Der Zusammenhang von Körper und Gesellschaft

Thesenpapier und Literaturliste für die mündliche Prüfung


Prüfungsvorbereitung, 2013

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Literaturliste

1.These

2. These

4. These

Literaturliste

Thesenübergreifende Grundlagenliteratur:

Alkemeyer, Thomas (2007): Aufrecht und biegsam. Eine Geschichte des Körperkults. In: APuZ 18/2007, S. 6-18

Bröckling, Ulrich (2003): Menschenökonomie, Humankapital. Eine Kritik der biopolitischen Ökonomie, in: Mittelweg 36, 12. Jg./H1, S. 3-22

Duden, Barbara (2008): Frauen-„Körper“: Erfahrung und Diskurs. In: Becker, Ruth/ Kortendiek, Beate (Hg.): Handbuch Frauenund Geschlechterforschung. Wiesbaden: VS, S. 593-607

Foucault, Michel (1977): Sexualität und Wahrheit. Bd. 1: Der Wille zum Wissen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 159-177

Gugutzer, Robert (2010): Soziologie des Körpers. Bielefeld: Transcript Hardt, Michael/ Negri, Antonio (2003): Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt a. M.: Campus, S. 37-55; 300-305 Lemke, Thomas (2007): Biopolitik. Zur Einführung. Hamburg: Junius, S. 9-17; 47-70; 71-100

Lorenz, Maren (2000): Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte. Tübingen: edition diskord, S. 15-41

Schroer, Markus (2005): Zur Soziologie des Körpers. In: ders. (Hg.): Soziologie des Körpers. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 7-26

van der Daele, Wolfgang (2005): Einleitung: Soziologische Aufklärung zur Biopolitik. In: ders. (Hg.): Bioplitik. Leviathan Sonderheft 23/2005, S. 7-41

Villa, Paula-Irene (2006): Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper. Wiesbaden: VS Villa, Paula-Irene (2008a): Körper. In: Baur, Nina/ Korte, Hermann/ Löw, Martina/ Schroer, Markus (Hg.): Handbuch Soziologie. Wiesbaden: VS, S. 201-218

Villa, Paula-Irene (2009): Feministische und Geschlechtertheorien. In: Kneer, Georg/ Schroer, Markus (Hg.): Handbuch Soziologische Theorien. Wiesbaden: VS, S. 111-132

Literatur zu den einzelnen Thesen:

1. These:

Villa, Paula-Irene (2008b): Einleitung – Wider die Rede vom Äußerlichen. In: dies. (Hg.): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Bielefeld: transcript, S. 7-19

Villa, Paula-Irene (2008c): Habe den Mut, Dich Deines Körpers zu bedienen! Thesen zur Körperarbeit in der Gegenwart zwischen Selbstermächtigung und Selbstunterwerfung. In: dies. (Hg.): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Bielefeld: transcript, S. 245-272

2. These:

Klotter, Christoph (2008): Von der Diätetik zur Diät – Zur Ideengeschichte der Adipositas. In: Schmidt-Semisch, Henning/ Schorb, Friedrich (Hg.) (2008), S. 21-34

Kreisky, Eva (2008): Fitte Wirtschaft und schlanker Staat: das neoliberale Regime über die Bäuche. In: Schmidt-Semisch, Henning/ Schorb, Friedrich (Hg.) (2008), S. 143-161

Schmidt-Semisch, Henning/ Schorb, Friedrich (Hg.) (2008): Kreuzzug gegen Fette. Sozialwissenschaftliche Aspekte des gesellschaftlichen Umgangs mit Übergewicht und Adipositas. Wiesbaden: VS Schorb, Friedrich (2008): Keine „Happy Meals“ für die Unterschicht! Zur symbolischen Bekämpfung der Armut. In: Schmidt-Semisch, Henning/ ders. (Hg.) (2008), S. 107-124

Villa, Paula-Irene/ Zimmermann, Katharina (2008): Fitte Frauen – Dicke Monster? Empirische Exploration zu einem Diskurs von Gewicht. In: Schmidt-Semisch, Henning/ Schorb, Friedrich (Hg.) (2008), S. 171-189

3. These:

Posch, Waltraud (2009): Projekt Körper. Wie der Kult um die Schönheit unser Leben prägt. Frankfurt a. M.: Campus

