Caligulas Personenkult und der Konflikt des Kaisers mit den Juden aus Alexandria und Judäa. Die Sichtweise des Philon von Alexandrien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

13 Seiten, Note: 11


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Philon über Caligulas Personenkult
2.1 Der Rechtsstatus der Juden
2.2 Agrippa zwischen Judentum und Kaiserkult
2.3 Die Rolle des Flaccus bei der Verbreitung des Kaiserkultes
2.4 Der Statuenbefehl als Höhepunkt des Anspruchs auf Vergöttlichung

3. Die Gesandtschaft der Juden bei Kaiser Gaius

4. Fazit

5. Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen

Literatur

1. Einleitung

Die Herdenführer vierbeiniger Lebewesen, Rinder-, Ziegen-, und Schafhirten, sind weder Rinder noch Schafe, sondern Menschen, vom Schicksal ausgestattet mit höherer Bestimmung und Anlage. Genauso muss man auch bei mir als dem Herdenführer der bedeutendsten Herde, der des Menschengeschlechts, im Unterschied zu dieser mein Wesen für nicht menschenartig halten, vielmehr im Besitz einer höheren, göttlichen Bestimmung sehen. [1] Gaius Caesar Augustus Germanicus sei ein tyrannischer Herrscher gewesen, der für sich eine göttliche Bestimmung vorsah. Gar habe er sich selbst zum Gott erhoben, so die Schilderung des antiken jüdisch-hellenistischen Schriftstellers Philon aus Alexandria. Das Bild des Caligula, welches davon geprägt ist, dass der Kaiser ein krankhafter Tyrann gewesen sei, liegt nicht zuletzt an der Darstellung des Philon. Dieser attestierte ihn, in seinen Schriften, dem Wahnsinn verfallen zu sein.[2] Nicht nur Philon, auch weitere Geschichtsschreiber wie Sueton oder Cassius Dio kamen zu dem Schluss, dass Caligula unter einer Krankheit litt. Ein großer Streitpunkt über den Kaiser ist die Frage nach seiner Politik gegenüber den Juden. Der Zeitgenosse Philon von Alexandria sagt ihm nach, er sei ein Feind der Juden gewesen und würde einen Plan schmieden, diese zu beseitigen.[3] Darüber hinaus bietet der jüdische Theologe in seinen Werken einen Einblick darüber, dass es nicht von der Hand zu weisen ist, dass Caligula harsch gegen die alexandrinischen Juden vorging. Die Lektüren Legatio ad Gaium und In Flaccum gelten als bedeutendste Zeugnisse für Judenhass und Judenverfolgung im römischen Reich. Jedoch sind sie schwierig einzuordnen, denn das heikle an ihnen ist, dass die Werke unvollständig sind und die gesamte Aussagekraft Philons erst gedeutet werden kann, wenn alle Teile vollständig sind.[4] Besonders hervorzuheben ist der Umgang Caligulas mit der jüdischen Gesandtschaft, der Philon im Jahre 40.n. Chr. angehörte.Deswegen ist es sehr interessant, Beweise in den Quellen zu sammeln, die die Betrachtung auf Caligulas Interaktion mit Juden verschärfen könnten. Die vorliegende Untersuchung nimmt Bezug auf die Darstellungen von Philon von Alexandria und stellt dar, warum Caligula von Philon zum Feind der Juden deklariert wurde. Als Quellen zu Philon dienen seine Werke In Flaccum und Legatio ad Gaium. Für die Hausarbeit dient die Übersetzung von Leopold Cohn und Isaac Heinemann mit einem Sachweiser zu Philo, der in den Kommentaren weitere Informationen zur Forschungslage bietet. Darüber hinaus geht die Hausarbeit der Frage nach, welche Rolle die kultisch-religiöse Anerkennung der eigenen Person des Kaisers dabei spielte. Die Struktur der Ausarbeitung soll mit dem Kaiserkult des Princeps beginnen, da dieser mit zur Eskalation der religiösen Konflikte beigetragen hat, und so in die Thematik einführen. Ferner geht es um die Verstärkung der Aggressionen zwischen Caligula und den Juden Alexandrias und Judäas. Der Statuenbefehl, der als Höhepunkt der Auseinandersetzungen gilt und von Philon beschrieben wurde, wird ebenfalls mit einbezogen. Darüber hinaus wird Herod Agrippa betrachtet, der eine große Rolle spielte, insbesondere in der Umsetzung der vom Kaiser erlassenen Befehle, sowohl in Alexandria als auch in Jerusalem. Interessant bei Agrippa ist, dass auch er Jude war. Eine weitere wichtige Person in der Gesamtdarstellung ist Flaccus, der Präfekt Alexandrias, welcher 32. n. Chr. von Kaiser Tiberius eingesetzt worden ist. Ihm kommt eine tragende Funktion bei den Reibungen im Jahre 38. n. Chr. in Alexandria zu.

