Kolonialismus und Grenzüberschreitungen in Theodor Fontanes Romanen "Effi Briest" und "Irrungen, Wirrungen". Eine Reise in die Kultur des 19. Jahrhunderts


Masterarbeit, 2015

120 Seiten, Note: 1,0

Vanessa Stiebeling (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung.

2 Kolonialismus im Deutschen Kaiserreich und Europa – eine historische Betrachtung

3 Kolonialistische Kultur in den zeitgenössischen Romanen Effi Briest und Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane
3.1 Projektionsflächen für das ‚ambivalent empfundene Fremde‘
3.1.1 Die ‚besondere‘ Rolle der Hunde
3.1.2 Die Darstellung des ‚Fremden‘ und der ethnozentrische Blick der Protagonisten
3.1.3 Die Nebenfiguren als Topos des ‚Fremden‘
3.2 Koloniale Handelsgüter, Wohnkultur und Statussymbole zur Demonstration imperialistischer Machtgefüge
3.3 Die Ebenen totalitärer Dominanz einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft
3.4 Exotik und Erotik
3.5 Exkurs: ‚Aufbruch‘ in die Moderne: Technischer Fortschritt und das Aufkommen von Reisen, Urlauben und Kurorten

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

Jüngst erschien in einem Online-Artikel der Zeit ein Aufruf zum Gedenken an den Genozid an den Hereros, einer Völkergruppe aus Südwestafrika. Genau 100 Jahre ist es jetzt her, dass Deutschland seine Kolonie ‚Deutsch-Südwestafrika‘ verlor. Ein Anlass, der dazu bewegen soll, dass die deutsche Kolonialzeit – auch wenn diese im Gegensatz zu der Kolonialgeschichte anderer europäischer Staaten relativ kurz war – nicht in Vergessenheit gerät. Vor allem die Auseinandersetzung mit dem Vernichtungskrieg, den kaiserliche Schutztruppen von 1904 bis 1908 gegen die Hereros austrugen und bei dem fast der gesamte Stamm ausgelöscht wurde, muss wieder stärker ins kollektive Bewusstsein der Gegenwart rücken.[1] Die Armee des Deutschen Kaiserreiches war den Hereros militärisch weit überlegen, denn das 19. Jahrhundert, in welchem zum Ende hin Imperialismus und Kolonialismus ihren Höhepunkt fanden, war in der ‚westlichen‘ Welt von zahlreichen politischen, technischen und auch gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt. Es beschreibt eine Epoche, deren Errungenschaften – im negativen als auch im positiven Zusammenhang betrachtet – teilweise bis in die Gegenwart hineinragen. Die Jahre des 19. Jahrhunderts lassen sich als ‚Jahre des Fortschritts‘ und der wesentlichen Umkehrung des bisher Dagewesenen im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich beschreiben; sie waren aber auch mit Hinblick auf die Hegemonie des Deutschen Reiches und der anderen europäischen Staaten gewissermaßen Vorreiter der globalen Katastrophen in Europa, die allerdings erst im darauffolgenden, nämlich im 20. Jahrhundert, im Ersten und im Zweiten Weltkrieg mündeten.

Es gibt nach Matthias Schulz zahlreiche Merkmale, mit denen das 19. Jahrhundert in Verbindung gebracht werden kann. Zunächst kam es im Laufe dieser Periode zu einer demographischen Umwälzung: Zwischen 1800 und 1914 stieg die Bevölkerungszahl allein in Europa um das Doppelte bis Dreifache an. Dies lag zum einen an einer besseren allgemeinmedizinischen Versorgung, der Verbesserung hygienischer Verhältnisse in den Städten sowie an der Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge aufgrund neuer Erfindungen und Technologien. Des Weiteren entstand ein neues Raum- und Zeitbewusstsein, was vor allem durch die Neuerungen im Verkehrswesen zum Tragen kam: Durch elektrische Telegrafie, den Eisenbahnbau und die Intensivierung der Dampfschifffahrt ‚schrumpften‘ räumliche und zeitliche Abstände für die Menschen. Der wichtigste Vorgang des Wirtschaftslebens im 19. Jahrhundert war jedoch die Industrialisierung, die sich – ausgehend von den britischen Inseln – über Belgien und schließlich auf West- und Mitteleuropa, Teile von Süd- und Osteuropa sowie zugleich auf die USA und nach Japan verbreitete. Die Industrialisierung wurde rückblickend noch einmal in zwei Phasen unterteilt: Die erste beruhte vor allem auf dem Einsatz von Dampfmaschinen, die zweite Phase gehörte primär der Elektro- und Chemieindustrie. Nach 1900 gewann auch die Kommunikationstechnik, zu der u. a. das Telefon, die Schallplatte sowie der vorerst stumme Film gehörten, an Bedeutung. Die Industrialisierung kann einerseits als positives Ereignis gesehen werden, da sie eine neue Gesellschaftsformation schaffte, indem sie die traditionelle ländliche und ständisch gegliederte Gesellschaft aufbrach. Zu den negativen Auswirkungen gehörten andererseits ein neues, stark am Gewinn orientiertes Unternehmertum sowie eine wachsende Tendenz zur Ausbeutung, die zu Spannungen innerhalb der Bevölkerung führte und politische Konflikte nach sich zog. Außerdem war die Wirtschaft von nun an stärker anfällig für Konjunkturschwankungen. Des Weiteren ließ sich ein enormer wissenschaftlicher Fortschritt verzeichnen: Es gab rasante Entwicklungen in den Naturwissenschaften, vor allem im Bereich der Chemie. In der Biologie wurde von Charles Darwin die Evolutionstheorie veröffentlicht und auch die Vererbungslehre von Gregor Mendel fand großen Anklang. Auch technische Errungenschaften nahmen einen deutlichen Aufschwung: durch verbesserte Verfahren konnte nun aus Eisen Stahl gewonnen werden, durch Kohle war es fortan möglich, die Beleuchtung ganzer Großstädte zu sichern, und die Entdeckung des ‚elektrodynamischen Prinzips‘ ermöglichte die Erzeugung von elektrischem Strom durch Dampf- oder Wasserkraft. Damit einhergehend war auch das kulturelle Leben neuen Strömungen unterworfen. So kam es in den oberen Schichten zu einer anhaltenden Abneigung gegen das Neue durch Rückbesinnung auf frühere Kunst- oder Literaturformen. Ein Beispiel dafür stellen die staatlichen Repräsentationen in den europäischen Kolonien dar.[2] Die zahlreichen Neuerungen im naturwissenschaftlichen, technischen und medialen Bereich prägten das 19. Jahrhundert. Insgesamt lässt es sich mit seinen Entwicklungen als ‚Zäsur‘ bezeichnen, da die zahlreichen Innovationen das Leben der Menschen – zunächst in Europa und daran anschließend auf der ganzen Welt – für immer veränderten.

Die Zeit des 19. Jahrhunderts wird auch als das „bürgerliche Jahrhundert“[3] bezeichnet, denn die „industriell-technische Güterproduktion, die wissenschaftlichen und künstlerischen Höchstleistungen waren das Werk bürgerlichen Erfolgsstrebens“[4]. Toleranz, Humanität und Bildung, Selbstständigkeit im Denken und Handeln galten laut Andreas Schulz als bürgerliche Werte, die sich durch das Ausmerzen der Ständegesellschaft in der Zeit der Aufklärung entwickeln und verwirklichen lassen konnten.[5] Das Aufkommen und Etablieren des Bürgertums ist demnach eines der bedeutendsten Kennzeichen des 19. Jahrhunderts. Demgegenüber stand das weniger einflussreiche Proletariat, die Klasse der modernen Arbeiter. Karl Marx weist – im Gegensatz zu Schulz – darauf hin, dass die moderne bürgerliche Gesellschaft die Gegensätze der Ständegesellschaft nicht aufgehoben habe, sondern dass nur neue Klassen und Bedingungen für Repression sowie neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt worden seien.[6] Demnach war das Bürgertum als ‚Unterdrücker‘ und das Proletariat als ‚Unterdrückter‘ in der Zeit der Moderne anzusehen. ‚Der Arbeiter‘ im 19. Jahrhundert hatte einen ersetzbaren Status. Er war ein Produkt und verdiente so viel, dass er gerade existieren konnte. Die Begriffe ‚Bürgertum‘ und ‚Proletariat‘ lassen sich jedoch auch noch auf andere Dualismen im 19. Jahrhundert anwenden und übertragen: z. B. auf ‚Schutzherrschaft des Deutschen Reiches‘ und ‚Kolonie‘, ‚Abendland‘ und ‚Morgenland‘, ‚Orient‘ und ‚Okzident‘ oder in einem geschlechtsspezifischen Diskurs auf ‚Mann‘ und ‚Frau‘. Gemeinsam ist ihnen, dass sie trotz eines deutlich vorhandenen Gegensatzes bezüglich der sozialen Positionen auch eine gewisse Polarität aufweisen. Den einen Terminus würde es ohne den anderen nicht geben. Sie grenzen einerseits voneinander ab; sind aber andererseits gegenseitig ursächlich für die jeweilige Existenz des anderen und bedingen einander.

Das ‚bürgerliche Jahrhundert‘ ist auch für seinen enormen technischen Fortschritt bekannt. Eine der wichtigsten technischen Innovationen jenes Zeitalters war die Erfindung der Eisenbahn. Sie trieb nicht nur die Industrialisierung voran, sondern veränderte auch nachhaltig die bisherige Raum- und Zeitwahrnehmung der Menschen. Die Natur wurde der Eisenbahn angepasst: Schienen wurden über Wiesen und durch Wälder gelegt, es wurden Tunnel gebaut und Bahnhöfe errichtet. Orte, die vorher nur mit der Postkutsche, zu Pferd oder gar zu Fuß erreicht werden konnten, waren nun viel schneller zugänglich. Die Zeitersparnis mag zunächst als großer Vorteil anzusehen sein; tatsächlich war dieser Umstand jedoch eher als „Vernichtung von Raum und Zeit“[7] zu betrachten. Wolfgang Schivelbusch ist der Ansicht, dass hier zwei widersprüchliche Momente miteinander verschmelzen: Einerseits schließt die Bahn neue Räume auf, andererseits geschieht dies, indem Raum vernichtet wird – nämlich der Raum dazwischen. Der Reiseraum verschwindet. Die Eisenbahn kennt nur noch Start und Ziel.[8] Diese Betrachtung schließt die Sachlage mit ein, dass eine Veränderung von Zeit und Raum auch Folgen für das gesellschaftliche und kulturelle Leben haben muss, denn Schivelbusch stellt fest: „Wird ein wesentliches Element eines bestimmten soziokulturellen Raum-Zeit-Gefüges verändert, so hat das Auswirkungen auf das gesamte Gefüge.“[9] Wolfgang Frühwald bezeichnet die Erfahrung der Menschen, die im 19. Jahrhundert von der im Fußgängertempo fahrenden Postkutsche auf die Eisenbahn umgestiegen sind, gar als „Kulturschock“[10] und als erlebte „Entfremdung der Natur“[11].

