Wanderung im Kreise. Ludwig Mathars Weg in die Heimat


Doktorarbeit / Dissertation, 2015

396 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Zum Forschungsstand

2. Zur Argumentationsstruktur

3. Das methodische Verfahren
3.1. Prolegomena zu den begrifflichen Systemen
3.1.1. Vorteile der Methode der begrifflichen Systeme
3.1.2. Die Vorgehensweise
3.2. Erläuterung der Schaubilder
Schaubild 1
Schaubild 2
3.3. Die begrifflichen Systeme und das Werk Ludwig Mathars
3.3.1. Die Person Ludwig Mathar
3.3.2. Das menschliche Umfeld
3.3.3. Das Dorf/Die Kleinstadt
3.3.4. Das Monschauer Land
3.3.5. Köln
3.3.6. Das Rheinland
3.3.7. Deutschland
3.3.8. Der Nationalsozialismus
3.3.9. Italien
3.3.10. Sardinien
3.3.11. Europa
3.3.12 Krieg und Religion
3.3.13. Kultur/Natur/Landschaft
3.3.14. Identität/Alterität/Grenze
3.3.15. Heimat

4. Forschungspositionen
4.1. Probleme der Begriffserforschung
4.2. Facetten des Heimatbegriffs. Eine interdisziplinärer Exkurs
4.3. Ludwig Mathars Heimatbegriff

5. Über Ludwig Mathar
5.1. Biographische Aspekte
5.2. Der Name Mathar - Eine Genealogie
5.3. Die Bedeutung des Tagebuchs „Wanderung im Kreise“ für die literarische Identitätskonzeption Ludwig Mathars

6. Zum Werk Ludwig Mathars
6.1. Die einzelnen Werke und ihre Entstehungszeit
6.2. Die Werke Ludwig Mathars zeitlich unterteilt
6.3. Titelmatrix
6.4. Zu Vorträgen, Rundfunk und Filmen
6.5. Zur zeitgenössischen Literaturkritk
6.6. Die Position Mathars innerhalb literarischer Strömungen
6.7. Ludwig Mathar, seine Zeitgenossen und die Moderne
6.8. August Sander

7. Identität und Alterität. Die vier Säulen des Heimatbegriffs anhand von exemplarischen Texten
7.1. Paradigma einer Grenzthematik - Das Monschauer Land als Ludwig Mathars primäre Heimat
7.1.1. Ludwig Mathar und die Historie des Monschauer Landes
7.1.2. Titelmatrix und Farbenanalyse des Werks
7.1.3. Über „Brautfahrt ins Venn“
7.2. Italien - Eine arkadische Utopie
7.2.1. Mathars Italienbild in „Wanderung im Kreise“
7.2.2. Über den autoreferenziellen Text „Wie ich nach Italien kam“
7.2.3. „Primavera. Frühlingsfahrten ins unbekannte Italien.“
7.3. Sardinien als Sinnbild für archaische Alterität
7.3.1. Mathars literarisches Alteritätskonzept in „Primavera“
7.3.2. Über „Die Rache der Gherardesca
7.4. Die „Welschen“ - auf der anderen Seite der Grenze
7.4.1. „Strasse des Schicksals“ - Diskurse eines Grenzlandromans
7.4.2. Identität und Alterität in
„Das heimgekehrte Eupen-Malmedy-St.Vith.
Landschaft, Volk, Kultur“

Schlußbemerkungen

Tabellarischer Lebenslauf

Anhang/Danksagung

Vorwort zur Dissertation

„Wanderung im Kreise — Ludwig Mathars Weg in die Heimat“

Werte Leserin, werter Leser, die vorliegende Dissertation von Frau Eva Mülhens verschafft einen tiefgreifenden Einblick in das Leben und Wirken ihres Großvaters Ludwig Mathar. Damit leistet sie einen wertvollen Beitrag zur Entschlüsselung dessen literarischen Werkes im historischen Kontext der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Neben der lückenlosen Dokumentation und intensiven Beleuchtung des schriftstellerischen Schaffens Ludwig Mathars, setzt sich die Dissertation auch offen und schonungslos mit den vermeintlich dunklen Seiten im Lebenslauf des Literaten aus Monschau auseinander.

Frau Mülhens zeichnet das Bild eines Mannes, der in seinen zahlreichen Erzählungen, Romanen, Reiseberichten und Landschaftsbeschreibungen stets den Blick auf das Schöne in Stadt, Land und nicht zuletzt der Heimat hervorhob.

Dem gegenüber finden sich in den Auszügen aus seinem Tagebuch eine Vielzahl an Relativierungen und fragwürdigen, fast naiven Passagen zur Schilderung der Realität des Krieges.

Die Aufschlüsselung dieses augenscheinlichen Widerspruchs zwischen dem Schriftsteller Mathar, der früh den Wert eines europäischen Miteinanders erkannte und dem mitunter völkisch argumentierenden NSDAP-Mitglied Mathar, das die Landung der Alliierten als „Anfang vom Ende“ bezeichnete, trägt ohne jeden Zweifel zum großen Wert der vorliegenden Dissertation bei.

Gleiches gilt für die Auseinandersetzung mit Begriffen wie „Heimat“, „Grenze“ oder „Identität“. Betrachten wir die großen Debatten der heutigen Zeit, den entbrannten Kampf über die Deutung ebendieser und weiterer Begrifflichkeiten, so ist vorliegende Dissertation als wichtiger, aktueller Beitrag zu verstehen. Es ist sicherlich spannend und zugleich erhellend, darüber zu sinnieren, wie Ludwig Mathar sich in die Debatte um Zuwanderung, die europäische Krise und deren Auswirkungen auf das Verständnis der genannten Begrifflichkeiten im Jahre 2016 eingebracht hätte.

Betrachten wir überdies sein Werk, so stellen wir fest, dass Ludwig Mathar nicht nur mit Stolz auf die Schönheit seiner Heimat und anderer Regionen blickte, sondern das ländliche Gebiet auch als wichtigen ökonomischen Faktor für die Prosperität des Staates erkannte. Projiziert auf die heutige Zeit scheint die Annahme, er hätte sich aus innerer Überzeugung für regionale, ländliche Wertschöpfung und Entfaltungsmöglichkeiten eingesetzt, nicht allzu weit hergeholt.

Auch vor diesen Hintergründen ist die Dissertation aktuell und den Horizont facettenreich erweiternd.

Ich wünsche Ihnen eine anregende, lehr- und aufschlussreiche Lektüre und gratuliere Frau Mülhens zu diesem monumentalen Stück Zeitgeschichte und der wertefreien sowie detaillierten Zeichnung des Bildes einer nur schwer einzuordnenden Persönlichkeit.

Charles SERVATY

Mitglied des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens Stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Bütgenbach

Einleitung

„Kommt alle mit mir, ihr Wanderer, ihr Sucher, und schauet die Wunder der Heimat!“ aus „Wunder der Heimat“, Ludwig Mathar, 19291

Anregung für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Ludwig Mathar und seinem Werk gab Gertrude Cepl-Kaufmanns Vortrag: „Ludwig Mathar (1882-1958), Das Rheinland und Italien“2an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie wies darauf hin, dass für Mathar weder eine vollständige Bibliographie noch eine vollständige Biographie existiere; die Einordnung seiner Werke in literarische Gattungen sei umstritten.

Ein erster Blick auf das umfangreiche Werk, die Lebensdaten und die Sekundärliteratur führte zu der Erkenntnis, dass Ludwig Mathar sich nicht nur im Rheinland, sondern auch in der Eifel, in der Wallonie/in Frankreich und in Italien heimisch fühlte, wie seine literarischen Landschafts- und Kulturbilder der genannten Regionen zeigen. Daher ist es zum besseren Verständnis seines Werkes vonnöten, den sich in seinen Werken zeigenden differenzierten Heimat- und Identitätsbegriff genau herauszukristallisieren.

