Cornelius Nepos "Timotheus". Übersetzung und Erläuterung zu Textausschnitt XIII, 1-2,2


Hausarbeit, 2012

19 Seiten, Note: 1, 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Lateinischer Text
2.2 Übersetzung
2.3 Erläuterungen zur Übersetzung und syntaktische Analyse
2.4 Inhaltliche Analyse und deren Ausdruck im Stil Nepos
2.5 Textkritik
2.5.1 Ausgaben
2.5.2 Handschriften
2.5.3 Analytischer Vergleich der Handschriften und Ausgaben
2.6 Vorstellung des Lemmas obsidium mithilfe des Thesaurus

3. Ausblick

4. Bibliographie

1. Einleitung

Non dubito fore plerosque, Attice, qui hoc genus scripturae leve et non satis dignum summorum virorum personis iudicent[...]“ (Nepos,De viris illustribus, I, 1). Mit diesem Satz war Nepos dem Urteil späterer lateinischer Philologen und Autoren schon weit voraus. Daher ist es weniger verwunderlich, dass der römische Historiker bis ins 19. Jahrhundert hinein den verbreitetsten Schulautor personifizierte und in seinem Stil, im Vergleich zu Cicero, den damaligen Zeitgenossen nach, als solcher auch ausreichte1. Jedoch wurde das Urteil über dessen literarische Hinterlassenschaft, welche als künstlerisch anspruchslos, dürftig reflektiert und ungenau galt2, im nachfolgenden Jahrhundert revidiert, als man den verstaubten Historiographen nicht mehr in Relation zur griechischen Gattung der Geschichtsschreibung setzte, sondern zur römischen Biographie á la Sueton. Zudem musste man sich eingestehen, dass die wenigen Fragmente, die aus den Biographien über berühmte Männer, einer Weltgeschichte (Chronica) und weiteren Prosawerken bestehen, kaum ein adäquates Urteil über ihn erlauben. Darüber hinaus wäre eine solche Kritik in Bezug auf den Inhalt auch nicht möglich, ignorierte doch Nepos die Aspekte der römischen Geschichtsschreibung mit seinen Biographien über nichtrömische Feldherren und mit seinem Geschichtswerk über die orientalische sowie griechische Kultur. Daher müssten Stil, Sprache und Struktur ebenso von einer neuen Perspektive her betrachtet werden, da „fast jedes der bekannten Werke des Autors […] ein Novum darstellt“3.

Obwohl mir in der vorliegenden Arbeit noch weniger an Material von Nepos zur Analyse und Erläuterung zur Verfügung stehen, versuche ich dennoch, anhand der Biographie des Thimotheos, Elemente der sprachlichen Besonderheiten, Satzstrukturen, Wortwahl und der Stilistik darzulegen. Zuvor werde ich den untersuchten Textabschnitt im lateinischen Wortlaut wiedergeben, um danach eine mir angemessene Übersetzung nachzustellen.

2. Hauptteil

2.1 Lateinischer Text

Wie in der Einleitung erwähnt, findet sich im Folgenden der lateinische Wortlaut der Textstelle nach MARSHALL. Im Anschluss werden dann grammatikalische Besonderheiten und die Struktur von Satz zu Satz näher bestimmt.

De viris ilustribus XIII Timotheus, 1,1 – 2,2 (MARSHALL)

Timotheus, Cononis filius, Atheniensis. Hic a patre acceptam gloriam multis auxit uirtutibus: fuit enim disertus, impiger, laboriosus, rei militaris peritus neque minus ciuitatis regendae. Multa huius sunt praeclare facta, sed haec maxime illustria. Olynthios et Byzantios bello subegit. Samum cepit: in qua oppugnanda superiori bello Athenienses mille et ducenta talenta consumpserant, id ille sine ulla publica impensa populo restituit. Aduersus Cotum bella gessit ab eoque mille et ducenta talenta praedae in publicum rettulit. Cyzicum obsidione liberavit. Ariobarzani simul cum Agesilao auxilio profectus est, a quo cum Laco pecuniam numeratam accepisset, ille civis suos agro atque urbibus augeri maluit quam id sumere, cuius partem domum suam ferre posset. Itaque accepit Crithoten et Sestum. Idem classi praefectus circumuehens Peloponnesum, Laconicen populatus, classem eorum fugauit, Corcyram sub imperium Atheniensium redegit sociosque idem adiunxit Epirotas, Athamanas, Chaonas omnesque eas gentes, quae mare illud adiacent. Quo facto Lacedaemonii de diutina contentione destiterunt et sua sponte Atheniensibus imperii maritimi principatum concesserunt, pacemque iis legibus constituerunt, ut Athenienses mari duces essent. 4

