Zahlungsbereitschaft von Privatpersonen für den Umweltschutz in West- und Osteuropa


Seminararbeit, 2016

58 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungs- und Akronymverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Themenrelevanz
1.2 Motivation der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinition
2.2 Überblick der Theorien und Hypothesenaufstellung

3 Modell
3.1 Datenbasis
3.2 Modellbeschreibung
3.2.1 Variablen
3.2.1.1 Abhängige Variablen
3.2.1.2 Unabhängige Variablen
3.2.2 Regressionsmodell

4 Regressionsanalyse
4.1 Deskriptive Statistik
4.2 Ergebnisse

5 Fazit
5.1 Schlussfolgerung und politische Handlungsempfehlungen
5.2 Kritische Würdigung und Ausblick

Literaturverzeichnis

„Lassen Sie uns alles daransetzen, dass wir der nächsten Generation, den Kindern von heute, eine Welt hinterlassen, die ihnen nicht nur den nötigen Lebensraum bietet, sondern auch die Umwelt, die das Leben erlaubt und lebenswert macht“

Richard von Weizsäcker

Abkürzungs- und Akronymverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: EU Mitgliedsstaaten und Kandidatenländer

Abbildung 2: Länderübersicht

Abbildung 3: Durchschnittliche aktive Zahlungsbereitschaft und EPI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Abhängige Variablen

Tabelle 2: Übersicht demografische Regressoren

Tabelle 3: Übersicht Einstellungsregressoren

Tabelle 4: Übersicht länderspezifischen Regressoren

Tabelle 5: Prozentuelle Anteile bei den abhängigen Variablen

Tabelle 6: Aufteilung der Aktion-Variable

Tabelle 7: Regressionsergebnisse (1)

Tabelle 8: Regressionsergebnisse (2)

Tabelle 9: Prozentuelle Aufteilung Postmaterialismus und world_citizen

Tabelle 10: Deskriptive Statistik der politischen Regressoren

Formelverzeichnis

Formel 1: Lineare multiple Regressionsanalyse

Formel 2: Schätzgleichung logistische Regression

1 Einleitung

Diese Arbeit hat das Ziel, das Umweltbewusstsein - ausgedrückt als Zahlungsbereitschaft für eine bessere Umwelt - in Ost- und Westeuropa zu analysieren. In diesem Kapitel wird zuerst kurz die Relevanz des Themas im gesellschaftlichen Gesamtkontext skizziert. Danach folgt die Darstellung der Motivation dieser Arbeit. Insbesondere wird hier die Ländergruppenauswahl erläutert.

1.1 Themenrelevanz

Eine der Hauptherausforderungen der aktuellen jetziger Zeitepoche ist das Bevölkerungswachstum. Während 2014 mehr als 7 Mrd. Menschen auf der Erde lebten, wird momentan davon ausgegangen, dass die Zahl bis zum Jahre 2050 auf 9,1 Mrd. steigen wird. Vornehmlich wird das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern stattfinden, wo die Bevölkerung von 5,6 Mrd. auf knapp 7,9 Mrd. anwachsen wird. (Lexikon der Nachhaltigkeit 2014)

In den Industrieländern genießen die Bürger hohe Lebensstandards, die sie weiterhin für sich beanspruchen. In den ärmeren Ländern hingegen besteht ein sogenannter Konsumaufholbedarf. Das bedeutet, dass Menschen mehr Wohlstand nach westlichem Vorbild für sich und ihre eigene Familien anstreben. Bedingt wird dies durch die mit der Globalisierung einhergehende Anpassung der Lebensweisen, der Konsumgewohnheiten und des Wirtschaftens. (Wickert 2013)

Der jetzige Wohlstand wird durch intensive Ressourcennutzung erreicht, die sich als nicht nachhaltig erweist. Das bezeugen unter anderem Beispiele aus dem Energiebereich. Fossile Energieträger, auf denen die Energiewirtschaft aktuell überwiegend aufgebaut ist, werden knapper. Einige reichen nicht mal für die nächsten hundert Jahre. (Quaschning 2013; 39) Auch die sich regenerierende Biokapazität der Natur wird zu schnell ausgeschöpft. Der »Earth Overshoot Day«, zu Deutsch »Welterschöpfungstag«, bezeichnet den Tag, ab dem Menschen aus ökologischer Sicht über die Verhältnisse leben. Ab diesem Zeitpunkt im Jahr werden mehr Ressourcen verbraucht, als die Erde innerhalb von zwölf Monaten reproduzieren kann. Dazu zählen z.B. Wasser, Holz, Getreide, Fische und sogar der entsprechende Platz zur Müllentsorgung. Zum ersten Mal wurde der Welterschöpfungstag am 19. Dezember 1987 errechnet. Im Jahr 2015 fiel der Tag hingegen schon auf den 13. August. (Lexikon der Nachhaltigkeit 2015a; Global Footprint Network 2015)

Dass eine solche Wirtschafts- und Lebensweise nicht langfristig haltbar ist, zeigt bildlich der Living Planet Report, welcher den Zustand der Erde analysiert. Wenn die gegenwärtige Geschwindigkeit des Ressourcenverbrauchs beibehalten wird, bedarf es bis 2030 zwei komplette Planeten, um den Bedarf der Menschen an Nahrung, Energie und Wasser zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären sogar knapp drei Planeten benötigt. (WWF 2014) Es ist offensichtlich, dass die Menschheit mit ihrem Handeln viele Aspekte der planetarischen Grenzen überschreitet, die für die Existenz bestimmend sind. In erster Linie ist die Rede vom Klimawandel, der anthropogen bedingt und überwiegend durch CO2-Emmissionen verursacht ist. (Rockström et al. 2009; 472-473)

