Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG


Bachelorarbeit, 2016

47 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Goodwill als Bilanzposition nach IFRS
2.1 Erst- und Folgebilanzierung des Goodwill
2.2 Kritik an dem impairment-only approach

3 Analyse der Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG
3.1 Empirischer Forschungsstand zur Goodwill-Bilanzierung deutscher kapitalmarktorientierter Unternehmen
3.2 Bedeutung des Goodwill bei der VW AG
3.3 Abschreibung des Goodwill bei der VW AG
3.4 Anhangberichterstattung bei der VW AG
3.5 Kritische Würdigung

4 Fazit

Anhangsverzeichnis

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungen

Abbildung 1: Ermittlung des Goodwill

Abbildung 2: Goodwill-Substitution

Abbildung 3: Bedeutung des Goodwill im Konzernabschluss der VW AG

Abbildung 4: Bereinigter Ausweis des Goodwill im Konzernabschluss der VW AG

Tabellen

Tabelle 1: Parameter zur Bestimmung des Nutzungswertes der ZGE im Konzernabschluss der VW AG

1 Einleitung

„ You can live a full and rewarding life without ever thinking about Goodwill and its amortization. But students of investment and management should understand the nuances of the subject. "'1

Die erhebliche Bedeutung rund um die Thematik des Geschäfts- oder Firmenwerts (nachfolgend als Goodwill bezeichnet) war Warren Buffet bereits im Jahr 1984 bewusst. Seit einigen Jahren spiegelt sich die Bedeutung des derivativen Goodwill2 auch in den IFRS-Konzernabschlüssen deutscher Unternehmen wider. Dies scheint hauptsächlich in der Kombination zwischen der Abkehr der planmäßigen Abschreibung des Goodwill zugunsten des seit dem 31. März 2004 praktizierten impairment-only approach (IOA) sowie in der Zunahme von Unternehmenszusammenschlüssen begründet zu sein.3 Der wertmäßig hohe Betrag des ausgewiesenen Goodwill macht sich mit rund 0UG ¼ insbesondere im Konzernabschluss der VW AG bemerkbar. Vor diesem und vor dem Hintergrund der nach der Finanzkrise bereits zweiten durch den VW-Abgasskandal4 ausgelösten unternehmensinternen Krise seit Einführung des IOA, liegt das Ziel dieser Arbeit in der Analyse der Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG. Dabei ist das Augenmerk der Arbeit gleichermaßen auf den quantitativen und qualitativen As- pekten der Bilanzierung des Goodwill gerichtet, um so neben der bilanziellen Bedeu- tung ebenso Indikatoren für ein earnings management herauszuarbeiten.5

Im nachfolgenden Kapitel werden in der gebotenen Kürze die Grundlagen zur Good- will-Bilanzierung sowie deren vorherrschende Kritikpunkte erläutert. Im dritten Kapitel wird zunächst der angrenzende empirische Forschungsstand dargelegt, um darauf auf- bauend die Bedeutung des Goodwill, vorgenommene Abschreibungen des Goodwill sowie die in diesem Zusammenhang stehende Berichterstattung im VW Konzernab- schluss zu analysieren. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Analyse kritisch ge- würdigt. Die Arbeit schließt im vierten Kapitel mit einem zusammenfassenden Fazit ab.

