Mitarbeitermotivation. Eine kritische Beurteilung betrieblicher Anreizsysteme


Diplomarbeit, 2004

112 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

2 Motivationstheoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen und Erläuterungen
2.1.1 Bedürfnisse und Motive
2.1.2 Motivation vs. Motivierung
2.1.3 Intrinsische vs. extrinsische Motivation
2.1.4 Motivationsprozess
2.1.5 Leistung und Arbeitszufriedenheit
2.1.6 Werte und Wertewandel
2.2 Inhaltstheorien der Motivationsforschung
2.2.1 Bedürfnistheorie von Maslow
2.2.2 E-R-G-Theorie von Alderfer
2.2.3 Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg
2.2.4 Theorie der gelernten Bedürfnisse von McCelland
2.2.5 X-Y-Theorie von McGregor
2.3 Prozesstheorien der Motivationsforschung
2.3.1 VIE-Theorie von Vroom
2.3.2 Erwartungs-Wert-Modell von Porter und Lawler
2.3.3 Balance-Theorie von Adams
2.3.4 Anreiz-Beitrags-Theorie von March und Simon
2.3.5 Zieltheorie von Locke
2.4 Zusammenfassung und Schlussfolgerung

3 Materielle Motivationsinstrumente und Anreizsysteme
3.1 Vergütung und variable Lohn- und Gehaltskomponenten
3.1.1 Erfolgsorientierte Vergütung
3.1.2 Leistungsorientierte Vergütung
3.1.3 Team- und gruppenorientierte Vergütung
3.2 Materielle Mitarbeiterbeteiligung
3.2.1 Erfolgsbeteiligung
3.2.2 Kapitalbeteiligung
3.3 Sozialleistungen durch das Unternehmen
3.4 Mitarbeiterorientierung durch Cafeteria-Systeme

4 Immaterielle Motivationsinstrumente und Anreizsysteme
4.1 Motivationsoptimierte Personalführung
4.1.1 Führungsstile und soziale Kompetenz
4.1.2 Motivierung durch Delegationen
4.1.3 Motivierender Aspekt von Zielvereinbarungen
4.1.4 Führungskräfte als Coach (Coaching)
4.1.5 Motivation durch Vertrauen
4.1.6 Information und Kommunikation
4.1.7 Annerkennung und Kritik
4.2 Motivierende Instrumente einer modernen Führungskultur
4.2.1 Motivation durch zeitgemäße Personalentwicklung
4.2.1.1 Ziele und Maßnahmen der Personalentwicklung
4.2.1.2 Job Rotation, Job Enlargement, Job Enrichment
4.2.1.3 Qualitätszirkel
4.2.1.4 Karriere- und Laufbahnplanung
4.2.2 Mitarbeitergespräch
4.2.3 Mitarbeiterbeurteilung
4.2.4 Vorgesetztenbeurteilung
4.2.5 Mitarbeiterbefragung
4.2.6 Betriebliches Vorschlagswesen
4.3 Unternehmenskultur und Betriebsklima
4.4 Arbeit selbst als Motivator

5 Motivationsbarrieren und ihre Folgen
5.1 Mobbing – Schikane am Arbeitsplatz
5.2 Phänomen der inneren Kündigung
5.3 Verdrängungseffekt extrinsischer Anreizinstrumente

6 Zusammenfassung der Erkenntnisse

Literaturverzeichnis

Anhang mit Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Erklärung

1 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

Hurra, es ist Montag, es geht zur Arbeit! Dieses Gefühl gilt es den Mitarbeitern in Unternehmen zu vermitteln. Doch wie? Es geht um die Frage, wie Betriebe die Motivation ihrer Belegschaft dauerhaft erhöhen können, denn erfolgreiche Unternehmen brauchen motivierte Mitarbeiter. Dass dies keine einfache Aufgabe ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass sich Mitarbeiter nicht ohne weiteres auf die Ziele des Unternehmens programmieren lassen.[1]

Die verschiedenen und vielfältigen Ansätze in diesem Bereich waren ausschlaggebend, mich mit dieser Thematik auseinander zu setzen. Oft findet man die Forderung, den Mitarbeiter als wichtigste Ressource in den Mittelpunkt des Unternehmens zu stellen. Doch die Wirklichkeit sieht häufig anders aus, meist wird der Mitarbeiter nur als Kostenfaktor betrachtet. Um aber dauerhaft Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter zu nehmen, müssen einerseits deren Erwartungen und Bedürfnisse im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit berücksichtigt werden, andererseits sind brauchbare Instrumente, Systeme und Verfahren einzusetzen.

Und genau hieraus resultiert das Ziel der vorliegenden Arbeit. Verschiedene Motivationsinstrumente werden in ihrer Bedeutung und Funktion für die Motivation kritisch untersucht und erläutert. Es soll die Frage beantwortet werden, wie ein Unternehmen seine Mitarbeiter dauerhaft motivieren kann und welche Instrumente hierzu eingesetzt werden sollten.

Dazu ist es notwendig, einige motivationstheoretische Grundlagen an den Anfang der Arbeit zu stellen. Neben Begriffsdefinitionen und Erläuterungen werden die wichtigsten Ansätze der Motivationstheorien behandelt. Die Kapitel drei und vier befassen sich dann mit unterschied-lichen materiellen und immateriellen Motivationsinstrumenten, die jeweils unter dem Aspekt ihrer Motivationswirkung beleuchtet werden. Kapitel fünf beinhaltet die Darstellung einiger wichtiger Motivations-barrieren, bevor im Schlusskapitel die Erkenntnisse aus der Arbeit zusammengefasst werden.

Jochen Laufer, November 2004

2 Motivationstheoretische Grundlagen

Um die Bedeutung der in den Kapiteln drei und vier dargestellten Motivationsinstrumente herauszustellen, ist es erforderlich, zunächst einige motivationstheoretische Grundlagen zu behandeln. Neben Begriffsdefinitionen und Erläuterungensind dies auch verschiedene zentrale Motivationstheorien. Sie helfen ein Verständnis über das Warum und Wie des menschlichen Handelns zu erlangen.

