Let's talk about porn! Auswirkungen von Pornografie auf das Sexualempfinden von Jugendlichen


Masterarbeit, 2016

124 Seiten, Note: 1,00

Anna-Carina P. (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Zusammenfassung

Abstract

1 Einleitung

2 Definitionen
2.1 Pornografie
2.2 Sexualität
2.3 Sexualpädagogik
2.4 Sexualerziehung
2.5 Jugendalter

3 Sexualität
3.1 Jugend und Sexualität
3.2 Psychosexuelle Entwicklung – vom Kind bis in die Pubertät
3.3 Funktion und Bedeutung von Sexualität
3.4 Jugendschutzbestimmungen

4 Pornografie
4.1 Pornografie im Rückblick
4.2 Konsumverhalten von Pornografie
4.2.1 Arten der Konfrontation mit Pornografie
4.2.2 Häufigkeit der Nutzung
4.3 Arten von pornografischen Inhalten im Web
4.4 Funktion und Bedeutung von Pornografie
4.5 Assoziation Jugendlicher zum Begriff Pornografie
4.6 Motive für den Konsum von Pornografie
4.7 Jugendschutzbestimmungen

5 Pornografie und Sexualität als untrennbare Kombination
5.1 Einfluss von Pornografie auf die Sexualität von Jugendlichen
5.2 Wahrnehmungen und Wirkungen von Pornografie auf die Sexualität

6 Empirie
6.1 Forschungsfrage und Ziel
6.2 Forschungsdesign
6.2.1 Erhebungsinstrument
6.2.2 Stichprobe und Population
6.2.3 Durchführung der Empirie
6.3 Auswertungsverfahren
6.3.1 Kategoriensystem

7 Auswertung
7.1 Fragebogen
7.1.1 Geschlecht
7.1.2 Beziehungsstatus
7.1.3 Das erste Mal
7.1.4 Sexuelle Erfahrungen
7.1.5 Definition Sexualität
7.1.6 Definition Pornografie
7.1.7 Pornografiekonsum – Erstkontakt
7.1.8 Pornografiekonsum – Art der Nutzung
7.1.9 Pornografiekonsum – Häufigkeit
7.1.10 Pornografiekonsum – Umfeld
7.1.11 Pornografiekonsum – Umgebung
7.1.12 Pornografiekonsum – Zugang
7.1.13 Einfluss von Pornografie
7.1.14 Einflussfaktoren von Pornografie
7.2 Gruppendiskussion
7.2.1 Assoziation des Begriffs Sexualität
7.2.2 Assoziation des Begriffs Pornografie
7.2.3 Das Konsumverhalten von Pornografie bei Jugendlichen
7.2.4 Wahrnehmung von Pornografie
7.2.5 Auswirkungen von Pornografie

8 Resümee

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang A – Gruppendiskussionsleitfaden

Anhang B - Fragebogen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum:

Copyright © 2016 Studylab

Ein Imprint der GRIN Verlag, Open Publishing GmbH

Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany

Coverbild: ei8htz

Anna-Carina P., Nadine S.

Let's talk about porn! Auswirkungen von Pornografie auf das Sexualempfinden von Jugendlichen

Danksagung

Zu Beginn möchten wir uns bei all jenen bedanken, die uns sowohl durch unser Studium begleitet und unterstützt, als auch zum Entstehen unserer Masterarbeit beigetragen haben.

Unser Dank richtet sich im Besonderen an:

Unseren Betreuer Herrn Univ.-Prof. Dr. Arno Heimgartner für die durchgehende Unterstützung in unserem Schreibprozess.

Den Dachverband der steirischen Jugendzentren für die Weiterleitung unseres Fragebogens.

Alle Jugendlichen, die im Rahmen unserer Empirie befragt wurden. Insbesondere möchten wir an dieser Stelle die Jugendlichen und das Team im Youthpoint Feldkirchen hervorheben, bei denen wir unsere Gruppendiskussionen durchführen durften.

Herrn Mag. Kristiner für das Korrekturlesen der vorliegenden Masterarbeit.

Unsere Partner Kevin und Benjamin als auch unsere Eltern für die Unterstützung und Motivation im letzten Jahr.

Zusammenfassung

Sexualität ist ein Bestandteil des Menschseins und nimmt eine wichtige Rolle im Leben ein. Im Fachbereich der Sexualpädagogik wird diese Thematik umfangreich mit Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen bearbeitet. In der vorliegenden Masterarbeit gilt es zu klären, inwiefern sich der Konsum von Pornografie auf das Sexualempfinden von Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren auswirkt. Das Phänomen von Jugend und Pornografie wird hier näher betrachtet, um neue Erkenntnisse in diesem Bereich für die Sexualpädagogik zu erarbeiten. In der empirischen Untersuchung wurde eine Fragebogenerhebung mit insgesamt 107 Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren durchgeführt, in welcher nach persönlichen Definitionen und Einschätzungen zu den Themen Sexualität und Pornografie gefragt wurde. Zusätzlich dazu wurde jeweils eine Gruppendiskussion mit einer Mädchen- sowie Burschengruppe durchgeführt, in denen detaillierte Ausführungen des Fragebogens Themenschwerpunkt waren. In diesen Diskussionen wurde spezieller auf die bereits im Fragebogen gestellten Fragen eingegangen. Auch hier waren die Jugendlichen im oben genannten Alter. Die Ergebnisse der Empirie zeigen, dass der Pornografiekonsum tatsächlich Auswirkungen auf die Jugendlichen haben kann und dass es in diesem Bereich große Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.

Abstract

Sexuality is a component of humanity and plays a part in everyday life. The subject of sex education is concerned with this topic from children through adolescents up to adults. In this current master thesis we want to clarify to what extent the consumption of pornography affects the sexual feeling of adolescents at the age of 14 to 17 years. The phenomenon of adolescence and pornography is looked at closely so, that new insights in this field of sex education are developed. In the empirical study a questionnaire was filled in by 107 adolescents between the mentioned ages. Personal definitions and estimations concerning the topics sexuality and pornography were asked. Additionally, a group discussion was implemented separately with boys and girls of the stated ages, in which detailed remarks of the questionnaire were the key subject. The results of the empirical evidence shows that the consumption of pornography indeed has effects on the adolescents and that there are strong distinctions between female and male individuals.

1 Einleitung

In den letzten Jahren konnte ein vehementer Anstieg des Konsums pornografischer Medien bei Jugendlichen verzeichnet werden. Durch die leichte Zugänglichkeit zu pornografischen Inhalten etabliert sich bereits der Begriff „Generation – Porno“. Da in Österreich zum Konsum von Pornografie bei Jugendlichen keine repräsentativen Studien vorliegen, kann man auch keine Rückschlüsse auf eventuelle Auswirkungen auf das jugendliche Sexualempfinden ziehen. Demzufolge ist es umso wichtiger, dieses Thema aufzugreifen und anhand von quantitativen als auch qualitativen Erhebungen neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Die vorliegende Masterarbeit gliedert sich in drei wesentliche Teile. Im theoretischen Teil werden zunächst die wichtigsten Begriffsbestimmungen vorgenommen, um im Anschluss die Thematiken Sexualität und Pornografie genauer zu behandeln. An dieser Stelle werden auch Pornografie und Sexualität als untrennbare Kombination diskutiert. Der empirische Teil der Arbeit gliedert sich in die zwei weiteren zentralen Bestandteile: eine quantitative Fragebogenerhebung sowie zwei qualitative Gruppendiskussionen. Im abschließenden Resümee werden die erhobenen Ergebnisse erörtert, um einen ersten Praxisbezug herzustellen.

