Moral, Sozialisation und Kommunikation


Seminararbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Moralentwicklung
2.1 Moralentwicklung nach Jean Piaget
2.2. Die Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg
2.2.1 Das 6-Stufen-Modell der Moralentwicklung
2.3 Vergleich der Modelle von Piaget und Kohlberg

3. Bezug zu Sozialisation und Kommunikation
3.1 Moral und Sozialisation
3.1.1. Das Lernen von Werten und Normen
3.2 Moral und Kommunikation

4. Schlussbetrachtung / Kommentar

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Was ist Moral?

Der Begriff Moral wird in unserer Alltagssprache sehr häufig und sehr selbstverständlich gebraucht, ohne dessen Inhalt zu hinterfragen oder ihn genau zu definieren. Daher sollen zur Einführung zwei allgemeine Definitionen des Begriffes Moral gegeben werden, wie er in Standardlexika erklärt wird.

1. Duden, Fremdwörterbuch[1]

Moral

- Gesamtheit von ethisch-sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Verhalten einer Gesellschaft regulieren, die von ihr als verbindlich akzeptiert werden
- Das sittliche Verhalten eines Einzelnen oder einer Gruppe

2. Meyers Grosses Taschenlexikon[2]

Moral [lat., zu mos „Sitte, Gewohnheit, Charakter“]

Im modernen Sprachgebrauch Sammelbezeichnung für die der gesellschaftlichen Praxis zugrundeliegenden, als verbindlich akzeptierten und eingehaltenen ethisch-sittlichen Normen[systeme] des Handelns.

Unter Moral versteht man also einen Sammelbegriff für die sozialen Werte und Normen, die das gesellschaftliche Zusammenleben regeln und, solange sie von allen Mitgliedern der jeweiligen Gesellschaft oder Gruppe eingehalten werden, ermöglichen. Inhaltlich umfasst der Begriff Moral z.B. Gerechtigkeit, Anerkennung fremder Persönlichkeitsrechte, Höflichkeit, Treue usw[3]. Auch religiöse Verhaltensweisen wie Nächstenliebe, Ahnenverehrung oder verschiedene religiöse Handlungen zählt man zu Moral[4]. Der Bedeutungsinhalt variiert somit von Volk zu Volk, Religion zu Religion bzw. Kultur oder gar von Familie zu Familie und ändert oder erweitert bzw. verringert sich im Laufe der Zeit. In dieser Arbeit soll nun dargestellt werden, wie sich die Moral, bzw. das Moralbewusstsein und die Fähigkeit zu moralischen Urteilen im Laufe der Sozialisation entwickelt, wie ein Kind Regeln erlernt und schließlich moralische Bewertungsmaßstäbe für das eigene und für fremdes Handeln anlegen kann. Hierbei sollen ausschließlich die Modelle der Moralentwicklung nach Jean Piaget und das darauf aufbauende bzw. erweiternde Modell nach Lawrence Kohlberg berücksichtigt werden. Weiterhin soll ein Bezug zur Sozialisation und Kommunikation hergestellt und dargestellt werden, inwiefern sich das Moralbewusstsein und moralische Maßstäbe auf das kommunikative Handeln auswirken.

2. Moralentwicklung

2.1 Moralentwicklung nach Jean Piaget

„jede Moral ist ein System von Regeln und das Wesen jeder Sittlichkeit besteht in der Achtung, welche das Individuum für diese Regeln empfindet“[5]

Piaget untersuchte das Erlernen von Spielregeln am Beispiel des Murmelspiels an Kindern im Alter von vier bis ca. zwölf Jahren, um anhand des Erlernens der Regeln auf die Moralentwicklung zu schließen. Dies schien ihm deshalb sinnvoll, da Piaget zu Folge die Ähnlichkeit darin besteht, dass

„die Regeln des Murmelspiels (…) genau wie die sogenannten moralischen Tatsachen von Generation zu Generation überliefert [werden] und sie ihre Fortdauer lediglich ihrer Beachtung durch die Individuen [verdanken].“[6]

Piaget untersuchte die Einstellung der Kinder bzw. die Änderung oder Entwicklung dieser, zu den Spielregeln in Bezug auf deren Ursprung, mögliche Änderbarkeit und Anerkennung der Regeln.[7]

Weiterhin wertete er moralische Urteile von Kindern aus, die diese anhand erzählter Geschichten fällten, in denen objektiv gegen moralische Standards verstoßen wurde.[8]

Diesen Untersuchungen zu Folge ergab sich für Piaget ein Modell des Erlernens von Regeln, das sich wie folgt gliedert:[9]

1. Das motorische und individuelle Stadium, ca. 0-2 Jahre
Es gibt noch kein Regelbewusstsein, die Regeln sind noch nicht zwingend, das Kind spielt nach eigenen, individuellen Regeln und Schemata. Das Spiel ist rein motorisch und der verpflichtende Charakter der Regeln fehlt gänzlich.
2. Das egozentrische Stadium, ca. 2-5 Jahre
Regeln werden von außen vorgegeben und haben somit Zwangscharakter. Das Kind ahmt Beispiele nach, spielt jedoch für sich allein oder ohne Wettkampfcharakter bzw. Siegeswillen mit anderen.
3. Das Stadium beginnender Zusammenarbeit, ca. 6-8 Jahre
Jeder versucht, zu gewinnen, das Kind sorgt sch um Kontrolle und Vereinheitlichung der Regeln. Unter den Kindern einer Altersklasse gibt es Schwankungen in der Meinung zur richtigen Anwendung der Regeln.
4. Das Stadium der Kodifizierung der Regeln, ca. 11/12 Jahre

Die Gesamtheit der Regeln ist nun bekannt, innerhalb einer Altersgruppe herrscht Einstimmigkeit über die Anwendung der Regeln. Änderungen können durchgesetzt werden, wenn alle Beteiligten dem zustimmen.