Um diese gefährliche Entwicklung zu bewältigen, bedarf es einiger großer Anpassungen:

- Dekarbonisierung der Wirtschaft
- Reduzierung der Energieintensität
- Veränderung der Konsumgewohnheiten und der Lebensweisen

Dies alles kann aber nur erreicht werden, wenn die Akzeptanz und die Veränderungswilligkeit der Bevölkerung gegeben sind. (Maxton et al. 2012; 107 ff.) Es handelt sich also um das Umweltbewusstsein der Bevölkerung, das sich in den entsprechenden Einstellungen, Werten, Verhaltensabsichten und dem tatsächlichen Verhalten ausdrückt. Aus diesen Gründen ist es wichtig, das individuelle Umweltbewusstsein zu untersuchen.

1.2 Motivation der Arbeit

Im Fokus dieser Arbeit steht individuelle Zahlungsbereitschaft als Messung des Umweltbewusstseins. Während das Umweltbewusstsein mehrere Komponenten beinhaltet, sind für das Vorantreiben der nötigen Veränderung Richtung mehr Nachhaltigkeit vor allem die Verhaltensabsichten und das Verhalten essenziell. In der realen Welt müssen Menschen oft zwischen verschiedenen, sich wiedersprechenden Interessen abwägen. Wenn die Entscheidung zugunsten des Umweltschutzes ausfällt, spricht man von jener Zahlungsbereitschaft für eine bessere Umwelt. Dieser Zusammenhang bedingt die Wahl der Messung für die vorliegende Analyse. Eine Tiefere Untersuchung des Konzeptes »Umweltbewusstsein« und dessen Messung wird im Kapitel 2.1 Begriffsdefinition vorgenommen.

Diese Arbeit vergleicht ost- und westeuropäische Länder. Diese spezielle Länderthematik ist durch mehrere Überlegungen bedingt. Ein verbreitetes Vorurteil – auch als »konventionelle Weisheit« bezeichnet – besagt, dass Bürger westlicher Länder umweltbewusster sind als Menschen im Osten (Brechin und Kempton 1997; 16). Viele osteuropäische, ehemals kommunistische Länder sind mittlerweile EU-Mitglieder (z.B. Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Bulgarien, Rumänien). Andere wie z.B. Ukraine, Serbien und Mazedonien streben den EU-Beitritt an. (Europäische Union 2015, siehe auch Abb. 1) Die EU als Gemeinschaft beansprucht eine Vorreiterrolle im Klimaschutz und verfolgt ambitionierte Nachhaltigkeitsziele. Um diese zu erreichen, ist die aktive Mitwirkung von Bürger in jedem Mitgliedsland notwendig. (Lexikon der Nachhaltigkeit 2015b; Umweltbundesamt 2015)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: EU Mitgliedsstaaten und Kandidatenländer, Europäische Union 2015 (Quelle: http://www.zukunfteuropa.at/site/7854/Default.aspx)

Umweltprobleme sind aber global und der Fortschritt in deren Lösung hängt von dem Engagement der Weltgemeinschaft ab. CO2-Emmissionen, die von einem Land verursacht wurden, beeinflussen durch den »Ozontransport« die Luftqualität in anderen Regionen der Welt (Verstraeten et al. 2015; 693). Russland spielt in diesem Bezug eine besondere Rolle. Das Land ist einer der größten CO2 Emittenten. Im Jahr 2014 war Russland für 4,87 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich und stand damit weltweit auf Platz 4 nach China, den USA und Indien (Statista 2015).

Die oben ausgeführten Überlegungen erklären die Fokussetzung auf den Vergleich zwischen west- und osteuropäischen Ländern. Es erscheint wichtig zu untersuchen, ob und auf welche Weise Zahlungsbereitschaft in den ex-sowjetischen Ländern sich von der Zahlungsbereitschaft in Westeuropa unterscheidet. Um mögliche Handlungsempfehlungen für die Förderung des Umweltbewusstseins ableiten zu können, muss folgendes analysiert werden. Welche Faktoren sind es, die in den beiden Ländergruppen jeweils die Zahlungsbereitschaft beeinflussen. Außerdem ist es wichtig das Ausmaß dieses Einflusses zu erforschen.

2 Theoretische Grundlagen

Dieses Kapitel befasst sich mit den existierenden Theorien und Konzepten in dem Bereich der Forschung von Umweltbewusstsein und im Speziellen mit der Zahlungsbereitschaft für eine bessere Umwelt. Als erstes werden die Begriffe definiert und ihre Zusammenhänge aufgezeigt. Danach folgt ein Überblick der Theorien, insbesondere aus der Sicht der Fokussetzung dieser Arbeit. Das Kapitel schließt mit der Aufstellung von Hypothesen.

2.1 Begriffsdefinition

Seit den 1960er wird das Umweltbewusstsein sozial- und wirtschaftswissenschaftlich erforscht, wobei unter dem Oberbegriff »Umweltbewusstsein« (auf Englisch »environmental concern«, EC abgekürzt) diverse Aspekte als Untersuchungsobjekte analysiert werden. Das Spektrum reicht u.a. von Kenntnissen zu den Umweltproblemen über Werte und Einstellungen bis hin zu umweltbewussten Verhalten sowie einem Verhaltensvorhaben (Klineberg et al. 1998; 734). Trotz des großen wissenschaftlichen Interesses am Umweltbewusstsein, wurde bis dato kein Konsens darüber erreicht, welche Faktoren das Umweltbewusstsein ausmachen und wie es am besten dargestellt oder gemessen werden kann (Marquart-Pyatt 2008; 1313). Jüngste Studien zählen einige hundert Ansätze zur Messung von Umweltbewusstsein. Auf Grund der kontroversen Diskussion und der fehlenden Konzeptualisierung und Validierung der Ansätze wird sogar von der «Anarchie der Messung» gesprochen (Hawcroft und Milfont 2010; 143).

