Diversity Management. Kulturelle Vielfalt in österreichischen Unternehmen und deren Management


Bachelorarbeit, 2016

70 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Diversity
2.1 Definition Diversity Management
2.2 Ziele und Mehrwert von Diversity Management im Unternehmen
2.3 Dimensionen von Diversity
2.3.1 Alter
2.3.2 Geschlecht
2.3.3 Sexuelle Orientierung
2.3.4 Behinderung
2.3.5 Ethnische Zugehörigkeit / Hautfarbe
2.3.6 Religion

3 Kultur
3.1 Definition Kultur
3.2 Kulturdimensionsschema nach Hofstede
3.2.1 Machtdistanz
3.2.2 Unsicherheitsvermeidung
3.2.3 Individualismus vs. Kollektivismus
3.2.4 Maskulinität vs. Femininität
3.2.5 Langfristorientierung
3.2.6 Nachgiebigkeit vs. Beherrschung
3.2.7 Kulturzwiebel nach Hofstede
3.3 Kulturmodell nach Kluckhohn & Strodtbeck
3.4 Kulturmodell von Trompenaars & Hampden-Turner
3.4.1 Universalismus vs. Partikularismus
3.4.2 Individualismus vs. Kollektivismus
3.4.3 Neutralität vs. Affektivität
3.4.4 Spezifität vs. Diffusität
3.4.5 Statuserreichung vs. Statuszuschreibung
3.4.6 Serialität vs. Parallelität (Zeitverständnis)
3.4.7 Interne vs. Externe Kontrolle (Beziehung der Menschen zur Umwelt/Natur)
3.5 Kulturtypen nach Lewis
3.6 Kulturdimensionen nach Hall (Interkulturelle Kommunikation)
3.7 Interkulturelles Managen
3.7.1 Definition interkulturelles Managen
3.7.2 Interkulturelle Öffnung

4 Kulturen nach ethnischer Zugehörigkeit und Religion in Österreich
4.1 Kulturelle Bevölkerungsanteile in Österreich
4.1.1 Ethnische Zugehörigkeit
4.1.2 Religion
4.2 Wertvorstellungen kultureller Teilgruppen in Österreich
4.2.1 Bevölkerungsanteil in Österreich mit österreichischen Wertvorstellungen
4.2.2 Bevölkerungsanteil in Österreich mit osteuropäischen Wertvorstellungen
4.2.3 Bevölkerungsanteil in Österreich mit arabischen Wertvorstellungen
4.3 Analyse der kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten

5 Diversity Management-Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Vielfalt in österreichischen Unternehmen
5.1 Erfolgsfaktoren im Managen von Diversity
5.2 Führen von multikulturellen Teams
5.3 An Wertvorstellungen der verschiedenen Kulturen angepasste Benefits
5.4 Arbeitsplatzgestaltung und Design der Unternehmensräumlichkeiten
5.5 Unternehmensveranstaltungen zum Verständnis der Kulturen

6 Zusammenfassung und Ausblick

Kurzfassung

Mit dem Aufkommen der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/16 startete erneut eine Diskus- sion über die Integration von Immigranten in den österreichischen Arbeitsmarkt. Der Gegen- stand dieser Arbeit ist die Evaluierung der unterschiedlichen nationalen Kulturgruppen ver- schiedener ethnischer Herkunft in Österreich und ihre Lebenseinstellungen und Verhaltensmus- ter. Diese Evaluierung dient als Basis für die Identifizierung von Methoden und Praktiken für die Eingliederung und Leistungsmotivation der verschiedenen Kulturgruppen im Unternehmen. Mithilfe von statistischen Daten wurde die österreichische Bevölkerung analysiert und drei wichtige in Österreich lebende nationale Kulturkreise wurden identifiziert. Diese Kulturkreise sind Personen mit österreichischen, osteuropäischen oder arabischen Wertvorstellungen. Nach einer Evaluierung anhand von Kulturmodellen von Hofstede und Lewis sind wesentliche Ge- meinsamkeiten und Unterschiede sichtbar. Hinsichtlich der Ideologie als auch in den Verhal- tensmustern sind die drei Kulturgruppen sehr unterschiedlich. Es sind jedoch auch Gemeinsam- keiten gegeben. Ausschlaggebend sind die verschiedenen Grundhaltungen besonders wenn die Kulturgruppen im beruflichen Kontext aufeinandertreffen. Über jeweilige kulturelle Differen- zen hinwegzusehen ist gerade in diesem Umfeld maßgeblich für den Erfolg des Unternehmens. Das richtige Managen der Mitarbeiter ist daher essentiell. Um eine multikulturelle Belegschaft im Unternehmen erfolgreich in eine wettbewerbsfähige und erfolgreiche Zukunft zu managen, werden Ansätze wie Diversity Management und Interkulturelles Management empfohlen.

Abstract

With the current refugee crisis in the year 2015/16 a new discussion about the successful inte- gration of immigrants into the Austrian labour market started. It is the purpose of this research to evaluate the diverse national cultural groups with different ethnic backgrounds living in Aus- tria and their behaviour patterns in order to detect methods and practices for managers to inte- grate and motivate them in organisations. Through an analysis of statistical data three big cul- tural groups have been identified inside the population of Austria. These groups are people from Austria, East-Europe and Arabic countries. After an evaluation with Hofstede’s and Lewis’ culture models major commonalities and differences in ideology and attitude between these groups are exposed. Regarding the ideology as well as attitudes, the cultural groups are very different but there are also some commonalities amongst them. The different ideologies are especially determining when the cultural groups come into conflict in the professional context. To overlook such differences in this environment is dangerous for the success of a company. Therefore the right management of the employees is essential. In order to manage multicultural staff in the organisation approaches like Diversity Management and Intercultural Management are recommended for a future competitive success.

„Diversity may be the hardest thing for a society to live with, and perhaps the most dangerous thing for a society to be without.“

William Sloane Coffin Jr.

Danksagung

Besonders bedanken möchte ich mich bei:

Meiner Betreuerin, Frau Mag. Perez-Alonso Azucena, für die gute Zusammenarbeit, die Betreuung und ihre Hilfe bei der Erstellung dieser Bachelorarbeit. Für die Idee meine Arbeit zu diesem Thema zu schreiben möchte ich ihr besonders danken. Freude, Interesse und Fleiß waren stets meine Begleiter.