Auch die Entwicklung der Fotografie schritt im 19. Jahrhundert stark voran. Nach Heinz Haberkorn war der entscheidende Durchbruch die Verkleinerung des Formats, d. h. die Erfindung der Visitenkarte, deren Maß ungefähr dem heutigen 6x9 Format entspricht. Durch das Aufkommen einer Kamera mit vier Aufnahmeobjektiven und der daraus resultierenden Tatsache, dass nun zügig eine Vielzahl von Bildern produziert werden konnte, wurden die Abzüge günstiger.[12] Fotografie wurde somit erstmals auch für die finanziell schwächeren Bürger erschwinglich. Es entstand eine massenhafte Verbreitung. Fotografie bekam darüber hinaus einen ungeheuren Nutzen für die Wirtschaft und das öffentliche Leben, z. B. in der Textil- und Porzellanindustrie, bei Architekten, Medizinern und im militärischen Bereich[13].

Obwohl das 19. Jahrhundert gut beschrieben werden kann, gestaltet es sich als schwierig, es in eine genaue zeitliche Periode einzuordnen. In kalendarischer Hinsicht begann es 1801 und endete im Jahre 1900. Doch diese Eingrenzung macht aufgrund eines doch sehr geringen Bedeutungszusammenhanges eher wenig Sinn. Auch in Fachkreisen gibt es nach Jürgen Osterhammel, wenn es um die Begrenzung dieser Ära geht, durchaus kontroverse Ansichten:

Viele Historiker bevorzugen die Idee eines ‚langen‘ 19. Jahrhunderts, das vom Beginn der Französischen Revolution bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 reicht. Andere favorisieren unterschiedliche Varianten eines ‚kurzen‘, nämlich weniger als 100 Kalenderjahre umfassenden Jahrhunderts, das sich etwa nach Kriterien der internationalen Politik durch die Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1814/15 und den Eintritt der USA in die Weltpolitik im Spanisch-amerikanischen Krieg von 1898 begrenzen ließe.[14]

In dieser Arbeit wird die Idee eines ‚langen‘ Jahrhunderts bevorzugt. Dies geschieht zum einen, da durch die Französische Revolution erste Gedanken von Demokratie, dem Benutzen des eigenen Verstandes und der Vernunft sowie das Durchbrechen der Ständeordnung aufkamen und damit die neue Klasseneinteilung von Bürgertum und Proletariat überhaupt erst ermöglicht wurde, und zum anderen, weil die deutsche Kolonialherrschaft, das Hauptthema dieses Werkes, erst während des Ersten Weltkrieges beendet wurde. Die ausgehenden Jahre des 19. Jahrhunderts waren darüber hinaus die bedeutendsten der deutschen Kolonialgeschichte. Wirtschaftliche Gewinnerwartungen, Sicherung künftiger Rohstoffbasen und Machtrivalitäten, die kennzeichnend für den damals herrschenden Imperialismus im Deutschen Kaiserreich waren, sind dabei als Motive zu sehen, die den Kolonialismus vorantrieben. 1884 wurden erste verstreute Territorien in Afrika besetzt, welche bis ungefähr 1900 auf mehrere unterschiedliche Gebiete im Pazifik sowie nach China ausgeweitet wurden. Erst zur Zeit des Ersten Weltkrieges ging die deutsche Kolonialherrschaft dann offiziell zu Ende.[15]

Zunächst beschäftigt sich die vorliegende Arbeit aus historischer Sicht mit dem Kolonialismus im Deutschen Kaiserreich sowie im gesamten Europa. Es wird aufgezeigt, wie es dazu kam, dass fremde Territorien erobert und in Besitz genommen wurden. Dabei ist der Blick auch auf eine Wechselwirkung gerichtet, denn die Kolonialgeschichte veränderte nicht nur das Leben der Menschen, die aufgrund von Rassenzugehörigkeit und kulturellen Unterschieden unterdrückt wurden, sondern auch das Leben derjenigen, die diese Völker direkt vor Ort dominierten, sowie jene, die in Deutschland zurückblieben und nur aus der Ferne am Geschehen in Übersee mehr oder weniger anteilnahmen.

Auch in der zeitgenössischen Literatur schlugen sich der Kolonialismus sowie der Imperialismus auf unterschiedliche Art und Weise nieder. Die beiden Romane Effi Briest sowie Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane, einer der bedeutendsten Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, wird auf diese Leitthese hin im dritten Kapitel analysiert werden. An dieser Stelle interessiert auch, wie sich die literarische Epoche des ‚Bürgerlichen Realismus‘ in den Romanen darstellt und welche Merkmale diese trägt. Das dritte Kapitel stellt den Hauptteil dieser Masterarbeit dar. Er besteht insgesamt aus fünf Unterpunkten. Im ersten Unterkapitel wird untersucht, inwieweit das als ‚ambivalent empfundene Fremde‘ in den beiden Romanen vorkommt und wie es von den diversen Figuren vertreten wird. Dabei werden zentrale Motive präsentiert und verschiedene Aspekte des Kolonialismus aufgegriffen.[16] Zunächst werden in dieser Hinsicht die Hundefiguren der beiden Romane vorgestellt, darauf folgt eine Darstellung der kolonialen Symbole und Motive mit Bezug auf die Protagonisten und zum Schluss werden einige der Statisten in Hinblick auf den kolonialen Diskurs dargeboten. Im zweiten Subkapitel geht es dann um koloniale Einrichtungsgegenstände und Materialien, die sich aus dem Kolonialdiskurs ableiten lassen. Der Fokus liegt dabei auf Kolonialwaren, Statussymbolen, guten und schlechten Wohnlagen sowie auf Dekorationen im Inneren der jeweiligen Behausungen. Im dritten Unterkapitel folgt eine Ansicht, die zeigen soll, dass sich die totalitäre Macht der Politik auch auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft wiederfinden lässt und dass der Kolonialgedanke auch auf die Mentalität der im Deutschen Reich lebenden Menschen einwirkte. ‚Der Mann‘ stand in der damaligen Zeit an oberster Stelle und konnte seine Dominanz anderen Lebewesen gegenüber uneingeschränkt ausleben. Im vierten Subkapitel wird dann erläutert, dass ‚Exotik‘ und ‚Erotik‘ unmittelbar in Verbindung miteinander stehen. Hier wird vor allem die Rolle der Frau in der damaligen Zeit sowie in den Romanen dargestellt. Im letzten und fünften Unterkapitel erfolgt ein Exkurs über das Reisen, denn dieses stand im engen Zusammenhang mit dem Kolonialismus, da die Fähigkeit, Reisen unternehmen zu können, die Voraussetzung für die ‚westliche‘ Expansion nach ‚Übersee‘ war. Der ‚Aufbruch‘ in die Moderne konnte vor allem durch den technologischen Fortschritt seiner Zeit erfolgen, denn dieser ermöglichte erst das schnelle Reisen und die damit verbundene Möglichkeit, Entdeckungstouren in andere Länder zu unternehmen. So kann das 19. Jahrhundert auch als Periode betrachtet werden, in welcher das Reisen – vor allem für das Bürgertum – sehr populär wurde und den uneingeschränkten Zugang zu fremdländischen Lebensweisen, Sitten und Bräuchen verschaffte. In daraus resultierenden Reiseberichten und -romanen wurde die Ferne vorzugsweise idealisiert dargestellt. Kolonialwaren, wie z. B. Artikel zu dekorativen Zwecken oder ‚exotische‘ Lebensmittel, gehörten zur Produktpalette, die – ergänzend zu den Erzählungen – von diversen Reisen in die Heimat als sogenannte ‚Souvenirs‘ mitgebracht wurden.

Im Anschluss an das dritte Kapitel folgt im vierten Teil das Resümee, in welchem die Hauptaspekte in Bezug auf den Kolonialismus in den beiden Romane noch einmal kurz erwähnt und die Ergebnisse der Analyse zusammenfassend dargestellt werden. Damit einhergehend wird ein Blick auf die Gegenwart geworfen: Ist der Kolonialismus heute komplett überwunden? Oder sind seine Auswirkungen momentan immer noch zu spüren? Mit den Antworten auf diese Fragen im Fazit schließt diese Arbeit.

2 Kolonialismus im Deutschen Kaiserreich und Europa – eine historische Betrachtung

Ein zentrales Thema des langen 19. Jahrhunderts in Europa war der Kolonialismus. Allgemein betrachtet bedeutet ‚Kolonialismus‘ die direkte Inbesitznahme fremder Gebiete, in welchen die dort ansässigen Menschen entweder verdrängt oder unterdrückt werden. Diese Aneignung findet statt, um fremde Territorien zu besiedeln, die Bevölkerung wirtschaftlich auszubeuten und politische Macht einhergehend mit kultureller Bevormundung auszuweiten.[17] Doch die Zeit des Kolonialismus fand nicht etwa erst im 19. Jahrhundert ihren Ursprung; die Anfänge europäischer Expansion liegen schon viel länger zurück und lassen sich genau zurückdatieren:

Der weltweite Kolonialismus Europas ist eine der wenigen Epochen in der Weltgeschichte, für die schon die ersten Zeitgenossen exakte Geburtsdaten parat hatten: Im Westen begann er am 12. Oktober 1492 mit der Landung von Kolumbus auf der Bahamas-Insel Guanahaní und im Osten am 20. Mai 1498 mit der Ankunft Vasco da Gamas in der indischen Hafenstadt Kalikut. An diesen Tagen, so glaubte man, war schlagartig der Horizont Europas bis ins Unendliche ausgedehnt worden. Jetzt wurden, wie durch einen Blitz der Erleuchtung, ungeahnte Möglichkeiten denkbar.[18]