2 Definitionen

Um einen Bezug zu diesem vielseitigen Thema herstellen zu können, ist es essentiell, alle dafür notwendigen Begriffserklärungen zu kennen. Es gibt zahlreiche Definitionen, die den Terminus der Pornografie sowie den der Sexualität beschreiben. Um ein allgemeines Verständnis der grundlegenden, auf das Thema abgestimmten Begriffe bilden zu können, werden im Folgenden die einzelnen Definitionen und Begriffsbestimmungen aufgeschlüsselt und deren differenzierte Ansichten näher beleuchtet. Daher werden auch Begriffe aufgegriffen, die mit denen der Sexualität und Pornografie in Verbindung stehen.

2.1 Pornografie

Der Begriff der Pornografie verfügt über vielseitige Anschauungen und lässt sich daher nur schwer allgemeingültig definieren. Die Wortherkunft von Pornografie wird aus den altgriechischen Wortstämmen ,pornè = Hure‘, ,porneuo = Hurerei betreiben‘, als auch ,graphein = schreiben‘ abgeleitet und bedeutet so viel wie „über Huren schreiben“ (Wöhrle 2014, S.18). Demzufolge wird Pornografie als eine Darstellung angesehen, deren Inhalte auf obszöne, aufdringliche und verletzende sexuelle Handlungen abzielen (vgl. Starke 2010, S.8).

Betrachtet man die juristische Definition von Pornografie, kann man feststellen, dass auch hier keine allgemeingültige Begriffsbestimmung in den gesamten österreichischen Gesetzestexten zu finden ist. Unter Artikel 1 der Straf- und Verfahrensbestimmungen des 97. Bundesgesetzes vom 31. März 1950 wurde lediglich folgendes niedergeschrieben:

„§2 (1): Eines Vergehens macht sich schuldig, wer wissentlich a) eine Schrift, Abbildung oder sonstige Darstellung, die geeignet ist, die sittliche oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebes zu gefährden, oder einen solchen Film oder Schallträger einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt anbietet oder überläßt [oder zugänglich macht]“ (Gerichtliche Straf- und Verfahrensbestimmungen §2 (1)).

Des Weiteren kann der Begriff der Pornografie sowohl von einer wertenden als auch von einer inhaltlich-funktionalen Haltung dargestellt werden. Wertende Definitionen bringen zum Ausdruck, dass es sich bei pornografischen Inhalten weder um ästhetische noch um ethische Darstellungen des Geschlechtsaktes handelt (vgl. Schau hin o.J., o.S.). Bei der inhaltlich-funktionalen Pornografie handelt es sich darum, „[dass] nackte Körper und sexuelle Aktivitäten sehr direkt und detailliert dargestellt sind und vorwiegend zum Zweck der sexuellen Stimulation produziert und rezipiert werden“ (Schau hin o.J., o.S.).

Es ist schwer eine für alle allgemein anerkannte und befriedigende Definition des Begriffes Pornografie fassbar zu machen. Ursachen für einen derartigen Umstand können dabei viele sein. Zum einen hat jede Gesellschaft, jeder Mensch seine eigene Vorstellung, was Pornografie definiert. Auch Begriffe, wie beispielsweise „obszön“ oder „schamverletzend“, sind selbst äußert verschwommen in ihrer Definition. Zum anderen ist auch der Stellenwert der eigenen Sexualität ein Grund dafür, wie Pornografie aufgefasst wird (vgl. Starke 2010, S.8f.).

2.1 Pornografie

Bei Pornografie handelt es sich um sexuell reizende Darstellungen, bei denen die Geschlechtsorgane der Personen explizit gezeigt werden und der Geschlechtsakt deutlich erkennbar ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Begriffsbestimmung Pornografie (eigene Definition)

2.2 Sexualität

Mit dem 19. Jahrhundert wurde für sexuelle und geschlechtliche Angelegenheiten der Begriff der Sexualität eingeführt. Zu dieser Zeit bezog sich die Beschreibung des Begriffs auf den Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau, der zumindest in der Literatur zur Fortpflanzung ausgeübt wurde. Sexualität als Bestandteil von Beziehungen oder zur Lust wurde ausgeklammert, wodurch sich eine biologische Sichtweise einstellte (vgl. Raithel/Dollinger/Hörmann 2009, S.281). Bezüglich der Sexualität waren zwei Ansichten vorherrschend. Zum einen gibt es die Anschauung, dass Sexualität durch Triebe und den zugrundeliegenden Hormonen gesteuert wird, und zum anderen soll die Sexualität durch Lernprozesse festgelegt werden (vgl. Altenthan/Betscher-Ott/Gotthardt/Hobmair/Höhlein/Ott /Pöll/Schneider 2008, S.394). „Diesen sehr einseitigen Sichtweisen wird heute das sog. Zwei-Komponenten-Modell entgegen gesetzt, welches sowohl die Bedeutung von Umweltreizen bzw. Lernprozessen für das sexuelle Erleben und Verhalten als auch dessen biologische Grundlagen betont“ (ebd. 2008, S.394). Über Sexualität spricht man allerdings nur im Zusammenhang mit Menschen, da man Tieren einen rein durch Instinkte geleiteten Fortpflanzungstrieb zuschreibt. Menschen wird nämlich hierbei auch eine emotionale Ebene eingeräumt, wodurch sie Wünsche, Gefühle und Sehnsüchte empfinden können. Sexualität beim Menschen hat dieser Auffassung nach auch mit Gefühlen zu tun und wird nicht rein durch Triebe gesteuert (vgl. Salomon 2015, S.36).

„Menschliche Sexualität ist von Natur aus ungerichtet: Infolge der Instinktreduktion des Menschen und seiner von Natur aus mangelhaften Ausstattung sind seine Strebungen nicht auf natürlich fixierte Ziele ausgerichtet“ (Altenthan et al. 2008, S.397). Die menschliche Sexualität ist mitunter durch die Vorstellungen der Gesellschaft bestimmt und nicht durch die Hormone oder den Sexualtrieb. Sie ist von ihrer Natur her ungerichtet und nicht vorab festgelegt. Diese Ungerichtetheit bezieht sich auch auf die Ausrichtung der Sexualität. So ist heterosexuelles oder homosexuelles Verhalten je nach Kultur unterschiedlich angelegt und akzeptiert (vgl. ebd. 2008, S.397). Die Sexualität ist zudem ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeit eines Menschen und es besteht eine nicht unwesentliche Wechselwirkung.

Der Mensch hat das Privileg, seine Sexualität selbstbestimmt ausleben zu können und diese nach seinen Vorstellungen zu gestalten (vgl. Salomon 2015, S.36).

Sexualität steht auch immer in Verbindung mit der Gesellschaft und den darin vorherrschenden ethisch-moralischen und politisch-weltanschaulichen Ansichten. Der Begriff der Sexualität lässt sich schwer allgemeingültig definieren, da sich die menschliche Sexualität äußerst komplex gestaltet (vgl. Altenthan et al. 2008, S.394).

„Der Sexualität kommt als personal verantwortete, menschliche Grundbefindlichkeit ein Eigenwert zu, und sie bedarf der Integration in die Gesamtheit der Person. Obwohl es sich hier scheinbar um ein ganz individuelles Phänomen handelt, ist sie nicht rein privater Natur, sondern auch in gesellschaftliche Zusammenhänge verflochten“ (Raithel/Dollinger/Hörmann 2009, S.281).