Der Gegenstandsbereich dieser Arbeit erstreckt sich über zwei miteinander verbundene Untersuchungsfelder: Die Intention ist einerseits, das in Vergessenheit geratene Werk ausführlich vorzustellen und in Kontext zu Zeit und Zeitgenossen zu stellen; andererseits auf einige exemplarische Texte detailliert einzugehen und eine tiefere Analyse derer, insbesondere im Hinblick auf die Begriffe „Heimat“ und „Identität“/„Alterität“ vorzunehmen.

Bei der Vielzahl und Vielfalt an Werken kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden, dennoch soll das breitgefächerte Spektrum von Ludwig Mathars Werk zur Geltung kommen. In Mathars Werken erkennt man eine äußerst profunde Bildung in Geschichte, Geographie, Kunst und Architektur. Zugleich hat er es verstanden, die Bewohner von Eifel und Wallonie (und vielen anderen) ebenso liebevoll wie treffend zu charakterisieren. Eine genaue Beschreibung von Land und Leuten - wie durch eine Fotolinse betrachtet - kennzeichnet seinen Stil. Bei den beschriebenen Gebieten handelt es sich um:

- Das Monschauer Land -Die Wallonie -Die Moselregion -Köln und den Niederrhein
- Italien, im Speziellen die Stadt Rom und die Insel Sardinien

Insbesondere die Bevölkerung des Monschauer Landes lädt zum direkten Vergleich mit den belgischen und holländischen Nachbarn ein, die Analyse der Begriffe „Identität“ und „Alterität“ in Verbindung mit dem Begriff „Grenze“ stellt ein interessantes Sujet im Hinblick auf das Schaffen Mathars dar.

Auf die Positionierung als „rheinischer Dichter“ soll in dieser Arbeit nur kurz eingegangen werden, da detaillierte Ausführungen zu diesem Thema den gesteckten Rahmen sprengen würden.

Jedoch wird das Werk im Zusammenhang mit seinem Umfeld betrachtet und es werden biographische und inhaltliche Vergleiche gezogen zu anderen Autoren der Region wie beispielsweise Josef Ponten.

Die historischen Gegebenheiten während Ludwig Mathars Schaffenszeit - beginnend mit der Zeit Wilhelms II., endend in der Nachkriegszeit - zeichneten sich durch extreme politische und kulturelle Umwälzungen (1 .Weltkrieg, Weimarer Republik, NS-Zeit, Nachkriegszeit) und Territorialverschiebungen aus. Es ist zu prüfen, wie historische Gegebenheiten und der Zeitgeist in seine literarische Produktion eingeflossen sind, und was die Gründe dafür waren. Die politische Einordnung von Mathars Texten während der Herrschaft der Nationalsozialisten wird ebenfalls eine Rolle spielen, um festzustellen, inwiefern die zu dieser Zeit herrschenden speziellen Verhältnisse sich auf das sich im Werk widerspiegelnde Verständnis von Heimat und Identität ausgewirkt haben, ob Veränderungen stattgefunden haben und warum.

Die Herangehensweise einer Aufteilung in Identität und Alterität wurzelt in einer Idee von Cepl-Kaufmann: Als „primäre Heimat“ Ludwig Mathars werden die beiden Pole Monschauer Land und Italien bestimmt (wobei Italien als „geistige Wahlheimat“ zu betrachten ist), da Mathar an beiden Orten Abschnitte seiner Jugend verlebte und sich mit beiden Gebieten identifizierte.

Die entsprechenden Gegenpole sind einerseits die französischsprachige Bevölkerung und deren Kultur in Belgien und Frankreich sowie Sardinien als Sinnbild für das Pure, Ursprüngliche, Unverfälschte im Gegensatz zu Italien als „Kulturlandschaft“.

Zielsetzung ist es, die Faktoren, welche zu einer literarischen Identifizierung Ludwig Mathars mit einer Landschaft führten, wie er sie sich literarisch zu eigen machte, und wie sich dies in seinen Werken äußerte, zu eruieren. Begriffe wie beispielsweise Natur, Religion, Kulturhistorie und Politik spielen eine Rolle, welche zu untersuchen ist.

Eine homogene Definition der Begriffe „Heimat“ und „Identität“ gibt es nicht, sie ist individuell von Mensch zu Mensch verschieden zu betrachten, auch die wissenschaftlichen Definitionen gehen weit auseinander, quer durch räumliche und soziale Dimensionen bis hin zum utopischen Nicht-Ort.

Aber es existieren Verbindungen zwischen bestimmten Gruppen von Menschen die deren Kategorisierung als Gruppe erst möglich machen. Anhand des Beispiels von Ludwig Mathar sollen jene Verbindungen bestimmt werden. Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind „Heimat“ und “Identität“ im Hinblick auf das Werk Ludwig Mathars. Der Heimatbegriff in Mathars Texten wird unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert und zusätzlich in einem Exkurs mit den gängigen Theorien der Heimatforschung verglichen.

Da Problematisierungen von Heimat und Identität zu den zentralen thematischen Auseinandersetzungen in Ludwig Mathars Texten zählen, gilt es, der Untersuchung eine kulturwissenschaftliche Reflexion und sprachliche Analyse des Begriffes voranzustellen, um eine methodische Auswertung überhaupt erst zu ermöglichen. Die Frage, ob die bei Mathar Heimat und Identität generierenden Faktoren heute noch Gültigkeit haben, ist es ebenfalls wert, darüber zu reflektieren.

1. Zum Forschungsstand

Die Forschungslage zu Ludwig Mathar ist desolat.

Lediglich in dem Band „Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller.“3, anlässlich einer Werkausstellung zum 50. Todestag in der Universitätsbibliothek Köln findet sich wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Sekundärliteratur. Die beiden relevanten Texte sind:

Willehad Eckert: Ludwig Mathar, ein rheinischer Dichter Gertrude Cepl-Kaufmann: Ludwig Mathar (1882-1958), Das Rheinland und Italien Im Text von Eckert geht es um Ludwig Mathars Identität als rheinischer und als katholischer Schriftsteller, um den Heimatbegriff und die häufig in Mathars Werk vorkommenden Topoi Flucht und Versöhnung. In Cepl-Kaufmanns Text wird neben biographischen Aspekten das Italienbild von Mathar analysiert und in Kontext zum Rheinland gesetzt.

Darüber hinaus existieren mehrere Artikel in der Schriftreihe „Das Monschauer Land“4 sowie die unveröffentliche Magisterarbeit „Ludwig Mathar. Abriss seines Gesamtwerks sowie sein Roman ,Herr Johannes’“5 von Charles Servaty, entstanden 198í)6 an der Universität Leuven.

Dort geht es um biographische Aspekte - insbesondere in Verbindung mit den bereits genannten geographischen Polen und um den besagten Roman. Erstmals wird für diese Dissertation eine komplette Bibliographie von Primär- und Sekundärliteratur zu Ludwig Mathar sowie eine ausführliche Biographie vorgestellt.

Detaillierte Angaben zur vorhandenen Sekundärliteratur, die vollständige Bibliographie, eine Liste der vorhandenen Briefe an und von anderen Autoren, Kopien und Faksimiles diverser schriftlicher Zeitzeugnisse finden sich im Anhang.

2. Zur Argumentationsstruktur

In dieser Untersuchung werden aus einer einerseits historischen, andererseits diskursiven Perspektive paradigmatisch anhand von Ludwig Mathars Leben und Werk die Begriffe „Heimat“ und „Identität“ anhand von hierfür relevanten Faktoren - respektive Unterbegriffen - analysiert.

Die wichtigste Grundfrage ist: Welches Heimat-/Identitätskonzept verwendet Mathar in seinen Texten und wie ist dieses innerhalb der einschlägigen Forschung einzuordnen?

Weitere relevante Fragen - an exemplarischen Texten zu beantworten - sind: Welche Faktoren führen bei Ludwig Mathar zur Identifikation mit einer Landschaft/einem Land? Wie wird diese gestaltet? Wie positioniert er diese in seinen Texten? Welche Funktion übernimmt sie und welche weiteren Begriffe werden hieran geknüpft? Welche intertextuellen Bezüge ergeben sich im Hinblick auf das Gesamtwerk?