2.1 Begriffsdefinitionen und Erläuterungen

2.1.1 Bedürfnisse und Motive

Bedürfnisse

Die Begriffe, Bedürfnisse und Motive werden in der Literatur oft synonym verwendet, wobei dadurch aber einige wichtige Aspekte der Verhaltensdeutung verloren gehen.[2] Als Bedürfnis bezeichnet man einerseits ein generelles psychologisches Mangelgefühl und andererseits biologische Notwendigkeiten wie beisp. der Flüssigkeitsbedarf. Es lassen sich primäre Bedürfnisse wie Hunger, Durst und Neugierde (vitale Grundbedürfnisse) und sekundäre Bedürfnisse unterscheiden. Letztere beinhalten die im Lernprozess erworbenen Bedürfnisse nach Geld, Macht und Ansehen.[3]

Motive

Der Mensch strebt danach, seine Bedürfnisse und Triebe zu befriedigen. Hieraus resultieren Verhaltensbereitschaften, die man als Motive bezeichnet. Sie können als Beweggründe menschlichen Verhaltens angesehen werden, die periodisch zwischen der Empfindung eines Mangelzustandes und einer Sättigung hin und her pendeln.[4] Psychologisch gesehen sind Motive (Wertungs-) Dispositionen, die meist nicht angeboren, sondern im Rahmen der individuellen Entwicklung, insbesondere in der Kindheit,[5] ausgebildet werden und zeitlich relativ stabil sind.[6] Während ein Motiv immer zwingend auf einem Bedürfnis basieren muss, führt aber umgekehrt ein Bedürfnis nicht zwangsläufig zu einem Motiv.[7] Ein Bedürfnis wird dann zu einem Motiv, wenn es so dringend empfunden wird, dass es den Menschen zu einer Handlung veranlasst.Festzuhalten bleibt weiter, dass Motive nicht isoliert sondern in Kombination auftreten. So bestimmen immer mehrere Motive das Verhalten einer Person, wobei jeder Mensch eine unterschiedliche Motivationsstruktur aufweist.[8] Einige, für den Arbeitsprozess bedeutsame Motive, sind in Abb. 11 im Anhang dargestellt.

2.1.2 Motivation vs. Motivierung

Motivation

Der Begriff der Motivation kommt aus dem lateinischen (in movitum ire = in das einsteigen, was (den Menschen) bewegt) und bezieht sich auf die Beweggründe und Ziele, die jemanden veranlassen zu handeln, aktiv zu werden und etwas zu bewegen. So ist die Frage nach der Motivation also die Frage nach dem Warum des menschlichen Verhaltens.[9] Wie im obigen Abschnitt gesehen, ist ein Motiv ein einzelner noch nicht umgesetzter Beweggrund des Verhaltens. Die Summe dieser Motive, bzw. das komplexe Zusammenspiel verschiedener aktivierter Motive in konkreten Situationen, bildet die Motivation[10]. Der Motivationsbegriff kann zunächst als aktivierte Verhaltensbereitschaft eines Menschen hinsichtlich der Erreichung bestimmter Ziele definiert werden.[11]

Motivierung

Während sich die Motivationspsychologen mit dem Warum beschäftigen fragen die Manager von Unternehmen danach, wie sie von ihren Mitarbeitern ein Maximum an Arbeitsleistung erhalten, oder wie sie ihre Mitarbeiter zu Überstunden motivieren können. So versteht man unter Motivation auch das Erzeugen, Erhalten und Steigern der Verhaltensbereitschaft durch Anreize bzw. Anreizsysteme oder durch das absichtsvolle Handeln eines Vorgesetzten. Der Mitarbeiter wird hier von außen zur Leistung angereizt. Sprenger bezeichnet diese Fremdsteuerung als Motivierung, er spricht sogar von Manipulation, deutlich abgegrenzt von der Eigensteuerung (=Motivation) des Menschen.[12] Andere Autoren gehen hier nicht so weit, sie verstehen unter Motivierung, sich in andere Menschen einzufühlen und für sie die Bedingungen des Handelns so zu gestalten, dass diese die Ziele erreichen können.[13]

2.1.3 Intrinsische vs. extrinsische Motivation

Intrinsische

Motivation

Generell wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Bei der intrinsischen Motivation ist es die Arbeit selbst, die befriedigt und Freude macht (Aufgabenvielfalt, interessante und ganzheitliche Aufgaben, Lernmöglichkeiten). Tätigkeiten werden um ihrer selbst willen betrieben, ohne dass es hierzu externer Anreize bedarf.[14] Hieraus lässt sich erklären, warum Menschen Sport treiben ohne dafür bezahlt zu werden oder ein Kreuzworträtsel lösen, ohne dass jemand davon Notiz nimmt.[15] Intrinsische Motivation entsteht immer dann, wenn es gelingt, Aufgaben und Arbeitsinhalte so zu gestalten, dass eine Aufgabenorientierung entsteht und der Mitarbeiter diese „als Herausforderung und deren Bewältigung als Ausdruck persönlicher und fachlicher Kompetenz erlebt.“[16]

Extrinsische

Motivation

Im Gegensatz dazu tragen bei der extrinsischen Motivation nicht die Tätigkeit selbst, sondern nur deren Folgen und Begleiterscheinungen zur Zufriedenheit bei. Arbeitet beisp. ein Mensch, um möglichst viel Geld zu verdienen, wird er als extrinsisch motiviert bezeichnet.[17] Die Arbeit an sich ist hier nur ein Werkzeug, um auf dem Umweg über die Vergütung die eigentliche Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.[18] Das Verhalten wird demnach von Gründen kontrolliert, die nicht wie bei der intrinsischen Motivation innerhalb, sondern außerhalb der Person liegen, nämlich von äußeren Anreizen wie z. B. Entlohnung, Anerkennung, Karrierechancen[19] aber auch Strafandrohung bei Nichterfüllung einer Leistung (z. B. Versetzung).[20] Auch wenn einem Menschen die Arbeit Freude bereitet wird dieser sicher an seinen Anstrengungen zweifeln, wenn die Entlohnung oder die Anerkennung für ihn unbefriedigend sind. Die extrinsische Motivation beeinflusst dem zu Folge auch die intrinsische Motivation, was bedeutet, dass eine Verbindung zwischen den beiden Motivationsarten bestehen muss.[21]

2.1.4 Motivationsprozess

Fünf Schritte

Wie läuft nun die Motivation ab? Der Motivationsprozess kann grundsätzlich in fünf Schritten dargestellt werden. Zu Beginn entsteht ein Bedürfnis. Anschließend baut sich eine Bedürfnisspannung auf und in einen weiteren Schritt setzt der Mensch Energien für eine bestimmte Aktivität frei. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine reale Chance besteht, dass das Bedürfnis befriedigt werden kann. Während der zunehmenden Bedürfnisbefriedigung nimmt dann die Spannung ab. Schließlich entsteht wieder ein neues bzw. anderes Bedürfnis und der Motivationsprozess beginnt von neuem.[22] Abb. 1 verdeutlicht diese Zusammenhänge.

