Heirat, Scheidung und Wiederheirat als Thema der Ökonomik


Seminararbeit, 2015

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Heirat und Scheidung ohne Kinder
2.1 Mo dellannahmen
2.2 Modell und Gleichgewicht
2.3 Schlus s Folgerungen

3. Heirat und Scheidung mit Kindern
3.1 Annahmen
3.2 Modell und Gleichgewicht
3.3 Schlus s Folgerungen

4. Kritik

5. Fazit und Ausblick

6. Appendix

7. Quellenangabe
7.1 Literatur
7.2 Daten des statistischen Bundesamtes

1. Einleitung

Das letzte Jahrhundert wurde durch Veränderungen der Familienstruktur, wie dem Rück­gang der Eheschließungen und der Geburtenrate, sowie einer erhöhten Seheidungsrate, ge­kennzeichnet, So leiten Chiappori und Weiss (2006) ihre Arbeit: “Divorce, Remarriage, and Welfare: A general Equilibrium Approach” ein, Un Deutschland wird derzeit circa jede dritte Ehe geschieden. Die zusammengefasste Seheidungsziffer, also die Summe der ehedauerspe- zifisehen Seheidungsziffern, die sieh als geschiedene Ehen eines Ehesehließungsjahrgangs in Prozent des selben Jahrgangs ergeben, für die Ehedauer von 0 bis 25 Jahren, betrug 2013 35,7%, Sprich von denen die 1988 geheiratet haben, waren 2013 bereits mehr als jeder drit­te wieder geschieden, während dies von den Eheschließungen im Jahr 1965 nur knapp über 20% waren. Zwar ist die zusammengefasste Seheidungsziffer seit einem Höchstwert von 42,5% im Jahr 2004 zurüekgegangen,[1] [2] dennoch scheinen diese Zahlen, aufgrund der weitreichenden Konsequenzen einer Scheidung, sehr hoch zu sein.

Die Thematik zwisehenmensehlieher Beziehungen, zu der auch Scheidungen gehören, wird weitläufig eher als ein Themengebiet der Soziologie statt der Ökonomik gesehen. Deswegen soll kurz auf den ökonomischen Bezug des Themas eingegangen werden. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums, sind Trennung und Scheidung eine der wichtigsten Ursachen für die Entstehung von Kinderarmut und Niedrigeinkommen in Deutschland,[3] Zum einen gibt es neben den psychosozialen Problemen natürlich Kosten für die Beteiligten, des Weiteren führen Scheidungen auch zu Kosten für die Allgemeinheit, durch die überdurehsehnittlieh hohe Inanspruchnahme sozialer Leistungen bei Alleinerziehenden, Auch erwähnt werden soll, dass die Ökonomik als Wissenschaft keineswegs auf Themenge­biete mit monetärem Kontext festgelegt sein muss. Zumeist wird Ökonomik traditionell als Wissenschaft von der Wirtschaft verstanden, mit Themen wie Banken und Versicherungen, jedoch hat sie ihren eigentlichen Ursprung in der Moralphilosophie, genauer gesagt im Uti­litarismus, Wie auch der Begründer der Ökonomik Adam Smith, sprach Jeremy Bentham nicht vom Nutzen, wobei hier gesagt sein soll, dass selbst das Wort Nutzen noch keinen rein monetären Bezug vorsehreibt, sondern vom Glück, Er sucht hierbei nach: “dem größten Glück für die größte Zahl”[4], Für John Stuart Mill einen weiteren Utilitaristen und frühen Ökonom galt es: “Lust zu gewinnen und Unlust zu vermeiden”[5]. Nun wird klar warum auch zunächst faehfremde Themen für Ökonomen und hierbei speziell für Mirkoökonomen interessant sein können: Nichts bringt wohl so viel Glück wie eine Ehe und kaum etwas so wenig Unlust wie eine Scheidung, Einer der ersten Ökonomen des 20,Jahrhunderts, der die mikroökonomisehe Theorie auch auf jene Gebiete ausweitete, die traditionell als Bereich der Soziologie galten, wie beispielsweise Kriminalität, Diskriminierung und die Organisation der Familie, war Gary Becker, Von be­sonderem Interesse für den Bereich Familienökonomie sind hierbei seine Aufsätze: “A Theory of Marriage” (1973) und “An Economie Analysis of Marital Instability” (1977), In denen bereits die Nutzenkalkulation auf den Bereich Scheidung und Trennung angewendet wird. Beispielsweise die von Chiappori und Weiss übernommene Annahme, dass eine Beziehung abgebrochen wird, wenn der Erwartungswert der Beziehung unter den einer Trennung fällt, stammt von Becker,[6]

