Die Psychologie des Mannes


Seminararbeit, 2004

34 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. abstract

2. einleitung

3. Biographische Daten zu Dr. Gustav Hans Graber

4. Die leib-seelische männliche Entwicklung
4.1 Die Samenzelle
4.2 Der männliche Embryo
4.3 Der männliche Säugling

5. Die Entwicklung des männlichen Liebeslebens
5.1 Die Liebe zwischen Mutter und Sohn
5.1.1 Philosophische Sichtweise der Mutter-Sohn-Bindung
5.1.2 Psychoanalytische Objektbeziehungstheorien

6. Die männliche Triebentwicklung
6.1 Der Sexualtrieb
6.2 Der Aggressionstrieb

7. Die männliche Ichentwicklung

8. Störungen in der Entwicklung des männlichen Liebeslebens

9. Diskussion

10. Literaturverzeichnis

1. abstract

Die Psychologie verlernt zunehmend, dass Individuum Mensch als Ganzes zu sehen. Statt in die Tiefen der Seele vorzudringen und das „Verborgene“ zu erkunden, verweilt man an mathematisch eindeutig belegbaren, oft auch sehr oberflächlichen und allgemeinen Forschungserkenntnissen. Der Wahrheitsgehalt der psychoanalytischen Forschung kann durch statistische Methoden nicht belegt werden. Doch öffnen sich durch neue Methoden in der biologischen Psychologie neue Tore, um doch wieder tiefer ins verborgene Seelenleben der Menschen vorzudringen. Heute mehr den je macht es Sinn, die Erkenntnisse der Psychoanalyse einer neuen perspektivischen Betrachtung zuzuführen.

Gustav Hans Graber ein Pionier der pränatalen Psychologie, erkannte schon früh, dass es eine Vielfalt der Perspektiven braucht um dem Wunder Mensch nahe zu kommen. In seiner Arbeit über die „Psychologie des Mannes“, bedient er sich der mannigfaltigsten Perspektiven um den Forschungsgegenstand in seiner Ganzheit zu erfassen. Er begleitet die männliche leib-seelische Entwicklung von der Samenzelle bis zum erwachsenen Mann. Besondere Bedeutung kommt in seiner Arbeit der sexuellen und der Entwicklung des männlichen Liebeslebens zu. Hier erkennt Graber die Zusammenhänge zu Aggression, Ich-Verhaftung und Kriegslust des Mannes. In allem hebt er die große Bedeutung der Mutter-Sohn-Beziehung hervor.

Alles Wünschen und Handeln des Mannes zielt auf Regression, er will die ursprüngliche Dual-Einheit mit dem Weiblichen wieder herzustellen. Um diese ursprüngliche Verbindung wieder herzustellen bedient sich der Mann höchst ambivalenter Verhaltensweisen.

Graber erkennt den möglichen Ausweg in der Legierung des Männlichen mit dem Weiblichen.

Der Traum der Männer wäre es, den Frauen in die Arme zu sinken, ohne ihnen gleichzeitig in die Hände fallen zu müssen.

(Jerry Lewis)

2. einleitung

Das Thema dieser Seminararbeit „Psychologie des Mannes“ soll Antworten auf die Frage nach Eigenart und Selbstverwirklichung des Mannes, aus der Perspektive Gustav Hans Grabers geben. Graber ist ein Pionier der Pränatalen Psychologie, dessen biologisch-genetischen, psychologischen und philosophischen Perspektiven, lange in der Forschung unbeachtet blieben.

Nach Graber kann die Ganzheit der Seele nur begriffen werden, wenn man die körperliche und psychische Entwicklung von Anhang an kenne. Die Seele entfaltet sich von Ursprung an körperanalog. Dieser Entwicklungsweg ist gleichzeitig der Realisationsrahmen für die Selbstwerdung. Ziel dieser sei es das „vorgeburtliche unbewusste Selbst“ in das „bewusste Selbst“ zu bringen. Nach Graber treibt es den Mann, mehr als die Frau, die eigene und fremde Wesensart zu ergründen und zu erleben. Er will letztlich frei sein von allen Bindungen, die vom Ich ausgehen.