Die Ausdehnung Europas auf Gebiete in der ganzen Welt kam demnach bereits im späten 15. Jahrhundert auf. Es gab dabei diverse Arten, auf denen die Ausdehnung eines Staates erfolgen konnte. Jürgen Osterhammel spricht von sechs verschiedenen Grundformen, in welchen Expansionen auftreten können: 1. Die Totalmigration. Hier finden ganze Völkerwanderungen statt. Größere menschliche Kollektive begeben sich in fremde Territorien, um dort sesshaft zu werden. Diese Form der Expansion ist meist mit militärischer Eroberung verbunden. 2. Die massenhafte Individualmigration. Die Emigranten schaffen keine neuen Kolonien, sondern werden in eine bestehende Gesellschaft eingegliedert. Diesem Expansionstypus ist sowohl die Auswanderung von Europäern in ‚die neue Welt‘ im 19. und 20 Jahrhundert als auch die erzwungene Sklavenmigration von Afrikanern nach Amerika zuzuordnen. 3. Die Grenzkolonisation. Damit ist die extensive Erschließung von Land für die menschliche Nutzung gemeint. Selten ist hiermit die Bildung von Kolonien im Sinne separater politischer Einheiten verbunden gewesen. 4. Die überseeische Siedlungskolonisation. Sie ist als Sonderform der Grenzkolonisation zu verstehen. Nur selten war hier militärische Machtentfaltung notwendig. Die Lebensräume von Siedlern und Einheimischen blieben getrennt. 5. Reichsbildende Eroberungskriege. Dies ist im klassischen Sinne die Errichtung der Herrschaft eines Volkes über ein anderes durch militärische Gewaltausübung. 6. Stützpunktvernetzung. Sie lässt sich als eine Form der maritimen Expansion betrachten und wurde zum Zweck der Bildung einer Handelshegemonie genutzt.[19] All diese Expansionsarten wurden von den Europäern verwendet, um Gebiete auf der ganzen Welt einzunehmen. Während die Totalmigration jedoch im 19. und 20. Jahrhundert anscheinend ein eher seltenes Phänomen war, wurden die anderen Formen wohl häufiger genutzt. Möglich gemacht wurde diese Verbreitung gemäß Christoph Nonn durch das Benutzen europäischer Schiffe, mit welchen in dieser Zeit angefangen wurde, die Weltmeere zu besegeln[20] und fremde Länder zu entdecken und dort Handel im Sinne wirtschaftlicher Interessen zu betreiben. Insgesamt blieb „das Ausmaß der europäischen Kolonialisierung und Besiedlung allerdings in der Frühen Neuzeit noch teilweise begrenzt“[21]. Dies änderte sich indessen im 18. Jahrhundert sehr schnell. Zunächst entstanden nach Daus die Kolonialreiche der Portugiesen und Spanier, es folgten die der Holländer, Engländer, Dänen und Franzosen. Die Deutschen, Italiener, Belgier und Nordamerikaner bildeten letztlich das Schlusslicht der Kolonialmächte.[22] All diese Staaten bildeten zusammen jene Kolonialmächte, die die Schätze der Erde, wie z. B. Rohstoffe, mehr oder weniger unter sich aufteilten. Bis zum Jahre 1914 war die Herrschaft dieser europäischen Staaten über den größten Teil der Welt verstreut.[23] Unter dem Deckmantel ‚Schutz‘, ‚Mission‘, ‚Handel‘ oder ‚Forschung‘ wurden im 19. Jahrhundert seitens diverser europäischer Länder Reisen in andere Staatsgebiete unternommen. Kolonialisierung gibt es Jürgen Osterhammel zufolge in drei unterschiedlichen Formen: als Beherrschungs-, als Stützpunkt- sowie als Siedlungskolonien. Beherrschungskolonien sind meist das Resultat militärischer Eroberung zum Zweck der wirtschaftlichen Ausbeutung, der strategischen Absicherung imperialer Politik sowie zum Gewinn von nationalem Prestige, wie z. B. die deutsche Kolonie in Togo. Als unmittelbare Folge von Flottenaktionen gelten die Stützpunktkolonien. Sie dienen der indirekten kommerziellen Unterstützung des Hinterlandes und leisten einen großen Beitrag zur Logistik maritimer Machtentfaltung. Siedlungskolonien sind das Ergebnis militärisch flankierter Kolonisationsprozesse. Hier werden das billig zur Verfügung stehende Land und die günstige Arbeitskraft der Einwohner ausgenutzt, um ohne hohe eigene Investition in Massen produzieren zu können. Außerdem lassen sich hier soziokulturelle Lebensformen praktizieren, die im Mutterland in Frage gestellt würden. Als Beispiel lässt sich die Kolonie ‚Deutsch-Südwestafrika‘ anführen.[24]

Da die Europäer in vielerlei Hinsicht überlegen waren, konnten sie die fremden Länder einnehmen und deren Bewohner und Rohstoffe für eigene Ziele benutzen. Die imperialistischen Mächte in Europa waren also schon weit vor dem 19. Jahrhundert in globale Expansionen ‚verstrickt‘. Laut Alfred Kohler waren Mittel- und Südamerika mit Siedlungsgebieten und Förderzonen von Silber, Afrika als Sklavenrekrutierungsgebiet und Asien als attraktives Handelsziel die hauptsächlichen Herrschafts- und Einflussgebiete der verschiedenen europäischen Staaten.[25] Im Hinblick auf die Tatsache, dass Europa in einem enormen Ausmaß ‚fremde‘ Teile der Welt für sich einnahm, erscheint die deutsche Kolonialgeschichte wie eine verhältnismäßig kurze Episode:

Die deutsche Kolonialgeschichte scheint im Geschichtsbewußtsein [sic!] der Deutschen und in der deutschen Geschichtsschreibung nach 1945 eher eine nebengeordnete und beiläufige Rolle zu spielen. Das mag sowohl aus der Kurzlebigkeit des deutschen Kolonialreiches resultieren, das nur exakt dreißig Jahre effektiven Bestand hatte (1884–1914), als auch aus der relativen Folgenlosigkeit dieser historischen Erfahrung für das gegenwärtige politisch-historische Bewußtsein [sic!].[26]

Die angesprochene Folgenlosigkeit ließ sich jedoch eher für das Deutsche Reich anwenden als für die Bewohner der damaligen Kolonien. Völkermorde und brutales Niederschlagen von Aufständen bedeuteten sehr wohl Folgen für die ‚Einheimischen‘. Dreißig Jahre waren für die Industriestaaten nur eine kleine Zeitspanne des europäischen Kolonialismus. Für die Kolonialisierten kann jedoch angenommen werden, dass diese Jahre als sehr lang und einschneidend erlebt wurden.

Der deutsche Kolonialismus beschränkt sich also im Großen und Ganzen auf insgesamt etwa drei Dekaden, obgleich es nach Francesca Schinzinger schon davor einige eher erfolglose „Gründungen und Gründungsversuche durch deutsche Fürsten oder deutsche Kaufleute mit obrigkeitlicher Genehmigung“[27] gegeben haben soll. Die Jahre 1880/90-1914 werden nach Gregor Schöllgen auch als das ‚Zeitalter des Imperialismus‘ bezeichnet[28]. Sie stellen also noch einmal eine Besonderheit inmitten des langen 19. Jahrhunderts dar. Zwar war der Imperialismus, unter welchem der „Drang der Völker und Machthaber nach einem wachsenden Anteil an der Weltherrschaft“[29] verstanden werden konnte, kein Phänomen, welches während jener Zeit zum Vorschein kam, aber es war dennoch ein weiteres unverkennbares Brandmal dieser einschneidenden Epoche. Der Kolonialismus fand um die Jahrhundertwende 1900 seinen eindeutigen Gipfel. Es wird in diesem Zusammenhang auch von „der ‚neue‘ Kolonialismus“[30] gesprochen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Als eine Ursache ist der Wirtschaftsboom dieser Jahre zu nennen, der laut Matthias Schulz seit den 1890ern in der ‚westlichen‘ Welt, Russland sowie Japan aufkam. Der Wettbewerb um Rohstoffe und Absatzmärkte nahm dadurch stark zu. Den Imperialmächten erschien es als notwendig, rohstoffreichere Gebiete zu beherrschen. Der ältere Handels- und Siedlungskolonialismus wurde nun durch massiven Herrschafts- und Verwaltungsimperialismus ergänzt. Zwischen den Jahren 1890 und 1914 wurden alle Landmassen, die nicht zu anerkannten Staatswesen gehörten, annektiert sowie strategisch wichtig erscheinende Gebiete unter den Mächten aufgeteilt. Es dominierten Gier, Machtkalkül, Nationalismus und wachsende Neigung zum Einsatz von Gewalt.[31] Die europäischen Staaten betrieben einen Wettlauf gegeneinander. Wer konnte welches Territorium zuerst einnehmen und die dort lebenden Menschen und die so dringend benötigten Rohstoffe für sich beanspruchen? So gingen wirtschaftliches Profitdenken und ein beträchtlicher Macht- und Aufstiegswille Hand in Hand miteinander. Unterstützt wurde die rasante Kolonialisierung der Welt durch die technologische Zäsur dieser Zeit: „Die industrielle Technik hat die Reichweite – und die naturzerstörende Wirkung – der Kolonisation enorm vermehrt.“[32] In diesem Zusammenhang wird die Eisenbahn genannt, die unmittelbarer Träger dieses Fortschritts war.

Wer viele Kolonien besaß, wurde von den anderen westlichen Nationen ernst genommen und konnte außenpolitisch dominieren. Dies wurde zunehmend wichtiger, denn je mehr die Zeit voranschritt, desto mehr Gebiete wurden kolonialisiert und dementsprechend gab es immer weniger Bereiche, die sich zu Eigen gemacht werden konnten. Lothar Gall erwähnt in diesem Zusammenhang, dass sich eine fortschreitende ‚Nationalisierung‘ der europäischen Außenpolitik in Gang setzte. Der nationale Machtstaatsgedanke wurde zu einer der grundlegenden Antriebskräfte der Politik kolonialer Expansion. Diese Art von Imperialismus wirkte auf europäischer Ebene erst einmal entlastend, auch wenn er außerhalb Europas ständig neue Konfliktherde verursachte. Der Status quo war somit gesichert und eine volle Entfaltung einer nationalen Dynamik wurde zunächst verhindert.[33] Schon im 19. Jahrhundert entfachten demnach mehrere ‚Stellvertreterkonflikte‘. Streit um Kolonialgebiete wurde in fremden Regionen ausgetragen und nicht in das Innere Europas ‚verschleppt‘. Dennoch ‚entartete‘ der nationale Machtgedanke letzten Endes: In der ersten weltweit übergreifenden Tragödie des 20. Jahrhunderts, im Ersten Weltkrieg, der vier Jahre lang andauern sollte.

