Der Diskussionsentwurf zur „Großen Investmentsteuer-Reform“. Mögliche Auswirkungen auf die Beratungspraxis


Bachelorarbeit, 2016

48 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Abkürzungsverzeichnis

1. Reform der Investmentbesteuerung

2. Aktuelles Besteuerungssystem des Investmentsteuergesetzes
2.1 Anwendungsbereich
2.2 Besteuerung von Investmentvermögen

3. Investmentsteuerliche Neukonzeption
3.1 Anwendungsbereich des InvStG
3.2 Besteuerung von Investmentfonds
3.2.1 Einführung eines intransparenten Besteuerungssystems
3.2.2 Beschränkte Körperschaftsteuer und Gewerbesteuerpflicht
3.2.2.1 Körperschaftsteuer
3.2.2.2 Gewerbesteuer
3.2.2.3 Kapitalertragsteuer
3.2.3 Sonderregelungen bei Spezial-Investmentfonds
3.3 Anlegerbesteuerung
3.3.1 Ausschüttungen
3.3.2 Vorabpauschale
3.3.3 Gewinne aus der Veräußerung der Anteile
3.3.4 Teilfreistellungen
3.3.5 Kapitalertragsteuer
3.3.6 Streubesitzbeteiligungen

4. Fazit

Literaturverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: eigene Darstellung nach Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1834). 8

Abbildung 2: eigene Darstellung nach Jetter/Mager SteuK 2016 23 (23). 12

Abbildung 3: eigene Darstellung in Anlehnung an Stadler / Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1837). 15

Abbildung 4: eigene Darstellung in Anlehnung an Stadler / Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1839). 29

Abbildung 5: eigene Darstellung nach Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (492). 34

Abbildung 6: Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (497). 35

Abbildung 7: eigene Darstellung nach Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (493). 36

Abbildung 8: eigene Darstellung in Anlehnung an Kalina-Kerschbaum, Stellungnahme Bundessteuerberaterkammer, S.6f. 38

III Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

1. Reform der Investmentbesteuerung

Das im Jahre 2003 eingeführte Investmentsteuergesetz[1] fasst die bis dahin geltenden, steuerlichen Regelungen des Kapitalanlagegesetzes für inländische Investmentfonds, und die steuerlichen Regelungen für ausländische Investmentfonds aus dem Auslandsinvestmentgesetz zusammen.[2]

Der Gesetzgeber reagiert mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung[3] auf EU-rechtliche Risiken, die aus den EuGH-Entscheidungen in den Fällen Santander[4] und Emerging Markets[5] resultieren.[6]

Daneben möchte der Gesetzgeber mit dem InvStG-E Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuervermeidung[7] einschränken, den administrativen Aufwand abbauen und diverse Systemfehler des geltenden Rechts korrigieren.[8] Dabei wird nicht auf die Fortentwicklung der bestehenden Regelungen, sondern vielmehr auf die Schaffung eines neuen Besteuerungssystems seitens des Gesetzgebers gesetzt.[9]

Die mit dem Wechsel des Besteuerungssystems einhergehenden, grundlegenden Änderungen für Investoren und Investmentvermögen bedingen eine dezidierte Auseinandersetzung mit dem Thema.[10] Die Relevanz wird dabei von der Tatsache unterstützt, dass sich seit 2004 das von der Deutschen Investmentbranche verwaltete Vermögen mehr als verdoppelt hat.[11] [12]

Diese Arbeit befasst sich zunächst mit der Darstellung der geltenden und angestrebten Regelungen. Dabei erfolgen eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen Diskussionstand und die Bewertung der Regelungen aus dem InvStG-E aus beratungspraktischer Perspektive. Im Ergebnis soll eine Bewertung des InvStG-E bezüglich der vom Gesetzgeber selbst gestellten Zielstellungen erfolgen und die für die Beraterpraxis entscheidende Rechtssicherheit der neuen Regelungen beurteilt werden.

2. Aktuelles Besteuerungssystem des Investmentsteuergesetzes

Das aktuell geltende InvStG wurde letztmalig durch das AIFM Umsetzungsgesetz vom 24.12.2013 entscheidend geändert.[13] Hierdurch wurden EU-rechtliche Vorgaben aus der Richtlinie 2011/61/EU vom 08.06.2011 umgesetzt, in der Vorgaben für die Zulassung und Kontrolle von Managern alternativer Investmentfonds innerhalb der EU einheitlich geregelt wurden.[14] Wesentliche Änderungen im InvStG ergaben sich durch die Einführung des KAGB nach Art. 1 AIFM-UmsG, und die zeitgleiche Aufhebung des InvG gem. Art. 2 AIFM-UmsG.