2. Philonüber Caligulas Personenkult

Der jüdische Staatsmann Philo von Alexandria gibt ein düsteres Bild über den Cäsaren und dem Kult um seine Person ab. In seinen Schriften berichtet er über Caligula: Gaius Wahnsinn, seine verrückte und abartige Sucht, nahmen ein solches Ausmaß an, daßer begann, sich über die Halbgötter zu erheben, noch höher zu steigen und sich Kulte von Gottheiten heranzumachen, die man für größer und von rein göttlicher Herkunft hält, des Hermes, des Apollo und des Ares. [5] In diesen Zeilen aus dem siebten Band der Werke von Philon wird sehr deutlich, welchen Eindruck er von Caligula hatte. Darstellung des Kaisers geht soweit, dass es den Anschein hat, Gaius versuche sich selbst zu vergöttlichen. Dies wird von Philo mit Wahnsinn und Sucht gleichgesetzt. Die Verehrung des Kaisers zu seinen Lebzeiten und nach seinen Tod als Gottheit, ist Ausdruck politischer Bindungen und politischer Selbstdefinition. Ebenfalls war der Kult ein Mittel zur Herrschaftssicherung auf symbolischen Wege.[6] Der Personenkult des Caligula entsprang einem Rachebedürfnis, welches da herrührte, dass er eine Rehabilitation seiner durch Tiberius ermordeten Familienmitglieder anstrebte.[7] Insbesondere war es der Versuch, dynastisches Selbstbewusstsein und politische Sicherheit zu erlangen. Ebenso war die Vergöttlichung des Princeps ein Weg der Kommunikation, der nicht zu ignorieren war. Von Kommunikation spricht man deswegen, weil der Kaiserkult als Sprachrohr zwischen Imperator und seinen Untergebenen diente. Bei Missachtung dieses Kommunikationsweges wurde die Autorität des Kaisers öffentlich beschädigt.[8] So gesehen hatte der provinzielle Kaiserkult die Funktion, eine Demonstration politischer Loyalität zu sein, den die Städte des Reiches gegenüber Rom und dem Regenten zollen mussten.[9]

