Die "Rocky Horror Picture Show". Die Interaktion des Publikums als Mittel zum Erfolg

Kino zum Mitmachen


Hausarbeit, 2012

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Traum und verzerrte Wirklichkeit im Film

3. Synopsis von MULHOLLAND DRIVE und LOST HIGHWAY
3.1 MULHOLLAND DRIVE
3.2 LOST HIGHWAY

4. Traum und Wirklichkeit und mögliche Parallelen in beiden Werken

5. MULHOLLAND DRIVE und LOST HIGHWAY im Œuvre Lynchs

6. Resümee

7. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit den scheinbar in Opposition zueinander stehenden Welten, beziehungsweise Realitäten, in zwei Filmen des amerikanischen Regisseurs David Lynch, LOST HIGHWAY (1997) und MULHOLLAND DRIVE (2001). In diesen beiden Werken wechseln sich die dem Zuschauer real erscheinende Welt und eine traumhaft anmutende Wirklichkeit ab und treiben gemeinsam den Plot voran. LOST HIGHWAY und MULHOLLAND DRIVE fordern die Aufmerksamkeit der Zuschauer durch unklare narrative Strukturen, nicht lineare Zeitfolgen und unzusammenhängend wirkende Schauplätze heraus. Beide Filme zeigen einen Mord, der an den Rand der Erzählung verbannt wird. Renée Madison (Patricia Arquette) ist die ermordete Protagonistin in LOST HIGHWAY; Camilla Rhodes (Melissa George) in MULHOLLAND DRIVE. Weder der Mörder selbst noch Fragen nach der Identität des Mörders oder seiner Motive bilden narrative Eckpunkte der Filme. Üblicherweise stellt sich dem Zuschauer die klassische „Wer war es?“-Frage und es erscheint außergewöhnlich, dass Lynch sie vollkommen vermeidet. Doch selbige ist bei näherer Betrachtung nicht völlig abhanden, sondern zirkuliert eher als philosophische Frage über der Handlung des Films und kann nicht mit konventionellen Formen der Narration oder des Mainstream-Kinos beantwortet werden.

Einige psychologische Studien sehen das filmische Universum Lynchs als einen Ort, an dem die „wilde, widerspenstige Seite der menschlichen Psyche“1 zum Vorschein kommt. Aus diesem Grund können viele der Szenen in Lynchs Filmen als Fantasien gesehen werden, die nicht im realen Leben oder der realen Welt, sei es innerhalb oder außerhalb des Kinos, auftreten, sondern in den Köpfen der Protagonisten. Die klare Kennzeichnung bestimmter Szenen als nicht real gibt der Szenerie in den Filmen wiederum eine gewisse Logik und der Zuschauer kann anhand dessen versuchen, Sinn im Gesehenen zu erkennen.

Das Fantastische und Traumähnliche wird in Lynchs Filmen zumeist jedoch als selbstverständlich vorausgesetzt und nicht an konkreten Sequenzen belegt.2 Doch warum erscheint gerade ein Traum den meisten Zuschauern als Erklärung des Gesehenen am besten geeignet? Diese Hausarbeit untersucht, nach einer näheren Betrachtung der Formalitäten von Träumen und ihrem Vergleich mit Filmen, inwieweit bestimmte Ereignisse in LOST HIGHWAY und MULHOLLAND DRIVE als Träume deutbar sind, wo mögliche Parallelen zwischen den beiden Filmen liegen und wie die Filme in Lynchs Gesamtwerk eingeordnet werden können.

2. Traum und verzerrte Wirklichkeit im Film

Ein Traum ist eine psychische Aktivität während des Schlafes und wird als besondere Form des Erlebens im Schlaf charakterisiert, das häufig von lebhaften Bildern begleitet und mit intensiven Gefühlen verbunden ist, woran sich der Betroffene nach dem Erwachen meist nur teilweise erinnern kann.3