Die Gesamtkodifizierung offener und geschlossener Investmentfonds über das eingeführte KABG unter zeitgleicher Aufhebung des InvG machten in der Folge zahlreiche Anpassungen bezogen auf die Verweise des InvStG auf das InvG nötig.[15]

2.1 Anwendungsbereich

Aus § 1 Abs. 1 S. 1 InvStG ergibt sich der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes. Demnach ist das InvStG auf alle Organismen für die gemeinsame Anlage in Wertpapieren[16] i.S.d. § 1 Abs.2 KAGB, sowie auf Alternative Investmentfonds[17] i.S.d. § 1 Abs. 3 KAGB anzuwenden. Beide zählen zum Investmentvermögen gem. § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB, wonach Investmentvermögen jeder Organismus zur gemeinsamen Geldanlage ist, der gem. einer festgelegten Anlagestrategie Kapital von Anlegern einsammelt und kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist. Als Organismus ist hierbei jede rechtliche oder wirtschaftliche Verselbstständigung von Vermögen anzusehen, in der von einer Anzahl von Anlegern extern bereitgestelltes Kapital konzentriert wird.[18] Die Rechtsform des geschaffenen Organismus spielt für die Anwendung des KAGB insofern keine Rolle.[19] OGAW sind gem. § 1Abs. 2 KAGB Investmentvermögen, die die Anforderungen der EU- Richtlinie 2009/65/EG[20], die zuletzt durch die Richtlinie 2014/91/EU[21] geändert worden ist, erfüllen. AIF sind gem. § 1 Abs. 3 KAGB alle Investmentvermögen, die keine OAGW sind. Somit erfolgte eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des InvStG auf zuvor nicht berücksichtigte AIF.[22] Dem AIF kommt durch die Negativabgrenzung zum OGAW im § 1 Abs. 3 KAGB eine Auffangfunktion zu.[23]

Der weit gefasste Anwendungsbereich des KAGB über den Investmentvermögenbegriff gem. § 1 Abs. 1 S. 1 KAGB wird durch verschiedene Ausnahmen eingeschränkt.[24] Unter anderem betrifft dies Holdinggesellschaften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 KAGB wie auch Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 KAGB, die über den § 1 Abs. 1a Nr. 1 InvStG aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen.[25]

2.2 Besteuerung von Investmentvermögen

Die Besteuerung von Einkünften aus dem Investmentvermögen auf Fonds- und Anlegerebene richtet sich zunächst danach, ob es sich bei dem Vermögen um einen Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b S. 2 InvStG handelt, oder das Vermögen als Investitionsgesellschaft i.S.d. §§ 18 und 19 InvStG klassifiziert wird.[26]

Damit ein Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KAGB als Investmentfonds gem. § 1 Abs. 1b S. 2 InvStG klassifiziert werden kann, müssen verschiedene Voraussetzungen insgesamt erfüllt sein.[27] [28] Damit entfernt sich der Gesetzgeber von der bisher lediglich aufsichtsrechtlichen Betrachtung und Klassifizierung von Investmentfonds.[29] Eine einheitliche Prüfung von Aufsichts- und Steuerrecht sind folglich bereits zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich, was den administrativen Aufwand auf Seiten des Rechtsanwenders erhöht.[30] Erfüllt das Investmentvermögen die engen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1b S.2 InvStG kann der Investmentfonds das Fondsprivileg des § 1 Abs. 3 S. 3 InvStG beanspruchen.[31] Danach erfolgt die Besteuerung der Erträge auf Anlegerebene erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttung.[32]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: eigene Darstellung nach Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1834).