Und schließlich: Wie wird das Ganze literarisch realisiert? Anhand welcher Faktoren konstruiert er Heimat in seinen Werken? Dies ist unter anderem aufzuzeigen anhand des Gegensatzpaares „Identität/Alterität“.

Diese Herangehensweise schält den Begriff Heimat heraus und füllt ihn mit Leben. Grenzen sichern diese Region, durch Überschreitung einer Grenze wird die Heimat erweitert. So ergibt sich jenseits ein ganz eigenes, in jedem Fall anders zu erlebendes Gebiet. Zu fragen ist demnach: Wie füllt er den Begriff Heimat/Identität und was grenzt er davon ab?

Das Erkenntnisziel ist, die These zu belegen, dass es bei Ludwig Mathar bestimmte unveränderliche Faktoren gibt, die dazu führen, dass er eine Landschaft als seine Heimat ansieht und sich damit identifiziert, was er in seinen Werken literarisch darstellt.

Folgende Untersuchungsmethode ergibt sich aus diesen Voraussetzungen: Als Erstes wird das methodische Verfahren erläutert. Es wird die Beschaffenheit der „begrifflichen Systeme“ eruiert und die Art der konkreten Anwendung auf Mathars Texte dargelegt.

Die für die Begriffe “Heimat” und “Identität” relevanten Unterbegriffe beginnen mit der kleinsten Einheit „Die Person Ludwig Mathar“ und enden bei den Ziel­Begriffen „Identität/Heimat“, um deren Zusammenhänge zu erklären.

Nach der Biographie und der zeitlichen und räumlichen Positionierung werden zur Untermauerung ausgewählte Auszüge aus Ludwig Mathars Tagebuch „Wanderung im Kreise“7 reflektiert und kommentiert, um eine Innenansicht vom Leben und vor allem vom Werk des Autors zu erhalten. Im Anschluss wird die Herkunft des Namens „Mathar“ erläutert, um seine wallonische Herkunft eindeutig zu belegen.

In dem Abschnitt „Die einzelnen Werke und ihre Entstehungszeit“, in dem zunächst eine entsprechende Einteilung und Kategorisierung vorgenommen wird, werden die Werke mit ihrer Entstehungszeit aufgeführt, tabellarisch dargestellt und untersucht, um eine zeitliche Orientierung und Übersicht zu schaffen und um Muster in den Themen und vorkommenden Begriffen herauszuarbeiten.

Schließlich werden in Form einer Titelmatrix die vorkommenden Themen und deren Häufigkeit analysiert. Bei diesem Abschnitt geht es darum, eine detaillierte Werksliste zu erstellen, Muster zu erkennen, Themen und deren Gewichtung zu bestimmen. Der Vollständigkeit halber und um die Vielfalt von Mathars künstlerischem Spektrum zu verdeutlichen, werden im Anschluss noch die Vorträge und Filme aufgeführt.

Im nächsten Abschnitt wird das Verhältnis der zeitgenössischen Literaturkritik zu Mathars Werk analysiert und dieses literaturgeschichtlich eingeordnet, um sich dann der Frage zu widmen, inwiefern er welchen literarischen Strömungen zuzuordnen ist und ob er den typischen Richtungen seiner Zeit entspricht.

Das künstlerische Umfeld wird im Anschluss vorgestellt, um im Zuge dessen eine Analyse von Mathars Selbstverständnis und Rolle als Künstler/Schriftsteller vorzunehmen.

Sodann erfolgt ein inhaltlicher Schnitt und es beginnt die konkrete Textanalyse: „Identität und Alterität. Die vier Säulen des Heimatbegriffs anhand von exemplarischen Texten“.

In diesem Abschnitt werden die besonders wichtigen Landschaften „Das Monschauer Land“, „Italien“, „Sardinien“ und „Die Wallonie/Frankreich“ inklusive der dort residierenden Bevölkerungsgruppen exemplarisch für Heimatkonzepte, Identität und Alterität ausführlicher untersucht. Hierbei wird angenommen, dass die Eifel für die „primäre Heimat“ steht, mit dem Gegenpol „Wallonie“ als

Beispiel für Alterität und Italien als geistige Wahlheimat zum ursprünglichen Sardinien eine Opposition bildet.

Der Teilabschnitt „Paradigma einer Grenzthematik - Das Monschauer Land“ belegt zunächst die Relevanz der Region für Mathars Heimatbegriff und setzt die Historie des Gebiets mit seinem Werk in Beziehung. Dann wird eine Analyse des Tagebuchs bezüglich des Monschauer Landes vorgenommen, um die entscheidenden Faktoren diesbezüglich herauszuarbeiten. Schließlich wird durch eine Titelmatrix, eine Farbenanalyse und die detaillierte Auswertung der Erzählung „Brautfahrt ins Venn“8nach den für Identifikation/Heimat entscheidenden Inhalten und Faktoren in Mathars Oeuvre geforscht.

Im Teilabschnitt „Italien - Eine arkadische Utopie“ wird die Funktion Italiens definiert durch Auswertung des Tagebuchs „Wanderung im Kreise“ und des autobiographischen Textes „Wie ich nach Italien kam“9sowie der Untersuchung des Textes „Primavera - Frühlingsfahrten ins unbekannte Italien“10.

Der Teilabschnitt „Die Insel Sardinien als Sinnbild für archaische Alterität“ bestimmt die Rolle Sardiniens in Ludwig Mathars Werk anhand des historischen Romans „Die Rache der Gherardesca“11.

Der nächste Teilabschnitt „Die ,Welschen‘ -auf der anderen Seite der Grenze“ analysiert die Bedeutung der Wallonie und Frankreichs für Ludwig Mathars Leben und Schaffen. Dazu werden die Texte „Strasse des Schicksals“12und „Das heimgekehrte Eupen - Malmedy - St. Vith“13analysiert.

Die oben genannten Texte wurden ausgewählt, weil sie sich intensiv mit der entsprechenden Landschaft auseinandersetzen und weil verschiedene Gattungen (um einige Beispiele zu nennen: Kurzgeschichte, Novelle, Reisebericht, historischer Roman, fiktionaler Roman und Lyrik) und Zeitabschnitte abgedeckt werden. Zudem sind alle beispielhaft für Ludwig Mathars Menschenbild, sowie sein Religions- und Kunst-/Kulturverständnis.

In der Konklusio werden Zusammenhänge der genannten Themenfelder eruiert, um abschließend die Erkenntnisse zusammenzufassen.

Die vorliegende Arbeit besteht somit aus drei Haupt-Teilen:

Der Methodenteil

Die Vorstellung Ludwig Mathars als Mensch und Autor

Die Analyse ausgewählter exemplarischer Texte, insbesondere im Hinblick auf die Begriffe “Landschaft”, „Heimat“ und „Identität“.

Im Anhang finden sich außerdem ein tabellarischer Lebenslauf sowie ein ausführliches Quellenverzeichnis.

3. Das methodische Verfahren

3.1. Prolegomena zu den begrifflichen Systemen

3.1.1. Vorteile der Methode der begrifflichen Systeme

Die im Folgenden angewandte Methode ist die Geeignetste, da bei Mathar ebenso zahlreiche wie verschiedene Begriffe Vorkommen (beispielsweise Utopie, Natur, Religion und Ideologie), deren Verbindungen es zu analysieren gilt.

Die Definition der Begriffe und die Analyse der Zusammenhänge legt eine vom Konkreten ins Abstrakte verlaufende Untersuchung nahe. Der lange Zeitraum von Mathars Schaffen und die unterschiedlichen, von stetigem Wandel bestimmten Zeiten laden zu einer Betrachtungsweise ein, die eine historische Perspektive nicht außer Acht lässt.

3.1.2. Die Vorgehensweise

Es werden zunächst Start und Ziel der Untersuchung festgelegt, das heißt, zu analysierende Begriffe bestimmt, die anfangs konkret sind und sich dann auffächern von der kleinsten Einheit - Ludwig Mathar - bis hin zu den abstrakten Ziel-Begriffen „Landschaft“, „Identität“, und „Heimat“.

Auf diese Weise kann man eine Verbindung zwischen einer Person und einem oder mehreren abstrakten Begriffen herstellen. Umgekehrt kann man jeden übergeordneten Begriff und sein Verhältnis zu einer bestimmten Person darstellen.

Nun gilt es, Begriffe im Leben und Werk ausgehend von Mathar bis hin zu den Überbegriffen “Landschaft”, „Identität“ und „Heimat“ herauszuarbeiten.

Sodann werden die Begriffe im Kontext ihrer Entwicklung und historischen Bedeutungswandel möglichst genau definiert, um festzustellen, welche davon auf Mathar zutreffen.

Zielsetzung ist: Über alle beschriebenen Begriffe soll die literarische Konstruktion von Mathars Identitäts- und Heimatbegriff definiert werden.

Die Kriterien, nach welchen die Begriffe festgelegt wurden, sind Folgende: Wenn wir ausgehend von einer Person - dem Schriftsteller Ludwig Mathar - als Ziel den Heimatbegriff festlegen, kristallisieren sich nach einem Blick auf die Titelmatrix bestimmte Begriffe heraus wie Landschaft, Kultur, Religion sowie diverse Regionen (beispielsweise Mosel, Wallonie, Eifel, Italien). In Verbindung mit den Fixpunkten der Biographie lässt sich nun ein Kette von Begriffen aufstellen.

Konkret heisst das: Ludwig Mathar, die Familie, Freunde, das Umfeld, das Rheinland/die Eifel, dann Deutschland, Italien und die Wallonie, Europa, schließlich Landschaft im Allgemeinen (inklusive der wichtigen Unter-Begriffe Natur, Kultur und Religion) und Heimat und Identität als übergeordneten Begriffen.

Als sich gegenüberstehende Haupt-Begriffe sind hier “Heimat/Identität” und “Fremde/Alterität” zu nennen, getrennt durch den Begriff der „Grenze“.

Die folgenden beiden Schaubilder sollen einen Überblick über die Methode der begrifflichen Systeme geben, zunächst abstrakt und allgemein, dann konkret zu dem in dieser Arbeit untersuchten Thema.

Im ersten Schaubild ist das allgemeine Schema zu sehen, am Ausgangspunkt sieht man die Person, die kleinste Einheit, von welcher ausgegangen wird. Ganz unten sind die Begriffe zu finden, denen sich durch die Analyse angenähert werden soll. Nun werden der Reihe nach, immer abstrakter werdend, die Begriffe „Umfeld“, „Region“, „Land“, „Politik“, „Religion“, „Natur/ Landschaft“ bis hin zu „Identität/Heimat“ im Hinblick auf das entsprechende Thema hin untersucht. Hierbei sind die verwendeten Begriffe immer jeweils im nächsten enthalten, beispielsweise ist eine Region immer Teil eines oder mehrerer Länder.

Diese Untersuchung erlaubt eine Vernetzung der an einem Prozess der Annäherung an eine Region aktiven Elemente. Vermieden wird eine narrative Darstellung des Lebens und des Lebenswerkes des hier zu behandelnden Autors.

Im zweiten Schaubild wird das Prinzip nun von dem Ausgangspunkt „Ludwig Mathar“ bis hin zu den Oberbegriffen „Heimat“ und „Identität“ weitergeführt.

Die hier verwendeten Begriffe wurden ausgewählt aufgrund ihrer Relevanz für die Konstruktion von Identität und dadurch die Genese von Heimat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3. Die begrifflichen Systeme und das Werk Ludwig Mathars

Wie zuvor bereits verlautet, gilt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit den konstituierenden Faktoren der persönlichen, vor allem aber der literarischen Identität Ludwig Mathars. Die Intention dieses Teils der Arbeit wird somit sein, ebenjene Erfahrungsfelder Mathars zu erforschen, die für die nachdrücklichsten Einflüsse auf Leben, Identität und vor allem den Heimatbegriff im Werk verantwortlich zeichnen. Beginnend mit der Person Ludwig Mathar, verbunden mit dem Begriff „Familie“ beginnt die Analyse.

3.3.1. Die Person Ludwig Mathar

Hier soll im konkreten Fall eine Person als Individuum mit eigenen Eigenschaften/Identitätskriterien verstanden werden, die sie von der Gemeinschaft abgrenzen. Es ist also eine Dualität von einem „Ich“ im Gegensatz zu den „Anderen“ zu betrachten.

Eine andere Sichtweise ist beispielsweise die - besonders in radikalen politischen Systemen wie dem Nationalsozialismus oder dem Kommunismus vertretene Ansicht, dass der Stellenwert des Individuums deutlich geringer sei als der des Kollektivs.

Mathar hingegen versteht sich zwar primär als Individuum, insbesondere in seiner Eigenschaft/seinem Selbstbild als Dichter, gleichzeitig sieht er sich als bestimmten Gruppierungen zugehörig, er ist zum Beispiel Monschauer, Eifeler, Katholik:

...als ein Monschäuer, d.h. als ein Schildbürger, ein Wandergesell, ein Allerweltsschalk, ein Erdenträumer und Sternengucker, als einer, der erst am neunten Tage sehend, im dritten Jahre laufend wird, erblickte ich dieses Tuchmacher-Städtchens schelmisch-heitere, kirmeslustige, trink- und tafelfreudige Bürgerlichkeit.“ [...] Vielleicht verzeihen es mir die Allzugestrengen dann doch, daß ich nichts anderes als ein Eulenspiegel vom Hohen Venn, als ein schreibseliger, spottsüchtiger Schildbürger, mit einem Wort ein trotz oder gerade wegen weiterer Reisen nach Rom, London und Paris unverfälschter Monschäuer geblieben war und geblieben bin. Sackerlot! Was kann man schließlich dafür, daß man den Vennbach nicht vergißt, in dem man die ersten Forellen sozusagen gewildert hat, die alte Burgruine, in der man „Räuber und Gendarm“ gespielt hat, die Rektoratsschule, die einem lateinfremden Hirn amo, amas, amat eingepaukt, einem unsäglichen Hosenboden Fleiß und Beharrlichkeit in Mathematik und ähnlichem Teufelswirrsal eingebläut hat, die sausenden ratternden Webstühle, die geheimnisvollen Indigoküpen, die höllisch stampfenden Walken, die mit prallem glatten Tuch bespannten Rahmen!14

Ludwig Mathars persönliches und literarisches Selbstbild, welches sich in all seinen Werken deutlich manifestiert, zeigt sich hier deutlich: Mathar sieht sich als Bewohner seiner Heimatstadt (eines seiner liebsten literarischen Sujets), als der Landschaft zugehörig, als Teil der Bevölkerung. Darüber hinaus gehört er zur Kultur seiner Stadt, ein Bildungsbürger, weit gereist, aber bodenständig, was in seine literarischen Produktionen mit einfliesst.

Mathar entwickelt sich persönlich und literarisch vom begabten Novizen, der schon in jungen Jahren eine starke Verbundenheit mit Natur und Kultur fühlt, zum weltläufigen Dichter, der dennoch immer wieder zu seinen Wurzeln zurückfindet.

3.3.2. Das menschliche Umfeld

Ausgehend von der zuvor vorgenommenen Einordnung ist das menschliche Umfeld Ludwig Mathars unterteilt in: Familie, Bürger der Kleinstadt Monschau und Menschen aus dem künstlerischen Umfeld.

Das literarisch umgesetzte Familienbild Mathars spiegelt im wesentlichen sein eigenes. Betrachten wir die Kurzgeschichte „Brautfahrt ins Venn“, die im Folgenden noch Gegenstand einer dezidierten Analyse sein wird, ergibt sich ein konservatives, respektvoll distanziertes (die Eltern werden zum Beispiel von den Kindern gesiezt), aber von tiefer Liebe und Treue geprägtes Verhältnis der Familienmitglieder.

