Maria Montessori. Anthropologie und Konzeption der Kindheit


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Anthropologie
2.2 Die Kosmische Theorie
2.3 Religiöse Dimension

3. Die Rolle der Aufmerksamkeit

4 Schlusswort

5 Quellenangabe

1 Einleitung

Mit der Entwicklung der Reformpädagogik entfalteten sich entscheidende Ansätze und Theorien, die wesentlich zur Reformierung von Unterricht und Erziehung beitragen sollten. Die meisten Ansätze der Vertreter/innen der Reformpädagogik richteten sich in ihrem Denken dabei nach Rousseau (1712-1788) und Pestalozzi (1746-1827), von denen die ersten neuen Ansätze in Bezug auf Unterricht und Erziehung ausgingen. Vor allem letztgenannter prägte die Pädagogik mit dem modernen Gedanken der Erziehung als „Wachsen lassen“ nachhaltig.

Wird die moderne Pädagogik betrachtet, so lässt sich auch Maria Montessori (1870-1952) in die Reihe der entscheidenden Personen auf diesem Gebiet einordnen. Für sie war es von großer Bedeutung, das Kind in den Vordergrund zu stellen und es als Ausgangspunkt aller Erziehung zu betrachten. Mit ihren Theorien trug sie einer Kinder orientierten Erziehung und einem ebenso ausgerichteten Unterricht in zahlreichen Ländern maßgeblich bei, weswegen ich mich in meiner Ausarbeitung näher mit ihrer Pädagogik auseinander setzen möchte. Dabei werde ich darauf verzichten, die Person Maria Montessori noch einmal näher zu beleuchten, da dies den Rahmen der Ausarbeitung sprengen würde. Statt dessen möchte ich vor allem auf die theoretischen Grundlagen (Anthropologie, Kosmische Theorie, Religiöse Dimension) Maria Montessoris eingehen und mich des Weiteren auf die Konzeption der Kindheit und damit zusammenhängend der Erziehung konzentrieren, von der die Pädagogin ausgeht. Daraufhin beschäftige ich mich mit der Rolle der Aufmerksamkeit, bevor ich in meinem Schlussteil einen Blick auf die Aktualität des Denkens von Maria Montessori werfen, um mich abschließend möglichen kritischen Aspekten zu widmen.

Dabei beabsichtigt diese Arbeit nicht, die gesamte Fülle des Gedankenguts der Pädagogin wiederzugeben, da es vielmehr darum gehen soll, den Fokus auf einen bestimmten Aspekt aus Maria Montessoris Werk zu legen und diesen vorzustellen.

2 Theoretische Grundlagen

„In allen Ländern wird daran gearbeitet, die Erziehung zu verbessern. Eine Reihe psychologischer Wissenschaften mit den verschiedensten Namen ist entstanden mit dem Zweck, das Kind zu studieren. Die meisten dieser Studien gehen von einer als normal erkannten, bestimmten Wesensart des Kindes aus, und alle Voraussetzungen und alle Folgerungen bleiben Theorie. Wo Erkenntnis zu einem Resultat geführt hat, da fehlte der Weg, diese Erkenntnis dem kindlichen Leben nutzbar zu machen. Doch in den meisten Fällen glaubt man auch heute noch trotz aller Forschung, daß der Erwachsene den Charakter eines Kindes formen kann, und daß es nicht nur die Aufgabe, sondern die Pflicht des Erziehers ist, diese Formung vorzunehmen. Dem Kind und seiner schöpferischen Kraft überläßt man den kleinsten Teil an dieser Bildungsarbeit.“[1]

