Die Außenpolitik des Antoninus Pius aus zeitgenössischer Quellensicht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Person Antoninus Pius
2.1 Herkunft, Familie, Kindheit und Erziehung
2.2 Charaktereigenschaften des Antoninus Pius

3. Außenpolitik nach den Quellen
3.1 Vita des Antoninus Pius in der Historia Augusta
3.2 Außenpolitik nach der Historia Augusta
3.3 Romrede des Aelius Aristides
3.4 Außenpolitik nach der Romrede des Aelius Aristides
3.5 Münzprägungen unter Antoninus Pius
3.6 Außenpolitik nach den Münzprägungen

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis
5.1 Quellen
5.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Kein römischer Kaiser ist in der Neuzeit so widersprüchlich beurteilt worden wie Antoninus Pius. Den einen das Symbol eines goldenen Zeitalters, ist er den anderen eine Figur von ehrenwertem Mittelmaß, seine Regierung eine Kette von Versäumnissen, die sich unter Marc Aurel rächen sollten.1

Diese unterschiedlichen Auffassungen werden in der Geschichtsforschung schon lange kontrovers diskutiert und es gibt wohl ebenso viele positive wie negative Meinungen über Antoninus Pius. Für WILLY HÜTTL, der bereits 1936 das bis heute geltende Standardwerk zu Antoninus Pius verfasste, ist er „einer der idealsten Herrschergestalten in der langen Reihe der römischen Kaiser“.2 MICHAEL GRANT dagegen, der sein Werk „The Antonines“ 1994 schrieb, kritisiert die wachsende Bürokratie unter Pius und beschreibt ihn als „inflexible centralizer, his humanity being of a distinctly paternistic character“,3 welcher seine Herrschaft nur mit Donativen, Spielen sowie Städte- und Straßenbau gesichert habe. Zwischen diesen beiden Extremen pendeln sich die übrigen Ansichten der Historiker über Antoninus Pius ein.

Gerade die negative Bewertung von Antoninus Pius und die Aufdeckung von Versäumnissen, hauptsächlich auf seine Außenpolitik bezogen, beruht auf der Kenntnis, dass seine Nachfolger Marc Aurel und Lucius Verus bald mit Krisen zu kämpfen hatten, die eine Ära tiefer Erschütterungen und langanhaltender Konflikte einleiteten, welche das Reich an den Rand der Agonie brachten.4 Diese großen Gefahren und neue außenpolitische Konstellationen haben sich wohl schon in den letzten Regierungsjahren des Antoninus Pius abgezeichnet, doch kann auf die historische Berechtigung dieser These in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr soll hier auf ein anderes Problem eingegangen werden. Es ist die Frage, welches Bild die historischen Quellen von den außenpolitischen Fähigkeiten des Antoninus Pius zeichnen. Ist er der von HÜTTL genannte Idealherrscher oder ein schwacher Charakter, der die Krisen der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts mit verantwortet hat?

In dieser Arbeit wird die Außenpolitik des Antoninus Pius aus unterschiedlicher Quellensicht erläutert. Zuerst wird die Person Antoninus Pius vorgestellt und seine Herkunft und Familie beschrieben und anschließend der Werdegang und seine Charaktereigenschaften dargestellt. Danach werden die Quellen vorgestellt und anschließend wird herausgearbeitet, wie diese Quellen die Außenpolitik des Antoninus Pius darstellen und gegebenenfalls bewerten.

2. Zur Person Antoninus Pius

2.1 Herkunft, Familie, Kindheit und Erziehung

Titus Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus wurde am 19. September 86 nach Christus5 bei Lanuvium geboren.6 In diesem erhöht gelegenen Gebiet wenige Kilometer südöstlich der Stadt Rom befanden sich viele Sommervillen reicher Römer, darunter auch die der Familie des Antoninus.7 Die Familie väterlicherseits stammte ursprünglich aus Nemausus, dem heutigen Nîmes im Süden Frankreichs, der Hauptstadt der Provinz Gallia Narbonensis. Sein Vater war Titus Aurelius Fulvus, welcher im Jahr 89 das Konsulat (consul ordinarius) innehatte und seine Mutter Arria Fadilla. Die Familie war durch Heirat, Erbschaft, eigenes Geschick und Beziehungen Großgrundbesitzer und Eigentümer von Ziegeleibetrieben und daher einflussreich und vermögend geworden.8 Vermutlich starb der Vater bald nach der Geburt seines Sohnes, denn die Vita Pii berichtet, dass Antoninus Pius bei seinen Großvätern aufwuchs.9 Laut TEMPORINI waren diese ebenfalls sehr vermögend und hatten je zweimal das Konsulat inne.10

