Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG). Wesentliche Änderungen in der Einzelrechnungslegung von Kapitalgesellschaften


Bachelorarbeit, 2015

49 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Motivation und Zielsetzung des BilRUG
2.1 Umfang und Zielsetzung
2.2 Einfluss der IFRS

3 Neuregelung der Befreiung von der Aufstellungspflicht
3.1 Überblick
3.2 Voraussetzungen der Befreiung gem. § 264 Abs. 3 HGB
3.3 Die Einstandspflicht
3.3.1 Art der Erklärung
3.3.2 Erklärung in Form einer Nachschusspflicht
3.3.3 Erklärung in Form einer Patronatserklärung
3.3.4 Umfang der Einstandspflicht
3.3.5 Zeitpunkt und Geltungsdauer der Erklärung

4 Anpassung der Größenklassifikation gemäß § 267 HGB
4.1 Die neuen Schwellenwerte
4.2 Maßgebliche Größenmerkmale und deren Ermittlung
4.2.1 Die Bilanzsumme
4.2.2 Umsatzerlöse
4.2.3 Anzahl der Mitarbeiter
4.3 Zeitliche Voraussetzung der Klassifizierung
4.4 Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften

5 Modifizierung der Vorschriften zur GuV
5.1 Planmäßige Abschreibung bei selbstgeschaffenen immateriellen Anlagegegenständen
5.1.1 Überblick und bisherige Anwendung des § 253 HGB
5.1.2 Die neue Anwendung des § 253 HGB
5.2 Streichung der außerordentlichen Posten in der GuV
5.3 Neudefinition der Umsatzerlöse
5.3.1 Überblick
5.3.2 Bisherige Definition der Umsatzerlöse
5.3.3 Neudefinition nach § 277 Abs. 1 HGB
5.3.4 Mögliche Untergliederung der Erlöse in der GuV
5.3.5 Auswirkung auf Umsatz-Kennzahlen

6 Neue Anforderungen an den Anhang
6.1 Überblick
6.2 Anhangangaben die Bilanz betreffend
6.2.1 Reihenfolge nach Bilanz- und GuV-Posten
6.2.2 Zusammenfassung von Posten nach § 265 Abs. 7 HGB
6.2.3 Verbindlichkeitenspiegel
6.2.4 Haftungsverhältnisse und sonstige finanzielle Verpflichtungen
6.2.5 Entwicklung des Anlagevermögens
6.2.6 Einbeziehung von FK-Zinsen in die Herstellungskosten
6.2.7 Angaben zum Anteilsbesitz
6.2.8 Latente Steuern
6.3 Anhangangaben die GuV betreffend
6.3.1 Nutzungsdauer eines derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts
6.3.2 Außerordentliche Erträge und Aufwendungen
6.3.3 Periodenfremde Erträge und Aufwendungen
6.4 Weitere Pflichtangaben
6.4.1 Angaben zum Mutterunternehmen
6.4.2 Vorgänge von besonderer Bedeutung
6.4.3 Ergebnisverwendungsvorschlag/-beschluss
6.4.4 Angabe der Mitarbeiterzahl

7 Sonstige Änderungen der Normen des HGB
7.1 Verpflichtende Angabe der Kerndaten der Gesellschaft
7.2 Änderungen für Kleinstgesellschaften
7.3 Wesentliche Änderungen beim Lagebericht
7.4 Änderungen bei der Offenlegung
7.5 Einführung eines Zahlungsberichts für bestimmte Unternehmen des Rohstoffsektors

8 Erstmalige Anwendung der Neuregelungen
8.1 Grundsatzregelung
8.2 Vorgezogene Anwendung der neuen Schwellenwerte

9 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Quelle: Krudewig, Wilhelm (GmbH-Jahresabschluss, 2014): GmbH-Jahresabschluss 2014: Mit Checklisten, Beispielen und Abschlussbuchungen, 2. Auflage, Nürnberg, 2014, S. 9

Tabelle 2 Quelle: Gersbacher, Anna; Wirtz, Holger (StuB, 2014): Neudefinition der Umsatzerlöse durch das BilRUG: Praktische Auswirkungen der vorgesehenen Änderung, 15.Jahrgang, Herne, 2014, S. 712