Sexualität ist ein Bestandteil des Menschen und kann aus diesem Grund auch nicht getrennt davon betrachtet werden. Sexualität ist mehr als ein Trieb und verknüpft sich im Laufe des Lebens eng mit der Person und beeinflusst sich durch Erfahrungen und das Umfeld (vgl. Altenthan et al. 2008, S.398).

Obwohl es sich als äußerst komplex erweist, hat die Weltgesundheitsorganisation den Begriff der Sexualität wie folgt umfassend definiert:

„Sexuality is a central aspect of being human throughout life and encompasses sex, gender identities and roles, sexual orientation, eroticism, pleasure, intimacy and reproduction. Sexuality is experienced and expressed in thoughts, fantasies, desires, beliefs, attitudes, values, behaviours, practices, roles and relationships. [...] Sexuality is influenced by the interaction of biological, psychological, social, economic, political, ethical, legal, historical, religious and spiritual factors“ (WHO-Regionalbüro und BZgA 2011, S.18).

Mit dieser Definition ist eine erste ausführliche Begriffsbestimmung geschehen, die an die heutige Gesellschaft und den schnelllebigen Zeitgeist angepasst wurde.

Sexualität beginnt bereits im Kindesalter und geht über die Jugend bis hin zur Erwachsenen- und Alterssexualität. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig eine aktuelle Definition zu haben, an welche sich Personen aller Professionen, Religionen und Kulturen orientieren können. Sie begleitet uns alle über unsere gesamte Lebensspanne und wird durch die jeweiligen Umwelteinflüsse verschiedenartig geprägt (vgl. Czok/Schlund/Gavars/Camen/Wutstrack 2014, S.98 f.).

„Sexualität ist ein hochgradig vernetztes Phänomen. Fragen zu Identität, zum Geschlechterverhältnis, zur Gesundheit, zur Lustempfindung, zur Kommunikation, zu Machtverhältnissen, insbesondere zur Selbstbestimmung, zum Tagesablauf, zum Beziehungs- und Familienkonzept usw. sind in Sexualität eingefasst“ (Heimgartner 2015, S.16).

2.3 Sexualpädagogik

Die Entstehung der Sexualpädagogik kann ab Mitte des 20. Jahrhunderts angesiedelt werden. Zu dieser Zeit erschien zum ersten Mal das eigenständige Fach der Sexualpädagogik, welches sich in die Erziehungswissenschaft eingliedert (vgl. Sielert 2005, S.21). Zu Beginn der Sexualpädagogik war eine christliche Sicht in der Gesellschaft weit verbreitet, wodurch sich diese auch stark prägend auf die Pädagogik auswirken konnte (vgl. Czok/Schlund/Gavars/Camen/Wutstrack 2014, S.174). Grundsätzlich lässt sich die Sexualpädagogik in vier Hauptrichtungen untergliedern: traditionell-repressiv, affirmativ-liberal, emanzipatorisch-politisch und emanzipatorisch-individuell sowie skeptisch. Historisch betrachtet hatten viele Personen und politische sowie gesellschaftliche Faktoren Einfluss auf die Sexualpädagogik, was dazu führte, dass es zu unterschiedlichen Zielsetzungen und Positionen kam (vgl. Raithel/Dollinger/Hörmann 2009, S.284). Die moderne Sexualpädagogik beschäftigt sich schlussendlich nicht mehr ausschließlich mit den Körperfunktionen und der Fortpflanzung, sondern auch mit Themen wie Moral, Ethik, sexuellen Orientierungen und sexuellen Identitäten (vgl. Czok et al. 2014, S.129). Sie nimmt einen wichtigen Teil in der Erziehung ein und wird Teil der Bildung. Idealerweise beginnt Sexualpädagogik bereits in der frühen Kindheit und erstreckt sich bis hin ins Erwachsenenalter, wo sie fortlaufend altersentsprechende Themen wiederholt und vertieft (vgl. Kapella 2015, S.21). „Sexualpädagogik ist eine Aspektdisziplin der Pädagogik, welche sowohl die sexuelle Sozialisation als auch die internationale erzieherische Einflussnahme auf die Sexualität von Menschen erforscht und wissenschaftlich reflektiert.“ (Sielert 2005, S.15) Benötigt wird eine Sexualpädagogik, die es vermag Kinder und Jugendliche sexuell zu bilden, indem sie verständlich und authentisch in die Lebenswelt eintritt und darin an bereits Vorhandenem Anschluss findet (vgl. Sielert 2015, S.12). „Aus diesem Grund sollte eine moderne zeitgemäße Sexualpädagogik im Zuge der Förderung der sexuellen Identitätsentwicklung die Jugendlichen besonders dabei begleiten, auch in sexueller Hinsicht zu einer adäquaten Selbstpräsentation in der Lage zu sein“ (Czok et al. 2014, S.86f.) Sexualpädagogik kann nur wirksam sein, wenn sie auf die Ressourcen, Interessen und Bedürfnisse der Menschen gerichtet ist, die sie betrifft. Mit dieser Voraussetzung kann die Maßnahme sexuelle Bildung durchgreifen und zu einem positiven Sexualleben führen (vgl. Sielert 2015, S.13). Die WHO beschreibt unter anderem die Rahmenbedingungen, nach welchen sich die sexualpädagogische Arbeit richten soll. Sexualpädagogik sollte die kulturellen, sozialen und individuellen Unterschiede jeder einzelnen Person berücksichtigen und sich an der Gleichberechtigung der Geschlechter sowie den Menschenrechten orientieren. Die Herangehensweise sollte wissenschaftlich, aber dennoch menschlich sein und sich nicht auf religiöse Ansichten stützen (vgl. WHO-Regionalbüro und BZgA 2011, S.31). Sexualpädagogische Arbeit ist didaktisch sehr unterschiedlich angelegt, da sie sich auf die individuelle Person oder Gruppe sowie auf das spezielle Setting abstimmt und verschiedenste Methoden anwendet (vgl. Czok et al. 2014, S.173). „Sexualpädagogik ist ein professionelles Auseinandersetzungsangebot zum Thema Sexualität an Gruppen oder Einzelpersonen mit einer klaren pädagogischen Zielsetzung, die das Verbinden von Informations- und Handlungsebene ermöglicht.“ (ECF Health Media GmbH 2010, o.S.)

Die Zielsetzung, welche Kommunikationskompetenz, Beziehungsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit, Schutz vor sexualisierter Gewalt, Informations- und Aufklärungsarbeit, Verantwortungsbewusstsein, Verhütungsaufklärung wie auch diverse Präventionsarbeit, psychosexuelle Entwicklungsarbeit, Diversität sowie Toleranz, Offenheit und Respekt beinhaltet, ist weitgefasst. Die Sexualpädagogik versucht auf all diesen Dimensionen anzusetzen, denn nur ein umfassendes Wissen auf den unterschiedlichen Ebenen kann zu einer positiv gelebten Sexualität anleiten (vgl. WHO-Regionalbüro und BZgA 2011, S.31). Sexualpädagogik hat den Auftrag sexuell zu bilden, daher muss sie Teil der Gesamterziehung werden. Im Zuge der Erziehung sollen Rollenbilder aufgebrochen, ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht und somit eine freie Lebensgestaltung gefördert werden (vgl. Gudjons 2008, S.381).