Wenn man von Mathars Familie spricht, ist es sinnvoll, mit der Mutter zu beginnen:

11 Uhr abends stirbt meine liebe, treue, aufopfernde Mutter Maria geb. OSLAENDER - Ihr verdanke ich alles, was ich bin!15

Dieser Tagebuch-Eintrag spricht für sich. Treue und Hingabe sind die primären Eigenschaften in Mathars Vorstellung von Familie. Tritt eine Tragödie ein, zeigt sich eine starke Verbindung zwischen den Begriffen Familie und Religion, beispielsweise hier:

Um 21 Uhr abends stirbt unsere geliebte Tochter Maria Theresia MATHAR

Sie stirbt an toxischem Scharlach und Gehirnhautentzündung (Meningitis). Alle Bemühungen des Arztes waren umsonst. Letzte Ölung durch Rektor GROSS.

(...)

Herr, dein Wille geschehe! Fahr wohl fromme Seele!16

Der Tod der Tochter ist nur durch den Gedanken an ihre Erlösung zu ertragen. Das Heilsversprechen der Religion füllt die durch den Verlust entstandene Leere.

Der Begriff „Dorf“, bzw. „Kleinstadt“, - in diesem Fall Monschau - stellt die nächstgrößere Einheit dar: Die Monschauer, die Mathar besonders am Herzen lagen, wie er beispielsweise in seinem Text „Wie ich nach Italien kam“ anschaulich beschreibt:

An der Wiege ward's mir nicht gesungen. Im Städtchen Monschau, weit hinten an des Deutschen Reiches westlichster Grenze. Das war so lustig, so schön im engen Tal, an der rauschenden Rur, im Kreise der unendlichen Heiden und Wälder des Hohen Venns. Das war so voller Schalke und Schelme. So voller spaßfröhlicher Tuchmacher, vom Gazauenweber und Färbersknecht bis zum Buchhalter und Fabrikanten. So voller kernfester Fuhrleute, behaglicher Kleinbürger, vom Buchbinder bis zum Stadtrat und Apotheker, vom »Napoleön- chen« und »Kuraschewellem« bis zum hitzigen Ferdinändchen und roten Christöffelchen. Daß ein mit Luchsaugen lugender, mit Fuchsohren lauschender, in allen Gassen und Winkeln, in allen Läden und Werkstätten erfahrener, vorwitziger, vorlauter, unverbesserlicher Springinsfeld und Hans Dampf, wie dieser quecksilbrige Sohn des Buchhalters und der Handwerkerstochter, dieser Freund der Fuhrleute und Weber, der Buchbinder und Kupferschläger, schon in diesem bienenemsigen, weltentlegenen Rur- und Vennstädtchen genug zur Augenweide und Herzensfreude hatte.17

Detailliert charakterisiert Ludwig Mathar hier und in zahlreichen anderen Schriften mit einem Augenzwinkern das besondere Wesen der Bürger seiner Heimatstadt, das auch ihn selbst als geborenen Monschauer stark geprägt hat. Somit ist sowohl seine Persönlichkeit als auch sein Werk von den Bürgern der Stadt Monschau bestimmt.

Der für Mathars Werk relevante Begriff der „Grenze“ wird gleich im zweiten Satz genannt. Für Mathar ist die Grenze von frühester Jugend an präsent, sein Verständnis sieht einen Grenzbegriff vor, der traditionell sowohl territoriale Bedrohung, als auch Bereicherung der Kultur vorsieht. Die Natur stellt ein völkerverbindendes Element dar sowie eine Konstante, die bleibt, selbst wenn die Grenze sich verschiebt.

Wie viele Kleinstädte war Monschau wirtschaftlich spezialisiert, eine Tuchmacherstadt. Mathar nimmt auf die Industriekultur seiner Heimat in zahlreichen Werken, insbesondere aber in dem Roman „Das Glück der Ölbers“18Bezug, der von der realen Geschichte der Tuchmacherdynastie

Scheibler aus Monschau inspiriert war: Ein Gutteil von Ludwig Mathars literarischem Werk handelt in und von Monschau, in seinen letzten Lebensjahren wandte er sich ausschließlich der Heimatgeschichte zu. Dazu schrieb Willehad Eckert:

Monschauer ist er von Herkunft. Von hier ging er aus, hierhin kehrte er zurück. Mit seinen historischen Studien trug er zur Aufhellung der Geschichte seiner Heimat bei. Die Stadt und ihr Umland erschloß er sich durch seine Wanderungen. In ,Wunder der Heimat. Ein Führer durch Monschau und Umgebung/ erschließt er dem Leser die Schönheiten der engeren Heimat. Sein erster Roman ,Die Monschäuer‘, ebenso wie ,Das Glück der Ölbers‘ geben Einblick in Glanz und Elend der Monschauer Tuchindustrie. Auch andere Romane und Erzählungen kreisen um Monschau und das Hohe Venn.19

Seine Heimatstadt und erste Inspiration blieb für immer in seinem Bewußtsein verankert und wurde das Kernstück seiner ungezählten Wanderungen, die Landschaft war einer der wichtigsten Faktoren für Leben und Werk.

Sein Tagebuch heißt „Wanderung im Kreise“, weil es wie Ludwig Mathars Leben in Monschau beginnt und dort endet:

Monschau, das herrliche Städtchen zwischen Rur und Venn - Heimat, so lustig, so schön, ward auch ihm alles. [...] So ward denn Ludwig Mathar, der am Tage des hl. Bonifatius im segensreichen Jahr 1882 just in dem Augenblick tapfer brüllend zur Welt kam, als hochfeierlich mit Fahnen und Schellen die Fronleichnamsprozession am stattlichen Haus im Angesicht des Roten Hauses, des Monschäuer Tuchmacherpalastes, vorüberzog, ein mit allen Wassern der rauschenden Rur gewaschener, mit allen Listen der Tuchmacher geweckter, von allen Winden des Venn durchlüfteter, echter und rechter Monschäuer.

Einer von jenen unverbesserlichen Monschäuern und Kleinstadtbürgern, die erst am neunten Tage sehend, im dritten Jahre laufend werden, dann aber auch die Dummheiten der andern durch ein siebenzölliges Tannenbrett sehen.20

All dies zeigt, dass Monschau für Ludwig Mathar ein zentraler Dreh- und Angelpunkt gewesen ist. 1952 erhielt Ludwig Mathar anläßlich seines 70. Geburtstages die Ehrenbürgerschaft der Stadt Monschau erneut21.

August Sander verewigte auf diesem Bild Ludwig Mathars Eltern in einem Portrait:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Bild „Monschäuer, Kleinstädter“ entstand trotz des Namens in Mathars Garten in Köln-Lindenthal und gehörte zur Stammappe von August Sanders Auswahl „Antlitz der Zeit“ aus „Menschen des 20. Jahrhunderts“.

3.3.4. Das Monschauer Land

Dem Monschauer Land wohnt eine gewisse Dualität inne, man betrachtet die gesamte Region einerseits als umkämpften Grenzraum, wo deutsche und frankophile Kultur im Laufe der Geschichte immer wieder aufeinander prallten, andererseits als eine von beiden Bevölkerungsgruppen innig geliebte Landschaft, die Deutschland und Belgien verbindet.

Die Region Monschauer Land ist für Mathar von besonderer Relevanz und soll aufgrund dessen auch Teil der späteren, detaillierteren Untersuchung sein, da sie Ludwig Mathars primäre Heimat darstellt:

Ludwig Mathar identifizierte sich stark mit dem Raum rund ums Hohe Venn, zu dem er eine signifikante emotionale Bindung besaß, was sich in seinem Werk deutlich niederschlägt. Die Familie wurzelt in diversen Teilen des Gebietes...22

Aus diesem Zitat geht hervor, dass diese Landschaft für Mathar stark emotional besetzt war, er sich gleichsam als Teil der Landschaft betrachtete, sie war sein Ursprung. Nicht zuletzt deshalb ist es logisch, dass deren partielle Zerstörung während des Ersten Weltkriegs und die anschließende Teilung ihn schwer getroffen haben, als wäre durch den Versailler Vertrag ein Teil seiner eigenen Persönlichkeit abgetrennt worden, was sich z.B. in dem Text „Das heimgekehrte Eupen-Malmedy-St.Vith“ deutlich zeigt. Die Werke von Ludwig Mathar, die sich um das Grenzland des Hohen Venns drehen, gehören zu seinen erfolgreichsten Büchern, er verbrachte dort von Jugend an viel Zeit und kannte sich gut aus:

Aber was Ludwig Mathar über ,Das Schneiderlein vom Hohen Venn‘ an mitreißenden Natur- und Folklore-Stimmungen beschreibt, das hatte er selbst erlebt. Es gibt - auch aus wallonischer Feder - kaum eine treffendere Beschreibung des Malmedyer Karnevals als die von Ludwig Mathar in diesem Roman - einschließlich der für die Nachwelt festgehaltenen Liedertexte. ,Straße des Schicksals‘ heißt die Fortsetzung dieses Romans - gemeint ist die Straße Eupen-Malmedy. Und das romantische Kreuz der Verlobten oben an Baraque Michel hat den Dichter zu dem Roman ,Brautfahrt ins Venn‘ inspiriert. Diese drei Venn-Romane, die es immerhin auf 15000 Exemplare brachten und zwischen 1932 und 1935 bei Herder und Schöningh erschienen, haben nach den Werken von Nanny Lambrecht und Clara Viebig in ganz hohem Maße dazu beigetragen, dieser Landschaft verständnisvolle Freunde zu gewinnen, deren Augen von Mathar geöffnet worden waren für die Schönheit dieser stillen, manch anderem allerdings unheilvoll erscheinenden Landschaft.23

Die Landschaft des Hohen Venns beschrieb Mathar in seinen Texten sowohl als schön, als auch als gefährlich - die alltägliche Gefahr, die von der Natur ausging, z.B. durch Katastrophen wie Großbrände oder die Gefahr des Versinkens im Hochmoor, die er in der Kurzgeschichte „Die Torfstecher“24 eindringlich schildert: Die Landschaft ist einerseits Ernährerin, sorgt durch das Torf für den Lebensunterhalt, das Stechen desselben kann aber jederzeit tödlich enden, Leben und Tod liegen somit nah beieinander.

Der Krieg ist ebenfalls präsent, allein durch die Tatsache, dass ein Teil der Region nach dem Ersten Weltkrieg Belgien zugesprochen wurde. Ein Blick in die zeitgenössische Literaturkritik zeigt, dass der Verlust des Gebietes nach dem Ersten Weltkrieg in der Öffentlichkeit lokal häufig diskutiert wurde:

Ludwig Mathar hat durch seine zahlreichen Volkserzählungen und Romane seine Befähigung schon längst nachgewiesen; neuerdings wieder durch zwei Werke, die im Malmedyer Land und im Hohen Venn spielen. Die Schicksale des Schneiders Michel Schmitz und seiner Kinder, wie sie sich um die Baraque Michel, die Michelshütte auf der alten preussisch-belgischen Grenze, gestalten, bilden den Gegenstand der beiden Romane, in denen Geschichte, eine sittliche Leitidee, vielerlei Menschenwege zu einer durch Natur, Landschaft und Mensch gestalteten Handlung verknüpft werden, die uns heute darum besonders gegenwartsnah erscheint, weil sie ein geraubtes Grenzland zum Schauplatz hat, auf das kein Freund des Eifeler Landes jemals verzichten möchte.25

In diesem Zitat ist klar die damalige Sichtweise auf das Monschauer Land, auf ein „geraubtes Grenzland“ zu erkennen, welches mitnichten als Kollateralschaden des Krieges betrachtet wurde, sondern als herber Verlust und Ungerechtigkeit aus deutscher Perspektive. Aber auch als Metapher auf die Natur selbst mit ihren ambivalenten, segensreichen wie furchteinflößenden Eigenschaften.

Für Mathar ist das Venn ein Teil von ihm und umgekehrt, hier ist er groß geworden, hier kehrte er zum Ende seines Lebens hin zurück, hier spielen sich seine aus dem Leben gegriffenen Romane und Erzählungen ab, denn:

Im Mittelpunkt der frühen Romane Ludwig Mathars steht seine Heimat am Hohen Venn. Mathar war kein ,Dichter‘ im wörtlichen Sinne: Er erfand keine Handlungen, sondern bediente sich immer eines ganz realen Vorganges, um den sich dann seine Erzählungen rankten. Wie eingangs erwähnt, war das Hohe Venn Mathars Heimat. Er kannte dort jeden Weg und Steg, und als er nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Monschau und in seinem Haushalt ein Mädchen aus Mützenich lebte, verblüffte er sie mit seinen Detailkenntnissen über die Vennpfädchen so sehr, daß die Maid ganz erschüttert ausrief: ,Mein Jott, Herr Dokter, sett Ihr och enne Schmuggeler?‘26

Hervorzuheben an diesem Zitat ist der Punkt, dass Mathar in seinen Texten das Hohe Venn als Schauplatz und Inhalt verwendete, ein reales historisches Ereignis diente als Basis für die Handlung. Somit ergab sich aus dem Topos „Venn“ eine räumliche, eine emotionale, eine sachliche und eine historische Komponente.

3.3.5. Köln

Die Stadt Köln war für Ludwig Mathar nicht nur Wohnort, Arbeitsort und ein Ort der privaten Verbindungen, Köln spielte neben der Eifel eine bedeutende Rolle was seine schriftstellerische Entwicklung anging.

In den 20er Jahren in Köln ist Mathar - was die Anzahl der Veröffentlichungen und deren Auflagenanzahl angeht - in seiner produktivsten Phase. Er sieht sich nun zum „Dichter“ gereift, er hat seine Berufung gefunden, bestätigt durch seine Beurlaubung vom Schuldienst durch die Stadt Köln.

Viele seiner historischen Romane und Erzählungen spielen im mittelalterlichen Köln wie z.B. der Sammelband „Wetter und Wirbel“27, der heroische Kurzgeschichten aus dem Mittelalter enthält. Mathar bringt dadurch seine Faszination und seine detaillierten Kenntnisse zum Ausdruck, was die Stadthistorie angeht.

Nie veröffentlicht wurde hingegen das Werk „Köln, wie es war, ist und sein wird“28, welches den dritten Band der zehnbändig geplanten Reihe „Die Rheinlande“29darstellen sollte. Das Spätwerk „Meister am Dom“ widmet sich dem Kölner Dombau.

Ludwig Mathar liess sich 1924 ein Haus in Köln-Lindenthal bauen, welches 1944 zerbombt wurde, woraufhin die Familie zur Flucht in Richtung Erftkreis veranlasst wurde.

Bewunderte Mathar zunächst Kölns herausragende Stellung bezüglich Geschichte, Kultur und Architektur und sah Köln als seine Wahlheimat an, so wurde die Stadt durch den Zweiten Weltkrieg zunehmend zu einem Ort des Grauens.

Köln war aber auch der Ort von Mathars zweiter Hochzeit, sein Arbeitsort als Studienrat am Dreikönigsgymnasium und nicht zuletzt eine künstlerische Heimat.

Im folgenden Zitat werden einmal mehr die bekannten identitätsstiftenden Faktoren Landschaft, Natur, Kultur und Religion benannt, die Mathar an seinen ältesten Sohn30 weitergeben will:

Mo 2. Okt.1939

Letzte Fahnenkorrektur "Reichsfeldmarschall". Nun erst genieße ich bewußt mein neues häusliches Glück, die labende Ruhe der letzten schönen Herbsttage, den schöpferischen Frieden dieser herrlichen Stille. Ein neues Leben ist mir geschenkt! Ich genieße Köln wie eine neue Stadt, die Kirchen mit ihrer erhabenen Kunst, den herrlichen Rhein mit seinen Brücken und Ufern, die Straßendurchbrüche, das flutende Leben, den herbstlich bunten Stadtwald. Oft nehme ich Albertus mit, zeige ihm den Dom und den Rhein, gehe mit ihm über Hohenzollern- und Hängebrücke, über den "schwebenden Bürgersteig" in den Dom, nach St.Andreas vor den Schrein seines Namenspatrons.