Gustav Hans Graber verfügt wie Freud über ein klares analytisches Denken, aber auch wie C.G. Jung, über eine Tiefschürfende Intuition. In dieser Kombination vermochte er zu wichtigen Themen des Menschseins vorzustoßen. Aus seiner Sicht hat jede Seele Verlangen, nach Erkenntnis und Freiheit in der Liebe, auch wenn ihrem Träger davon nichts bewusst wird, selbst dann, wenn ihr Ich es überheblich abwehrt. Weibliches Lieben zielt mehr auf das Binden, männliches mehr auf das Freisein. Nur in der Glückseligkeit des Erlösungserlebnisses im Selbst erheben die Schwingen der Seele von Mann und Frau sich in die Regionen der inneren Freiheit, des echten Selbsterkennens und der wahren Liebe.

Auch noch in unserer heutigen Sichtweise gilt das erfolgreiche Kämpfen, Streben, Rivalisieren, Erobern als besonders männlich. Graber erkannte schon 1965, dass wir umlernen müssen. Das ewige sich bekriegen sollte ein Ende finden. Der reife Mann wandelt das noch ichhafte Streben nach Eigenart, nach Besitz, nach irgendeiner Überlegenheit und unterstellt es einem höheren, wesenhaft-selbstischen Streben. Bloße Ichstrebung ist Krankheit, ist Sucht. Aber die Ichstrebung wird meist nicht als eine den Menschen hemmende Sucht erkannt, sondern eher als höchst normale und unentbehrliche Lebensfunktion.

3. Biographische Daten zu Dr. Gustav Hans Graber

Gustav Hans Graber ist 1893 im bernischen Seenland geboren und dort aufgewachsen. Sein Vater war Lehrer und starb früh, seine Mutter stammte ursprünglich aus Süddeutschland. Durch den damaligen Direktor des Kantonal-bernischen Lehrerseminars, Dr. Ernst Schneider kam Graber als Seminarist des Oberseminars mit der Psychoanalyse in Berührung und machte bei Schneider 1916/17 seine erste Analyse. Jahrelang war Graber als Lehrer tätig. Er erwarb das Sekundarlehrer Diplom und studierte in Berlin Psychologie. 1924 legte er die wahrscheinlich erste Freud’sche Dissertation an einer schweizerischen Universität über „die Ambivalenz des Kindes“ vor, wo er sich mit dem Geburtstrauma als Ursache der Ambivalenz befasst. Sein Konzept stützte sich sehr stark auf die Erfahrungen, die er als Kinderpsychoanalytiker gesammelt hatte.

1929 emigrierte er nach Stuttgart, wo er eine psychoanalytische Praxis aufbaute. 1931 und 1932 setzte er sein Studium am Berliner Institut für Psychoanalyse fort und wurde Mitglied der deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft und damit der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart gründete er die Gruppe der Süddeutschen Psychoanalytiker und wirkte 1941 bis 1943 am Stuttgarter Institut „für psychoanalytische Forschung und Psychotherapie“.

1943 kehrte er wieder in die Schweiz zurück und praktizierte in Bern. Kurz darauf gründete er zusammen mit Prof. Ernst Blum den Berner Arbeitskreis für Tiefenpsychologie und das Institut für Tiefenpsychologie, die er bis 1970 leitete. Erwähnenswert ist aus dieser Zeit ferner die Zeitschrift „Der Psychologe“, die Graber in den Jahren 1949 – 1964 zusammen mit Ernst Blum herausgab. Und an der sich an die 50 namhafte Fachleute beteiligten.

1971 war Graber maßgeblich an der Gründung der Internationalen Studiengemeinschaft für pränatale Psychologie in Wien beteiligt und wurde deren erster Vorsitzender.

