Die finanzmathematische Bewertung von Zinsswaps und deren Bilanzierung nach HGB und IFRS


Bachelorarbeit, 2015

64 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung

2. Zinsrisiken und Zinsswaps zu deren Absicherung

3. Zinsswaps als Finanzinstrument
3.1. Die Funktionsweise von Zinsswaps
3.2. Liability-Swaps
3.3. Asset-Swaps
3.4. Intermediäre als Swap-Partner
3.5. Weitere Arten von Zinsswaps
3.6. Motive für den Abschluss eines Swap-Kontraktes
3.7. Komparative Kostenvorteile
3.7.1. Die Funktion komparativer Kostenvorteile
3.7.2. Kritik an komparativen Kostenvorteilen

4. Isolierte Bewertung und Bilanzierung von Zinsswaps
4.1. Die finanzmathematische Bewertung von Zinsswaps
4.1.1. Grundlagen zur Bewertung von Zinsswaps
4.1.2. Bewertung bei Vertragsschluss
4.1.3. Bewertung bei Änderung des Marktzinssatzes
4.1.3. Sonstige Aspekte bei der Bewertung von Zinsswaps
4.2. Behandlung von Zinsswaps nach deutschem Handelsrecht
4.2.1. Relevante Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
4.2.2. Bilanzierung und Bewertung nach Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung
4.3. Behandlung von Zinsswaps nach IFRS
4.3.1. Grundlagen zur Rechnungslegung nach IFRS
4.3.2. Klassifizierung und Bewertung von Finanzinstrumenten nach IFRS
4.3.3. Bilanzierung und Bewertung von Zinsswaps nach IFRS

5. Kompensatorische Bewertung und Bilanzierung von Zinsswaps
5.1. Kompensatorische Behandlung von Zinsswaps nach HGB
5.1.1. Bewertungseinheiten
5.1.2. Bilanzierung von Bewertungseinheiten
5.2. Hedge Accounting nach IFRS
5.2.1. Voraussetzungen
5.2.2. Klassifizierungen
5.2.3. Bilanzierung und Bewertung eines Fair Value-Hedges
5.2.4. Bilanzierung und Bewertung eines Cashflow-Hedges

6. Zukünftige Bilanzierung von Zinsswaps nach IFRS

7. Fazit

Quellenverzeichnis

Internetquellen

Literatur

Rechtsquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: 12-Monats-LIBOR im Zeitraum September 2014 - September

Abbildung 2: Beispiel für einen Standardzinsswap

Abbildung 3: Liability-Zinsswap mit Zahlungsströmen an eine Bank

Abbildung 4: Asset-Zinsswap mit Zahlungsströmen an den Emittenten einer variabel verzinslichen Anleihe

Abbildung 5: Zinsswap mit Bank als Intermediär

Abbildung 6: Konditionen zum Abschluss von Zinsswaps der Hessischen Landesbank vom 16.10.2015 (Auszug)

Abbildung 7: Zinskonditionen zweier Unternehmen zur Aufnahme von Darlehen

Abbildung 8: Beispielkonstellation bei Nutzung komparativer Kostenvorteile

Abbildung 9: Beispielübersicht der Zahlungen eines Payer-Zinsswaps

Abbildung 10: Formel zur Berechnung des Barwertes der Festzinsseite für das Jahr 2016

Abbildung 11: Zahlungsströme der Festzinsseite eines Payer-Zinsswaps

Abbildung 12: Zahlungsströme eines Payer-Zinsswaps nach Änderung des Marktzinssatzes

Abbildung 13: Klassifizierungen von Finanzinstrumenten nach IFRS

Abbildung 14: Grundsätzliche Vorgehensweise bei der Bilanzierung eines Fair Value-Hedges

Abbildung 15: Grundsätzliche Vorgehensweise bei der Bilanzierung eines Cashflow-Hedges

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

Die heutige Zeit ist geprägt von einer hohen Wechselhaftigkeit, einem Zwang zur Optimierung und der Suche nach dem individuell vorteilhaftesten Geschäft eines je- den Individuums. Dies gilt nicht nur für das alltägliche Privatleben vieler Menschen, sondern auch für das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland und der Welt. Bei einem Geschäft, das es zu optimieren gilt, kann es sich beispielsweise um einen Kauf oder Verkauf, eine Miete oder Vermietung, oder auch um einen finanziellen Kontrakt han- deln, der von Zinsen abhängig ist.