Chiappori und Weiss wollten mit ihrer Arbeit: “Divorce, Remarriage and Welfare: A general Equilibrium Approach” ein generelles Gleichgewichtsmodell aufstellen, welches die Zusam­menhänge zwischen Eheschließung, Scheidung, verhandelter Transferzahlungen, Wiederheirat und der Wohlfahrt des Kindes beschreiben soll,[7] Wie gut und adäquat ihnen dies gelungen ist, soll im folgenden erläutert werden. Hierzu wird zunächst ihr Modell skizziert, anschließend folgt eine kritische Würdigung und dann ein Fazit,

2. Heirat und Scheidung ohne Kindern

2.1 Modellannahmen

Das Modell von Chiappori und Weiss läuft in zwei Perioden ab. Hierbei wird eine Ehe als Übereinkunft gesehen, die mindestens eine Periode hält. In der ersten Periode trifft jedes Individuum auf ein Individuum des anderen Geschlechts und die Beiden heiraten. Am Ende der ersten Periode wird die Qualität der Beziehung Θ festgestellt. Anhand dieser neuen Information entscheiden die Ehepartner zu Beginn der zweiten Periode, ob sie verheiratet bleiben oder sieh scheiden lassen wollen. Geschiedene Individuen stehen dann wieder dem Ehemarkt zur Verfügung und können in der zweiten Periode erneut heiraten, falls sie einen geeigneten neuen Partner finden. Sollte dies nicht der Fall sein, bleiben sie für immer Single,[8] Es wird von einer homogenen Bevölkerung ausgegangen, alle Individuen verfügen über das selbe Einkommen y und die selben Präferenzen, Die Nutzenfunktion ist additiv und linear. Sie setzt sieh aus monetären und nicht-monetären Erwägungen zusammen. Das Einkommen y wird komplett für den Konsum eines einzigen Konsumgutes ausgegeben und mit diesem gleiehgesetzt. Es gibt also keine Möglichkeit zur Sparentseheidung, um Konsum zwischen den Perioden zu transferieren. Das Konsumgut ist öffentlicher Konsum des Haushaltes, Die Qualität der Beziehung wird mit Θ bezeichnet, sie wird durch eine symmetrische Verteilung Ρ(Θ) mit einem Erwartungswert von Null angegeben und ist unabhängig vom Einkommen, Innerhalb einer Beziehung wird Θ von beiden Partner gleich empfunden.

Die Nutzenfunktion einer verheirateten Person lautet somit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Nutzenfunktion einer unverheirateten Person lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere zentrale Annahme besteht darin, dass die Wahrscheinlichkeit, in der zweiten Periode einen neuen Partner zu finden von der Seheidungsrate d in der ersten Periode ab­hängt, Da davon ausgegangen wird, dass sobald ein neuer Partner gefunden ist, auch ge­heiratet wird, ist die Wahrscheinlichkeit einen Partner zu finden, gleichbedeutend mit der Wahrscheinlichkeit einer erneuten Eheschließung, Diese wird als p bezeichnet. Begründet wird der Zusammenhang zwischen Seheidungsrate d und der Wahrscheinlichkeit einer zwei­ten Eheschließung p, indem von der Existenz nicht zielführender Treffen ausgegangen wird: so genannten “wasted Meetings”, Diese Treffen entstehen, wenn Verheiratete sieh mit unver­heirateten Personen treffen. Da diese bereits vom Ehemarkt entfernt sind, verschwendet das alleinstehende Individuum Zeit und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit eines zielführenden Treffens,

Dadurch gilt für die bedingte Wahrscheinlichkeit einer zweiten Ehe nach einer Scheidung: p = φ(ά).[9]

2.2 Modell und Gleichgewicht

Die Entscheidung, ob eine Scheidung nach der ersten Periode sinnvoll ist, hängt von den Erwartungen an die zweite Periode ab.

Der Erwartungsnutzen für ein geschiedenes Individuum beträgt für die zweite Periode:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei steht das y im ersten Summanden für das eigene Einkommen, das im Zweiten für das des Partners, wobei p die Wahrscheinlichkeit angibt, einen neuen Partner zu finden. Zur Erinnerung: die Qualität der Beziehung Θ wurde mit Erwartungswert 0 angenommen und kommt deshalb nicht in diesem Term vor.

Zu einer Scheidung vor der zweiten Periode kommt es, falls erwartet wird, dass dieser Nutzen die sichere Auszahlung bei fortführen der Ehe übersteigt: y + py > 2 y + Θ.

