Wahlsysteme und Entwicklungen des Wahlrechts

Eine vergleichende Analyse zwischen dem österreichischen Verhältniswahlrecht und dem englischen Mehrheitswahlrecht. Die Debatte einer Wahlrechtsreform in Österreich


Diplomarbeit, 2015

118 Seiten, Note: Befriedigend


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Themenstellung und Relevanz der Themenstellung
1.2 Formulierung der Forschungsfrage
1.2.1 Unterfragestellungen
1.2.2 Thesen
1.3 Methodische Vorgehensweise

2 Theoretischer Ansatz
2.1 Demokratietheorien
2.2 Wahlrechtsprinzipien
2.3 Wahlsysteme

3 Das österreichische Wahlsystem
3.1 Historische Besonderheiten
3.1.1 Anfänge des Parlamentarismus
3.1.2 Parlamentarische Demokratie (Zweite Republik)
3.2 Das Verhältniswahlrecht
3.2.1 Abgrenzung zum Mehrheitswahlrecht
3.2.2 Parteien in Österreich

4 Das britische Wahlsystem
4.1 Historische Besonderheiten
4.1.1 Ursprung und Entstehung
4.1.2 Parlamentarische Demokratie (Westminster-System)
4.2 Das Mehrheitswahlrecht
4.2.1 Abgrenzung zum Verhältniswahlrecht
4.2.2 Parteien in Großbritannien

5 Konzepte in Österreich
5.1 Reformvorschläge
5.1.1 Relatives Mehrheitswahlrecht und Varianten
5.1.2 Neisser’sche Personalisierung des Wahlrechts
5.1.3 Mischformen (Broda-Gratz/Rösch)
5.2 AktuellerStand in Österreich
5.2.1 Befragung der Parlamentsfraktionen
5.2.2 Aussagenanalyse der Befragungen
5.2.3 Situationund Kritik
5.2.4 Mehrheitsförderndes Wahlrecht als Chance

6 Conclusio

7 Literaturverzeichnis

Anhangverzeichnis

Anlage 1: Reinhold Lopatka für Wolfgang Gerstl (ÖVP)

Anlage 2: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (ÖVP)

Anlage 3: Daniela Musiol (Die Grünen)

Anlage 4: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (Die Grünen)

Anlage 5: Nikolaus Scherak (NEOS)

Anlage 6: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (NEOS)

Anlage 7: Christoph Hagen (Team Stronach)

Anlage 8: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (Team Stronach)...

Anlage 9: Peter Wittmann (SPÖ)

Anlage 10: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (SPÖ)

Anlage 11: Harald Stefan (FPÖ)

Anlage 12: Zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (FPÖ)

Anlage 13: Qualitativer Leitfaden-Fragebogen (Muster)

1 Einleitung

1.1 Themenstellung und Relevanz der Themenstellung

Wie sagte schon damals der berühmte Staatskanzler Dr. Karl Renner „Das Wahl­recht ist die Visitenkarte des Staates“. Hierzulande steht dieses Diktum für eine „Par­teiendemokratie“, welche durch ein starres Verhältniswahlsystem und einem Lis­tenwahlrecht gekennzeichnet ist. 1

In Österreich gibt es seit geraumer Zeit Kritik und Diskussionen bezüglich des Wahlsystems. Die österreichischen Parteien sind sich zu diesem Thema erwar­tungsgemäß nicht einig!

Auf der einen Seite selbst, wenn sich die traditionellen Großparteien wie die Sozi­aldemokratische Partei und die Österreichische Volkspartei für eine Umwandlung in ein mehrheitsrechtliches Wahlsystem aussprechen, gibt es andererseits die op­positionellen und kleineren Parteien wie beispielsweise die Grünen, welche eher gegen eine Änderung auftreten. Eine Mehrheitswahl würde die Kleinparteien schwächen und Mehrheiten der Großparteien fördern. Aufgrund dieser Logik ist der Aufschrei der Opposition nachvollziehbar. Die brennende Frage, welche sich im Zuge dieser Diskussion stellt, ist, ob und in welcher Form eine Wahlsystemre­form in Österreich möglich sein kann.

Die Diplomarbeit soll der Analyse gerecht werden, ob die Debatte rund um eine Wahlrechtsreform in Österreich berechtigt ist und ob anhand der vergleichenden Analyse das Mehrheitswahlrecht eine Verbesserung darstellt. Diese soll anhand der Beispiele Österreich und Großbritannien erstellt werden. Unter anderem wer­den einige Punkte zu diesem demokratiepolitischen Thema beleuchtet.

Darüber hinaus wird analysiert, welche konzeptionellen Rahmenbedingungen de­mokratiepolitisch von Bedeutung sind.

Außerdem wird erforscht, welche Unterschiede die verschiedenen Wahlrechte für diejeweiligen Parteienlandschaften in Österreich sowie Großbritannien haben.

Zu Ende der Arbeit soll die Hauptfrage beantwortet werden, wie das Verhältnis­wahlrecht der Republik Österreich einer Reform unterzogen werden kann oder ein mehrheitsförderndes Wahlsystem eingeführt werden soll.

1.2 Formulierung der Forschungsfrage

Warum soll das Verhältniswahlsystem in der österreichischen Demokratie aufgrund der vorhandenen Rahmenbedingungen einer Reform unterzogen werden?

Die Hauptforschungsfrage und deren fünf Unterfragen sollen im Rahmen der Ar­beit beantwortet werden und einen direkten Bezug zum Generalthema sowie dem Arbeitstitel nehmen.

1.2.1 Unterfragestellungen

a. Wie ist das österreichische Wahlsystem verglichen mit dem englischen System historisch gewachsen?
b. Welche Unterschiede weist das Verhältniswahlrecht im Vergleich mit dem System der Mehrheitswahl auf?
c. Welche Reformvorschläge und Entwürfe gibt es bisher?
d. Wie stehen die parlamentarischen Fraktionen zu einer Reformierung im Sinne der Mehrheitswahl?
e. Welche Argumente sprechen für ein mehrheitsförderndes Wahlrecht?

1.2.2 Thesen

- Die Verteilung der Mandate erfolgt beim Verhältniswahlsystem demokratiepoli­tisch „gerechter“ als beim Mehrheitswahlsystem.
- Durch die kleineren Wahlkreise beim Mehrheitswahlsystem entsteht eine höhe­re Bindung zwischen Mandatar und der Wählerschaft.
- Eine stärkere Personalisierung der Verhältniswahl kann die Politikverdrossen­heit in Österreich „entschärfen“.

1.3 Methodische Vorgehensweise

Einerseits basiert der theoretische Teil auf Basisliteratur der Politikwissenschaften sowie der Grundelemente der Politik. Zum Thema Wahlen und - Wahlsysteme gestaltete sich die Recherche recht erfolgreich. Dabei waren wichtige Autoren wie etwa Adamovich, Diendorfer, Neisser und Nohlen sowie elektronische verfügbare Quellen für die Thematik von Relevanz.

Hauptaugenmerk der Arbeit liegt in der Analyse der grundlegenden und relevanten Reformkonzepte, sowie im Vergleich zwischen den fundamentalen Wahlsystemen am Beispiel Österreich und Großbritannien. Darüber hinaus werden im empiri­schen Teil Befragungen der parlamentarischen Fraktionen interpretiert. Es handelt sich um qualitative Leitfaden-Befragungen, wofür auch ein Fragebogen ausgear­beitet wurde. Die Fragen wurden an die jeweiligen Verfassungssprecher der Par­teien zum Thema Wahlrecht gerichtet. Die Ergebnisse wurden qualitativ-inhaltlich analysiert und nach der zusammenfassenden Inhaltsanalyse laut Mayring ausge­wertet sowie interpretiert.

Zur Gewinnung politwissenschaftlicher Erkenntnisse bedient sich der Autor an der Methode des Vergleiches. Das Herzstück der Arbeit und des politikwissenschaftli­chen Vergleiches stellt der empirische Leitfaden-Fragebogen dar.