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Dem in dieser Arbeit behandelten Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) war die EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU vorausgegangen,welche am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlich wurde.[1] Mit dieser hat die Europäische Union (EU) den lange bestehenden Rechtsrahmen für Jahres- und Konzernabschlüsse überarbeitet.[2] Die neue Richtlinie ersetzt und vereint die vierte EG-Bilanzrichtlinie vom 25.07.1978 (78/660/EWG) und die siebte EG-Bilanzrichtlinie vom 13.06.1983 (83/349/EWG).[3] Die Vorgaben der Richtlinien waren gemäß ihresArt. 53 Abs.1 Unterabs. 1bis zum 20.07.2015 in deutsches Recht umzusetzen.[4]

Ende Juli 2014 ist ein erster Entwurf eines Umsetzungsgesetzes veröffentlicht worden, mit dem der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung der EU-Richtlinien in deutsches Recht anstößt.Am 07.01.2015 beschloss die Bundesregierung in erster Lesung einen Gesetzentwurf, der in Teilen abweichende Vorgaben gegenüber dem ersten Regierungsentwurf vorsah.[5] Dieser sei mit seiner Vielzahl von Änderungen nach überwiegender Meinung „ insgesamt zu begrüßen “ und entwickle das deutsche Handelsrecht „ behutsam abgewogen “ weiter.[6]

Nach zwei weiteren Lesungen hat der Bundestag in seiner Sitzung am 18.06.2015 den „Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates“, beschlossen. Das Gesetz trägt den Namen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (kurz BilRUG).

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die wesentlichen Änderungen durch das BilRUG am deutschen Handelsrecht für die Einzelrechnungslegung von Kapitalgesellschaften zu geben und an geeigneter Stelle kritisch zu würdigen sowie hinsichtlich des beabsichtigten Bürokratieabbaus und Schaffen von erheblichen Vereinfachungen die Erreichung dieser Ziele zu beurteilen. Sie orientiert sich am Aufbau der üblichen Bilanzierungspraxis.

Wesentlich im Sinne dieser Arbeit sind Änderungen, die weder rein redaktioneller oder korrigierender Natur sind, noch nur geringfügige Auswirkungen auf die tägliche Bilanzierungspraxis haben sowie nur auf einen entsprechend kleinen Kreis von Unternehmen Anwendung finden.Jegliche Verweise auf Gesetzestexte die im Zuge des BilRUG geändert wurden, beziehen sich auf die neue, durch BilRUG geänderte Fassung.

2 Motivation und Zielsetzung des BilRUG

2.1 Umfang und Zielsetzung

Erst in 2009 wurde das deutsche Bilanzrecht durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) umfassend modernisiert und in der Folge behutsam fortentwickelt. Diese Weiterentwicklung fand großen Zuspruch. Das BilRUG verzichtet daher weitgehend auf Änderungen, die über eine Richtlinienumsetzung hinausgehen, um das bewährte Bilanzrecht zu erhalten.[7] An die Tragweite des BilMoG kommt das BilRUG somit nicht heran.[8]

Neben im Verhältnis geringen Änderungen im weiteren Bundesrecht wie dem GmbHG, dem AktG oder dem PublG, erfährt das HGB rund 200 Detailänderungen an insgesamt achtzig Paragrafen.[9] Die Änderungen im sonstigen Bundesrecht erfolgen überwiegend in Konsequenz der Änderungen am HGB. Das BilRUG ist von besonderer Bedeutung, da es einen weiteren Schritt hin zur harmonisierten Rechnungslegung in Europadarstellt.

Neben den vielen Detailänderungen gehören zu den wesentlichen das HGB betreffenden Regelungen:

- die Anhebung der Schwellenwerte für die Größenklassifikation,
- inhaltliche Abgrenzungen im Jahresabschluss sowie
- umfangreiche Änderungen im Bereich des Anhangs.[10]

Die große Mehrheit der am Markt tätigen Unternehmen sind kleine Unternehmen, weshalb sich die Rechnungslegung auch an deren Bedürfnissen orientieren soll.[11] Das BilRUG kommt dieser Intention nach und folgt der Richtlinie, die das Prinzip „thinksmallfirst“ in ihrem Text explizit verankert.[12]