2.2 Übersetzung

Timotheos, Sohn des Konon, aus Athen. Dieser hat den von seinem Vater empfangenen Ruhm durch viele Tugenden vergrößert: denn er war redegewandt, eifrig, arbeitsam, erfahren im Kriegswesen und nicht weniger fähig zur Lenkung des Staates. Zahlreiche seiner Taten sind bekannt, aber dieses am bedeutendsten: durch einen Krieg unterwarf er Olynth und Byzanz. Er nahm Samos ein: bei deren Bestürmung im vorherigen Krieg hatten die Athener 1200 Talente vergeudet, aber jener hat diese ohne irgendwelche Kosten für die Öffentlichkeit an das Volk zurückgebracht. Er führte Krieg gegen Kotys und durch diesen brachte er für den Staat 1200 Talente an Beutegeld wieder zurück. Er befreite die Stadt Kyzikos von ihrem Belagerungszustand. Zugleich kam er mit Agesilaos Ariobarzanes zu Hilfe, nachdem Spartaner von diesem bares Geld empfangen hatte. Jener aber wollte lieber dass seine Bürger mit Land und auch Städten einen Zuwachs erhalten als dieses Geld, von dem er seinen Teil in sein Haus hätte tragen können, anzunehmen. Daher empfing er Krithote und Sestos.

Nachdem er an der Spitze der Flotte bei der Umseglung der Peloponnes Raubzüge in Lakonien unternommen hatte, hat derselbe deren Flotte in die Flucht geschlagen, holte Korkyra unter die Herrschaft Athens zurück und fügte zugleich die Epiroten, Athamanen, Chaonier und die Stämme, die an jenes Meer angrenzen, als Bundesgenossen hinzu. Deswegen ließen die Spartaner von dem lang andauernden Kampf ab, gewährten freiwillig den Athenern die Hegemonie auf dem Meer und beschlossen den Frieden durch diese Gesetze, damit die Athener die Herrschaft zu See innehaben.

2.3 Erläuterungen zur Übersetzung und syntaktische Analyse

Gleich zu Beginn der Textstelle fiel mir eine Besonderheit für Nepos Werkde viris illustribusauf. Wie bei den anderen Biographien fehlt hier das Verb, wodurch das Profil des jeweiligen Feldherrn steckbrieflich mit Name, Herkunft und Abstammung abgehandelt wird. Um die Originalität des Autors beizubehalten, habe ich mich bei der Übersetzung an die Satzstruktur des Autors gehalten. Im nachfolgenden Satz muss beiimpigersowielaboriosusbedacht werden, dass beide Wörter im Sinne einer Tätigkeit gebraucht werden, im Deutschen aber nicht adäquat wiedergegeben werden können und ich sie daher mit eifrig bzw. arbeitsam zu deuten versuchte. Dabei soll ersteres eine Art feurigen Eifer ausdrücken, während Nepos mitlaboriosusdie Beharrlichkeit des Thimotheus betonen wollte.

Auch im nächsten Satz wird die Schlichtheit und Kürze deutlich, wenn Nepos über eine Partizipialkonstruktion (aceptam gloriam), statt mittels eines Relativsatzes den Ruhm des Vaters unterzubringen versucht. Auch hier hab ich mich bei meiner Übersetzung am lateinischen Text orientiert und dasselbe im Deutschen über ein Verbalsubstantiv wiedergegeben. Eine ähnliche Übersetzung findet sich dann auch bei den Phrasen rei militäris und minus civitatis regendae. Im 2. Teil scheint eine entsprechende Wiedergabe von sunt praeclare facta im Sinne von berühmt gemacht worden eher weniger sinnvoll, weswegen ich das Verb als Taten substantiviert habe und praeclare zum Adjektiv wird. BREMI zufolge ist facta „gedoppelt construiert, als Participium, weil es das Adverbium praeclare mit sich führt, als Substantivum, weil das Adverbium huius dabei steht“5. Eine derartige Strukturierung sei aber unter römischen Autoren wie Cicero keine Seltenheit und damit bei Nepos keine Besonderheit. Solche substantivisch gebrauchten Partizipien können ferner mit einem Adjektiv oder mit einem Adverb gebildet werden.