Meiner Familie und meinen Freunden, welche mir immer zur Verfügung standen, wenn ich ihre Hilfe brauchte und mich tatkräftig unterstützten.

An dieser Stelle möchte ich besonders Laura und meinen Eltern danken. Meinen Eltern, weil sie mir das Studium ermöglicht haben und meiner Mutter im Speziellen für das Korrekturlesen der Bachelorarbeit. Meiner Freundin Laura möchte ich für die vielen hilfreichen Gespräche während der Erstellung danken.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Umfrage von SHRM bezüglich positiver Auswirkungen von DiM im Unternehmen

Abbildung 2: Umfrage von SHRM, welche Maßnahmen bezüglich DiM im Unternehmen getätigt werden

Abbildung 3: Die vier Dimensionen von Diversity

Abbildung 4: Kultur als Mittelwert von Gruppen-Phänomenen

Abbildung 5: Entstehung von nationalen Kulturen

Abbildung 6: Kulturzwiebel nach Hofstede

Abbildung 7: Unterschiedliche Kommunikationsarten

Abbildung 8: Drei Dimensionen interkulturellen Managements

Abbildung 9: Österreichische Werte - Hofstedes Kulturdimensionen

Abbildung 10: Werte osteuropäischer Länder - Hofstedes Kulturdimensionen

Abbildung 11: Werte arabischer Länder - Hofstedes Kulturdimensionen

Abbildung 12: Vergleich der kulturellen Werte zwischen Österreich, osteuropäischen und arabischen Ländern

Abbildung 13: Interkulturell relevante Managementprozessaspekte

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich von Definitionen des Begriffs der Kultur

Tabelle 2: Unterschiede in Unternehmensorganisationen von Kulturen mit hoher und niedriger Machtdistanz

Tabelle 3: Unterschiedliche Charakteristika von Kulturen mit hoher und niedriger Unsicherheitsvermeidung

Tabelle 4: Unterschiedliche Werte und soziale Normen zwischen individualistischen und kollektivistischen Kulturen

Tabelle 5: Unterschiede zwischen maskulin und feminin geprägten Kulturen

Tabelle 6: Unterschiede zwischen langfristig und kurzfristig orientierten Kulturen

Tabelle 7: Unterschiede zwischen beherrschten und nachgiebigen Kulturen

Tabelle 8: Kluckhohns und Strodtbecks fünf Kulturannahmen

Tabelle 9: Unterschiede zwischen Universalismus und Partikularismus

Tabelle 10: Unterschiede zwischen Individualismus und Kollektivismus

Tabelle 11: Unterschiede zwischen Neutralität und Affektivität

Tabelle 12: Unterschiede zwischen Spezifität und Diffusität

Tabelle 13: Unterschiede zwischen Statuserreichung und Statuszuschreibung

Tabelle 14: Unterschiede zwischen Serialität und Parallelität

Tabelle 15: Unterschiede zwischen interne und externe Kontrolle

Tabelle 16: Kulturelle Kategorien nach Richard Lewis

Tabelle 17: Bevölkerungsanteile nach Staatsangehörigkeit in Österreich

Tabelle 18: Österreichische Bevölkerung mit osteuropäischer Staatsangehörigkeit

Tabelle 19: Österreichische Bevölkerung mit einer Staatsangehörigkeit eines arabischen Landes (min. 1000 Personen)

Tabelle 20: Bevölkerung weiterer Nationen in Österreich (min. 25.000 Personen)

Tabelle 21: Vorherrschende Religionen in Österreich, Osteuropa und arabischen Ländern

Tabelle 22: Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der österreichischen, osteuropäischen und arabischen Kulturen

Tabelle 23: Mögliche Benefits und zufriedenstellende Faktoren für MitarbeiterInnen aus den drei Kulturkreisen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Seit über sechs Jahren steigt die Anzahl der weltweiten Flüge stetig an, ein Indikator für die ebenfalls ansteigende Globalisierung der Welt.1 Ein wichtiger Faktor, welcher bei der voran- schreitenden Globalisierung nicht vergessen werden darf, ist die kulturelle Globalisierung. Das Aufeinandertreffen, Vermischen und vielleicht Verdrängen von Kulturen ist heute bereits ein kontinuierlicher Prozess, welcher Vorteile, Nachteile und Fragen aufwirft.2 Die wirtschaftliche, politische und kulturelle Globalisierung, sowie die Bildung eines vereinten Europas haben zur Folge, dass Menschen verschiedener Kulturen3 im privaten und beruflichen Kontext aufeinan- der treffen, miteinander arbeiten, lernen, kommunizieren und leben.4 Durch das steigende Flüchtlingsaufkommen in Europa in den Jahren 2015/16 ist diesem Thema gerade in Österreich wieder eine große Wichtigkeit zugekommen.5 Menschen verschiedener Länder und Kulturen mit unterschiedlichen Bedürfnissen kommen nach Österreich und müssen, sowohl im privaten als auch im öffentlichen und beruflichen Umfeld, integriert und von der ansässigen Bevölke- rung aufgenommen werden. Um hier insbesondere im Unternehmen bestmögliche Ergebnisse zu erzielen und die Werte, Vorstellungen und Vielfalt der Kulturen zu managen, bedarf es ge- schulten und sensibilisierten Personals.6 Ein Konzept, um die personelle Vielfalt im Unterneh- men zu wertschätzen und zu fördern, nennt sich Diversity Management. Mit Diversity Manage- ment soll Diversität im Unternehmen als Wettbewerbsvorteil verstanden und genutzt werden. Ziel ist es Umstände im Unternehmen zu kreieren, in dem alle Beschäftigten ihr volles Leis- tungspotential entfalten können und wollen.7 Diese Unternehmenskultur darf jedoch nicht nur in Worten bestehen, sondern muss aktiv in Form eines gelebten Wertesystems umgesetzt wer- den. Diversity Management ist ein Management-Prozess um dies zu erreichen. Die Sensibili- sierung für andere Kulturen muss gefördert und im Unternehmen gefestigt werden.8

Im internationalen Vergleich herrscht in Österreich bezüglich Diversity Management noch Handlungsbedarf. Viele Unternehmen haben den Nutzen von Diversity Management bis jetzt nicht erkannt. Es gilt beim verantwortlichen Management ein Bewusstsein dafür zu schaffen und Instrumente und Praktiken für den Umgang mit Diversity zu implementieren.9 Österreich ist ein Zuzugsland, in welchem die Anzahl der Bewohner mit Migrationshintergrund jährlich ansteigt. Diese Entwicklung bringt auch wirtschaftliche Vorteile mit sich. Die Bevölkerung würde ohne den Zuzug von Migranten ansonsten schrumpfen.10 Daher ist in Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf das Thema Diversity Management, im speziellen auf das Managen von Personen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund, zu legen. Damit Unternehmen in Österreich einen Mehrwert aus der Globalisierung, sowie der Vermischung von Kulturen, ziehen können, bedarf es eines Überblicks über die derzeitigen und zukünftigen Kulturgruppen verschiedener ethnischer Herkunft und Religion in Österreich. Das Management der Unternehmen benötigt Lösungsansätze, um potentielle interkulturellen Konflikte im Unternehmen zu vermeiden bzw. zu lösen und die Vorteile bestmöglich zu nutzen.