Man kann also Köln als persönliche und künstlerische Inspiration betrachten, zwar mit den alten Werten, aber mit neuer Kraft nach den herben Schicksalsschlägen der Vergangenheit. Dies ist auch an den in dieser Zeit entstandenen Werken zu erkennen.

3.3.6. Das Rheinland

Die kulturelle Rolle des Rheinlandes, insbesondere im Hinblick auf die rheinische Literatur, soll aufgrund der Ausmaße dieses Themenkomplexes in dieser Arbeit nur in Kurzform und ausschließlich im Hinblick auf Ludwig Mathar behandelt werden.

Für Mathar, der schon in jungen Jahren seine Heimat Richtung Rom verließ und unter anderem in London und Paris studierte, ist der Begriff „rheinischer Schriftsteller“ zu kurz gegriffen, auch wenn das Rheinland lange Zeit sein Wohnort war31und eine besondere Rolle in seinem Leben und Werk einnimmt. Er wurde und wird von Literaturkritikern und in der Sekundärliteratur häufig als „rheinischer Dichter“ bezeichnet32, wobei die Bezeichnung je nach Quelle zwischen „Dichter“ und „Schriftsteller“ variiert.

Für beide Sichtweisen gibt es Argumente, Mathars Werk umfasst ein breites Spektrum an literarischen Gattungen, darunter Lyrik, auch wenn diese nicht im Vordergrund steht. Zudem unterliegen seine Werke poetologisch-ästhetischen Normen, er achtet auf die Schönheit und den Klang seiner Sprache und arbeitet häufig mit Lautmalerei, Ausrufen sowie ausgeschriebenen Dialekt-Ausdrücken. Für eine Bezeichnung als „Schriftsteller“ sprechen die sich durch alle Werke ziehenden kulturellen, historischen und oft naturwissenschaftlichen Sachthemen. Selbst in die überschwänglichsten Beschreibungen des italienischen Frühlings baut er Fakten und Belehrungen ein. Selbstverständlich ist die jeweilige Bezeichnung/Kategorisierung stets abhängig vom Zeitgeist. Nach diesem kurzen Exkurs wenden wir uns wieder der Frage zu nach dem „Rheinischen“ in Mathars Werken. Bodensiek zeigt auf:

Wichtige, wesentliche Jahre verbrachte er lehrend und schreibend im niederrheinischen Neuss und in der alten Reichsstadt Köln. Diese Erfahrung an Leben, die Summe eingesammelten Wissens floss ein in sein reiches literarisches Werk.33

Unzähligen rheinischen Landschaften und Städten begegnet der Leser in Ludwig Mathars Texten. Dabei haben diese keinesfalls nur funktionale Aufgaben, besonders deren Eigenschaft als Schauplätze rheinischer Kultur und Geschichte fällt ins Auge.

Geschichtlich wie kulturell hatte das Rheinland für Mathar in Deutschland eine herausragende Stellung und eine ganz eigene Position, insbesondere als kulturgeschichtlich überlegenes Gegensatz-Modell zu Berlin, das er als oberflächlich, künstlich und in den modernen literarischen Darstellungen als unästhetisch empfand.

Ludwig Mathar hatte mit seiner Arbeit - etwa mit „Die Rheinlande. Bilder von Land, Volk und Kunst.“34- Anteil an der zeitgenössischen rheinischen Kultur. Darüber hinaus war er als Dozent der städtischen Volkshochschule tätig, war Mitglied der “Katholiken Kölns”, Mitarbeiter des Feuilletondienstes der “Rheinischen Presse” und des Rheinischen Heimatbundes. Ähnlich sieht ihn auch Cepl-Kaufmann:

Mathar reiht sich mit diesen topographischen Fokussierungen in die Vielzahl der Autoren und Künstler ein, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in besonderer Weise der Entdeckung der Region widmeten.35

Mathar identifiziert sich definitiv literarisch mit dem Rheinland, wie diese Passage aus dem selbst-referenziellen Text „Wie ich nach Italien kam“ zeigt:

Er malte auch farbenbunt die Kultur seiner weiteren Heimat, des Rheinlandes, in den Wanderbüchern ,Der Niederrhein‘ und ,Die Mosel‘, in Romanen und Novellen, die ,Wetter und Wirbel‘ des alten hilligen Köllen, der zweitausendjährigen Stadt, seiner zweiten Heimat,...36

Bemerkenswert ist hier die Bezeichnung „weitere Heimat“ - er zeigt selbst auf, wie sich sein „Heimatradius“ sukzessive mit fortschreitendem Alter erweitert hat. Mathar hegte unterschiedliche Heimatgefühle für viele weitere Regionen, denn:

Seine verwandtschaftlichen Verbindungen zur Mosel, seine Lehrtätigkeit in Neuss und in Köln, bewirkten, dass Ludwig Mathar über den Raum der engeren Heimat hinauswuchs. Wie Franz Peter Kürten ein Kölner Heimatdichter war, dessen Blick weit über die Grenzen der engeren Heimat hinausging, dessen Schaffen das Bergische Land so gut wie die Eifel mit umfasste, so ist Ludwig Mathar ein rheinischer Dichter. Mosel und Rhein, die Eifel, die Stadt Köln, Neuss, der Niederrhein, das sind Ströme, Landschaften und Städte, die in seinen Romanen immer wieder auftauchen. Noch ein Spätwerk - ,Meister am Dom‘ - gilt dem Kölner Dombau.37

Nicht von ungefähr erwähnt Hengstenberg - Autor der „Gestalten und Probleme der rheinischen Dichtung der Gegenwart“38- Mathar gleich an erster Stelle derer, die sich in ihrem Werk mit den Problemen rheinischer Vergangenheit auseinandersetzen. Dies unter Hinweis auf Mathars Moselroman „Unter der Geissel“39, der auf dichterischem Wege das historische Verhältnis Rheinland - Frankreich aufzeigt. Biedermann und Tümmers loben in „Literatur in Köln“:

Ludwig Mathar trug wie wenige andere Autoren am Rhein das reiche kulturelle Erbe dieser Landschaft in seine Gegenwart hinein.40

Obwohl bei Ludwig Mathar individuelle geographische Grenzen des Rheinlandes abgesteckt wurden, schien das Rheinland - die erweiterte Heimat - als Utopie, als geistige, nicht als räumliche Entität. Diese Utopie wurde vor allem durch eine lebendige Geschichte (insbesondere des Mittelalters), kulturelle Errungenschaften, landschaftliche und architektonische Schönheit gespeist.

Der rheinische Geist wirkte auf Mathar wie ein spiritueller Quell der Kraft.

Am Niederrhein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Fotografie von August Sander: Die Region am Niederrhein - als Kulturlandschaft dargestellt - auf dem Einband von Ludwig Mathars Werk: Am Niederrhein. Bilder von Land und Kunst. Köln, 1922. (= Die Rheinlande 1.Band)

3.3.7. Deutschland

Deutschland hatte von der Zeit Kaiser Wilhelms II. bis zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere einschneidende Wandel erfahren. Territorien und Landverteilung veränderten sich entsprechend den wechselnden Kriegen und Ideologien, beginnend mit der Kaiserzeit über die Weimarer Republik, der NS- Zeit und schließlich der Nachkriegszeit. Verlust und Zerstörung bedrohten immer wieder das allgemeine und persönliche Leben. Auch veränderten sich das Land und seine Gesellschaft durch die Urbanisierung und die Industrialisierung.

Der konservative, deutschnationale Katholik Ludwig Mathar war als Schriftsteller nur insofern politisch, als dass in seinen Werken auf historische Prozesse Bezug genommen wird. Er ging in seinen Werken und in seinem Tagebuch fast nie auf das aktuelle politische Geschehen ein, außer in Beschreibungen, welche ihn und sein Leben unmittelbar betrafen, z.B. Fliegeralarme während des Zweiten Weltkriegs.

Dennoch ist Mathar stolz auf seine Nationalität, wie beispielsweise sein historischer Roman „Albert der Deutsche“ über das Leben des Albertus Magnus41, Namenspatron der Kölner Universität, nach dem er auch seinen ersten Sohn Albertus benannt hatte, belegt. Albertus Magnus als strebsamer Universalgelehrter entspricht für ihn dem Idealbild eines Deutschen.