Die dahinter stehende Theorie sollte sich auf vier Säulen stützen, um erfolgreich arbeiten zu können.

a) (Sexuelle) Lebenswelten verstehen

Diese Säule setzt darauf an Lebenswelten in ihrer sexuellen Vielfalt und Verschiedenheit, bezogen auf Erlebnisse, Normen, Werte und Praktiken, zu verstehen. Um sich mit dieser Verschiedenheit zielführend auseinandersetzen zu können, muss zuerst die eigene sexuelle Lebenswelt reflektiert werden.

b) Positive Begleitung in verschiedenen Lebenswelten

Positiv begleiten heißt, Menschen freundlich zu begegnen, sie zu stärken und ihre Lebenswelt anzuerkennen. Dieser Umgang schafft Vertrauen zueinander, wodurch es möglich wird gegebenenfalls konstruktive Kritik zu üben. In diesem positiven Miteinander können Sexualpädagogen und Sexualpädagoginnen präsent sein und unterstützend wirken.

c) Angebote und Alternativen anbieten

Ein Verständnis für das Gegenüber und ein positives Miteinander sind wichtige Voraussetzungen dafür, um Angebote und Alternativen entwickeln und diese danach anbieten zu können. Die Akzeptanz der verschiedenen Hintergründe der Adressaten und Adressatinnen und der Wille Alternativen zu finden, zeichnet hier die professionelle pädagogische Arbeit aus (vgl. Sielert 2015, S.13f.).

d) (Strukturelle) Hilfestellungen

„Strukturelle Hilfestellungen zur sexuellen Bildung bestehen z.B. darin, Zeit und Räume zur Verfügung zu stellen, in denen […] geredet werden kann“ (ebd. 2015, S.14). Somit wird ein Ort geschaffen, an welchem es möglich ist, neue Informationen und bestehendes Wissen auszutauschen und Erlebnisse besprechen zu können. Diese Gespräche sollten allerdings nur Personen führen, welche selber über die nötige sexuelle Bildung verfügen.

Neben diesen vier Säulen gibt es sieben zentrale Merkmale des sexualpädagogischen Handelns, um eine standardisierte Arbeit in der Sexualpädagogik ermöglichen zu können. Diese sehen wie folgt aus:

a) Einbezug der Kinder und Jugendlichen

Kinder und Jugendliche werden systematisch eingebunden, um das sexualpädagogische Angebot möglichst bedarfsorientiert gestalten zu können. Die betroffenen Personen stellen also nicht nur die Empfänger und Empfängerinnen der Arbeit dar, sondern sind auch in einer aktiven Rolle und bereits an der Erarbeitung der Themen und Methoden beteiligt.

b) Interaktivität

Interaktives Arbeiten bedeutet, dass die Themen und Inhalte gemeinsam ausgewählt werden und auch im Bereich „Sprache“ auf die Kinder und Jugendliche eingegangen wird. Dieser respektvolle Umgang ermöglicht eine Kommunikation auf Augenhöhe, welcher in dieser Arbeit eine enorme Wichtigkeit zukommt. Um die Inhalte interessant gestalten zu können und der Gruppe bestmöglich weiterzugeben, werden verschiedene Methoden einbezogen und gemeinsam ausgewählt.

c) Prozessarbeit

Sexualpädagogik ist kein einmaliges Erlebnis, sondern stellt eine kontinuierliche Arbeit dar. Die Entwicklung und auch die sexuelle Entfaltung ist ein lebenslanger Vorgang, wodurch die Sexualpädagogik laufend an das Alter und die Erfahrungen der Zielgruppe angepasst werden muss, damit sie die notwendigen Informationen und Kontaktdaten diverser Beratungsstellen und Dienste vermitteln kann.

d) Multiprofessionalität

Erfolgreiches sexualpädagogisches Handeln bedarf der Einbindung von mehreren Professionalitäten (PädagogInnen, PsychologInnen, TherapeutInnen, etc.) sowie diverser Beratungsstellen und Gesundheitsdienste (vgl. WHO-Regionalbüro und BZgA 2011, S.33 f.).

e) Orientierung am Umfeld der Zielgruppe

Kinder und Jugendliche können nicht frei von ihrem Umfeld betrachtet werden, wodurch es notwendig wird, die Arbeit in diesen Kontext zu verlegen. Sexualpädagogen und Sexualpädagoginnen sollen an die bereits erlebten Ereignisse, Erfahrungen, das bisherige Wissen und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen anknüpfen und dabei die individuelle Kultur, das Alter sowie das Geschlecht und weitere Bedürfnisse (zum Beispiel Religion) im Blick behalten.

f) Zusammenarbeit

Sexualpädagogisches Arbeiten geschieht nicht isoliert, sondern in Zusammenarbeit mit den Eltern und verschiedenen (auch öffentlichen) Beratungs- und Gesundheitsstellen. Jugendarbeit und religiöse Gruppierungen können hier ebenso im Austausch mit den Sexualpädagogen und Sexualpädagoginnen stehen wie die Erziehungsberechtigten und der Lehrkörper.

g) Gendersensibilität

Im Kontext der Sexualität ist es oftmals notwendig, geschlechtshomogene Gruppen zu bilden, damit ein ehrliches und offenes Sprechen ermöglicht werden kann. Eine geschlechtersensible Herangehensweise erachtet es des Weiteren als zielführend, eine unterschiedliche Methodik anzuwenden, da weibliche und männliche AdressatInnen andere Bedürfnisse haben können (vgl. ebd. 2011, S.33f.).

Diese sieben Aspekte sollten in der Arbeit mit Jugendlichen unbedingt beachtet werden. Zudem kann Sexualpädagogik möglichst präventiv sein, wenn sie modern gestaltet wird und sich den verschiedenen Lebensräumen und Lebenswelten Jugendlicher annimmt. Dies bedeutet natürlich auch, eine Verknüpfung mit dem Internet herzustellen. Vor allem soziale Netzwerkseiten können als Plattform für sexuelle Bildung herangezogen werden. Das Internet bietet im Kontext von Sexualität viele Gefahren, aber ebenso einige Möglichkeiten (vgl. Czok et al. 2014, S.86).

Die Sexualpädagogik kann die Augen vor den neuen Medien und der Allgegenwertigkeit des Internets im Leben Jugendlicher nicht ignorieren, sie muss darauf reagieren. Wichtig ist es den Jugendlichen eine Möglichkeit zu bieten, die Informationen aus dem Internet reflektieren zu können und sich darüber auszutauschen, denn die Medien bieten für die Jugendliche in Bezug auf ihre Identität eine Vergleichsmöglichkeit. Vor allem in sexuellen Belangen wie der Orientierung und anderen Präferenzen, können Jugendliche durch die Medien beeinflusst werden. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, diesen sensiblen Entwicklungsabschnitt mit verantwortungsvollem Medienumgang zu begegnen (vgl. Czok et al. 2014, S.88).

„Jugendliche sind bei ihrer Identitätsfindung und –entwicklung sowie der damit verbundenen Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben herausgefordert, sich sowohl in der Alltagsbewältigung als auch in ihrem alltäglichen Leben durch Positionierung und Verankerung ein Bewusstsein für ein eigenes Selbst zu schaffen und neu zu gestalten. Dies findet auch mithilfe der Medien statt“ (ebd. 2014, S.140).

Neben dem Internet gibt es weitere Welten, in denen sich Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung wiederfinden. Sexualpädagogik sollte sich der Zeit anpassen und vor allem in folgenden drei Lebenswelten stattfinden und sich prozesshaft gestalten: in der Familie, in der Schule und in der Beratung. Diese verschiedenen Bereiche bieten alle individuellen Vorteile. Zu den Eltern hat man bereits ein Vertrauen aufgebaut, um ehrliche Gespräche führen zu können. Dennoch ist es manchmal in einer professionellen Auseinandersetzung im Zuge einer Beratung einfacher, sich an gewisse Themengebiete heranzutasten (vgl. Weidinger/Kostenwein/Dörfler 2007, S.2).

