Die politischen, wirtschaftssystematischen und wirtschaftsethischen Lehren aus der Finanzkrise


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Überblick über Ursachen und Entstehen der aktuellen Finanzkrise
2.1. Boom des amerikanischen Immobilienkredit-Markts
2.2. Verbriefung von Forderungen aus Hypothekenkrediten, Geschäft der Hypothekenbanken
2.3. Preisverfall der Immobilien und das Ausweiten der Krise auf den gesamten Finanzmarkt und die Realwirtschaft

3. Lehren und Folgerungen aus der Finanzkrise
3.1. Bedeutung der Regulierung und Finanzaufsicht, internationale Kooperation
3.2. Veränderungen im System der Ratingagenturen
3.3. Fair-Value-Bewertung und Niederstwertprinzip als Alternative
3.4. Änderungen bei Eigenkapitalquoten und Risikogewichten
3.5. Bedeutung riskanter Finanzgeschäfte, Erhöhung der Haftung der Teilhaber
3.6. Bedeutung von Transparenz bei Hedgefonds und Zweckgesellschaften, Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten
3.7. Ethische Fragen im Banken- und Finanzwesen
3.7.1. Unternehmenszweck, Shareholder Value-Prinzip und Dienstleistungspflicht der Finanzindustrie
3.7.2. Bonus-Zahlungen an Manager bei Finanzdienstleistern

4. Fazit

1. Einleitung

Die aktuelle Finanzkrise kann wohl als die schwerste Finanzkrise seit den 1930er Jahren betrachtet werden. Aufgrund der Steuergelder in zigfacher Milliardenhöhe, wie sie allein in Deutschland in den letzten Jahren als Hilfen für Banken, zum Auffangen von Verlusten, als Bürgschaften für Unternehmen und für Konjunkturprogramme aufgewendet wurden, ist in der Öffentlichkeit viel über die Ursachen, Verfehlungen der Finanzunternehmen und die möglichen persönlich Verantwortlichen diskutiert worden.

Betrachtet man die Entwicklung der Finanzmarktkrise aus einer amerikanischen Hypothekenkrise genauer, so offenbaren sich unglaubliche Methoden und ein Wirtschaften in den amerikanischen Hypothekenmärkten, die eine solche Krise letztendlich hervorrufen mussten.

Durch die Ausweitung der Krise auf die Finanzmärkte anderer führender Industriestaaten sowie auf die weltweite Realwirtschaft ergibt sich die Notwendigkeit für die betroffenen Staaten, gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln und Lehren aus der Krise zu ziehen, die eine Reformierung des Finanzwesens ermöglichen und so zu verhindern, dass eine derartige Krise in der gleichen oder einer ähnlichen Weise erneut auftreten kann.

Die Frage nach den Lehren aus der Krise betrifft einerseits den Bereich der konkreten politischen Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte und des Bankenwesens, die Reformierung der Bankenaufsicht sowie die Beseitigung von Systemfehlern bei der Arbeit der Ratingagenturen. Weiterhin stellen sich aber auch Grundsatzfragen zum System des Kapitalismus in der Zukunft und dem Grad der Freiheit der Marktwirtschaft. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Tatsache, dass die Krise Lehren bezüglich der ethischen Grundsätze der Finanzmärkte und Finanzinstitutionen fordert und Wege zur Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit und der Anleger in die Finanzmärkte zu finden sind.

Diese Seminararbeit soll sich vorrangig mit den möglichen politischen, wirtschaftssystematischen und wirtschaftsethischen Lehren aus der Finanzkrise befassen. Zunächst soll allerdings ein zusammenfassender Überblick über die Ursachen und das Entstehen der Krise sowie das Ausweiten auf die Realwirtschaft gegeben werden, um erste Ansatzpunkte für Maßnahmen und Schlussfolgerungen zu geben.

2. Überblick über die Ursachen und das Entstehen der Finanzkrise

2.1. Boom des amerikanischen Immobilienkredit-Markts

Ausgangspunkt für die Bildung einer Immobilienblase in den USA war zum einen das Absinken der Sparquote der amerikanischen Haushalte gegen Ende der 90er Jahre auf unter 3% und bis 2005 auf nahezu Null.1 Dies bedeutet, dass die Bürger der USA bereit waren, nahezu ihr vollständiges verfügbares Einkommen für den Konsum zu verwenden.

