Kulturelles Wissen als Voraussetzung adäquater Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Übersetzung als Kulturarbeit

2 Übersetzung im Unterricht
2.1 Übersetzung und interkulturelles Lernen im Wandel der Zeit
2.2 Theoretische Kontroverse: Pro und Contra Übersetzung

3 Übersetzungstheorie: Kulturelles Wissen und adäquate Übersetzungen
3.1 Übersetzbarkeit
3.2 Idealtypische Übersetzungsmethoden
3.3 Gleichwertigkeit der Übersetzung: adäquat und äquivalent
3.4 Übersetzung als Entscheidungsprozess

4 Konsequenzen für die Übersetzungsdidaktik
4.1 Übersetzungsunterricht und kulturelles Wissen
4.2 Problembereiche des Kulturtransfers vom Englischen ins Deutsche

5 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

1 Einleitung: Übersetzung als Kulturarbeit

„Übersetzung ist – im weiteren Sinne – immer Kulturarbeit, in einem engeren Sinne Spracharbeit: Arbeit mit der anderen und an der eigenen Kultur, Arbeit mit und an der eigenen Sprache.“[1]

Kulturelles Wissen ist bei der Anfertigung von Übersetzungen unabdingbar. Der Übersetzer hat nicht nur die Aufgabe, Wörter und Sätze von einer Sprache in die andere zu transkodieren, sondern er muss auch den kulturellen Kontext vermitteln, wodurch es den zielsprachlichen Rezipienten erst möglich wird fremdsprachliche Texte voll zu erfassen.

In der Fremdsprachendidaktik ist der Begriff „interkulturelles Lernen“ zum modischen Schlagwort geworden. Das Wissen um die Kulturgebundenheit von Sprache wird dabei als ein wichtiges Element sprachlichen Bewusstseins angesehen. „Die Verbindung von Sprache und Kultur wird unter anderem darin sichtbar, dass Lexeme der einen Sprache nicht ohne weiteres in eine andere übertragbar sind, da in der dazugehörigen Kultur das entsprechende Konzept nicht oder nur in modifizierter Form existiert.“[2].

Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung der Kulturkompetenz für die Anfertigung adäquater Übersetzungen herauszustellen und daraus Rückschlüsse auf die Fremdsprachen- und Übersetzungsdidaktik zu ziehen. Einleitend wird die Entwicklung und Rolle der Übersetzung im Englischunterricht untersucht.

2 Übersetzung im Unterricht

2.1 Übersetzung und interkulturelles Lernen im Wandel der Zeit

Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Neueren Sprachen in den Fächerkanon der Höheren Schulen aufgenommen wurden, folgte man weitgehend den Unterrichtsmethoden des altsprachlichen Unterrichts. Ziel der Grammatik-Übersetzungs-Methode war die Kenntnis von Wörtern und Grammatikregeln der fremden Sprache und das Verständnis beziehungsweise die eigenständige Konstruktion fremdsprachlicher Sätze. „Sprache wird dabei als ein ‚Gebäude’ gesehen, das aus ‚Sprachbausteinen’ systematisch gefügt und nach logischen Regeln aufgebaut ist.“[3] Sprachbeherrschung bedeutete demnach Sprachwissen um das Verständnis und die richtige Anwendung von Konstruktionsregeln. „Angelehnt an das deduktiv-synthetische Verfahren des altsprachlichen Unterrichts wird, wie in der lateinischen Grammatik, der Stoff nach Wortarten geordnet, Regel für Regel präsentiert, dann Stück für Stück in ein Gesamtbild gebracht.[4] Die Übersetzung galt hierbei als wichtige Übungsform und als Nachweis für die Beherrschung der Fremdsprache, was sie deshalb zum Hauptbestandteil von Sprachprüfungen machte.