Beispiel

Hierzu noch ein Beispiel: Nach mehreren Stunden Arbeit entsteht das Bedürfnis nach einer Pause, die Bedürfnisspannung steigt. Der Wunsch nach einer Pause setzt entsprechend Energien frei und entweder wird das Ziel beschleunigt erreicht, oder die Arbeit wird unterbrochen, um sich einen Kaffee zu besorgen. Durch die Erholung baut sich das Bedürfnis nach einer Pause ab. Arbeitet eine Person nun wieder einige Zeit, entsteht dasselbe Bedürfnis erneut und der Prozess wiederholt sich.[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Einfaches Motivationsmodell

2.1.5 Leistung und Arbeitszufriedenheit

Leistung als

Ergebnis des

Arbeitsverhaltens

Durch Anreize zur Motivierung von Mitarbeitern wird versucht, die Ausdauer und Intensität bei der Aufgabenerledigung zu optimieren. Als Leistung wird dann das Ergebnis der Aufgabenbearbeitung verstanden.[24]

Dimensionen

der Leistung

Hierbei ist die Leistung aber nicht der Leistungsbereitschaft gleichzusetzen, sondern sie besteht aus drei wesentlichen Komponenten, nämlich aus der Leistungsbereitschaft, der Leistungsfähigkeit und der Leistungsmöglichkeit (vgl. hierzu Abb. 12 im Anhang). Da sich alle drei Bestandteile bzw. Dimensionen gegenseitig beeinflussen, verstärken oder abschwächen können, lässt sich die Leistung auch als multiplikative Verknüpfung (Leistung = Wollen x Können x Dürfen) darstellen.[25] Zu berücksichtigen ist hierbei also, dass die Leistung immer aus dem Zusammenspiel aller drei Dimensionen resultiert, während die Motivierung ausschließlich auf die Leistungsbereitschaft abzielt. Liegen also die Ursachen für eine geringe Leistung in unzureichenden Umgebungsbedingungen bzw. in mangelnder Leistungsfähigkeit, so greift die Motivierung ins Leere.[26] Es bleibt also festzuhalten, dass die Leistung zwar das wichtigste Ziel der Motivierung ist, die Motivierung selbst aber nur ein Weg zur Leistungssteigerung darstellt.[27]

Arbeits-

zufriedenheit

als weiteres

Ziel der

Motivierung

Die Motivierung dient aber nicht nur der Leistung und somit den betrieblichen Zielen, sondern auch den Mitarbeitern, denn Motivierung sollte auch zur Zufriedenheit mit der Arbeit beitragen. Unter Zufriedenheit versteht man in der Regel eine relativ stabile Bewertung betrieb-licher Gegebenheiten durch den Mitarbeiter, bzw. dessen Einstellung zur Arbeit.[28] Sie ist das Resultat eines Vergleiches der erlebten Situation mit dem individuellen Anspruchsniveau einer Person. Letzteres wird z. B. durch die Qualifikation und das Alter aber auch durch die Situation (z. B. Arbeitsmarkt) beeinflusst.[29] Die Arbeitszufriedenheit wirkt zum einen positiv auf das psychische und körperliche Wohlbefinden des Mitarbeiters, zum anderen kann sie die Fluktuation verringern, zu hö-herer Leistung führen und die Bindung an das Unternehmen steigern.[30] Somit wirkt die Arbeitszufriedenheit unter Umständen auch motivierend.

2.1.6 Werte und Wertewandel

Definition Werte

Seit Anfang der 60er Jahre vollzog sich in der Bevölkerung ein grundlegender Wandel der Wertvorstellungen.[31] Werte werden allgemein als etwas Wünschenswertes bezeichnet und verkörpern das, was uns wichtig ist. Sie sind hierarchisch geordnet, relativ stabil und nicht angeboren sondern werden erlernt.[32] Werte regulieren das Verhalten und die Wahrnehmung einer Person oder einer Gruppe und können als allgemeine Orientierungsstandards für den Menschen angesehen werden, die den Kern der menschlichen Kultur bilden.[33]

Wertewandel

Die Arbeitseinstellung und das Arbeitsverhalten werden von den Wertvorstellungen entscheidend mitgeprägt, da diese Einfluss auf das Motivspektrum des Menschen ausüben. Aus diesem Grunde ist der festzustellende Wertewandel für die Motivationsthematik von Bedeutung.[34] War früher die Arbeit noch Garant der Sinnerfüllung des Lebens, so hat der Wertewandel in der Gesellschaft die erlebbare Bedeutung der Arbeit reduziert. Der Einzelne sieht weniger das Gemeinwohl, sondern das Wohl des Individuums im Vordergrund. Dabei werden die Pflicht- und Akzeptanzwerte von der Selbstentfaltung verdrängt.[35] Zu den Pflicht- und Akzeptanzwerten gehören beisp. Disziplin, Fleiß und Gehorsam. Diese Werte weichen den so genannten Selbstverwirklichungs- und Engagementwerten wie z. B. Demokratie, Autonomie und Partizipation.[36] Der Wertewandel bezieht sich dabei jedoch weniger auf die einzelnen Werte sondern vielmehr auf die Einstellungen der Menschen zu diesen Werten und das daraus resultierende Handeln.[37]

Ursachen des

Wertewandels

Die Ursache des Wertewandels ist in erster Linie bei den veränderten Sozialisationsbedingungen zu suchen. Die Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft haben sich deutlich verändert, verwiesen sei hier beisp. auf ein insgesamt höheres Bildungsniveau der Bevölkerung, die Rückläufigkeit des Anteils der in der Berufsarbeit verbrachten Lebenszeit, ein relativ hohes Niveau materiellen Wohlstands aber auch ein zunehmendes allgemein-politisches Interesse.[38] Der Wertewandel kann als natürlicher Vorgang des Umdenkens, des Weiterdenkens und der Weiterentwicklung in Sachen Arbeitsethik verstanden werden.[39]