4. These:

Maasen, Sabine (2008): Bio-ästhetische Gouvernementalität – Schönheitschirurgie als Biopolitik. In: Villa, Paula-Irene (Hg.) (2008): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Bielefeld: transcript, S. 99-118

Meili, Barbara (2008): Experten der Grenzziehung – Eine empirische Annäherung an Legitimationsstrategien von Schönheitschirurgen zwischen Medizin und Lifestyle. In: Villa, Paula-Irene (Hg.) (2008): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Bielefeld: transcript, S. 119-142

1.These

Die 1. These wird aus dem Aufsatz von Villa „Habe den Mut dich deines Körpers zu bedienen“ formuliert. Dieser Aufsatz ist der letzte Beitrag in ihrem Buch „Schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst.

Die Einleitung hat Villa verfasst und wird nachstehend kurz skizziert, das Allgemeine bzw. die verschiedenen Perspektiven sind für die 1. These als Hintergrundwissen nützlich.

Einleitung:

Man denke an Nachmittagsfernsehsendungen wie Spieglein, Spieglein …Die Menschen machen alles, um sich zu verwandeln in die, die sie sein sollen.

Was zeigt das Buch:

die äußerliche Körperarbeit ist immer auch Arbeit am sozialen Selbst sie ist Selbstermächtigung aber auch Unterwerfung unter gnadenlose Normen die ‚Arbeit am Selbst’ ist keine rein subjektive, individuelle ‚Privatangelegenheit’ von souveränen, handlungsrationalen, freien und selbstbewussten Menschen, sondern die Entscheidungen über den eigenen Körper sind hochgradig normativ es geht um die Gleichzeitigkeit von individueller Autonomie einerseits und Beherrschung des Individuums andererseits (diese Gleichzeitigkeit ist auch Thema von Villas Aufsatz und wird Thema unserer 1. These)

es geht um Normalisierungsarbeit wegen gesellschaftlicher Teilhabe, Zugehörigkeit, Anerkennung (Davis, Gilman)

wer sich nicht dauernd optimiert und hart an sich selbst arbeitet, verdient keine Anerkennung (Bröckling)

Dicksein = Mangel an Selbstbeherrschung (Morgan)

Schönheitschirurgie stiftet eine besondere und qualitativ neue Form von Sozialität = normatives Gemeinwohl und Autonomie (Maasen)

Legitimationsstrategien der Schönheitschirurgen (Meili)

wer sich nur noch um seinen Körper kümmert (Körperwahn) verliert sich selbst (Fleig)

künstlerische Verschmelzung von Schmerz und Ästhetik wirkt provozierend (Brunner)

der Spruch „schön mache ich mich für mich und nur für mich“ stimmt nicht, denn Schönheitshandeln ist Kommunikation und Verhandlungspraxis um den eigenen sozialen Ort (Degele)

der eigene Körper wird zum verwaltbaren und optimierbaren Gegenstand – aufgezeigt anhand Kinderwunschbehandlungen (Ullrich)

es passiert eine Objektivierung des Körpers (Barbara Duden) = unausweichliche Gleichzeitigkeit von Körper-Haben und Leib-Sein

die bioethischen Fragen: ob wir das, was wir können auch dürfen und sollen, werden in dem Buch nicht behandelt, es geht um die normativen Körpermanipulationen, ihre Praxen und Deutungen

Villa schreibt in der Einleitung: These dieses Buches: Selbst-Ermächtigung (als Versprechen der Moderne, Beck, Beck-Gernsheim) und Selbst-Unterwerfung (wie Max Weber, die kritische Theorie oder Foucault die rationalisierte Moderne kennzeichnen) passieren gleichzeitig

Die emanzipative Vision von Selbstermächtigung, wie die feministische der Zweiten Frauenbewegung, können ins Gegenteil, d. h. in Selbst-Beherrschung kippen (siehe Aufsatz Villa)

Empörung und bildungsbürgerliche Abwehraffekte (z. B. hinsichtlich der Sendung The Swan) sind allzu einfache Reaktionen im Modus des Herrschenden. Wer nämlich dazugehört – zum Arbeitsmarkt, Familie, Wissenschaft usw. – und Anerkennung genießt, der hat nicht nur leicht reden, sondern sehr wahrscheinlich auch den angemessenen Körper (Maasen).