2.4 Sexualerziehung

Die Begriffe der Sexualerziehung und Sexualaufklärung werden oftmals synonym verwendet, obwohl sie sich auf zwei verschiedenen Ebenen befinden und andere Ziele verfolgen. Grundsätzlich versteht man unter diesen Bezeichnungen die geschlechtliche Erziehung. Demnach sollen Informationen bezüglich der Sexualität im Kontext der jeweiligen Kultur an Kinder, Jugendliche und auch an Erwachsene weitergegeben werden. Das persönliche sexuelle Verlangen der jeweiligen kulturell bedingten Sexualmoral anzupassen, ist das Ziel einer erfolgreichen Sexualerziehung (vgl. OC Projects, Optendrenk & Calinski GmbH 2015, o.S.). Sexualaufklärung wird als Teil dieser Sexualerziehung verstanden und bezieht sich lediglich auf die biologischen Vorgänge des Körpers. Diese Wissensvermittlung dient als Grundlage, um die Natur des Menschen besser verstehen zu können (vgl. Altenthan/Betscher-Ott/Gotthardt/Hobmair/Höhlein/Ott/Pöll/Schneider 2008, S.401).

„Mit Sexualaufklärung wird in der Regel die Information über Fakten und Zusammenhänge zu allen Themen menschlicher Sexualität bezeichnet, meist als einmaliges Geschehen, mehr oder weniger an Zielgruppen orientiert“ (Sielert 2005, S.15). Sexualaufklärung soll also rein der Informationsvermittlung im Bereich Sexualität, Verhütung, Körper und Geschlechtskrankheiten dienen und ausschließlich über diese Themen aufklären. Das heißt, es wird nicht auf die individuelle Person eingegangen, konkrete Erfahrungen und Emotionen spielen ebenfalls keine Rolle. Bei der Sexualaufklärung werden Kinder und Jugendliche lediglich mit Fakten konfrontiert und es gibt keine Anknüpfung an die tatsächliche Lebenswelt (vgl. ECF Health Media GmbH 2010, o.S.). Sexualaufklärung bezieht sich nicht nur auf den Sexualtrieb und den damit verbundenen Geschlechtsverkehr, sondern, wie bereits erwähnt, auch auf die biologischen Vorgänge im Körper und die Geschlechtsorgane von Mann und Frau. Neben diesen Themen ist es allerdings auch Aufgabe auf Intimhygiene aufmerksam zu machen. Des Weiteren sollten bereits Kinder und Jugendliche darüber informiert werden, wie eine Schwangerschaft zustande kommen kann und wie diese im eintretenden Fall ablaufen würde (vgl. OC Projects, Optendrenk & Calinski GmbH 2015, o.S.).

Sexualerziehung ist nicht mit Sexualaufklärung gleichzusetzen und meint daher auch nicht das Gespräch, in dem Kindern und Jugendlichen erklärt wird, wie Geschlechtsverkehr funktioniert und eine Schwangerschaft entsteht. Sexualerziehung ist eine emotionale Begleitung von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf Körperwahrnehmung, Körperbewusstsein, Konflikte, Respekt, sexuelle Entwicklung, Offenheit, Grenzen, Geschlecht und Emotionen. Sie ist überall da, wo Sexualität im Kontext von Kindern und Jugendlichen gedacht wird (vgl. ECF Health Media GmbH 2010, o.S.).

„Sexualerziehung ist […] notwendig, weil menschliche Sexualität von Natur aus auf kein Ziel gerichtet und im Gegensatz zur Tierwelt nicht durch Instinkte abgesichert ist. Dabei versteht man unter Sexualerziehung alle geplanten, absichtlich herbeigeführten Maßnahmen, die Eltern und andere Erzieher ergreifen, um die Sexualität von Heranwachsenden zu beeinflussen“ (Altenthan et al. 2008, S.399).

Kinder und Jugendliche unterziehen sich allerdings nicht nur gewollt einer Sexualerziehung, sondern auch ungewollt durch verschiedene Medien wie Bücher, Filme, das Internet oder Peergroups. Des Weiteren spielt das Umfeld und die dort wahrgenommenen Vorbilder eine wichtige Rolle.

Die Kombination von beabsichtigter und unbeabsichtigter Sexualerziehung wird als eine sexuelle Sozialisation von Kindern und Jugendlichen bezeichnet. Aus diesem Zusammenwirken entsteht Wissen über akzeptierte sexuelle Handlungen, Normen und Werte, sowie auch Geschlechterzuschreibungen und sexuelle Verhaltensweisen (vgl. ebd. 2008, S.400). Sexualerziehung sollte hinsichtlich der Wichtigkeit neuer Medien im Lebensalltag von Jugendlichen auch auf Themengebiete wie Pornografie Bezug nehmen und diese nicht totschweigen (vgl. Starke 2010, S.84). Sie soll bewirken, dass Kinder und Jugendliche Sexualität als Teil des Menschseins verstehen und über die verschiedenen Funktionen, neben der Fortpflanzung, Bescheid wissen. Vor allem soll Sexualität nicht als Triebverhalten gesehen werden, sondern in einem sozialen Bezug zu anderen Personen stehen. Durch die Sexualerziehung soll es möglich sein, ein positives Körpergefühl und eine positive Grundeinstellung gegenüber Sexualität zu vermitteln, wodurch es für Kinder und Jugendliche einfacher werden soll, über ihre eigene Sexualität sprechen zu können. Neben diesen Bereichen wird auch noch das Ziel verfolgt, auf ein verantwortungsvolles Sexualleben hinzuführen. Krankheiten und andere Gefahren sollen ausreichend thematisiert werden, damit ein theoretischer Grundstein für spätere sexuelle Erfahrungen gelegt ist. Sexualerziehung ist Bestandteil der allgemeinen Erziehung von Kindern und Jugendlichen und sollte als Teil dieser angesehen werden, denn Werte wie Toleranz, Akzeptanz und Rücksicht gehören in allen Bereichen des Miteinanders vermittelt (vgl. Altenthan et al. 2008, S.401f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ziele der Sexualerziehung (Altenthan, et al. 2008, S.404)

Die Sexualerziehung ist ein sensibler Bereich der Erziehung und sollte aus diesem Grund nur von Personen unternommen werden, die sich ihrer eigenen Sexualität bewusst sind und diese verantwortungsvoll leben (vgl. Salomon 2015, S. 37). „Moderne Auffassungen gehen davon aus, dass Aufklärung kein einmaliges Ergebnis, sondern ein ständiger Prozess sein sollte. Für wichtig werden nicht nur Faktenwissen, sondern auch Erlebensaspekte und Problematisierungen betrachtet“ (Starke 2010, S.79). Sexualaufklärung und Sexualerziehung müssen sich dem Wandel der Zeit anpassen und sich der jeweiligen Generation mit all ihren Bedürfnissen, Ängsten und Fragen stellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zusammenfassung Sexualerziehung vs. Sexualaufklärung (eigene Definition)