3. Investmentsteuerliche Neukonzeption

Mit dem Investmentsteuergesetz-Entwurf[33] plant der Gesetzgeber kurze Zeit nach den weitreichenden Änderungen der Investmentbesteuerung durch das AIFM-StAnpG aus dem Jahr 2013 einen Wechsel im Besteuerungsregime.[34] Um dabei den Zielen der Reform gerecht zu werden bedarf es nach Auffassung des Gesetzgebers einer grundlegenden Reform, die über das Anpassen einzelner Vorschriften hinausgeht.[35]

3.1 Anwendungsbereich des InvStG

Der Anwendungsbereich des InvStG-E lehnt sich weiterhin über den § 1 Abs. 2 InvStG-E an die Begriffsbestimmungen des KAGB an.[36] Gem. § 1 Abs. 1 InvStG-E findet das Gesetz auf Investmentfonds und deren Anleger Anwendung. Es werden folglich in- und ausländische Fonds und deren Anleger in gleicher Weise erfasst.[37] Die Differenzierung von Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b S.2 InvStG und Investitionsgesellschaften i.S.d. §§ 18,19 InvStG wird aufgegeben.[38] Dies geschieht mit dem Wegfall der Kriterien des § 1 Abs. 1b S.2 InvStG für die Klassifizierung von Investmentvermögen als Investmentfonds. Für die Anwendungsbereich des InvStG-E spielen in der Folge die Ausgestaltung des Fonds (offen oder geschlossen), sowie der steuerliche Kriterienkatalog keine Rolle mehr.[39] Der zusätzliche Aufwand einer gesonderten Prüfung aufsichtsrechtlicher und steuerrechtlicher Klassifikationen von Investmentvermögen wird hier gemindert. Es wird wieder eine weitgehende Übereinstimmung aufsichts- und steuerrechtlicher Beurteilungen herbeigeführt.[40] Personengesellschaften zur Abdeckung betrieblicher Altersvorsorgeverpflichtungen, oder Personengesellschaften, die kein OGAW darstellen, sollen explizit von der Anwendung des InvStG-E ausgenommen werden.[41] Im Ergebnis tritt keine Änderung der Rechtsfolgen ein.[42] Der Gesetzgeber spart lediglich den Verweis im § 18 InvStG auf die allgemeine ertragssteuerliche Behandlung dieser Personengesellschaften durch Nichteröffnung des Anwendungsbereiches ein.[43] Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches ergibt sich durch § 1 Abs. 2 Nr. 1 InvStG-E.[44] Dieser erfasst sog. Ein-Anleger-Fonds, bei denen die Anzahl der möglichen Investoren auf einen beschränkt wird.[45] Damit weicht das InvStG-E erneut von der aufsichtsrechtlichen Definition des KAGB ab, wonach für das Vorliegen eines Investmentvermögens gem. § 1 Abs. 1 KAGB mehrere Anleger vorausgesetzt werden.[46] Dies begründet der Gesetzgeber mit dem angestrebten Ausschluss sich durch Satzungsänderungen dem Anwendungsbereich des InvStG-E zu entziehen.[47] Dies muss kritisch gesehen werden, da die Gefahr besteht, auch Formen der individuellen Portfolioverwaltung durch das InvStG-E zu erfassen.[48] Weitere Problemfälle entstehen aus rechtssystematischer Sicht durch den Umstand, dass Ein-Anleger-Fonds keinen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen unterliegen, diese aber vom InvStG vielfach vorausgesetzt werden.[49] Dies ist nur ein Beispiel für Abgrenzungsproblematiken, die sich aus der Anlehnung der steuerrechtlichen an die aufsichtsrechtlichen Begriffsbestimmungen ergeben. Um ein Höchstmaß an Rechtssicherheit für den Rechtsanwender zu erreichen, fordert deshalb die Bundessteuerberaterkammer eine gesonderte, investmentsteuerliche Definition des Anwendungsbereiches ohne Rückgriff auf das KAGB.[50]

Durch den § 1 Abs. 2 Nr. 2 InvStG-E sollen nun auch ertragssteuerbefreite, nicht operativ tätige Kapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich des InvStG erfasst werden. Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Regelung vor allem das Ziel bisher nicht vom InvStG erfasste Kapitalanlagevehikel wie die Luxemburger Verwaltungsgesellschaft für Familienvermögen zu erfassen.[51] Stadler und Mager stellen hierbei zurecht heraus, dass durch die allgemeine Formulierung des Regierungsentwurfs unter Umständen auch solche Gesellschaften erfasst werden können, die keine Kapitalanlagevehikel darstellen.[52] Dies ergibt sich vor allem aus der erneut implementierten Abweichung der investmentsteuerlichen Definition über die Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Nr. 2 InvStG-E von den aufsichtsrechtlichen Begriff des Investmentvermögens.[53]