2 Goodwill als Bilanzposition nach IFRS

2.1 Erst- und Folgebilanzierung des Goodwill

Eine Transaktion oder ein Ereignis, woraus der Erwerber die Beherrschung über einen oder mehrere Geschäftsbetrieb(e) erlangt, wird im IFRS 3 als Unternehmenszusammen- schluss definiert.6 Unternehmenszusammenschlüsse sind nach der Erwerbsmethode zu bilanzieren. Diese umfasst neben der Identifizierung des Erwerbers und der Bestim- mung des Erwerbszeitpunktes, den Ansatz und die Bewertung erworbener identifizierter Vermögenswerte, der übernommenen Schulden und der nicht beherrschenden Anteile am erworbenen Unternehmen sowie die Bilanzierung und Bestimmung des Goodwill.7 Im Rahmen von asset und share deals bewirkt der Erwerber regelmäßig eine Gegenleis- tung, die den beizulegenden Zeitwert (fair value) des erworbenen Nettovermögens im Erwerbszeitpunkt übersteigt. Der im Rahmen der Kaufpreisallokation überbleibende positive Unterschiedsbetrag stellt den anzusetzenden Goodwill8 dar.9 10 Die Abbil- dung 1 verdeutlicht die Vorgehensweise bei der Ermittlung des Goodwill nach IFRS 3.32 im Zuge eines Unternehmenszusammenschlusses und im Fall von nicht be- herrschenden Anteilen und von vor der Kontrollerlangung bestehender Beteiligungen.11

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Ermittlung des Goodwill

Quelle: Lüdenbach/Hoffmann (2015), § 31, Randziffer 134.

Sofern nicht beherrschende Anteile vorliegen, besteht bei jedem vorgenommenen Un- ternehmenszusammenschluss ein Wahlrecht zwischen der full goodwill Methode und der partial goodwill Methode. Einerseits wird der Minderheitenanteil auf Basis des fair value, andererseits auf Basis des neu bewerteten Nettovermögens ermittelt.12 Im Fall der full goodwill Methode wird damit zusätzlich der auf die Minderheiten entfallende Goodwill angesetzt. Die full goodwill Methode führt im Vergleich zur partial goodwill Methode bei einer gewöhnlichen Transaktion damit zu einer Bilanzverlängerung.13 14

Eine planmäßige Abschreibung des Goodwill wird nicht vorgesehen, weshalb im Rah- men der Folgebewertung lediglich eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden kann (IOA).15 Maßgeblich ist dabei der Niederstwerttest nach IAS 36 auf Ebene der niedrigsten zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE)16. Aus diesem Grund ist bereits im Zugangszeitpunkt eine Goodwill-Allokation auf die ZGE durchzuführen. Dabei wird der Goodwill auf jene ZGE aufgeteilt, die nach Ansicht des Managements einen voraussichtlichen Nutzen aus den Synergien des Zusammenschlusses ziehen wer- den. Die Ebene der ZGE darf dabei nicht größer sein als ein Geschäftssegment gemäß IFRS 8.5.17 Eine nachträgliche Re-Allokation des Goodwill ist lediglich bei einer tat- sächlichen Reorganisation des Berichtswesens zulässig.18 Der Niederstwerttest findet jährlich auf Ebene der ZGE statt und zusätzlich, wenn bestimmte Indikatoren19 auftre- ten, die auf eine Wertminderung hindeuten. Dabei wird der Buchwert einschließlich des Goodwill der ZGE mit dem erzielbaren Betrag verglichen. Der Buchwert einer ZGE besteht dabei nur aus Vermögenswerten, die der ZGE direkt zurechenbar sind oder der ZGE auf einer vernünftigen und stetigen Basis zugeordnet werden können. Der Buch- wert einer ZGE enthält nur dann eine angesetzte Schuld, wenn der erzielbare Betrag nicht ohne diese Schuld bestimmt werden kann.20 Demgegenüber stellt der erzielbare Betrag den höheren Betrag aus dem fair value abzüglich der Veräußerungskosten (Net- toveräußerungserlös) einer ZGE und deren Nutzungswert dar.21 Der fair value im Rah- men der Ermittlung des Nettoveräußerungserlöses ist derjenige Preis, der für den Ver- kauf eines Vermögenswertes bzw. für die Übertragung einer Schuld im Rahmen eines gewöhnlichen Geschäftsvorfalls zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag gezahlt würde.22 Der Nutzungswert stellt den Barwert der erwarteten künftigen cash flows dar, die aus einer ZGE abgeleitet werden können. Die Höhe der cash flows fußt dabei auf den jüngsten vom Management genehmigten Finanzplänen oder Vorhersa- gen.23 Es ist nicht erforderlich stets den Nettoveräußerungserlös und den Nutzungswert zu ermitteln, wenn einer der beiden Werte den Buchwert der ZGE bereits übersteigt.24 In der Praxis nimmt der Nettoveräußerungserlös eine untergeordnete Bedeutung ein, da für den Goodwill kein fair value ermittelt werden kann. Darüber hinaus dürfte unter der Annahme der Unternehmensfortführung der Nutzungswert den Nettoveräußerungserlös regelmäßig übersteigen.25 Übersteigt schließlich der Buchwert den erzielbaren Betrag einer ZGE, ist ein Wertminderungsaufwand zu erfassen. Folglich ist ein Wertminde- rungsaufwand immer dann zu erfassen, wenn nachfolgende Ungleichung erfüllt ist.26