Bereits zu Beginn ihrer Schrift „Grundlagen meiner Pädagogik“ wird bei Maria Montessori klar, dass sie sich dem Kind als eigenständigen und vor allem entscheidungskräftigen Wesen widmen will, ohne sich dabei an der bereits bekannten und als „normal erkannten […] Wesensart des Kindes“[2] auszurichten. Ihre Pädagogik ist etwas Neues, weil sie das Kind an sich verstehen und begreifen und aus den dadurch gewonnenen Erkenntnissen und dem Wissensstand ihre Prinzipien und Methoden ableiten will. Von entscheidender Wichtigkeit für die Pädagogik sowie auch für die Erziehungskonzeption der Maria Montessori sind die Einteilungen der Kindheit und der Jugend in die so genannten „sensiblen Perioden“. Die Bezeichnung hierfür übernimmt Montessori von dem holländischen Biologen Hugo de Vries (1848-1935)[3]. De Vries hatte für die Entwicklung von Lebewesen bestimmte Phasen bestimmt, in denen diese besonders empfänglich für bestimmte Außenreize wären. Auch Maria Montessori war der Überzeugung, beim Menschen eben solche „sensiblen Phasen“, in denen der Mensch besonders empfänglich für das Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten ist, erkannt zu haben.[4] Werden diese Phasen berücksichtigt und richtig nutzbar gemacht, kommt es zu einer Erleichterung zum Beispiel beim Lernen bestimmter Dinge. Die folgenden Ausführungen müssen im Hinblick auf diese „sensiblen Phasen“ betrachtet werden, denn auch in den Grundgedanken der Pädagogin spielen sie eine entscheidende Rolle. Die theoretischen Grundlagen der Montessori-Pädagogik lassen sich nach Ingeborg Hedderich[5] grob in einen Anthropologischen Ansatz, die Kosmische Theorie und die Religiöse Dimension einteilen. Nach eben dieser Einteilung soll auch in dieser Ausarbeitung vorgegangen werden, da sie als strukturiert und sinnvoll erscheint.

2.1 Anthropologie

Die Anthropologie ist die Wissenschaft vom Menschen und seiner Entwicklungsgeschichte. In der damaligen Tradition steht sie in der Reihe der medizinischen Hilfswissenschaften.[6] Die Aussagen Montessoris, die sich auf die Anthropologie beziehen, lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen: A. Der Mensch als Lebewesen, B. Der Mensch als auf die Gesellschaft ausgerichtete Person und C. Der Mensch als Gottesgeschöpf.[7]

A Der Mensch als Lebewesen

„Das Kind trägt nicht die verkleinerten Merkmale des Erwachsenen in sich, sondern in ihm wächst sein eigenes Leben, das seinen Sinn in sich selber hat. […] Das Reifen des Menschen im Kinde ist eine andere Art Schwangerschaft, die länger währt als die Schwangerschaft im Mutterleib, und das Kind allein ist der Bildner seiner Persönlichkeit.“[8]

Wichtig bei dieser Kategorie ist die Personalität des Menschen, wobei Geist und Intelligenz im Mittelpunkt stehen.[9] Geist und Intelligenz unterscheiden den Menschen vom Tier. „Geist“ steht bei Maria Montessori für „Aktivität und Freiheit“[10]. Mit der „Art Schwangerschaft“, die bei der Reifung des Kindes eintrete, ist der „Erwerb artspezifischer Merkmale wie Sprache und Intelligenz“[11] gemeint, die das Stadium der Kindheit kennzeichnen. Den Kern des menschlichen Lebens bildet dabei die Intelligenz, die dem Menschen erlaubt, mit seiner Umgebung in Kontakt zu treten und sie erfahrbar macht. Intelligenz fungiert hierbei allerdings auch als Instrument des Geistes. In diesem Zusammenhang entdeckte Montessori eine „ontogenetische Besonderheit beim Kind“[12], die sich durch ein ganzheitliches Aufnehmen der Umwelt durch das Kind auszeichnet und von Montessori als der „absorbierende Geist“[13] bezeichnet wurde.

B Der Mensch als auf die Gemeinschaft ausgerichtete Person

In erster Linie stellt der Mensch an sich immer ein Individuum dar, dass sich durch eben seine Individualität von der Gemeinschaft durch „Vereinzelung“[14] unterscheidet. Individualität ist unter diesem Gesichtspunkt eine Basis für Personalität und prägt sich zweierlei aus. Erstens muss sich die Individualität erst entwickeln, da zu Beginn des Lebens alle Menschen gleich sind[15], zweitens muss die individuelle Aktivität auf das soziale Leben angewendet werden.[16] Für Maria Montessori ist eine volle Personalität dann erreicht, wenn „Personen sich mit anderen Personen in Harmonie zusammenschließen und gleichzeitig Individualität bewahren“.[17]

C Der Mensch als Gottesgeschöpf

Diese Kategorie wird später innerhalb der religiösen Dimension erneut aufgegriffen und vertieft. Wichtig ist, dass Maria Montessori geprägt war von der religiösen Komponente und diese in ihre Pädagogik mit einbezog. Für sie ist der Mensch letztendlich ein Geschöpf Gottes, dass durch sein Tun und den Umgang mit seiner Intelligenz wesentlich zum Schöpfungsprozess beiträgt.[18] Der Mensch gehört zum kosmischen Schöpfungsplan Gottes und gestaltet ein Stück der Schöpfung selbst.[19]