Die Abgrenzung zwischen in- und ausländischen Investmentfonds im § 2 Abs. 2 InvStG-E richtet sich im Gesetzentwurf nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des § 1 Abs. 7 bis 9 KAGB, wonach sich die Abgrenzung nach dem jeweils anwendbaren Zivilrecht richten. Im Diskussionsentwurf strebte der Gesetzgeber noch eine abweichende Regelung an, die auf den Sitz bzw. den Sitz der Geschäftsführung/Betriebsstätte abzielte.[54] Die Rücknahme einer neuen Abweichung von den Regelungen des KAGB ist bezogen auf die Rechtssicherheit und Klarheit für die grenzüberschreitende Fondsverwaltung zu begrüßen.[55]

Von dem Anwendungsbereich des InvStG-E bleiben über den § 1 Abs. 3 InvStG weiterhin Gesellschaften, Einrichtungen, oder Organisationen i.S.d. § 2 Abs. 1 und 2 KAGB ausgeschlossen. Neben den über den § 1 Abs. 3 InvStG ausgeschlossenen Personengesellschaften finden sich hier weitere Ausnahmen vom Anwendungsbereich bezüglich Unternehmensbeteiligungsgesellschaften i.S.d. § 1a Abs. 1 UBBG, Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die im öffentlichen Interesse mit Eigenmittel oder mit staatlicher Hilfe Beteiligungen erwerben und REIT Gesellschaften nach dem REITG.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: eigene Darstellung nach Jetter/Mager SteuK 2016 23 (23).

3.2 Besteuerung von Investmentfonds

Die Besteuerung der vom InvStG-E erfassten Investmentvermögen richtet sich zunächst danach, wie diese zu klassifizieren sind. Mit den Wegfall der §§ 18,19 InvStG werden zukünftig zunächst alle Investmentvermögen als Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1 und 2 InvStG-E klassifiziert.[56] Die einzige Abweichung ergibt sich für Investmentvermögen, die zusätzlich die Voraussetzungen des § 26 InvStG-E[57] erfüllen.[58] Bei dem Voraussetzungskatalog des § 26 InvStG-E handelt es sich um eine Modifikation des § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 1 - 9 InvStG.[59] Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b S. 2 InvStG sollen folglich unter Einhaltung zusätzlicher Voraussetzungen des § 26 InvStG-E künftig als Spezial-Investmentfonds gelten.

§ 26 InvStG-E übernimmt die Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 1 bis 9 InvStG. Im Gegensatz zum § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 1 InvStG setzt der § 26 InvStG-E allerdings explizit eine Produktregulierung voraus. Derzeit genügt für die Klassifizierung als Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1b InvStG wenn eine Manager- oder Produktaufsicht existiert. Da die AIFM-Richtlinie eine reine Managerregulierung darstellt, unterliegen viele AIF keiner Produktregulierung.[60] In der Folge könnten zukünftig AIF ohne Produktregulierung nicht als Spezialinvestmentfonds i.S.d. § 26 InvStG gelten und dem Besteuerungsregime der Investmentfonds i.S.d. § 1 Abs. 1 InvStG-E unterworfen werden. Die bisher geltende Vereinfachungsregelung des § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 2 InvStG, bei der auf ein Rückgaberecht verzichtet werden kann, wenn die OGAW und AIF börsennotiert gehandelt werden, wird gestrichen. Begründend führt der Gesetzgeber an, dass Spezialinvestmentfonds i.d.R. nicht an Börsen gehandelt werden.[61] Somit wird zukünftig ein Rückgaberecht zwingend erforderlich sein, damit ein Investmentvermögen als Spezialinvestmentfonds klassifiziert werden kann.[62] Hinzu tritt gem. § 26 Nr. 9 InvStG-E die Notwendigkeit eines Sonderkündigungsrechts, falls die zulässige Anlegerzahl überschritten wird, oder nicht zugelassene Personen beteiligt sind. Eine weitere Einschränkung zum geltenden Recht ergibt sich aus dem § 26 Nr. 8 InvStG-E, wonach mitteilbare Beteiligungen natürlicher Personen über Personengesellschaften an einem Spezialinvestmentfonds schädlich sind.[63] Im Gegensatz zum Referentenentwurf enthält der Gesetzentwurf eine Änderung bezogen auf den Bestandsschutz einer mittelbaren Beteiligung von natürlichen Personen am Spezial-Investmentfonds in § 26 Nr. 8 Buchstabe c InvStG-E. Danach bleibt die mittelbare Beteiligung, wie nach aktueller Rechtslage, ausnahmsweise unschädlich, wenn diese vor dem Datum der Beschlussfassung des Deutschen Bundestages erworben wurde. Gem. § 26 Nr. 8 Buchstabe c S. 2 InvStG-E wird die Ausnahmeregelung allerdings zum Teil zeitlich begrenzt. Für Anteile, die nach der Beschlussfassung der Bundesregierung (aber vor Beschlussfassung des Bundestages) erworben wurden bis zum 01. Januar 2020. Für Anteile, die vor Beschlussfassung der Bundesregierung erworben wurden bis zum 01. Januar 2030.