Dieser bietet auch die notwendigen vergleichenden Kriterien, welche im Anschluss die Unterschiede des Untersuchungsgegenstandes ermöglichen.2 Dabei kommt die Differenzmethode zum Einsatz, welche möglichst unterschiedli­che Merkmale der vergleichenden Objekte erfasst. Es werden die zwei grundle­genden Wahlsysteme der Verhältnis- und Mehrheitswahl analysiert und durch eine empirische Befragung der aktuelle Stand der österreichischen Parlamentsfraktio­nen verglichen. Die Grundaussagen werden nach Mayring analysiert und zusam­mengefasst. Die jeweiligen Positionen der Fraktionen werden mit der Konkordanz Methode behandelt.

Recherchiert hat der Autor auf Bibliotheken wie der Universität Wien - Fachbe­reichsbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, Fachbereichsbibliothek für Politik­wissenschaften sowie der Bibliothek der Fachhochschule des BFI Wien. Als be­deutende Ergänzung bei der Recherchearbeit diente der Online-Gesamtkatalog „Österreichischer Bibliotheken Verbund (OBV)“. Sämtliche österreichische Bibliothekskataloge waren zur weiteren Vervollständigung der Literatur hilfreich. Einige wichtige Werke waren als elektronische Ressource verfügbar und mussten deshalb nicht ausgeliehen werden.

Zur Historie und der geschichtlichen Entwicklung gab es mehrere wichtige Disser­tationen, welche an der Universität Wien zu finden waren und somit als weitere Quelle der Arbeit dienten.

Auch das Internet sowie die Suchmaschine Google waren zur Recherche für elekt­ronische wissenschaftliche Quellen bedeutend.

Im Literaturverzeichnis sind auch Werke angeführt, welche nicht direkt oder indi­rekt in der Arbeit zitiert wurden, jedoch für die Recherche und das „Einlesen“ von Wichtigkeit und als Basis dienten.

Als wichtige Schlagwörter bei der Untersuchung sind Begrifflichkeiten wie „Wah­len“, „Wahlreform“, „Wahlsysteme“, „Verhältniswahlsystem“, sowie „Mehrheits­wahlsystem“ unter der geographischen Eingrenzung „Österreich und Großbritan­nien“ anzuführen.

Die Begrifflichkeiten „Wahlrecht“ und „Wahlsystem“ sind als ident anzusehen und werden als Synonym in der Arbeit gleichgesetzt verwendet.

Bei sämtlichen Formulierungen dieser Arbeit sind die weiblich-grammatikalischen Formen im Sinne der Gleichbehandlung sinngemäß in den angeführten männli­chen enthalten, sofern sie nicht explizit angeführt werden.

Die Verwendung der nach den grammatikalischen Regeln der deutschen Sprache korrekten männlichen Sprachformen stellt somit keine Diskriminierung dar, son­dern ist in diesem Fall als geschlechtsneutral zu interpretieren.

Zudem gilt bei allen personenbezogenen Bezeichnungen die gewählte Form für beide Geschlechter.

2 Theoretischer Ansatz

Im folgenden einführenden Kapitel wird der theoretische Hintergrund des Themas aufgegriffen. Zu der Frage der Demokratietheorien, werden die bedeutenden nor­mativen sowie empirischen Konzepte erläutert. Die vorliegende Arbeit geht von einem normativen Ansatz aus. Bei der Theorie des demokratischen Wahlrechtes werden die Wahlrechtsprinzipien und Funktionen sowie die Grundsätze von Wah­len definiert, welche die Rahmenbedingungen der Systeme darstellen. Darüber hinaus werden die grundlegenden Wahlsysteme der Mehrheits- und Verhältnis­wahl vorgestellt und die theoretischen Differenzen aufgezeigt.

2.1 Demokratietheorien

Es gibt keine befriedigende Definition darüber, was eine Demokratie ist. Mögliche Elemente sind etwa Volkssouveränität, Gleichheit, Partizipation, Mehrheitsherr­schaft, Toleranz et cetera.

Wenn man den Begriff Demokratie historisch betrachtet, dann bedeutet die Über­setzung aus dem griechischen „Volksherrschaft“.

Für Max Weber wurde der moderne Verfassungsstaat durch die Entwaffnung von Bürgerkriegsparteien sowie die Durchsetzung von hoheitlicher Staatlichkeit durch legitime physische Gewalt begründet. Jedoch verrät dies wenig über die Beschaf­fenheit der herrschaftlichen Organisation eines Staates. Erst aufgrund der Durch­setzung der Souveränität des Volkes und der Einführung des allgemeinen Wahl­rechts kann man von einem demokratischen Verfassungsstaat sprechen. Diese Grundelemente sind Teil eines Entwicklungsprozesses der Demokratie und kön­nen durch sozialstaatliche sowie globale Komponenten erweitert werden. In Folge dieser Prozessdynamik leiten sich Demokratietheorien von der demokratischen Praxis ab.3

Eva Kreisky zufolge, fand sich Max Weber mit dem neuen parlamentarischen Sys­tem ab. Jedoch verstand er seine Denkweise als „Kampf gegen Bürokratismus“ und plädierte für „Fehlerlosigkeit“. Die „Massendemokratie“ impliziert eine natürli­che „Führerauslese“ durch die Teilnahme der Massen am System. Die Fehlent­wicklungen und Verzerrungen von parlamentarischen Demokratien können in der Praxis durch die Ausführung der repräsentativen Demokratie im „Faschismus“ münden so Kreisky.[1]

Bei den Theorien von Demokratien gibt es viele Ansätze, wie normative, ökonomi­sche oder funktionelle Konzepte. Zwischen den Demokratietheorien ist grundsätz­lich von normativen und empirischen Theorien zu unterscheiden. Die normative Lehre geht von Normen, Zielvorstellungen sowie Sollzuständen aus. Diese Theo­rielehre geht mit dem expansionistischen Begriff, also einer Ausweitung von de­mokratischen Rechten einher. Das Volk ist als Träger aller Gewalt anzusehen. Bei den empirischen Lehren, geht es um bereits existierende Demokratien. Dabei wird versucht, aus der erfahrbaren Realität Theorien abzuleiten. Somit liegt hierbei das Hauptaugenmerk auf der „Realverfassung“. Es muss festgehalten werden, dass wenn von Demokratie gesprochen wird, somit natürlich auch normative Vorstel­lungen mit empirischen Tatsachen verbunden sind. Es handelt sich dabei um kei­ne absolute Klassifizierung.[2]

Normative Lehren versuchen zu erläutern, was eine Demokratie idealtypisch aus­macht. Hingegen beschreibt empirischen (deskriptiven) Ansätze, wie eine Demo­kratie realistischerweise funktioniert“.[3]

Beim rechtshistorischen Ansatz, wird zwischen materiellen, also funktionalen so­wie von formellen Theorien unterschieden. Dabei wird die Funktion von Wahlen als Bestimmung derVolksherrschaft hervorgehoben.[4]

Identitäre Demokratietheorie:

Speziell wird darunter das Konzept von Rousseau der Souveränität des Volkes verstanden. Das Ziel ist die vollkommene Volksherrschaft. Damit verbunden kann dieses Konzept als eine identitäre Demokratietheorie verstanden werden. Dabei geht es um die Identität zwischen Herrschern und Beherrschten. Der Unterschied zwischen diesen beiden Komponenten soll entfernt werden. Die Beherrschten sind ein Synonym für das Volk. Es werden keine Rechte an den Staat abgegeben und deshalb bleibt die Machtausübung beim Volk. Die Umsetzung setzt eine Findung und Errichtung des allgemeinen Willens aller voraus („volonte generale“). Als Un­terschied zum Gemeinwillen, nennt Rousseau den Willen aller Einzelinteressen der Individuen („volonte de tous“). Die Wahlen können als Ausdruck der Volks­herrschaft abgeleitet werden.[5]

Der Fokus liegt auf der Abschaffung der Differenz zwischen Herrschenden und Beherrschten des Demokratieverständnisses von Rousseau. Vertreter der identiä- ren Demokratietheorie weisen Elemente wie Stellvertreterschaft, Bevollmächti­gung oder Zwischengewalten zurück. Rousseau dachte über Wahlen in Bezug auf das Volk: „dann lebt es wieder in Knechtschaft, ist es nichts“. Er spricht von einem Ansatz der „wahren Demokratie“.[6]

Repräsentative Demokratietheorie:

Primärer Zweck ist die Ermöglichung und das Sichtbarmachen von Verantwort­lichkeit. Weniger bedeutend ist die Partizipation. In diesem Kontext bedeutet De­mokratisierung eine Maximierung der Chancen auf Beteiligung sowie politischer Verantwortung. Mandt ist der Auffassung, dass die Grundelemente der politischen Herrschaft Konstituierung und Limitierung sind. Der Volkswille wird nicht als unmit­telbar verstanden und Repräsentanten treten vermittelnd auf. Die Elemente sind etwa Zwischengewalten, Stellvertretungen sowie Bevollmächtigungen.