Diese Arbeit soll dem Leser den Überblick über die Kulturlandschaft in Österreich geben, sowie Maßnahmen und Praktiken für das erfolgreiche Managen einer interkulturellen Belegschaft im Unternehmen aufzeigen. Die verschiedenen Wertvorstellungen und Indikatoren der Kultur- gruppen werden anhand eines Kulturdimensionsschemas analysiert und mit Hilfe einer Kultur- matrix dargestellt. Hierbei bezieht sich diese auf die ethnische Herkunft der Teilgruppen. Mit- hilfe der Matrix werden die Unterschiede und Übereinstimmungen der Kulturen für den Leser zusammengefasst und klar erkennbar. Darauf basierend werden abschließend die Maßnahmen und Praktiken für das erfolgreiche Managen und das Vermitteln zwischen den Kulturgruppen empfohlen. Die Subkulturen innerhalb der Kulturgruppen in Österreich, sowie soziokulturelle Unterschiede (Stadt, Land, Ausbildungsgrad, etc.) werden hierbei nicht beachtet. Das interkul- turelle Management über die Unternehmensgrenzen hinaus, ist ebenfalls kein Ziel dieser Arbeit. Zielgruppe dieser Arbeit sind sowohl das strategische, als auch das operative Management in österreichischen Unternehmen.

Um den Leser in das Thema einzuführen, werden vorweg in einem Grundlagenteil Diversity Management, der mögliche Vorteil daraus und die verschiedenen Diversity-Dimensionen er- läutert. Aufbauend wird im Detail auf die Dimension Kultur eingegangen. In diesem Kapitel werden der Begriff Kultur und verschiedene Kulturmodelle von Hofstede, Kluckhohn & Strodtbeck, Trompenaars & Hampden-Turner, Lewis und Hall zur Beschreibung und Eintei- lung von Kulturen erläutert. Weiters werden interkulturelles Managen und die zugehörige in- terkulturelle Öffnung im Unternehmen dargelegt. Anschließend werden die kulturellen Teil- gruppen in Österreich und ihre unterschiedlichen bzw. übereinstimmenden Wertvorstellungen anhand der Modelle von Hofstede und Lewis analysiert. Auf Basis dieser Analyse werden prak- tische Lösungsansätze für die Führungsebene aufgelistet, um kulturelle Vielfalt in österreichi- schen Unternehmen erfolgreich zu managen. Dies bezieht sich unter anderem auf das erfolgrei- che Managen von multikulturellen Teams, die Motivation von kulturell unterschiedlichen Mit- arbeiterInnen und die Sensibilisierung dieser für andere Kulturen. Abschließend werden die Erkenntnisse zusammengefasst und ein Ausblick in die Zukunft von kultureller Diversität in österreichischen Unternehmen gegeben.

2 Diversity

Der Begriff Diversity und das damit verbundene Management werden in der Wirtschaft und Politik immer präsenter. Viele Personen haben bereits davon gehört oder sind bereits davon betroffen. Trotzdem haben viel Betroffene keinen Bezug dazu.11 Diversity, zu Deutsch Diversität, ist die Vielfalt und Verschiedenartigkeit von Personen. Seien es nun sichtbare Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft oder nicht sichtbare Faktoren wie Religion, sexuelle Orientierung, Bildung, soziale Stellung und viele mehr. Diversity Management befasst sich mit der Förderung der Vielfalt und dem Zusammentreffen von Personen und den möglichen positiven Wirkungen.12 Dieser kurzen Einleitung über Diversity Management folgt eine Erläuterung woher der Begriff Diversity Management kommt, was er bedeutet und worauf sich Diversity Management konzentriert und welche Ziele es verfolgt.

2.1 Definition Diversity Management

Der, in der Diversity-Forschung, amerikanische Vorreiter Taylor Cox definierte Diversity Management wie folgt:

„planning and implementing organizational systems and practices to manage people so that the potential advantages of diversity are maximized while its potential disadvantages are minimized”13

Die Ursprünge des Diversitätsansatzes und des daraus resultierenden Diversity Managements liegen in den Zeiten der Bürger- und Frauenrechtsbewegungen in den 1960er-Jahren in den USA. Ausgehend davon, dass die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder Rasse gesetz- lich geahndet wurde, folgte in den USA ein Gesetz, um gesellschaftliche Minderheiten am Ar- beitsplatz bzw. Arbeitsmarkt zu schützen. Basierend auf dem Antidiskriminierungsrecht entwi- ckelte sich in den nachfolgenden Jahren das Management der Vielfalt unter dem Namen Diver- sity Management. Mit der zunehmenden Internationalisierung hatte in den 1990er-Jahren Diversity Management auch im europäischen Raum ihren Einzug. Immer mehr Unternehmen griffen das Thema Diversity im Unternehmen auf und implementierten Diversity Management. In Österreich z.B. gibt es eine Diversity Charta-Initiative14. Ausgehend von dieser Entwicklung wird Diversity Management heute folgend definiert. Diversity steht für das aktive Auseinan- dersetzen mit Unterschieden und auch Gemeinsamkeiten. Management beinhaltet die Planung, Organisation, Anleitung und Kontrolle von Tätigkeiten. Zusammen gesehen ist Diversity Ma- nagement die Planung, Organisation, Anleitung und Kontrolle der aktiven Auseinandersetzung mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten um diese zu fördern und positiv zu nutzen. Ein großer Unterschied von Diversity Management zu anderen gleichstellungspolitischen Ansätzen ist die Anwendung im wirtschaftlichen Kontext, damit daraus Gewinne und organisationale Erfolge resultieren. Es ist ein ganzheitlicher Strategieansatz um eine Organisationskultur zu entwickeln, in welcher sich alle entwickeln können. Hierbei geht es nicht nur um die MitarbeiterInnen son- dern auch KundInnen und alle anderen Anspruchsgruppen eines Unternehmens.15 Eine zentrale Frage ist, weshalb sich dieser Strategieansatz für Unternehmen lohnt und welche Ziele Diver- sity Management verfolgen muss um daraus einen Mehrwert für das Unternehmen zu generie- ren.