Buchwert ZGE > Maximum {Nettoveräußerungserlös ZGE; Nutzungswert ZGE}. 27 (1)

Der Wertminderungsaufwand, der sich aus der Differenz zwischen dem Buchwert und dem erzielbaren Betrag ergibt, ist primär dem Buchwert des Goodwill zuzuordnen. Wurde die partial goodwill Methode gewählt, gilt es zusätzlich zu berücksichtigen, dass wegen des nicht abgebildeten, den Minderheiten zuzurechnenden Anteils am Goodwill, eine fiktive proportionale Goodwill-Hochrechnung auf 100 % zu erfolgen hat und dieser Goodwill dem Niederstwerttest und der Abschreibung zu unterwerfen ist. Die auf den Minderheitenanteil entfallende Wertminderung wird korrespondierend zur partial goodwill Methode nicht bilanziell erfasst. Die Hochrechnung erfolgt vor dem konzepti- onellen Missverhältnis, dass der erzielbare Betrag unabhängig zur gewählten Methode ebenso vom Goodwill-Anteil der Minderheiten gestützt wird.28 Ein etwaiger Restbetrag des aufzuteilenden Wertminderungsaufwandes wird auf die anderen in das Anwendungsgebiet des IAS 3629 fallenden Vermögenswerte der ZGE im Anteil ihrer Buchwerte zugerechnet.30 Dabei darf der Buchwert eines Vermögenswertes nicht unter den höchsten der drei Werte, bestehend aus seinem Nettoveräußerungserlös, seinem Nutzungswert und dem Wert Null, abgeschrieben werden.31 Eine spätere Wertaufholung bei dem Wegfall des Wertminderungsgrundes ist erlaubt, wobei die Zuschreibung nicht dazu führen darf, dass der erzielbare Betrag oder der fortgeführte Buchwert des Vermögenswertes, der sich ohne Wertminderung ergäben hätte, überschritten wird. Eine Wertaufholung für den abgeschriebenen Goodwill ist nicht zulässig.32

2.2 Kritik an demimpairment-only approach

Die Kritik an der Goodwill-Bilanzierung richtet sich hauptsächlich an den IOA , mit dessen Einführung im Jahr 2004 die planmäßige Abschreibung weggefallen ist.33 Seit- her werden die Möglichkeiten der bilanzpolitischen Gestaltungs- und Ermessenspiel- räume kritisiert und die adäquate bilanzielle Abbildung eines Goodwill in Frage gestellt.

Die Kritik richtet sich dabei bereits auf die der Folgebewertung vorausgehenden Good- will-Allokation auf die ZGE bei der Erfassung des Goodwill. Die im Kapitel 2.1 darge- stellte, weitgefächerte Möglichkeit der Zuordnung, ermöglicht dem Management eine zielgerichtete Aufteilung des Goodwill auf besonders ertragsstarke oder große ZGE. So kann die Goodwill-Allokation auf ein Geschäftssegment beispielsweise dazu beitragen, dass negative Entwicklungen einzelner Teileinheiten durch andere Teileinheiten dieses Segments kompensiert werden können (Kompensationseffekt). Ein Abschreibungsrisiko des Goodwill kann damit maßgeblich reduziert oder gar ausgeschlossen werden, be- rücksichtigt man zusätzlich die sich im Zuge einer Restrukturierung ergebene Möglich- keit der Re-Allokation des Goodwill auf eine neue ZGE.34