Traditionell-liberale Demokratietheorie (Liberalismus):

Diese Theorie stammt von angelsächsischer Herkunft und wurde durch Edmund Burke, dem Vater des Konservatismus geprägt. Kennzeichnend dafür ist eine Re­gierung, welche Entscheidungen trifft und dafür auch die Verantwortung über­nimmt. Der Fokus liegt auf das Zustandekommen pflichtbewusster und zurechen­barer Verordnungen.

Pluralistisch-repräsentative Demokratietheorie (Pluralismus-Konzept):

Es wird davon ausgegangen, dass die Perzeption des Eigennutzes ein Teil der menschlichen Natur ist. Das Ziel der Politik ist eine möglichst vollständige Wider­spiegelung, also der Repräsentation des heterogenen Denkens und Wollens der Gesellschaft. Zu diesem Denkansatz des Demokratieverständnisses lassen sich auch Hans Kelsen und seine bedeutende Mitwirkung beim österreichischen Bun- des-Verfassungsgesetz von 1929 anführen.[7]

Der Staatsrechtler Kelsen hatte eine sozialdemokratische Affinität und seine par­lamentarische Kritik ist von den Begrifflichkeiten „Demokratie“ und „Parlament“ geprägt. Für Kelsen stellt die Demokratie das Ideal der „Führerlosigkeit“ und das Parlament ein demokratisch gewähltes Kollegialorgan dar, welches sich großen­teils nach Mehrheitsentscheidungen richtet.[8]

Jedoch soll die Politik soll auf alle Stimmen hören und nicht nur einer uneinge­schränkt folgen. Das Konzept des Pluralismus geht von einem Gleichgewicht der Kräfte aus.

Elitäre Demokratietheorie:

Verfechter dieser Lehre gehen von der empirischen Erfahrung aus. Zudem muss sich das Ideal in der pragmatischen Wirklichkeit bewähren. Der politischen Mehr­heitsherrschaft werden vorrangig Entscheidungen von Minderheiten unterstellt. Es gibt kein politisches Gemeinwohlkonzept sowie auch kein rationales Abstim­mungsverhalten bei Wahlen. Zu dieser Theorie gehört auch das Elitenmodell von Joseph Schumpeter.[9]

Die demokratische Methode ist diejenige Ordnung der Institution zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis mit­tels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben.[10]

Schumpeter beschränkt in seinem Modell den demokratischen Anspruch auf die Bestellung der Herrschaft. Dabei übernimmt die herrschende Elite für einige Zeit politische stellvertretende Funktionen, weil die Mehrheit der Bevölkerung dazu nicht fähig ist.

Downs1 Konzept:

Dies ist ein sehr einflussreicher Ansatz einer ökonomischen Theorie der Demokra­tie. Die Grundannahme ist, dass jedes Individuum durch rationales Verhalten den eigenen Nutzen maximieren kann. Die Vorstellung liegt dem „homo oeconomicus“ zu Grunde.

Kritische Demokratietheorie:

Bei dieser Theorie wird die Realität mit strikten grundlegenden Lehrsätzen kon­frontiert. Das Zentrum ist das Ideal der jeweiligen Selbstbestimmung. Dadurch entstehen zwei gegensätzliche Konsequenzen. Erstens zur Forderung nach allsei­tiger politischer Partizipation und gesamtgesellschaftlicher Demokratisierung. Zweitens zur Forderung nach genereller Herrschaftsfreiheit. Die beiden Varianten der kritischen Demokratietheorie, also „partizipatorische“ und „anarchistische“ sind in der Praxis schwer zu trennen. Das Partizipationskonzept zielt auf eine totale Politisierung ab. Hingegen zielt die anarchistische Variante auf eine totale Privati­sierung ab.

Sozialistische Demokratietheorie:

Dieser Theorieansatz prägt in Bezug auf die demokratische Idee ein doppeltes Spannungsverhältnis. Dabei zielt der staatslose Kommunismus auf ein Ideal der Herrschaftslosigkeit. Zudem gibt es eine Befürchtung, dass durch die Demokratie die Ansicht der Klassen relativiert und somit eine mögliche Revolution verhindert wird. Im Unterschied zur marxistischen Sichtweise von Demokratie kennt die west­liche Demokratietheorie keine zwingende Vorgabe eines staatlichen Zwecks. 14

Ein Konzept einer systemtheorethischen Demokratietheorie gibt es von Luhmann. Dabei möchte dieser die normativen Annahmen neu anordnen. Luhmann geht von ein Komplexität der politisch relevanten Realität aus. Für ihn verbindet Demokratie verbindliche Entscheidungen sowie die Erhaltung von der genannten Komplexität. Man soll sich für künftige alternative Handlungen strukturell offen sein.

Laut Scharpf war das hin und her von wichtigen demokratietheoretischen Ausrich­tungen zwischen „Utopie“ und „Anpassung“ war für die wissenschaftliche Diskus­sion nicht verträglich. Eine moderne Demokratietheorie müsste einen gewissen Grad an Komplexität aufweisen, um beide Pole zu integrieren.

Andere sozialtheoretische Konzepte wie eine Demokratie ausgestaltet werden kann, werden vom Demokratischen Sozialismus, abgeleitet. Dazu gehören das Prinzip der Parlamentarischen Demokratie als Basis sowie der gesamtgesell­schaftlichen Demokratisierung. Dadurch soll die kapitalistische in eine „klassenlo­se“ und solidarische Gesellschaft transformiert werden. Es geht um eine konse­quente Partizipation der Individuen. Weiteres lassen sich hierbei Anthropologie und grundwertorientierte Reformpolitik sowie die Demokratisierung der Wirtschaft und des Sozialstaates anführen. Der von Lenin stark geprägte Herrschaftsansatz bei der realsozialistischen Organisation war der Demokratische Zentralismus. Die­ses Prinzip wurde bei den kommunistischen Staaten angewendet.[11]

2.2 Wahlrechtsprinzipien

Eine bedeutende demokratische Verbindung zwischen dem Volk und der Politik ist grundsätzlich das Wahlrecht.[12]

Das gleiche und das allgemeine Wahlrecht ist mit dem Prinzip der parlamentari­schen Demokratie verknüpft. Es handelt sich um ein grundlegendes Element der Demokratie.[13]

Das Hauptaugenmerk bei Wahlen liegt in der Schaffung von Rechtmäßigkeit und Beauftragung. Die Rechtmäßigkeit, also Legitimität ist die grundsätzliche Zustim­mung der Bevölkerung zu Grundformen und Akteuren des politischen Systems. Die Repräsentanz, also die Beauftragung werden durch die Wahlen anhand der Wahlentscheidung, welche Personen und in welcher Stärke diese, den „Willen des Wahlvolkes“ repräsentieren. Im Endeffekt geht es darum, die „politische Macht neu zu verteilen“ und wer die Legitimität besitzt, eine Regierung zu bilden. In der Demokratie wird Macht nur auf Zeit verliehen und als zusätzliches Merkmal von demokratischen Wahlen gilt deren Regelmäßigkeit.[14]

Wahlen welche demokratisch abgehalten werden, haben oftmals definierte Grundprinzipien, welche sogar in der Verfassung verankert sind.[15] In der österrei­chischen Bundesverfassung beispielsweise sind die Wahlrechtsgrundsätze unter dem Zweiten Hauptstück - Gesetzgebung des Bundes - A. Nationalrat im Artikel 26 festgelegt.