2.2 Ziele und Mehrwert von Diversity Management im Unternehmen

Die Erkenntnis der Notwendigkeit Diversität im Unternehmen zu fördern und als Chance zu nutzen ist kein Zufall. Der immer fortschreitende gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel zwingt die Unternehmen geradezu sich damit zu befassen wenn sie auch in Zukunft wettbe- werbsfähig bleiben wollen. Ein paar Beispiele wären die zunehmende Erwerbsfähigkeit von Frauen, ein Anstieg an Personal mit Migrationshintergrund, die Globalisierung der Wirtschafts- ströme oder die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen. Im zunehmenden Fachkräf- temangel (War for Talents) müssen Unternehmen auch attraktiv auf zukünftige Arbeitnehmer wirken. Der Leitgedanke von Diversity Management ist, wie bereits erwähnt, wirtschaftlicher Natur und soll durch die Förderung der sozialen Vielfalt MitarbeiterInnen dazu motivieren, ihre Talente und Leistungsfähigkeiten zu Gunsten des Unternehmens einzusetzen.16

Primär folgt Diversity Management einem Hauptziel, welches über allen anderen steht. Dieses Ziel umfasst, niemanden zu diskriminieren, allen MitarbeiterInnen gleiche Chancen zukommen zu lassen, tolerant mit allen Menschen umzugehen und sie fair zu behandeln. Die Gemeinsam- keiten und Unterschiede sollen wahrgenommen, wertgeschätzt und positiv als Vorteil für den Unternehmenserfolg genutzt werden.17 Jedes Unternehmen verfolgt mit dem Einsatz von Diver- sity Management individuelle Ziele. Die Ziele können daher nicht allgemein dargelegt werden. Es ist jedoch eine Unterscheidung der Ziele möglich und zwar in den Dimensionen Inhaltsbe- reich, Reichweite und Adressatenbezug. Der Inhaltsbereich beinhaltet die sozialen Zwecke, beispielsweise die Unterbindung von Diskriminierung und die Erhöhung der Mitarbeiterbin- dung, sowie die ökonomischen Zwecke wie das Kosten- und Marketingargument von Diversity Management. Die Reichweite teilt sich in die operationalen und strategischen Ziele auf. Die strategische Zielsetzung befasst sich hier mit dem Aufbau eines einzigartigen und wettbewerbs- fähigen Humankapitals, um den flexiblen Marktbedingungen folgen zu können. Die operative Zielsetzung hat die Erhöhung der Problemlösequalität und der Ressourcenflexibilität zur Auf- gabe. Die letzte Kategorisierung ist der Adressatenbezug. Hierbei geht es um die Aufteilung der Organisationsentwicklung auf drei Ebenen. Auf der individuellen Ebene besteht das Ziel daraus, die Leistungspotentiale der MitarbeiterInnen voll einzusetzen. Auf der Gruppenebene sollen durch Entwicklungsmaßnahmen die Beziehungen innerhalb eines Teams verbessert wer- den. Dadurch soll die Produktivitätssteigerung und Problemlösefähigkeit im Team erhöht und das Kreativitäts- und Innovationspotential voll ausgeschöpft werden. Auf der Organisations- ebene sollen durch Befragungen der MitarbeiterInnen Informationen zur Verbesserung der Un- ternehmenskultur gesammelt, analysiert und Maßnahmen daraus abgeleitet werden.18

Durch die konsequente Verfolgung solcher Ziele können durch Diversity im Unternehmen viele Wettbewerbsvorteile errungen werden. Gut integrierte MitarbeiterInnen sind zufrieden und zu höherer Leistungserbringung bereit. Heterogene Unternehmenskulturen und Teams reagieren flexibler und reduzieren die Betriebsblindheit. Die Kreativität in der Problemlösung steigt, wodurch der Prozess jedoch meist verlängert wird. Im steigenden Fachkräftemangel werden Unternehmen mit einem vielfältigen Personal ebenfalls interessanter für potentielle qualifizierte Zuwanderer. Abschließend ist Diversity im Unternehmen auch ein Vorteil für das Marketing. Eine diverse Belegschaft kann sich individuell besser auf die Wünsche von verschiedensten Kunden einstellen. Um die Vorteile der Vielfalt im Unternehmen jedoch erfolgreich zu nutzen, bedarf es eines professionellen Managements und einer auf Vielfalt ausgerichteten Strategie. Hier setzt Diversity Management an. Der Mehrwert von Diversity Management lässt sich von den Vorteilen der Vielfalt leicht ableiten. Einige Beispiele wären die neuen Sprachkenntnisse von MitarbeiterInnen unterschiedlicher ethnischer Herkunft zur Ansprache von neuen Kunden- gruppen, das Verbesserte Image in der Öffentlichkeit und eventuelle Förderungen des Staates, höhere Mitarbeiterzufriedenheit und dadurch eine Bindung des Personals an den Betrieb, sowie die Steigerung der Leistungsfähigkeit. Ebenfalls sinkt das Risiko von AGG-Schadenersatzkla- gen und die Expansion des Unternehmens wird durch die Fachkenntnisse der MitarbeiterInnen über verschiedene Kulturen und Märkte erleichtert. Dies alles kann bei richtiger Durchführung zu Kostensenkung, Umsatzsteigerung und Vorteilen im Verkauf und Einkauf führen.19