Auswirkungen

auf die Arbeits-

welt

Bezüglich der Auswirkungen auf die Arbeitswelt wurden drei wesent-liche Entwicklungstendenzen festgestellt. Zum einen ist auf die ge-stiegene Freizeitorientierung zu verweisen, zum anderen gewinnen Selbstentfaltungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse an Bedeutung. Ferner stellen Mitarbeiter höhere Ansprüche an ihre Tätigkeiten. Ein größerer Anteil der Arbeitnehmer möchte im Beruf mehr Verantwortung übernehmen. Außerdem haben Spaß an der Arbeit und ein hö-heres Einkommen für sie die gleiche Wertigkeit. Die Grenzen zwischen Freizeit, Arbeit und Ausbildung haben sich heute verwischt und eine neue Ganzheit, ein ungeteiltes Leben, wird angestrebt.[40] Der Mitarbeiter will also sein ganzes Potenzial in das Unternehmen einbringen und ist immer weniger dazu bereit, Wertorientierungen und Einstellungen, die in seiner Freizeit bedeutungsvoll sind, während der Arbeit zu verdrängen. Diesen Entwicklungen müssen die Unternehmen Rechnung tragen und eine Überprüfung der momentanen Führungspraxis ist notwendig geworden.[41] Wichtig ist, dass sich das Handeln der Unternehmen und der Mitarbeiter an gemeinsamen Werten und Zielen orientiert, nur dann kann es zu einer weitgehenden Identifikation der Arbeitnehmer mit Unternehmen und Tätigkeit kommen.[42]

Nach der Darstellung begrifflicher Definitionen und Erläuterungen zur Thematik, behandelt Kapitel 2.2 einige bedeutende Inhaltstheorien.

2.2 Inhaltstheorien der Motivationsforschung

Inhaltstheorien

vs. Prozess-

theorien

Trotz jahrzehntelanger Motivationsforschung, vor allem in den 50er bis 70er Jahren, existiert heute noch keine einheitliche Motivationstheorie.[43] Es gibt mehrere unterschiedliche, einander ergänzende Versuche zu erklären, wie menschliches Verhalten in Betrieben in Antrieb und Richtung bestimmt wird.[44] Auch wenn diese Grundlagen der Motivationstheorien in der Literatur und in der Praxis oft nicht einhellig aufgenommen werden,[45] so sind die Resultate für das weitere Verständnis dieser Arbeit von großer Bedeutung. In der Motivationspsychologie werden die unterschiedlichen Theorien vielfach als Inhalts- und Prozesstheorien klassifiziert, wobei letztere wiederum in Erwartungsvalenz- und Gleichgewichtstheorien unterteilt werden können.[46]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Motivationstheorien

Abgrenzung

Während sich die Inhaltstheorien mit der Frage nach der Art, Anzahl und Bedeutung der einem Verhalten zugrunde liegenden Motive beschäftigen,[47] widmen sich die Prozesstheorien dem dynamischen Geschehen,[48] in dem sie auf die Entstehung, die Ausrichtung und die Stärke von Motivation für eine bestimmte Handlung eingehen.[49] Anders ausgedrückt: Inhaltstheorien befassen sich mit den einzelnen Motiven und Bedürfnissen als solchen. Sie wollen aufzeigen, welche Motivbündel überhaupt handlungsbestimmend wirken bzw. was Menschen zu einem bestimmten Verhalten bewegt und durch welche Variabeln es ausgelöst wird.[50] Sie versuchen eine Erklärung zu liefern, wonach Menschen streben.[51] Prozesstheorien hingegen beabsichtigen, das Zusammenspiel der einzelnen Motive zu erklären, sprich aufzuzeigen, wie der Motivationsprozess vonstatten geht und wie das Verhalten bestimmt, erhalten und beendet werden kann.[52]

Nachfolgend werden zunächst einige der wichtigsten Inhaltstheorien dargestellt, anschließend wird in Kapitel 2.3 auf einige bedeutende Prozesstheorien eingegangen.

2.2.1 Bedürfnistheorie von Maslow

Als Mitbegründer der so genannten ‚humanistischen Psychologie’ legte Abraham Harold Maslow in den 50er Jahren mit der Theorie einer vielschichtigen Bedürfnisstruktur (Bedürfnispyramide) einen wichtigen Grundstein der Motivationstheorie.[53] Seine Ideen erfuhren ab dem Jahr 1959 durch ihre Popularisierung durch McGregor weite Verbreitung und wurden vor allem von Führungskräften gerne aufgenommen.[54]

Klassifizierung

der Bedürfnisse

Maslow unterscheidet fünf Klassen menschlicher Bedürfnisse, die er mithilfe der so genannten Bedürfnispyramide hierarchisch darstellt (siehe Abb. 3).[55] Nur ein nicht (vollständig) befriedigtes Bedürfnis wirkt motivierend und gibt einen Anstoß zu einer bestimmten Handlung bzw. Verhalten, wodurch die Befriedigung des Bedürfnisses herbeigeführt werden soll.[56] Für das Individuum steht zunächst die Befriedigung der ersten Bedürfnisstufe im Vordergrund. Ist eine vollständige Sättigung der Bedürfnisse dieser Gruppe erreicht, wird für den Menschen die nächste Stufe der Pyramide aktuell.[57] Dieser Ablauf wird sich bis zum Erreichen der höchsten Stufe wiederholen. Die Selbstverwirklichungsbedürfnisse auf der fünften Stufe können allerdings nicht endgültig erfüllt werden, da diesen keine Grenzen gesetzt sind.[58] Einmal gesättigte Bedürfnisstufen werden aber nie völlig bedeutungslos, da die darin enthaltenen Grundbedürfnisse regelmäßig neu erfüllt werden müssen.[59] Wie die Bedürfnisse und Bedürfnisstufen im Einzelnen aussehen, bzw. wie diese in Bezug auf einen arbeitenden Menschen in einem Unternehmen interpretiert werden, ist in Tab. 2 im Anhang dargestellt.

Defizit-

bedürfnisse

Wachstums-

bedürfnisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow

Defizit- und

Mangel-

bedürfnisse

Die Literatur bezeichnet die ersten vier Stufen der Motivationspyramide als Defizit- oder auch Mangelbedürfnisse.[60] Wenn diese befriedigt sind, treten die so genannten Wachstumsbedürfnisse in den Vordergrund.[61] Die extrinsisch orientierten Defizitbedürfnisse verlieren mit zunehmender Befriedigung an Motivationskraft, während die Befriedigung von intrinsisch orientierten Wachstumsbedürfnissen nicht zu einer Verringerung, sondern sogar zu einer Erhöhung der Motivationsstärke führt.[62]