Zunächst bedarf es einigen begrifflichen Erläuterungen, die das Wahlrecht betref­fen. Dabei wird vor allem die Frage beantwortet, wie das Parlament gewählt wird.

Die Grundsätze sind Gleichheit, Unmittelbarkeit, Persönlichkeit, Freiheit und ge­heim. Gleich bedeutet, dass jede Stimme von einer Person mit Staatsbürgerschaft gleich viel wert ist. Unmittelbar besagt, dass die Abgeordneten direkt vom Volk gewählt werden und durch das Vorzugsstimmenrecht, kann eine bestimmte Per­son präferiert werden.[16]

Das unmittelbare Wahlrecht wird auch als direktes Wahlrecht bezeichnet und schreibt fest, dass es zwischen den Wählerinnen und Wählern beispielsweise kei­ne Wahlmänner geben darf. Beim gleichen Wahlrecht stehen jeder Stimme der selbe „Zähl- und Erfolgswert“ zu.[17]

Persönliches Wahlrecht bedeutet, dass eine Vertretung der wahlberechtigten Per­sonen nicht möglich ist, wobei beispielsweise „behinderten“ Menschen eine Aus­nahme zukommt. Das Wahlrecht ist ein freies, wenn die Wahlentscheidung ohne Drängen oder einen Zwang gewählt werden kann. Das geheime Wahlrecht be­sagt, dass die Wahlentscheidung des Individuums durch Wahlzellen, Wahlurnen oder durch Kuverts geheim bleibt.[18]

Nach dem Ersten Weltkrieg führten viele europäische Länder erstmals ein konse­quentes demokratisches Wahlrecht ein. Wann wird das Prinzip des allgemeinen Wahlrecht wirklich erfüllt?

Die Einführung des allgemeinen Wahlrechts gilt als eine „Sternstunde“ der Natio­nen. Es gibt dafür jedoch keine eindeutige Definition, wann es als wirklich durch und durch „allgemein“ zu bezeichnen gilt. Änderungen beim Wahlrecht gehen auch nicht ohne Kritik, wie beispielsweise die Senkungen des Wahlrechtsalters belegen. Diese ist kritisch zu betrachten, da eine Senkung des Wahlalters eine erheblich Vergrößerung von Wahlberechtigten mit sich bringt.[19]

Wenn die wahlberechtigten Personen im Wahllokal unbeeinflusst wählen dürfen und aufgrund der Entscheidung nicht beeinträchtigt werden, dann kann von einem freien Wahlrecht gesprochen werden. Die Entscheidung des Einzelnen darf für andere nicht erkennbar sein. Durch den Stimmzettel wird die Wahl zu einer ge­heimen Stimmabgabe ermöglicht. Das freie und geheime Wahlrecht kann in der Praxis zusammen erfüllt werden.

Das Prinzip des allgemeinen Wahlrechts geht davon aus, dass grundsätzlich sämtliche Personen mit Staatsbürgerschaft ein Recht zur Stimmabgabe besitzen und auch gewählt werden können. Voraussetzungen dafür sind Mindestalter, Staatsbürgerschaft, Wohnsitz, rechtliche Handlungsfähigkeit, Vorhandensein geis­tiger Kräfte et cetera.

Die Wahlgrundsätze haben sich im Laufe der Geschichte verändert und besitzen unterschiedliche Stellenwerte. Heutzutage wird in einer stabilen Demokratie von einem freien, geheimen und so weit als möglich allgemeinen Wahlrecht ausge­gangen. Beim gleichen Prinzip gibt es Beschränkungen, wie etwa Sperrklauseln, um eine politische Vertretung von Kleinstparteien auszuschließen.[20]

Man muss davon ausgehen, dass das allgemeine und das gleiche Wahlrecht nicht ident aber teilweise ergänzende Begrifflichkeiten sind. Beim allgemeinen Wahl­rechtsbegriffwird davon ausgegangen, dass Personen wahlberechtigt sind, nach­dem diese das Wahlalter erreicht haben. Es sind keine weiteren Elemente wie et­wa beispielsweise ein konkreter Bildungsstand oder eine Steuerleistung notwen­dig. Das gleiche Wahlrecht besagt, dass jede Stimme identisch gewertet wird. Diese Wertung schließt den Zähl- und Erfolgswert ein. Kritisch anzumerken ist, dass der Erfolgswert nur theoretisch gesehen aber jedoch nicht in der Praxis ge­geben ist. Denn es gibt „verlorene Stimmen“, welche am Ende zu keinem Mandat führen. Einschränkungen des gleichen Wahlrechtes sind durch die Ausgestaltung der Wahlkreise, die Altersbegrenzung und durch den Ausschluss von Personen­kreisen möglich.[21] Durch diese Einschränkungen kann die Qualität der Demokra­tie reduziert werden. Die Zugangsbeschränkung des Wahlrechts auf gewisse Per­sonenkreise mindert das allgemeine Teilnehmen am demokratischen Vorgang. Demokratische Grundsätze wie der freie Zugang zu Wahlen und dass die Macht vom Volk aus geht werden dadurch beschränkt.[22]

Der Begriff „Wahlrecht“ beschreibt, das Recht des Individuums an Wahlen teilha­ben zu dürfen und das Reglement über die Wahrnehmung und den Prozess.

In Österreich sind die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Wahlrechtes genau in der Nationalrats-Wahlordnung beschrieben. Darin sind die Wahlberechtigung, Wählbarkeit, Wahltag sowie das Prozedere genau festgelegt.[23]

2.3 Wahlsysteme

Man unterscheidet fundamental zwei Grundtypen; die Mehrheitswahl und die Ver­hältniswahl.[24]

Beide Wahlsysteme bilden die Grundlage um die Form des Wählerwillens auszu­drücken.[25]

Wenn man zwei Variablen erstellt, die Entscheidungsregel und das Repräsentati­onsziel, dann kann man folgende Unterschiede feststellen:

Entscheidungsregel - bei der Mehrheitswahl entscheidet die Mehrheit und bei der Verhältniswahl sind die Anteile entscheidend.

Repräsentationsziel - bei der Mehrheitswahl kommt es zu einer Mehrheitsbildung und bei der Verhältniswahl zu einerAbbildung der Wählerschaft.

Durch den Modus eines Wahlsystems können die Wahlberechtigten ihre Präferenz für eine Partei bzw. Kandidatinnen und Kandidaten treffen. Dieser Vorzug wird in Stimmen ausgedrückt und in Mandate übertragen. Feststeht auch, dass Wahlsys­teme das Wahlverhalten maßgeblich beeinflussen.[26]

Der Begriff des „Wahlsystems“ beschreibt die Übersetzung des Wahlergebnisses in die Verteilung der Mandate im Parlamentsorgan. Bei der Verhältniswahl kann man festhalten, dass eher die Parteien und bei der Mehrheitswahl eher konkrete Personen gewählt werden.[27]

Die Wirkung eines Wahlsystems ist entscheidend von der inneren Struktur und der internen Arbeitsweise einer Partei bestimmt.[28]

Beim Verhältniswahlrecht, kommt es zu einer Gleichheit des Erfolges der abgege­benen Stimmen, weil die unterlegenen Parteien anteilig Mandate erringen.[29]

Beide Systeme weisen im Grunde dieselbe Funktion auf, welche wie folgt definiert werden kann: „dass Wähler ihre Entscheidung für Parteien oder Kandidaten in Wahlstimmen ausdrücken und wie diese Stimmen bei Parlamentswahlen in Man- date übersetzt werden“.[30] Um dies zu ermöglichen, werden Wahlkreise sowie ver­schiedene Methoden der Stimmenabgabe geschaffen. Es gibt auch einen Modus, welcher die Transformation von Stimmen zu Mandaten ermöglicht. Markant ist beim Verhältniswahlsystem, dass es im Gebiet der Wahl, mehr Mandate als Wahl­kreise gibt. Das Ziel dieses Systems ist, dass es eine parlamentarische parteiliche Repräsentanz verhältnismäßig zu den Stimmen gibt. Eine wahlberichtigte Stimme wird im Wahlkreis des Wohnsitzes an eine der kandidierenden Parteien vergeben. Die gültigen abgegebenen Stimmen für die einzelnen Parteien werden im Verhält­nis in Mandate transformiert. Es gibt somit keine hohe Diskrepanz zwischen den Mandaten und den Stimmen. Üblicherweise ist es so, dass es keiner Partei ge­lingt, die absolute Mandatsmehrheit zu erreichen. Dann folgen Gespräche für eine Regierung, wo sich zumindest zwei Parteien zusammenschließen.[31]