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt liegt im Gestaltungs- und Ermessensspielraum bei der Berechnung des Nutzungswertes begründet. Das in der Praxis zur Anwendung kommende discounted cash flow Verfahren erfordert die Bestimmung ermessensbehaf- teter Determinanten. So basiert die Ermittlung erwarteter cash flows für den Zeitraum von grundsätzlich fünf Jahren auf Finanzplänen und Vorhersagen des Managements. Außerhalb dieser Detailplanungsphase erfolgt eine vereinfachte Fortschreibung der cash flows unter Verwendung einer durch Extrapolation aktueller Prognosen ermittelten Wachstumsrate.35 Zur Abzinsung der Zahlungsströme wird regelmäßig ein unterneh- mensspezifischer Diskontierungssatz geschätzt.36 Nuancen beim Ansatz des Eigen- oder Fremdkapitalkostensatzes und anderer Faktoren können den Diskontierungssatz und damit die Zahlungsreihe erheblich beeinflussen.37 Der sich aus der Schätzung künftiger cash flows und dem Diskontierungssatz ergebene breite Gestaltungs- und Ermessens- spielraum bietet dem Management damit eine zielorientierte Steuerung und Anpassung des Nutzungswertes. Je nach Ausgestaltung kann das Management eines Unternehmens über die obigen Steuerungsgrößen die Abschreibung eines Goodwill vermeiden oder im Gegenzug auch auslösen.38 Das Instrumentarium vor allem für ein big bath accounting 39 sowie für ein income smoothing, wird dem Management damit bereitgestellt.40 41

Der weitere Aspekt, der gegen den IOA spricht, spiegelt sich in empirischen Studien wider, deren Ergebnisse geringe Abschreibungsquoten des Goodwill aufzeigen.42 Nach herrschender Meinung unterliegt der Goodwill jedoch einem Werteverzehr. Eine Wert- erhaltung kann zwangsläufig nur durch laufende Investitionen in die erworbenen Goodwill-Komponenten erfolgen.43 Dieser neu entstehende Anteil stellt jedoch einen dem Ansatzverbot unterliegenden originären Goodwill dar.44 Es kommt im Zeitverlauf also zu einer Goodwill-Substitution im Sinne einer backdoor capitalisation des originä- ren Goodwill, deren Möglichkeit sich ohne einen Unternehmenszusammenschluss nicht ergeben hätte.45 Hieran angeknüpft wird der Gewinnausweis fehlerhaft dargestellt, da sich der wirtschaftliche Werteverzehr des derivativen Teils des Goodwill nicht adäquat in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlägt, weil entweder keine Abschreibung vorgenommen wird oder eine Abschreibung darin mündet, dass der kumulierte Werte- verfall nicht periodengerecht abgebildet wird.46 Ferner wird auch das mit einem be- tragsmäßig hohen Goodwill einhergehende latente Verlustpotential kritisch betrachtet.47 Wie sich eine Goodwill-Substitution im Extremfall auswirkt und wie sich obige Kritik anhand zweier Szenarien zusammenfassen lässt, illustriert Abbildung 2.48

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Goodwill-Substitution Quelle: Eigene Darstellung.

Es lässt sich erkennen, dass die Summe der Anteile vom originären und derivativen Goodwill im Zeitverlauf stets dem bilanziell abgebildeten Goodwill entspricht. Unter der Annahme einer zehnjährigen Nutzungsdauer, bei zeitgleichen Investitionen in den erworbenen Goodwill, wäre im Geschäftsjahr (GJ) 2010 ausschließlich der originäre Goodwill bilanziell abgebildet. Sollte im GJ 2008 jedoch eine insgesamt 50%ige nicht substitutionell kompensierbare und außerplanmäßige Abschreibung des Goodwill vorgenommen werden, führte dies zur theoretischen Komplettabschreibung des derivativen Goodwill und zur 20%igen Abschreibung des neu entstandenen originären Goodwill. Es käme also zur Goodwill-Substitution, die in einen periodenübergreifend fehlerhaften Gewinnausweis mündete. Gleichermaßen führte eine planmäßige Abschreibung, die dem wirtschaftlichen Werteverzehr ebenfalls nachhinkte, zu einem ähnlichen Effekt, doch fiele er indes wesentlich abgemilderter aus.49