1. These:

Körperarbeit ist Selbst-Ermächtigung und gleichzeitig Selbst-Unterwerfung.

Zahlen: 700 bis 900 Tausend Menschen pro Jahr unterziehen sich bei uns einer plastischen Operation, in Amerika ca. 11.8 Millionen Eingriffe allein im Bereich der kosmetischen Chirurgie.

Die gegenwärtige Thematisierung der plastischen Chirurgie, etwa in den Medien oder in der Politik, fordert zu Grenzziehungen heraus, eben weil sie diese in Frage stellt (z. B. Debatte in 2008 über gesetzliches Verbot der Anwendung der plastischen Chirurgie bei Minderjährigen, wenn sich etwa eine 15-Jährige den Busen vergrößern lassen will Gesetz m. E. zwischenzeitlich durch).

Die gesellschaftliche Modernisierung (ist im Kern Reflexivierung) setzt Handlungsoptionen frei: sie eröffnet Handlungsspielräume und Alternativen zu vormals vorgegebenen Pfaden, bringt aber Menschen zugleich nicht nur in Handlungszwänge und Rechtfertigungsnöte, sondern tut dies immer auch in einem herrschaftsförmigen Rahmen.

(Tue ich etwas? Was tue ich? Tue ich es nicht?)

Handlungsspielraum = Kampf um Deutungshoheit: Wer darf was, wann, warum (nicht)? Es macht einen Unterschied hinsichtlich Fragen der sozialen Legimitation, der wirtschaftlichen Dimension, der Verfügbarkeit von Optionen usw. ob Menschen einen chirurgischen Eingriff mit dem eitlen Streben nach ‚Schönheit’ und individuellen Wohlgefühl begründen (wird unter Begriff ‚Schönheitschirurgie’ verhandelt) oder ob sie aus einer Position des krankmachenden Leidensdrucks handeln, der sie zudem in ihrer sozialen Teilhabe beschränkt (wird unter dem Begriff ‚plastische Chirurgie’ verhandelt). (z. B. auch die Frage, ob die Krankenkasse die Kosten übernimmt usw.)

Auf die plastische Chirurgie gewendet werden folgende Fragen virulent: Geht es noch um Medizin oder um Lebensstil und Optimierung? Sind die betroffenen Menschen Patienten oder Kunden? Sind sie Opfer eines perversen Körperkults, der auf die Zurichtung wettbewerbsfähiger Körper abzielt, oder sind diese Menschen besonders selbstbewusste, handlungsmächtige Personen, die ihren Körper selbst in die Hand nehmen, also eine souveräne Selbstregierung praktizieren?

Die Arbeit am Körper führt auch zu einer neuen Geschlechterdifferenz: die Geschlechterdifferenz wird nicht als Ausdruck einer inneren Natur inszeniert, sondern es geht darum, die mühsame Arbeit ihrer Herstellung offensiv zur Schau zu stellen und erst dadurch zu einem geschlechtlichen Subjekt von Gewicht (frei nach Butler) zu werden. Die Körpermanipulationen folgen spezifischen normativen Mustern.

Aber das ist noch nichts Neues, denn die Natürlichkeit der Geschlechterdifferenz, ihre ‚Wohlgeformtheit’ (vgl. Lindemann) war immer schon eine Natur haftigkeit, die sozial hergestellt wird (und wurde). Die Erzeugung der Geschlechterdifferenz qua sozialer Praxen und im Kontext realitätsmächtiger Diskurse ist also nicht neu = historische Kontinuitätslinie.

Was ist aber Neu: das Optimierungsgebot. Körperarbeit, auch die geschlechtlich relevante, folgt zunehmend der Logik eines „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling 2007), das unter dem „Gebot der permanenten Selbstverbesserung im Zeichen des Marktes“ steht.

Die feministische Selbstermächtigung qua Körper – „Mein Bauch gehört mir“ – ist im Kontext einer Individualisierungsideologie zum Geburtshelfer geworden für eine radikal individualistische Manipulation des Körpers, die oft nicht weiß um die sozialen Zwänge, die jede noch so autonome Entscheidung mitkonstituieren.