Exkurs Sexualerziehung in historischer Betrachtung

Sexuelle Aufklärung und die daraus entstandene Sexualerziehung stellen erst seit ungefähr 40 Jahren ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft dar. Vor dieser Zeit galt die menschliche Sexualität als großes Tabuthema und selbst einfache Informationen rund um Sexualität wurden als nicht angebracht und unnötig angesehen (vgl. Czok et al. 2014, S.11). Betrachtet man die Sexualerziehung historisch, werden drei wesentliche Bewegungen ausgemacht, die unsere Gesellschaft in den letzten 100 Jahren maßgeblich geprägt haben:

a) Negative Sexualerziehung

Die negative Sexualerziehung wird auch als unterdrückend und autoritär bezeichnet. Sie entstand bereits im 18. Jahrhundert und wirkte bis in die 1950er Jahre auf unsere Gesellschaft ein. Zu dieser Zeit war Sexualität ein Tabu, weshalb Kinder und Jugendliche nicht aufgeklärt, sondern weitgehend von dieser Thematik ferngehalten wurden. Sexualität wurde auf die Reproduktionsfunktion und diverse Gefahren, wie Geschlechtskrankheiten, reduziert. Sexualität sollte sich rein auf die Fortpflanzung in der Ehe beschränken (vgl. Czok et al. 2014, S.13f.). Kinder und Jugendliche sollten vor der eigenen Sexualität geschützt werden, indem sie nichts darüber erfahren. Sie sollten gezielt durch Mythen vom Wunsch nach sexuellen Erfahrungen abgehalten werden und selbst von Masturbation war Abstand zu nehmen (vgl. Martin 2013, S. 671f.).

b) Scheinaffirmative Sexualerziehung

Die scheinaffirmative Sexualerziehung löste die negative Sexualerziehung ab, stellt diese allerdings nur in einer schwächeren Form dar. Sexualität ist hier nicht mehr so stark tabuisiert, so sind zum Beispiel Selbstbefriedigung und sexuelle Erfahrungen außerhalb des Zeugungsaktes möglich. Eine homosexuelle Orientierung ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr unter Strafe gesetzt. Die Aufklärung in der scheinaffirmativen Sexualerziehung bezieht sich dennoch lediglich auf das biologische Vorgehen im Körper, also lediglich auf die Fortpflanzung und Schwangerschaft. Den Höhepunkt hat diese Auffassung im Jahr 1968 erreicht (vgl. Czok et al. 2014, S.18f.).

c) Emanzipatorische Sexualerziehung

Die emanzipatorische Sexualerziehung hat ihren Start nach 1968 und wird zum fixen Gegenstand in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Vor allem junge Menschen möchten das Thema Sexualität von dem ihr auferlegten Tabu befreien, was wiederum zu Diskrepanzen mit älteren Generationen führte. Der Mensch als sexuelles Wesen wird als solches wahrgenommen und rückt als Bestandteil in die Gesellschaft ein, sodass auch Kindern und Jugendlichen ihre Sexualität zugestanden wird (vgl. ebd. 2014, S.20f.). Die sexuelle Entwicklung im Kindes- und Jugendalter wird zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Arbeit aufgenommen und beschrieben.

2.5 Jugendalter

Der Begriff Jugend bzw. Jugendalter wird vermehrt in unserer Gesellschaft als universeller Terminus verwendet. Daher kann der „zentrale Begriff der Jugend nicht mehr trennscharf [wirken] und somit [entstehen vehemente] Verständigungsprozesse über das soziale Geschehen […]“ (Winkler 2012, S.254). Darüber hinaus muss das Jugendalter aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden – egal ob auf biologischer, sozialer/ kultureller oder juristischer Ebene.

Das Jugendalter wird auf biologischer Ebene als einen Zeitraum verstanden, der sich von der Kindheit bis in das Erwachsenenalter vollzieht. Die Jugendphase beginnt daher mit dem Eintreten der Pubertät und der Geschlechtsreife, die zur Fortpflanzung befähigt (vgl. Richter 2011, S.28). Jedoch muss der Begriff auch aus Sicht einer soziologischen Perspektive vervollständigt werden. Winfried Böhm (2005) verdeutlicht dies in seinem Wörterbuch der Pädagogik folgendermaßen:

„Danach tritt Jugend als besonderer sozialer Status erst in entwickelteren Gesellschaften auf, wenn zur Familie neue Sozialisationsinstanzen hinzukommen, eine Art zweiten sozialen Horizont schaffen, der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenleben immer mehr ausgedehnt wird und so allmählich eine jugendliche Teilkultur entsteht“ (Böhm 2005, S.327).

In der österreichischen Gesetzgebung lässt sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Altersdefinitionen für Jugendliche finden. „Die Jugendschutzgesetze der Bundesländer Burgenland, Niederösterreich und Wien sind in für den Jugendschutz relevanten Bestimmungen aufeinander abgestimmt und verwenden nur noch den Begriff ‚junger Mensch‘“ (Bundeskanzleramt 2015, o.S.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Überblick Begriff Jugend bundeslandspezifisch (Bundeskanzleramt Help.GV.at 2016, o.S.)

Wie die Abbildung 5 verdeutlicht, zeigen sich eindeutige Unterschiede in den einzelnen Bundesländern bezüglich des Jugendalters. In den meisten Ländern gelten alle Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als Jugendliche (vgl. Saal 2016, S.5). Eine Ausnahme bildet hierbei Salzburg, „in dem das Jugendalter schon mit dem vollendeten 12. Lebensjahr beginnt“ (ebd. 2016, S.5).

„Die UNO definiert Jugendliche als Personen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren“ (Vereinte Nationen 2010, S. 4). In dieser Altersspanne wird aber weiterhin von Teenagern (13 bis 19 Jahre) und Burschen Erwachsenen (20 bis 24 Jahre) unterschieden.

Jugend kann als Zeitabschnitt im Leben gesehen werden, in welchem sich Menschen im Alter zwischen 13 und 21 Jahren befinden (vgl. Richter 2011, S.27f.). „Global betrachtet ist damit eine Übergangsperiode gemeint, die zwischen Kindheit und Erwachsenenalter liegt. Die Zuschreibung der Attribute ‚nicht mehr Kind‘ und ‚noch nicht Erwachsener‘ akzentuiert eine ‚Zwischenposition‘ […]“ (Dreher/Sirsch/Strobl/Muck 2011, S.49). Jugend ist also eine Zwischenstation im Leben, in welcher man noch die Vorzüge aus der Kindheit genießen darf, aber auch schon Stück für Stück die Erwachsenenwelt mit all ihren Möglichkeiten erkunden kann.

3 Sexualität

Sexualität wird als Teil der persönlichen Identität angesehen und durchläuft somit die Entwicklung und das Lernen einer Person mit. Dieser Prozess hat zu Folge, dass es zu einer unterschiedlichen Dynamik im Persönlichkeitsbereich kommen kann. Sexualität ist demnach stark individuell geprägt und kann als eine Lebensaufgabe betrachtet werden (vgl. Salomon 2015, S.37). Sexualität gehört zum Menschsein dazu. Sie ist ein natürlicher Bestandteil und sollte als solcher anerkannt werden. Sexualität entsteht nicht etwa erst im Erwachsenenalter. Die Grundfähigkeit zu sexuellem Erleben existiert bereits von Geburt an und bleibt bis ins hohe Alter bestehen. Obwohl Sexualität auch negative Ausprägungen wie sexualisierte Gewalt haben kann, sollte dennoch die Möglichkeit bestehen, sexuelle Erfahrungen sammeln zu können, um eine eigene sexuelle Identität entfalten und leben zu können (vgl. Winkler 2015, S.5).