Zinssätze an Finanzmärkten, die Teil eines derartigen Vertrages werden, können na- turgemäß Schwankungen unterliegen. Derartige Schwankungen bergen für viele Un- ternehmen Risiken, können aber auch enorme Chancen mit sich bringen. Um eben diese Risiken zu minimieren oder die sich bietenden Vorteile zu nutzen, hat sich eine breite Masse an Möglichkeiten von Geschäften herausgebildet. Eine davon ist der Zinsswap. Durch einen Austausch bestimmter Zinszahlungsströme können Unterneh- men damit ihre Zinsstruktur verändern. Dadurch haben sie die Möglichkeit sich vor Risiken des Marktes zu schützen und/oder ihre ursprüngliche Lage zu verbessern.

Unternehmen haben, unter anderem abhängig von ihrer Größe, bestimmte Publizi- tätspflichten. Wird nun ein Zinsswap vereinbart, bleibt die Frage nach seiner Bewer- tung und seinem Erscheinen in den zu veröffentlichenden Dokumenten. Dieser Frage nimmt sich die vorliegende Arbeit an. Dabei nimmt die Bewertung und Bilanzierung von Zinsswaps in Sicherungsbeziehungen eine große Rolle ein. Beleuchtet wird mit dem Handelsgesetzbuch (HGB) die Darstellung nach deutschem Recht und, mit den International Financial Reporting Standards (IFRS), eine wichtige Rechtsquelle des internationalen Rechts. Auf Währungsswaps, auf weitere Rechtsquellen der Rech- nungslegung und steuerliche Aspekte wird aufgrund des Rahmens der vorliegenden Arbeit nicht eingegangen.

2. Zinsrisiken und Zinsswaps zu deren Absicherung

In der Welt der Wirtschaft gibt es eine nahezu unüberschaubare Menge von mögli- chen finanziellen Geschäften zwischen Unternehmen, Privatpersonen, Banken, Staa- ten und anderen Marktteilnehmern. All diese Geschäfte bergen verschiedenste Arten von Risiken in sich. Beispielsweise kann es bei finanziellen Geschäften zu sogenann- ten Marktrisiken kommen. Damit gemeint ist das Risiko der negativen Veränderung von Marktwerten. Ein wichtiger Bestandteil des Marktrisikos ist das Zinsänderungsri- siko. Hält ein Unternehmen beispielsweise einen Vermögensgegenstand, dessen Wert in Abhängigkeit zu bestimmten Marktzinssätzen steht, ist dieser Vermögenswert von einem Zinsänderungsrisiko betroffen. Ein weiterer wichtiger Risikofaktor ist das Kre- ditrisiko. Ein Beispiel dafür ist der Ausfall eines Schuldners.1

Bei der Messung derartiger Risiken wird zwischen der Zinsposition und der Marktzins- volatilität unterschieden. Die Zinsposition eines Unternehmens ist das Volumen auf das sich die entsprechende Verzinsung bezieht. Ein höherer Nennbetrag einer An- leihe entspricht somit einer größeren Zinsposition. Die Volatilität einer Position ist deren Empfindlichkeit, auf andere Größen und Umstände zu reagieren.2 Bei Markt- zinssätzen handelt es sich dabei allgemein um ihre Schwankungsneigung. Unterliegt ein Zinssatz hohen Schwankungen, wird er als sehr volatil bezeichnet.

Zwei international wichtige und viel beachtete Zinssätze sind LIBOR und EURIBOR. Die Abkürzung LIBOR steht für London Interbank Offered Rate. Dieser Zinssatz gibt an, zu welchen Konditionen sich in London ansässige Großbanken untereinander Kre- dite zur Verfügung stellen würden. Es handelt sich somit um einen Interbankenzins- satz. Er wird täglich unter wichtigen Kreditinstituten ermittelt und veröffentlicht. Diese müssen bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, so z.B. eine ausreichende Bonität.3 Der EURIBOR folgt diesem Prinzip und bezieht sich auf europäische Geldhäuser. EURIBOR bedeutet Euro Interbank Offered Rate. In Abbildung 1 ist am Beispiel des LIBOR für 12 Monate (12-M-LIBOR) zu sehen, dass ein solcher Zinssatz enormen Schwankungen ausgesetzt sein kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: 12-Monats-LIBOR im Zeitraum September 2014 - September 2015 4