(Den Zusammenhang mit der Zweiten Frauenbewegung wird an Ende noch erklärt.)

Also: Die Beherrschung des Selbst durch die bewusste Manipulation des Körpers im Dienste hegemonialer Normen ist also die eine Seite der Medaille, deren andere Seite ist die Selbstermächtigung durch die Verfügbarkeit des eigenen Körpers.

Friseur, Permanent Make-up, Botox-Spritze und chirurgische Brustvergrößerung = alles Körpermanipulation = eine Linie. Über unseren Körper können wir verfügen, wir haben einen Körper und wir sind zudem ein Leib (Gugutzer 2004, 146 ff und Villa 2007) und zwar beides gleichzeitig und gleichursprünglich. Die leibliche Dimension ist jedoch weitaus weniger instrumentell verfügbar als der Körper, da sie das subjektive Binnenerlebnis bezeichnet, zu der keine Distanz möglich ist.

An der Verfügbarkeit des Körpers entzünden sich dann ethische Fragen: Wie sehr ist unsere körperliche Natur verfügbar? Wie sehr können wir mit ihr instrumentell umgehen?

Beispiel: Höherzüchtung des Menschen, Orientierung am Ideal des ‚perfekten Menschen’, jedoch bilden Perfektion und Menschlichkeit keinesfalls einen logischen Zusammenhang, oder Argument ‚Gott’ zu spielen usw.

Unstreitig, aufgrund unserer menschlichen Kreativität können wir unseren Körper gestalten, aber noch so individuelle, ja intime Verfügungen über den eigenen Körper sind immer durchtränkt von gesellschaftlichen Normen, von Traditionen, strategischen Kalkülen.

Das Äußerliche (Korsett, lange Haare, Kleidung usw.) hängen immer zusammen mit wirkmächtigen gesellschaftlichen Ordnungsdiskursen. Es geht immer um die angemessene Verkörperung sozialer Positionen, auch wenn evtl. unbewusst.

Aber es gilt einen genauen Blick auf die spezifischen Körperpraxen zu werfen, manche sind evtl. problematisch und müssen kritisierbar sein.

In einer Sendung wie Spieglein, Spieglein… mutiert ein chirurgischer Eingriff zur Wellness-Dienstleistung am Kunden. Darin liegt die Dramatik der Sendung. Das bessere Lebensgefühl, das versprochen wird, ist immer gekoppelt mit einem erfolgreicheren Leben. Und dazu muss man beständig den Körper optimieren.

Zusammenhang der Zweiten Frauenbewegung und der aktuellen Körperarbeit:

Die Zweite Frauenbewegung steht in einem direkten, wenn auch ungewollten Zusammenhang mit der aktuellen Körperarbeit, wie sie auch in der Nutzung der plastischen Chirurgie zum Ausdruck kommt. Warum:

Die Zweite Frauenbewegung hat die Gesellschaft modernisiert, das heißt nichts anderes, als dass sie Wissensund Deutungsbestände zur öffentlichen Debatte gemacht hat.

Was ehemals eine ‚natürliche’ Tatsache war, wird verhandelbar und verhandlungs bedürftig, es wird eine Unsicherheit hergestellt (Giddens), damit werden Aspekte der Lebensgestaltung verfügbar.

Es geht darum, ‚natürliche Tatsachen’ als ‚von Menschen gemachte’ sichtbar zu machen.

Die Verfügbarkeit führt zu Selbstermächtigung, aber die Selbstermächtigung ist immer verstrickt in Herrschaftskonstellationen, denn Alternativen sind immer normativ konstituiert.

Das Recht auf das eigene Leben betrifft nicht nur die Berufswahl, die Form der Partnerschaft oder die Aufteilung der Hausarbeit. Sie betrifft auch das Recht auf den eigenen Körper, das Recht über die eigene Natur nachzudenken und diese für sich zu beanspruchen. So spielt der Geschlechtskörper bei der Zweiten Frauenbewegung eine wichtige Rolle.

Die Erkenntnis zum Ausdruck zu bringen, dass das Private – der Körper – politisch sei, war eine der sichtbarsten und nachhaltigsten Reflexivierungs-Strategien der Zweiten Frauenbewegung (siehe Bild von den Frauen mit der Schrift auf dem Bauch: mein Bauch gehört mir).