Die Verteilung der Mandate erfolgt somit nach dem erreichten Prozentanteil der Stimmen und werden an die wahlwerbenden Gruppen vergeben.[32]

Beim Mehrheitswahlrecht zählen nur die Stimmen für den siegreich Gewählten des Wahlkreises. Unter den Tisch fallen die Stimmen für den unterlegenen Ge­wählten. Somit kommt es beim Mehrheitsprinzip zu einer Verschiebung des Er­folgswertes der Stimmen, weil nur Stimmen für den „Wahlsieger“ zum Erfolg füh­ren.[33]

Einen Unterschied, was die Aufteilung der Mandate und Wahlkreise betrifft, gibt es zwischen Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht. Beim System der Mehrheitswahl ist im Gebiet der Wahl die Anzahl der Mandate und Wahlkreise ident. Zudem wird die wahlberechtigte Stimme an Kandidatinnen und Kandidaten und nicht an Parteien vergeben, welche im Wahlkreis kandidieren. Die Wahlkreise werden „Einperso­nenwahlkreise“ genannt. Dabei handelt es sich um das „The winner takes it all“ Transformationsprinzip, weil derjenige gewinnt, welcher die meisten Stimmen er­hält und dies gehört zur Form der relativen Mehrheitswahl. Die restlichen Stimmen können nicht gewertet werden. Des Weiteren gibt es auch ein absolutes System der Mehrheitswahl. Dabei muss die kandidierende Person des Wahlkreises mehr als die Hälfte der gültigen und abgegebenen Stimmen erreichen um diesen Kreis zu gewinnen. Dieses System hilft um ein mehrheitsförderndes Wahlergebnis zu erzielen. Es werden im Prinzip „künstliche Mehrheiten“ zum Wohle der Großpar­teien produziert.[34]

Das Mehrheitswahlrecht wird in Österreich bei den Direktwahlen der Bundespräsi­dentschaft und auch bei Bürgermeisterwahlen angewendet. Es gewinnt derjenige, welcher die meisten Stimmen erhält. Die Diskussion in Österreich erstreckt sich auf ein mögliches Wahlrechtsprinzip zur Wahl des Nationalrates.[35]

3 Das österreichische Wahlsystem

Um den wissenschaftlichen Vergleich zwischen der österreichischen Verhältnis­wahl und der englischen Mehrheitswahl zu ermöglichen, wird in dem folgenden Kapitel zuerst das Wahlsystem der Republik Österreich analysiert. Die histori­schen Entwicklungen sowie erwähnenswerte Reformen werden diskutiert. Es wird der Frage nachgegangen, wie das Wahlrecht hierzulande durch Systemwechsel und Veränderungen durch die Parteien entstanden ist. Weiteres wird eine Abgren­zung zur Mehrheitswahl beschrieben und die parlamentarischen Fraktionen sowie deren politische Voraussetzungen dargestellt.

3.1 Historische Besonderheiten

3.1.1 Anfänge des Parlamentarismus

Erste Überlegungen einer demokratischen Staatsordnung begannen erstmalig durch die Wirren der 1848er Revolution.[36]

Die Verfassungen des Gesamtstaates Österreich von 1848/49 bestanden aus ei­nem frühkonstitutionellen Prinzip. Das Volk war an der Ausübung der Gesetzge­bung beteiligt aber der Monarch war alleiniger Träger der Souveränität. Das Par­lament war der Reichstag und bestand aus zwei Kammern. Die Mitglieder der Ers­ten Kammer, wurden größtenteils vom Kaiser ernannt. Die starke Position des Monarchen blieb erhalten.[37]

„Pillersdorf’sche Verfassung“: Im Jahr 1848 wurde durch die Reichstags­Wahlordnung eine indirekte Wahl zur Kammer derAbgeordneten durch Wählmän­nerfestgelegt. Arbeiter und Dienstpersonal waren nicht wahlberechtigt. Die vom Volk indirekt gewählte parlamentarische Kammer war die Abgeordnetenkammer und die zweite Kammer, der Senat war nichtwählbar. Diese bestand aus Adeligen, vom Kaiser ernannte Minister sowie aus Großgrundbesitzer.[38] Es war ein zensusfreies aber indirektes Wahlsystem mit Wahlmännern. Die Vo­raussetzungen für die Wahl zum „Wahlmann“ waren damals, dass man sechs Mo- nate ansässig, kein Arbeiter ohne Wohnsitz sowie kein Empfänger von Dienst­oder Wohltätigkeit war. Die Wahlperiode berief sich auf fünf Jahre.[39]

Diese Verfassung bildete grundsätzlich das Fundament eines allgemeinen aber indirekten Wahlrechtes.[40]

Jedoch hatte der Kaiser das Gesetzesvorschlagsrecht und war das Staatsober­haupt. „Der Kaiser ist geheiligt, unverletzlich und unverantwortlich. Der Kaiser übt die Regierungsmacht durch verantwortliche Minister aus. Der Kaiser ernennt und entlässt die Minister“[41]

Die Wählerschaft durfte selbst entscheiden ob die Stimmabgabe in mündlicher oder in schriftlicher Form erfolgte. Die Wahl der Abgeordneten durch die Wahl­männer wurde geheim und schriftlich durchgeführt.[42]

Die neuerlichen Wellen der Revolution führten zur Erzwingung einer Verfassungs­änderung. Der Reichstag sollte eine neue Verfassung ausarbeiten. Die „Pillers- dorf’sche“ wurde zum Provisorium erklärt.[43]

„Kremsierer Entwurf“: Der Reichstag tagte, um eine endgültige Verfassung auszu­arbeiten. Jedoch blieb die „Kremsierer Verfassung“ von 1848/49 lediglich ein Ent­wurf.[44] Dieser zeichnete sich durch starke Volkssouveränität aus und war viel durchdachter als die Verfassung von 1848. Als zentrales Organ der Staatsgewalt wäre der Reichstag mit der Länder- und Volkskammer vorgesehen gewesen.[45]

Die „KremsiererVerfassung“ war damals eine Entwurfsvorlage mit der Beinhaltung eines modernen Wahlrechtes und stand auf dem Boden derVolkssouveränität.[46] „Oktroyierte Märzverfassunq“: Ab 1849 wurde durch die aufoktroyierte „Märzver­fassung“ aus dem bisherigen System ein Zensuswahlrecht, welches eine Form des Klassenwahlrechtes bedeutete. Dieses wird auch als Kurienwahlrecht be­zeichnet. Die Wahl zum „Unterhaus“ des Reichstages erfolgte durch eine Direkt­wähl. Zudem gab es keine Wahlperiode, weil das Wahlgesetz nicht erlassen wur­de[47]

Man war aktiv wahlberechtigt, durch Erbringung eines Mindestmaßes an Steuer­leistung (jährlicher direkter Steuer) und Großjährigkeit.[48]

Der Zensus betrug in den Städten mindestens 10 Gulden sowie am Land fünf und maximal 20 Gulden, sofern man das Wahlrecht in einer Gemeinde nicht nach per­sönlicher Eigenschaft innehatte.[49]

Die Wahl erfolgte in öffentlicher und mündlicher Form. Jeder Landtag entsendete zwei seiner Mitglieder in das „Oberhaus“. Diese mussten das 40. Lebensjahr voll­endet haben und einen Steuerzensus von mindestens 500 Gulden jährlich erbrin­gen.[50]

Die Zeitperiode von 1851 bis 1861 war eine neoabsolutistische Phase in welcher der Kaiser durch die „Silvesterpatente“ absolutistisch regierte und keine Wahlen stattfanden. Dies änderte sich wiederum durch das „Februarpatent“ von 1861.[51] Die wesentliche Neuerung war die Untergliederung der zwei Kammern des Reichsrates, nämlich in Herren- und Abgeordnetenhaus. Funktionell gilt der Reichsrat somit als Parlament. Im Reichsrat waren Vertreter der Landtage und somit gab es keine direkt gewählte Kammer. Das Abgeordnetenhaus wurde durch die vier Kurien der Landtage beschickt. Die Kurien waren, erstens - Kurie der Großgrundbesitzer, zweitens - Kurie der Städte, drittens - Kurie Handels und Ge­werbekammern und die Landgemeinden-Kurie. Durch die Städte-Kurie konnten Gewerbe sowie Handelskammern selbst Vertreter wählen. Die Großgrundbesitzer waren Personen, welche einen gewissen Anteil an Grund- und Haussteuerzu ent­richten hatten. Die Landtage wurden nach dem Zensus- und Kurienwahlrecht ge­wählt. Alle Abgeordneten wurden von den Landtagen entsandt. In den Landtagen gab es ebenfalls vier Kurien.[52]

Die Kurie der Landgemeinden bestand aus allen Gemeinden bis auf die, der Städ­te. Die Stimmabgabe erfolgte offen sowie mündlich. Das gesamte Wahlsystem war kein demokratisches Wahlrecht, da es noch keinen der demokratischen Grundsätze erfüllen konnte.