Der LIBOR ist dabei nicht nur für Banken von Relevanz. Auch andere Unternehmen können von Schwankungen der Interbankenzinssätze betroffen sein. So können Un- ternehmen, die sich von einer Bank Geld leihen möchten, Kredite mit Konditionen abschließen, die an den LIBOR gekoppelt sind. Eine mögliche Vereinbarung wären Zinszahlungen des Unternehmens an die Bank in Höhe des LIBOR + 1%. Solche Zah- lungen könnten quartalsweise nachschüssig berechnet und beglichen werden. Ein hö- herer Satz führt so zu höheren Zinszahlungen und damit zu einer größeren finanzi- ellen Belastung des Unternehmens.

Ein anderes Beispiel ist ein Unternehmen, das Geld in eine flexibel verzinsliche An- leihe investiert. Hier ergibt sich eine andere Ausgangslage. Die investierten Mittel verzinsen sich beispielsweise mit dem EURIBOR-Satz + 2%. Ein höherer Satz ist in diesem Fall positiv für das betrachtete Unternehmen zu werten. Anhand dieser Fälle wird schnell deutlich, dass kurzfristige Marktzinssätze wie LIBOR und EURIBOR sig- nifikante Auswirkungen auf die finanzielle Situation von Unternehmen haben kön- nen.

Um sich nun vor Zinsänderungsrisiken zu schützen, existieren verschiedenste Arten von Finanzinstrumenten. Diese Finanzinstrumente sind nach deutschem Handelsrecht nicht klar definiert, die internationale Rechnungslegung der IFRS (International Fi- nancial Reporting Standards) definieren sie als einen Vertrag, der „gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit führt“5. Damit umfasst dieser Be- griff ein weites Spektrum an Vorgängen. Unterteilen lassen sich Finanzinstrumente in originäre und derivative Verträge. Typisch für originäre Finanzinstrumente sind Bar- geld, Aktien und Forderungen (oder Verbindlichkeiten) aus Lieferung und Leistung. Zu den derivativen Finanzinstrumenten, auch Derivaten genannt, gehören Optionen, Futures, Währungs-6 und Zinsswaps. Ihr Name stammt vom lateinischen Wort „deri- vare“ bzw. „derivatum“ („ableiten“, „abgeleitet“). Hauptmerkmal der Derivate ist, dass ihr Wert von einem Basiswert abhängt, einer Referenzgröße.7 Bei diesem Un- derlying kann es sich um eine Aktie, finanzielle Kennzahlen wie Indizes oder auch Preise von Rohstoffen und anderen Handelswaren handeln. Das Underlying eines Zinsswaps ist ein variabler Marktzinssatz wie der LIBOR.

Der deutsche Gesetzgeber beschreibt Derivate im Gesetz über den Wertpapierhandel als „Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf […] Wertpapiere oder Geldmarktinstru- mente, Devisen oder Rechnungseinheiten, Zinssätze oder andere Erträge, Indizes […] oder Finanzmessgrößen oder Derivate […]“8. Als Termingeschäft gilt ein Vertrag, wenn der Abschluss des Geschäftes zeitlich nicht identisch mit Übergabe und Bezah- lung des Gegenstandes ist.9 Das Gegenstück hierzu, also ein „normaler“ Vertrag, bei dem Zahlung und Lieferung unmittelbar erfolgen, ist ein sogenanntes Kassageschäft. Des Weiteren lassen sich Derivate in bedingte und unbedingte Verträge einordnen. Bei bedingten Termingeschäften handelt es sich beispielsweise um Optionen. Hier ist die Auslösung des Geschäftes von Seiten des Optionsinhabers nötig, um den endgültigen Vollzug des Geschäftes zu veranlassen.10 Damit sind sie an eine Bedingung geknüpft. Unbedingte Termingeschäfte wie z.B. Swaps bedürfen keiner derartigen Auslösung. Die Erbringung der vereinbarten Leistungen unterliegt einer solchen Bedingung nicht.