Der Neurophysiologe J. Allan Hobson spricht in seinem Buch „Sleep“ davon, dass Träume das Erleben einer Hirnaktivierung im Schlaf sind und aus der freien Synthese verschiedener Gedächtniseindrücke bestehen. Im Anschluss kommt es laut ihm zur fantastischen und kuriosen Synthese unvereinbarer Elemente, weil diese nicht durch die logischen Regeln des Wachzustandes kontrolliert wird.4 Die oft bizarren Elemente von Träumen beruhen dementsprechend auf einer veränderten Informationsverarbeitung. Für den Vergleich von Träumen mit der Darstellung von Filmsequenzen relevant sind die Eigenschaften des Traumerlebnisses an sich. Hierbei lassen sich nach Hobson die sensorischen, motorischen und kognitiven Traummerkmale unterscheiden.5 So sind die starke visuelle Betonung und das Erleben von Klängen Eigenschaften, die sich gut zum Vergleich der Eigenschaften von Filmen und Träumen heranziehen lassen. Im Traum herrscht stetig Bewegung, vergleichbar mit einer schnellen Schnittfolge in einem Film. Wo diese Merkmale noch als allgemein gültig aufgefasst werden können, so gestaltet sich dies schon schwieriger bei kognitiven Elementen, sei es im Traum oder Film. Jedes Individuum und jeder Zuschauer wird hier mit individuell rezipierten, bizarren Geschehnissen konfrontiert, die unglaubwürdig und teils sinnlos zu sein scheinen und genauso schnell wie sie auftauchen auch wieder verschwinden.

Traumhafte Filmszenen repräsentieren in gewisser Weise das Erlebnis, was ein Individuum während eines Traumes hat, den sich anschließenden Vorgang des Erwachens, der „Realität“, und den Wunsch, durch eine Art von Ermittlung Wissen über das Geträumte zu erlangen. Oft findet dabei eine narrative Erzählstruktur Anwendung, wie sie in klassischen Kriminalfilmen vorkommt, der Protagonist sucht nach Hinweisen, sammelt Beweise und zieht Schlüsse, die bei der Deutung des Traumes hilfreich sind. Vielfach sind die Handlungsschauplätze in Filmsequenzen, die einen Traum implizieren, keine realen Orte sondern Orte, die zu Beginn der Sequenz mit einer bestimmten Kameraeinstellung geschaffen werden und sich stetig weiterentwickeln. Diese Traumlandschaften sind mit abstrusen Figuren bevölkert, die nur kurz in den Blickpunkt geraten und dann schnell wieder verschwinden. Oft leiden sie unter körperlichen Gebrechen, psychischen Störungen oder Sprachproblemen, sind durch Wunden oder Verletzungen entstellt oder wechseln urplötzlich ihre Identität.6 Auch in David Lynchs Filmen sind die oben angesprochenen Aspekte allgegenwärtig. Folgendes Zitat bringt dies prägnant auf den Punkt: „Betrachtet man den Mangel an erzählerischer Logik als wesentliches Merkmal von Träumen, ließen sich fast alle Filme von David Lynch als typische ‚Traumerzählungen’ bezeichnen: Fast immer sind die Handlungen von logischen Brüchen und nicht plausiblen Einsprengseln durchsetzt.“7

3. Synopsis von MULHOLLAND DRIVE und LOST HIGHWAY

Im folgenden Teil der Arbeit wird kurz der Inhalt der beiden hier behandelten Filme näher betrachtet. Zu erwähnen ist hierbei, dass es bei beiden Filmen eine Vielzahl an möglichen Lesarten gibt, die hier nicht alle Berücksichtigung finden können.

3.1 MULHOLLAND DRIVE

Der Film beginnt mit einer Sequenz, in der Diane (Naomi Watts) seufzend in ein rotes Kissen sinkt und einschläft. Die nachfolgende Erzählung ist ihr Traum. Dianes Alter Ego Betty ist erfolgreiche Schauspielerin und kommt für eine Filmrolle nach Los Angeles, wo sie bei ihrer Tante Ruth wohnt. Rita, im wahren Leben Camilla (Laura Harring), ist in einen Autounfall auf dem Mulholland Drive verwickelt und verliert ihr Gedächtnis. Sie irrt durchs nächtliche Los Angeles und findet Unterschlupf in Ruths Appartement, kurz bevor Betty anreist. Es kommt zur Begegnung und Betty will Rita helfen, ihr Gedächtnis wieder zu finden. In Ritas Handtasche finden sie nach einiger Zeit einen mysteriösen blauen Schlüssel.