Zudem wurde dadurch der Adel, Klerus sowie das Bürgertum bevorzugt. Die Kurie der Landgemeinden und Städte bildeten die eindeutige Mehrheit der Bevölkerung. Jedoch hatten diese nur ein Drittel der Sitze zur Verfügung.[53]

Die militärischen Niederlagen in den darauffolgenden Jahren nach 1851 zwangen den Kaiser schließlich zur Umwandlung des Kaisertums in eine konstitutionelle Monarchie.[54]

Die Niederlage Österreichs im Krieg von 1866 (gegen Preußen und Italien) zwang das Regime der Habsburger zu Konzessionen. Diese mündeten im „Ausgleich“ und der Errichtung einer neuen Verfassung. Die Doppelmonarchie Österreich­Ungarn als Realunion zweier Staaten wurde begründet.[55]

Mit der neuen Verfassung („Dezemberverfassung“) im Jahr 1867 wurde das Par­lament mit dem Terminus „Reichsrat“ versehen. Dieser bestand aus der ersten Kammer, dem Herrenhaus und der zweiten Kammer, dem Abgeordnetenhaus. Das Parlament war noch immer keine Volksvertretung, sondern hatte den Ruf ei­nes beratenden Gremiums. Es wurden durch „Wahlmänner“ indirekte Wahlen ab­gehalten.[56]

Mit der Wahlrechtsreform 1873 erfolgte erstmals ein direktes Wahlrecht in der Ku­rie der Großgrundbesitzer, der Städte sowie der Handels- und Gewerbekammern. Jedoch wurde in der Kurie der Landgemeinden weiterhin über „Wahlmänner“ ge­wählt. Jedoch war es noch kein allgemeines Wahlrecht für Frauen. In der Kurie der Landgemeinden galt ein indirektes Wahlrecht.

In den Kurien durfte nicht jeder wählen sondern nur jene, welche eine gewisse Steuerleistung erbrachten. Die Stimmengewichtung wurde nach der Höhe dieser bestimmt. Die Großgrundbesitzer war die kleinste Einteilung und hatte stimmenan­teilsmäßig die höchste Anzahl von Abgeordneten. In dieser Kurie waren auch Frauen wahlberechtigt. Jedoch waren nur circa sechs Prozent der gesamten Be­völkerung zur Wahl berechtigt.[57]

Die neue Kurien-Konstellation von 1873 wurde später von den Konservativen als Grundübel bei den Wahlreformen tituliert.[58]

„Badenľsche Wahlreform“: Im Jahre 1896 kam es zur Einführung einer fünften Kurie, nämlich der „allgemeinen Wählerklasse“, welche eine zusätzliche Kurie dar­stellte und nicht zensusgebunden war. Stimmberechtigt waren alle Männer mit einer sechs monatigen Aufenthaltsdauer im Wahlbezirk und dem Erreichen des 24. Lebensjahres. Die stimmberechtigten Personen besaßen ein indirektes Wahl­recht. Zudem herrschte ein Pluralwahlrecht vor. Dies bedeutete, dass Wahlbe­rechtigte der ersten vier Kurien, in der fünften Kurie ihre Stimme ein weiteres Mal abgeben durften. Durch die Wahlreform wurde das Stimmenungleichgewicht in den Kurien gefördert.[59]

Das Kurienwahlrecht wurde 1896 durch die Schaffung einer „allgemeinen“ Kurie abgeschwächt.[60]

Nach der der „Badeni’schen Wahlreform“ gelang es den Sozialdemokraten erst­mals Mandate im Abgeordnetenhaus zu erreichen.

Der Ruf nach einem allgemeinen sowie gleichen Wahlrecht wurde lauter. Es ent­standen durch die politischen Bewegungen die ersten „Massenparteien“. Die nati­onalen Spannungen führten allerdings zur „Selbstlähmung“ des Parlaments. In der Einführung eines allgemeinen und gleichen Wahlrechts sah Kaiser Franz-Joseph deshalb einen möglichen Ausweg, die nationalen Gegensätze zu beheben.[61] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte das Parlament den Ruf eines „bürgerlichen“ Parlamentes und galt als „Tratschbude“. Die parlamentarische Debatte wurde als Negatívum gewertet. Diese Begrifflichkeit spricht für die antiparlamentarische Ein­stellung, die damals noch in der Gesellschaft verankert war, so Eva Kreisky.[62] „Beck’sche Wahlreform“: Im Jahre 1907 wurde das allgemeine und gleiche Wahl­recht für Männer eingeführt. Die Wahlen erfolgten geheim und direkt. Auf Ebene des Reichsrates wurde durch die Reform das Zensuswahlrecht und dass der Ku­rien abgeschafft. Somit wurde auch die Wahlberechtigung der Frauen in der Kurie der Großgrundbesitzer wieder revidiert. Es wurde ein Mehrheitswahlsystem etab­liert, wobei die Wahlkreise größenmäßig stark variierten. Die Voraussetzung zur Wahlberechtigung waren Unbescholtenheit, Eigenverantwortlichkeit der männli­chen Staatsbürger sowie eine einjährige Sesshaftigkeit im Wahlbezirk. Die Wahl­periode galt seit 1873 für sechs Jahre.

Im Jahre 1918 war der nächste Meilenstein, jener, dass nun die Einführung eines allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Frauen erfolgte. Laut der neuen Wahl­ordnung wurde das Wahlalter von 24 auf 20 Jahre gesenkt und somit die Gruppe der Wahlberechtigten erweitert. Seit diesem neuen Wahlrecht, konnte von einem Ende des „Halb-Parlamentarismus“ gesprochen werden.[63] Mit dem Ende der Monarchie kam die neue Wahlordnung für die Konstituierende Nationalversammlung und es wurde ein neues Wahlsystem eingeführt, nämlich jenes der Verhältniswahl.[64]

Bis 1918 handelte es sich um einen „unechten“ Parlamentarismus, weil dem Par­lament gegenüber dem Kaiser und dessen politisch verantwortlichen Regierung realpolitisch wenig Machtbedeutung zukam.[65]

Es gab eine Transformation von einem dynastischen monarchistischen System zu einem republikanischen Politiksystem. Durch die Provisorische Nationalversamm­lung zuerst „Deutsch-Österreich“ ausgerufen. Da die eindeutige Mehrheit nicht an das „Restösterreich“ glaubte, welches von den Siegermächten des Ersten Welt­krieges oktroyiert wurde, sprachen sich die politischen Kräfte für einen Anschluss an Deutschland aus. Die Siegermächte verboten jedoch diese Begrifflichkeiten und den Anschluss und setzten die junge Republik unter Druck zur Selbständig­keit. Nach der „Parlamentskrise“ von 1933 wurde von Kanzler Dollfuß ein autoritä­rer Ständestaat errichtet. Dies war ein juristischer Putsch und es wurde durch mili­tärische sowie polizeiliche Gewalt das Betreten des Parlamentes verhindert. Der Ständestaat endete im Jahre 1938 mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht und „Österreich“ verschwand bis 1945 von der politischen Landkarte. In der Zeit von 1933 bis 1945 fanden aufgrund der autoritären und ab 1938 totalitären Phase keine Wahlen statt! Danach wurde die Republik erneut begründet und der republi­kanische Österreich-Begriff war nun endgültig gesichert.[66] Im Wahlgesetz für die Nationalratswahlen von 1945 wurden ehemalige Nationalsozialisten (circa 500.000 Personen) vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen. Erst 1949 erhielten „minderbe­lastete“ das Wahlrecht zurück. Hingegen blieb das aktive Wahlrecht „belasteten“ ehemaligen Nationalsozialisten bis zum Jahre 1950 verwehrt.[67]