Bei einem Zinsswap einigen sich zwei Parteien vertraglich darauf, Zinszahlungen auszutauschen (to swap [engl.] = tauschen). Bei der Standardvariante eines Zinss- waps werden ein fixer und ein variabler Zinssatz zweier Parteien untereinander ge- tauscht. Dabei werden Zinssätze wie LIBOR und EURIBOR zur Basis genommen. Zinsswap-Vereinbarungen können zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken abge- schlossen werden. So können sich Unternehmen mit ihrer Hilfe sowohl vor steigen- den, als auch vor sinkenden Zinsen schützen. Da diese Verträge sehr individuell sein können, um sich optimal an die Bedürfnisse der Parteien anzupassen, ist es schwierig sie für einen Handel an einer Börse zu standardisieren. Gehandelt werden sie deshalb fast ausschließlich außerbörslich, im sogenannten Over-The-Counter-, OTC-Handel. In der Regel schließt ein Unternehmen einen solchen Swap-Vertrag direkt mit einer Bank.11

Zinsswaps lassen sich somit als unbedingte, derivative Finanzinstrumente klassifizie- ren. Ihr Underlying ist ein variabler Marktzinssatz. Das nominale Volumen aller aus- stehenden Zahlungen aus Zins- (und Währungs-)swaps betrug zum Ende des Jahres 2014 381 Billionen US-Dollar.12 Um sich diesen Wert zu verdeutlichen sei erwähnt, dass die Bruttowertschöpfung der gesamten Welt im gleichen Jahr 77,3 Billionen US- Dollar betrug.13

3. Zinsswaps als Finanzinstrument

3.1. Die Funktionsweise von Zinsswaps

Die Standardvariante eines Zinsswaps wird auch als Plain Vanilla Swap bezeichnet. Hier werden variable Zinszahlungen gegen fixe Zinszahlungen derselben Währung getauscht. Diese Zinszahlungen bemessen sich anhand eines fiktiven Nominalbetra- ges. Auf diese Summe einigen sich die beiden Parteien, sie wird selbst aber nicht transferiert. Der Betrag dient lediglich zur Berechnung der Zinsen. Daneben müssen sich die Vertragsparteien bei Abschluss des Swaps unter anderem über die Höhe des fixen Zinssatzes (auch Swapsatz), die Laufzeit des Vertrages und die Tauschzeit- punkte der Zinszahlungen einig werden. Die Bezeichnung Plain Vanilla wird in der Finanzwelt für viele Standardformen von Instrumenten verwendet. Sie hat ihren Ur- sprung vermutlich in den USA. Eiscreme mit Vanille-Geschmack gilt dort als die Standardsorte, diese Metapher wurde für klassisch strukturierte Finanzinstrumente weitergeführt.14

Ein Unternehmen, das innerhalb einer Swap-Vereinbarung einen festen Zinssatz zahlt, wird auch als Payer (to pay [engl.] = bezahlen) bezeichnet. Bekommt es den festen Zinssatz, nennt man ihn Receiver (to receive [engl.] = empfangen). Diese Namen beziehen sich somit immer auf den festen Zinssatz.15 Der Swap wird aus Sicht des Payers auch Payer-Swap, aus Sicht des Receivers auch Receiver-Swap genannt. Ein Beispiel für einen Standardzinsswap ist in Abbildung 2 zu sehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beispiel für einen Standardzinsswap 16

Unternehmer A verpflichtet sich beispielsweise am 06.09.2015 vertraglich über drei Jahre jährlich einen festen Zinssatz von 6% an Unternehmen B zu zahlen. B hingegen zahlt den 12-Monats-LIBOR-Zinssatz an A. Dieser beträgt zu diesem Zeitpunkt 4% und berechnet sich jährlich neu. In Abbildung 2 ist der Austausch der Zinszahlungen zu sehen. Bei Abschluss der Vereinbarung erfolgen keine Zahlungen. Die ersten Zah- lungen werden am 06.09.2016 getätigt, also nach Ablauf eines Jahres. Der LIBOR steht zu diesem Zeitpunkt unverändert bei 4%. Da es üblich ist, die jeweiligen Forderungen und Verbindlichkeiten zu saldieren, wird ausschließlich die Differenz der Konditio- nen gezahlt. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt somit eine Zahlung von A an B in Höhe von 2% des Nominalbetrages. Diese Saldierung wird als Netting, übersetzt etwa „einnet- zen“, bezeichnet.17

Aus Sicht von Unternehmer A überwiegen die Verbindlichkeiten so lange die Forde- rungen gegenüber B, wie der 12-Monats-LIBOR unter 6 % liegt. So lange muss er also jährlich Zahlungen an A leisten. Steigt der 12-M-LIBOR über 6%, beispielsweise auf 8%, bekommt A diese 2% Differenz von B. Ein steigender Referenzzinssatz hat also positive Auswirkungen auf den Payer, ein fallender Zins führt zu negativen Veränderungen auf Seiten des Payers.