Doch neben wirtschaftlichen Interessen und Hegemonie galten gemäß Wolfgang Reinhard auch schlichte Neugier auf eine Umgebung mit andersartigen Pflanzen, Tieren und Menschen, Abenteuerlust sowie auch christlich-missionarischer Eifer in Hinblick auf religiöse Impulse als weitere Motive für den Kolonialismus[34]. Die Europäer wollten ‚das Andere‘ unbedingt entdecken. Sie konnten sich so ihrer eigenen Identität bewusster werden und sich als ‚zivilisierte Bevölkerung‘ von den Bewohnern der Kolonialreiche absetzen. Aber auch kulturelle Faktoren flossen mit in die diversen Beweggründe ein, wie z. B. „koloniale Phantasien“[35], die eine tiefe Sehnsucht und Fernweh nach der scheinbar ‚exotischen‘ und durchaus anziehenden ‚Fremde‘ hervorriefen. Der Kolonialismus hatte somit auch einen großen Einfluss auf u. a. die zeitgenössische Literatur, Kunst und Architektur. Er bildete sozusagen einen Gegenpart zu den kühlen, nüchternen Formen und Farben der Industrialisierung und brachte Leben in die ‚graue Welt‘ des technischen Fortschritts.

Obwohl das Deutsche Reich erst 1884 als Kolonialmacht hervortrat, konnte es sich schnell als solche in der Reihe der anderen europäischen Staaten etablieren. Es stand ihnen von nun an auf nationaler Ebene in nichts mehr nach. Zuvor waren jedoch einige Hürden zu überwinden. Nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 kamen, so Maria-Theresia Schwarz, ein erstarktes Nationalgefühl und eine Kolonialdiskussion in der öffentlichen Meinung auf. Doch Reichskanzler Bismarck hatte in Bezug zu den Kolonien zunächst eine ablehnende Haltung und war nicht damit einverstanden, aus dem Deutschen Reich eine Kolonialmacht zu machen. Er beugte sich jedoch schließlich dem innenpolitischen Druck, den die Koloniallobby auf ihn ausübte und erwarb am 24.4.1884 in Namibia die erste Kolonie ‚Deutsch-Südwestafrika‘, der im Juli 1884 Kolonien in Kamerun und Togo folgten.[36] Dies alles waren Gebiete, die von der bis dahin stattfindenden europäischen Expansion seit dem 15./16. Jahrhundert verschont geblieben waren. Einer tabellarischen Aufstellung von Reinhart Kößler kann entnommen werden, dass im Jahre 1884 noch weitere deutsche Kolonien gegründet wurden: ‚Bismarckarchipel‘ und ‚Kaiser-Wilhelm-Land‘ in dem Bereich Papua-Neuguinea und darauffolgend, 1885, Kolonien in den ostafrikanischen Bereichen Tansania sowie Tanganyika.[37] Auch die Deutschen konnten im Zuge dieser Kolonialisierungen nun an die Expansion anderer europäischer Kolonialmächte anschließen und sich als ‚Kolonialherrschaft‘ bezeichnen. Nach einer langen Phase des Misserfolgs war es dem Deutschen Reich möglich geworden, nun die ersten Territorien in Afrika sein Eigen nennen zu können. Doch so schnell der Aufstieg geglückt war, so schnell kam er auch wieder zum Erliegen. Klaus J. Bade zufolge kann die deutsche Kolonialgeschichte des späten 19. Jahrhunderts in insgesamt drei Phasen eingeteilt werden: 1. In die Experimentierphase, welche bis zum Ende der 1880er Jahre dauerte, 2. die heroische Phase bis 1906/07 sowie 3. in die anschließende ‚Ära Dernburg‘, die darauffolgend bis zum Ersten Weltkrieg andauerte.[38] Die Kolonialisierungen von Namibia, Kamerun, Togo, Papua-Neuguinea, Tansania und Tanganyika sind somit der Experimentierphase zuzuordnen. Hier begann das Deutsche Reich seine ersten Schritte als Kolonialmacht zu vollziehen und stellte sich dabei politisch nahezu naiv an. Bade vergleicht die deutsche Nation in ihrer kolonialen Expansion mit „der Rolle des ‚Zauberlehrlings‘“[39] in Johann Wolfgang von Goethes Ballade Der Zauberlehrling aus dem Jahre 1797. Diese entstammt der Literaturepoche der Weimarer Klassik, die sich „in etwa von 1786–1805“[40] erstreckte. Durch diese Gegenüberstellung wird deutlich, dass das Deutsche Kaiserreich sich in Hinblick auf die damalige Expansionspolitik wohl sehr überschätzte und aufgrund der vorliegenden Unerfahrenheit in der Kolonialisierungsfrage stark übernahm. Doch anstatt bescheiden zu bleiben, erst einmal abzuwarten und sich im schlimmsten Fall lediglich mit einigen wenigen Gebieten zufriedenzugeben, wurden immer mehr Gebiete in Afrika kolonialisiert. Namibia war im Zeitraum der ersten Phase bis zum Ende der 1880er Jahre das Zentrum der deutschen Schutzherrschaft, denn „als einzige ausgesprochene Siedlungskolonie des Deutschen Reiches entfaltete sich hier die Produktion von Phantasien und Utopien in besonderem Maße“[41]. Deswegen erschien es wohl auch als besonders bedrohlich, als genau dieses Kolonialreich, welchem die Herero angehörten, „1888 die schwächliche deutsche ‚Schutzherrschaft‘ schlichtweg aufkündigten“[42] und so das „deutsche Experiment ‚Kolonialpolitik‘ in seine erste schwere Krise“[43] führten. Nach dieser Krise erfolgte die heroische Phase. Bade führt an, dass das Kernproblem, nämlich die doppelte Abhängigkeit vom Reichstag sowie den wirtschaftlichen Interessen der ersten Phase, hier noch immer sehr stark ausgeprägt war. Die von der deutschen Herrschaft unterdrückten Menschen versuchten sich gegen immer weiter fortschreitende Repression aufzulehnen – auch mit Gewalt. Fast 65.000 von 80.000 Hereros und etwa die Hälfte der 20.000 Nama verloren dabei ihr Leben. Es kam erneut zur Krise und damit zu einer politisch-ökonomischen Kurskorrektur, mit welcher dann auch die 2. Phase ihr Ende fand.[44] Die dritte und letzte Zeitspanne, die sogenannte ‚ Ära Dernburg‘, erfolgte dann bis zum endgültigen Scheitern des deutschen Kolonialismus im Jahre 1914. Dernburg, ein Bankier, legte eine kolonialpolitische und -wirtschaftliche Neuorientierung fest, mit der zunächst große Erfolge verbucht werden konnten[45]. Diese drei voneinander abgegrenzten Zeitperioden sind allesamt Bestandteile der Phase des Hochimperialismus auf europäischer Ebene. Der Hochimperialismus „bildete die Grundlage für den folgenden Prozess der Dekolonisation“[46] und ist daher als Endphase der gesamten europäischen Expansionspolitik zu betrachten.

Die Ausdehnung des Deutschen Kaiserreiches nach Afrika konnte demnach nur scheitern. Reichskanzler Bismarck, der eigentlich von vornherein gegen eine Kolonialisierung von deutscher Seite aus war, machte Fehler, da ihm „die staatliche ‚Kolonialpolitik‘ […] immer fremd blieb“[47]. Sein Plan, ökonomische und politische Interessen im deutschen Kolonialismus zu vereinigen, ging nicht auf. Die deutsche Expansion war nur eine kurze Geschichte, die trotzdem große Auswirkungen erzielte. Deutsche Traditionen und Werte wurden den Einheimischen der verschiedenen Kolonien auferlegt und auch umgekehrt kam es zu kolonialistisch geprägten Effekten, die in das Deutsche Reich zurückwirkten. Die Deutschen konsumierten Kolonialwaren, dekorierten ihre Häuser und Wohnungen im ‚exotischen Stil‘, lasen Reiseberichte und -romane aus Übersee und kamen sogar in persönlichen Kontakt mit den ‚Fremden‘ aus den Kolonien. Mit diesem persönlichen Kontakt ist jedoch nicht gemeint, dass viele Deutsche als Siedler in den Kolonien lebten oder die Einheimischen im Deutschen Reich als Gleichberechtigte willkommen geheißen wurden. Tatsächlich kam es in eher ungewöhnlichen Situationen zum Aufeinandertreffen zwischen ‚Weißen‘ und ‚Schwarzen‘. Speitkamp führt dazu an, dass während der gesamten Kolonialzeit, in der die Deutschen zahlreiche fremde Territorien einnahmen, nur etwa 150 Afrikaner in die reichsdeutsche Gesellschaft geholt wurden. Die Deutschen kamen mit den Afrikanern primär im Rahmen von Kolonialausstellungen in Berührung, z. B. auf der Berliner Gewerbeausstellung im Jahr 1896. Hier wurden für ungefähr sieben Monate 103 Personen aus verschiedenen Regionen Afrikas in nachgebauten Hütten vorgeführt. Sie trugen dabei vermeintlich authentische Kleidung und führten ihre angebliche ‚afrikanische Lebensweise‘ vor.[48] Die Menschen aus Afrika wurden dabei präsentiert wie Tiere in einem Zoo und mit neugierigen Blicken bestaunt. Durch die Afrikaschauen, die schon damals „höchst umstritten“[49] waren, wurde nicht nur das vermeintliche Leben der Afrikaner dargestellt, sondern in einem weiteren Kontext konnten so ‚westlicher‘ Ethnozentrismus im Zusammenhang mit ‚aufpeitschendem‘ Voyeurismus dargestellt werden. Die Europäer hielten sich für ‚Übermenschen‘, die sich von den ‚Untermenschen‘ aus den Kolonien abzugrenzen hatten. Hierin liegt auch der Grund, warum sich der Nationalismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts so stark herauskristallisieren konnte. Frank Becker beobachtet, dass sich der Nationsbegriff im späten 19. Jahrhundert zunehmend radikalisiert hat. In diesem Zeitraum seien Nationen immer öfters mit ‚Rassen‘ gleichgesetzt worden und in Ergänzung dazu ist der Wettstreit zwischen den Nationen als ‚Rassenkampf‘ interpretiert worden, in dem sich nur der Stärkste behaupten konnte.[50] Daher kann angeführt werden, dass neben dem Nationalismus auch der Rassismus in diesen Zeiten erheblich aufkeimte und zu fruchtbarer Erde für national-rechtsgerichtete Politik wurde, die im 20. Jahrhundert überbordend ausartete und zum bisher dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte wurde.