Der Großvater väterlicherseits, der ebenfalls Titus Aurelius Fulvus hieß, war im Jahre 92 unter Domitian sogar Stadtpräfekt von Rom, das höchste Amt, das ein Senator erreichen konnte und vergleichbar mit dem eines Oberbürgermeisters. Der Großvater mütterlicherseits, Titus Arrius Antoninus, konnte zudem griechische Verse vortragen und wurde auch deswegen verehrt. Reichtum und Bildung, sowie vollkommene Zweisprachigkeit waren Bedingungen für eine hohe senatorische Laufbahn.11 Diese Bedingungen erfüllte die Familie des Antoninus Pius allesamt und so durchlief dieser ebenfalls eine übliche Laufbahn eines Angehörigen der obersten staatlichen Führungsschicht, den cursus honorum:

Im Jahre 111 bekleidete er die Quästur, wurde 117 Prätor, um schließlich im Jahre 120 sein erstes Konsulat anzutreten.12 Er heiratete eine Frau aus der gleichen Gesellschaftsschicht, Annia Galeria Faustina, welche ebenfalls aus einer reichen senatorischen Familie stammte. Sie gebar 4 Kinder, von denen zwei Söhne und eine Tochter jedoch nicht überlebten. Lediglich eine Tochter, Faustina die Jüngere, überstand das Kindesalter.13

Nach seinem Konsulat gehörte Antoninus Pius zunächst zu den vier konsularischen Legaten, die von Hadrian beauftragt wurden und Statthaltern ähnlich für die Verwaltung von Italien zuständig waren.14 Antoninus Pius wurde dabei der Teil zugewiesen, in dem er die meisten Landgüter besaß.15 Hier sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Verwaltung und Rechtsprechung und festigte seinen Ruf als Experte auf diesen Gebieten.16

Etwa im Alter von 50 (im Jahr 136) wurde er Statthalter der Provinz Asia, dem Westen der heutigen Türkei. Dieser Posten galt wegen der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung dieser Region als erstrebenswertes Ziel für einen Senator.17 Dieses Amt führte er angeblich so ehrenvoll und gewissenhaft aus, dass nur er allein seinen Großvater, welcher das Amt zuvor ebenfalls innehatte, noch übertraf.18 Da dieser Aufenthalt nach republikanischer Tradition nur ein Jahr dauerte, kehrte Antoninus Pius bald darauf nach Rom zurück und gehörte von nun an endgültig zu den Hauptstützen, den sogenannten „Freunden“ des Kaisers Hadrian.19

Nach dem Tod des ursprünglichen Thronerben Lucius Aelius Caesar adoptierte Hadrian am 25. Februar 138 den mit vielen einflussreichen Familien verwandten 51-jährigen Antoninus und machte ihn zu seinem Nachfolger. Weil wie beschrieben keiner seiner Söhne überlebt hatte, musste er als Bedingung der Adoption wiederum seinen 17-jährigen Neffen Marc Aurel, einen Sohn des Bruders seiner Frau, sowie Lucius Verus, den achtjährigen Sohn des Aelius, adoptieren. Mit dieser Nachfolgeregelung hatte Hadrian die Ordnung des römischen Reiches für zwei Generationen vorherbestimmt.20

Nach Hadrians Tod am 10. Juli 138 übernahm Antoninus die Herrschaft und erhielt den Namen Imperator Titus Aelius Caesar Augustus Antoninus, imp.Traiani Hadriani Aug.filius, divi traiani Parthici nepos, divi Nervae pronepos, tribunicia potestate, consul.21 Kurz danach setzte er gegen den Willen des Senats die Vergöttlichung seines Adoptivvaters Hadrian durch.22 Diesen Konflikt ausgenommen pflegte der Kaiser ein gutes, konfliktfreies Verhältnis zum Senat.23

2.2 Charaktereigenschaften des Antoninus Pius

Will man die Art und Weise wie Antoninus Pius das römische Reich während seiner Regierungszeit führte verstehen, so ist es unabdingbar sich auch mit seinen Herrschertugenden bzw. seinen Charaktereigenschaften zu beschäftigen. Seine Politik, vor allem seine Außenpolitik, ist im Wesentlichen von vier Wesenszügen des Antoninus geprägt. Diese werden auch in der HA hervorgehoben und lauten pietas, also Frömmigkeit, clementia (Milde), civilitas (Höflichkeit, Umgänglichkeit) und liberalitas (Freigiebigkeit).

pietas

Mit dem Beinamen Pius wird die pietas als zentrale Eigenschaft des Nachfolgers Hadrians hervorgehoben. WALENTOWSKI unterscheidet drei Unterarten der pietas bei Antoninus Pius.24 Das rechte Verhalten des Kaisers gegenüber den Eltern und Verwandten (pietas erga parentes), gegenüber dem Staat (pietas) und gegenüber den Göttern (pietas erga deos).