Weiterhin soll die Rechnungslegung im stetig voranschreitenden Prozess der Harmonisierung auf europäischer Ebene weiter vereinheitlicht werden, was nicht zuletzt zu einer besseren Vergleichbarkeit und gleichzeitigem Abbau von bürokratischen Belastungen führt. Darüber hinaus werden Zweifelsfragen beseitigt und die Möglichkeit genutzt, Redaktionsversehen zu beheben, die sich aus früheren Änderungen am Bilanzrecht (wie etwa dem BilMoG oder dem MicroBilG) ergeben.[13]

2.2 Einfluss der IFRS

Im Rahmen der Entstehung der EU-Richtlinie 2013/34/EU wurde beraten, gerade im Hinblick auf die internationale Vergleichbarkeit auf europäischer Ebene, die IFRS für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu übernehmen.Die Beratungen wurden jedoch verworfen, da dies nicht dem eigentlichen Ziel der Richtlinien entsprechen würde, die Kosten und die Bürokratie für KMU zu reduzieren.[14] Es bleibt jedoch festzustellen, dass das deutsche Bilanzrecht mit dem BilMoG zu einer vollwertigen, einfachen und kostengünstigen Alternative zu den IFRS fortentwickelt wurde.Da es im Bereich der Ansatz- und Bewertungsvorschriften kaum zu Änderungen kommt, wird eine Annäherung an die IFRS ebenfalls nur in sehr geringem Umfang erreicht, wie beispielsweise durch den Wegfall der außerordentlichen Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV).[15]

Das Thema „IFRS for SMEs“ (IFRS forsmallandmedium-sizedenterprises) kommt demnach die nächsten Jahre nicht zum Tragen. Dies stellt einen großen Vorteil für kleine und mittlere Unternehmen durch die neue Bilanzrichtlinie dar.[16]

3 Neuregelung der Befreiung von der Aufstellungspflicht gemäß § 264 Abs. 3 HGB

3.1 Überblick

Eine der wesentlichen Änderungen am HGB durch das BilRUG entfällt auf die Norm des § 264 Abs. 3 und 4 HGB. Unter bestimmten Voraussetzungen können Kapitalgesellschaften, die als Tochterunternehmen (TU) in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens (MU) mit Sitz in der EU oder dem EWR einbezogen sind, erhebliche Erleichterungen bezüglich Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung in Anspruch nehmen.[17] Begünstigte Tochterunternehmen müssen demnach lediglich einen vereinfachten Jahresabschluss gemäß §242HGB erstellen. Dieser besteht aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, ohne Beachtung der besonderen Gliederungsvorschriften der §§266 HGB und 275HGB.Der Tochtergesellschaft bleibt es regelmäßig überlassen nur einzelne oder auch keine Erleichterungen in Anspruch zu nehmen.[18]

An die Stelle des Einzelabschlusses der Kapitalgesellschaft tritt als Informationsinstrument, für potenzielle Gläubiger und Vertragspartner,der Konzernabschluss des Mutterunternehmens. Dieser gibt zwar Aufschluss über die wirtschaftliche Situation des Konzerns, offenbart jedoch nicht notwendigerweise die wirtschaftliche Situation der einzelnen Tochterunternehmen[19] und lässt eine Erkenntnis über den Umfang der bilanziellen Haftungsmasse nicht zu.[20] DasBilRUG ändert nun dieseBefreiungsvoraussetzungen.

3.2 Voraussetzungen der Befreiung gem. § 264 Abs. 3 HGB

In den neu gefassten § 264 Abs. 3 und 4 HGB finden sich die Voraussetzungen für die Befreiung eines Tochterunternehmens. Diese kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen sind:[21]

- Alle Gesellschafter des Tochterunternehmens haben der Befreiung im jeweiligen Geschäftsjahr zugestimmt
- Das Mutterunternehmen erklärt eine Einstandspflicht für die bis zum Abschlussstichtag vom Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen für das folgende Geschäftsjahr
- Der Konzernabschluss sowie der Konzernlagebericht sind nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem das Mutterunternehmen seinen Sitz hat, und im Einklang mit den Richtlinien 2013/34/EU und 2006/43/EGaufgestellt und geprüft worden
- Die Befreiung des Tochterunternehmens ist im Anhang des Konzernabschlusses des Mutterunternehmens angegeben
- Offenlegung
- des Zustimmungsbeschlusses
- der Einstandsverpflichtung des Mutterunternehmens
- des Konzernabschlusses
- des Konzernlageberichtes und
- des Bestätigungsvermerks zum Konzernabschluss und Lagebericht des Mutterunternehmens