Trotz aller sich aus dem IOA ergebenen Nachteile, hält das International Accounting Standard Board (IASB) daran fest, da eine planmäßige Abschreibung den tatsächlichen Werteverzehr wegen der unbekannten Nutzungsdauer eines Goodwill nicht adäquat widerspiegele und so keine entscheidungsnützliche Abschlussinformation50 liefere.51 52

3 Analyse der Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG

3.1 Empirischer Forschungsstand zur Goodwill-Bilanzierung deutscher kapital- marktorientierter Unternehmen

Die Kritik an der Goodwill-Bilanzierung spiegelt sich auch im erheblichen Ausmaß in empirischen Studien für deutsche kapitalmarktorientierte Unternehmen in den Jahren 2004 bis 2014 wider. Zu den wohl bekanntesten Veröffentlichungen gehören die jährli- chen Analysen des verstorbenen Karlheinz Küting über die Goodwill-Entwicklung der deutschen DAX30, MDAX, SDAX und TecDAX Unternehmen. So zeigte Küting auf, dass die absolute sowie relative Bedeutung des Goodwill als Bilanzposition bereits im Jahr 2006 spürbar gestiegen ist. Als Grund zog er auch die Einführung des IOA heran, da in diesem Zuge die Wertminderung wegen der guten konjunkturellen Entwicklung deutlich an Relevanz verloren habe. Im Umkehrschluss sei aber mit höheren Abschrei- bungsquoten in Jahren abnehmender Konjunktur zu rechnen.53 Eine geringfügige Ab- schreibungsquote bestätigte sich erneut im Folgejahr. Als Ursache zog Küting erstmals detailliert auch die Gestaltungs- und Ermessensspielräume und den Kompensationsef- fekt innerhalb einer ZGE sowie die Goodwill-Substitution heran.54 Im Krisenjahr 2008 zeigte sich ebenfalls eine relativ geringe Abschreibungsquote, weshalb Küting die im Jahr 2007 aufgestellte These konjunkturabhängiger Goodwill-Abschreibungen in Frage stellte. Gleichzeitig belegte seine erstmalige Analyse der Berichterstattung, dass mehr- heitlich unvollständige und unklare Erläuterungen abgegeben wurden.55 In den Folge- jahren kristallisierte sich weiter heraus, dass die Goodwill-Position eine immer größere Rolle in den Bilanzen deutscher Unternehmen einnimmt. Ferner zeigte sich, dass die These einer konjunkturabhängigen Goodwill-Abschreibung nicht bestätigt werden kann.56 Im Ergebnis sah Küting den Abnutzungsverlauf im Rahmen des IOA nicht adä- quat abgebildet, weshalb er sich im Jahr 2013 schließlich für eine typisierte planmäßige Abschreibung aussprach.57 Die Studie von Rogler, Straub und Tettenborn, ebenfalls über alle DAX Unternehmen der Jahre 2008 bis 2010, bestätigte Kütingµs Ergebnisse dahingehend, dass die Goodwill-Positionen ein immer bedeutenderes Ausmaß anneh- men und kein signifikanter Anstieg der Goodwill-Abschreibungen infolge der Finanz- krise vorlag.58 Gleichermaßen fielen die Studien von Kümpel und Klopper sowie von Pilhofer und Herr aus, deren Analysen sich auf die DAX30 Unternehmen in den Jahren 2000 bis 2011 bzw. 2005 bis 2014 bezogen.59 Eine ähnliche Studie von Frey und Oehler für die DAX30 Unternehmen in den Jahren 2005 bis 2007 offenbarte ebenfalls die stei- gende Bedeutung des Goodwill. Zudem zeigte die Studie, dass sich die Berichterstat- tung der Unternehmen quantitativ zwar verbessere, sich jedoch sehr hohe Bandbreiten der Diskontierungssätze und Wachstumsraten der berichtenden Unternehmen aufzei- gen.60 Die hohen Bandbreiten bestätigten sich ebenfalls in der Studie von Müller und Reinke für die DAX30, MDAX und SDAX Unternehmen im Jahr 2007. Die Bandbreite für den Diskontierungssatz vor Steuern nahm ein Ausmaß von 7 % bis 24,5 % an.61