Bereits 2001 führte die Society for Human Ressource Management (SHRM) in Zusammenar- beit mit dem FORTUNE Magazine eine Umfrage20 unter 125 Personalverantwortlichen der FORTUNE 1000-Unternehmen und den FORTUNE 100-Top Companies to Work for21 durch, welche zu dem Ergebnis kam, dass Diversity Management einen direkten Einfluss auf das Un- ternehmensergebnis hat. In den nachfolgenden Diagrammen sind die Aussagen der befragten Personalverantwortlichen, zu den festgestellten positiven Auswirkungen und getätigten Maß- nahmen, dargestellt. Die Prozent-Angaben beziehen sich auf die Anzahl der Befragten, welche mit der Aussage übereinstimmen. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass nicht nur positive Aussagen getätigt wurden. Beispielsweise gab etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, dass die Erwartungen der Programme oft zu hoch waren. Ein Viertel der Befragten konnte jedoch keine negativen Auswirkungen durch Diversity Management feststellen.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Umfrage von SHRM bezüglich positiver Auswirkungen von DiM im Unternehmen23

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Umfrage von SHRM, welche Maßnahmen bezüglich DiM im Unternehmen getätigt werden24

Den wirtschaftlichen Mehrwert von Maßnahmen durch Diversity Management im Allgemeinen und die damit einhergehende Organisationsentwicklung zu ermitteln bzw. zu messen, ist schwer möglich. Durch die Festlegung von definierten Zielen und Kennzahlen können jedoch Kosten/Nutzen-Effekte evaluiert und kontrolliert werden. Solche können z.B. die Anzahl von Beschwerden, Krankheitsfällen oder Diskriminierungsfällen, die MitarbeiterInnenfluktuation, Kosten und Zeit für die Einschulung von Neuzugängen, aber auch Feedback zum Unternehmensimage oder klassisch der Umsatz sein.25

Anhand von Umfragen wie der von SHRM und ihren Ergebnissen ist deutlich festzustellen, dass Diversity Management nicht eine neumodische Idee aus Marketingzwecken ist. Vielmehr ist es ein bereits erwiesener Strategieansatz, welcher bei richtiger Anwendung Wettbewerbsvorteile bringt und Unternehmen mit seinen MitarbeiterInnen, KundInnen und anderen Interessensgruppen erfolgreich in die Zukunft führt.

2.3 Dimensionen von Diversity

Wie eingangs erläutert, liegen in dem Begriff Diversity die Unterschiede, aber auch Gemein- samkeiten und Ausprägungen von verschiedenen Personen. Was jedoch zu Diversity dazuge- hört, also welche Faktoren und wie man all diese gruppieren bzw. dimensionieren kann, ist in den Ansichten der Experten sehr unterschiedlich. Am Anfang der Debatten um Diversity in den USA26 wurden beispielsweise nur die sichtbaren Erscheinungsformen von Diversity (observa- ble differences) behandelt. In späterer Folge nahmen die Wissenschaftler Wagner und Sepehri27 auch die nicht sichtbaren Erscheinungsformen (unobservable differences) hinzu. Wahrnehm- bare Erscheinungsformen von Diversität wären z.B. die Hautfarbe, das Geschlecht oder das Alter. Nicht wahrnehmbare Faktoren sind beispielsweise die Persönlichkeit, Religion, ethni- sche Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung oder Bildung. Das „Four Layers of Diversity“-Mo- dell nach Gardenswartz und Rowe28 gibt eine gute aufgeschlüsselte Übersicht über die ver- schiedenen Faktoren von Diversity.29 Das Modell besteht aus vier Dimensionen. Die Basis bil- det die Persönlichkeit eines Individuums. In der inneren Dimension sind die Kern-Faktoren, welche weitgehend unveränderbar sind bzw. sich nicht oft im Laufe eines Lebens verändern. In der Äußeren Dimension stehen die sekundären Faktoren, welche sich laufend verändern kön- nen. Alles umschließend steht die Organisationale Dimension. Sie bezeichnet die Diversity- Faktoren, welche unter dem Einfluss der Arbeit und des Unternehmens stehen. Die inneren Faktoren spielen eine größere Rolle, letztendlich sind jedoch alle Dimensionen verbunden und spielen als Gesamtes eine Rolle im Diversity Management.30 Das Modell der vier Dimensionen von Diversity ist in Abbildung 3 sichtbar.

Jahre nach der ersten Veröffentlichung der vier Dimensionen von Diversity 1994 von Gardens- wartz und Rowe existieren im Internet bereits viele verschiedene und leicht veränderte Versio- nen. Hierbei sind die Veränderungen meist in der inneren und äußeren Dimension. Die Verän- derungen der Dimensionen sind abhängig von den Ansichten der Autoren, welche Faktoren welchen Grad an Wichtigkeit haben. Oft ändert sich auch nur die Nomenklatur. Diese Darstel- lung wurde deshalb verwendet, da der Faktor Religion, in den Bereich der inneren Dimension gelegt wurde und nicht, wie bei vielen anderen Darstellungen, in den Bereich der äußeren Di- mension.

Praktische Beispiele zur Anwendung des theoretischen Wissens, in den verschiedenen Bereichen der Diversity Dimensionen, können in den Fallstudien zu Diversity Management, aus dem Jahr 2011,von Vedder, Göbel und Krause nachgelesen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die vier Dimensionen von Diversity31

2.3.1 Alter

Aufgrund demografischer Veränderungen, wie einer geringeren Geburtenrate und einer höhe- ren Lebenserwartung, hat der Faktor Alter im politischen sowie wirtschaftlichen Umfeld eine immer stärkere Bedeutung. Die Europäische Union (EU) beschäftigt sich seit den 1990er-Jah- ren mit dem Thema, um einer Destabilisierung der Sozial- und Rentenversicherungen entge- genzuwirken. Das Thema Altersdiskriminierung kommt hier zum Vorschein. Laut einer Um- frage der Europäischen Kommission32 war Österreich 2008 innerhalb der EU auf Platz zwei beim Thema „Erlebte Altersdiskriminierung“.33 Der Begriff Alter hat jedoch nicht nur, wie von vielen angenommen, die biologische Bedeutung. Um ein umfassendes Verständnis vom Begriff des Alters zu bekommen, gibt es in den Sozialwissenschaften eine Einteilung in drei Formen:34

- Das biologisches Alter mit Bezug auf den Körper,
- das psychologisches Alter
- und das soziales Alter, welches mit kulturellen Werten und Normen sowie altersbezo- gene Rollenerwartungen verbunden ist.