Kritikpunkte

Trotz ihrer weiten Verbreitung wird die Theorie von Maslow nicht ausschließlich positiv diskutiert. Kritisiert wird die Tatsache, dass er seinen Ansatz nicht auf empirische Untersuchungen stützte.[63] Weder die Bedürfnisschichtung noch die vermutete Reihenfolge der Bedürfnisbefriedigung konnten je eindeutig belegt werden. Auf viele Aussagen von Maslow lassen sich banale Gegenbeispiele finden,[64] was aber der bemerkenswerten Beachtung in der Praxis – möglicherweise auch wegen der Einfachheit des Aufbaus und der Verständnismöglichkeiten – keinen Abbruch tut. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die von Maslow angenommene Rangfolge der Bedürfnisse nicht für jeden Menschen unterstellt werden kann bzw., seine Theorie nicht alle Bedürfnisse umfasst.[65] Es kann aber nicht vollständig bestritten werden, dass es zumindest teilweise eine hierarchische Anordnung der menschlichen Bedürfnisse gibt.[66]

Wertung

Aus dieser Tatsache können für die heutige Mitarbeiterführung wichtige Anhaltspunkte abgeleitet werden, gewinnen doch die Selbstverwirklichungsbedürfnisse für einen Großteil der Menschen gerade auch im Berufsleben immer mehr an Bedeutung. Werden die persönlichen Bedürfnisse im Beruf nicht befriedigt, dann wird Unzufriedenheit die Folge sein und die Arbeitsleistung sinkt.[67]

Durch die massive Kritik wurden auf Basis der Bedürfnispyramide von Maslow verschiedene Modifikationen entwickelt, die E-R-G-Theorie von Alderfer ist eine davon.

2.2.2 E-R-G-Theorie von Alderfer

Nach Clayton P. Alderfer kommt es bei der Motivationstheorie von Maslow zu Überschneidungen einzelner Hierarchiestufen.[68] Daher reduziert Alderfer die Bedürfnispyramide von Maslow – willkürlich – auf insgesamt drei Bedürfnisklassen[69] und „gibt die Annahme der streng hierarchischen Ordnung zwischen den Bedürfnisklassen sowie die Rangfolgethese auf.“[70] Er unterscheidet:

Bedürfnisklassen

- E = Existence needs (Existenzbedürfnisse)
- R = Relatedness needs (Sozial-/Beziehungsbedürfnisse)
- G = Growth needs (Wachstums-/

Selbsterfüllungsbedürfnisse)[71]

Dabei entsprechen die beiden unteren Stufen der Bedürfnispyramide von Maslow der Kategorie der Existenzbedürfnisse von Alderfer, die Sozialbedürfnisse der E-R-G-Theorie den sozialen Motiven und Wertschätzungsbedürfnissen von Maslow. Dessen Selbstverwirklichungsbedürfnisse finden ihr Gegenüber wiederum in den Wachstumsbedürfnissen.[72] Alderfer beschreibt die Beziehungen von Bedürfnisbefriedigung und Bedürfnisaktivierung innerhalb und zwischen den Bedürfnisstufen "durch sieben Thesen:

Sieben Thesen

1. Je weniger die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto
stärker wirken sie.
2. Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto
stärker werden die Existenzbedürfnisse.
3. Je mehr die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker
werden die Beziehungsbedürfnisse.
4. Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto
stärker werden sie.
5. Je weniger die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto
stärker werden die Beziehungsbedürfnisse.
6. Je mehr die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto
stärker werden die Wachstumsbedürfnisse.
7. Je mehr die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto

stärker werden diese.“[73]

Zum besseren Verständnis ist das Motivationsmodell nach Alderfer zusätzlich in Abb. 13 im Anhang dargestellt. Im Gegensatz zu Maslow, bei dessen Theorie ein nächst höheres Bedürfnis erst in Angriff genommen wird, wenn das nächst tiefere Bedürfnis befriedigt ist, lauten Alderfers Prinzipien folgendermaßen:[74]

Drei Prinzipien

- Frustrations-Hypothese: Ein Bedürfnis wird im Ausmaß seiner Nichtbefriedigung dominant (ist Grundlage für These 1 und 4).
- Frustrations-Regressions-Hypothese: Eine Nicht - Befriedigung eines höheren Bedürfnisses führt zu einer Aktivierung der nächst niederen Bedürfnisstufe (ist Grundlage für These 2 und 5).
- Befriedigungs-Progressions-Hypothese: Besagt, dass durch die Zufriedenstellung eines Bedürfnisses das nächst Höhere aktiviert wird (ist Grundlage für These 3, 6 und 7).[75]

Nach Alderfer müssen also zum einen die Bedürfnisse der unteren Stufen, als Voraussetzung dafür, dass die Bedürfnisse der nächsten Stufen in Erscheinung treten, nicht zuerst befriedigt sein. Zum anderen kann auch in entgegengesetzter Richtung das nächsttiefere Bedürfnis aktiviert werden, wenn eine Befriedigung der oberen Ebene nicht möglich ist.[76] Dessen Befriedigung stellt dann den Ausgleich für die nicht erreichbaren Bedürfnisse dar. Auch wenn dies unter Frustration erfolgt, erfüllt es dann die Funktion eines Motivators.[77]

Wertung

Die von Alderfer aufgestellte Theorie weist im Vergleich zur Bedürfnispyramide von Maslow durch die unterschiedlichen Veränderungen einen höheren Informationsgehalt auf. Für die Unternehmenspraxis ist sie aber eher von geringer Bedeutung.[78] Eine wichtige Schlussfolgerung lässt seine Theorie jedoch zu, obwohl sie auch keine Hinweise liefert, wie man die Menschen individuell motivieren kann: Im Prozess der Bedürfnisbefriedigung gibt es Motivation und Demotivation.[79]

2.2.3 Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

Was motiviert

Menschen?

Im Rahmen einer Studie, die unter dem Namen ‚Pittsburgh Study’[80] bekannt wurde, führte Frederick W. Herzberg zahlreiche Befragungen mit Arbeitnehmern nordamerikanischer Firmen durch.[81] Es wurde untersucht, welche Faktoren im Arbeitsprozess Zufriedenheit hervorrufen und welche Unzufriedenzeit vermeiden oder abbauen.[82] Die Arbeitnehmer wurden nach Situationen in ihrem Berufsleben befragt, in denen sie ihrer Arbeit besonders positiv oder negativ gegenüberstanden, und nach den für die jeweilige Situation ausschlaggebenden Ur-sachen.[83] Herzberg nahm sich der Frage an, was den Menschen bei der Arbeit eigentlich motiviert. Es stellte sich heraus, dass ganz bestimmte Faktoren fast nur Unzufriedenheit auslösen, während andere Faktoren nur Zufriedenheit bewirken. Aufgrund dieser Erkenntnisse unterteilte er die Grundbedürfnisse in zwei Kategorien:

Grund-

bedürfnisse

- Motivatoren bzw. Motivationsbedürfnisse
- Hygiene- oder Maintenancebedürfnisse[84]