Entgegen der herrschenden Meinung kamen Wulf und Hartmann zu der Auffassung, dass bei einer isolierten Betrachtung des Zeitraums 2007 bis 2011 unter ausschließlicher Berücksichtigung der absoluten Wertminderungen, die Finanzkrise durchaus Einfluss auf die vorgenommenen Abschreibungen der DAX30 Unternehmen hatte. Gleichzeitig sei ein bilanzpolitischer Einfluss hinsichtlich der Wachstumsraten und Diskontierungs- sätze erkennbar.62 Den identischen Zeitraum untersuchte Dressen für die SDAX Unter- nehmen und sah die hohe Bedeutung des Goodwill sowie die unzureichende Abschrei- bung in Krisenzeiten bestätigt. Darüber hinaus konnte Dressen einen tendenziell positi- ven Zusammenhang zwischen der Höhe vorgenommener Wertminderungen und dem Wechsel des Managements feststellen. Ebenfalls konnten Mängel in der Berichterstat- tung sowie starke Modifizierungen der cashflow Annahmen und auffallende Verände- rungen der Diskontierungssätze festgestellt werden.63 Einen Zusammenhang zwischen der Erfassung von Wertminderungen und einem Managementwechsel und darüber hin- aus Hinweise für die Anwendung von big bath accounting sowie income smoothing konnten im Rahmen der Studie von Zülch und Siggelkow für die DAX30, MDAX, SDAX und TecDAX Unternehmen der Jahre 2004 bis 2010 festgestellt werden.64 Indi- zien für ein big bath accounting konnten zudem in der Studie von Tettenborn, Rohleder und Rogler für ebenfalls alle DAX Unternehmen im Zeitraum 2008 bis 2011 aufgezeigt werden. Eindeutig konnte der Nachweis jedoch nicht erbracht werden, da die Gründe für die vorgenommenen Abschreibungen unzureichend offengelegt worden seien.65

In Abgrenzung zu den obigen Studien, deren Untersuchungsgegenstand die deutschen Aktienindizes darstellten, fokussierte sich die Studie von Mahlau und Möhlmann- Mahlau speziell auf die Analyse der Goodwill-Position der Sky Deutschland AG im Zeitraum 2005 bis 2013. Die Studie zeigte das Risiko einer bilanziellen Überschuldung durch das exorbitant hohe Verhältnis von Goodwill zu Eigenkapital in Höhe von zeit- weise über 1.500 % auf.66

[...]


1 Buffet (1984).

2 Sofern nachfolgend keine weiteren Angaben gemacht werden, beziehen sich die Ausführungen auf den derivativen Goodwill. In Abgrenzung zum originären (selbst geschaffenen) Goodwill handelt es sich beim derivativen um einen entgeltlich erworbenen Goodwill. Vgl. Baetge et al. (2014b), S. 257 f.

3 Vgl. Kümpel/Pollmann (2015), S. 20, m. w. N.; Pilhofer/Herr (2015), S. 488, m. w. N.

4 Hierunter werden die anhaltenden Vorgänge verstanden, die im Zusammenhang mit dem Vorwurf der illegalen Abschalteinrichtung in der Motorsteuerungssoftware diverser VW-Dieselmotoren im Sep- tember 2015 entstanden sind. Vgl. VW (2016), S. 49 ff.

5 Vgl. zur Ausnutzung bilanzpolitischer Spielräume als Ausdruck der Managementqualität Zülch (2016), S. 263.

6 Vgl. IFRS 3.Appendix A.

7 Vgl. IFRS 3.4 ff.

8 Der Goodwill stellt einen (immateriellen) Vermögenswert dar, der aus einem Konglomerat unter- schiedlicher immaterieller Werttreiber besteht. Vgl. ausführlich zur Bedeutung des Goodwill Kü- ting/Weber (2015), S. 568 ff. Die interpretativen Komponenten eines Goodwill sind im Anhang 1 dar- gestellt.