3.1.2 Parlamentarische Demokratie (Zweite Republik)

Charakteristisch für das Republikanische System nach 1945 ist, dass es sich bei der Republik Österreich um eine „Konkordanz Demokratie“ handelt. Jedoch gibt es nur eine geringe Anzahl von Parteien. Zudem gibt es eine hohe Anzahl von Orga­nisation und einen hohen Anteil an Partizipation, was durch die „Parteienbuchwirt­schaft“ zum Ausdruck kommt und sich in der relativ hohen Wahlbeteiligung wider­spiegelt. Dies zeigt sich auch in den hohen Mitgliedsständen. Bei der ÖVP sind die Teilorganisationen der Bünde wie Wirtschaftsbund, Bauernbund, Arbeitnehmer­bund sowie Seniorenbund charakteristisch. Bei der SPÖ sind es die Mitglieder bzw. Vorfeldorganisationen wie Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer sowie der „starke“ Pensionistenverband. Die ÖVP zählt insgesamt in etwa 700.000 Mit­glieder inklusive ihrer Teilorganisationen und die SPÖ circa 205.000 Mitglieder ohne deren Vorfeldorganisationen.[68]

Hervorzuheben ist auch die Verfassungsstruktur der Republik. Durch das Bundes­verfassungsgesetz von 1920 wurde ein politisch parlamentarisch strukturiertes System geschaffen. Dieses wurde durch die 1929er Novelle zu einer besonderen Struktur. Der Bundespräsident wird seitdem direkt durch das Volk und nicht wie vorher durch die Bundesversammlung gewählt. Seitdem ist diese durch eine Fusi­on von der Regierung und der Mehrheit des Parlamentes geprägt. Daher wird es von einem präsidentiellen System, durch den direkt gewählten Präsidenten ge­kennzeichnet. Dieser ist dafür zuständig, eine Bundesregierung und dessen Kanzler zu bestellen sowie auch theoretisch rechtlich berechtigt diese zu entlas­sen.[69]

Zudem, kann im Falle von Österreich heute von einem „reinen“ Verhältniswahlsys­tem gesprochen werden.[70]

Die Entfaltung des österreichischen politischen Systems erfolgte zur Zeit der Mo­narchie aufgrund von äußeren Einwirkungen wie etwa durch Kriegsniederlagen. Aufgrund des 1867er Ausgleiches war es noch ein „unechter“ Parlamentarismus gewesen, was sich nach dem Ersten Weltkrieg änderte. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg kann anhand der Zweiten Republik von einem „echten“ Parla­mentarismus gesprochen werden. Laut Anton Pelinka war der „Pseudo­Parlamentarismus“ beendet. Hier muss jedoch festgehalten werden, dass Verfas­sungsstaat und der Parlamentarismus in Österreich verglichen mit anderen euro­päischen Ländern verspätet auftraten. Andererseits entstanden die Massenpartei­en relativ früh. Geprägt ist dieses System dadurch, dass es sich um einen Ver­bändestaat handelt, in dem Korporatismus und die militärische Neutralität bis heu­te einen nicht unbedeutenden Stellenwert genießen.[71]

Gesetzesvorschläge fungieren von Seiten des Bundesrates, also der heutigen zweiten Kammer des Parlamentes im Zuge der Vorlagen der Regierung. Das Staatsoberhaupt wird erstmals direkt und vom Volk gewählt. Es ist eine Wie­derwahl möglich. Es existieren auf dem Papier weit mehr Eingriffsrechte wie „An­erkennung bzw. Ablehnung einer Bundesregierung“ als in der Praxis üblich oder ausgeführt wurde. Den Präsidenten als „moralische Instanz“ zu betiteln würde je­doch zu weit führen. Er ist das Organ der Vollziehung. Zudem ernennt er die Wahlsieger mit dem Auftrag der Regierungsbildung und besetzt die höchsten Äm­ter wie beispielsweise Richterposten. Zudem ist er zugleich Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Darüber hinaus gibt es in der Zweiten Republik die direkt gewählte Kammer, welcher auch als „Nationalrat“ bezeichnet wird und die zweite Kammer, nämlich der Bundesrat. Der Nationalrat ersetzt das ehemalige „Abgeordneten­haus“ des Kurienwahlrechts. Das ehemalige Herrenhaus der Monarchie wird durch den Bundesrat ersetzt.[72]

Es handelt sich um ein „unechtes Zweikammersystem“, weil der Bundesrat dem Nationalrat kompetenzmäßig nachgeregelt ist. Dadurch werden der in Österreich stark ausgeprägte Föderalismus und das eher schwache bundestaatliche Prinzip nachvollziehbar.[73]

Der Bundesrat ist die zweite sowie indirekt wählbare Kammer und vertritt die Inte­ressen der Länder.[74]

Die Verfassung von 1929 wurde auch in der Zweiten Republik verwendet. Es han­delt sich um ein „Mischsystem“, d.h. einer Kombination aus einem parlamentari­schen und präsidentiellen Wesen, wie es beispielsweise auch in der Weimarer Republik üblich war.[75]

3.2 Das Verhältniswahlrecht

3.2.1 Abgrenzung zum Mehrheitswahlrecht

In Österreich wurde der Nationalrat bis 2006 alle vier Jahre gewählt. Seit 2007 nun beträgt die Wahlperiode fünf Jahre. Der Wahltermin findet gesetzlich an einem Sonntag oder einem öffentlichen Ruhetag statt. Seit der 2007er Reform hat eine Person das aktive Wahlrecht mit österreichischer Staatsbürgerschaft sofern diese das 16. Lebensjahr erreicht hat. Vorher war die Vollendung des 18. Lebensjahres maßgeblich. Obwohl es keine Verpflichtung zur Wahl gibt ist die Wahlbeteiligung in Österreich hierzulande relativ hoch. Bei der Wahl im Jahre 2008 lag die Beteili­gung bei 78,8 Prozent (97,9 Prozent gültig). Auf die Frage zu antworten, wer ge­wählt werden kann und somit das passive Wahlrecht besitzt, ist anzuführen, dass Personen, welche die Staatsbürgerschaft zu Eigen und am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr erreicht haben. Antreten dürfen bei der Wahl zum Nationalrat jeweils „wahlwerbende“ Gruppierungen und keine einzelnen Privatpersonen. Dabei wird ein künstliches Hindernis geschaffen, weil eine bestimmte Anzahl von unterstüt­zenden Erklärungen bzw. eine Unterstützung von mindestens drei Abgeordneten zum Nationalrat notwendig werden.[76]

Das Wahlrecht für die direkt gewählte Kammer richtet sich nach der Nationalrats­Wahlordnung über ein allgemeines, geheimes, unmittelbares und persönliches Verhältniswahlrecht. Es ist ein Listenwahlrecht, was bedeutet, dass Parteien bzw. Personen der Parteienlisten sich der Wahl stellen müssen. Dadurch wird allen ös­terreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, welche Erwachsene sind, das Wahlrecht garantiert. Die weitere Kammer ist der Bundesrat. Der Vorgang funktioniert so, dass die neu gewählten Landtage nach der Parteienstärke der Stimmen nach, dementsprechend die Abgeordneten des jeweiligen Bundeslandes in die Kammer entsenden. Es sind immer mindestens Repräsentanten zweier ver­schiedener Fraktionen vertreten. Die Kompetenzen des Bundesrates sind grund­sätzlich als die „Vertretung der Interessen der Bundesländer im gesamtösterrei­chischen Gesetzwerdungsprozess“ zu verstehen. Dabei obliegt ihm ein suspensi­ves und bei Länderangelegenheiten sogar ein absolutes Vetorecht.[77] Im Bundesverfassungsgesetz von 1920 wurde die Verhältniswahl bereits erstmals geregelt. Später wurde zu Beginn der 70er Jahre und in den 90er Jahren der Grundsatz der Verhältniswahl ausgeweitet. Die Position der Parteien wurde ge­stärkt. 1971 hatte Bruno Kreisky jegliche Möglichkeiten das Wahlsystem im Sinne eines Mehrheitswahl zu verändern, verhindert. Jedoch ermöglicht er eine „kleine“ Reform des Wahlrechtes, was zu einer Begünstigung für kleinere Parteien und führte. Dies wurde durch eine Erhöhung der Mandate von 165 auf183 und durch eine Reduktion der Wahlkreise möglich. 1992 wurde die Vier-Prozent-Hürde ein­geführt.[78]