Die nachfolgenden griechischen Polis scheinen entweder durch Nepos selbst oder durch die späteren Abschriften in ihrer Kongruenz den grammatischen Grundregeln bzw. von Nepos für die lateinischen Sprache angepasst worden zu sein.Olynthios(griechisch ÓZuv0oç) undByzantios(BuÇávıto[v]) würden als Akkusativ Plural der antiken Vorstellung eines Staatsvolkes entsprechen, wodurch diese Phrase, wie bei CaesarsBellum Gallicum,entweder mit dem Staatsnamen oder mit dem jeweiligen Volk wiedergegeben werden kann. Doch mit dem nachfolgendenSamumbricht der Autor seinen eigenen Stil wieder und kehrt zur Polis als Stadtstaat und damit zur Einzahl zurück. Meine Meinung bewegt er sich eher in die Richtung BREMIS, welcher meint, sogar davon ausgeht, dass die römischen Autoren, bis auf wenige Ausnahmen, „den unbekannten und barbarischen Namen gern ihr fremdes Gewand gelassen haben“6 und nur Endungen in wenigen Fällen wieSamum(griechisch Σáµoç) dem lateinischen gleichen. Aber weiter sollte MENGE noch in Betracht gezogen werden, der noch anmerkt, dass auch oft die griechischen Deklinationen ins lateinische übertragen wurden wie z.B. beiCrithoten,welches der dem Akkusativ der konsonantischen oder der a-Deklination entspricht7.

Diese These lässt sich daher auch auf das nachfolgendein qua oppugnandaübertragen. Auf den ersten Blick stimmen die Endungen vonSamumundquanach der lateinischen Kongruenz nicht überein, betrachtet man aber den Umstand, dass die griechischen Inseln allesamt das weibliche Geschlecht haben und der römische Autor dieses übernommen hat, hält sich Nepos an die damalige Norm.

Das von mir nominal übersetzte in qua oppugnanda soll sich nach ENGLMANN und SIEBELIS auf das nachfolgende id beziehen. Dies ist insofern sinnvoll, da in seiner Übersetzung mit in quo oppugnanda 8 die Kongruenz übereinstimmen würde. Aber inhaltlich passt es weniger, da Thimotheos ja nicht die Erstürmung wiederherstellt. Darüber hinaus wäre ein Rückgriff des id auf Olynthos, Byzantios et Samum zu weit gefasst. BREMI hingegen, nimmt hier eine Constructio ad sensum bzw. eine Synese, wodurch das id – wenn man ein „aes oder argentum ergänzt“9 sich auf das mille et ducenta talenta bezieht und der Satz seinen Sinn behält. Ähnliche Konstruktionen finden sich bei Nepos auch bei anderen Stellen, aber auch bei anderen Autoren wie Caesar. Ferner handelt es sich bei bello mit attributiven superiori um einen Ablativus temporis10. Bei publico allerdings, kann es sich um ein locus ubi, im Sinne von „in der Öffentlichkeit wiederherstellen“, handeln oder einem Dativus finalis. Ich hab mich für letzteres entschieden, dadurch aber auch den Aspekt vonrestituitals Wiederherstellen verändert. Auch im nächsten Satz stimme ich mit BREMI überein, derin publicum retulitals den „schicklicheren“11 Ausdruck bezeichnet, da dem typischenaerarium deferrein diesem Fall die Kompensierung der Kosten durch Timotheus inhärent sind, denn von Nepos wurden diemille et ducenta talentahier wieder bewusst zum 2. Mal erwähnt. An dieser Stelle handelt sich zudem in der Verbindung mitpraedaeum ein attributiven Genetivus pretii, der auch in meiner Übersetzung durchscheint.