Diese Passage aus „Primavera“, charakterisiert Mathars Selbstbild als Deutscher:

Bald kommen die wenigen Fahrtgenossen auch mit dem Tedesco ins Gespräch. La Germania, allen Respekt davor! Im Felde unbesiegt, einzig durch schlechte Staatskunst zu Fall gebracht. Ja, die Deutschen, das sind Leute! Man kennt Tirpitz, der drunten in Alghero, der Hafenstadt im Nordwesten der Insel, mächtige Olivenpflanzungen besaß. Stinnes, der große Stinnes ist tot, das hört man immer wieder: Bewunderung fast mit Grauen gemischt. So redet mit Mund und Blick und Handgebärde der Advokat von Tempio, der mir auch von der sardischen Schriftstellerin Grazia Deledda und dem lateinisch anmutenden sardischen Dialekt erzählt.42

[...]


1Ludwig Mathar: Wunder der Heimat. Ein Führer durch Montjoie und seine Umgebung. Monschau, 1927. S.3. Im Folgenden gilt: Wo kein Autor angegeben ist, handelt es sich um Ludwig Mathar. Wo lediglich ein Buchtitel angegeben ist, sind alle weiteren Angaben im Anhang zu finden.

2Veröffentlicht in:. Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft. Köln, 2009. = Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Band 27 (Erschienen zum 50. Todestag)

3Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Köln, 2009

4Das Monschauer Land. Historisch und geographisch gesehen. Herausgegeben vom Geschichtsverein des Kreises Monschau. Monschau, 1955

5Herr Johannes. Der alte Pfarrer vom Hohen Venn. München, 1930

6Die erwähnte Magisterarbeit ist im Privatarchiv der Autorin einzusehen.

7Brautfahrt ins Venn und andere Geschichten aus dem Hohen Venn. Paderborn, 1935

8 „Wanderung im Kreise“ ist eigentlich Mathars Autobiographie in Tagebuchform, da sie im Nachhinein verfasst wurde anhand von Notizen. Der Einfachheit halber sei sie dennoch im Folgenden „Tagebuch“ genannt.

9„Wie ich nach Italien kam“, Der Dichter des italienischen Frühlings. Verlagsprospekt Benziger & Co. Einsiedeln, 1929

10 Primavera. Frühlingsfahrten ins unbekannte Italien. Bonn, 1926. (= Belehrende Schriftenreihe 2.Band)

11Die Rache der Gheradesca. Roman aus Sardiniens Heldenzeit. Einsiedeln, 1930

12Straße des Schicksals. Grenzlandroman. Freiburg, 1933. Fortsetzung zu „Das Schneiderlein vom Hohen Venn“

13 Das heimgekehrte Eupen-Malmedy-St.Vith. Landschaft - Volk - Kultur. Aachen, 1941

14 Von meinem Werk und mir. Eine Selbstbetrachtung. Trier, 1925. In: Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Köln, 2009. S.33

15 Siehe „Wanderung im Kreise“ Eintrag So 23. März 1930

16 Ebenda Eintrag Mi 9. Dez.1942

17„Wie ich nach Italien kam“, Der Dichter des italienischen Frühlings. Verlagsprospekt Benziger & Co. Einsiedeln, 1929. S.1

18 Das Glück der Ölbers. Ein rheinischer Tuchmacher-Roman aus dem 18.Jahrhundert. Köln, 1929

19 P. Willehad Eckert, Ludwig Mathar, ein rheinischer Dichter. In: Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft. Köln, 2009. S.43 Im Folgenden zitiert als „Eckert 2009“

20 Von meinem Werk und mir. Eine Selbstbetrachtung. Von meinem Werk und mir. Eine Selbstbetrachtung. Trier, 1925. In: Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Köln, 2009. S.33

21 Das erste Mal wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Monschau im Jahr 1932 verliehen und auch niemals aberkannt, 1952 aber dennoch im Rahmen eines Festaktes erneuert..

22 Unveröffentlichte Magisterarbeit von Charles Servaty, entstanden 1989 an der Universität Leuwen, einzusehen im privaten Archiv der Verfasserin.

23 Pejo Weiß: Ludwig Mathar, Ein rheinischer Dichter. Flyer, Freundeskreis Ludwig Mathar. Monschau, 1982

24 „Die Torfstecher“ in: Brautfahrt ins Venn. und andere Geschichten aus dem Hohen Venn. Paderborn, 1935

25 H. Manthe: Ludwig Mathar, der Dichter des Hohen Venns. Eine literarische volkskundliche Betrachtung. In: Westdeutscher Beobachter, 17.12.1933

26 Pejo Weiß, Ludwig Mathar, Ein rheinischer Dichter, Flyer, Freundeskreis Ludwig Mathar, Monschau, 1982

27Wetter und Wirbel. Altkölnische Geschichten. Köln, 1925

28 Der dritte Band der Reihe „Die Rheinlande“, „Köln, wie es war, ist und sein wird“ wurde nur im Manuskript fertig gestellt.

29 In Auszügen veröffentlicht in: Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft. Köln, 2009. S.83

30 Albertus war allerdings erst vier Jahre alt, es ist fraglich, ob er die Ausführungen seines Vaters inhaltlich voll erfassen konnte.

31 Mathar lebte ab 1919 mit Unterbrechungen in Köln bis zur Zerstörung seines Hauses in Köln-Lindenthal im Zweiten Weltkrieg (1944).

32 Beispielsweise bei P. Willehad Eckert, Ludwig Mathar, ein rheinischer Dichter. In: Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Band 27. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft Köln, 2009. Und ebenda: Gertrude Cepl-Kaufmann: Ludwig Mathar (1882-1958) Das Rheinland und Italien. Sowie ebenda: Wolfgang Schmitz: Vorwort.

33 K.H. Bodensiek: Ludwig Mathar gehört dazu. In: Das Monschauer Land. Jahrbuch 1983. Monschau, 1983. S.218

34 Der Niederrhein. Bilder von Land und Kunst, Köln, 1922. (= Die Rheinlande 1.Band) Die Mosel. Bilder von Land, Volk und Kunst, Köln, 1924. (= Die Rheinlande 2.Band)

35 Gertrude Cepl-Kaufmann: Ludwig Mathar (1882-1958), Das Rheinland und Italien. In: Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft. Köln, 2009. S.55

36 „Wie ich nach Italien kam“. Der Dichter des italienischen Frühlings. Verlagsprospekt Benziger & Co. Einsiedeln, 1929

37 P. Willehad Eckert, Ludwig Mathar, ein rheinischer Dichter. n: Heimat, Heilige und Historie. Ludwig Mathar. Ein rheinischer Schriftsteller. Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Band 27. Rheinische Druck- und Verlagsgesellschaft. Köln, 2009. S.43

38 Ernst Hengstenberg: Gestalten und Probleme der rheinischen Dichtung der Gegenwart. Mit kritischen Erläuterungen und bibliographischen Nachweisungen. Hildesheim, 1925. S.13

39 Vgl. Unter der Geissel. Das Trauerspiel eines Volkes. München, 1925

40 Literatur in Köln, Heft 13: Ludwig Mathar. Redaktion: Uta Biedermann, Horst Johannes Tümmers; herausgegeben von der Stadt Köln, Stadtbücherei, 1982. S.12

41Albert der Deutsche. Mönchengladbach, 1940

42 Primavera. Frühlingsfahrten ins unbekannte Italien. Bonn, 1926. S.133

Ende der Leseprobe aus 396 Seiten

Details

Titel
Wanderung im Kreise. Ludwig Mathars Weg in die Heimat
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Autor
Jahr
2015
Seiten
396
Katalognummer
V336203
ISBN (eBook)
9783668388826
ISBN (Buch)
9783668388833
Dateigröße
16348 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wanderung, kreise, ludwig, mathars, heimat
Arbeit zitieren
Eva Muelhens (Autor:in), 2015, Wanderung im Kreise. Ludwig Mathars Weg in die Heimat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336203

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