Eine weitere Verschärfung des aktuellen Rechts wird über den § 26 Nr. 4 Buchstabe a implementiert. Hiernach gelten zukünftig nur solche Wertpapiere als berechtigt, wenn sie die Voraussetzungen des § 193 KAGB erfüllen. Damit verschärft der Gesetzgeber die Ansicht der Verwaltung, die von berechtigten Wertpapieren ausgeht, wenn sie die weiter gefassten Voraussetzungen des § 284 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a des KAGB erfüllen.[64] Darüber hinaus bleibt derweil offen, ob der Erwerb von wertpapiermäßig ausgestattete Anteile an geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft schädlich für die Klassifizierung als Spezialinvestmentfonds sein wird.[65] Der Gesetzgeber weicht die formulierten Voraussetzungen allerdings bereits im § 26 S. 1 2. HS InvStG-E mit der Bestimmung auf, dass ein Investmentvermögen als Spezialinvestmentfonds gelte, wenn dieser gegen die Voraussetzungen des § 26 InvStG-E nicht „wesentlich […] verstößt“. Ob und inwieweit wesentliche Verstöße vorliegen bleibt zunächst unklar, was bei der für die Besteuerung wichtige Frage der Klassifizierung des Investmentvermögens bemängelt werden muss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: eigene Darstellung in Anlehnung an Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1837).

3.2.1 Einführung eines intransparenten Besteuerungssystems

Kapitel 2 Abschnitt 1 des InvStG-E widmet sich der Besteuerung von Investmentfonds. Im § 6 Abs. 1 S. 1 InvStG-E formuliert der Gesetzgeber die neue Fiktion, inländische Investmentfonds gelten als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Gem. S. 2 des § 6 Abs. 1 InvStG-E gelten ausländische Investmentfonds zukünftig als Vermögensmassen i.S.d. § 2 Nr. 1 KStG. In der Folge der gesetzlichen Fiktion unterliegen Investmentfonds der Körperschaftsteuer und werden steuerlich intransparent.[66] Das bisher geltende Transparenzprinzip, dass auf die Gleichstellung von Fonds- und Direktanleger abzielt, wird dadurch ersetzt.[67] Hinsichtlich der Körperschaftsteuerbelastung werden inländische und ausländische Investmentfonds gleichgestellt.[68] Die Vorbelastung mit Körperschaftsteuer auf Fondsebene soll laut Gesetzgeber Steuergestaltungen verhindern.[69] Des Weiteren sollen über die Belastung inländischer Investmentfonds mit der Körperschaftsteuer die europarechtswidrigen Regelungen des § 11 InvStG abgeschafft werden.[70]

[...]


[1] Im Folgenden InvStG.

[2] Patzner/Kempf, Investmentsteuergesetz, Rn 1.

[3] Im Folgenden InvStRefG.

[4] EuGH v. 10.5.2012 – C338/11 und C339/11, Santander, DStR 2012, 1016 (1016).

[5] EuGH v. 10.4.2014 – C190/12, Emerging Markets, IStR 2014, 334 (334).

[6] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1833).

[7] Hier insbesondere Umgehung der Dividendenbesteuerung durch Cum/Cum Geschäfte.

[8] Gesetzentwurf InvStG-E, BT-Drucksache 18/8045, S.1.

[9] A.a.O.

[10] Vgl. Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (488).

[11] Stand 31.12.2014: 2.382 Mrd. Euro.