Beim gleichen Wahlrecht gibt es beim Verhältniswahlsystem durch diese „veran­kerte Sperrklausel“ eine Einschränkung diese Prinzips, weil dadurch Kleinstpartei- en von der Volksvertretung ausgeschlossen werden können. Diese werden mit Nichterreichung der Hürde bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigt.[79] Bei Nationalratswahlen, Landtagswahlen aber auch Gemeinderatswahlen gilt in Österreich das System der Verhältniswahl. Dies ist auch in der Verfassung festge­schrieben. Eine Änderung des Systems bedarf einer Zweidrittelmehrheit. Das Ziel der Verhältniswahl ist, die Verteilung der Stimmen bei der Parlamentswahl ver­hältnisgleich anzuordnen. Dies bedeutet, dass die gewählten Parteien nach ihrer jeweiligen Stimmenstärke vertreten sind. Somit ist eine Partei grosso modo bei einer Wahl mit vielen Stimmen mit mehr Abgeordneten als eine mit wenigen Stimmen im Nationalrat vertreten. Zum Unterschied zum Mehrheitswahlrecht, ist es für kleinere Parteien einfacher, ins Parlament einzuziehen. Jedoch ist interes­sant, dass nur eine vollkommen konsequente Einsetzung des Verhältniswahlrech­tes die Landschaft der Parteien splitten würde.

[...]


[1] Vgl. Kreisky, Internationale Tagung (2015)

[2] Vgl. Demokratiezentrum Wien (2015) S. 1

[3] Vgl. Nohlen (2002) S. 82 f.

[4] Vgl. Ehs et.al (2012)S. 51 ff.

[5] Vgl. Thöndl (2005) S. 121 f.

[6] Vgl. Nohlen (2002) S. 83

[7] Vgl. Nohlen (2002) S. 83 f.

[8] Vgl. Kreisky, Internationale Tagung (2015)

[9] Vgl. Nohlen (2002) S. 83 f.

[10] Nohlen (2002) S. 86

[11] Vgl. Nohlen (2002) S. 88 ff.

[12] Vgl. Becker (2002) S. 215

[13] Vgl. Adamovich (2008) S. 7

[14] Vgl. Blümel (2004) S. 37

[15] Vgl. Thöndl (2005) S. 140

[16] Vgl. Haupt/Steurer (2012) S. 2 ff.

[17] Vgl. Thöndl (2005) S. 141 ff.

[18] Vgl. Haupt/Steurer (2012) S. 2 ff.

[19] Vgl. Bader-Zaar (2004) S. 26

[20] Vgl. Thöndl (2005) S. 140 ff.

[21] Vgl. Adamovich (2008) S. 7 f.

[22] Vgl. Haupt (2015)S. 15

[23] Vgl. Blümel (2004) S. 38 f.

[24] Vgl. Steininger (2004) S. 6 f.

[25] Vgl. Steininger (2007) S. 10

[26] Vgl. Steininger (2004) S. 6 f.

[27] Vgl. Blümel (2004) S. 38 f.

[28] Neisser/Pelinka (1971) S. 93

[29] Vgl. Steininger (2004) S. 6 f.

[30] Thöndl (2005) S. 144

[31] Vgl. Thöndl (2005) S. 144 ff.

[32] Vgl. Haupt/Steurer (2012) S. 5

[33] Vgl. Steininger (2004) S. 6 f.

[34] Vgl. Thöndl (2005) S. 144 ff.

[35] Vgl. Steininger (2004) S. 6 f.

[36] Vgl. Brauneder (1998) S. 119f.

[37] Vgl. Brauneder (1998) S. 116f.

[38] Vgl. Brauneder (1998) S. 117

[39] Vgl. Diendorfer et al. (2007) S.17f.

[40] Vgl. Adamovich (2008) S. 11

[41] Diendorfer/Dorfstätter (2012) S. 17

[42] Vgl. Brauneder (1998) S. 126

[43] Vgl. Brauneder (1998) S. 117

[44] Vgl. Adamovich (2008) S. 7 ff.

[45] Vgl. Brauneder (1998) S. 119f.

[46] Vgl. Blümel (2012) S. 16

[47] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 17

[48] Vgl. Brauneder (1998) S. 126

[49] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 85

[50] Vgl. Brauneder (1998) S. 126

[51] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 17

[52] Vgl. Blümel (2012) S.16f.

[53] Vgl. Thöndl (2005) S. 147 f.

[54] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 17 ff.

[55] Nick/Pelinka (1993) S. 11

[56] Vgl. Brauneder (1998) S. 155 ff.

[57] Vgl. Blümel (2012) S.16f.

[58] Vgl. Adamovich (2008) S. 12f.

[59] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 18

[60] Vgl. Bader-Zaar (2004) S. 25

[61] Vgl. Adamovich (2008) S. 12f.

[62] Vgl. Kreisky, Internationale Tagung (2015)

[63] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 18f.

[64] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 17 ff.

[65] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 42 f.

[66] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 9 ff.

[67] Vgl. Diendorfer et. al. (2007) S. 19

[68] Vgl. Merschitz (2008)S. 39

[69] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 41

[70] Vgl. Thöndl (2005) S. 143 f.

[71] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 11 ff.

[72] Vgl. Blümel (2012) S.17f.

[73] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 43

[74] Vgl. Blümel (2012) S. 17

[75] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 41

[76] Vgl. Haupt/Steurer (2012) S. 3 f.

[77] Vgl. Blümel (2012) S. 17

[78] Vgl. Nick/Pelinka (1993) S. 43

[79] Vgl. Thöndl (2005) S. 143

Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
Wahlsysteme und Entwicklungen des Wahlrechts
Untertitel
Eine vergleichende Analyse zwischen dem österreichischen Verhältniswahlrecht und dem englischen Mehrheitswahlrecht. Die Debatte einer Wahlrechtsreform in Österreich
Hochschule
Fachhochschule des bfi Wien GmbH  (Politische Wissenschaften)
Veranstaltung
Diplom-Seminar
Note
Befriedigend
Autor
Jahr
2015
Seiten
118
Katalognummer
V338088
ISBN (eBook)
9783668296329
ISBN (Buch)
9783668296336
Dateigröße
934 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Bedeutung der Arbeit liegt bei den empirischen Befragungen der Verfassungssprecher bzw. Klubobleute der jeweiligen parlamentarischen Fraktion und der zusammenfassenden Inhaltsanalyse, welche das Herzstück sind. Die durchgeführten Befragungen waren eine angemessene methodische Vorgehensweise um einen manifesten Einblick auf die Sichtweisen zum Wahlrecht zu erforschen. Generell ist bei der Beobachtung der internationalen Wahlrechtsentwicklung ein Trend zu Mischformen bzw. gemischten Systemen festzustellen.
Schlagworte
Wahlrecht, Wahlsystem, Reform, BFI, Verhältniswahl, Mehrheitswahl, England, Mehrheitswahlsystem, Verhältniswahlsystem, Wahlrechtsform, Wahlrechtsreform, Ungarn, Mischsystem
Arbeit zitieren
BA MA Thomas F. Eisenhut (Autor:in), 2015, Wahlsysteme und Entwicklungen des Wahlrechts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338088

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wahlsysteme und Entwicklungen des Wahlrechts



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden