Partizipation des Vaters an der Kleinkinderziehung


Hausarbeit, 2001

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Historischer Überblick über Vaterschaft

3. Die neuen Väter ?!
3.1 Ihre Bedeutung für das Kind
3.2 Entwicklung eines neuen Rollenkonzeptes
3.3 Überblick über die derzeitige Partizipation

4. Ursachen und Gründe für eine mangelnde Partizipation
4.1 Eigenschaften und Persönlichkeit des Vaters
4.2 Soziale Faktoren
4.3 Verhalten und Rolle der Partnerin
4.4 Einfluss des Kindes

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ein Vater, der Kinder zeugt und sie großzieht, erfüllt damit nur ein Drittel seiner Aufgabe. Seiner Gattung schuldet er Menschen, seiner Gesellschaft schuldet er gemeinschaftsfähige Menschen, und dem Staat schuldet er Bürger. Jeder Mann, der in der Lage ist, diese dreifache Schuld zu zahlen, und es nicht tut, ist schuldig und noch schuldiger vielleicht, wenn er sie nur zur Hälfte zahlt. Derjenige, der unfähig ist, die Aufgabe eines Vaters zu erfüllen, hat nicht das Recht, Vater zu werden. Weder Armut noch Arbeit, noch menschliche Rücksichten entbinden ihn von der Pflicht, seine Kinder zu ernähren und sich selbst zu erziehen.“[1]

Diese Anleitung zur verantworteten Vaterschaft mag einem zunächst zwar recht nachvollziehbar erscheinen, die Tatsache, dass sie bereits vor über 200 Jahren gegeben wurde, dürfte allerdings sehr erstaunen. Während sich das Konzept der Vaterrolle vor allem in den letzten Jahrzehnten erheblich gewandelt hat und man gegenwärtig wieder nach einer sinnvollen Definition des Vaterbegriffs sucht, ist es fast unwirklich, dass Rousseaus Worte, die ja den Weg in die richtige Richtung weisen, im Laufe der Zeit anscheinend in Vergessenheit geraten sind. Besonders beeindruckt vor allem die Erkenntnis, dass Kinder, die aus einem Mann ja erst einen Vater machen auch zu einer Erziehung seiner eigenen Person beitragen. Zwar sind vor allem für die Verwirklichung der aktiven Vaterschaft grundlegende Veränderungen des Lebens beider Elternteile gewiss, von einer parallelen Entwicklung beider Rollen kann jedoch keine Rede sein.

Einer Untersuchung der Universität Bamberg zufolge deutet zumindest in Zukunft alles auf eine zunehmende „Familialisierung und Verhäuslichung“[2] der neuen Väter hin. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg und während die Initiative der Frauen in die Berufstätigkeit immer forcierter wird, hat man anscheinend übersehen, dass die Väter in der Kindererziehung längst nicht gleichberechtigt beteiligt sind. Vor allem in der Betreuung und Pflege der Kleinkinder bis zum Alter von vier Jahren sind, selbst im 21.Jahrhundert immer noch die allerwenigsten Väter angemessen partizipiert. Die Mütter proklamieren mangelndes Verantwortungsbewusstsein, Karrierefixiertheit, Lustlosigkeit oder Faulheit und die Väter selbst argumentieren über ihre Ausgeschlossenheit, Unwissenheit oder über die biologische Definition.

Vorliegende Arbeit möchte diese Aussagen prüfen und die verschiedenen Gründe für geringes väterliches Engagement im Vorschulalter benennen.

2. Historischer Überblick

Im Hinblick auf die unterschiedliche Rolle des Vaters in den verschiedenen Klassen und Ständen in der Zeit bis zur Französischen Revolution, scheint eine chronologische Vorgehensweise in diesem Zusammenhang weniger sinnvoll, als eine sozio-strukturelle Abhandlung.[3]

So hatte der Vater eines Kleinkindes in der bäuerlichen Familie des Mittelalters in dessen Betreuung und Pflege lediglich die Aufgabe, Entscheidungen zu treffen und überließ die Ausführung und Ausgestaltung der Erziehung nahezu völlig der Mutter. Obwohl er im Gegensatz zu den Vätern des beginnenden 20. Jahrhunderts beispielsweise maßgeblich am Vorgang der Geburt beteiligt war, überließ er doch danach der Frau sämtliche Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Säugling standen. Nach circa drei Monaten wird dem Vater zumindest symbolisch eine Funktion in der Mutter-Kind-Beziehung eingeräumt. Das Baby wird ab dieser Zeit erstmals mit Getreide und Früchten gefüttert, die der Vater angebaut und geerntet hat. Im allgemeinen waren Kinder im Mittelalter einer emotionalen Begründung völlig entzogen, das Bild des Kindes ein anderes. Kinder waren die Sicherung des Lebensabends oder die Erben des Hab und Guts, dass man sich über die Jahre hinweg erarbeitet hatte, nicht der bewusste Schritt zur Selbstverwirklichung oder emotionalen Bereicherung. Das Neugeborene eines bäuerlichen Vaters ist für ihn „Scheisser, Pisser, Rotznase“[4] und muss in den ersten Monaten im Wesentlichen davor bewahrt werden, den „Rückfall in das Daseins des Tieres“[5] zu vollziehen.