Die Schwierigkeit liegt in erster Linie in der großen Komplexität des Begriffes »Umweltbewusstsein« sowie dessen Ausdrucksweisen (Wissen, Erkenntnisse, politische Unterstützung, persönliche Handlung etc.), die sehr vielfältig und nicht selten sogar widersprüchlich sind. Beispielsweise gaben in einer länderübergreifenden Meinungsumfrage mehr als drei Viertel der Befragten an, dass sie der folgenden Aussage zustimmen oder stark zustimmen: „Es bedarf bindende internationale Abkommen zur Bewerkstelligung der Umweltprobleme“. In der gleichen Befragung stimmte jedoch mehr als die Hälfte der Befragten stark zu, dass fast alles, was die Menschen machen, der Umwelt schadet. Gleichzeitig vertrat über 50% der Befragten die Meinung, dass die moderne Wissenschaft – mit wenig Veränderung für die Lebensweise – Umweltprobleme lösen kann. (Marquart-Pyatt 2008; 1313). Ähnliche Diskrepanzen werden in anderen Untersuchungen ebenfalls festgestellt. Wissen über die Umweltprobleme resultiert nicht zwangsläufig in einer umweltbewussteren Einstellungen oder umweltschützenden Verhaltensabsichten (Gifford und Nilsson 2014; 141). Wahrnehmung und Erkenntnisse über die Umweltbedrohungen weisen eine Korrelation von unter 20 % mit der Bereitschaft zur Verhaltensänderung auf (Marquart-Pyatt 2012; 453). Ähnlich stimmt das tatsächliche Verhalten nur mit maximal 20 % mit den Verhaltensabsichten überein (Kormos und Gifford 2014; 360). Aus diesen Beispielen wird ersichtlich, dass Umweltbewusstsein aus mehreren Komponenten besteht, welche kompliziert miteinander verbunden sind.

Schaffrin unternimmt den Versuch das Konzept Umweltbewusstsein systematisch und konzeptuell zu postulieren. Er greift das Modell von Dunlap und Jones auf, in dem vier Dimensionen unterschieden werden: kognitive (Wissen, Ansichten, Normen), affektive (Emotionen und Evaluation/Bewertung), konative (Verhaltensintentionen) und die Verhaltensdimension. Die kognitive Komponente beinhaltet persönliche Kenntnisse und Ansichten über Ursachen, Haftungen und Lösungen für Umweltprobleme. Die affektive Komponente fügt einen emotionalen oder wertenden Teil hinzu. Auf der Basis der kognitiven Dimension wird über die Art, Charakter, Auswirkung, Schwere etc. der Umweltprobleme entschieden und eine Beurteilung vorgenommen. Diese Auswertung aktiviert die konative Komponente, d.h. es wird eine Verhaltensabsicht ausgelöst. Diese Intention umfasst sowohl die Unterstützung der umweltschützenden Maßnahmen und Umweltpolitik als auch persönliche umweltbewusste Handlungen. In der letzten Komponente wird die Intention in das tatsächliche Verhalten umgesetzt. Alle Komponenten können für die Messung des latenten Gesamtkonstruktes dienen, stellen aber vereinzelt keinen notwendigen und/oder ausreichenden Bestandteil des Umweltbewusstseins dar. (Schaffrin 2011; 15-16)

Während Dunlap und Jones alle Komponenten als Bestandteile des Gesamtkonstruktes betrachten, schließt Schaffrin das Wissen aus der kognitiven Dimension und die Verhaltensdimension als Wesensmerkmale des Umweltbewusstseins aus. Er argumentiert, dass das Wissen signifikant das umweltbewusste Verhalten bei dem Vorhandensein einer entsprechenden Haltung erklärt, jedoch nicht die Überzeugungen oder Einstellungen in Bezug auf die Umwelt als solche. Umweltbewusst eingestellte Menschen sind aktiver, wenn sie über Wissen zu konkreten Handlungsmöglichkeiten verfügen, wie z.B. über Wege zur Verringerung der individuellen Kohlendioxidemissionen. Nur Kenntnisse und Wissen reichen aber für die Formung der Werte und Normen nicht aus. Zudem sind die Informationen zu Umweltproblemen gegenwärtig leicht zugänglich und in öffentlichen Medien dargestellt. Daraus resultiert, dass Kenntnisse eher den Medienkonsum oder das allgemeine Interesse an der Wissenschaft wiederspiegeln, als das tatsächliche Umweltbewusstsein. Das bedeutet wiederum, dass das Wissen die Einstellungen nicht bedingt, sondern als eine zusätzliche Verbindung zwischen dem ökologischen Bewusstsein und dem Umweltverhalten dienen kann. (Schaffrin 2011; 17)

Das Verhalten sieht Schaffrin nicht als Bestandteil des Umweltbewusstseins, sondern als dessen Folge. Die Abgrenzung des Verhaltens aus dem Gesamtkonstrukt wird zusätzlich dadurch begründet, dass es durch andere Faktoren – neben den Überzeugungen, Einstellungen und Werten – sehr stark bestimmt wird. Beispielsweise schränken vorhandene finanzielle Ressourcen, Zeitrestriktionen, strukturelle Barrieren (infrastrukturelle Gegebenheiten wie z.B. autogerechte Städte), psychologische Barriere etc. das Verhalten ein. Die Verhaltensabsichten sind von diesen Faktoren hingegen nicht so stark geprägt bzw. losgelöst und spiegeln die Einstellungen, Normen und Werte wieder. (Schaffrin 2011; 18)

Unabhängig davon, ob das Modell von Schaffrin berechtigt und vertretbar ist, veranschaulicht die Arbeit die Komplexität und Vielschichtigkeit des Verständnisses über das »Umweltbewusstsein«. Außerdem wird die Problematik der synonymen Nutzung von unterschiedlichen Begriffen/Komponenten verdeutlicht.