3.2. Liability-Swaps

Der Liability-Swap (Liability [engl.] = Verbindlichkeit) stellt eine Umstrukturierung von Zahlungsverpflichtungen dar. Angenommen, Unternehmer A hat laufende Zins- verbindlichkeiten aus einem Darlehen, das er zu einem festen Zinssatz von 9% abge- schlossen hat. Die Restlaufzeit beträgt drei Jahre. Seit Aufnahme des Darlehens sind die Zinsen gesunken und A erwartet einen weiteren Rückgang des Zinsniveaus. Eine vorzeitige Kündigung des nun unvorteilhaften Kreditvertrages lehnt die Bank ab. A möchte daher seinen Festsatzkredit in ein Darlehen mit variablen Zinszahlungen um- wandeln, um vom Sinken des Zinssatzes zu profitieren. A schließt mit Unternehmer B den in Kapitel 3.1 dargestellten Zinsswap für drei Jahre ab.18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Liability-Zinsswap mit Zahlungsstr ö men an eine Bank 19

Da eine Kündigung des Darlehens nicht möglich war, zahlt A weiterhin 9% an die Bank. Aus dem Zinsswap erhält er jährlich den festen Satz von 6% von B und zahlt an diesen wiederum den variablen LIBOR-Satz. Seine jährlichen Verbindlichkeiten lassen sich damit zu 12-M-LIBOR + 2% saldieren, zu sehen in Abbildung 3.

Unternehmer B hat laufende Zinsverbindlichkeiten aus einem Darlehen mit variab- lem Zins in Höhe von LIBOR + 1%. Während A von einem sinkenden Zins ausgeht, erwartet B einen Anstieg des Zinsniveaus. Dies ist seinerseits die Motivation zum Abschluss des Swaps. Er möchte sich durch die Umwandlung seines variablen Zinses in ein Festsatzdarlehen vor einem Anstieg des Zinsniveaus absichern. B zahlt seiner Bank weiterhin LIBOR + 1%, zahlt an A 6% fix und erhält von A den LIBOR-Satz. Auch dieser Vorgang ist in Abbildung 3 zu sehen. Faktisch entsprechen seine Zah- lungsverpflichtungen also 7% Zinsen. Er hat sein variables Darlehen durch den Swap zu einem Darlehen mit festem Zinssatz umgewandelt. Dieses wird auch als syntheti- sche Festsatzanleihe bezeichnet.20

3.3. Asset-Swaps

Neben Zinsverbindlichkeiten können auch die Zahlungsströme aus Zinsforderungen mit Hilfe von Swaps getauscht werden. Diese Asset-Swaps (Asset [engl.] = Vermögen) funktionieren analog zu den Liability-Swaps. Angenommen, Unternehmer A hat in der Vergangenheit eine Investition in eine variabel verzinsliche Anleihe getätigt. Bei dieser Art von Schuldverschreibungen leiht eine Partei einer anderen finanzielle Mittel. Diese verzinsen sich variabel anhand eines Referenzzinssatzes wie LIBOR oder EURIBOR. Eine solche Anleihe wird auch Floating Rate Note oder kurz „ Floater “ genannt. Die Verzinsung der Anleihe ändert sich je nach Änderung des Referenzzinssatzes. Daher stammt die Bezeichnung „Floating“ Rate Note (to float [engl.] = fließen). Für diese Investition erhält A einen variablen Zinssatz. Dieser wird jährlich angepasst und beträgt LIBOR - 1%. A erwartet nun einen Rückgang des LIBOR und möchte seine variablen Forderungen daher in einen fixen Satz transformieren. Dazu schließt er mit B einen Zinsswap ab.21

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Asset-Zinsswap mit Zahlungsstr ö men an den Emittenten einer variabel ver zinslichen Anleihe 22

A erhält aus seiner Investition weiterhin den LIBOR-Satz - 1%, zahlt an B den variab- len LIBOR und bekommt einen fixen Satz von 6%. Faktisch besitzt er nun eine Inves- tition mit fixen Zahlungen von 5%. Es ist ihm durch den Swap gelungen, variable Forderungen in fixe zu tauschen und damit das Risiko von Zinsrückgängen zu ver- ringern. Unternehmer B verhält sich umgekehrt dazu. Er bekommt ursprünglich fixe Zahlungen aus einer Investition, erwartet aber steigende Zinsen und möchte von die- sen profitieren. Durch den Swap wandelt er seine fixen Zahlungsverpflichtungen in variable um.