Im adligen Verständnis hingegen war der Vater alleiniger Erzeuger des Kindes, der Körper der Frau diente lediglich als Herberge für den Fötus. „Der Mann, dem Wissen gegeben ist, wird nur willentlich Vater. Die Frau kann, selbst wenn ihr Wissen gegeben ist, unwillentlich Mutter werden. Das Kind hat weder Willen noch Wissen, geboren zu werden.“[6] Aus diesem Grund wird auch verständlich, warum ein Adliger von seiner Magd in der Tat einen adligen Nachkommen geschenkt bekommen konnte, nicht aber eine Adlige vom Knecht. Nach der Geburt entschied der Ehemann somit über alle Fragen, die das Kind betrafen, um seine adlige Herkunft zu sichern. Dazu zählte auch der offizielle Entscheid, dass der Säugling in den seltensten Fällen gestillt werden sollte, da der Vater nicht bereit war den Körper seiner Frau mit einem „quengelnden und dreckigen“[7] Baby zu teilen. „Darüber hinaus glaubte man, daß das Kind bis zum Verstandesalter unzurechnungsfähig und ein kleines Tier sei, und das eine Amme für die Aufzucht genüge.“[8] Nach dem Kleinkindalter allerdings nahm der Vater die Erziehung völlig in die Hand, wenn auch von einer ständigen Betreuung nicht die Rede sein konnte, da die Kinder zumeist in Internaten betreut wurden und nur bei Bedarf zu sehr feierlichen Treffen mit dem Vater nach Hause kamen.

Die Französische Revolution hatte mit dem code zivil alle Werte, die bis dato in den Familien galten abrupt umgekehrt. Die Mündigkeit des Kindes wurde zum Beispiel in einem Gesetz vom September 1792 auf 21 Jahre festgesetzt und damit der väterlichen Einflussnahme zeitliche Grenzen gesetzt.

Mit der Industrialisierung erlitt sowohl das gesamtgesellschaftliche Ansehen der Vaterfigur, als auch seine Machtposition innerhalb der Familie großen Schaden. Durch die außerhäusliche Berufstätigkeit war dem Vater der direkte Einfluss auf die Kindererziehung und die Ausbildung seiner Söhne versagt. „Die Gewalt eines Vaters über sein Kind war an sich nicht mehr unberührbar; sie wurde explizit Kriterien der Sicherheit und des öffentlichen Nutzens unterworfen und der Kontrolle des Kollektivs unterstellt.“[9] Und langsam verlagerte sich das Gravitationszentrum der Familie mehr und mehr auf die Mütter.

In der patriarchalischen Gesellschaft waren emotionale Beziehungen zwischen dem Vater und seinem Kind, wenn auch nicht mit Verboten belegt, so doch verhalten und reserviert. Nun, da er die Position des allmächtigen Herrschers der Familie aufgegeben hatte und außerdem weniger Kinder in einer Familie Platz fanden, wurde allmählich ein öffentlich liebevolles und zärtliches Verhältnis in der Vater-Kind-Interaktion möglich. Doch genau dies brachte die Unsicherheit der Männer in ihrem Verhalten ans Licht. Bisher hatte sich die Vaterschaft „auf ungeschriebene und geschriebene Gesetze stützen können“[10], nun verlangte sie eine völlig neue Gestaltung, die sich auf die Gefühle des Mannes bezog, und Emotionen kennen schließlich keine Strukturen.

Wichtiger Wendepunkt in historischer Sichtweise ist Rousseaus Werk „Émile“ über die Feststellung, „dass Erziehung keine qualvolle Dressur, sondern ein freudiges Fest sein darf, im Verlauf dessen der Erwachsene die Sinne, das Herz und den Verstand des Kindes zur Entfaltung bringt...“[11].Zahlreiche Väter der Aufklärung nahmen sich dies zum Vorbild für eine väterliche Liebe anstelle der väterlichen Macht gegenüber ihren Kindern.

Mit dem Gesetz des 4.Juni 1970 über die elterliche Autorität wurde dem Vater schließlich die Position des Familienoberhaupts entzogen. Von nun an galt es die Rolle des Vaters neu zu definieren und nach den wirklichen positiven Aspekten der Vaterschaft zu suchen. Vor allem in der Säuglingsbetreuung musste es nun überdacht werden, warum man die Mutter-Kind-Bindung in dieser Weise als natürlich ansieht und den Vater dabei von Anfang an ausschließt.

[...]


[1] Beer, 1978, S. 21

[2] www.uni-bamberg.de, 2001

[3] Vgl. Knibiehler, 1996

[4] Knibiehler, 1996, S.117

[5] ebd.

[6] Knibiehler, 1996, S. 141

[7] Knibiehler, 1996, S. 139

[8] Knibiehler, 1996, S. 140

[9] Knibiehler, 1996, S. 174

[10] Knibiehler, 1996, S. 200

[11] Knibiehler, 1996, S. 202

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Partizipation des Vaters an der Kleinkinderziehung
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart  (Sozialwesen)
Veranstaltung
Familiensoziologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V3400
ISBN (eBook)
9783638120838
Dateigröße
1896 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vaterschaft, Kleinkind, Erziehung
Arbeit zitieren
Tina Weil (Autor:in), 2001, Partizipation des Vaters an der Kleinkinderziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3400

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