 werden allerdings Untergruppen gebildet, deren Größe in einem Fall die Zahl 30 knapp unterschreitet. Aus diesem Grund wird neben dem t-Test in dieser Arbeit der Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest für den Median als weiteres Testverfahren zur Überprüfung des Hypothesenpaars verwendet.

3.3 Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest

Der Wilcoxon-Vorzeichen-Rangtest ist ein nicht-parametrischer Test, dessen Vorteil darin liegt, dass er keine Normalverteilung verlangt und demnach auch für kleinere Stichproben verwendet werden kann. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass er nicht auf dem Mittelwert, sondern auf dem Median einer Stichprobe beruht. Starke Ausreißer fallen deshalb nicht so in dem Maße ins Gewicht, wie dies beim t-Test der Fall ist. Beim Wilcoxon-Vorzeichen- Rangtest wird überprüft, ob eine Stichprobe symmetrisch um einen hypothetischen Median herum angeordnet ist.51 In dieser Arbeit ist der hypothetische Median 0, das zu überprüfende Hypothesenpaar lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Berechnung der Prüfgröße w wird in einem ersten Schritt von jedem einzelnen Wert der Stichprobe der hypothetische Median abgezogen, der in diesem Fall 0 ist. Anschließend werden die Absolutwerte dieser Differenzen in eine aufsteigende Reihenfolge gebracht. Den einzelnen Werten werden dann Rangzahlen zugeordnet, 1 für den kleinsten Wert und n für den größten Wert. Die Größe W+ ergibt sich aus der Summe aller Ränge, die zu positiven Differenzen gehört. W+ kann bei Stichproben ab 20 Einzelwerten als approximativ normalverteilt angesehen werden.52 Bei Geltung der Null-Hypothese müsste die Rangsumme der positiven Differenzen mit der der negativen Differenzen übereinstimmen.

[...]


1 Vgl. LBBW (2001), S. 7

2 Vgl. Wingenroth, T. (2003), S. 21

3 Vgl. Bloomberg (o.J.a), S.1; Vgl. Bloomberg (o.J.b), S.1.

4 Vgl. Gabbi, G. / Sironi, A. (2002), S. 24

5 Vgl. Büschgen, H. / Everling, O. (1996), S. 44

6 Vgl. Ebenda, S. 560

7 Vgl. Covitz, M./ Harrison P. (2003), S. 4

8 Vgl. Cantor, R. (2001), S. 175

9 Vgl. Moody’s Investor Service (1999), S. 6 f.

10 Vgl. Hoffmann, P. (1991), S. 35

11 Vgl. Baker, K. / Mansi, S. (2001), S. 17

12 Vgl. Heinke, V. (1998), S. 44 f

13 Vgl. Steiner, M. (2001), S. 2

14 Vgl. Ebenda, S. 183 ; Vgl. Brooks, L. / Ingram, R. / Copeland, R. (1993), S. 998.

15 Vgl. Holthausen, R. / Leftwich, R. (1986), S. 82 f

16 Vgl. Holthausen, R. / Leftwich, R. (1986), S. 68 f

17 Vgl. Hand, J. / Holthausen, R. / Leftwich, R. (1992), S. 744 ff.

18 Vgl. Ebenda, S. 741 f.

19 Vgl. Ederington, L. / Goh, J. / Nelson, J. (1996), S. 19

20 Vgl. Heinke, V. (1998), S. 400 ff.

21 Vgl. Kiehling, H. (2001), S. 53

22 Vgl. Kiehling, H. (2001), S. 54

23 Vgl. Galdi, P. (2000), S. 25 f.

24 Vgl. Jaeger, S. / Liberato, A. (1998), S. 4

25 S&P Änderungen wurden separat für jeden Emittenten unter www.ratingsdirect.com abgerufen.

26 Moody’s Änderungen wurden für jeden Emittenten auf Bloomberg unter „Emittent, CRPR“ separat abgerufen.

27 Vgl. Goh, J. / Ederington, L. (1993), S. 2005; Vgl. von Maltzan Pacheco, J. (2000), S. 82 f.

28 Vgl. Heinke, V. (1998), S. 378

29 Vgl. Steiner, M. / Bruns, C. (2000), S. 156

30 Vgl. Heinke, V. (1998), S. 382

31 Vgl. Schweser Study Notes, (2000), S. 166

32 Vgl. Ebenda, S. 168

33 Vgl. Bloomberg (o.J.c), S. 2

34 In der Datenbasis verfügt keine der Anleihen über Put Optionen, weshalb auf diese hier nicht weiter eingegangen wird.

35 Vgl. Bloomberg (o.J.d), S. 1

36 Vgl. Bloomberg (o.J.c), S. 5

37 Vgl. Ebenda, S. 7 f.

38 Vgl. Bloomberg (o.J.e), S 1

39 Vgl. Gerke, W. (2002), S. 738

40 Vgl. Steiner, M. / Bruns, C. (1999), S. 133

41 Vgl. Hartung, J. (1987), S. 243; Vgl. Handl, A. (2003), S. 323

42 Vgl. Covitz, M./ Harrison P. (2003), S. 10

43 Vgl. Heinke, J. (1998), S. 387

44 Vgl. Kreyszig, E. (1988), S. 203

45 Vgl. Gruber, J. (1997), S. 87

46 Vgl. Hartung, J. (1987), S. 179 x− µ s n

47 Vgl. Backhaus, K./ Erichson, B. / Plinke, W. / Weiber, R. (2003), S. 75

48 Vgl. o.V. (2001 a), S. 2

49 Vgl. Gruber, J. (1997), S. 89

50 Vgl. Zwerenz, K. (2001), S. 380

51 Vgl. Hartung, J. (1987), S. 243

52 Vgl. Ebenda, S.242

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Dynamischer Informationsgehalt von negativen Ratingevents bei Corporate Bonds - eine empirische Untersuchung am Euromarkt
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
57
Katalognummer
V34051
ISBN (eBook)
9783638343763
Dateigröße
639 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Dynamischer, Informationsgehalt, Ratingevents, Corporate, Bonds, Untersuchung, Euromarkt
Arbeit zitieren
Florian Eichert (Autor:in), 2004, Dynamischer Informationsgehalt von negativen Ratingevents bei Corporate Bonds - eine empirische Untersuchung am Euromarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34051

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