Die wesentliche und kontrovers diskutierte Änderung betrifft dabei die Einführung einer Einstandspflicht des Mutterunternehmens für die am Abschlussstichtag bestehenden Verpflichtungen des Tochterunternehmens.[22]

Die mit Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags gemäß §291AktG[23] verbundene Pflicht zur Verlustübernahme (§302 Abs.1AktG) und einekonzernrechtliche Verbundenheit der Unternehmensoll mit Erstanwendung des BilRUGauch weiterhin ausreichend sein um eine Befreiung eines Tochterunternehmens von seinen Rechnungslegungs-, Prüfungs- und Offenlegungsvorschriften herbeizuführen. Dies hat die Beschlussempfehlung des Bundestages zum BilRUG klargestellt.[24]

Ein Mutterunternehmenkann künftig(im Gegensatz zur bisherigen Regelung des §264 HGB a.F.)in Anspruch genommen werden, für eine ausreichende Liquidität des Tochterunternehmens zu sorgen und damit für deren Verpflichtungen einzustehen, selbst wenn das Tochterunternehmen keinen Verlust ausgewiesen hat.

Bei der Frage nach den Anforderungen an eine Verpflichtungserklärung bleibt weiterhin maßgeblich, dass Gläubiger des Tochterunternehmens, die sich kein Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens machen können, geschützt und für den Wegfall des Jahresabschlusses entschädigt werden sollen.[25] Die Kreditgeber und Vertragspartner einer Tochtergesellschaft sollen so gestellt werden, "dass es für ihre Forderungen im Wesentlichen auf die Vermögensverhältnisse des Mutterunternehmens ankommt"[26].

Gegenüber bisherigem Recht führt die Einstandspflicht zu einer Verschärfung in einer Vielzahl von praktischen Anwendungsfällen.[27]

3.3 Die Einstandspflicht

3.3.1 Art der Erklärung

Das BilRUG transformiert den Wortlaut der Richtlinie 2013/34/EU nahezu unverändert in deutsches Recht. Es verlangt, dass sich ein Mutterunternehmen bereit erklären muss, für die bis zum Bilanzstichtag eingegangenen Verpflichtungen des Tochterunternehmens einzustehen, wenn es die Erleichterungen nach §264Abs.3HGBHGB in Anspruch nehmen möchte.[28]

Um diese Voraussetzung zu erfüllen ist im Regelfall eine Verlustübernahme nach §302 AktG durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag weiterhin ausreichend. Im Einzelfall kann jedoch eine weiterführende und ausformulierte Einstandserklärung von Nöten oder empfehlenswert sein.

Das Mutterunternehmen kann weiterführend gegenüber der Tochtergesellschaft zur Aufrechterhaltung der Liquidität eine Nachschusspflicht erklären oder eine harte Patronatserklärung abgeben.[29] Diese beiden Formen der Liquiditätsgarantie werden explizit vom Gesetzgeber in seiner Begründung zum Gesetzentwurf als Beispiele genannt.[30]

Mitnichten ist damit aber auf einen Gewinnabführungsvertrag zu verzichten ohne zunächst steuerliche Gründe in Erwägung gezogen zu haben. So ist der Gewinnabführungsvertrag weiterhin zwingende Voraussetzung für eine körperschaftsteuerliche sowie gewerbesteuerliche Organschaft.[31]

3.3.2 Erklärung in Form einer Nachschusspflicht

Weil die Nachschusspflicht nach § 26 Abs. 1 GmbHG seitens des Mutterunternehmens erst mit Beschluss der Gesellschafter entsteht und damit arbiträr wäre, darf die vom Gesetzgeber im BilRUG geforderte, ausformulierte Nachschusspflicht nicht mit dieser verwechselt werden.[32] Ein erforderlicher Schutz der Gläubiger und Vertragspartner würde hiermit nicht in ausreichender Form gegeben sein.[33]