Sexualität erstreckt sich über die gesamte Lebensdauer und wird durch das Umfeld und die gelebten Erfahrungen stark beeinflusst. Aus diesem Grund wird der Jugend oft angelastet, ein anderes Bild von Sexualität als das der Erwachsenen der Gesellschaft zu haben. Oftmals werden sie als „Generation Porno“ bezeichnet und mit sexueller Verwahrlosung in Verbindung gebracht. Man unterstellt jugendlichen Personen keine gesunde oder „normale“ Sexualität entwickeln zu können, wodurch der allgemeine Entwicklungsprozess gefährdet sein soll (vgl. Stecklina 2015, S.26). „Wichtig ist allerdings, im Hinterkopf zu behalten, dass jede Zeit ihren eigenen Wertekanon hat, was sexuell ungewöhnlich bzw. ausschweifend oder der Norm entsprechend ist“ (Wöhrle/Wöhrle 2014, S.95) Besonders auf dem Gebiet der Sexualität ist es demnach wichtig, Sex nicht ohne den vorherrschenden Zeitgeist in einer Gesellschaft zu betrachten. Zusätzlich zur zeitlichen Dimension kommen auch kulturelle Unterschiede hinzu, welche wiederum das Individuum und dessen Vorlieben prägen (vgl. ebd. 2014, S.95).

In den folgenden Kapiteln wird Sexualität speziell im Jugendalter beschrieben, näher auf die Entwicklungsschritte und Funktionen eingegangen, sowie über Jugendschutzbestimmungen informiert.

3.1 Jugend und Sexualität

Das Thema Sexualität ist für Jugendliche in der Zeit ihrer Entwicklung von großem Interesse. Sie wollen ihren Körper kennenlernen, Informationen über Geschlechtsverkehr bzw. diverse sexuelle Praktiken einholen und sich somit für das „Erste Mal“ rüsten (vgl. Wöhrle/Wöhrle 2014, S.68). Auffallend ist, dass junge Menschen in der heutigen Zeit aufgeschlossener hinsichtlich ihres Körpers und dessen biologischen Funktionen sind als frühere Generationen. Obwohl sie Wissen über verschiedene Sexualpraktiken haben möchten, stellt sich wiederum eine enorme (Wissens-)Lücke in Bezug auf die Biologie des Körpers bei sexuellen Vorgängen heraus (vgl. Grimm/Rhein/Müller 2011, S.222f.).

Jugendliche sind nahezu allgegenwärtig mit Sexuellem konfrontiert und daher ist eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik fast zwingend und stellt eine enorme Entwicklungsaufgabe dar. Jugendsexualität kann auf zwei unterschiedliche Arten betrachtet und gehandhabt werden. Auf der einen Seite kann Jugendlichen ihre Sexualität abgesprochen werden, indem man diese ignoriert. Auf der anderen Seitekönnen junge Menschen als Sexualwesen angesehen werden, deren Sexualität anerkannt und akzeptiert wird. Bei dem zuletzt genannten Punkt ist es möglich, Jugendliche in ihrer sexuellen Entwicklung unterstützend zur Seite zu stehen und sie auf diesem Weg zu begleiten (vgl. Starke 2010, S.80).

Jugendsexualität hängt des Weiteren stark von den Umwelteinflüssen und der umgebenden Gesellschaft ab. Die Veränderungen stehen immer im Kontext der verschiedenen Einflüsse junger Menschen (vgl. Gernert 2010, S.71). Jugendliche haben mehrere Lebenswelten die nebeneinander existieren, welche sich zwar nicht immer vollständig voneinander abgrenzen lassen, doch durch die jeweiligen Regeln klar strukturiert sind. Es gibt vier zentrale Lebenswelten, die für Jugendliche in ihrer Entwicklung ausschlaggebend sind. Als erste Lebenswelt ist die Herkunftsfamilie zu nennen, welche besonders prägend für Strukturen und Regeln ist und als Vorbereitung für das spätere Leben angesehen werden kann. Die zweite Lebenswelt ist die Peergroup, die für die Ablöse aus der Herkunftsfamilie, zum Erforschen der Umwelt und knüpfen neuer Kontakte dient (vgl. Czok et.al 2014, S.90ff.). Als dritte Lebenswelt definiert man die Schule beziehungsweise die Arbeitsstelle. Hier sollen die Jugendlichen lernen, eine eigene Perspektive zu entwickeln und sich somit in die Gesellschaft zu integrieren.

Zu diesen drei genannten Lebenswelten gesellt sich noch eine vierte hinzu, welche vor allem in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen hat: das Internet. Das Internet ist ein modernes Phänomen. Durch seine Interaktivität und räumliche Ungebundenheit ist es für Jugendliche über das Smartphone, den Laptop oder auch über ein Tablet jederzeit zugänglich (vgl. ebd. 2014, S.94ff.).

Ein weiteres erwähnenswertes Thema in Bezug auf Jugend und ihre Sexualität ist der Vorwurf, sie seien sexuell sehr freizügig und gar verwahrlost im Vergleich zu vorherigen Generationen. Die Anschuldigung, dass Jugendliche immer früher sexuelle Erfahrungen sammeln, ist allerdings haltlos, denn es gab schon in früherer Zeit einen nahezu konstanten Teil unter der Jugend, welcher früher als der Rest sexuell aktiv war (vgl. Starke 2010, S.86). Das Alter für das „Erste Mal“ liegt zwischen 16 und 19 Jahren, wobei Mädchen oftmals früher sexuell agieren als gleichaltrige Burschen (vgl. Grimm/Rhein/Müller 2011, S.92). Demnach hat sich das Alter für den ersten Geschlechtsverkehr über die Jahre lediglich minimal nach unten verschoben, was keine große Veränderung in der Jugend zur Folge hat (vgl. ebd. 2011, S.222). Konfrontiert man Jugendliche mit dem Begriff „Sexualität“, werden prompt einige Assoziationen dazu genannt. Auffällig ist es, dass besonders Gefühle und Emotionen damit in Verbindung gebracht werden. Obwohl Sexualität recht weit gefasst wird, verknüpfenJugendliche den Begriff am häufigsten mit Liebe, Partnerschaft, Vertrauen, Nähe und Kommunikation. (vgl. Raithel/ Dollinger / Hörmann 2009, S.281) Wie sich daraus ableiten lässt, ist Sexualität besonders mit Beziehungen und Zärtlichkeiten verbunden und dient nicht nur der reinen Lust und Spaßfunktion. Die Vielzahl der ersten sexuellen Erfahrungen im Burschen Alter haben mit der sozialen Situation zu Hause und im Umfeld der Jugendlichen zu tun, sowie mit der jeweiligen Persönlichkeitsentwicklung. Grundsätzlich finden sexuelle Kontakte von Jugendlichen aus Liebe und in festen Beziehungen statt. Von sexueller Verwahrlosung auf Grund der Generation kann demnach nicht gesprochen werden (vgl. Starke 2010, S.86). Das macht deutlich, dass der Beziehungsaspekt für Jugendliche bedeutsam ist. Umgekehrt lässt sich auch sagen, dass für junge Menschen zu einer erfolgreichen Beziehung eine gemeinsame Sexualität mit seinem Partner oder Partnerin dazugehört. Sie sehen den Geschlechtsverkehr als etwas Natürliches und Notwendiges an, was wiederum die Nähe und das Vertrauen in der Paarbeziehung stärkt. Bezogen auf Mädchen könnte man bei Sexualität von einem affektiv-emotionalen Aspekt, gekennzeichnet von Liebe und Vertrauen sprechen und weniger von einem Trieb oder körperlichen Bedürfnis (vgl. Grimm/Rhein/Müller 2011, S.176). Bezüglich Geschlechtsverkehrs wird vor allem an heterosexuelle Handlungen gedacht. Unterscheidet man die Assoziationen nach dem Geschlecht so fällt auf, dass Mädchen Glück mit Sexualität verknüpfen und doppelt so oft (30%) „Zärtlichkeit“ nennen als Burschen. Geschlechtskrankheiten wie Aids werden gehäuft von Burschen genannt, wohingegen „ficken“ und „Pornografie“ ausschließlich bei männlichen Befragten mit Sexualität assoziiert werden. Küssen, Vertrauen, Leidenschaft und Spaß, sowie Wohlfühlen und Verhüttungsmittel werden in diesem Kontext auch als wichtig erachtet (vgl. Starke 2010, S.167). Entgegengesetzt dazu nahm in letzter Zeit der Pornokonsum von Mädchen zu. Anders als bei Burschen spielen Pornos zur Selbstbefriedigung und in der Zeit einer Beziehung allerdings keine Rolle (vgl. Grimm/Rhein/Müller 2011, S.179ff.). Jugendsexualität wird oftmals als pornobestimmt angesehen, denn viele Jugendliche nutzen diese Bilder und Videos neben der Selbstbefriedigung auch zum Kompetenzerwerb und wollen sich damit informieren. Durch dieses Material ist es ihnen möglich, sich Sex und Sexualpraktiken bildlich vorzustellen, um zu wissen, was sie erwartet. Demnach spielt Pornografie eine große Rolle im Jugendalter (vgl. Starke 2010, S.81). Aus diesem Grund besitzen Jugendliche theoretisches Wissen über Sexualität, doch haben sie zu diesem Zeitpunkt noch keine echten Erfahrungen gesammelt.