9 Ein negativer Unterschiedsbetrag ist nach wiederholter Überprüfung (reassessment) erfolgswirksam zu erfassen. Vgl. IFRS 3.34-36.

10 Während beim Anteilskauf (share deal) die Aufdeckung des Goodwill im Konzernabschluss erfolgt, kommt es beim Unternehmenskauf (asset deal) bereits im Einzelabschluss zur Aufdeckung. Vgl. aus- führlich zu den Formen von Unternehmenszusammenschlüssen und deren bilanzielle Abbildung Coe- nenberg et al. (2016), S. 673 ff.; Metz (2012), S. 457 ff.; Pellens et al. (2014), S. 735 ff.

11 Sollten im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses keine Minderheiten und/oder Altanteile existieren, fallen die entsprechenden Positionen in der Ermittlung schlicht weg. Vgl. Petersen et al. (2015), S. 543 f.

12 Vgl. IFRS 3.19.

13 Vgl. Tettenborn (2015), 127 f.

14 Die Übernahme der MAN SE durch die VW AG im Jahr 2011 zeigt exemplarisch die Ausnahme dieser Regel. Hier wäre der ausgewiesene Goodwill nach der partial goodwill Methode wegen des ge- fallenden Aktienkurses der MAN SE größer ausgefallen. Vgl. Grathwohl/Voeller (2016), S. 157.

15 Vgl. IFRS 3.B63(a).

16 Ohne es wiederholend zu erwähnen, umfasst die ZGE hier und nachfolgend auch zahlungsgenerieren- de Einheiten oder Gruppen von zahlungsgenerierenden Einheiten.

17 Vgl. IAS 36.80.

18 Vgl. ausführlich Böckem/Schlögel (2011), S. 184 ff.; IAS 36.87.

19 Hierzu zählen exemplarisch nachteilige Veränderungen im technischen, marktbezogenen, ökonomi- schen oder gesetzlichen Umfeld des Unternehmens (externe Indikatoren) oder auch substanzielle Hinweise auf eine verminderte Ertragskraft der ZGE (interne Indikatoren). Neben diesen können auch andere Indikatoren, die auf eine Wertminderung hindeuten, identifiziert werden. Vgl. IAS 36.12-17.

20 Vgl. für ein ausführliches Beispiel Pellens et al. (2014), S. 776 f.

21 Vgl. IAS 36.74-76; IAS 36.90.

22 Vgl. IAS 36.6; IFRS 13.9.

23 Vgl. IAS 36.6; IAS 36.30-57.

24 Vgl. IAS 36.19.

25 Vgl. Baetge et al. (2014a), S. 8, m. w. N.; IAS 36.20.

26 Vgl. IAS 36.90.

27 Vgl. für eine grafische Darstellung Anhang 2.

28 Vgl. IAS 36.C4-C8; Pellens et al. (2014), S. 778 f.

29 Nicht in das Anwendungsgebiet der Wertminderungsvorschriften des IAS 36 fallen exemplarisch Vorräte (IAS 2) oder finanzielle Vermögenswerte (IAS 39). Vgl. IAS 36.2.

30 Vgl. IAS 36.59; IAS 36.104.

31 Vgl. IAS 36.105.

32 Vgl. IAS 36.122-125.

33 Thematisch angrenzend, aber nachfolgend nicht näher behandelt, steht bspw. auch das Wahlrecht zwischen der partial- und full goodwill Methode sowie die für die Ermittlung der Höhe des Goodwill erforderliche Kaufpreisallokation im Fokus der Kritik. Zudem gehört die Kaufpreisallokation zusam- men mit dem impairment Test auch im GJ 2015 zu dem fehleranfälligsten Gebiet der Rechnungsle- gung. Vgl. Bader/Schreder (2012), S. 278 ff.; DPR (2016), S. 6 f.; Zwirner (2010), S. 413 ff.