Daraus folgt der kritische Wert Θ*, ab diesem und für alle darunter liegende Werte kommt es zur Scheidung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird ersichtlich, dass diese Funktion nur negative Werte annehmen kann und mit p steigt.[10] Im Gleichgewicht muss nun die Seheidungsrate d, die von der Entscheidung der Individuen, welche die Wahrscheinlichkeit auf eine zweite Ehe p antizipieren, mit diesen Erwartungen übereinstimmen. Die Gleiehgewiehtsbedingung für p lautet also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da beide Seiten mit p wachsen, gibt es möglicherweise mehrere Gleichgewichte. Was den selbsterfüllenden Zusammenhang zwischen Seheidungsrate und Seheidungswahrseheinliehkeit widerspiegelt. Festzuhalten bleibt hierbei, dass eine Scheidung dann weniger kostspielig ist, wenn die Seheidungsrate hoch ist und somit eine große Wahrscheinlichkeit besteht, einen neuen Partner zu finden.[11]

2.3 Schlussfolgerungen

Für alle als symmetrisch angenommene Individuen ergibt sieh ein erwarteter Nutzen über das gesamte Leben hinweg von:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abgeleitet nach Θ*(ρ) ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Modell führt zu der Aussage, dass in einem Gleichgewicht mit höherer Seheidungsrate die Wohlfahrt für alle Individuen steigt, da ein Anstieg der erwarteten Gewinne diese, in allen Zuständen in denen man sieh zur Scheidung entschließt, erhöht. Dies erklärt sieh da­durch, dass höhere Seheidungsraten die erneute Heirat erleichtern und damit für Menschen in einer schlechten ersten Ehe mehr Alternativen für eine bessere zweite Ehe zur Verfügung stehen. Diese Schlussfolgerung wirkt überraschend und die Autoren räumen ein, dass sieh bei anderen Annahmen andere Folgerungen ergeben würden. Hierbei werden mehrere Mög­lichkeiten genannt. Wenn die Qualität der Beziehung von beiden Partnern nicht als symme­trische wahrgenommen würde, bestünde zum Beispiel die Möglichkeit für den glücklicheren Partner den unglücklicheren Partner in Form einer Seitenzahlung zu entschädigen. Die opti­male Seheidungsrate wäre in diesem Fall geringer. Des Weiteren wird eingeräumt, dass sieh die Ergebnisse verändern würden, wenn man die Einkommen der Partner und damit den Einkommensverlust der anderen Partner im Seheidungsfall nicht als symmetrisch annehmen würde. Das schwerwiegendste Problem höherer Seheidungsraten ist jedoch die Auswirkung auf die Kinder und damit deren Wohlfahrtsverlust. Weswegen sieh die Autoren in einem erweiterten Modell dem Fall einer Scheidung mit Kindern widmen.[12]

[...]


[1] siehe Chiappori und Weiss (2006) S.415

[2] siehe Statistisches Bundesamt (2015.1)

[3] vgl. Andreß (2000)

[4] Bentham (1776) Preface S.3

[5] Mill (1861) S.13

[6] vgl. Becker (1977)

[7] vgl. Chiappori und Weiss (2006) S.416

[8] Streng genommen handelt es sich hier eigentlich um drei Perioden, wobei zwischen Anfang und Ende der zweiten Periode unterschieden wird.

[9] vgl. Chiappoli und Weiss (2006) S.417f

[10] Ehen mit einem Wert von Θ größer gleich Null werden nicht geschieden, da dieser gleich dem Erwar­tungswert ist und das Einkommen aller potenziellen neuen Partner gleich ist. Da die Verteilung zusätzlich als symmetrisch angenommen wurde, bedeutet dies, dass die Hälfte der Ehen ein Θ größer gleich Null haben muss. Dies bedeutet, dass laut Modell immer weniger als die Hälfte der Ehen geschieden werden können.

[11] vgl. Chiappori und Weiss (2006) S.418f

[12] vgl. Chiappoli und Weiss (2006) S.419f

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Heirat, Scheidung und Wiederheirat als Thema der Ökonomik
Hochschule
Universität Augsburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
20
Katalognummer
V334307
ISBN (eBook)
9783668242081
ISBN (Buch)
9783668242098
Dateigröße
642 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ökonomik, Heirat, Wiederheirat, Scheidung, Kinderarmut, Weiss, Chiappori
Arbeit zitieren
M.Sc. Franz Schmid (Autor:in), 2015, Heirat, Scheidung und Wiederheirat als Thema der Ökonomik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334307

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