Motivatoren

Faktoren, die Zufriedenheit bewirken, liegen im Wesentlichen in der positiven Einstellung der Mitarbeiter zur Arbeit und sind intrinsischer Natur.[85] Als wichtigste Motivatoren (Satisfaktoren) werden z. B. Leistungserfolg, Anerkennung, Arbeitsinhalt, Verantwortung und Entfaltungsmöglichkeiten genannt.[86]

Hygienefaktoren

Faktoren, die zwar Arbeitsunzufriedenheit verhindern können aber auch keine Zufriedenheit stiften, befriedigen vor allem extrinsische Arbeitsbedürfnisse.[87] Diese Hygienefaktoren (Dissatisfaktoren) sind beisp. Lohn, Status, Entwicklungsaussichten, Beziehungen zu Vorgesetzten und Kollegen sowie Arbeitsbedingungen oder Arbeitssicherheit.[88] Ihr Fehlen führt zu Arbeitsunzufriedenheit, im günstigsten Fall ist mit ihnen der Zustand der Nicht-Arbeitszufriedenheit zu erreichen.[89] Motivatoren und Hygienefaktoren bzw. Ursachen positiver oder negativer Einstellungen sind in Abb. 14 im Anhang dargestellt.

Kontinuum

Zwischen Zufriedenheit und Unzufriedenheit liegt eine neutrale Zone, vergleichbar mit dem Nullpunkt eines Thermometers zwischen Plus- und Minustemperaturen.[90] Das Gegenteil von Unzufriedenheit ist, wie folgende Abb. zeigt, demnach nicht Zufriedenheit, sondern das Fehlen von Unzufriedenheit.[91]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Kontinuum der Hygienefaktoren/Motivatoren nach Herzberg

Zufriedenheit und Unzufriedenheit stehen sich nicht als gegensätz-liches Paar gegenüber, sondern können wie in Tab. 3 im Anhang zu sehen, als voneinander unabhängige Pole betrachtet werden.[92]

Fazit

Als wichtigste Erkenntnisse können festgehalten werden, dass die Hygienefaktoren bei positiver Bewertung nur zur Beseitigung der Un-zufriedenheit führen, bei negativer Bewertung jedoch zu extremer Arbeitsunzufriedenheit. Werden die Motivatoren negativ beurteilt hat dies eine Nicht-Zufriedenheit zur Folge.[93] Während die Hygienefaktoren allenfalls Unzufriedenheit verringern können, eignen sich die Motivatoren dazu, die Zufriedenheit nachhaltig zu steigern.[94] Das Gehalt nimmt laut Herzberg eine Sonderstellung ein, denn bei einer entsprechenden Gehaltssteigerung kann dieses sehr wohl zu einer kurzfristigen, nicht aber zu einer längerfristigen Leistungssteigerung führen.[95]

Kritikpunkte

Als Hauptkritikpunkt wird die Methodengebundenheit der Informationserhebung angeführt, d. h. die Differenzierung zwischen Motivatoren und Hygienefaktoren kommt nur mit Hilfe der Befragungsmethode (Methode der kritischen Ereignisse) zustande; andere Methoden führen zu an-deren Resultaten.[96] Weiter wird bemängelt, dass eine empirische Widerlegung der Aussagen nicht möglich ist, da der Großteil des Erklärungsansatzes nur vage formuliert ist.[97] Außerdem wird die Unterteilung von Zufriedenheit und Unzufriedenheit in zwei separate Dimensionen bestritten.[98]

Steigerung der

Leistungsbereit-

schaft

Ungeachtet aller Kritik führte die Zwei-Faktoren-Theorie zu wichtigen Anregungen für die tägliche Personalarbeit. Soll die Leistungsbereitschaft langfristig gesteigert werden, muss verstärktes Augenmerk auf die Motivatoren gelegt werden, da sie sich besonders auf die Arbeitsinhalte beziehen und dauerhafte Arbeitszufriedenheit auslösen können. Dazu müssen aber auch die Hygienefaktoren positiv beurteilt werden, damit es nicht zu Arbeitsunzufriedenheit kommt.[99]

2.2.4 Theorie der gelernten Bedürfnisse von McCelland

Leistungs-

motivations-

theorie

David C. McCelland entwickelte die so genannte Leistungsmotivationstheorie, nach der die meisten menschlichen Bedürfnisse „aus der kulturellen Umwelt, in der das Individuum lebt, erlernt werden.“[100] Dabei hob er drei bedeutsame Schlüsselbedürfnisse im menschlichen Leben hervor:[101]

Grund-

bedürfnisse

- Das Leistungsstreben oder Achievement
- Das Machtstreben oder Power
- Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit oder Affiliation[102]

Diese drei Grundbedürfnisse sind laut McCelland in einem Grenzbereich zwischen Bewusstsein und Unbewusstsein angesiedelt und steuern das Verhalten so, dass sie befriedigt werden.[103] Auch das Arbeitsverhalten von Individuen wird durch diese Bedürfnisstruktur beeinflusst.

Leistungsstreben

Die Untersuchungen von McCelland konzentrierten sich dabei auf das Leistungsbedürfnis, das für die Mitarbeiterführung auch am bedeutendsten ist. Da ein durch Leistung erzielter Erfolg von der sozialen Umwelt positiv beurteilt wird, ging er davon aus, dass der Mensch ständig nach Leistung und Erfolg strebt. Wie stark dieses Streben ist, hängt von unterschiedlichen Sozialisationsprozessen sowie Erfah-rungen bezüglich Misserfolg und Erfolg ab und ist von Mensch zu Mensch verschieden.[104] McCelland stellte fest, dass erfolgsmotivierte Arbeitnehmer, die Hoffnung auf Erfolg hatten, mittelschwere Aufgaben bevorzugten, während die misserfolgsmotivierten Arbeitnehmer, die Angst vor Misserfolg hatten, sehr schwere aber auch sehr leichte Aufgaben auswählten.[105]

Wertung

Neben der Existenz der drei Schlüsselbedürfnisse können weitere Schlüsse aus den Untersuchungen von McCelland und anschließender Studien anderer Forscher gezogen werden. Es besteht eine Vielzahl möglicher Kombinationen aus der jeweiligen Gewichtung der einzelnen Motive, die sich als Mischung aus der gesamten individuellen Lebenserfahrung der Menschen ergeben. Ferner unterliegen die Motive in ihrer Ausprägung sowohl kurzfristigen Schwankungen (z. B. Machtstreben bei zunehmendem Alkoholeinfluss) als auch langfristigen Verände-rungen im Zeitablauf.[106] Hieraus ist ersichtlich, dass jeder Mensch verschieden ist, seine eigene Persönlichkeit hat und somit auch individuell motiviert und geführt werden sollte.