In der HA werden für seine Frömmigkeit verschiedene Beispiele genannt. So stützte er bei der Senatssitzung im Jahr 138 seinen Schwiegervater Marcus Annius Verus, erwies Hadrian zu Lebzeiten immer höchsten Gehorsam und errichtete nach dem Tod seiner Frau ihr zu Ehren einen Tempel.25 Gegenüber dem Staat zeigte er seine pietas, wenn er Nichtstuern die Gehälter entzog.26 Die pietas erga deos zeigte sich in dem Bemühen des Kaisers, alte Heiligtümer restaurieren und neue Tempel errichten zu lassen.27

clementia

Die Milde des Antoninus Pius äußerte sich bei vielen Gelegenheiten. Bereits vor seinem Regierungsantritt soll er bei den Versammlungen mit Hadrian immer mildere Ansichten vertreten haben als dieser.28

Als Kaiser soll er die von Hadrian verurteilten Senatoren vor dem Tod gerettet haben und von den Provinzen keine übertriebenen Steuern verlangt haben.29 Aufstände unterdrückte er nicht mit Brutalität, sondern mit Augenmaß und Konsequenz.30

civilitas

[...]


1 Hildegard Temporini-Gräfin Vitzthum, Antoninus Pius. In: Manfred Clauss (Hg.), Die römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. München 2010, S. 137-144.

2 Willy Hüttl, Antoninus Pius. Band 1. Prag 1933-1936

3 Michael Grant, The Antonines. The Roman Empire in Transition. London 1994, S. 13.

4 Vgl.: Karl Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit von Augustus bis Konstantin, München 1988, S. 332.

5 Im Folgenden wird auf die Darstellung „nach Christus“ verzichtet. Alle genannten Daten beziehen sich auf „nach Christus.“

6 Historia Augusta, Vita Antonii Pii 1,8. Vgl.: Temporini, Antoninus Pius, S. 137. Nachfolgend wird die Historia Augusta mit „HA“ abgekürzt

7 Vgl.: Ebd.

8 Vgl.: Ebd.

9 Vgl.: Vita Pii, 8,1.

10 Vgl.: Temporini, Antoninus Pius, S. 137.

11 Vgl.: Ebd.

12 Vita Pii, 2,9. Der cursus honorum wird in der Vita Pii nur knapp behandelt, die Jahreszahlen der Ämterbekleidung kann man sich aber aus den üblichen Zeiten der senatorischen Laufbahn erschließen.

13 Vgl.: Temporini, Antoninus Pius, S. 138.

14 Vgl.: Ebd. sowie Walentowski, Antoninus Pius, S. 92.

15 Vgl.: Vita Pii, 2,11.

16 Vgl.: Temporini, Antoninus Pius, S. 138.

17 Vgl.: Ebd.

18 Vgl.: Vita Pii 3,2.

19 Vgl.: Temporini, Antoninus Pius, S. 138.

20 Vgl.: Willy Hüttl, Antoninus Pius. Band 1. Prag 1933-1936, S. 41ff.

21 Vgl.: Walentowski, Antoninus Pius, S. 82.

22 Vgl.: Vita Pii, 2,5. und 5,2.

23 Vgl.: Ebd. 6,5.

24 Vgl.: Walentowski, Antoninus Pius, S. 99.

25 Vgl.: Vita Pii, 2,3., 4,2.,5,1.,6,7.

26 Vgl.: Vita Pii 7,7.

27 Vgl.: Ebd. 8,2.

28 Vgl.: Ebd. 3,8.

29 Vgl.: Ebd. 2,4.,6,3.,6,1.

30 Vgl.: Ebd. 12,2.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Außenpolitik des Antoninus Pius aus zeitgenössischer Quellensicht
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
24
Katalognummer
V336894
ISBN (eBook)
9783656985174
ISBN (Buch)
9783656985181
Dateigröße
646 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antonius Pius, Außenpolitik, Römer, Römisches Reich, Willy Hüttl, Michael Grant, Römischer Kaiser
Arbeit zitieren
Andreas Ratz (Autor:in), 2015, Die Außenpolitik des Antoninus Pius aus zeitgenössischer Quellensicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336894

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