Was ist ein Autor? Theorien der Gegenwartsliteratur von Foucault bis Barthes


Referat (Ausarbeitung), 2012

12 Seiten, Note: 1,2

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Die Strukturalistische Tätigkeit
1.1 Der Tod des Autors

2 Was ist ein Autor?
2.1 Werk & Autor
2.2 Autorrolle und Eigennamen
2.3 Autorfunktion im Diskurs
2.4 Theorie einer Disziplin

3 Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Betrachtet man einmal die Geschichte der Begriffsentwicklung des Autornamens, so wird man feststellen, dass in jeder literarischen Epoche eine andere Semiologie hinter diesem Begriff steht. Von der Antike bis zum späten Mittelalter wurde dem Autor von Werken keinerlei größere Beachtung geschenkt, erst mit der Genieästhetik des Sturm und Drangs entwickelte sich eine neue Auffassung des Autorkonzepts, so wie wir ihn heute kennen. Somit entstand die Hochburg des idealisierten Autorbegriffs. Seit den 1960er herrscht die Kritik an der Verabsolution des Autors, was besonders durch Roland Barthes und Michel Foucault angefechtet wurde.

„Wen kümmert‘s, wer spricht?“ – Diese Formulierung bildet den Ausgangspunkt über die postmoderne Debatte des Autorbegriffs nach Foucault. Zusammen mit Barthes Arbeit gehört dieser Vortrag „Was ist ein Autor?“ zu den kanonischen Texten in der Diskussion über Autor und Subjekt in der Kulturwissenschaft.

In dieser Ausarbeitung stehen die zentralen Thesen Foucaults im Vordergrund, da dieser den Begriff des Autors explizit definiert, auf die historische und soziokulturelle Entwicklung eingeht und dessen Problematik thematisiert.

1 Die Strukturalistische Tätigkeit

Erstmals erschien Barthes´ Aufsatz über den Strukturalismus in der Zeitschrift „Das Kursbuch“ und diente dazu, diesen näher zu definieren.

Nach Barthes sei der Strukturalismus keine methodische Schule, sondern eine Tätigkeit oder ein Verfahren. Dieses strukturalistische Verfahren ist nicht nur in der Analyse von künstlerischen Produktionen zu sehen, sondern auch in sich selbst. Es besitzt die Eigenschaft des Prozesshaften und stellt eine Auseinandersetzung mit der Realität dar. So wird der strukturale Mensch durch seine Imagination, bzw. die Art, wie er Strukturen geistig erlebt, definiert. Das Ziel des strukturalistischen Verfahrens ist es, ein Objekt so zu rekonstruieren, dass dessen Strukturen und Funktionen sichtbar werden. Das Ergebnis nennt Barthes dann „Simulacrum“. Das Simulacrum ist nicht nur das Abbild eines Werkes, sondern auch etwas Individuelles.

Die Technik, die dem Strukturalismus zugrunde liegt, ist die des „zerlegen“ und „arrangieren“. Dabei wird das betreffende Objekt erst zerlegt und dann wieder zusammengesetzt. Die Zerlegung bringt bedeutungslose Fragmente zum Vorschein, deren Differenz untereinander Bedeutung erzeugen, wohin gegen das Arrangieren, den gesetzten Einheiten bestimmte Assoziationsregeln zuweist. Dadurch entsteht eine Klasse von Objekten, die sich durch ihre Abgrenzung von anderen Objekten unterscheiden. Diese Klassifikation besteht nun aus Gemeinsamkeiten und Unterschiede, welche das Ziel haben eine allgemeine Gültigkeit zu definieren. Nach Barthes sei dabei der bedeutungsstiftende Mensch (Homo significans), also die Produktion, von Bedeutung ohne die der Mensch nicht menschlich wäre, von Interesse.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bedeutung des Strukturalismus in der Verarbeitung eines Objektes liegt. Die Erkenntnis wäre demnach möglich, wenn das strukturalistische Verfahren korrekt angewandt wurde und am Ende das evident gewordene Objekt steht.

1.1 Der Tod des Autors

In dem Aufsatz „Der Tod des Autors“ beschäftigt sich Barthes mit dem Verhältnis zwischen Werk und Autor, und versucht die Theorien der zeitgenössischen Schulen zu widerlegen, dass es keine „Korrespondenz zwischen Autorbiographie und Werkbedeutung“[1] gibt.

Nach Barthes ist der Autor eine moderne Figur, welche erfunden sei, um den Wert des Individuums zu entdecken. Es ist die Sprache, die in einem Werk spricht, und nicht der Autor, daher sollte die Priorität dem Werk selbst zugesprochen werden, damit der Autor völlig verschwindet. In der Linguistik ist der Autor nur derjenige der schreibt, d.h. er ist in der Performanz. Daher kennt die Sprache ein Subjekt, aber keine Person. Daraus lässt sich schließen, dass der Autor sich nur an dem Pool der Sprache bedient, sie jedoch nicht selbst neu erschafft, wenn er ein Werk schreibt. Er zeichnet nur ein Feld, dessen Ursprung die Sprache selbst ist. An dieser Stelle schreibt Barthes dem Leser nun eine besondere Rolle zu nämlich, dass die Werkschaffung nicht beim Autor obliegt sondern beim Leser selbst. In ihm trifft die Vielfalt des Textes zusammen.

Der Leser ist ein Mensch, ohne Geschichte, Psychologie oder Biographie, sondern nur der, in dem sich der Text vereinigt.

Sobald sich dieser Prozess vollzogen hat, verliert die Stimme des Werkes ihren Ursprung und die Geburt des Lesers erfordert den Tod des Autors.

2 Was ist ein Autor?

In dem Vortrag „Was ist ein Autor?“ beschäftigt sich Foucault nicht nur mit dem Verhältnis zwischen Werk und Autor, sondern erläutert darüber hinaus die Bedeutung des Autors in den verschiedenen Diskursen und dessen Wirkung auf die heutige Kultur.

Der Begriff „Autor“ ist nach Foucault der „Angelpunkt für die Individualisierung in der Geistes-, Ideen- und Literaturgeschichte“[2]. Das heißt, würde man die Geschichte von Werk und Autor mit beispielsweise der Geschichte der Gattungsbegriffe vergleichen, erschiene letztere eher zweitrangig und schwach. Der heutigen Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema „Wen kümmert’s, wer spricht!“ liegt ein gewisser ethischer Wert zugrunde. Mit „ethisch“ meint Foucault eine Art Grundregel, welche besagt, dass Schreiben eine Praxis oder Tätigkeit sei[3]. Diese Tätigkeit teilt Foucault in zwei Bereiche ein. Zum einen sei das Schreiben eine Art selbst entwickelte Äußerlichkeit, d.h. diese Schreibregularität überschreitet die eigenen Grenzen oder kehrt diese um, mit dem Ziel der Öffnung eines Raumes, in dem der Autor verschwindet. Auf der anderen Seite würde das Schreiben eine Verwandtschaft zum Tod besitzen. Dies führt auf ein jahrtausendaltes Thema zurück, dass das Bild der griechischen Mythologie verfolgt: „[…] wenn der Held zustimmte, jung zu sterben, so geschah dies, damit sein geweihtes und durch den Tod erhöhtes Leben in die Unsterblichkeit eingehen konnte […]“[4]. Dieses Beispiel zeigt Foucault auch anhand der Tausendundeine Nacht Märchen, bei denen die Motivation des Erzählens bis zum nächsten Morgen, die Verzögerung des Todes war.

Diese Tendenz zur Metamorphose berechtigt das Werk seinen Autor zu töten. Die Grenzen des schreibenden Subjekts sind verwischt und nicht mehr nachvollziehbar, da das schreibende Subjekt Hindernisse zwischen sich und dem was es schreibt schafft. Es kommt zu einer Ablenkung aller Individualität mit der

Folge, dass die verbleibende Handschrift des schreibenden Subjekts nur noch in der „Einmaligkeit seiner Abwesenheit“[5] liegt.

Eine weitere Konsequenz aus dieser Metamorphose ist, dass die Synonyme die dann für den Begriff des Autors eingesetzt werden, das was diesem zugrunde liegt blockieren oder umgehen.

2.1 Werk & Autor

Foucault ist der Meinung, dass die Kritik nicht die Beziehung zwischen Werk und Autor aufdecken oder rekonstruieren solle, sondern die Kritik diene der Strukturanalyse von Werken. Dabei solle man sich mehr auf die Wechselbeziehungen innerhalb eines Werkes oder mit dem Aufbau eines Textes beschäftigen, ganz im Sinne der strukturalistischen Tätigkeit nach Barthes. Daraus resultiert, dass man sich automatisch mit der Frage „Was ist ein Werk?“ auseinandersetzen muss.

Auf die Frage, ob die Aussagen eines Individuums mit Namen Autor auch wirklich „Werk“ zu bezeichnen wären, gibt Foucault eine Lösung an nämlich, dass die durch die Abwesenheit des Autors frei gewordenen Stellen ausfindig und sichtbar gemacht werden sollten.

2.2 Autorrolle und Eigennamen

Ein weiterer Punkt in Foucaults Vortrag ist, die Problematik des Gebrauchs eines Autornamens. Allgemein würde der Autorname dem Eigenenamen in seiner hinweisenden Funktion gleichen. Der signifikante Unterschied würde jedoch darin liegen, dass der Eigenname nicht als Verweis dienen könne: „Es ist offenbar nicht möglich, aus dem Eigennamen einfach einen Verweis zu machen. Der Eigenname (und der Autorname ebenso) haben nicht nur hinweisende Funktionen. Er ist mehr als ein Hinweis, eine Geste ein Fingerzeig; in gewisser Weise ist er das Äquivalent für eine Beschreibung“[6]. Dies verdeutlicht er anhand eines Beispiels nämlich, wenn Shakespeare nicht in dem Haus geboren wäre, dass man als Shakespeare Haus besucht, so würde dies keinen negativen Einfluss auf den Autornamen haben. Würde man jedoch feststellen, dass Shakespeare nicht die Sonette geschrieben hätte, die man für seine hält, so wäre das eine große Veränderung für eine ganze Gattung. Daraus erschließt Foucault die Folge, dass der Autorname in seiner spezifischen Funktion nicht dem Eigennamen gleicht. Und dies wiederrum hieße für den Diskurs, dass es in der heutigen Kultur Diskurse gibt, die eine bestimmte Autorfunktion haben und andere nicht. Daraus folgert Foucault, dass die Funktion des Autors typisch sei für die Funktionsweisen bestimmter Diskurse: „Ein Privatbrief kann einen Schreiber haben, er hat aber keinen Autor; ein Vertrag kann wohl einen Bürgen haben, aber keinen Autor“[7].

2.3 Autorfunktion im Diskurs

„Wie bestimmt sich in unserer Kultur ein Diskurs, der Träger der Funktion Autor ist?“[8] lautet eine weitere Frage, mit der sich Foucault explizit der Autorfunktion widmet. Dabei gibt er vier verschiedene Merkmale zur Erkennung eines Autors an.

Das erste Merkmal der Autorfunktion hat eine Bindung an das Staats- und Rechtssystem. Heute ist das Eigentumsrecht gesetzlich festgelegt, früher jedoch war die „Rede“ kein Produkt, sondern ein Akt, der in der „Bipolarität des Heiligen“[9] seinen Platz hatte. Historisch gesehen war die Rede etwas gefährliches, bevor sie zur Literatur mit eigenem Imperativ wurde.

Im Gegensatz dazu besteht das zweite Merkmal der Autorfunktion aus der unregelmäßigen Wirkung auf alle Diskurse in allen Formen der Kunst. Das heißt, dass die Funktion des eigenen Imperativs nicht für alle Diskurse gilt. Foucault geht hierbei auf die Zeit ein, in der Texte keiner Zuschreibung bedurften. Damals wurden diese in ihrer einfachen Form aufgenommen, bewertet und analysiert ohne, dass sich jemand die Autorfrage stellte. Diese Anonymität bereitete keine Probleme, denn das vermutete oder echte Alter eines Textes reichte als Garantie.

[...]


[1] Barthes, Roland: Der Tod des Autors. In: Texte zur Theorie der Autorschaft. S. 181.

[2] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart. S.233.

[3] Vgl. ebd. S.233

[4] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S.234.

[5] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S.234

[6] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S.237

[7] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S.238

[8] Z. Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S.238

[9] Z. ebd. S.238

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Was ist ein Autor? Theorien der Gegenwartsliteratur von Foucault bis Barthes
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Germanistik)
Veranstaltung
Workshop zur Psychoanalyse und Literatur
Note
1,2
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V334986
ISBN (eBook)
9783668247963
ISBN (Buch)
9783668247970
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Autor;, Theorien, Autorfunktion;, Genieästhetik;, Sturm und Drang;, Foucault;, Strukturalismus;, Barthes;, Diskurs;, Psychoanalyse;
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Was ist ein Autor? Theorien der Gegenwartsliteratur von Foucault bis Barthes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334986

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