2.2.5 X-Y-Theorie von McGregor

Ausgangspunkt

Als weitere Inhaltstheorie kann die im Jahre 1960 von Douglas McGregor entwickelte X-Y-Theorie angeführt werden, die zwei gegensätz-liche, extreme Bilder des Menschen in der Arbeitswelt darstellt. Dabei waren sowohl Maslows Bedürfnispyramide als auch Teile der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg Ausgangspunkt seiner Überle-gungen.[107]

Menschenbilder

McGregor beschrieb mit der Theorie X und Y zwei Alternativen und stellte fest, dass Manager, die an die Theorie X glauben, folgende Auffassung bzw. Vorurteile gegenüber ihren Mitarbeitern besitzen:[108]

Theorie X

- Der Durchschnittsmensch hat eine angeborene Abneigung gegen Arbeit und versucht, diese so weit wie möglich zu vermeiden.
- Als Konsequenz daraus müssen Menschen geführt, kontrolliert und mit Androhung von Sanktionen gezwungen werden, einen produktiven Beitrag zur Erreichung der Organisationsziele zu leisten.
- Der Durchschnittsmensch möchte an die Hand genommen werden, er möchte Verantwortung vermeiden, besitzt verhältnismäßig wenig Ehrgeiz und wünscht vor allem Sicherheit.[109]

Eine Führung im Sinne der Theorie X ermöglicht es dem Mitarbeiter nicht, soziale und höhere Bedürfnisse zu befriedigen. Sie zielt ausschließlich auf die Befriedigung der physischen Bedürfnisse ab.[110] Dieser Auffassung stellt McGregor die Theorie Y gegenüber, die seiner Meinung nach das eigentliche Menschenbild widerspiegelt.[111] Manager, die an die Theorie Y glauben, haben demnach folgende Einstellungen:

Theorie Y

- Der Mensch lehnt die Arbeit nicht grundsätzlich ab, im Gegenteil, Arbeit kann für ihn sogar eine wichtige Quelle der Zufriedenheit darstellen.
- Identifiziert sich der Mensch mit den Zielen der Organisation, sind externe Kontrollen überflüssig und er entwickelt Eigeninitiative und Selbstkontrolle.
- Die wichtigsten Anreize sind die Befriedigung von Ich-Bedürfnissen und das Streben nach Selbstverwirklichung.
- Kreativität und Einfallsreichtum sind häufig anzutreffende Eigenschaften in der arbeitenden Bevölkerung.
- Der Mensch ist nicht nur bereit eigene Verantwortung zu übernehmen, bei entsprechender Anleitung sucht er diese sogar.[112]

Ein Manager, der seine Mitarbeiter nach der Y-Theorie führt, geht davon aus, dass diese ihre Tätigkeit nicht nur des Geldes wegen ausüben. Er bringt ihnen Vertrauen entgegen, lässt ihnen Freiräume und fördert die Zusammenarbeit und das gemeinsame Denken.[113]

Wertung

und Kritik

Mit der X-Y-Theorie wird deutlich gemacht, inwieweit sich das Führungsverhalten des Vorgesetzten durch das Bild des Menschen beeinflussen lässt. Kritik wird an dieser Theorie in Bezug auf die mangelnde empirische Bestätigung geübt, dennoch liefert sie der Führungskraft als Denkmodell wertvolle Ansätze.[114]

2.3 Prozesstheorien der Motivationsforschung

Prozesstheorien

Nachdem im Kapitel 2.2 einige wichtige Inhaltstheorien der Motivationsforschung erläutert wurden, folgt nun die Darstellung der so genannten Prozesstheorien. Sie versuchen zu erklären, wie ein bestimmtes Verhalten zustande kommt und wie der Prozess der Motivation abläuft.

2.3.1 VIE-Theorie von Vroom

Instrumentalitäts-

theorie nach

Vroom

Die VIE-Theorie (V alenz- I nstrumentalitäts- E rwartungs-Theorie) gehört zu den so genannten Erwartungsvalenztheorien, und wurde von Victor H. Vroom entwickelt. Sie kann als das Grundmodell aller neueren Prozesstheorien angesehen werden. Die Ausgangsüberlegung ist hierbei, dass das Individuum die Verhaltensweisen bzw. Alternativen auswählt, von denen es vermutet, dass es dadurch den maximalen Nutzen für sich erzielen kann.[115] Durch eine empirische Studie wurde festgestellt, dass bestimmte Verhaltensweisen bei einem Individuum nur dann aktiviert werden, wenn eine positive Mittel-Zweck-Beziehung zwischen einer Handlung (z. B. Leisten von Überstunden), deren Ergebnis (z. B. Bezahlung) und einem verfolgten Ziel (z. B. Erwerb einer Wohnung) erkennbar ist. Dieser Sachverhalt wird innerhalb der Prozesstheorien als Instrumentalität bezeichnet.[116]

Nach Auffassung von Vroom wählen Menschen ihre Ziele einerseits in Abhängigkeit der von ihnen ausgehenden Reizstärke aus, andererseits berücksichtigen sie aber auch die Wahrscheinlichkeit, mit der dieses Ziel durch eine bestimmte Handlung erreicht werden kann.[117] Den Kern seiner Theorie bilden die drei folgenden Komponenten:

[...]


[1] Vgl. Frey, B., Osterloh, M. 2002, S. 7.

[2] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 166.

[3] Vgl. Tewes, U., Wildgrube, K. 1999, S. 53.

[4] Vgl. Nerdinger, F. 2003, S. 3.

[5] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 117.

[6] Vgl. Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 18.

[7] Vgl. Fakesch, B. 1991, S. 18.

[8] Vgl. Oppermann-Weber, U. 2001, S. 151.

[9] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 22.

[10] Vgl. Heimann, W. 1990, S. 208.

[11] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 117.

[12] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 22f.

[13] Vgl. Schuler, H. 2001, S. 351.

[14] Vgl. Rheinberg, F. 2002, S. 152.

[15] Vgl. Niermeyer, R. 2001, S. 46.

[16] Schanz, G. 1991, S. 73.

[17] Vgl. Nerdinger, F. 2003, S. 22.

[18] Vgl. Frey, B., Osterloh, M. 2002, S. 24.

[19] Vgl. Felser, G. 2002, S. 14.

[20] Vgl. Nöllke, M. 2002, S. 69.