3.4. Intermediäre als Swap-Partner

In der Praxis treten sowohl bei Liability-, als auch bei Asset-Swaps häufig Vermittler an die Stelle des direkten Vertragspartners. Diese Finanzintermediäre, in der Regel Banken, schließen die jeweiligen Vereinbarungen mit den Unternehmen, die ihre Mo- dalitäten ändern möchten, direkt ab. Da beide Seiten des Tausches ausschließlich ei- nen Vertrag mit der Bank eingehen, muss diese, falls Payer oder Receiver nicht mehr leisten, weiterhin an die zweite Seite des Swaps zahlen. Die Bank übernimmt also in diesem Fall das Kreditrisiko (Ausfallrisiko). Für dieses Risiko und die Vermittlung der Swap-Partner verdient der Intermediär üblicherweise drei bis vier Basispunkte, Prozent des Zinssatzes. Dies wird in Abbildung 5 deutlich. Der Intermediär behält hier gegenüber A 0,03% des festen Zinssatzes ein und verlangt von B 0,02% mehr als den Satz von 6%.23

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Zinsswap mit Bank als Intermediär 24

Neben der Möglichkeit einer Bank als Vermittler eines Swaps kann diese auch als sogenannter Market Makler auftreten. Dabei nimmt das Finanzinstitut eine Seite der Swap-Vereinbarung ein, ohne ein entsprechendes Gegengeschäft mit einem anderen Unternehmen abzuschließen. Dieses Vorgehen wird im englischen als Warehousing bezeichnet. Die Konditionen, zu denen Banken Zinsswaps anbieten, werden von die- sen unter anderem im Internet veröffentlicht. Dabei bildet sich aus dem Mittelwert von Ankaufskurs (Geldkurs) und Verkaufskurs (Briefkurs) der Bank der sogenannte Swapsatz (Swap Rate).25 In Abbildung 6 sind die Konditionen zum Abschluss von Euro-Zinsswaps der Hessischen Landesbank mit Stand vom 16.10.2015 zu sehen, die Sätze sind angegeben in %.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Konditionen zum Abschluss von Zinsswaps der Hessischen Landesbank vom 16.10.2015 (Auszug) 26

Ebenfalls ist in Abbildung 6 zu sehen, dass sich die Zählweise der Tage unterscheiden kann. Dabei gibt es drei Möglichkeiten, mit der variierenden Anzahl von Tagen je Monat und Jahr umzugehen. Bei der Actual/Actual-Methode werden zur Berechnung die tatsächlichen Tage des jeweiligen Jahres und Monats verwendet (actual [engl.] = tatsächlich). Diese Methode wird auch als taggenaue Zinsmethode bezeichnet. Dane- ben kann bei der 30/360-Methode mit jährlich 360 und monatlich 30 Tagen gerechnet werden. Diese Methode wird auch deutsche kaufmännische Zinsmethode genannt. Sie nimmt für das Jahr pauschal 360 und für jeden Monat pauschal 30 Tage zur Basis. Die dritte Methode ist die Actual/360-Methode, auch Eurozinsmethode . Hier wird mit den tatsächlichen Tagen eines jeden Monats und pauschal 360 Tagen für ein Jahr ge- rechnet.27

3.5. Weitere Arten von Zinsswaps

Neben der bisher dargestellten Form des Plain Vanilla Swaps existiert eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von weiteren Ausprägungen dieser Geschäfte. Typischer weise ist der Nominalbetrag, nach dem sich die Zinszahlungen berechnen, bei Ab- schluss des Swaps festgelegt und ändert sich über die Laufzeit der Vereinbarung nicht. Es existieren jedoch Swap-Variationen, bei denen dies nicht der Fall ist. So sinkt der Nominalbetrag eines Amortizing Swap über die Laufzeit hinweg, beispielsweise um sich an Zahlungen eines Tilgungsdarlehens anzupassen. Bei einem solchen redu- ziert sich der Nominalwert des Darlehens in regelmäßigen Abständen. Das Gegen- stück dazu ist der Step-up Swap. Hier erhöht sich der Nominalbetrag der Vereinba- rung im Zuge seiner Laufzeit.28