Fremdsprachenunterricht war ein Privileg der höheren Bildung und der Eliteschulung, wobei die Grammatik-Übersetzungs-Methode als adäquates Mittel des gebildeten Fremdsprachenlernens betrachtet wurde. Grundlage des Unterrichts waren literarische Texte „als Zeugnis der geistigen Leistungen einer Sprachgemeinschaft. In ihr treten die kulturellen Werte charakteristisch zutage. Diese gilt es aufzunehmen und zu verstehen.“[5]

Erst in den 60er Jahren wurde „Fremdsprachenunterricht für alle“ propagiert. Seither ist die Rolle der Übersetzung im Unterricht weitgehend dadurch geprägt, welche Bedeutung der Einsatz der Muttersprache in der jeweiligen methodisch-didaktischen Grundkonzeption von Fremdsprachenunterricht hat. So widerspricht die Übersetzung einerseits gänzlich der Ideologie des strikt einsprachigen Unterrichts, andererseits wird der Einsatz der Übersetzung immer wieder in der einen oder anderen Form befürwortet. Die Rolle der Übersetzung in den Lehrplänen ist heute meist untergeordnet. „Das Übersetzen erscheint oft als methodische Restkategorie ohne eine originäre positive Funktionsbestimmung. Dem intralingual-zielsprachlichen Arbeiten wir in jedem Fall der Vorzug eingeräumt.“[6] Deutschlandweit ist hierbei ein Nord-Süd-Gefälle zu erkennen, was sich auch darin zeigt, dass die Englisch-Deutsch-Übersetzung in Baden-Württemberg und Bayern Bestandteil der Abiturprüfung ist. „Lediglich im Bereich des sog. Methoden- und Wissenserwerbs kommt der Übersetzung eine gewisse Bedeutung zu, z.B. zur Ausbildung eines metasprachlichen Bewusstseins für interlinguale Strukturunterschiede.“[7]

Über die Rolle der Übersetzung im Fremdsprachenunterricht gibt es nach wie vor eine theoretische Kontroverse, bei der sich die Argumente von Befürwortern und Gegnern teilweise diametral entgegenstehen.

2.2 Theoretische Kontroverse: Pro und Contra Übersetzung

Es sollen nur exemplarisch einige Argumente für und wider das Übersetzen im Fremdsprachenunterricht angeführt werden, um die deutliche Opposition der Standpunkte zu verdeutlichen. Die Befürworter stellen die Übersetzung als hervorragende Technik zur vollständigen Sinnerschließung fremdsprachlicher Texte heraus, da der Lerner sich wesentlich genauer mit der Textvorlage auseinandersetzen müsse als beispielsweise bei einzelnen Verständnisfragen. Die Gegner argumentieren, dass die Übersetzung vielmehr vom Textverstehen wegführe. Man könne mit dem Übersetzen erst beginnen, wenn der Text vollständig verstanden wurde.

Darüber hinaus wird an der Übersetzung oft kritisiert, dass sie die mitteilungsbezogene Kommunikation hemme. In realen Sprachsituationen sei man in der sprachlichen Realisierung flexibel und nicht, wie bei einer Übersetzungsübung, an eine Vorlage gebunden. Aber es wird auch oft zugunsten der Übersetzung als Übungsform argumentiert: „Das Übersetzen sei im Gegensatz zu den meisten anderen Arbeitsformen [...] eine integrative Sprachaufgabe, bei der unterschiedliche Schwierigkeiten in vermischter Form impliziert seinen. Es komme insofern der Sprachverwendung in echten Kommunikationssituationen näher als andere Übungsformen.“[8]

Oft wird auch positiv herausgestellt, dass Übersetzungsübungen zur Verbesserung des muttersprachlichen Ausdrucks beitragen können, besonders im Vergleich zu rein fremdsprachlichen Übungsformen. Aber in der Realität zeigt sich oft, dass der muttersprachliche Ausdruck stark leidet. Für den fremdsprachlichen Lernprozess an sich hätte das Herumtüfteln an einzelnen Bedeutungsnuancen ohnehin keinen Nutzen, sagen die Kritiker.

Schließlich ist die Übersetzung auch als Form der Leistungskontrolle umstritten. Die Befürworter finden darin eine besonders effektive und einfache Prüfungsart, die sowohl auf Wort-, Satz- oder auch Textebene Aufschluss über den Kompetenzstand des Lerners gibt. Doch die Eignung als objektives Testverfahren wird oft in Frage gestellt, da es breiten Raum für Ermessens- und Willkürentscheidungen gäbe.