Alle Komponenten spielen eine Rolle in dem Diskurs, jedoch soll der Analyse von Verhalten und Verhaltensabsichten und deren Determinanten mehr Gewichtung eingeräumt werden. Vor allem angesichts der Dringlichkeit zur Reduzierung von Umweltproblemen, begingt durch die sonst noch gravierenden zukünftigen Auswirkungen, (s. Kapitel 1.1 Relevanz des Themas) ist die Veränderung des Wirtschaftens, der Politik und der Lebensweisen unabdingbar. Dennoch herrscht eine große Trägheit des notwendigen Wandels auf der internationalen, nationalen und individuellen Ebene (Endlicher 2007; 129), was als Folge den Bedarf noch radikalerer Veränderungen in der Zukunft hat, um die Risiken, Auswirkungen und Schäden der Umweltprobleme insb. des Klimawandels handzuhaben (Meinshausen et al. 2009, 1158).

Es sind sowohl Effizienz als auch Suffizienz gefragt. Der Wohlstand soll von dem Natur-, Energie- und Materialverbrauch entkoppelt werden. Einerseits sind technologische Innovationen unabdingbar (energiesparende Geräte, neue Recyclingmethoden, Abfallvermeidung durch verbesserte technische Prozesse und Organisation etc.) (Schmidt 2008; 36). Anderseits sind soziale Innovationen erforderlich, um den Wohlstand vom Wachstum und Konsum loszulösen (genügsame Lebensstile, Share Economy, Nutzen statt Besitzen, regionaler Konsum etc.) (Schneidewind und Zahrnt 2013; 20, 52ff). Beide notwendigen Wege sind mit Kosten und Umstellungen verbunden, z.B. Kosten für Forschung und Entwicklung, für Umsetzung und Einführung inkl. neuer Gesetze und Rahmenbedingungen, höhere Preise für nachhaltige Produkte, Verzicht auf Komfort usw. Dies bedeutet, es muss politischer und individueller Wille vorhanden sein, um diese Kosten zu tragen bzw. die Umstellungen in Kauf zu nehmen.

Aus den eben aufgeführten Gründen erscheint die Methode der »Zahlungsbereitschaft« – auch »willingness to pay« bezeichnet und wtp abgekürzt – zur Messung von Umweltbewusstsein besonders relevant zu sein. Der Ansatz wurde aus der Finanzwissenschaft übernommen, beschränkt sich jedoch nicht auf den quantifizierbaren Betrag (Gabler Wirtschaftslexikon 2015), sondern ist weitgefasster und beinhaltet eher qualitative Auskünfte über die Bereitschaft, gewisse Opfer für den Umweltschutz zu erbringen. Zahlungsbereitschaft im Kontext der Umweltforschung kann wie folgt definiert werden: Zuordnung des individuellen Umweltbewusstseins zu der Bereitschaft, wirtschaftliche, finanzielle und weitere Opfer zu erbringen, um die Umweltprobleme zu reduzieren (Dorsch 2014; 961). Um diese zwei Verständnisse von Zahlungsbereitschaft (Finanzwissenschaft vs. Umweltforschung) zu trennen, wird auch der Begriff »Aufopferungswilligkeit« (willingness to sacrifice) benutzt (Marquart-Pyatt 2008; 1318 oder Marquart-Pyatt 2012; 648 ff.). Unabhängig von der gewählten Bezeichnung liegt in der Basis des Konzeptes ein Interessenkonflikt vor. Es muss abgewogen werden zwischen individuellen, politischen und ökonomischen Interessen auf der einen Seite und Umweltinteressen auf der anderen Seite. Ist die Zahlungsbereitschaft stark genug ausgeprägt, fällt die Entscheidung zu Gunsten des Umweltschutzes aus. (Klineberg et al. 1998; 736-737)

Der Begriff »Zahlungsbereitschaft« schließt monetäre Kosten sowie Opportunitätskosten mit ein. Mögliche Untersuchungsfragen in Bezug auf monetäre Kosten sind:

1) Bereitschaft mehr bzw. höhere Steuer zu zahlen, um eine staatliche Umweltkontrolle zu unterstützen.
2) Bereitschaf, höhere Preise für nachhaltige Produkte zu zahlen.
3) Bereitschaft für Umweltorganisationen zu spenden.

Opportunitätskosten können durch folgende Fragen abgebildet werden:

1) Bereitschaft zum Kaufverzicht von nicht nachhaltigen Produkten bzw. zum Boykott von Unternehmen, welche nicht nachhaltig sind, auch wenn es unbequem ist.
2) Bereitschaft zur aktiven Mitgliedschaft in einer Umweltorganisation.
3) Bereitschaft Umweltschutz dem wirtschaftlichen Wachstum vorzuziehen.