Währenddessen wird der Regisseur Adam Kesher (Justin Theroux) von einer dubiosen Organisation dazu gezwungen, die Hauptrolle für seinen Film mit einer gewissen Camilla Rhodes neu zu besetzen, doch er verweigert die Forderung. Zuhause betrügt seine Frau ihn mit dem Poolreiniger und er zieht sich in ein schäbiges Hotel zurück, wo er erfährt, dass er pleite ist und außerdem einen geheimnisvollen Cowboy treffen muss. Betty und Rita treffen sich bei Winkie’s und das Namensschild der Kellnerin erinnert Rita an eine mögliche Spur zu ihrer Vergangenheit. Sie suchen die Adresse, die zu dem Namen auf dem Namensschild gehört und beschließen, dort hinzugehen. Nach dem Vorsprechen für einen neuen Film am nächsten Tag, bei dem Adam Kesher auf Betty aufmerksam wird, fahren Rita und Betty zu der Adresse und finden die mysteriöse Diane tot in ihrem Bett vor. Abends lieben die beiden sich und fahren mitten in der Nacht zum Club Silencio, einer Art Theater, wo nichts, was sie sehen, real ist. Plötzlich entdeckt Rita eine blaue Box in ihrer Handtasche und die beiden fahren nach Hause, wo Rita den zuvor gefundenen blauen Schlüssel in die blaue Box steckt und wortwörtlich hineingezogen wird.

In der nächsten Sequenz endet der Traum. Der Cowboy, den Adam Kesher zuvor im Film traf, erscheint in dem Raum, in dem die tot aufgefundene Diane liegt und fordert sie auf, aufzuwachen. Betty kehrt also in ihren tatsächlichen Körper, den von Diane, zurück. Es wechseln sich im Folgenden Szenen ab, die sich nur schwer zeitlich zuordnen lassen. So hält Diane in einer Szene eine Kaffeetasse in der Hand, kurz darauf jedoch ein Cocktailglas und auf der Couch taucht plötzlich ihre frühere Geliebte auf. Diane wurde von ihrer Geliebten Camilla Rhodes, einer aufstrebenden Schauspielerin, wegen Adam Kesher verlassen. Sie heuerte den Killer Joe an, um Camilla umzubringen, ertrug die Situation jedoch nicht und flüchtete sich in den Traum. Kurz nach ihrem Erwachen begeht sie deshalb in ihrem Appartement Selbstmord, sie schießt sich in den Kopf.

[...]


1 Devlin, William J; Biderman, Shai: The philosophy of David Lynch. The University Press of Kentucky 2011.

2 Lahde, Maurice: We live inside a dream . David Lynchs Filme als Traumerfahrungen. In: Pabst, Eckhard: A Strange World. Das Universum des David Lynch. Verlag Ludwig 1998. S. 95

3 Häcker, H.O.; Stapf, K.-H.: Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Hans Huber Verlag, Bern 2009.

4 Hobson, J. Allan: Sleep. Scientific American Library, New York 1995, S. 170.

5 Hobson, J. Allan: The Dreaming Brain. Penguin Verlag, London 1990. S. 236 ff.

6 Lahde, Maurice: We live inside a dream . David Lynchs Filme als Traumerfahrungen. In: Pabst, Eckhard: A Strange World. Das Universum des David Lynch. Verlag Ludwig 1998. S. 100

7 ebd., S. 102.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die "Rocky Horror Picture Show". Die Interaktion des Publikums als Mittel zum Erfolg
Untertitel
Kino zum Mitmachen
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Medienkultur und Theater)
Veranstaltung
Modelle der Medienpartizipation
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V339305
ISBN (eBook)
9783668288997
ISBN (Buch)
9783668289000
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rocky, horror, picture, show, interaktion, publikums, mittel, erfolg, kino, mitmachen
Arbeit zitieren
Frederik Santer (Autor:in), 2012, Die "Rocky Horror Picture Show". Die Interaktion des Publikums als Mittel zum Erfolg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339305

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