3.3.3 Erklärung in Form einer Patronatserklärung

Der gesetzlich nicht geregelte Begriff der Patronatserklärung wird definiert als die Bereitschaft des Patrons(hier: der Muttergesellschaft), „das Vertrauen des Gläubigers in eine ordnungsgemäße Abwicklung seiner in Aussicht genommenen oder laufenden Geschäfte mit dem Protegé zu stärken […]“ indem er selbst die Zusage macht, die Liquiditätsausstattung des patronierten Unternehmens (hier: der Tochtergesellschaft) zu verbessern und/oder aufrechtzuerhalten.[34]

Es ist zwischen einer weichen und einer harten Patronatserklärung zu unterscheiden. Weiche Patronatserklärungen sind solche, die keinen verpflichtenden Charakter besitzen. Erst wenn eine Pflicht des Patrons verletzt würde, käme es zu einem verpflichtenden Heranziehen der Muttergesellschaft, wobei hier die Tatbestandvoraussetzungen mitunter schwierig darzulegen sind und dies nicht im Sinne des BilRUGist.[35] Demnach kommt lediglich die harte Patronatserklärung in Frage, da nur sie im Gegensatz zur weichen Patronatserklärung eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht begründet und zur Übernahme der Verbindlichkeiten führt.[36]

Innerhalb der harten Patronatserklärung ist zwischen einer internen und externen Erklärung zu unterscheiden. So kann das Mutterunternehmen diese Erklärung ausschließlich dem Tochterunternehmen gegenüber erklären, was sie zu einer internen Erklärung macht. Gläubiger haben die Möglichkeit diesen Forderungsanspruch des Tochterunternehmens gegenüber dem Mutterunternehmen im Wege der Zwangsvollstreckung zu pfänden.[37]

Bei der externen Patronatserklärung handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Patron und dem Gläubiger der Tochtergesellschaft und um eine ausdrückliche Zusageeiner Liquiditätsgarantie.[38] Grundsätzlich ist auch eine Kombination aus beiden Varianten möglich.[39] Zulässig ist in jedem Fall eine externe Erklärung ad incertaspersonas[40].

Folglich kann sowohl eine interne als auch eine externe harte Patronatserklärung abgegeben werden um den Anforderungen des neuen §264 Abs.3 Nr.2HGB zu genügen.

3.3.4 Umfang der Einstandspflicht

Als wesentlicher Bestandteil der Einstandspflicht zeigt sich die Verpflichtung des Mutterunternehmens zur finanziellen Ausstattung ihrer Tochtergesellschaft.

Wie es bisher auch bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags der Fall gewesen ist, ist es seitens des Mutterunternehmens notwendig, Verluste des Tochterunternehmens auszugleichen.Nicht erforderlich hingegen ist ein unmittelbarer Schuldeintritt zu den Verpflichtungen des Tochterunternehmens.[41]

Unter die neue umfangreichere Einstandspflicht fallen im Ganzenalle am Abschlussstichtag bestehenden Verpflichtungen des Tochterunternehmens, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung.[42]

Da ein positives Jahresergebnis nicht zwangsläufig mit einer positiven Liquidität einhergeht, ist das Mutterunternehmen fortan auch im Fall eines Jahresüberschusses zur Sicherstellung der Liquidität seiner Tochtergesellschaft verpflichtet.[43]

Grundsätzlich ist die Muttergesellschaft erst dann zum Einstehen verpflichtet, wenn die Tochtergesellschaft ihren Verpflichtungen nicht nachkommt und es folglich bereits an Liquidität mangelt.

3.3.5 Zeitpunkt und Geltungsdauer der Erklärung

Die Beschlussempfehlung zum BilRUG[44] hat den Zeitpunkt sowie die Dauer der Aufrechterhaltung einer Einstandspflicht hinreichend erläutert.

Demnach erklärt das Mutterunternehmen seine Einstandspflicht gegenüber dem Tochterunternehmen spätestens am ersten Tag des Folgejahres, für das die Befreiung in Anspruch genommen werden soll, mit einer Dauer von mindestens einem Geschäftsjahr, also „ zumindest während der gesetzlichen Offenlegungsfrist (und damit auch zurzeit der entfallenden Aufstellung, Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses) durchgehend"[45].

Die Erklärung des Mutterunternehmens kann auf ein Geschäftsjahr befristet werden. Ein Erlöschen der Einstandserklärung nach Ende der Offenlegungsfrist ist unschädlich. Die Offenlegungsfrist beträgt i.d.R. zwölf Monate gemäß § 325 Abs.1a HGB.[46] Den Informationsbedürfnissen der Nutzer des Jahresabschlusses sei mit Einhaltung dieser Frist in ausreichendem Maße Rechnung getragen.[47] Möchte das Tochterunternehmen ergo die Erleichterungen beispielhaft für das Kalender-/Geschäftsjahr 2016 in Anspruch nehmen, muss eine Einstandspflicht des Mutterunternehmens mindestens im gesamten Kalender-/Geschäftsjahr 2017 bestehen.

Hat die Muttergesellschaft eine harte Patronatserklärung abgegeben, zählt diese zu den Haftungsverhältnissen und ist im Anhang zu vermerken (§268 Abs.7HGB).[48] Ebenso ist die Verpflichtungserklärung des Mutterunternehmens vom Tochterunternehmen offenzulegen.[49]

4 Anpassung der Größenklassifikation gemäß § 267 HGB

4.1 Die neuen Schwellenwerte

Bereits nach bisherigem Recht werden Kapitalgesellschaftensowie haftungsbeschränkte Personengesellschaften auf Grundlage ihrer Größe in unterschiedlichem Maß von Rechnungslegungs-, Prüfungs- und Offenlegungsvorschriften befreit. Die hierfür notwendige Einteilung in drei Größenklassen wurde hinsichtlich ihrer Schwellenwerte zuletzt durch das BilMoG im Jahr 2009 angepasst und erhöht. Mit dem MicroBilG wurde in 2012 eine vierte Größenklasse für Kleinstkapitalgesellschaften eingeführt(§ 267a HGB).

Der Artikel 3 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2013/34/EU, auf den die Anpassung zurückgeht, überlässt den Mitgliedsstaaten für kleine Unternehmen erneut einen Spielraum in Form einer Spanne von Schwellenwerten. Diese nutzt der deutsche Gesetzgeber wie bereits früher dazu, die eingeräumten Möglichkeiten zu übernehmen und die jeweiligen Höchstbeträge vollständig zugunsten der Unternehmen auszuschöpfen.[50]

Die nachfolgende Tabelle gibt die neuen Schwellenwerte sowie die bisher gültigen Werte in Klammern wieder:

[...]


[1] Vgl. Abl. EG 2013 Nr. L 182, S. 19 ff.

[2] Vgl. Richter, F., DB 2015, S. 385.

[3] Vgl. Schütte, J., StB 2014, S. 352.

[4] Vgl. Ballwieser, W., DB 2015, S. M5.

[5] Vgl. Richter, F., DB 2015, S. 385.

[6] Vgl. Pellens, B./Knappstein, J./Schmeling, A.-K., KoR 2015, S. 332.

[7] Vgl. Drucksache 23/15 des Bundesrats, S. 56.

[8] Vgl. Schiffers, J./Köster, T., DStZ 2014, S. 759.

[9] Vgl. Zwirner, C., DB 2014, Heft 32, S. M5.

[10] Vgl. derselbe, DB 2015, Heft 03, S. M5.

[11] Vgl. Haaker, A., KoR 2015, S. 63.

[12] Vgl. Abl. EG 2013 Nr. L 182, S. 19.

[13] Vgl. Schütte, J., DB 2014, S. 2237.

[14] Vgl. Wulf, I., DStZ 2014, S. 637.

[15] Vgl. Schütte, J., StB 2014, S. 357.

[16] Vgl. Haaker, A., DB 2014, Heft 43, S. M5.

[17] Vgl. Kühne, E./Richter, F., BB 2015, S. 877.

[18] Vgl. Baetge, J./Commandeur, G./Hippel, B., Kommentar HGB, 2013, § 264 RdNr. 59.

[19] Möglich etwa bei sehr kleinen Konzernen oder (in bestimmten Konstellationen) durch die Segmentberichterstattung.

[20] Vgl. Renner, L./Theile, C., KoR 2015, S. 213.

[21] Vgl. Böcking, H.-J./Gros, M., Kommentar HGB, 2014, § 264 RdNr. 43.

[22] Vgl. Kühne, E./Richter, F., BB 2015, S. 879.

[23] Der Gewinnabführungsvertrag ist Voraussetzung für die Organschaft gem. § 17 KStG.

[24] Vgl. Drucksache 18/5256 des Bundestags, Seite 80.

[25] Vgl. hierzu ausführlich Reitmeier, B./Deubert, M., BB 2014, S. 2795.

[26] Vgl. Drucksache 23/15 des Bundesrats, S. 69.

[27]Eine solche Verschärfung gegenüber dem bisherigen HGB könnte sich z. B. in folgender Konstellation ergeben: Ein TU erzielt im betreffenden Jahr durch nicht zahlungswirksame Effekte (z. B. Auflösung von Rückstellungen) gerade noch ein ausgeglichenes Jahresergebnis, hat aber einen stark negativen operativen Cashflow und wegen Investitionsmaßnahmen einen ebenso negativen investiven Cashflow und kann daher fällige Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Für den bisher maßgeblichen Verlustausgleich nach § 302 AktG sind Cashflow und Schuldendeckungsfähigkeit irrelevant. Gefordert ist allein der Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrags. Ein solcher ist in der Konstellation nicht entstanden. Eine Ausgleichsverpflichtung fällt nicht an. Anders hingegen die Sachlage bei einer als gesamtschuldnerische Haftung oder in ähnlicher Weise formulierten Verpflichtung zum Einstehen für die Verbindlichkeiten. Eine Einstandspflicht des MU wäre gegeben.“ Vgl. Lüdenbach, N./Freiberg, J., BB 2014, S. 2220.

[28] Vgl. Bode, C., DB 2015, S. 817.

[29] Vgl. Kaindl, A., Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz, 2015, https://www.wiso-net.de:443/document/GWW__c_tax_20150528.

[30] Vgl. Drucksache 23/15 des Bundesrats, S. 69.

[31] Vgl. Kühne, E./Richter, F., BB 2015, S. 878.

[32] Vgl. hierzu ausführlich Baumbach, A./Hueck, A., BeckKomm, 2013, § 26 RdNr. 8.

[33] Vgl. Kühne, E./Richter, F., BB 2015, S. 878.

[34] Vgl. La Corte, N., Patronatserklärung, 2011, S. 22–25.

[35] Vgl. Renner, L./Theile, C., KoR 2015, S. 216.

[36] Vgl. Lüdenbach, N./Freiberg, J., BB 2015, S. 363.

[37] Vgl. Renner, L./Theile, C., KoR 2015, S. 217.

[38] Ebenda.

[39] Ebenda.

[40] Ad incertaspersonas steht für ein rechtsverbindliches Angebot, bei dem der Vertragspartner nicht bestimmt ist. Es stellt somit eine Ausnahme dar ohne die sonst in Angeboten zu nennenden Vertragspartner aufzuführen.

[41] Vgl. Renner, L./Theile, C., KoR 2015, S. 214.

[42] Vgl. Oser, P./Orth, C./Wirtz, H., DB 2015, S. 198.

[43] Vgl. Bode, C., DB 2015, S. 817.

[44] Vgl. Drucksache 18/5256 des Bundestags, S. 80-81.

[45] Vgl. Bode, C., DB 2015, S. 818.

[46] Vgl. Lüdenbach, N./Freiberg, J., BB 2015b, S. 364.

[47] Vgl. derselbe, BB 2015a, S. 1649.

[48] Vgl. Renner, L./Theile, C., KoR 2015, S. 216.

[49] Vgl.§ 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 5b HGB sowie Kühne, E./Richter, F., BB 2015, S. 879.

[50] Vgl. Drucksache 23/15 des Bundesrats, S. 71.

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Details

Titel
Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG). Wesentliche Änderungen in der Einzelrechnungslegung von Kapitalgesellschaften
Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Note
1,3
Autoren
Jahr
2015
Seiten
49
Katalognummer
V339199
ISBN (eBook)
9783668293250
ISBN (Buch)
9783668293267
Dateigröße
669 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
BilRUG, BWL, HGB, BilMoG, Rechnungslegung, 2015, IFRS
Arbeit zitieren
Robert Buffler (Autor:in)Robert Siems (Autor:in), 2015, Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG). Wesentliche Änderungen in der Einzelrechnungslegung von Kapitalgesellschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339199

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