Fast alle Forderungen der Frauenbewegung konzentrierten sich auf das Körperliche und so Duden, diese Konzentration bedeutete die theoretische Ent-Naturalisierung des Frauen-Körpers. Damit wurde der weibliche Körper zu einer Ressource, zu etwas, dessen man sich bedienen konnte.

In den feministischen Bewegungen spielt die Kritik an Schönheitsnormen und der Normierung von Frauenkörpern in den Medien eine zentrale Rolle. Dabei war die öffentliche Sichtbarmachung ‚normaler’ Körper zentral.

Der feministische Versuch Selbstermächtigung qua Körper zu erlangen und dies mittels der Sichtbarmachung un-normierter Körper zu tun, war auch der Versuch, den Körper als einen gelebten Ort der Möglichkeiten zu öffnen (Butler).

In den gegenwärtigen Inszenierungen geschlechtlich markierter Körper, z. B. in den Massenmedien, wird ein gegenteiliges Normalitätskonzept praktiziert und propagiert (wird später noch erklärt).

Fazit: Feministische Selbstbestimmung und Selbstermächtigung hat faktisch – wohl entgegen jeglicher Absicht – den Weg bereitet für die „Sorge um sich“ im foucaultschen Sinne, für die Verwandlung von Frauen in Klientinnen des Gesundheitssystems, in Risikoträgerinnen und Patienten, die sich dauernd selbst beobachten und bewerten müssen. Feministische Körperpraxen haben gewissermaßen ihren historischen Anteil an der Normalisierung der Selbstbeobachtung, der Selbstkontrolle und der Selbstregulierung, die für die gegenwärtige „Optimierung durch Selbstbestimmung“ typisch sind (also alles unter dem Deckmantel „Normalisierung“).

Sendung The Swan: es geht um Normalisierung qua Optimierung. Was normal ist, wird vorgegeben und nicht selbst entschieden. Nachdem bei den Kandidatinnen das Intimste öffentlich wird (sie werden befragt, gemessen und gewogen und müssen sich selber befragen und prüfen), wird möglichst viel offenbart und damit verfügbar gemacht. Durch das Verfügbare schlägt die Selbstermächtigung in Selbstbeherrschung um.

Hatten Frauenbewegung und Frauenund Geschlechterforschung auf ein Normalitätskonzept gesetzt, welches von der realen und Vielfalt der weiblichen Körper als Maßstab von Normalität ausging, so setzt die Logik der plastischen Chirurgie an einer imaginären, ideologischen Norm an. Maße wie BMI oder Frauen wie Verona Feldbusch-Pooth geben die Norm vor, an denen sich die Frauen zu messen haben.

Neu an einer Sendung wie The Swan ist, dass es weniger um das Ergebnis geht als vielmehr um den arbeitsreichen Weg der beständigen, schmerzhaften, sich an Experten orientierenden, dabei aber immer den eigenen Willen beschwörenden Arbeit an sich – und das alles entsprechend voyeuristisch inszeniert.

Der Prozess der Annäherung an Normen beschreibt Butler als Subjektivierung; Villa nennt dies in der Soziologie Vergesellschaftung bzw. Sozialisation.

So bedeutet Subjektwerdung einen doppelten paradoxen Prozess: gleichzeitige Unterwerfung unter phantasmatische, normative Ideale und Erlangung von Existenzmöglichkeit (Intelligibilität). Subjekte sind dabei keine konkreten, realen Personen, sondern diskursive Positionen, exemplarisch beispielsweise Anreden oder Titel: Frau, Schwuler, Dozentin usw. Und solch einen Platz einzunehmen, geschieht vorrangig auch körperlich.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang von Körper und Gesellschaft
Untertitel
Thesenpapier und Literaturliste für die mündliche Prüfung
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Soziologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
31
Katalognummer
V340039
ISBN (eBook)
9783668293434
ISBN (Buch)
9783668293441
Dateigröße
591 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Body Politics, Gender Studies, Projekt Körper, Körpersoziologie
Arbeit zitieren
Verena Fendl (Autor:in), 2013, Der Zusammenhang von Körper und Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340039

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