2.3.2 Geschlecht

Die Dimension Geschlecht findet die wohl breiteste Beachtung. Das liegt daran, dass Frauen in der heutigen Zeit immer mehr als Beschäftigungsressource gewürdigt werden und hier großer Anpassungsbedarf herrscht. Hilfreich ist die Unterscheidung des sozialen Geschlechts (Gender) und des biologischen Geschlechts (Sex). Das Ziel ist nicht die Repräsentation des biologischen Geschlechts (männlich, weiblich oder Zwitter) im Unternehmen, durch z.B. Frauenquoten. Ziel ist die Berücksichtigung des sozialen Geschlechts anhand der Nutzung von geschlechterspezi- fischen Werten, Verhaltensweisen und Präferenzen beider Seiten.35 Bei Gender geht es also um die gezielte Förderung der unterschiedlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Potenziale von Frauen und Männern gleichermaßen. Seit Generationen werden Männern und Frauen verschie- dene Fähigkeiten zugesprochen, wobei festzustellen ist, dass Frauen in vielen Bereichen be- nachteiligt werden. Um diese Ungleichheit Frauen gegenüber abzubauen gibt es bereits unter- schiedliche Ansätze, wie eine Gleichstellungspolitik, Gender Mainstreaming oder eben Diver- sity Management.36

2.3.3 Sexuelle Orientierung

Die sexuelle Orientierung ist Teil der sexuellen Identität, welche auch noch die Themen Be- gehren, Sexualität und Geschlechteridentität umfasst. In der heutigen Gesellschaft wird meist davon ausgegangen, dass der oder die Gegenüber eine heterosexuelle Orientierung hat. Hetero- sexualität ist selbstverständlich und wird durch Bilder des sozialen, emotionalen und sexuellen Miteinanders von Frau und Mann gestützt.37 Es gibt jedoch noch andere wie die homosexuelle und bisexuelle Orientierung, welche durch zuvor genannte Ansichten diskriminiert werden. Derzeit werden sogar Diskussionen über bis zu 50 Geschlechter geführt (z.B. das Geschlecht in sozialen Medien). Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent der Weltbevölke- rung homosexuell sind. Für viele Menschen ist die sexuelle Orientierung eine Privatsache. Es können jedoch Maßnahmen gesetzt werden, um allen ein angenehmes Umfeld zu schaffen, in welchem sich jeder wohl und frei fühlt und nicht Angst vor Diskriminierung, wegen stereoty- pischer Normen, hat. Des Weiteren sollen sich in einer aufgeklärten Gesellschaft Angehörige der LGBT-Gruppe (lesbian, gay, bisexual und transgender) auf Basis von Vertrauensvorschuss zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen wollen. Eine Outing sollte niemals eine Zwangshand- lung sein.38

2.3.4 Behinderung

Für den Begriff Behinderung gibt es keine eindeutige Definition. Er wird von den verschiede- nen wissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Pädagogik, Medizin, Soziologie, etc.) unterschiedlich ausgelegt. In der Regel wird eine Behinderung als eine oder mehrere Einschränkung(en) gese- hen, welche unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Diese Ansicht kommt aus dem Be- reich der Medizin und teilt sich in sichtbare und unsichtbare Behinderungen auf. In diesem Verständnis wird eine Behinderung zum Defizit, welches größtmöglich vermieden oder besei- tigt werden sollte.39 Mit dem Wandel der Gesellschaft entwickelten sich neue Ansichten über Behinderung. Im Kontext der Disability Studies40 ist Behinderung eine gesellschaftliche Kon- struktion. Die Gesellschaft gibt vor, wer behindert ist und aufgrund dessen anders behandelt wird.41

2.3.5 Ethnische Zugehörigkeit / Hautfarbe

Der Begriff Ethnie kommt aus dem Griechischen (éthnos) und bedeutet Volk bzw. Volkszugehörige. Heute bezeichnet das Wort Ethnie eine Gruppe von Menschen, welche sich durch ihre gemeinsame Herkunft, Sprache, Kultur, Abstammung oder Traditionen miteinander verbunden fühlen. In solchen Gruppen herrscht eine starke Solidarität zwischen den Mitgliedern. Drei Faktoren bestimmen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe:

- die eigene Zuordnung (individuelle Selbstdefinition)
- die Zuordnung durch die Gruppe (kollektive Selbstdefinition)
- die Zuordnung durch andere außerhalb der Gruppe (Fremddefinition)

In Österreich leben viele Menschen, welche, trotz ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft, im täglichen Sprachgebrauch z.B. als TürkInnen, KroatInnen oder SerbInnen bezeichnet werden. Die Nationalität bzw. die Staatszugehörigkeit gibt demnach keine Auskunft über die Zugehö- rigkeit zu einer ethnischen Gruppe.42 Der Grund für diese Bezeichnungen liegt oft in der Haut- farbe. Eigentlich sollten alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben und die gleichen Chancen bekommen, aber oft wird diese Chancengleichheit durch Vorurteile und latent rassis- tische Denkstrukturen gefährdet. Gerade dunkelhäutige Menschen werden immer noch oft an- ders wahrgenommen und ausgeschlossen, was mit einer Verschwendung von Talenten und Po- tentialen einhergeht.43

2.3.6 Religion

Religion wird oft mit ethnischer Herkunft zusammengefasst. Das kann in vielen Fällen richtig sein, darf jedoch nicht pauschal gesehen werden. In einer Gesellschaft in welcher meist eine Religion vorherrschend ist, wird der Aspekt der Religion im Bereich des Diversity Managements schnell übergangen.44 Religion ist jedoch ein wichtiges Thema, da es vielen Menschen eine Weltanschauung vermittelt und daher stark zu ihrer Persönlichkeit beiträgt. Es ist ein sehr sensibler Bereich, der die Wertorientierung eines Menschen betrifft. In einer Gesellschaft wie in Österreich, in der alle Feiertage rein vom christlichen Glauben abhängen, werden die Bedürfnisse von vielen nicht beachtet. Unternehmen können hingegen durch die Einhaltung von angepassten Arbeitszeiten, Speiseplänen oder religiösen Feiertagen ihre MitarbeiterInnen zufriedenstellen und ihren Leistungswillen dadurch erhöhen.45

Nach Darstellung der Faktoren der inneren Dimension des Diversity-Modells ist ersichtlich, dass sich Diversity Management auf sehr viele Bereiche bezieht. Aufgrund der aktuellen Ge- schehnisse bezüglich der Flüchtlingskrise in der EU werden die Faktoren ethnische Herkunft und Religion eine neue Rolle spielen, welche oft mit der nationalen Kultur einer Person asso- ziiert werden. Das folgende Kapitel betrifft den Begriff Kultur, verschiedene Methoden der Analyse einer Kultur und wie das Zusammentreffen von Kulturen in Unternehmen erfolgreich gehandhabt werden kann.