Nach 1971 zog er sich in Bern zurück, und konnte, neben seinem Wirken in der Internationalen Studiengemeinschaft für pränatale Psychologie, in einem kleinen Kreis eine vielseitige Tätigkeit als Schriftsteller und Lehrer entfalten und bis in die letzten Lebenswochen vieles von den Erfahrungen und Gedanken seines langen Lebens weitergeben. Er starb in der Osternacht des Jahres 1982 im Alter von 89 Jahren. (vgl. E. Eichenberger, Bern, http://graber-symposium.sbg.ac.at/download/2_biogaphische_daten.doc)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Dr. phil. Gustav Hans Graber (Quelle: http://graber-symposium.sbg.ac.at/download/2_biogaphische_daten.doc)

4. Die leib-seelische männliche Entwicklung

Aus heutiger Sicht befasst sich die Entwicklungspsychologie mit den Entwicklungsstadien und –prozessen, die im Laufe des Lebens auftreten. Hauptaugenmerk wird auf Verfahren gelegt, die die Beschreibung und die Erklärung von Veränderungen ermöglichen. Es wird die Entwicklung von der Vereinigung der Keimzellen an beschrieben. Es werden Fragen gestellt wie: Was können Säuglinge, wenn sie zur Welt kommen, was lernen sie als erstes? Wie lernen Kinder sprechen? Wie entwickelt sich ihr Denken? Viele Forscher betrachten Entwicklung in einer sehr eingeschränkten kognitiven Perspektive. Jean Piaget gilt als berühmter Pionier auf diesem Gebiet. (vgl. Zimbardo, 1995)

Zunehmende Methodenzentriertheit und Perspektivenenge, führte zu einer wissenschaftlichen Tabuisierung des Seelenbegriffes. Durch die rasche progressive Entwicklung neuer Methoden auf dem Gebiet der Biologischen Psychologie werden allerdings neue Fragen aufgeworfen, die es unumgänglich machen, sich wieder mit der Psychoanalyse und im Besonderen auch mit den Theorien Gustav Hans Grasers auseinanderzusetzen.

4.1 Die Samenzelle

Zum Unterschied von der weiblichen Eizelle, die ihre Rundform und damit ihren ausgesprochen konservativen, wenig spannungsgeladenen und passiven Charakter beibehält, drängt die Samenzelle auf Wanderung, ja Auswanderung, auf Angreifen, Bewegen, Aktivität und zeigt damit bereits die typisch männlichen Verhaltensweisen, während die weibliche Eizelle nicht nur in ihrer Rundform verharrt, sondern auch an ihrem Ort: sie zeigt damit ebenfalls bereits das typische weibliche Verhalten.

Nur eine einzige Samenzelle von Millionen, erreicht im günstigen Falle das Ziel der Kopulation mit der Eizelle. Sie hat aktiv das „Stirb und Werde“ provoziert, das ihr mit der Kopulation zuteil wird. Die Eizelle erleidet es passiv: wiederum Urverhaltensweisen des Männlichen und Weiblichen.

Die männliche Samenzelle drängt also nach einer Rückkehr an den Ort, wo ihr Träger, der Mann, herkam: den „Mutterleib“, die Gebärmutter, ist folglich in ihrer kühnen Auswanderungstendenz doch völlig regressiv eingestellt, begibt sich in das Gefängnis des weiblichen Leibes, um sich dort zu verlieren und neu zu finden.

Die regressive Tendenz der Rückkehr in den Mutterleib beherrscht denn auch das männliche Geschlecht viel elementarer, vehementer als das weibliche. (vgl. Graber, 1965)

Graber fand schon bei den Urzellen, die weibliche Eizelle und der männlichen Samenzelle, Verhaltensweisen, die die späteren Charaktereigenschaften der beiden Geschlechter kennzeichnen.

„Denn je mehr wir die Anfänge des Lebens kennen, desto mehr wird uns das Gewordene und das noch Werdende verständlich. Stets werden wir dabei uns beugen müssen vor dem großen Gesetz der Wiederholung.“ (Graber, 1973, 69)

4.2 Der männliche Embryo

Wenn auch die Geschlechtsmerkmale des Embryos erst im dritten Monat sich bilden, ist aber doch schon vom Augenblick der Zeugung an das Geschlecht festgelegt. Der Vater produziert in genau gleichen Mengen zweierlei Spermatozoen, solche mit Y-Chromosmen und solche mit X-Chromosmen. Im Ei der Frau dagegen finden wir stets nur X-Chromosomen. Trifft nun ein Sperma mit Y-Chormosomen des Vaters auf das Ei, so entsteht ein Knabe, ist es ein solches mit X-Chromosomen, dann ein Mädchen. Statistiken belegen, dass mehr Knaben als Mädchen empfangen werden. Zugleich gleicht die Natur aus, indem der männliche Embryo der durchschnittlich konstitutionell schwächere ist, so dass mehr männliche Frucht vor, bei oder kurz nach der Geburt abstirbt. Es besteht die Tatsache, dass die kleineren Y-Chromosemen die flinkeren sind.