2.1 Der Rechtsstatus der Juden

Kaiser Augustus sicherte den Juden, die er als freundschaftlich gesonnen bezeichnete, zu, dass sie dem Gesetz ihrer Väter folgen dürfen. Bei Philon wird der Umgang des Augustus mit den Juden hervorgehoben.Er sagt, Augustus habe gewusst, dass sie Synagogen besäßen und sich in diesen versammelten, insbesondere am heiligen Sabbat, wenn sie öffentlich in der Philosophie ihrer Väter unterrichtet werden. Augustus war es auch bekannt, welche Opfergaben die Juden für ihre Religionspraxis erbringen und gewährte ihnen die Ausübung der Religion. Ein weiterer wichtiger Punkt sei laut Philo, das römische Bürgerrecht, das Augustus den Juden nicht wegnahm, obwohl sie an ihrer jüdischen Nationalität festhielten.[10] Seine Schilderungen laufen dahin, dass er folgert, Augustus sei soweit gegangen, dass er Ehrfurcht vor der Lebensart der Juden zeigte. Auch bei Verteilungen seien Juden nicht benachteiligt worden. Ganz im Gegenteil, es wurde Rücksicht darauf genommen, dass sie am Sabbat nichts annehmen oder geben durften. So wurde von den Verteilungsbeamten Geld vorerst zurückbehalten.[11] Philo beschreibt die Zustände im römischen Reich unter Caligulas Vorgänger nahezu überschwänglich in der Legatio. Seine Wertung scheint positiv zu sein, auch in Bezug auf Tiberius und der Unruhen, die es gegen Juden unter seiner Herrschaft gegeben haben soll.[12] Darüber hinaus wird zugesichert, dass Personen, die Güter aus Synagogen oder Schreine entwenden, als Frevler angesehen werden sollen und Strafe erleiden müssen. Gerade weil Kaiser Gaius seinen Vorgängern in Nichts nach kam, was die Behandlung der Juden anging, muss es für Philon ein Grund gewesen sein, seine Meinung von Caligula drastisch zu verfassen. Wie er in Legatio 156 bis 159 schildert, waren die Zustände unter Augustus weitaus besser und sicherer für Juden.[13] Die Regelung des römischen Rechts für Juden wurde auf einer Säule im Tempel Caesars eingeschrieben.[14] Ferill schildert in einem Kapitel, über Caligula und die Juden, dass es eine Beziehung zwischen Rom und den Juden gab, die auf Kompromissen beruhte, die von Augustus und Tiberius mit jüdischen Anführern ausgehandelt worden ist.[15] Die Juden Alexandrias strebten seit geraumer Zeit nach einer Verbesserung ihres Rechtsstatus. Bernett argumentiert, man gehe davon aus, dass die Veränderungen des Rechts in zwei Richtungen hätten gehen können. Zum einen die faktische Gleichstellung mit dem alexandrinischen Bürgerrecht, zum anderen hätten die Bürger Alexandrias versucht, dass der Princeps den Juden ihr Recht aberkennen würde.[16]