2.2 Die Kosmische Theorie

Die Beiträge zur Kosmischen Theorie der Maria Montessori schließen sich an die Kategorie des Menschen als Gottesgeschöpf unmittelbar an. Montessori geht vom Kosmos als einer Schöpfungsordnung aus.[20] Der einheitliche Schöpfungsplan Gottes ist als solcher unvollendet und es obliegt dem Menschen, der als einziges Lebewesen über Geist und Intelligenz verfügt, diesen Plan zu vervollständigen, indem er auf seine Umwelt Einfluss nimmt. In diesem Kontext spielt das Universum als eine „dynamische Einheit mit vielfältigen Wechselbeziehungen“[21] eine tragende Rolle, denn die Weise, mit der Montessori alle lebenden Organismen betrachtet, ordnet sich in das allumfassende Universum ein. Der von Montessori geprägte Begriff der „Super-Natur“[22] bezieht sich auf alle „zivilisatorischen und kulturellen Leistungen des Menschen“[23] und setzt den Menschen in die Lage eines Kultur schaffenden aber auch kulturabhängigen Wesens. Die Super-Natur soll vom Menschen dementsprechend auch eingesetzt werden, um ein humaneres Leben zu erschaffen und sich für Gerechtigkeit und Liebe einzusetzen.[24] Hier lässt sich der tiefe Wunsch nach Frieden der Maria Montessori erkennen, der zweifellos auch in Verbindung mit dem Wissen um die sozialen und politischen Verhältnisse Italiens zu ihrer Lebenszeit entstanden ist. Für Montessori sind alle Dinge Teil des Universums und bilden zusammen eine Einheit. Doch nicht nur im sozialen, politischen und ökonomischen Bereich sollen die Menschen die Weiterentwicklung und Vervollkommnung der Super-Natur anstreben, vielmehr soll eine neue Art von Moral geschaffen werden. Diese Moral, die in sozialen und individuellen Bereichen geschaffen werden soll, ist nur durch die richtige Erziehung möglich.[25] Daraus entwächst bei Maria Montessori das Konzept der „kosmischen Erziehung“, das den Kindern die geschilderte Weltansicht vermitteln soll. Das Konzept der kosmischen Erziehung teilte Montessori in verschiedene Phasen im Rahmen eines Lehrplans, der sich aus Aspekten der Naturwissenschaften, Humanwissenschaften sowie Gesellschaftswissenschaften zusammensetzt.

Im folgenden Einschub werde ich auf die Konzeption der Erziehung und damit verbunden die der Kindheit noch einmal etwas näher eingehen, um die Verständlichkeit der weiteren Ausarbeitung zu gewährleisten.

[...]


[1] Montessori, Maria: Grundlagen meiner Pädagogik, in: Hansen-Schaberg, Inge, Schonig, Bruno (Hg.): Basiswissen Pädagogik. Reformpädagogische Schulkonzepte, Bd. 4, Montessori-Pädagogik. Hohengehren 2002, S. 51. Im Folgenden zitiert als: Montessori.

[2] Montessori, S.51.

[3] Ludwig, Harald: Montessori-Schulen und ihre Didaktik. Hohengehren 2004, S. 13. Im Folgenden zitiert als: Ludwig.

[4] Ludwig, S. 14.

[5] Hedderich, Ingeborg: Einführung in die Montessori-Pädagogik. München 2005. Im Folgenden zitiert als: Hedderich.

[6] Hedderich, S. 24.

[7] Ebd.

[8] Montessori, S. 53.

[9] Hedderich, S. 24-25.

[10] Ludwig, S. 6.

[11] Hedderich, S. 25.

[12] Ebd.

[13] Ebd., S. 26.

[14] Ebd.

[15] Ludwig, S.10.

[16] Hedderich, S. 26.

[17] Ebd.

[18] Ludwig, S. 11.

[19] Ebd., S. 26.

[20] Hedderich, S. 31.

[21] Ebd.

[22] Ebd.

[23] Ebd.

[24] Hedderich, S. 31.

[25] Hedderich, S. 32.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Maria Montessori. Anthropologie und Konzeption der Kindheit
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V336617
ISBN (eBook)
9783668263956
ISBN (Buch)
9783668263963
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
maria, montessori, anthropologie, konzeption, kindheit
Arbeit zitieren
Danielle Ackermann (Autor:in), 2012, Maria Montessori. Anthropologie und Konzeption der Kindheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336617

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