(Minton und Rose 1997; 43-44)

Zahlungsbereitschaft bezieht sich zum einen auf das tatsächliche Verhalten (aktive Zahlungsbereitschaft). Dies können z.B. entrichtete Spenden an Umweltorganisationen, gelebter nachhaltiger Konsum und umweltbewusste Mobilität sein. Zum anderen bezieht es sich auf die Verhaltensabsichten (hypothetische/theoretische Zahlungsbereitschaft). Dies sind vorhandene aktive Bereitschaften, die jedoch auf Grund von gegebenen Restriktionen nicht umgesetzt werden können. Mit diesen zwei Aspekten deckt »Zahlungsbereitschaft« zwei Komponenten des Umweltbewusstseins nach dem Modell von Dunlap und Jones ab (konative und Verhaltensdimension).

Aktive Zahlungsbereitschaft (tatsächliches Verhalten) ist durch Werte und Einstellungen bedingt, jedoch durch vorhandene Restriktionen in Form von Zeit- und Geldmangel, nicht vorhandenem Wissen sowie infrastrukturellen Hindernissen eingeschränkt (Klineberg et al. 1998; 737-738; Schaffrin 2011; 18). Theoretische Zahlungsbereitschaft (Verhaltensvorhaben) hingegen ist von diesen einschränkenden Faktoren weitgehend losgelöst und spiegelt umweltschützende Werte bzw. Normen und kann dadurch wertvolle Richtwerte für die Politikgestaltung zur Förderung des Umweltschutzes liefern (Marquart-Pyatt 2008; 1319).

Es lässt sich zusammenfassen, dass »Zahlungsbereitschaft« für eine bessere Umwelt zwei Komponenten des allgemeinen Konstruktes »Umweltbewusstsein« abbildet. Der Ansatz spiegelt die Interessenkonflikte und Abwägungen, welche den Umweltschutz in der Realität beeinflussen. Dadurch weist die Messung der Zahlungsbereitschaft große Relevanz auf und kann sinnvoll in dieser Arbeit angewendet werden.

2.2 Überblick der Theorien und Hypothesenaufstellung

Der Zustand der Umwelt ist besorgniserregend und die Umweltprobleme sind akut, wie bereits im Kapitel 1.1 erläutert wurde. Die Handhabung der Umweltprobleme ist aufgrund deren Vielschichtigkeit und Komplexität sehr schwer zu bewältigen. Außerdem bedarf es an Mitwirkung und Kooperation einer großen Anzahl von Akteuren (politische, individuelle, Länder, Industrie, Organisationen, Strukturen etc.), die in verschiedenem Ausmaß für die Verursachung der Probleme zuständig sind, jedoch in der unterschiedlichen Intensität von den Auswirkungen betroffen sind[1].

Um diese komplexen und dringenden Probleme anzugehen, ist die Erforschung der Umweltbewusstsein induzierenden Faktoren vonnöten. Die Wissenschaft versucht seit langem diese Faktoren zu identifizieren und zu analysieren. Der am meisten untersuchte Zusammenhang ist der zum Einkommen. Zwei prominente Theorien zeigen den positiven Zusammenhang zwischen Umweltbewusstsein und Einkommen auf der nationalen Ebene (BIP, BNE etc.). Dies sind die Wohlstands- und die Postmaterialismushypothesen.

Die »Wohlstandhypothese« (affluence/prosperity hypothesis) vertritt den ökonomischen Standpunkt und betrachtet die Umweltqualität nicht nur als öffentliches Gut, sondern als normales Gut, das mit steigendem Einkommen mehr nachgefragt wird. Neu vorhandene Finanzmittel werden für eine Umweltverbesserung kanalisiert. Außerdem sind Bürger in reicheren Ländern weniger wirtschaftlichen Problemen ausgesetzt. Das bedeutet, dass sie daher in der Lage und sogar bereit sind, auf ihren Lebensstandard zugunsten des Umweltschutzes zu verzichten. (Franzen 2003; 299)

Die Hypothese des »Postmaterialismus« begründet die positive Korrelation zwischen Einkommen und Umweltbewusstsein durch einen Wertewandel. Mehr Wohlstand und allgemeine Wohlfahrt bewirken einen Wechsel von materialistischen Werten zum Postmaterialismus. Wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind, werden die materiellen Werte (wie das Streben nach mehr Einkommen und Eigentum) durch Werte ersetzt, die einen starken Bezug zur Persönlichkeitsentwicklung und Wohlbefinden aufweisen. (Inglehart und Abramson 1999; 665)

Die »Globalisierungstheorie« hingegen stellt die Annahme infrage, das Umweltbewusstsein durch ökonomische Entwicklung bewirkt wird. Diese Theorie stützt sich auf die Ergebnisse von Studien und Umfragen, welche ausgeprägtes Umweltbewusstsein auch in ärmeren Ländern belegen. Hiermit wird die Voraussetzung der ökonomischen Entwicklung als Quelle des Umweltbewusstseins angezweifelt. Außerdem wird auf die Notwendigkeit einer tiefergehenden Untersuchung der Determinanten für das Umweltbewusstsein hingewiesen. (Dunlap und York 2008; 533-535)