3 Kultur

Kapitel 3 befasst sich mit der Definition des Begriffs Kultur und den im Laufe der Forschung entwickelten verschiedenen Analysemethoden von Kulturen. Grundlegend erfolgt zuerst eine Einführung und Definition des Begriffs der Kultur, wobei im Speziellen der Terminus der na- tionalen Kultur erläutert wird. Nach der Definition des Begriffs werden die verschiedenen Me- thoden zur Analyse von Kulturen nach Hofstede, Trompenaars & Hampden-Turner, Kluckhohn & Strodtbeck, Lewis und Hall dargestellt. Abschließend wird die Thematik des interkulturellen Managens behandelt. Dieses Kapitel bildet den theoretischen Hintergrund für die Analyse der kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen nationalen Kulturkreise in Österreich in Kapitel 4.

3.1 Definition Kultur

Aus etymologischer Sicht stammt der Begriff der Kultur vom lateinischen Wort cultura, Ge- samtheit der geistigen und künstlerischen Leistung, ab, welches wieder von colere, bebauen und pflegen abstammt. Der Begriff Kultur lässt sich bis dato nicht einheitlich definieren.46 In der folgenden Tabelle werden drei beispielhafte Definitionen von bekannten Wirtschaftswis- senschaftlern angeführt:

Abbildung 47 in dieser 48 Leseprobe nicht enthalten49

Tabelle 1: Vergleich von Definitionen des Begriffs der Kultur50

In seinen Arbeiten definierte Kluckhohn folgende Eigenschaften von Kultur:51

1. Kultur wird von jedem Einzelnen größtenteils in den ersten Lebensjahren erlernt und verinnerlicht.
2. Jede Kultur deckt mit ihrem System soziale und moralische, aber auch sprachliche und religiöse Aspekte ab.
3. Kultur unterliegt biologischen, psychologischen und historischen, sowie von der Um- welt kommenden Einflüssen, aufgrund derer sie geformt wird.
4. Eine Kultur ist kein starres Konstrukt sondern flexibel. Durch die, in Punkt 3 genannten, äußeren Einflüsse, verändert sie sich im Laufe der Zeit.
5. Kulturen lassen sich wissenschaftlich analysieren und vergleichen.
6. Kultur ist ein Rahmen für ein Individuum, in welchem es gemäß seinen persönlichen Werten urteilen und handeln kann.
7. Kultur verändert sich nicht nur mit der Zeit, sondern kann auch parallel verschiedene Ausprägungsformen annehmen, welche von den Individuen der Gruppe angewandt wer- den.

Kultur ist dabei nicht das Ergebnis der Einstellung eines einzelnen Individuums, sondern ist auf den Werten und dem daraus resultierendem Verhalten einer Gruppe aufgebaut. Die Kultur spiegelt also den Mittelwert der Werte der einzelnen Individuen einer Gruppe wieder. Einzelne Personen können verschiedene Ausprägungsformen ihrer Kultur leben. Wie in Abbildung 4 dargestellt, kann beispielsweise eine Person aus Kultur A, durch ihre individuelle Ausprägung der eigenen Kultur, die Werte der Kultur B treffen.52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Kultur als Mittelwert von Gruppen-Phänomenen53

Des Weiteren stellt sich die Frage, wie und wo sich Kulturen entwickeln. Es wird davon aus- gegangen, dass geographische Bedingungen eine Kultur und ihre Geschichte stark prägen. Die historische Entwicklung einer Kultur hat wiederum Einfluss auf Technologie, Politik und soziale Institutionen. Soziale Institutionen wie Familie, Religion, Schulen, Medien, die Regierung und auch Unternehmen haben ebenfalls wieder Einfluss auf die Kultur einer Gesellschaft. Wie Individuen in einer Kultur von den sozialen Institutionen beeinflusst werden, wird als Sozialisierung bezeichnet. Dadurch, dass die Bevölkerung in einer Nation eine ähnliche kulturelle Prägung erfährt, kommt es oft auch zur Imitation der nationalen Kultur von neuen Individuen. Entscheidend ist nun, dass soziale Institutionen auf nationaler Ebene meist sehr homogen sind, weshalb die Kultur mit der Nationalität verbunden wird. Abbildung 5 zeigt die eben genannten Treiber, welche eine nationale Kultur beeinflussen.54

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Entstehung von nationalen Kulturen55

Um die vielen nationalen Kulturen, welche sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben, miteinander vergleichen zu können, haben einige Sozialanthropologen bzw. Wirtschaftswissenschaftler Modelle mit definierten Kulturdimensionen entwickelt.

3.2 Kulturdimensionsschema nach Hofstede

Der aus den Niederlanden stammende Experte für Kulturwissenschaften Geert Hofstede hat das wohl am meisten angewendete Kulturdimensionsschema des 20. Jahrhunderts entwickelt. Nach seiner Promotion in sozialer Psychologie begann er seine berufliche Karriere bei IBM Europe, wobei er von 1967 bis 1973 eine umfassende Befragung von 116.000 MitarbeiterInnen in 72 Länder durchführte. Im Rahmen dieser Befragung definierte er vier Kulturdimensionen (Macht- distanz, Individualismus vs. Kollektivismus, Maskulinität vs. Femininität und Unsicherheits- vermeidung), die bis zu 60% der Verhaltens- und Antwort-Unterschiede zwischen den ver- schiedenen nationalen Niederlassungen von IBM wiederspiegelten.

[...]


1 Vgl. IATA 2014, Abrufdatum: 30.1.2016.

2 Vgl. Fuchs o.D., Abrufdatum: 01.02.2016.

3 [Anmerkung]: Unter dem Begriff Kultur ist hier der totalitätsorientierte Kulturbegriff gemeint. In dieser Form ist Kultur der Inbegriff aller angeeigneten Glaubens-, Lebens- und Wissensformen, sowie Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmuster einer Person, durch die sie sich von anderen Personen bzw. Gesellschaften unterscheidet. Die wissenschaftliche Disziplin der Ethnologie geht von dieser Definition der Kultur aus; vgl. dazu Nünning 2009, Abrufdatum: 03.02.2016.

4 Vgl. Institut für Kulturpolitik (IfK) der Kulturpolitischen Gesellschaft 2004, Abrufdatum: 03.02.2016.

5 Vgl. BMI 2015, Abrufdatum: 11.02.2016; Statistik Austria 2015, Abrufdatum: 26.01.2016.

6 Vgl. IKUD o.D., Abrufdatum: 02.02.2016.

7 Vgl. Anders/Ortlieb/Pantelmann/Reim/Sieben/Stein 2008, S. 14.

8 Vgl. Brandt 2008, S. 78.

9 Vgl. Pauser/Weghuber o.D., Abrufdatum: 01.02.2016.

10 Vgl. Medienservicestelle 2015, Abrufdatum: 31.01.2016; Statistik Austria 2015, Abrufdatum: 26.01.2016.

11 i.A.a. Schmidt 2012, Abrufdatum: 19.02.2016.

12 Vgl. Wittrich 2013, S. 6.

13 Vgl. Cox 1994, S. 11.

14 [Anmerkung]: Die Charta der Vielfalt wurde 2010 in Österreich gegründet und existiert ebenfalls in anderen Ländern, wie z.B. Deutschland. Sie ist ein freiwilliges und öffentliches Bekenntnis von österreichischen Unternehmen, Institutionen und Organisationen und befasst sich mit der Förderung und Wertschätzung aller Mitglieder der Gesellschaft, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Aussehen, Religion, sexueller Orientierung sowie körperlicher und geistiger Behinderung; vgl. dazu WKO/WKW 2012, Abrufdatum: 20.02.2016.

15 Vgl. Wittrich 2013, S. 6; sowie WKW 2015, Abrufdatum: 19.02.2016.

16 Vgl. Softgarden o.D., Abrufdatum: 01.02.2016.

17 Vgl. Vedder/Krause 2014, S. 62.

18 Vgl. Becker 2006, S. 27f.

19 Vgl. Charta der Vielfalt 2008, Abrufdatum: 01.02.2016.

20 Vgl. SHRM 2001, Abrufdatum: 21.02.2016.

21 [Anmerkung]: Die meisten der FORTUNE 100-Top Companies to Work for sind Unternehmen aus den USA. Der Grund dafür liegt daran, dass in der amerikanischen Kultur und Wirtschaft das Thema Diversity schon weit länger behandelt und gefördert wird als in Europa oder anderen Teilen der Welt.

22 Vgl. Benser 2008, S.35.

23 Eigene Darstellung auf Basis der Umfrage von SHRM; vgl. dazu SHRM 2001, Abrufdatum: 21.02.2016.

24 Eigene Darstellung auf Basis der Umfrage von SHRM; vgl. dazu SHRM 2001, Abrufdatum: 21.02.2016.

25 Vgl. Wladasch o.D., Abrufdatum: 20.02.2016.

26 [Anmerkung]: DiM-Pioniere aus den USA sind unter anderem Elsie Cross, Taylor Cox Jr., Roosevelt Thomas Jr., Susan Jackson, Judy Rosener und Marilyn Loden; vgl. Vedder 2006, S. 5.

27 Vgl. Sepehri/Wagner 2002, S.131.

28 Vgl. Gardenswartz/Rowe 1995, S. 33.

29 Vgl. Ditzel 2015, S. 14f.

30 Vgl. Softgarden o.D., Abrufdatum: 01.02.2016.

31 Vgl. Wondrak o.D., Abrufdatum: 23.02.2016; basierend auf Gardenswartz/Rowe 1995, S. 33; Innere und äußere Dimension adaptiert von Loden/Rosener 1991.

32 Vgl. Europäische Komission 2008, Abrufdatum: 25.02.2016.

33 Vgl. Eberherr/Fleischmann/Hofmann 2011, S.129.

34 Vgl. Abdul-Hussain/Hofmann 2013, Abrufdatum: 24.02.2016.

35 Vgl. Charta der Vielfalt 2011, Abrufdatum: 23.05.2016.

36 Vgl. Horniak/Cimzar 2012, S. 73ff.

37 Vgl. Abdul-Hussain/Hofmann 2013, Abrufdatum: 24.02.2016.

38 Vgl. Horniak/Cimzar 2012, S. 106ff.

39 Vgl. Abdul-Hussain 2009, S. 142.

40 [Anmerkung]: Disability Studies sind ein transdisziplinärer, behinderungsübergreifender Wissenschaftsansatz und fokussieren auf die Bedeutung von Behinderung als ein kulturelles oder soziales Phänomen. Grundlegend für diese Forschungsperspektive ist die Kritik an der Vorstellung von Behinderung als individual-biologisch-anato- mischer Defekt; vgl. Raab 2012, Abrufdatum: 24.02.2016.

41 Vgl. Abdul-Hussain/Hofmann 2013, Abrufdatum: 24.02.2016.

42 Vgl. Horniak/Cimzar 2012, S. 122f.

43 Vgl. Achaleke/Akinyosoye 2011, S. 123f.

44 Vgl. Rieder 2012, Abrufdatum: 24.02.2016.

45 Vgl. Köppel o.D., Abrufdatum: 24.02.2016.

46 Vgl. Engelen/Tholen 2014, S. 17.

47 Hofstede 2001, S 9.

48 Trompenaars/Hampden-Turner 1998, S. 13.

49 Kluckhohn 1951, S. 86.

50 Eigene Darstellung.

51 Vgl. Kluckhohn 1951, S. 87.

52 Vgl. Engelen/Tholen 2014, S. 19.

53 i.A.a. Engelen/Tholen 2014, S. 19.

54 Vgl. Engelen/Tholen 2014, S. 21f.

55 i.A.a. Engelen/Tholen 2014, S. 22.

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Diversity Management. Kulturelle Vielfalt in österreichischen Unternehmen und deren Management
Hochschule
FH JOANNEUM Kapfenberg  (Industrial Management)
Note
1
Autor
Jahr
2016
Seiten
70
Katalognummer
V336882
ISBN (eBook)
9783656984542
ISBN (Buch)
9783656984559
Dateigröße
1599 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
diversity, management, kulturelle, vielfalt, unternehmen
Arbeit zitieren
Clemens Artner (Autor:in), 2016, Diversity Management. Kulturelle Vielfalt in österreichischen Unternehmen und deren Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336882

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