2.2 Agrippa zwischen Judentum und Kaiserkult

Der bereits oben erwähnte Agrippa reiste 38. n. Chr. nach Alexandria und hielt sich dort einige Tage auf. Er sollte klären, ob Juden und Bürger Alexandrias Streitigkeiten beigelegt hätten oder ob die Konflikte bereits eskaliert seien.[17] Darüber hinaus sollte herausgefunden werden, ob der Kaiser auf angemessene Art verehrt werde, so wie es der Kaiserkult vorsah.[18] Agrippa wurde nach seiner Ankunft von den Juden in Alexandria festlich empfangen und man nimmt an, dass er zu Gast gewesen ist, bei der Familie des Alexander, ein Bruder des Philon und kaiserlicher Beamter. Philons Bruder hatte Beziehungen zu Agrippa und ermöglichte ihn durch finanzielle Unterstützung am Hofe des Tiberius zu leben und so Kontakt mit Gaius zu knüpfen. Darüber hinaus ist bekannt, dass Alexander Agrippa auf den Thron verhalf. Es wurde auch beschlossen, dass ein Sohn des Beamten eine Tochter von Agrippa heiraten sollte.[19] Dies deutet darauf hin, dass Philon und seine Familie mit Agrippa befreundet waren. So ist anzunehmen, dass Philo mit dem Kaiserkult vertraut war. Seine Hoffnungen in den neuen Kaiser waren vielversprechend, da dieser in einer seiner ersten Amtshandlungen einen jüdischen König in Judäa einsetzte. Die jüdische Gemeinde übergab Agrippa eine Beschlussurkunde, in der unter anderem angemahnt wurde, dass Flaccus die Juden verfolge und judenfeindlich sei.[20] Dieses Dekret sollte schon vorher beim Kaiser angekommen sein, jedoch wurde es nicht von Flaccus weitergegeben, obwohl er dies den Juden zusicherte. Da Flaccus unser Gesuch um eine Gesandtschaft abgelehnt hatte, gaben wir ihm die Urkunde mit der Bitte, sie von uns weiterzuleiten. Auf die Bitte hin soll Flaccus laut Philo folgendes gesagt haben: Ich sehe daraus, daßihr alle dem Kaiser treu seid, und ich werde dies wegschicken, ganz wie ihr wollt, oder selbst das Amt eines Gesandten übernehmen, damit Gaius eure Dankbarkeit kennenlernt. Auch werde ich selbst bezeugen was ich weiß, und brauche der Fülle dessen, was euch loyal und gehorsam zeigt, nichts hinzuzufügen; die Wahrheit ist ja das stärkste Lob. [21] Ob Flaccus die Urkunde absichtlich nicht weitergegeben hat, ist nicht zu beweisen, jedoch wird aus der Sicht Philons später deutlich, dass Flaccus durch sein Vorgehen, daran hätte interessiert sein können, dass Dekret nicht an Gaius weiterzureichen. Durch Agrippa hofften die Juden einen Fürsprecher gefunden zu haben, der einflussreich war und beim Kaiser ein Wort hatte.[22] Im weiteren Verlauf, soll Agrippa noch eine entscheidende Rolle bei der Deeskalation der Konflikte zukommen und sein Widerstreit zwischen Judentum und Kaiserkult wird deutlicher werden.

[...]


[1] PhilonisAlexandrini. Legatio da Gaium. 76.

[2] Phil. Leg. 93.

[3] Phil. Leg. 119.

[4] Leisegang Hans, Philons Schrift über die Gesandtschaft der alexandrinischen Juden an den Kaiser Gaius Caligula, in: JBL, Band 57, S. 377.

[5] Philo. Leg. 93.

[6] Graf Fritz, Art. “Kaiserkult.“, in: DNP, Herausgegeben von: Hubert Cancik, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte), Brill Online, 2016.

[7] Bernett Monika, Der Kaiserkult in Judäa unter den Herodiern und Römern, Tübingen 2007, S. 270.

[8] Bernett, Kaiserkult, S. 265.

[9] Vgl., Winterling Aloys, Caligula. Eine Biographie, München 2012, S. 147.

[10] Phil. Leg. 157.

[11] Phil. Leg. 158.

[12] Phil. Leg. 159.

[13] Phil. Leg. 156.

[14] Schröter Jens, Texte zur Umwelt des neuen Testament, Stuttgart 2013, S. 208.

[15] FerillArther, Caligula Empereror of Rome, London 1991, S. 140.

[16] Bernett, Kaiserkult, S. 273.

[17] Ebd., S. 273.

[18] Ebd., S. 273.

[19] Leisegang, Gesandtschaft, S. 393.

[20] PhilonisAlexandrini. In Flaccum. 103.

[21] Phil. Flacc. 97-100.

[22] Bernett, Kaiserkult, S. 274.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Caligulas Personenkult und der Konflikt des Kaisers mit den Juden aus Alexandria und Judäa. Die Sichtweise des Philon von Alexandrien
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
11
Autor
Jahr
2016
Seiten
13
Katalognummer
V339029
ISBN (eBook)
9783668306882
ISBN (Buch)
9783668306899
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
caligulas, personenkult, konflikt, kaisers, juden, alexandria, judäa, sichtweise, philon, alexandrien
Arbeit zitieren
Benedikt Brkic (Autor:in), 2016, Caligulas Personenkult und der Konflikt des Kaisers mit den Juden aus Alexandria und Judäa. Die Sichtweise des Philon von Alexandrien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339029

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