[12] BVI Jahrbuch 2015, S. 76.

[13] Elser/Stadler, Einschneidende Änderungen der Investmentbesteuerung, DStR 2014, 233 (233).

[14] Haisch/Helios BB 2013, 23.

[15] Blümich/Wenzel, InvStG, § 1 Rn. 2.

[16] Im Folgenden OGAW.

[17] Im Folgenden AIF.

[18] Blümich/Wenzel InvStG § 1 Rn. 14.

[19] A.a.O.

[20] Richtlinie 2009/65/EG, ABl. L302 vom 17.11. 2009, S.1.

[21] Richtlinie 2014/91/EU, ABl. L 257 vom 28. 8. 2014, S. 186.

[22] Elser/Stadler, Einschneidende Änderungen der Investmentbesteuerung, DStR 2014, 233 (233).

[23] BeckOK InvStG/Bödecker/Hartmann InvStG § 1 Rn. 26.

[24] Siehe hierzu § 2 KAGB, Blümich/Wenzel, InvStG, § 1 Rn. 23-28.

[25] Weitere Ausnahmen gem. § 1 Abs. 1a Nr. 2 (Unternehmensbeteiligungsgesellschaften) und 3 InvStG (Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die im öffentlichen Interesse mit Eigenmitteln oder mit staatlicher Hilfe Beteiligungen erwerben).

[26] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1833).

[27] Blümich/Wenzel InvStG § 1 Rn. 11.

[28] Zu den Voraussetzungen siehe § 1 Abs. 1b S. 2 Nr. 1-9 InvStG.

[29] Blümich/Wenzel, InvStG, § 1 Rn. 10.

[30] A.a.O.

[31] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1833).

[32] A.a.O.

[33] Im Folgenden InvStG-E.

[34] Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (488).

[35] BT-Drs. 18/3158, S. 83.

[36] Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (488) und Jetter/Mager, Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung, SteuK 2016, 23 (23).

[37] A.a.O.

[38] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1835).

[39] Faller/Wolf, BMF veröffentlicht Diskussionsentwurf, DB 2015, 1865 (1865).

[40] Höring, DStZ 2016, 318 (320).

[41] Höring, DStZ 2016, 318 (320).

[42] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (697).

[43] A.a.O.

[44] A.a.O.

[45] A.a.O.

[46] A.a.O.

[47] Diskussionsentwurf, Seite 44.

[48] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (697).

[49] A.a.O.

[50] Vgl. Kalina-Kerschbaum, Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer, S. 2.

[51] Diskussionsentwurf, Seite 44.

[52] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (698).

[53] A.a.O.

[54] Jetter/Mager, Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung, SteuK 2016, 23 (24).

[55] A.a.O.

[56] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1836).

[57] Im Diskussions- und Referentenentwurf noch der § 20 InvStG-E.

[58] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1836).

[59] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (702).

[60] A.a.O.

[61] BT- Drucksache 18/8045, S.95.

[62] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (702).

[63] A.a.O.

[64] Stadler/Mager, Der Regierungsentwurf, DStR 2016, 697 (702).

[65] A.a.O.

[66] Stadler/Jetter, Der Diskussionsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz, DStR 2015, 1833 (1837).

[67] Schweinitz/Thiems, Die Umsetzungspflichten für Depotbanken, DStR 2016, 1189 (1190).

[68] Faller/Wolf/Brielmaier, Der Regierungsentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung vom 24.02.2016, DB 2016, 488 (489).

[69] Gesetzentwurf InvStG-E, BT-Drucksache 18/8045, S.56.

[70] Gesetzentwurf InvStG-E, BT-Drucksache 18/8045, S.55.

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Der Diskussionsentwurf zur „Großen Investmentsteuer-Reform“. Mögliche Auswirkungen auf die Beratungspraxis
Hochschule
Fachhochschule Westküste Heide
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
48
Katalognummer
V336629
ISBN (eBook)
9783668271814
ISBN (Buch)
9783668271821
Dateigröße
873 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Steuern, Rechnungswesen, Steuerlehre, Investmentsteuer, Investmentbesteuerung, Reform
Arbeit zitieren
Jan Borowitz (Autor:in), 2016, Der Diskussionsentwurf zur „Großen Investmentsteuer-Reform“. Mögliche Auswirkungen auf die Beratungspraxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336629

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