3 Kolonialistische Kultur in den zeitgenössischen Romanen Effi Briest und Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane

Auch die Literatur des langen 19. Jahrhunderts wurde maßgeblich von der Kolonialherrschaft des Deutschen Reiches beeinflusst. Und dies wurde nicht nur als Kolonialismus als solcher ersichtlich, sondern auch in latenter Gestalt, wie z. B. als Oppositionsgefüge ‚Dominanz‘ und ‚Untergebenheit‘ im Allgemeinen. Parallel zur deutschen Expansion nach Afrika erschienen auf dem Markt zwei Romane von dem deutschen Schriftsteller Theodor Fontane: Effi Briest und Irrungen, Wirrungen.[51] Effi Briest wurde nach Angaben von Dana Kestner „in den Jahren 1894 bis 1895 als Fortsetzungsroman in der ‚Deutschen Rundschau‘ publiziert“[52]. Der Roman konnte also zunächst in regelmäßigen Abständen in der Zeitung gelesen werden. Fontane hatte jedoch – so erwähnt es Rudolf Helmstetter in einem seiner Werke – bereits im Jahre 1890 nach einer Veröffentlichung seines bis dahin nur in Grundzügen vorhandenen Projektes bei der ‚Gartenlaube‘ angefragt[53]. Erste Skizzierungen von Effi Briest müssen demnach schon 1890 vorgelegen haben. Somit fällt die Entstehung Effi Briests zeitlich gesehen noch genau in die Epoche des Bürgerlichen Realismus. Auch Fontanes Roman Irrungen, Wirrungen erschien im späten 19. Jahrhundert; 1888 wurde er einem breiten Publikum zugänglich gemacht[54]. Auch diese Erzählung Fontanes ist dem Bürgerlichen Realismus zuzuordnen. Dieser ist eine der literarischen Hauptströmungen des 19. Jahrhunderts gewesen. Seine Zeit beläuft sich nach Barbara Baumann und Brigitta Oberle auf etwa 1850-1890. Er begann somit etwa in den Jahren nach der gescheiterten Revolution von 1848 und endete mit dem ersten Teil der Bismarck-Ära.[55] Der Realismus löste die Epoche des Vormärz ab.

Theodor Fontane selbst sagte einmal über diese Literaturströmung: „Realismus ist die künstlerische Wiedergabe (nicht das bloße Abschreiben) des Lebens.“[56] Es ging im Realismus also gar nicht um die Darstellung einer absoluten Wirklichkeit, sondern vielmehr um eine ein getreues Abbild, das einer Verklärung unterzogen wird:

Der Begriff Realismus zielt nicht auf die kategoriale Differenz von Dichtung und Wirklichkeit. […] Realistische Dichtung bezieht ihr Material zwar aus der wirklichen Welt, verwandelt es aber unter spezifisch künstlerischen Form- und Strukturgesetzen und weist in ihrer autonomen Beschaffenheit als Symbolstruktur über die eigene Wirklichkeit hinaus in die reale Welt zurück.[57]

Damit verglichen ist z. B. ein Foto etwas ‚Realistisches‘, denn zum einen zeigt es etwas, das der Wirklichkeit entstammt, und zum anderen, wird dennoch etwas Künstlerisches hinzugegeben. Der Realismus wird diesbezüglich als ein formaler Aspekt der Bildgestaltung betrachtet, „der sich durch Übersetzungsleistungen, besondere Inszenierungsstrategien und konventionalisierte Bezugnahme herstellt“[58]. Die Umsetzung dieser Bezugspunkte geschieht zwangsläufig durch die Anwesenheit des Fotografen. Durch ihn überschneidet sich ein Objekt mit subjektiven Nuancen. Durch Fotografien konnten sich Adel wie Kleinbürgertum und Bourgeoisie wie Proletariat selbst inszenieren. Die Darstellung war demnach immer ein wenig von der Realität ‚entrückt‘, was letztendlich auch den Reiz der Fotografien ausmachte. Auch hier entstand eine Verklärung, denn die Fotografierten wollten sich natürlich durch bestimmte Posen von der besten Seite zeigen, die zur Verfügung stand. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Inszenierung in der Fotografie jedoch „ihren exklusiven Charakter verloren“[59], denn sie wurde durch die immer mehr vergünstigten Produktionsmöglichkeiten „zum Massenmedium für jedermann“[60]. Die Grenzen der verschiedenen Stände begannen sich durch den technischen Fortschritt langsam zu überschneiden. Es war beim Thema ‚Fotografie‘ alsbald nebensächlich, aus welchen Kreisen die fotografierten Personen stammten.

Auch der Kolonialismus wurde durch Fotografien inszeniert. In Dokumentationen, Werbung für Kolonialwaren und Berichten wurden diese Fotos veröffentlicht und der breiten europäischen Bevölkerung zugänglich gemacht. Oftmals wurden Bilder aus den Kolonien vor einer idyllisch-‚exotischen‘ Folie präsentiert. Diese waren oftmals stark gestellt und statisch überladen. Die Afrikaner wurden nicht selten in engem Zusammenhang mit der Natur dargestellt. Dieser Vorgang „entpuppte sich als ein vielschichtiges Wunschbild, in dem sich unter anderem Verkaufsstrategie, Psychologie und Kulturkritik verbunden haben“[61]. Auch die herrschenden Machtgefälle zwischen Kolonialherren und der kolonialisierten Bevölkerung wurden auf vielen dieser Bilder deutlich gemacht. Bei den überlieferten Bildern handelte es sich jedoch nicht ausnahmslos um Fotografien, „sondern auch um Zeichnungen, Gemälde, Grafiken, später auch Filme sowie alle möglichen Repräsentationstechniken von Objekten und Bildern“[62]. Es gab also verschiedene kulturelle Zugänge zu Abbildungen des Kolonialismus, die alle aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven gestaltet wurden.

Auch die Literatur ist als solch kultureller Zugang zu betrachten, wobei es zweitrangig ist, ob diese in Kombination mit Bildern, z. B. in Reisekatalogen, oder als reiner Fließtext, z. B. in Form von Romanen, modelliert wurde. Auch hier konnten die Autoren verschiedene Blickwinkel auf den Kolonialismus einfließen lassen. Dies tat auch Theodor Fontane, indem politische und gesellschaftliche Bezüge – mehr oder weniger offensichtlich – in seinen Romanen hergestellt wurden. Er legte in seinen Werken „ein Charakteristikum der Wilhelminischen Weltpolitik offen“[63] und beobachtete laut Rolf Paar das damalige politische Vorgehen auf kritische Weise[64]. Der Kolonialismus ist zwar weder das Hauptthema im Roman Effi Briest noch in Irrungen, Wirrungen; es zeigt sich aber dennoch, wie die zeitgenössische Kultur und somit auch die Literatur von der europäischen bzw. deutschen Expansion nach ‚Übersee‘ geprägt wurde und wie sich die allgemeine Stimmung des Deutschen Reiches und die Mentalität der Menschen in den verschiedenen Facetten zeigt. Der Kolonialismus steht darüber hinaus mit diversen Oppositionen in Verbindung: Mit u. a. ‚Unterdrückern‘ und ‚Unterdrückten‘, mit ‚Reichtum‘ und ‚Armut‘, ‚Überlegenheit‘ und ‚Demut‘. Diese Gegensätze werden in Effi Briest in unterschiedlichen Formen als gesellschaftliches Phänomen seiner Zeit widergespiegelt. In Effi Briest geht es um eine junge Frau aus bürgerlichem Hause, die – ganz standesgemäß auf Zuspruch ihrer Eltern – mit dem älteren Baron von Innstetten verheiratet wird. Effi, die in ihrem Elternhaus daran gewöhnt war, frei und unabhängig zu sein, fühlt sich in dieser Ehe zunehmend einsam und unglücklich. Als sie eines Tages in Abwesenheit ihres Ehemannes einen jungen Offizier kennenlernt, kann sie ihren Gefühlen nicht widerstehen. Sie verliebt sich in ihn und geht mit ihm eine außereheliche Beziehung ein. Als Innstetten von dieser Affäre erfährt, trennt er sich von Effi und verweist sie des Hauses. Von da an wird sie in ihrer Schicht gesellschaftlich geächtet. Auch zu ihrer Tochter bricht der Kontakt durch die Beeinflussung seitens Innstetten ab. Am Ende der Erzählung stirbt die immer noch junge, aber todkranke Effi im Hause ihrer Eltern. Primär geht es in diesem Roman also um Liebe, gesellschaftliche Zwänge, die Verhältnisse in der bürgerlich-preußischen Familie und die Stellung der Frau im späten 19. Jahrhundert. Aspekte des Kolonialismus fließen mehr oder weniger latent mit in die Geschichte ein. Auch mit dem Aufzeigen und Überschreiten von Grenzen wird in diesem Roman ‚gespielt‘, sei es auf einer Makro- oder Mikroebene.

Die Erzählung Irrungen, Wirrungen handelt gleichfalls von einer Liebesbeziehung. Diese wird von vornherein gesellschaftlich nicht anerkannt. Es geht um die uneheliche Partnerschaft der Schneidergesellin Lene Nimptsch aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und dem angesehenen Baron Botho von Rienäcker. Da sie nicht aus der gleichen Gesellschaftsschicht stammen, ist ihre Liebe von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Auf einer gemeinsamen Reise wird dies zunächst der Figur Lene ersichtlich. Sie ahnt, dass sich der Baron aufgrund der breiten gesellschaftlichen Inakzeptanz in Bezug auf Vermischung verschiedener Stände niemals öffentlich zu ihr bekennen wird. Und so kommt es zum Schluss auch: Beide heiraten, obwohl sie eigentlich gegenseitig viel füreinander empfunden haben, einen jeweils anderen Partner. Die Beziehung zerbricht an einem anscheinend immer noch vorhandenen sozialen Kodex. Obwohl das 19. Jahrhundert von Fortschritten großer Tragweite durchzogen ist, hinken Gesellschaft und Kultur demnach in zwischenmenschlicher Hinsicht noch weit hinterher. Kein ‚Aufbruch‘ in eine ‚moderne neue Welt‘, sondern eher ein noch vorhandener starrer Rückbezug auf ‚mittelalterliche‘ Verhältnisse werden in beiden Romanen von Fontane dargestellt. Realismus und Kolonialismus treffen sich an der Stelle, an welcher ‚das Andere‘ durch die europäische bzw. durch die bestehende deutsche Perspektive dargestellt wird.