Parallel zu diesen Stadien teilt Piaget die Entwicklung des Regelbewusstseins in drei allgemeinere Stadien ein. Das erste Stadium des Regelbewusstseins setzt er in der kompletten motorisch-individuellen Phase und zu Beginn der egozentrischen an. Hier werden Regeln unbewusst aufgenommen oder haben rein motorischen Charakter und sind nicht zwingend.

Das zweite Stadium zieht sich vom Höhepunkt des egozentrischen Stadiums bis etwa zur Hälfte des Stadiums der beginnenden Zusammenarbeit. In dieser Phase sind die Regeln für die Kinder „heilig“ und „unantastbar“. Vorgeschlagene Regeländerungen werden nicht akzeptiert, da Regeln als unabänderlich – ähnlich wie physikalische Gesetze - angesehen werden.

Während des letzten Stadiums des Regelbewusstseins, das die letzte Phase des Stadiums der beginnenden Zusammenarbeit und das gesamte Stadium der Regelkodifizierung umfasst, sehen die Kinder die Regel nicht mehr als vom Ursprung her unabänderlich an, sondern betrachten sie als ein Gesetz, das auf gegenseitigem Übereinkommen basiert und somit auch mit allgemeinem Einverständnis geändert werden kann.

Piaget erwähnt des Weiteren zwei Arten der kindlichen Moral, die Moral des Zwanges (heteronome Moral) und die Moral der Zusammenarbeit (autonome Moral). Die heteronome Moral ist durch Fremdgesetzlichkeit gekennzeichnet. Äußere Zwänge, bspw. Durch Eltern oder andere Autoritäten ausgeübt, bestimmen die moralischen Urteile eines Kindes. Im Laufe des Stadiums der Zusammenarbeit wird ein Kind (aufgrund seiner kognitiven Entwicklung, bzw. wenn diese nicht durch äußere Manipulation gehindert wird) befähigt, eigene Urteile zu fällen und erlangt ein autonomes Moralbewusstsein.[10] Moralische Urteile werden nun nicht mehr auf Grund des Glaubens an die Instanz, von der Regeln für Verhaltensweisen ausgehen, gefällt, sondern auf Grund eines autonomen Gewissens und dem Glauben an die Regel (oder das Gute) an sich.

Die Unterschiede zwischen heteronomer und autonomer Moral kennzeichnen sich wie folgt:

Heteronomie:

Eine Moral der Autorität oder auch: Pflichtmoral. Äußere Zwänge und die Androhung negativer Sanktionen bestimmen das moralische Urteil. Eine Handlung wird nur nach ihren Folgen bewertet, die Handlungsabsicht spielt in der Bewertung keine Rolle. Das Moralverständnis ist auf einseitiger Achtung gegründet.

Autonomie:

Die autonome Moral ist gekennzeichnet durch die Fähigkeit, eigene moralische Urteile zu fällen, unabhängig von Sanktionen oder der Meinung von Autoritäten. Zur Handlungsbewertung werden auch die Absichten herangezogen. Das Moralverständnis gründet sich auf gegenseitiger Achtung.

Dem zu Folge sind bei Jean Piaget drei Entwicklungsniveaus bzw. drei Stufen der Moralentwicklung erkennbar:

1. Die prämoralische Stufe
Es gibt noch kein Regelbewusstsein oder Verpflichtungen, Handlungen sind rein motorischer Natur
2. Die Stufe der heteronomen Moralität
Moralische Urteile werden auf Grund Gehorsams gegenüber einer Autorität (auch unter Androhung negativer Sanktionen) gefällt. Die Perspektive ist egozentrisch.
3. Die Stufe autonomer Moralität

Moralische Urteile werden ohne Berücksichtigung von Sanktionen auf Grund einer eigenen Meinung und des Glaubens an Prinzipien gefällt.

[...]


[1] Duden, Fremdwörterbuch, Dudenverlag, Mannheim/Wien/Zürich, 1997

[2] Meyers Grosses Taschenlexikon in 24 Bänden, B.I.- Taschenbuchverlag, Mannheim/Wien/Zürich, 1990, Bd. 15 S. 24

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl ebd.

[5] Piaget, Jean, das moralische Urteil beim Kinde, Rascher Verlag, Zürich, 1954, S. 7

[6] ebd. S. 8

[7] Vgl. ebd., Kapitel 1, Die Spielregeln, S. 7-118

[8] Vgl. ebd., Kapitel 2, Zwang des Erwachsenen und moralischer Realismus, S. 119.222 / Kapitel 3, Die Zusammenarbeit und die Entwicklung des Gerechtigkeitsbegriffes, S. 223-368

9 Vgl. ebd., S. 22ff.

[10] Vgl. bspw.: Piaget, S. 120

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Moral, Sozialisation und Kommunikation
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Veranstaltung
Seminar: Sozialisation und Kommunikation
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V33984
ISBN (eBook)
9783638343220
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Moral, Sozialisation, Kommunikation, Seminar, Sozialisation, Kommunikation
Arbeit zitieren
M.A. Berit Hullmann (Autor:in), 2003, Moral, Sozialisation und Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33984

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