Die Konsumfreudigkeit äußerte sich auch in einer starken Bereitschaft zur Immobilienfinanzierung über Kredite. Diese Bereitschaft wurde zusätzlich dadurch verstärkt, dass die US Notenbank FED (Federal Reserve System) die Leitzinsen nach den Ereignissen des 11.September 2001 schrittweise bis auf 1% herabstufte, um die Wirtschaft anzukurbeln, wie in Abb. 1 ersichtlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Zinspolitik in den USA und Europa

Quelle: S i nn S. 55

Zudem gingen die US- Hypothekenbanken in den letzen Jahren dazu über, den Käufern die Vollfinanzierung von Immobilien zu erlauben, die Kreditnehmer mussten also kein Eigenkapital aufbringen. Eine weitere Eigenheit der Kreditvergabepraxis in den USA besteht darin, dass die Kreditnehmer als Privatpersonen nur mit der beliehenen Immobilie haften und nicht mit anderweitigem Vermögen oder zukünftigem Einkommen, was die Attraktivität des Steigern des Lebensstandards über Hypothekenkredite zusätzlich erhöhte.2

Die Folge waren ein enormer Boom in der Baubranche und ein starkes Anwachsen der US-Immobilienpreise in den Jahren von 2000 bis Mitte 2006, wie Abb. 2 illustriert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Preisentwicklung der US-Immobilien (Case-Shiller-Index)

Quelle: S i nn S. 49

2.2 Verbriefung von Forderungen aus Hypothekenkrediten, Geschäft der Hypothekenbanken

Vergeben wurden die Hypothekenkredite von den staatlich lizenzierten

Hypothekenbanken in den USA sowie von Hypothekenmaklern und unabhängigen Anbietern. Außer der Gesamtzahl an Kreditnehmern erhöhte sich insbesondere die Zahl an Kreditnehmern mit geringer Bonität drastisch, wie Abb.3 zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: abgeschlossene Hypothekenkredite im Subprime-Markt

Quelle: S i nn S. 123

Diese Kredite werden als Subprime-Kredite bezeichnet. Der Grund dafür war, dass zum einen die Hypothekenmakler, welche keiner so umfassenden Kontrolle wie die Banken unterliegen, um ihre Gewinne zu maximieren, die Kreditnehmer weniger genau auf Zahlungsfähigkeit prüften.3 Zum anderen wurden allgemein wegen der Annahme weiter steigender Immobilienpreise Kredite sehr freigiebig auch an Kreditnehmer mit geringer Bonität vergeben.4 Bei möglicher Zahlungsunfähigkeit wurde trotzdem mit Gewinnen durch Verkauf der Immobilien zu höheren Preisen gerechnet.

Um sich Fremdkapital zu verschaffen, verkauften die Hypothekenbanken, oftmals ausgegliederte Tochterunternehmen der Banken, die Forderungen auf dem Sekundärhypothekenmarkt oder lagerten diese in zu diesem Zweck an von den Banken oder von Investmentgesellschaften gegründete Zweckgesellschaften aus, um die Kredite nicht mit Eigenkapital hinterlegen zu müssen und die Risiken auf die Zweckgesellschaften zu übertragen. Die Forderungen wurden dann zu Paketen zusammengefasst und verbrieft. Den Weg der Forderungen vom Kreditnehmer zum Anleger erklärt folgendes Schema in nochmals.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Grundstruktur von Verbriefungen

Quelle: Bartmann/Buhl/Hertel S.3

Diese Verbriefungen werden auch als Asset-Backed-Securities (ABS) bezeichnet. Durch Bündelung wurden aus den ABS Fonds gebildet, komplexe Konstrukte aus verbrieften Forderungen, sogenannte Collateralised Dept Obligations (CDO).5 Diese Verbriefung und Bündelungen hatten den Vorteil, dass Pakete mit hohen Anteilen an Subprime- Krediten trotzdem sehr gute Ratings von den Ratingagenturen erhielten, weil der Ausfall eines Großteils der zugrundeliegenden Kredite als unwahrscheinlich galt.6 Diese Ratings waren offensichtlich zu großen Teilen unangemessen, worauf in der Arbeit noch eingegangen wird. Da zu dieser Zeit mit einem weiteren stetigen Anwachsen der

Immobilienpreise in den USA gerechnet wurde, wurden die Ausfallrisiken bei vielen dieser Papiere als recht gering eingestuft.

Käufer dieser Papiere waren vor allem Hedgefonds, Immobilienfonds, aber auch Banken in den USA und wegen der guten Ratings auch viele staatliche Banken im europäischen Ausland.7

2.3. Der Preisverfall der Immobilien und das Ausweiten der Krise auf den gesamten Finanzmarkt und die Realwirtschaft

Nachdem die FED nach dem historischen Tiefstand 2004 die Zinsen in den Folgejahren bis 2007 wieder schrittweise auf 5% anhob (Vgl. auch Abb. 1 unter 2.1), konnten viele der Gläubiger, gerade Kreditnehmer mit geringer Bonität , die Kreditforderungen nicht mehr erfüllen, weil die Zinsen für die Kredite von vornherein als variabel festgelegt wurden und sich dem Zinssatz der FED anpassten.8 Die Folge war eine zunehmende Zahl von Zwangsversteigerungen oder Verkäufen der Immobilien durch die Banken. Dies war solange unproblematisch, wie die Preissteigerung bei den Immobilien anhielt und die Kredite durch die Verkaufspreispreise der Immobilien gedeckt waren.9

Das Überangebot an Immobilien bewirkte jedoch ab Juni 2006 einen starken Verfall der Immobilienpreise (Vgl. Abb. 2 unter 2.1). Wegen der fehlenden Haftung der Kreditnehmer enthielten die o.g. Verbriefungen das Ausfallrisiko der Kredite. Folglich verloren diese Wertpapiere innerhalb von weniger als zwei Jahren 80% ihres Wertes bei AAA-gerateten Papieren, bei schlechterem Rating betrugen die Verluste teilweise bis über 95%.10 Folglich mussten vermehrt Hedgefonds schließen und Banken und Investmentgesellschaften die Verluste verkraften.