34 Vgl. Gundel et al. (2014), S. 132, m. w. N.; Küting/Weber (2015), S. 574, m. w. N.; Scheren/Scheren (2014), S. 89 f., m. w. N.

35 Vgl. IAS 36.33.

36 Vgl. IAS 36.57; IAS 36.A15-A21.

37 Vgl. für ein ausführliches Beispiel zu den Auswirkungen kleinster Parameterveränderungen auf die Höhe des Nutzungswertes Müller/Reinke (2009), S. 302 ff.

38 Vgl. Gundel et al. (2014), S. 132, m. w. N.; Küting/Weber (2015), S. 576, m. w. N.; Scheren/Scheren (2014), S. 90, m. w. N.

39 Diese Technik umfasst die Strategie von Managern, im Rahmen ihres bilanzpolitischen Spielraums ein schwaches Periodenergebnis des Berichtsjahres durch eine gezielte Ergebnisbelastung (bspw. die Erfassung einer aufgeschobenen oder vorweggenommenen Wertminderung) noch schwächer abzubil- den, um ein höheres Ergebnis in Nachfolgeperioden zu erzielen. Vgl. Levitt (1998), S. 2545; Strong/Meyer (1987), S. 644.

40 Vgl. Zülch (2016), S. 263.

41 Vgl. für eine umfassende Übersicht über die Motive, die für eine bilanzpolitische Beeinflussung von Goodwill-Abschreibungen sprechen Ramanna/Watts (2012), S. 757 ff.

42 Vgl. ausführlich Kapitel 3.1.

43 Vgl. Küting/Weber (2012), S. 368 f.; Pellens et al. (2014), S. 775.

44 Vgl. IAS 36.125; IAS 38.48.

45 Vgl. Saelzle/Kronner (2004), S. 161.

46 Vgl. Gundel et al. (2014), S. 133, m. w. N.

47 Vgl. Küting/Weber (2015), S. 582.

48 Zur Vereinfachung wird davon ausgegangen, dass der bezeichnete Goodwill aus lediglich einer Kom- ponente besteht, sodass keine Interdependenzen und Überlagerungen der Nutzungsdauern berücksich- tigt werden müssen.

49 Vgl. Baetge et al. (2014a), S. 16.

50 Vgl. kritisch zur Frage nach der Entscheidungsnützlichkeit ebd., S. 9 ff.

51 Vgl. IFRS 3.BC140 (2004).

52 Vgl. für eine ausführliche Darstellung der Argumentation des IASB Beyer (2015), S. 246 f. 8

53 Vgl. Küting (2007), S. 2031.

54 Vgl. Küting (2008), S. 1800.

55 Vgl. Küting (2009), S. 1868 ff.

56 Vgl. Küting (2010), S. 1860 ff.; Küting (2011), S. 1681 ff.; Küting (2012), S. 1938 f.

57 Vgl. Küting (2013), S. 1802 f.

58 Vgl. Rogler et al. (2012), 346 ff.

59 Vgl. Kümpel/Klopper (2014a); Kümpel/Klopper (2014b); Pilhofer/Herr (2015), S. 480 ff.

60 Vgl. Frey/Oehler (2009), S. 319 ff.

61 Vgl. Müller/Reinke (2010), S. 29 f.

62 Vgl. Wulf/Hartmann (2013), S. 593 ff.

63 Vgl. Dressen (2013), 470 ff.

64 Vgl. Zülch/Siggelkow (2012), S. 386 ff.

65 Vgl. Tettenborn et al. (2013), S. 36 ff.

66 Vgl. Mahlau/Möhlmann-Mahlau (2014), S. 483 ff. 10

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
47
Katalognummer
V338525
ISBN (eBook)
9783668279438
ISBN (Buch)
9783668279445
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, goodwill-position, konzernabschluss, beispiel
Arbeit zitieren
Janco Herzig (Autor:in), 2016, Goodwill-Position im Konzernabschluss der VW AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338525

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