Im nachfolgenden entfernte ich mich vom Originaltext und übersetztein publicum,statt „in die Staatskasse“12, mit für das Volk, da im Deutschen sonst durch die vorherigenpublica bzw. publicoeine Iteration entstanden wäre. Im nachfolgenden Satz handelt es sich beiobsidionein Verbindung mitliberavitum einen Ablativus separationis, den ich dementsprechend im Deutschen wiedergegeben habe.

Im weiteren Verlauf des Textes tritt nun eine längere Passage hervor, deren Syntax ich in 2 Teile gegliedert und übersetzt habe. Ersteres enthält mitcum Agesilaoum einen Ablativ in Kombination mit einer Präposition. Eine Besonderheit in diesem Satz bildet dasauxilio, welches in Verbindung mit denprofectus esteinen Dativus finalis bildet.Auxiliosoll hierbei jedoch nur verstärkt die Hilfestellung des Timotheus betonen, daprofectus estden Aspekt der Hilfeleistung ohnehin impliziert. Der nachfolgende Relativsatz beginnend mita quoerhält durch dascumeinen adversativen Aspekt, da Timotheos als derjenige dargestellt wird, der sich nicht bestechen ließ, sondern die Reparationen und Zugewinne für das Volk einholte. Und mit diesemcumkann auch der Konjunktiv und das Plusquamperfekt beiacepissterklärt werden, da hier auch die Vorzeitigkeit verdeutlicht werden soll. Weiter findet sich beiLacoeine brachiologisch gebrauchte Form von „Laco(n),onis“ 13.Der Begriffpecuniam numeratamkönnte im Sinnzusammenhang als gezähltes Vermögen auch wörtlich genommen werden, jedoch entschied ich mich für das im Deutschen geläufigere: „bares Geld“. Auch im zweiten Teil dieser Gegenüberstellung muss im Deutschen eine verzerrte Wiedergabe des lateinischenaugerierfolgen. Wie aus der Übersetzung deutlich wird, habe ichmaluitin Verbindung mit einem Accusativus cum infinitivo wiedergegeben. Würdeaugerihierbei wörtlich als passiv genommen und diecives suosals Subjekt im Deutschen, dann hätte es Timotheus lieber gewollt, dass seine Bürger vermehrt worden wären. Aus diesem Grund

[...]


1 Vgl. FRIEDRICH AUGUST,Lateinischer und griechischer Unterricht, S. 207 – 217.

2 Vgl. KRAFFT, Cornelius, Nepos.De viris illustribus. Olef-Krafft Felicitas, S. 417 f..

3 Ebd., S. 418.

4 MARSHALL,Cornelii Nepotis vitae cum fragmentis,S. 42 ff..

5 BREMI, Nepos Cornelius.De vita excellentium imperatorum, S. 180 f..

6 Ebd., S. 262.

7 Vgl. KÜHNER/STEGMANN,Grammatik der lateinischen Sprache, S. 491.

8 ENGLMANN, Cornelius Nepos.Mit Anmerkungen für Schüler, S.45.

9 BREMI a.a.O., S. 162.

10 HOFFMANN,Lateinische Syntax und Stilistik,S. 101.

11 Ebd., S. 163.

12 SIEBELIS, Cornelius Nepos.für Schüler mit Erläuterungen und eine richtige Übersetzung fördernden Anmerkungen versehen, S. 73.

13 STOWASSER,Stowasser. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, S. 286.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Cornelius Nepos "Timotheus". Übersetzung und Erläuterung zu Textausschnitt XIII, 1-2,2
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für alte Sprachen – Klassische Philologie – Lehrstuhl Latein)
Veranstaltung
Nepos
Note
1, 3
Autor
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V340109
ISBN (eBook)
9783668298118
ISBN (Buch)
9783668298125
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cornelius Nepos, Timotheus, Satzstrukturen, Stilistik, De viris illustribus
Arbeit zitieren
Markus Hofbauer (Autor:in), 2012, Cornelius Nepos "Timotheus". Übersetzung und Erläuterung zu Textausschnitt XIII, 1-2,2, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340109

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