Graber postulierte entsprechend den drei wichtigsten Wachstumsphasen des Embryos entsprechende seelische Phasen, nämlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Man findet zuerst die männlich-weibliche Scheidung in der obersten seelischen Region, darunter die Ausrichtung auf das „Innen“ und „Außen“ und zuunterst das Ganzheiltlich-Hermaproditische. (vgl. Graber, 1965)

Auch in den neueren Theorien der biologischen Psychologie findet sich hinsichtlich der Geschlechtsentwicklung drei Phasen:

I. Bei der Befruchtung vereinigt sich eine weibliche Eizelle (Ovum) mit einer Samenzelle (Spermie). Alle Eizellen weisen ein X-Chromosom auf, die Samenzellen entweder ein X- oder Y-Chromosom. Nur wenn sich eine Samenzelle mit einem Y-Chromosom mit einer Eizelle vereint, kann ein männlicher Organismus (XY) entstehen, in allen anderen Fällen entsteht ein weiblicher = Indifferentes Stadium

II. Bis zur 8. Schwangerschaftswoche ist das Schwangerschaftsprodukt bisexuell. Erst danach bilden sich die Vorläufer der inneren und äußeren Sexualorgane getrennt für beide Geschlechter unter dem Einfluss der Sexualhormone

III. Beim Menschen sind die 12.-22. Schwangerschaftswoche sowie die ersten 6 Wochen nach der Geburt und die Pubertät sensitive Perioden für Androgeneinwirkung. In der pränatalen Entwicklungsperiode wirken die Androgene auch auf das ZNS und formen die geschlechtsspezifischen Unterschiede vor allem im Hypothalamus und limbischen System. Damit legen sie auch die Grundlage für späteres geschlechtstypisches Verhalten und des sexuellen Status (hetero-, homo- oder bisexuell) (vgl. Bierbaumer, Schmidt, 1996)

Heutige biologische Theorien bekräftigen die Graber’s Idee einer pränatalen Seele. Unter Betrachtung der hormonellen Einflüsse, müssten die Funde einer Seelenlehre über das Kind im Mutterleib und entsprechender Intuition imponierende sein. Obwohl Graber’s Idee einer pränatalen Seele nicht Objekt der Schulpsychologie ist, geht man mittlerweile von einer sehr frühen Entwicklung der psychologischen Geschlechtsidentität aus.

„Mit der Geschlechtsdifferenzierung in der Schwangerschaft wird nicht nur über die körperliche, sondern auch über die psychologische Geschlechtsidentität entschieden.“ (Bierbaumer, Schmidt, 1996, 621)

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die Psychologie des Mannes
Hochschule
Universität Salzburg  (Psychologie in Salzburg)
Veranstaltung
Seminar Humanistische Psychologie
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
34
Katalognummer
V33524
ISBN (eBook)
9783638339742
ISBN (Buch)
9783638648158
Dateigröße
1064 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Thema dieser Seminararbeiten "Psychologie des Mannes" soll Antworten auf die Frage nach der Eigenart und Selbstverwirklichung des Mannes, aus der Perspektive Gustav Hans Grabers geben. Es wird in dieser Arbeit auch ein Brückenschlag von der historischen Psychoanalyse Gustav Hans Grabers zu modernen Theorien aus heutiger Sicht der Psychologie versucht. Graber ist ein Pionier der Pränatalen Psychologie mit biologisch, psychologischen únd philosophischen Perspektiven.
Schlagworte
Psychologie, Mannes, Seminar, Humanistische, Psychologie
Arbeit zitieren
Sonja Mayr-Stockinger (Autor:in), 2004, Die Psychologie des Mannes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33524

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