Oftmals haben junge Menschen bereits fixe Vorstellungen von dem Geschlechtsakt im Kopf, bevor sie überhaupt ihr „Erstes Mal“ hatten. Dadurch kann es vorkommen, dass die Jugendlichen unter Druck geraten. Burschen haben Angst, nicht die gewünschte Leistung erbringen zu können, wohingegen Mädchen vor allem durch die körperliche Perfektion der Frauenkörper und diverse gesehene Sexualpraktiken eingeschüchtert werden. Im Bereich der sexuellen Handlungen kommt es häufig zu Nachahmungsverssuchen, was unter anderem Analsex oder Gruppensex einschließt. Diese Imitationen stoßen in der Realität meistens auf Gegenwehr, da vor allem Mädchen nicht zu allen Methoden ihre Zustimmung geben möchten (vgl. Grimm/Rhein/Müller 2011, S.222ff.).

Trotz dieser ständigen Konfrontation mit Sexualität, Geschlechtsverkehr und Sexualpraktiken haben die meisten jungen Menschen eine positive Einstellung dazu und haben den Begriff „Sexualität“ positiv besetzt. Sie sehen Sex als etwas Angenehmes an und bringen damit keine negativen Merkmale in Verbindung (vgl. Starke 2010, S.62).

3.2 Psychosexuelle Entwicklung – vom Kind bis in die Pubertät

Die psychosexuelle Entwicklung beginnt für das Kind bereits während der Schwangerschaft. Der psychische Zustand der Mutter sowie deren Einstellung zu Sexualität übertragen sich auf direktem Weg auf das Ungeborene. Der Vorgang der Geburt stellt am Ende der Schwangerschaft eine wichtige Erfahrung dar, welche mit allen Sinnen erlebt und empfunden wird (vgl. Sielert 2005 S.101). Mit dem Eintritt in das Leben beginnt das Lernen und Erleben. Vor allem am Anfang können sich Babys durch Berührungen und Saugen ausdrücken bzw. verständlich machen. Der Hautkontakt zu anderen Personen und das Abtasten der eigenen Geschlechtsteile sind hierbei ganz natürlich. Weitere Sinneswahrnehmungen wie riechen, schmecken, sehen und fühlen sind ebenfalls Teil kindlicher Sexualität (vgl. Wanzeck-Sielert 2003, S.3). Bereits zu Beginn des Lebens haben Babys Grundfähigkeiten für eine sexuelle Entwicklung in sich, wie zum Beispiel die Fähigkeit zur Erregung, Nervenbahnen in den genitalen Regionen, Gefühlswahrnehmungen, Bewegungsfähigkeit einzelner Körperteile, Lustfähigkeit und das Aufzeigen von Gefühlen. Obwohl es wissenschaftlich keine Beweise für die Wahrnehmung von Berührungen im genitalen Bereich von Babys gibt, gilt die Annahme, dass auch Kleinkinder bereits dazu fähig sind (vgl. Weidinger 2015, S.38). Die emanzipatorische Sexualerziehung lenkt den Blick erstmals darauf, dass auch Kinder eine Sexualität besitzen. Sie sieht Kinder als neugierige Wesen, die ihren Körper erforschen wollen. Betont wird die Wichtigkeit, dieses Kennenlernen nicht zu stoppen oder zu unterbrechen. Im Gegenteil - das Kind soll ein positives Gefühl zum Körper und seinen Empfindungen aufbauen, was wiederum im späteren Verlauf ein positives Sexualverhalten zur Folge haben könne (vgl. Czok et al. 2014, S.21f.).

„Von null bis sechs Jahren ist das sexuelle Lernen des Kindes geprägt von Neugierde und Forschen. Die Entwicklungsaufgaben beziehen sich in dieser Altersspanne in erster Linie auf das Kennenlernen des eigenen Körpers, vor allem des eigenen Geschlechtsorgans und das Begreifen und Kennenlernen anderer Körper“ (Weidinger 2015, S.39). Um diese Reise antreten zu können, müssen Kinder nur gezielt greifen können. Dadurch lernen sie ihren Körper im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen und erlernen Angenehmes von Unangenehmem zu unterscheiden. Diese Berührungen von einem selbst oder anderen werden oft als lustvoll angesehen, wobei es für das Kind keine andere Freude darstellt als im Garten zu spielen. Aus diesem Grund werden in dieser kindlichen sexuellen Erfahrungswelt keine Werte auf Regel, Aussehen oder das Geschlecht gelegt (vgl. ebd. 2014, S.39).

„Ob der Einzelne eine positive oder negative, eine bejahende oder verneinende oder angstbesetze Einstellung zu seiner Sexualität besitzt, ist von bestimmten Erfahrungen, die das Individuum macht, abhängig. Psychologische Grundlagen wie das Hormonsystem bilden zwar die Voraussetzung für das sexuelle Erleben, sexuelle Verhaltenswesen werden jedoch im Laufe des Lebens erlernt, vorrangig in der frühen Kindheit.“ (Altenthan et al. 2008, S.398).

[...]

Ende der Leseprobe aus 124 Seiten

Details

Titel
Let's talk about porn! Auswirkungen von Pornografie auf das Sexualempfinden von Jugendlichen
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Institut der Erziehungswissenschaften der Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät)
Note
1,00
Autoren
Jahr
2016
Seiten
124
Katalognummer
V334688
ISBN (eBook)
9783668272378
ISBN (Buch)
9783946458951
Dateigröße
2141 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pornografie, Jugend, Sexualität, Sozialpädagogik, Sexualpädagogik, Pädagogik, Medien, Konsum, Sexualerziehung, Sexualaufklärung
Arbeit zitieren
Anna-Carina P. (Autor:in)Nadine S. (Autor:in), 2016, Let's talk about porn! Auswirkungen von Pornografie auf das Sexualempfinden von Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334688

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