Die ‚Fremde‘ existiert als solche nur durch den Kontrast zur ‚Heimat‘, aus welcher der ethnozentrische Blick auf ‚das Andere‘ geworfen wird. Auch Verortungen wie ‚Abendland‘ und ‚Morgenland‘, ‚Westen‘ und ‚Osten‘ oder ‚Orient‘ und ‚Okzident‘ sind diffuse Begrifflichkeiten, die geopolitisch eingesetzt werden, um Grenzen zwischen verschiedenen kulturellen Ständen zu ziehen. In diesem Zusammenhang berichtet Arnold Suppan von Erkenntnissen aus der Sozialpsychologie, welche zeigen, dass das Identitätsbewusstsein von Gemeinschaften aller Art im Laufe des ständigen Verkehrs und der Reibungen mit anderen entsteht und heranwächst. So wie sich die Wahrnehmung der eigenen individuellen Identität nur im Verhältnis zu einer bestimmten Gruppe entfalten kann, so erlangt auch die Identität einer ganzen Gruppe erst im Verlauf einer ständigen Konfrontation mit den anderen Gruppen Sinn und Gehalt.[65] Die Identität einer Nation wird demnach durch die Konfrontation mit ‚dem Anderen‘ erst bewusst. Der ‚Westen‘ könnte ohne seinen Gegenpol, dem ‚Osten‘, nicht existieren. Das Bild des einen wird ‚durch den Blick eines anderen entworfen‘. Jene Oppositionen lassen sich auch auf andere Termini anwenden, die zunächst in den kolonialen Diskurs fallen, z. B. auf die Unterscheidung von ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ auf deutscher Ebene. Diese Begriffe dienen nicht nur der Bezeichnung von geschlechtsspezifischen Unterschieden im biologischen Sinne, sondern werden auch zur Eigenschaftszuschreibung und damit zur gesellschaftlichen Verortung genutzt. Damit einhergehend können positive wie negative Konnotationen mitschwingen.

Im Folgenden werden die beiden Erzählungen mit kolonialistischem Denken und Grenzüberschreitungen aller Art in Zusammenhang gebracht und darüberhinausgehend auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin analysiert. Im Fokus stehen dabei die Figuren und Motive in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Strukturen, die in einem weiten Kontext stehenden, zeitgenössischen Rahmen gefasst wurden.

3.1 Projektionsflächen für das ‚ambivalent empfundene Fremde‘

Die beiden Romane Effi Briest und Irrungen, Wirrungen von Theodor Fontane haben viele Gemeinsamkeiten: Sie wurden zum Ende des 19. Jahrhunderts hin verfasst und veröffentlicht, enthalten beide eine Gesellschaftskritik, die sich an das Gesamtsystem sowie speziell an den Adel richtet, und im Mittelpunkt der beiden Erzählungen steht jeweils ein Liebespaar, das jedoch im Verlauf der Geschichte an zeitgenössischen gesellschaftlichen Strukturen scheitert. Darüber hinaus sind die beiden berühmten Werke Fontanes beide parallel zur deutschen Kolonialzeit entstanden. Diese Tatsache lässt sich – mal mehr, mal weniger offensichtlich – anhand der Gespräche zwischen Figuren, Beschreibungen durch den überwiegend auktorialen Erzähler sowie durch Motive, Symbole u. v. m. herausarbeiten.

Im Folgenden wird gesondert dargestellt, welche Projektionsflächen sich jeweils für das ‚ambivalent empfundene Fremde‘ in den beiden untersuchten Romanen herausstellen lassen. Die Ebenen des ‚Fremden‘ sind dabei teilweise sehr unterschiedlich aufbereitet. Es bezieht sich nicht nur auf das ‚Fremde‘ im Sinne von ‚Ausland‘, sondern es kann auch auf Standesunterschiede, ‚Andersartigkeit‘ im Allgemeinen, auf ‚besondere‘ Namen, die Geschlechtszugehörigkeit, verschiedene Konfessionen etc. angewendet werden.

3.1.1 Die ‚besondere‘ Rolle der Hunde

In Effi Briest finden sich viele Figuren und Gegenstände, auf welche ein Gefühl ‚des Fremden‘ projiziert werden kann. Diese ‚exotischen Statisten‘ treten vor allem in Zusammenhang mit der Stadt Kessin auf, ein Fakt, der durch die Hauptfigur Effi klar benannt wird: „[...] es hat alles so was Fremdländisches hier, und ich habe noch nichts gehört und gesehen, was mich nicht in eine gewisse Verwunderung gesetzt hätte.“[66] In Hohen-Cremmen gibt es keine derart ‚fremdartige‘ Figur. Der Geburtsort Effis steht zunächst für Idylle, Ländlichkeit und Homogenität. Kessin wird dagegen eher als heterogener Ort im Hinblick auf die Figuren beschrieben. Dies fängt bereits im Hausstand des Barons an: Protagonist Innstetten ist Besitzer eines Hundes, des Neufundländers ‚Rollo‘. Rollo wird im Roman durch Innstetten, der Effi auf Nachfrage von ihm erzählt, eingeführt:

Ja, Rollo. Du denkst dabei, vorausgesetzt, dass du bei Niemeyer oder Jahnke von dergleichen gehört hast, an den Normannenherzog, und unserer hat auch so was. Er ist aber bloß ein Neufundländer, ein wunderschönes Tier, das mich liebt und dich auch lieben wird. Denn Rollo ist ein Kenner. Und solange du den um dich hast, so lange bist du sicher und kann nichts an dich heran, kein Lebendiger und kein Toter.[67]

Seinen ungewöhnlich ‚exotisch‘ klingenden Namen hat Rollo also in Anlehnung an den gleichnamigen früheren Normannenherzog erhalten. Gottlob Dittmar weist darauf hin, dass der alte Normannenherzog Rollo im 9. und 10. Jahrhundert lebte und als großer Eroberer der Nordgermanen bekannt war. Ihm wurde das ganze Seinegebiet bis Rouen abgetreten. Letzten Endes gründete er das Fürstentum der Normandie und trat in die Reihen der Großen des weltfränkischen Reiches ein.[68] An dieser Stelle kann ein Zusammenhang zum Kolonialismus hergestellt werden, denn die Wikinger[69] nahmen bereits in jener frühen Zeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten verschiedene fremde Landgebiete für sich ein. Sie waren nach Alheydis Plassmann bekannt dafür, im Frühmittelalter als kühne Seefahrer und Piraten sowie im Hochmittelalter als militärisch überlegene Ritter aufzutreten, die ihre Dominanz für zahlreiche Eroberungen nutzten[70]. Es war also eine Art Frühkolonialismus, der hier vonstattenging. Die Wikinger überschritten Grenzen, um sich fremde Territorien zu sichern und ihre Herrschaft dort auszubreiten. Die Figur Innstetten weist mit der Tatsache, dass er seinen über alles geschätzten Hund ‚Rollo‘ genannt hat, eine gewisse Affinität zu dem großen Normannenfürsten Rollo sowie zu dessen Feldzügen auf. In Anlehnung an den Kolonialismus könnte dies als Hang zur Annexion von fremden Landgebieten, zur Dominanz über andere Völker sowie zum Eindringen in kulturell andersartige Bereiche gedeutet werden.

Doch die Aufgabe der Figur des Hundes in Effi Briest kann ergänzend noch auf anderem Wege interpretiert werden: Rollo besitzt nicht nur einen außergewöhnlichen Namen, sondern erfüllt eine bestimmte Funktion für die Figuren, die ihn umgeben. Er beschützt sie, ist ansehnlich, ist treu und voller Liebe für seine Herrchen: Er liebkost Innstetten, obwohl dieser ihn sogar abwehrt[71], wacht in der Nacht an Effis Bett[72] und erweist sich als ergebener Begleiter auf ihren Spaziergängen[73]. Rolf Zuberbühler erklärt, dass Hunde wie Rollo in Effi Briest als exemplarische Muster für Treue, Verlässlichkeit und eine dem Menschen überlegene Qualität stehen. Tierliebe soll demnach Kompensation sein und über Entfremdung hinwegtrösten.[74] Rollo verfügt über all diese genannten Eigenschaften. Er ist darüber hinaus auch in einer Vermittlerposition, die die Grenze zwischen den Figuren Innstetten und Effi überwinden kann, indem er Innstetten auf eine gewisse Weise ersetzt. Dies wird in einem Gespräch zwischen den Romandarstellern Effi und ihrem Vater deutlich. Der alte Briest bemerkt: „Immer Rollo. Wenn man’s nicht anders wüsste, so sollte man beinah glauben, Rollo sei dir mehr ans Herz gewachsen als Mann und Kind.“[75] Obwohl Effi diese Behauptung verneint, bleibt die Figur Briest bei ihrer Meinung und untermauert jene Einschätzung sogar:

Wenn ich mir so denke, da verunglückt einer auf dem Wasser oder gar auf dem schülbrigen Eis, und solch ein Hund, sagen wir so einer wie dein Rollo, ist dabei, ja, der ruht nicht eher, als bis er den Verunglückten wieder an Land hat. Und wenn der Verunglückte schon tot ist, dann legt er sich neben den Toten hin und blafft und winselt so lange, bis wer kommt, und wenn keiner kommt, dann bleibt er beim Toten liegen, bis er selber tot ist. Und das tut solch ein Tier immer. Und nun nimm dagegen die Menschheit! Gott, vergib mir die Sünde, aber mitunter ist mir’s doch, als ob die Kreatur besser wäre als der Mensch.[76]

Hier wird der Hund in seiner Loyalität mit den Grundeigenschaften des Menschen verglichen. Dem Hund wird dabei mehr Treue zugeschrieben als menschlichen Personen. Obwohl Rollo einerseits durch die Bezeichnung ‚Kreatur‘ degradiert wird, erhält er andererseits Zuspruch im Sinne bestimmter ‚edler‘ Eigenschaften. So lässt sich eine Brücke zum ‚Edlen Wilden‘ schlagen, denn hier findet eine Idealisierung statt. Dieser Begriff, der bisher zur Stereotypisierung von Menschen angewandt wurde, erscheint nun in einer neuen Dimension und kann auf den Hund Rollo im Sinne eines ‚Edlen Lebewesens‘ übertragen werden. Das „Ideal eines von Natur aus guten Menschen“[77], mit welchem bisher Menschen beschrieben wurden, die fernab der ‚westlichen‘ Kultur und somit in einer ‚angeblichen Zivilisation‘ leben, lässt sich hier auf das ‚Ideal eines von Natur aus guten Geschöpfs‘ erweitern. Die Nebenfigur Rollo erfährt aufgrund ihrer solidarischen Eigenschaften genau wie der ‚Edle Wilde‘ – und ganz im Gegensatz zum ‚Barbarischen Wilden‘ – nach Anna Schütte „in Europa gesellschaftliche Akzeptanz“[78]. Das Motiv des ‚Edlen Wilden‘ existiert laut Autorin Anne Löchte schon seit der Antike. Der ‚Edle Wilde‘ zeichnet sich durch seine von zivilisatorischen Errungenschaften unberührte Existenz aus, ist genügsam, glückselig und gehorcht natürlichen Gesetzen, um instinktiv das Richtige zu tun. Daneben ist er unschuldig, arglos, hilfsbereit, opferwillig und schön.[79] Mit all diesen beschriebenen Qualitäten ist auch Rollo ausgestattet. Er tritt in Effi Briest in unterschiedlicher Gestalt auf: Als sich unterwerfende Kreatur, als ‚nettes Schmuckstück‘, als treuer Begleiter, als Liebesersatz und als ein mit edlen Eigenschaften ausgestatteter Vertreter seiner Gattung. Genau wie die Menschen in den Kolonien wird er für eigene Zwecke genutzt und erfährt Zuneigung allein aufgrund seiner Unterwerfung dem Menschen gegenüber. Als die Nebenfigur Rollo älter und schwächer wird, ist sie nicht mehr so nützlich wie früher und wird von dem Charakter der Annie, Innstettens und Effis Tochter, sogar als „faul“[80] beschrieben. Auch diese Bezeichnung erweckt Assoziationen im Umgang mit den unterworfenen Volksgruppen in Afrika während der Kolonialzeit. Bertels und Bußmann weisen darauf hin, dass die Bezeichnung ‚Neger‘, genutzt als Synonym für ein primitives, minderwertiges Wesen als Demonstration der Verachtung der Europäer gegenüber den Schwarzafrikanern, oftmals durch das Adjektiv ‚faul‘ ergänzt wurde[81]. Dem ‚Edlen Wilden‘, der aufgrund seines besonderen Verhältnisses zur Natur und durch Charakterzüge wie Treue und Loyalität hervorgehoben wurde, sind also auf der anderen Seite auch höchst demütigende Eigenschaften unterstellt worden:

Die Kolonialpropaganda der späten 1870er und frühen 1880er Jahre reproduziert den spätestens im 18. Jahrhundert entwickelten Topos vom ‚faulen Neger‘ innerhalb einer ökonomischen Theorie. […] Diese Theorie sah den ‚Nutzen‘ auf beiden Seiten: Die ‚Zivilisierten‘ würden reich, der ‚faule Neger‘ ‚arbeitsam‘ und dadurch ‚zivilisiert‘.[82]

Mit Scheinargumenten wie diesen konnten die Kolonialmächte die Ausbeutung anderer Bevölkerungen schamlos vor sich und der Öffentlichkeit rechtfertigen. Es handelt sich bei solchen Argumentationsstrukturen jedoch um eindeutig rassistische Äußerungen und zwar bei beiden Arten der Herangehensweise. Sowohl der ‚Edle Wilde‘ als auch der ‚faule Barbar‘ sind als eindeutig rassistische Ausdrucksformen zu bewerten. Dabei ist zwischen negativem und positivem Rassismus zu unterscheiden: Rohrdantz erklärt, dass vor allem das Phänomen der Exotisierung als Bestandteil des positiven Rassismus einzuschätzen ist. Dem selbstkonstruierten ‚Anderen‘ werden dabei zunächst positiv wirkende Eigenschaften unterstellt. Dies ist jedoch im gleichen Maße als rassistisch zu bezeichnen wie der negative Rassismus, der dem ‚Anderen‘ zahlreiche negative Dispositionen zuschreibt, da es immer darum geht, Menschen afrikanischer Herkunft bestimmte Eigenschaften als essentiell vorzuwerfen.[83] Der ‚Edle Wilde‘ gehört somit zum positiven Rassismus und die Darstellung des ‚faulen Negers‘ zweifelsohne zum negativen Rassismus. Beide Formen werden auf den Darsteller Rollo in Effi Briest zur Darstellung des ambivalenten Fremden projiziert. Im Positiven ist er eine ‚treue Seele‘, im Negativen eine ‚faule Kreatur‘.

Fontane zeichnete die Figur des Rollo bis zum Ende des Romans stringent in ihren loyalen Eigenschaften. Letztendlich ist er der Einzige, der trotz der gesellschaftlichen Tabubrüche Effis bis zum Schluss an ihrer Seite steht, denn laut der Protagonistin ist Rollo ihr „nicht gram. Das ist der Vorteil, dass sich die Tiere nicht so drum kümmern.“[84] Diese Sätze Effis in einem Brief von Roswitha an Innstetten lange Zeit nach dem Skandal zeigen, dass Rollo allein zu ihr hält. So war er, obwohl er aufgrund seines Alters „beim Wiedersehen sparsam mit seinen Freudenbezeugungen gewesen war, […] in seiner Treue womöglich noch gewachsen“[85] und liegt am Ende, „den Kopf in die Pfoten gesteckt“[86] als Zeichen seiner Trauer, neben dem Grabstein von Effi.

Auch im zweiten untersuchten Roman Irrungen, Wirrungen kommt das als ‚ambivalent empfundene Fremde‘ zum Vorschein. Genau wie in Effi Briest ist hier zunächst der Name des Hundes zu nennen. Dieser heißt in Irrungen, Wirrungen ‚Sultan‘; wurde also ebenso wie Rollo mit einem fremdländisch klingenden Namen bedacht. Sultan wird zunächst als „fuchsgelber Ziehhund“[87] in die Geschichte eingeführt. Er lebt angekettet in einer Hundehütte auf dem Gelände der Dörrschen Gärtnerei und dient vornehmlich als Wachhund. Er erfüllt somit eine Funktion für die Menschen, indem er sie und die Gärtnerei vor äußeren Einflüssen schützt. Fontane kreierte die Hunde in seinen Romanen als verlässliche Weggefährten der anderen Figuren. Er verherrlichte „die Schönheit, den Adel und die Treue dieser Tiere“[88] und stellte ihre besondere Überlegenheit gegenüber den Menschen heraus. Aber auch das Objekthafte des Hundes wird beschrieben, denn letztendlich stehen sie den menschlichen Figuren immer zur Verfügung, wenn diese Kontakte wünschen. In Irrungen, Wirrungen besteht eine enge Verbindung zwischen Lene und Sultan. Als diese sich jedoch zu einem Rendezvous mit Botho trifft und Sultan durch Bellen zeigt, dass er sie auf ihrem Spaziergang begleiten will, lehnt Lene dies ab: „Nein, wenn er hier ist, hab ich dich nur noch halb.“[89] Sie möchte ungestört Zeit mit Botho verbringen und entscheidet sich in dieser Situation gegen den Hund, der ihr sonst immer treu zur Seite stand. Es wird deutlich, dass die Liebe vom Hund zum Menschen bedingungslos ist. Andersherum steht aber immer der Gedanke an die situative ‚Funktion‘ im Vordergrund. Der Mensch nutzt die Liebe zum Tier, wenn er sie braucht. Auch für Angela Isenberg ist die Tierliebe in den Romanen als Kompensation zu verstehen, die über Entfremdung hinwegtrösten soll[90]. Dies wird in Bezug auf Rollo im Roman Effi Briest wie auch bei Sultan in Irrungen, Wirrungen ersichtlich.

[...]


[1] Vgl. Schwarzer, Anke: „Kolonialismus. Wo der Kaiser seine Schutztruppen verabschieden ließ.“ http://www.zeit.de/hamburg/politik-wirtschaft/2015-07/hamburg-kolonialzeit-deutsch-suedwest-baakenhafen [Zugriff am: 06.10.2015]

[2] Vgl. Schulz, Matthias: Das 19. Jahrhundert (1789-1914). Grundkurs Geschichte. Stuttgart: Kohlhammer 2011. S. 13-26.

[3] Schulz, Andreas: Lebenswelt und Kultur des Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert. München: Oldenbourg 2005. S. 1.

[4] Ebd.

[5] Vgl. ebd.

[6] Marx, Karl: Manifest der Kommunistischen Partei. Stuttgart: Reclam 1989. S. 11-12.

[7] Schivelbusch, Wolfgang: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt/M.: Fischer 2011. S. 35.

[8] Vgl. ebd. S. 39.

[9] Ebd. S. 38

[10] Frühwald, Wolfgang: „Du bist die Hexe Loreley. Erfahrungswandel am Beginn der Moderne.“ In: Das 19. Jahrhundert. Aufbruch in die Moderne. Hrsg. von Walter Buckl und Paul Geyer. Regensburg: Pustet 1996. S. 15.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Haberkorn, Heinz: Anfänge der Fotografie. Entstehungsbedingungen eines neuen Mediums. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1981. S. 123-124.

[13] Vgl. ebd. S. 125-128.

[14] Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München: Beck 2009. S. 85.

[15] Vgl. Speitkamp, Winfried: Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam 2005, 2014. S. 9.

[16] Aufgrund der in den Romanen vorzufindenden Vielzahl an Motiven, Symbolen und Darstellungen in Verbindung zum Kolonialismus, wurde das erste Unterkapitel des 3. Kapitels noch einmal in drei Teile gegliedert.

[17] Vgl. Unbekannter Verfasser: [Art.] „Kolonialismus“. In: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze-Personen-Grundbegriffe. Hrsg. von Ansgar Nünning. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler 1998. S 268.

[18] Daus, Ronald: Die Erfindung des Kolonialismus. Wuppertal: Hammer 1983. S. 9.

[19] Vgl. Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. München: Beck 1995. S. 9-15.

[20] Vgl. Nonn, Christoph: „Die Europäisierung der Welt.“ In: Das 19. und 20. Jahrhundert. Orientierung Geschichte. Hrsg. von Achim Landwehr. Paderborn: Schöningh 2007. S. 13.

[21] Ebd.

[22] Vgl. Daus, Ronald: Die Erfindung des Kolonialismus. S. 5.

[23] Vgl. Nonn, Christoph: „Die Europäsierung der Welt.“ S. 13.

[24] Vgl. Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. S. 16-18.

[25] Vgl. Kohler, Alfred. Neue Welterfahrungen. Eine Geschichte des 16. Jahrhunderts. Münster: Aschendorff 2014. S. 291.

[26] Gründer, Horst: Geschichte der deutschen Kolonien. Paderborn: Schöningh 1985. S. 9.

[27] Schinzinger, Francesca: Die Kolonien und das Deutsche Reich. Die wirtschaftliche Bedeutung der deutschen Besitzungen in Übersee. Stuttgart: Steiner 1984. S. 13.

[28] Vgl. Schöllgen, Gregor: Grundriss der Geschichte. Das Zeitalter des Imperialismus. München: Oldenbourg 1986. S. 1.

[29] Friedjung, Heinrich: Das Zeitalter des Imperialismus. 1. Band. Berlin: Neufeld & Henius 1919. S. 5.

[30] Stoler, Ann Laura; Cooper, Frederick: „Zwischen Metropole und Kolonie. Ein Forschungsprogramm neu denken.“ In: Kolonialgeschichten. Regionale Perspektiven auf ein globales Phänomen. Hrsg. von Claudia Kraft et al. Frankfurt/ New York: Campus 2010. S. 28.

[31] Vgl. Schulz, Matthias: Das 19. Jahrhundert (1789-1914). Grundkurs Geschichte. S. 256-257.

[32] Vgl. Osterhammel, Jürgen: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen. S. 11.

[33] Vgl. Gall, Lothar: Europa auf dem Weg in die Moderne. 1850-1890. München/Wien: Oldenbourg 1984. S. 19.

[34] Vgl. Reinhard, Wolfgang: „Das koloniale Interesse.“ In: Der Aufbau der Kolonialreiche. Hrsg. von Matthias Meyn, Manfred Mimler et al. München: Beck 1987. S. 1-4.

[35] Conrad, Sebastian: Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich. München: Beck 2006. S. 42.

[36] Vgl. Schwarz, Maria-Theresia: ‚Je weniger Afrika, desto besser.‘ Die deutsche Kolonialkritik am Ende des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften 1999. S. 26-28.

[37] Vgl. Kößler, Reinhart: „Kolonialherrschaft. Auch eine deutsche Vergangenheit.“In: Kolonialismus und Erinnerungskultur. Die Kolonialvergangenheit im kollektiven Gedächtnis der deutschen und niederländischen Einwanderungsgesellschaft. Hrsg. von Helma Lutz und Kathrin Gawarecki. Münster: Waxmann 2005. S. 25.

[38] Bade, Klaus J.: „Imperialismus und Kolonialmission: Das kaiserliche Deutschland und sein koloniales Imperium. Die deutsche Kolonialgeschichte: Entwicklungslinien und Grundprobleme.“ In: Imperialismus und Kolonialmission. Kaiserliches Deutschland und sein koloniales Imperium. Hrsg. von Klaus J. Bade. Wiesbaden: Steiner 1982. S. 3.

[39] Ebd.

[40] Biermann, Heinrich et al.: „Epochen der deutschen Literatur. Klassik (1786–1805).“ In: Texte, Themen und Strukturen. Deutschbuch für die Oberstufe. 2. Auflage. Hrsg. von Heinrich Biermann und Bernd Schurf. Berlin: Cornelsen 1999. S. 242.

[41] Vgl. Eckert, Andreas: „Namibia – ein deutscher Sonderweg in Afrika? Anmerkungen zur internationalen Diskussion.“ In: Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg (1904 -1908) in Namibia und seine Folgen. Hrsg. von: Jürgen Zimmerer und Joachim Zeller. Berlin: Christoph Links 2004. S. 226.

[42] Bade, Klaus J.: „Imperialismus und Kolonialmission: Das kaiserliche Deutschland und sein koloniales Imperium. Die deutsche Kolonialgeschichte: Entwicklungslinien und Grundprobleme.“ S. 5.

[43] Ebd. S. 4.

[44] Vgl. ebd. S. 6-7.

[45] Vgl. ebd. S. 7.

[46] Tetzlaff, Rainer; Jakobeit, Cord: Das nachkoloniale Afrika. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2005. S. 50.

[47] Bade, Klaus J.: „Imperialismus und Kolonialmission: Das kaiserliche Deutschland und sein koloniales Imperium. Die deutsche Kolonialgeschichte: Entwicklungslinien und Grundprobleme.“ S. 4.

[48] Speitkamp, Winfried: Deutsche Kolonialgeschichte. S. 149.

[49] Ebd.

[50] Vgl. Becker, Frank: „Kolonialherrschaft und Rassenpolitik.“ In: Rassenmischehen – Mischlinge – Rassentrennung. Zur Politik der Rasse im deutschen Kolonialreich. Hrsg. von Markus A. Denzel et al. Stuttgart: Franz Steiner 2004. S. 11.

[51] Die beiden Romane werden nicht in chronologischer Reihenfolge genannt, da es bei der Auswahl der Nennung primär von Bedeutung war, welches Werk zu größeren Teilen in die Literaturanalyse einfließen wird und das ist in dieser Arbeit Effi Briest.

[52] Kestner, Dana: Zwischen Verstand und Gefühl. Romanheldinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Berlin/Boston: De Gruyter 2013. S. 332.

[53] Vgl. Helmstetter, Rudolf: Die Geburt des Realismus aus dem Dunst des Familienblattes: Fontane und die öffentlichkeitsgeschichtlichen Rahmenbedingungen des poetischen Realismus . München: Fink 1998. S. 163.

[54] Vgl. Nottinger, Isabel: Fontanes Fin de Siècle. Motive der Dekadenz in L’Adultera, Cécile und Der Stechlin. Würzburg: Königshausen & Neumann 2003. S. 23.

[55] Vgl. Baumann, Barbara und Brigitta Oberle: Deutsche Literatur in Epochen. 2. überarbeitete Auflage. Ismaning: Max Hueber 1996. S. 155.

[56] Becker, Sabina: Bürgerlicher Realismus. Literatur und Kultur im bürgerlichen Zeitalter 1848-1900. Tübingen [u.a.]: Francke 2003. S. 119.

[57] Huyssen, Andreas: Die deutsche Literatur. Ein Abriß in Text und Darstellung. Bürgerlicher Realismus. Stuttgart: Reclam 1974. S. 17.

[58] Richter, Sebastian: Digitaler Realismus. Zwischen Computeranimation und Live-Action. Die neue Bildästhetik in Spielfilmen. Bielefeld: Transcript 2008. S. 191.

[59] Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830-1900). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004. S. 94.

[60] Ebd.

[61] Jäger, Jens: „Bilder aus Afrika vor 1918. Zur visuellen Konstruktion Afrikas im europäischen Kolonialismus.“ In: Visual History. Ein Studienbuch. Hrsg. von Gerhard Paul. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2006. S. 137.

[62] Ebd. S. 136.

[63] Fiedler, Matthias: Zwischen Abenteuer, Wissenschaft und Kolonialismus. Der deutsche Afrikadiskurs im 18. und 19. Jahrhundert. Köln: Böhlau 2005. S. 91.

[64] Vgl. Parr, Rolf: „Kongobecken, Lombok und der Chinese im Hause Briest. Das ‚Wissen um die Kolonien‘ und das ‚Wissen aus den Kolonien‘ bei Theodor Fontane.“ In: Fontane und die Fremde, Fontane und Europa. Hrsg. von Konrad Ehlich. Würzburg: Königshausen & Neumann 2002. S. 218.

[65] Vgl. Suppan, Arnold: „Identitäten und Stereotypen in multiethnischen europäischen Regionen.“ In: Das Bild vom Anderen. Identitäten, Mentalitäten, Mythen und Stereotypen in multiethnischen europäischen Regionen. 2. Auflage. Hrsg. von Valeria Heuberger, Arnold Suppan und Elisabeth Viyslonzil. Frankfurt am Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften 1999. S. 13.

[66] Fontane, Theodor: Effi Briest. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag 2014. S. 48.

[67] Ebd. S. 39.

[68] Vgl. Dittmar, Gottlob: Geschichte des deutschen Volkes. Erster Band. Nachdruck des Originals von 1890. Paderborn: Europäischer Geschichtsverlag 2012. S. 167.

[69] Wikinger = andere Bezeichnung für Normannen. Andere mögliche Synomyme: Nordgermanen, Skandinavier, Norweger, Dänen. Gefunden in: Streminger, Gerhard: David Hume. Der Philosoph und sein Zeitalter. Eine Biographie. München: Beck 2011. S. 23.

[70] Vgl. Plassmann, Alheydis: Die Normannen. Erobern – Herrschen – Integrieren. Stuttgart: Kohlhammer 2008. S. 11.

[71] Vgl. Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 64.

[72] Vgl. ebd. S. 65.

[73] Vgl. ebd. S. 94.

[74] Vgl. Zuberbühler, Rolf: ‚Ja, Louise, die Kreatur.‘ Zur Bedeutung des Neufundländers in Fontanes Romanen. Tübingen: Niemeyer 1991. S. 1.

[75] Vgl. Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 101.

[76] Ebd.

[77] Vgl. Schütte, Anna Ulrike: Ein ferner Kontinent der Abenteuer und Armut. Lateinamerika in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur der Gegenwart. Frankfurt, Berlin [u.a.]: Peter Lang 2010. S. 124.

[78] Ebd.

[79] Vgl. Löchte, Anne: Johann Gottfried Herder . Kulturtheorie und Humanitätsidee der Ideen, Humanitätsbriefe und Adrastea. Königshausen & Neumann: Würzburg 2005. S. 103.

[80] Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 242.

[81] Bertels, Ursula; Bußmann, Claudia: Handbuch zur interkulturellen Didaktik. Münster: Waxmann 2013. S. 176.

[82] Arndt, Susan: „Afrikafantasien, Wörter und Wörterbücher. Tradierte Schauplätze von ‚Rassen’theorien.“ In: Deutsche Sprache und Kolonialismus. Aspekte der nationalen Kommunikation 1884-1919. Hrsg. von Ingo H. Warnke. Berlin: De Gruyter 2009. S. 293.

[83] Vgl. Rohrdantz, Lisa-Marie: Weis(s)heiten im postkolonialenDeutschland. Das Konzept des ‚critical whiteness‘ am Beispiel der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Menschen afrikanischer Herkunft und ‚Weißen Deutschen‘ in Deutschland. Frankfurt am Main: Lang 2009. S. 87-88.

[84] Fontane, Theodor: Effi Briest. S. 242.

[85] Ebd. S. 245.

[86] Vgl. ebd. S. 249.

[87] Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte 2014. S. 10.

[88] Zuberbühler, Rolf: ‚ Ja, Luise, die Kreatur‘. S.27.

[89] Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. S. 25.

[90] Vgl. Isenberg, Angela: Fremdheit und Befremdung in den Eheromanen Theodor Fontanes. S. 172.

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Kolonialismus und Grenzüberschreitungen in Theodor Fontanes Romanen "Effi Briest" und "Irrungen, Wirrungen". Eine Reise in die Kultur des 19. Jahrhunderts
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Fakultät für Kulturwissenschaften; Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
120
Katalognummer
V336393
ISBN (eBook)
9783668267121
ISBN (Buch)
9783668267138
Dateigröße
1578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kolonialismus, Rassismus, Effi Briest, Theodor Fontane, Gender, Irrungen, Wirrungen
Arbeit zitieren
Vanessa Stiebeling (Autor:in), 2015, Kolonialismus und Grenzüberschreitungen in Theodor Fontanes Romanen "Effi Briest" und "Irrungen, Wirrungen". Eine Reise in die Kultur des 19. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336393

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