Gegenseitig schränkten diese Verluste bei den Institutionellen Geldanlegern und Banken die Bereitschaft zur gegenseitigen Kreditvergabe ein, weil das Vertrauen in die gegenseitige Zahlungsfähigkeit zerstört war. Durch das weltweite Versiegen der Liquidität und die geringen Eigenkapitalquoten der Banken erwiesen sich diese Belastungen für viele Institute als zu groß.11

Die Verluste bei Privatanlegern sowie die Risikoaufschläge bei weiteren Kreditvergaben bremsten den Konsum in den Industrienationen ein, wodurch sich die Finanzkrise letztlich auf die Realwirtschaft auswirken konnte.12

3. Die Lehren und Folgerungen aus der Finanzkrise

3.1 . Bedeutung der Regulierung und Finanzaufsicht, internationale Kooperation

Eine grundlegende Lehre aus der aktuellen Finanzmarktkrise ergibt sich daraus, dass zur Verhinderung zukünftiger Finanzkrisen und Bankzusammenbrüchen eine weitreichende internationale Aufsicht und Regulierung erforderlich ist. Derzeit erfolgt die internationale Regulierung der Kreditinstitute auf Basis der 2. Säule der Basel II- Beschlüsse, wobei die Ziele der Aufsicht wie folgt formuliert werden: „Die Banken sollen ermutigt werden, ihre internen Verfahren zur Beurteilung der institutsspezifischen Risikosituation sowie einer angemessenen Kapitalausstattung kontinuierlich zu verbessern. (͙.) Das aufsichtliche Überprüfungsverfahren ist darauf ausgerichtet, externe Faktoren, zum Beispiel den Einfluss der Konjunkturentwicklung, und (͙) abzudecken, (͙). Das aufsichtliche Überprüfungsverfahren wird den Dialog zwischen Banken und Aufsehern fordern, da die institutseigenen Verfahren viel stärker als bisher zum Maßstab der aufsichtlichen Beurteilung werden. “13 Die allgemeinen Ziele einer Finanzaufsicht müssen im Zuge der Bewältigung der Finanzmarktkrise das Wiederherstellen von verlorengegangenem Vertrauen in die Finanzmärkte und allgemeine Umstrukturierungen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Finanzwesens sein.

Neben einigen konkreten strukturellen Maßnahmen, die in den folgenden Kapiteln betrachtet werden ist allgemein eine Optimierung der internationalen Kooperation erforderlich. Die Empfehlungen des Financial Stability Forum in diesem Zusammenhang besagen, dass die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden nicht nur europaweit rechtlicher Grundlagen bedarf, sondern international die Aufsichtspraxis möglichst vereinheitlicht werden sollte. Dazu müssen die Beziehungen der Aufsichtsbehörden untereinander gestärkt werden, wobei globale Gremien wie Basel II unterstützen können. Für zukünftiges Anbahnen von Krisen sollten bereits frühzeitig Notfallplanungen unter Einbeziehung von Notenbanken und Regierungen erfolgen.14

Das Einführen einer globalen Aufsichtsbehörde zur Kooperation der nationalen Behörden scheint sinnvoll, der Internationale Währungsfonds (IWF) könnte zum Beispiel durch den Ausbau der Analysekapazitäten und durch Ausstattung mit erweiterten Kompetenzen diese Funktion übernehmen.15

[...]


1 Vgl. Sinn S. 34 Abb.

2. Vgl. Ebd. S. 110f

3 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise S. 46

4 Vgl. Deuer S. 4 und S. 8

5 Vgl Bloss/Ernst/Häcker/Eil: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise S. 8

6 Vgl. Ebd. S. 10

7 Vgl. Ebd. S. 8

8 Vgl. Bartmann/Buhl/Härtel S. 15

9 Vgl. Deuer S. 8

10 Vgl. Senn S. 47 Abb. 2.7

11 Vgl. Deuer S.9

12 Vgl. Ebd.

13 Vgl. Basel II, Säule 2, http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_basel_saeule2.php

14 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil: Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise S. 230

15 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil: Von der Wall Street zur Main Street S. 348

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die politischen, wirtschaftssystematischen und wirtschaftsethischen Lehren aus der Finanzkrise
Hochschule
Technische Hochschule Ingolstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V339687
ISBN (eBook)
9783668291652
ISBN (Buch)
9783668291669
Dateigröße
1113 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Finanzkrise
Arbeit zitieren
Lola Reiter (Autor:in), 2010, Die politischen, wirtschaftssystematischen und wirtschaftsethischen Lehren aus der Finanzkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339687

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