[21] Vgl. Bruce, A., Pepitone, J. 2001, S. 15.

[22] Vgl. Jung, H. 2003, S. 360.

[23] Vgl. Stroebe, R. 1999, S. 30.

[24] Vgl. Schuler, H. 2001, S. 351.

[25] Vgl. Niermeyer, R. 2001, S. 18f.

[26] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 194.

[27] Vgl. Nerdinger, F. 2003, S. 8.

[28] Vgl. Rosenstil, L. von 2001, S. 74.

[29] Vgl. Schuler, H. 2001, S. 351.

[30] Vgl. Schuler, H. 2001, S. 351.

[31] Vgl. Jung, H. 2003, S. 822.

[32] Vgl. Becker, F. 2002, S. 586.

[33] Vgl. Jung, H. 2003, S. 822.

[34] Vgl. Schanz, G. 1993, S. 163.

[35] Vgl. Rahn, H.-J. 2002, S. 428.

[36] Vgl. Klages, H., Hippler, G. 1993, S. 103f.

[37] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 28.

[38] Vgl. Schanz, G. 1993, S. 167.

[39] Vgl. Zander, E. 1995, S. 238.

[40] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 28.

[41] Vgl. Zander, E. 1995, S. 239.

[42] Vgl. Fischer, H. 1995, S. 75.

[43] Vgl. Jung, H. 2003, S. 373.

[44] Vgl. Becker, F. 2002, S. 370.

[45] Vgl. Sprenger, R. 2002, S. 47.

[46] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 124.

[47] Vgl. Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 20.

[48] Vgl. Nerdinger, F. 1995, S. 26.

[49] Vgl. Steinmann, H., Schreyögg, G. 1991, S. 409f.

[50] Vgl. Bisani, F. 1995, S. 654.

[51] Vgl. Rosenstil, L. von, Regnet, E., Domsch, M. 2003, S. 200.

[52] Vgl. Lawler, E. 1977, S. 22.

[53] Vgl. Oppermann-Weber, U. 2001, S. 154.

[54] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 221.

[55] Vgl. Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 21.

[56] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 31.

[57] Vgl. Richter, M. 1989, S. 174f.

[58] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 31.

[59] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 222.

[60] Vgl. Bühler, W., Siegert, T. 1999, S. 58.

[61] Vgl. Rosenstil, L. von, Regnet, E., Domsch, M. 2003, S. 202.

[62] Vgl. Jung, H. 2003, S. 375.

[63] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 222.

[64] Vgl. Scholz, C. 1994, S. 419.

[65] Vgl. Jung, H. 2003, S. 377.

[66] Vgl. Rosenstil, L. von, Regnet, E., Domsch, M. 2003, S. 203.

[67] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 222.

[68] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 132.

[69] Vgl. Becker, F. 2002, S. 183.

[70] Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 24.

[71] Vgl. Richter, M. 1989, S. 175.

[72] Vgl. Drumm, H.-J. 1994, S. 376.

[73] Jung, H. 2003, S. 379-380.

[74] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 133.

[75] Vgl. Bisani, F. 1995, S. 657.

[76] Vgl. Jung, H. 2003, S. 380.

[77] Vgl. Richter, M. 1989, S. 175.

[78] Vgl. Jung, H. 2003, S. 381.

[79] Vgl. Drumm, H.-J. 1994, S. 376f.

[80] Vgl. Becker, F. 2002, S. 603.

[81] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 38.

[82] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 128.

[83] Vgl. Jung, H. 2003, S. 381.

[84] Vgl. Nerdinger, F. 1995, S. 43.

[85] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 39.

[86] Vgl. Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 25.

[87] Vgl. Becker, F. 2002, S. 604.

[88] Vgl. Fakesch, B. 1991, S. 29.

[89] Vgl. Becker, F. 2002, S. 604.

[90] Vgl. Stroebe, R. 1999, S. 82.

[91] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 226.

[92] Vgl. Kropp, W. 1997, S. 129.

[93] Vgl. Drumm, H.-J. 1994, S. 377f.

[94] Vgl. Scholz, C. 1994, S. 420.

[95] Vgl. Steinmann, H., Schreyögg, G. 1991, S. 428.

[96] Vgl. Jung, H. 2003, S. 384.

[97] Vgl. Becker, F. 2002, S. 606.

[98] Vgl. Berthel, J., Becker, F. 2003, S. 26.

[99] Vgl. Rosenstil, L. von, Regnet, E., Domsch, M. 2003, S. 201.

[100] Weinert, A. 1987, S. 271.

[101] Vgl. Hentze, J., Kammel, A., Lindert, K. 1997, S. 134.

[102] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 227.

[103] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 42.

[104] Vgl. Becker, F. 2002, S. 546.

[105] Vgl. Staehle, W. 1999, S. 229.

[106] Vgl. Scholz, C. 1994, S. 427.

[107] Vgl. Jung, H. 2003, S. 388.

[108] Vgl. Bruce, A., Pepitone, J. 2001, S. 26.

[109] Vgl. Bartscher, S., Gaugler, E. 1995, S. 190.

[110] Vgl. Jung, H. 2003, S. 387.

[111] Vgl. Bisani, F. 1995, S. 750.

[112] Vgl. Becker, F. 2002, S. 350.

[113] Vgl. Jung, H. 2003, S. 389.

[114] Vgl. Jung, H. 2003, S. 389.

[115] Vgl. Kressler, H. 2001, S. 44.

[116] Vgl. Fakesch, B. 1991, S. 31.

[117] Vgl. Richter, M. 1989, S. 177.

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Mitarbeitermotivation. Eine kritische Beurteilung betrieblicher Anreizsysteme
Hochschule
Fachhochschule Kaiserslautern  (FB Betriebswirtschaft)
Veranstaltung
Fernstudiengang Bankmanagement
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
112
Katalognummer
V34024
ISBN (eBook)
9783638343534
ISBN (Buch)
9783640898695
Dateigröße
2032 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit versucht, die Frage zu beantworten, wie Mitarbeiter dauerhaft zu motivieren sind bzw. welche Motivationsinstrumente eingesetzt werden sollten.
Schlagworte
Mitarbeitermotivation, Eine, Beurteilung, Anreizsysteme, Fernstudiengang, Bankmanagement
Arbeit zitieren
Jochen Laufer (Autor:in), 2004, Mitarbeitermotivation. Eine kritische Beurteilung betrieblicher Anreizsysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34024

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Mitarbeitermotivation. Eine kritische Beurteilung betrieblicher Anreizsysteme



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden