Mediation und Raubkunst. Der Fall Bacchanale


Einsendeaufgabe, 2015

13 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Definitionen der Begriffe „Position“ und „Interesse“

2. Positionen und Interesse der Kulturverantwortlichen der Stadt Gelsenkirchen und der Erben

3. Ablauf eines Mediationsverfahrens

4. Unterschiede zwischen einem Mediationsverfahren und einem Verfahren vor der Limbach-Kommission im Hinblick auf die Phasen der Mediation

5. Qualitäten und Kompetenzen eines Mediators

6. Gewahrte und nicht gewahrte Prinzipien der Mediation vor der Limbach-Kommission

7. Vorteile für die Erben bei der Durchführung eines Verfahren vor der Limbach-Kommission in Abgrenzung zu einem alternativen Gerichtsverfahren

Literaturverzeichnis

1. Definitionen der Begriffe „Position“ und „Interesse“

Um eine Win-Win-Lösung herbeiführen zu können ist es von Nöten, im Rahmen einer Mediation durch die Beteiligten Parteien mit Unterstützung des Mediators die Positionen zu diskutieren und die dahinter stehenden Interessen zu ermitteln.

Was sind nun aber die signifikanten Unterschiede von „Position“ und „Interesse“? Das folgende Beispiel soll helfen den Unterschied zu verdeutlichen: Ein Ehepaar streitet sich an einem Sonntag um den letzten 20-Euro-Schein. Der Monat war lang und das Geld ist knapp geworden. Beide sind eher klassisch eingestellt und verfügen über keine EC-Karte, die es ihnen ermöglichen würde von einem Geldautomaten auch an einem Sonntag Geld zu holen. Bliebe man nun bei den Positionen „Ich will den 20-Euro-Schein für mich haben“, käme schlussendlich nur der Kompromiss in Betracht: jeder der Eheleute bekommt zehn Euro, also z.B. präzise und fair aufgeteilt je die Hälfte. Es stellt sich heraus, das die Ehefrau lediglich etwas Margarine und Wurst von der Tankstelle kaufen möchte, für nicht mehr als ca. fünf Euro und der Ehemann gerne mit einem Freund ins Kino gehen will, was rund fünfzehn Euro kostet. Die Frage nach den Interessen der Einzelnen hätte vermutlich dazu beigetragen einen Konflikt zu vermeiden, hätten doch die zwanzig Euro ausgereicht die benötigten Lebensmittel von der Tankstelle zu kaufen und den Kinobesuch mit dem Freund durchzuführen.

Sicher, das Beispiel erscheint marginal und konstruiert, verdeutlicht aber den Unterschied. Die Interessen „verstecken“ sich hinter den Positionen! Es gilt also für den Mediator herauszufinden, was tatsächlich hinter dem Konflikt steckt, bzw., was die Parteien tatsächlich bewegt.

2. Positionen und Interesse der Kulturverantwortlichen der Stadt Gelsenkirchen und der Erben

Position / Interesse der Kulturverantwortlichen der Stadt Gelsenkirchen: Die Kulturverantwortlichen der Stadt Gelsenkirchen schließen grundsätzlich eine mögliche Rückgabe an die Erben nicht aus. Sie sehen sich jedoch als Eigentümer des Kunstwerkes, da das Gemälde 1957 zum Preis von 14.500 DM in einer Kölner Galerie gekauft wurde und seitdem im Kunstmuseum Gelsenkirchen ausgestellt wurde (Position). Ihnen ist daran gelegen, dass das Bild auch zukünftig wenigstens ab und zu der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und bitten daher die Erben um Mitteilung, was mit dem Bild geplant sei (Interesse).

Position / Interesse der Erben: Die Hinterbliebenen sehen sich als Eigentümer des Gemäldes da es sich um Raubkunst handelt und erheben Anspruch darauf (Position). Sie bestehen auf Herausgabe des Bildes. Da die Erben finanziell klamm zu sein scheinen, gibt die Verwaltung die Auskunft, dass eine faire und gerechte Lösung nicht möglich sei, da es sowohl Erben als auch ihrem Anwalt um größtmögliche Realisierung wirtschaftlichen Vorteils gehe (Interesse).

3. Ablauf eines Mediationsverfahrens

Die Mediation ist ein strukturierter Kommunikationsprozess, der sich in die folgenden aufeinander aufbauenden Phasen untergliedern lässt:

Die Phasen I bis III dienen dabei hauptsächlich der Klärung von Informationen und der Schaffung einer Basis für ein tieferes gegenseitiges Verständnis.

Eine Gestaltung von gemeinsamen Lösungen findet in den Phasen IV bis VI statt. Die Abschnitte I und VI stellen als Vereinbarungsphasen einen „rechtlichen Rahmen“ für den Prozess dar. Die Abschnitte im Detail[1]:

Phase I - Vorbereitung, Einführung, Erklärung, Vereinbarung

Zunächst stellt der Mediator den Konfliktparteien das Verfahren sowie dessen Vorteile vor und erläutert seine eigene Rolle. Er schafft eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, die es den Beteiligten ermöglicht, sich auf den weiteren Prozess einzulassen. Die Parteien treffen in diesem Abschnitt eine Entscheidung über das Verfahren und schließen einen Mediationsvertrag mit Honorarvereinbarung ab, in dem auch das Einverständnis zu den für die Mediation verbindlichen Umgangsformen erfolgt.

Phase II - Informations- und Themensammlung

In dieser Phase befragt der Mediator die Parteien nach ihren Anliegen. Alle Konfliktparteien erhalten gleichermaßen Gelegenheit, ihre jeweilige Sichtweise des Konfliktes zu schildern. Dabei werden alle diejenigen Themen zusammengetragen, welche die Medianten in diesem jeweiligen Fall bearbeiten wollen. Der Mediator stellt dabei sicher, dass das Gesagte vollständig und richtig verstanden werden kann und fasst die Punkte gemeinsam mit den Beteiligten zusammen.

Phase III - Bedürfnis- und Interessenklärung

Diese Phase dient der Findung der hinter dem Konflikt liegenden Interessen, Anliegen, Bedürfnisse, Wünsche und Ziele der Beteiligten.

Der Mediator unterstützt die Medianten durch gezielte Fragen, die Hintergründe ihres Konfliktes verstehen zu lernen. Dabei erfolgt hinsichtlich der zuvor identifizierten Themen eine Zuordnung der ursprünglichen Standpunkte und Meinungen zu den eigentlichen Bedürfnissen.

Phase IV - Kreative Ideensuche, Bildung von Lösungsoptionen

In einem Brainstorming werden in dieser Phase Lösungsmöglichkeiten für die zuvor gefundenen Themen und kollidierenden Bedürfnisse zusammengetragen. Die Aufgabe des Mediators ist es dabei, die Medianten in der Lösungsfindung zu unterstützen, ihren Blick zu weiten und die Kreativität anzuregen. Der Mediator macht dabei keine eigenen Lösungsvorschläge und auch ein Konsens der Parteien hinsichtlich der einzelnen Ideen ist an dieser Stelle nicht erforderlich.

Phase V - Bewertung und Auswahl der Lösungsoptionen

Es folgt unter Anleitung des Mediators eine Auswahl und Bewertung der grundsätzlich denkbaren Lösungen durch die Medianten auf Basis der bisherigen Arbeit. Dann werden realistische Handlungsalternativen gebildet, welche geeignet sind, den ermittelten Bedürfnissen gerecht zu werden. Das Ziel der Auswahl ist eine möglichst konkrete und nachhaltige Win-Win-Lösung für alle Medianten.

Phase VI - Mediationsvereinbarung, Machbarkeitsprüfung, Umsetzung

Am Ende des Verfahrens entwickeln die Medianten gemeinsam mit dem Mediator einen einvernehmlichen Maßnahmenkatalog, den alle Parteien als akzeptabel und erfolgversprechend ansehen und halten diesen in einer schriftlichen Lösungsvereinbarung fest.

Jeder Mediant ist gleichermaßen mitverantwortlich für diese Lösung. Der Mediator ist kein Entscheider oder (Schieds-)Richter, vielmehr entscheiden die Parteien für sich selbst, ob die ermittelten Lösungsmöglichkeiten für sie akzeptabel sind und vereinbaren diese wechselseitig.

Phase VII – Nachsorge

Wenn die Medianten nach der einvernehmlichen Konfliktregelung weiterhin in Kontakt stehen, ist es möglich, dass alte oder neue Konflikte aufbrechen. Daher kann es unter Umständen im Einzelfall sinnvoll sein, einen Folgetermin nach beispielsweise drei bis sechs Monaten zu vereinbaren, um mit den Parteien zu erörtern, wie sich das Verhältnis entwickelt hat. Eine Abschlussklausel in die Abschlussvereinbarung einzufügen, dass bei Konflikten, die sich während der Abwicklung/Erfüllung der Abschlussvereinbarung ergeben, die Mediation erneut aufgenommen werden kann, wäre daher sinnvoll.

4. Unterschiede zwischen einem Mediationsverfahren und einem Verfahren vor der Limbach-Kommission im Hinblick auf die Phasen der Mediation

Im Vergleich zu den sieben Phasen einer Mediation erkenne ich bei einem Verfahren vor der Limbach-Kommission drei Phasen, welche ich nachfolgend darzustellen versuche:

a. Vorbereitung: Der von der Kommission bestellte „Berichterstatter“ arbeitet sich anhand der schriftlichen Darstellungen in den Fall ein, seine Rolle ist dabei klar definiert. Anders beim Mediationsverfahren in der ersten Phase, wo der Mediator seine Rolle an die zu entwerfende Strategie anpassen muss. Der Mediator sammelt Informationen über die Parteien und den Konflikt, schafft Vertrauen, erläutert den Ablauf, schließt eine Mediationsvereinbarung ab. Der Ablauf einer Mediation ist somit weitaus komplexer und weniger in starre Muster gepresst.

[...]


[1] Vgl. Studienskript „Mediation und Litigation“, R. Ponschab, 2014, S. 52-60

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Details

Titel
Mediation und Raubkunst. Der Fall Bacchanale
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
2
Autor
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V339185
ISBN (eBook)
9783668291485
ISBN (Buch)
9783668291492
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mediation, raubkunst, fall, bacchanale
Arbeit zitieren
Tobias Steinmann (Autor:in), 2015, Mediation und Raubkunst. Der Fall Bacchanale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339185

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