Einen möglichen Erklärungsansatz zu den unterschiedlichen Ursachen von Umweltbewusstsein in verschiedenen Kontexten liefert die Theorie von »subjektiven Werten und objektiven Problemen». Sie besagt, dass in ärmeren Ländern das ausgeprägte Umweltbewusstsein durch gravierende lokale Umweltprobleme ausgelöst wird. Die Menschen leiden unter Umweltbedingungen wie schlechter Luftqualität oder erschwertem Zugang zu Trinkwasser. Sie sind daher bereit, für den Umweltschutz aktiv zu werden. In reicheren Ländern hingegen sind postmaterialistische Werte entscheidend, die den Willen zur Bewältigung globaler Umweltprobleme bedingen. Dies obwohl die Menschen vor Ort die Auswirkungen der Probleme nicht immer direkt wahrnehmen oder spüren. (Inglehart 1995; 57)

In Bezug auf die Fokussetzung dieser Arbeit gilt es zu erforschen, welche der Theorien zutrifft. Einerseits ist das BIP osteuropäischer Länder deutlich geringer als in den westeuropäischen Ländern. Allerdings auch nicht so niedrig, wie in den Entwicklungsländern. Anderseits sind die Umweltprobleme viel spürbarer und dringender in Osteuropa im Vergleich zu Westeuropa, wie Untersuchungen ökologischer Bedingungen in dieser Region zeigen (Nordbeck 2013; 245-249).

Wissenschaftler haben den verheerenden Umgang mit der Natur in den ehemals sozialistischen Ländern aufgezeichnet. Das kommunistische Modell der industriellen Entwicklung setzte auf Schwerindustrie und beutete Ressourcen ohne Rücksicht auf Verluste aus. Umweltzerstörung war in dem staatssozialistischen Modell der industriellen Entwicklung integriert und stellte hiermit eine gemeinsame Erfahrung für die Bürger des Ostblocks dar. Die Folgen dieses umweltverschmutzenden und sogar umweltzerstörenden Vorgehens waren dramatisch: erhöhte Kindersterblichkeit, Gefahr von Krebserkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen sowie verminderte Lebenserwartung. Diese gravierenden Verhältnisse haben unter anderem zum Kollaps des Systems geführt. Umweltproblematiken hatten eine katalysatorische Wirkung für den Systemwechsel, laut wissenschaftlicher Theorien. Jedoch auch nach dem Systemwechsel dauern die lokalen Umweltprobleme an. Die Politik entscheidet sich nicht selten weiterhin für wirtschaftliche Aspekte auf Kosten der Umwelt. (Pavlínek und Pickles 2000; 39ff.; Nordbeck 2013; 245-249; Hermann 2015)

Generell argumentieren einige Wissenschaftler, dass die Erfahrung des Kommunismus immer noch einen Einfluss ausübt. Unter anderem auch auf das Umweltbewusstsein der Bürger. Umweltbewusstsein wird durch das Umfeld und die Umgebung geprägt. In den Ländern, die den politischen Wandel durchlebt haben, ist der Kontext einmalig. Daher ist der Ansatz der »regionalen Einzigartigkeit« bei der Analyse angebracht (Marquart-Pyatt 2012; 443-444).

Der kommunistische Ostblock zeichnete sich durch einen hohen Grad der politischen Zentralisierung aus. Diese beeinflusst die Mitgliedschaft in Umweltorganisationen negativ, da jede freiwillige Teilhabe aufgrund des Totalitarismus eingeschränkt und sogar mit negativen Konsequenzen (Repressionen) für die Personen verbunden war (Schofer und Fourcade-Gourinchas 2001; 823). Außerdem führte Zentralisierung zur Vernachlässigung der lokalen Umweltbedürfnisse. Grundsätzlich waren die Umweltbelange sehr niedrig auf der Prioritätsskala angesiedelt. Zudem sind die sozialistischen Systeme mit der Anerkennung von Umweltproblemen eigentümlich umgegangen. Die Selbstgerechtigkeit des Systems rechtfertigte die Ausbeutung von Ressourcen. Staatliche Eigentumsrechte hatten oft einen verschwenderischen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen zur Folge, teilweise bis zur vollkommenen Verwüstung. Ebenso wurden viele Dienstleistungssektoren vernachlässigt und deswegen haben sich beispielsweise die Müllabfuhr und Müllbeseitigung nur sehr langsam entwickelt. (Haller und Hadler 2008; 289)

Die Transformation zur Demokratie und der Übergang zur marktwirtschaftlichen Ausrichtung liefen in vielen ehemals kommunistischen Ländern nur mühsam und auch teilweise unvollständig ab. Starke Korruption und Vetternwirtschaft sowie Kriminalität in der Politik und Wirtschaft stellen ein großes und viel diskutiertes Problem dar. (Hermann 2015) Die Regierungsform von vielen osteuropäischen Ländern wird als unvollständige Demokratie eingeschätzt, in einigen Ländern herrscht sogar eine Mischung aus Autokratie und Demokratie (The Economist Intelligence Unit 2010; 3-8). Dieser Umstand hindert bis dato wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität. Diese Länder sind daher anfälliger für Inflationen und Krisen. Auch der Ausbau von sozialen Sicherungssystemen ist dadurch erschwert. Diese Gegebenheiten wirken sich in Summe auf den Lebensstandard aus. Sie hemmen die Formung einer Zivilgesellschaft mit den normativen Merkmalen der aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen, einem Zugehörigkeitsgefühl, sozialen Bewegungen, Ehrenamt u. a. (Pavlínek und Pickles 2000; 213ff.; Hermann 2015)

Es lässt sich vermuten, dass all das zu einer bestimmten Einstellung geführt hat, welche auch das Umweltbewusstsein beeinflusst. Beispielsweise ist es denkbar, dass eine politische Resignation und auch das Misstrauen gegenüber der Politik und Nichtregierungsorganisationen in osteuropäischen Ländern stärker ausgeprägt sind im Vergleich zu Westeuropa. Dies könnte die Zahlungsbereitschaft beeinträchtigen. Außerdem bestimmen wirtschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Armut das alltägliche Leben. Daher ist zu erwarten, dass die Menschen sich eher auf die Sicherung der Lebensgrundlagen und des Eigentums konzentrieren und vorwiegend materialistisch orientiert sind.