Die angeführten Beispiele zeigen, wie kontrovers die Diskussion um die Rolle der Übersetzung im Fremdsprachenunterricht geführt wird. Es fällt allerdings auf, dass die Argumentation sehr pauschal gehalten ist. Es ist daher wichtig, genau zu differenzieren, wie und mit welchem Ziel die Übersetzung im Unterricht eingesetzt wird. Dabei muss der Lerner keine umfassende translatorische Kompetenz erlangen, aber die Übersetzung bietet, beispielsweise durch die Thematisierung des Zusammenhangs Sprache – Kultur, Potential zur Ausbildung eines reflexiven Sprachbewusstseins.[9]

3 Übersetzungstheorie: Kulturelles Wissen und adäquate Übersetzungen

3.1 Übersetzbarkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Aufgabe des Übersetzers ist es, zwischen der Kultur der Ausgangssprache (AS) und der Kultur der Zielsprache (ZS) zu vermitteln. „Was hier in einem weiten Sinne Kultur genannt wird, ist bei der Darstellung des Übersetzungsprozesses als kommunikativer Zusammenhang bezeichnet worden.“[10] In dem oben gezeigten Modell ist die Übersetzbarkeit somit abhängig vom Abstand der kommunikativen Zusammenhänge von Ausgangssprache und Zielsprache. Je höher die kommunikative Differenz, desto größer ist die Herausforderung an den Übersetzer. Die Verständnislücken, die bei einem Mitglied der Fremdkultur entstehen, müssen von ihm geschlossen werden.

Dabei ist zu beachten, dass die inhaltliche Thematik des zu übersetzenden Textes eine große Rolle spielt. Handelt es sich beispielsweise um einen Text mit internationaler Thematik fällt die Übersetzung möglicherweise leichter als bei Texten mit kultur- und landesspezifischen Inhalten. Übersetzung erfordert also nicht nur translatorische Fähigkeiten an sich, sondern eine „möglichst große Nähe zur Zielsituation (genauer: zur eingeschätzten kulturellen und aktuellen Situation des Zielrezipienten) [...] – das heißt: Erwerb eines umfassenden ‚Kulturwissens’.“[11]

[...]


[1] Koller, Werner; Einführung in die Übersetzungswissenschaft; Wiebelsheim: 2001, S. 59.

[2] Timm, Johannes-P.; Didaktik des Englischunterrichts; Berlin: 1998, S. 325.

[3] Bausch, Karl-Richard; Handbuch Fremdsprachenunterricht; Tübingen: 1995; S. 182f.

[4] Gehring, Wolfgang; Englische Fachdidaktik: eine Einführung; Berlin: 1999, S. 13.

[5] Bausch, a.a.O., S. 183.

[6] Ebd., S. 326.

[7] Ebd.

[8] Ebd., S. 327.

[9] Nach: Ebd., S.327-329.

[10] Koller, Werner; a.a.O., S.164.

[11] Vermeer, Hans J.; Übersetzen als kultureller Transfer; in: Übersetzungswissenschaft – eine
Neuorientierung, hrsg. von Snell-Hornby, Mary; Tübingen: 1986, S. 30-53, hier S. 37.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Kulturelles Wissen als Voraussetzung adäquater Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Anglistik)
Veranstaltung
Hauptseminar Fachdidaktik Englisch: Kulturelles Wissen als Hilfe beim Spracherwerb und der Anbahnung von Fremdverstehen
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V33595
ISBN (eBook)
9783638340397
Dateigröße
1095 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kulturelles Wissen ist bei der Anfertigung von Übersetzungen unabdingbar. Der Übersetzer hat nicht nur die Aufgabe, Wörter und Sätze von einer Sprache in die andere zu transkodieren, sondern er muss auch den kulturellen Kontext vermitteln. Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung der Kulturkompetenz für die Anfertigung adäquater Übersetzungen herauszustellen und daraus Rückschlüsse auf die Fremdsprachen- und Übersetzungsdidaktik zu ziehen.
Schlagworte
Kulturelles, Wissen, Voraussetzung, Englischen, Deutsche, Hauptseminar, Fachdidaktik, Englisch, Kulturelles, Wissen, Hilfe, Spracherwerb, Anbahnung, Fremdverstehen
Arbeit zitieren
Markus Fellner (Autor:in), 2004, Kulturelles Wissen als Voraussetzung adäquater Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33595

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