Werden beide Zinssätze an Referenzgrößen angepasst, handelt es sich um einen Constant Maturity Swap. So kann der feste Zinssatz z.B. von Markt-Swapsätzen für bestimmte Laufzeiten abhängig gemacht werden. Dieser wird, wie beim Plain Vanilla Swap, gegen einen variablen Zinssatz getauscht. Da der Payer in einer solchen Ver- einbarung von einer abflachenden Zinsstrukturkurve profitiert, ist ein solches Ge- schäft beispielsweise für Banken interessant, die unter normalen Umständen negativ von einer flacheren Zinsstruktur betroffen sind.29 Beim Vorliegen einer flachen Zins- strukturkurve sind die Marktzinssätze (Kassazinssätze) bei längeren Laufzeiten iden- tisch mit denen kürzerer Laufzeiten.30

Bei einem Zero-Kupon Swap werden die Zinszahlungen der Festzinsseite erst am Ende der Laufzeit ausgezahlt. Die variablen Zahlungen werden weiterhin regelmäßig be- glichen, sodass für den Receiver einer solchen Vereinbarung ein höheres Kreditrisiko besteht. Starten beide Zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt als bei Abschluss des Vertrages, handelt es sich um einen Forward Swap. Im Vergleich zum Plain Vanilla Swap existieren keine Unterschiede, mit Ausnahme der Vorlaufzeit bis zum Beginn der Zahlungen.31 Zukünftige Geschäfte können so abgesichert werden. Zudem gibt es die Möglichkeit von Optionen auf Swap-Vereinbarungen, sogenannte Swaptions. Der Käufer einer derartigen Vereinbarung erwirbt das Recht, nicht aber die Pflicht, zukünftig ein Swapgeschäft mit dem Verkäufer einzugehen. Dadurch kann sich der Käufer die vertraglichen Details des Swaps bereits im Vorfeld sichern.32

3.6. Motive für den Abschluss eines Swap-Kontraktes

Das hohe Marktvolumen von Zinsswaps lässt sich mit der Attraktivität der Chancen erklären, die sich durch sie bieten. Die Motivation zum Abschluss eines solchen Kon- traktes kann verschiedene Gründe haben. Wie in den vorigen Kapiteln dargelegt, ist die Risikosteuerung der Hauptgrund um Zinsswap-Vereinbarungen einzugehen. Der Schutz vor Risiken durch Marktzinsänderungen kann im Rahmen des Risikomana- gements organisiert werden. Zinsswaps bieten Unternehmen dabei die Möglichkeit, ihre Zinsstruktur verhältnismäßig günstig und schnell umzugestalten. Zudem kön- nen im Rahmen der Steuerung von Risiken mit Hilfe des sogenannten Hedgings auch andere Positionen abgesichert werden. Hier entwickelt sich der Wert des abzusi- chernden Postens gegenläufig zum Wert des Swaps, das Marktrisiko kann ausge- schaltet werden.33

Neben dem Risikomanagement kann mit Zinsswaps auch Spekulation betrieben werden. Hierbei wird ein Swap in der Hoffnung einer Steigerung seines Wertes erworben, die spekulierende Partei übernimmt also das Marktänderungsrisiko. Für die Spekulation eignen sich andere Derivate allerdings besser als Swaps, beispielsweise Fu tures oder Optionen. Zudem gibt es die Möglichkeit der Arbitrage. Als Arbitrage bezeichnet man das Ausnutzen zeitlicher und räumlicher Preisdifferenzen gleicher Positionen, um durch parallele An- und Verkaufsaktionen risikolos Gewinne zu erzielen.34 Dieses Verfahren hat allerdings die Tendenz zur Aushöhlung der bestehenden Gewinnchancen. Dadurch ist Arbitrage im Bereich der Zinsswaps eher als ein geringer Teil des gehandelten Volumens zu betrachten.35

[...]


1 Vgl. Scharpf, Paul/Luz, Günther, Risikomanagement, Bilanzierung und Aufsicht von Finanzderivaten, 2. Auflage, Stuttgart 2000, S. 468 f.