Einige Studien weisen jedoch auch darauf hin, dass die Diskrepanz zwischen Ost- und Westeuropa in Bezug auf Umweltbewusstsein und deren Determinanten sich im Laufe der Zeit verringert hat. Bestimmende Faktoren wie Bildung, Alter und Geschlecht weisen den gleichen Effekt in beiden Gruppen auf (Marquart-Pyatt 2012; 461). Die Einstellungen und Werte, welche durch die politische Vergangenheit geprägt sind, haben hingegen keinen signifikanten Einfluss (Hadler und Wohlkonig 2012; 467). Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zahlungsbereitschaft in der osteuropäischen Region weiterhin bemerkenswert niedrig ist.

Bei der Literaturanalyse ist aufgefallen, dass der Ländervergleich zwischen Ost- und Westeuropa sehr einseitig durch die umweltproblematischen Gegebenheiten während kommunistischer Zeit betrachtet wird. Es erscheint jedoch notwendig zu erwähnen, dass auch in Westeuropa mal eine vorwiegend ausbeuterische Einstellung gegenüber der Umwelt herrschte und auch teilweise noch bis heute anhält. Auf Grund der natürlichen Ressourcenarmut stößt dieses Handeln jedoch mittlerweile auf Grenzen und es musste allein deswegen ein Umdenken stattfinden. Das bedeutet, dass der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in Westeuropa früher stattfand und mehr durch wirtschaftliche Notwendigkeit sowie Importabhängigkeiten verursacht wurde. Marktwirtschaftliche Orientierung und demokratische Regierungsformen begünstigten diese Entwicklung.

Auf Basis der durchgeführten Literaturanalyse und angestellten Überlegungen wurden folgende Hypothesen aufgestellt, die im Laufe dieser Arbeit zu prüfen sind:

1) Aktive Zahlungsbereitschaft für eine bessere Umwelt ist im Osten geringer. Dies ist durch die staatssozialistische bzw. kommunistische Vergangenheit bedingt. Einerseits konnte aufgrund der Misswirtschaft kein ausreichender Wohlstand erreicht werden. Dieses Defizit ist nach dem politischen Systemwechsel bis heute nicht aufgeholt und es besteht ein großer Nachholbedarf und andere Investitionsprioritäten. Anderseits sind Werte, Normen und Einstellungen durch gesellschaftliche Missstände materialistisch und skeptisch geprägt.

2) Die Hypothetische Zahlungsbereitschaft wird jedoch gleich vermutet, da im Zeitverlauf von einer Harmonisierung der generellen umweltbewussten Verhaltensabsichten ausgegangen werden kann.

3 Modell

In diesem Kapitel wird nun kurz das dieser Arbeit zugrundeliegende Modell erläutert. Ziel ist es, getroffene Annahmen darzulegen, welche im Kapitel 4 »Regressionsanalyse« unterstellt werden. Im ersten Teil wird die zur Verfügung stehende Datenbasis erläutert. Hierbei wird auf die zugrundeliegende Umfrage und die daraus resultierende Länderauswahl eingegangen. Dann wird in einem zweiten Teil kurz das verwendete Regressionsmodell beschrieben sowie die gebildeten Variablen vorgestellt und beschrieben.

3.1 Datenbasis

Dieser Arbeit liegt als Basis eine weltweite Umfrage des »World Values Survey« (WVS) der Welle Nr. 6 aus dem Umfragezeitraum 2010 - 2012 zugrunde. Das WVS ist ein Netzwerk von Sozialwissenschaftlern, welches global den Wertewandel und dessen Auswirkungen auf das soziale und politische Leben prüft. Gegründet wurde dieses Netzwerk im Jahre 1981 und hat seinen Hauptsitz in Stockholm. Die Umfragen des WVS werden in fast 100 Ländern durchgeführt, die wiederum ca. 90 % der Weltbevölkerung abdecken. Es werden Personen ab einem Alter von 18 Jahren befragt. Die Mindeststichprobengröße pro Land beträgt 1000 Personen. Bei der Auswahl der Probanden wird darauf geachtet, dass diese möglichst repräsentativ für das gesamte Land sind. Bei der Auswahl wird auf Wählerverzeichnisse und offizielle Bevölkerungsregister zurückgegriffen. Die Befragungen werden dann in »face-to-face-Interviews«, und nur in Ausnahmefällen (abgelegene Regionen) auch telefonisch, durchgeführt. (WVS 2015)

Daher ist diese Umfrage geeignet um als adäquate Grundlage für diese Arbeit zu dienen. Zudem werden die Ergebnisse der Umfragen ebenfalls von Wissenschaftlern weltweit für ähnliche Fragestellungen genutzt.

In der Abb. 2 ist zu erkennen, welche Länder in der Datenbasis zur Verfügung standen und wie diese entsprechend dem Thema dieser Arbeit aufgeteilt wurden. Dabei ist anzumerken, das Zypern geografisch zwar im Ost von Europa liegt, es aber politisch und ideologisch eher westlich geprägt ist und deshalb hier dem Westen zugeordnet wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Länderübersicht; eigene Darstellung, basierend auf https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Blank_maps_of_Europe#/media/File:Bubba_europe_outline.svg

Die nur geringe Anzahl verfügbarer Länder in der Datenbasis reduziert die Aussagekraft dieser Arbeit erheblich und ist im weiteren Verlauf immer zu berücksichtigen. Dennoch ist die Datenbasis als gute Näherung zu sehen, um Tendenzen auszumachen und damit Aussagen über die zu prüfende These treffen zu können.

Die Anzahl der Stichprobengröße teilt sich wie folgt auf:

Der in der Zielsetzung beschriebene Vergleich zwischen ehemals kommunistischen und kapitalistisch bzw. marktwirtschaftlich orientierten Ländern lässt sich mit dieser Auswahl ausreichend beschreiben.

Zusätzlich zu den gegebenen Daten aus der Umfrage wurden noch länderspezifische Daten recherchiert, welche dazu dienten länderspezifische Variablen zu bilden. Die einzelnen Indikatoren werden im Kapitel 3.2.1 Variablen genau erläutert.

3.2 Modellbeschreibung

3.2.1 Variablen

Hier werden nun die verwendeten Variablen erläutert. Zum einen wie sie gebildet und kodiert wurden und zum anderen die Intention hinter ihrer Auswahl.

3.2.1.1 Abhängige Variablen

Die abhängigen Variablen sind die entscheidenden Bezugsgrößen in der jeweiligen Regression. In dieser Arbeit stellen sie die Zahlungsbereitschaft dar, auch »willingness to pay« bezeichnet und wtp abgekürzt.

Die hier entscheidende Frage ist, wie Zahlungsbereitschaft definiert wird. Geht man von einer reinen monetären Sichtweise aus oder fasst man den Begriff weiter. In der Literatur gibt es dazu verschiedene Ansätze und Möglichkeiten. In dieser Arbeit wird eine verbreitete Möglichkeit aufgriffen und ebenfalls verwendet. Es wird unterschieden in aktive Zahlungsbereitschaft und hypothetische Zahlungsbereitschaft.

- Hypothetische Zahlungsbereitschaft:

Ist die theoretische Bereitschaft für etwas zu zahlen. Es ist nicht entscheidend, ob man schon zahlungsbereit ist, sondern lediglich die Intention der Person ist hier entscheidend. Deshalb wird diese Variable im Weiten auch mit wtpintetion abgekürzt. Um diese Variable abzubilden wurde die Frage 81 aus der Umfrage gewählt. Dort wird gefragt, ob der Person theoretisch gesehen Wirtschaftswachstum oder aber Umweltschutz wichtiger ist. Gibt die Person an, dass ihr Umweltschutz wichtiger ist, lässt dies auf die Intention der Person schließen. Zudem kann eine Aussage über »Suffizienzbereitschaft« ebenfalls abgebildet werden.

- Aktive Zahlungsbereitschaft:

Die aktive Zahlungsbereitschaft wird in dieser Arbeit in zwei Bereiche unterteilt. Zum einen soll sie den Faktor Geld wiederspiegeln, aber auch den Faktor Zeit mit berücksichtigen, welcher auch aktiv investiert werden kann. (Brechin und Kempton 1997; 18) Dazu wurden drei Fragen ausgewählt und zusammen zur Variable wtpaction aggregiert. Die erste Frage (V82) befasst sich mit dem Spenden für Umweltorganisationen und bildet den monetären Teil ab. Die zweite Frage (V83) bezieht sich auf die Teilnahme an Umweltdemonstrationen und gibt den Faktor Zeitinvestition wieder. Die dritte Frage (V30) befasst sich mit der Mitgliedschaft in einer Umweltorganisation. Hier spielt sowohl der Faktor Geld (Mitgliedsbeiträge) als auch der Faktor Zeit (Engagement) eine Rolle. Für diese drei Fragen wurde jeweils eine eigene Variable gebildet und diese dann Variable wtpaction zusammengeführt (siehe Tabelle 1).

In der Tabelle 1 sind die gewählten Variablen samt ihrer Kodierung übersichtlich dargestellt und beschrieben. Diese Kodierungslogik sei einmal beispielhaft erläutert und ist im weiteren Verlauf der Arbeit durchgehend verwendet. Die Variable wtpmember ist wie folgt gebildet worden. Die Variable wurde mir einer eins kodiert, wenn die Person die Frage mit dem zugeordneten Schlüssel von eins oder zwei beantwortet hat. War dies nicht der Fall, wurde eine null vergeben. Das Kürzel »V« und die darauf folgende Ziffer geben die Nummer der Frage im Fragebogen wieder.

[...]


[1] z.B. die Diskrepanz zwischen Energieverbrauch pro Kopf (Quaschning 2013; 28-29) sowie daraus resultierenden CO2-Emmissionen (World Bank 2015a) und der Grad der Betroffenheit durch die Klimaveränderung (Germanwatch 2014).

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Zahlungsbereitschaft von Privatpersonen für den Umweltschutz in West- und Osteuropa
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre Makroökonomische Theorie und Politik Prof. Dr. Paul J.J. Welfens)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2016
Seiten
58
Katalognummer
V336865
ISBN (eBook)
9783668305427
ISBN (Buch)
9783668305434
Dateigröße
997 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zahlungsbereitschaft, Umwelt, Nachhaltigkeit, Regressionsanalyse, Ost-vs. Westeuropa, nachhaltiges Verhalten
Arbeit zitieren
Tatiana Prusakova (Autor:in)Pascal Nebe (Autor:in), 2016, Zahlungsbereitschaft von Privatpersonen für den Umweltschutz in West- und Osteuropa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336865

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