2 Vgl. Grill, Wolfgang/Perczynski, Hans, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 45. Auflage, Köln 2011, S. 286.

3 Vgl. Bösch, Martin, Derivate, 3. Auflage, München 2014, S. 23.

4 Vgl. Finanzet.net GmbH, Libor EUR 12 Monate, in: http://www.finanzen.net/zinsen/li- bor/Libor-EUR-12-Monate, Stand 02.10.2015.

5 IAS 32.11.

6 Ein Währungsswap ist der Tausch von Nominalbetrag und Zinsen einer Währung gegen Nominalbetrag und Zinsen einer anderen Währung.

7 Vgl. Rudolph, Bernd/Schäfer, Klaus, Derivative Finanzmarktinstrumente, 2. Auflage, Berlin 2010, S. 15.

8 § 2 Abs. 2 WpHG.

9 Vgl. Bloss, Michael/Ernst, Dietmar, Derivate, München 2008, S. 2 f.

10 Vgl. Schmidt, Martin, Derivative Finanzinstrumente, 4. Auflage, Stuttgart 2014, S. 3.

11 Vgl. Bösch, Martin, a.a.O., S. 224.

12 Vgl. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, BIZ-Quartalsbericht 2015, in: http://www.bis.org/publ/qtrpdf/r_qt1506b_de.pdf, S. 6, Stand 20.10.2015.

13 Vgl. Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook, in: http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2015/01/pdf/text.pdf, S. 170, Stand 20.10.2015.

14 Vgl. Stauber, Jürgen, Finanzinstrumente im IFRS-Abschluss von Nicht-Banken, 2. Auflage, Wiesbaden 2012, S. 65.

15 Vgl. Rudolph, Bernd/Schäfer, Klaus, a.a.O., S. 131 f.

16 Darstellung modifiziert entnommen aus Hull, John, Optionen, Futures und andere Derivate, 7. Auflage, München 2009, S. 195.

17 Vgl. Bösch, Martin, a.a.O., S. 23.

18 Vgl. Bösch, Martin, a.a.O., S. 225.

19 Darstellung modifiziert entnommen aus Schmidt, Martin, a.a.O., S. 169.

20 Vgl. Bösch, Martin, a.a.O., S. 225 f.

21 Vgl. ebenda, S. 226.

22 Darstellung modifiziert entnommen aus Bösch, Martin, a.a.O., S. 226.

23 Vgl. Hull, John, a.a.O., S. 198 f.

24 Darstellung modifiziert entnommen aus Bösch, Martin, a.a.O., S. 231.

25 Vgl. Hull, John, a.a.O., S. 200.

26 Hessische Landesbank, EUR-Zinsswap, sofortiger Beginn/Spot-Start, in: https://www.helaba.de/de/DieHelaba/MaerkteUndAnalysen/Zinsderivate, Stand 17.10.2015.

27 Vgl. Hull, John, a.a.O., S. 172 f.

28 Vgl. Hull, John, a.a.O., S. 222.

29 Vgl. Bösch, Martin, a.a.O., S. 250 f.

30 Vgl. Stauber, Jürgen, a.a.O., S. 13.

31 Vgl. Steiner, Manfred/Bruns, Christoph/Stöckl, Stefan, Wertpapiermanagement, 10. Auf- lage, Stuttgart 2012, S. 571 f.

32 Vgl. Bloss, Michael/Ernst, Dietmar, a.a.O., S. 158.

33 Nähere Informationen zu Hedging in Kapitel 5.2.

34 Vgl. Rudolph, Bernd/Schäfer, Klaus, a.a.O., S. 34.

35 Vgl. Steiner, Manfred/Bruns, Christoph/Stöckl, Stefan, a.a.O., S. 571.

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Die finanzmathematische Bewertung von Zinsswaps und deren Bilanzierung nach HGB und IFRS
Note
2
Autor
Jahr
2015
Seiten
64
Katalognummer
V334529
ISBN (eBook)
9783668245990
ISBN (Buch)
9783668246003
Dateigröße
979 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bewertung, zinsswaps, bilanzierung, ifrs
Arbeit zitieren
Henning Pollmann (Autor:in), 2015, Die finanzmathematische Bewertung von Zinsswaps und deren Bilanzierung nach HGB und IFRS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334529

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