Thomas Pynchons 'Gravity's Rainbow' zwischen Postmoderne und Postkolonialität


Hausarbeit, 2004

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


0. Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Postmodernismus

2. Postkolonialismus

3. Postkolonialismus und Postmodernismus im Vergleich

4. Was kam zuerst?
4.1. Die Unvereinbarkeit von Postmoderne und Postkolonialismus
4.2. Vereinnahmungstendenzen der Postmoderne
4.2.1. Vereinnahmungstendenzen innerhalb des Postkolonialismus
4.2.2. Postkolonialismus und Postmoderne sind sich ähnlich, aber
4.3. Postkolonialismus und die Rekonstruktion von Geschichte
4.4. Der ambivalente Charakter von Postmoderne und Postkolonialismus
4.5. Postkoloniales Afrika in Gravity’s Rainbow

5. Die Herero in GR – eine kurze Zusammenfassung der Handlung
5.1. Die Herero und das Motiv „Place/Displacement“
5.2. Die Herero und das Motiv der Identität
5.3. Die Herero und das Motiv der Dekonstruktion und Rekonstruktion
5.4. Die Herero im Vergleich zu anderen Charakteren in GR
5.5. Die Herero und Pynchon
5.6. Fazit – Pynchons GR zwischen Postmoderne und Postkolonialität

6. Literaturverzeichnis

7. Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

„But might it not be the case that a single work may be postmodern in the light of one set of interests and values, and postcolonial in the light of another?” (Simon During: Postmodernism or Postcolonialism?, in: Landfall 39.3 (1985), 366-380, hier: 372)

Diese Frage Simon Durings soll das Leitmotiv der vorliegenden Hausarbeit sein. Thomas Pynchon ist ein Autor, der in erster Linie als einer der postmodernen Autoren überhaupt bezeichnet wird. In vielen Texten, die sich mit postmoderner Literatur beschäftigen, wird Pynchon als Paradebeispiel herangezogen.

Die eingehende Beschäftigung Pynchons mit der Geschichte einer kolonisierten afrikanischen Gesellschaft soll hier jedoch Ausgangspunkt für die Frage sein, inwiefern sich Pynchon auch als post kolonialer Autor bezeichnen läßt, bzw. inwiefern seine Auseinandersetzung mit der Thematik als postkolonial einzustufen ist. „Schreibt das Imperium“ auch in Pynchons Romanen bzw. durch seine Romane „zurück“, wie Ashcroft et al. es in ihrem Buch The Empire writes back formulieren? Dieser Frage soll vor allem am Beispiel von Gravity’s Rainbow nachgegangen werden.

Hierzu ist es zunächst notwendig, einen kurzen Einblick in die großen Felder „Postmoderne“ und „Postkolonialismus“ zu geben und deren Verhältnis zueinander zu klären. In einem weiteren Schritt soll dann untersucht werden, inwiefern sich Pynchon mit Thematiken beschäftigt bzw. Stile benutzt, die sowohl Postmoderne als auch Postkolonialismus eigen sind, und wie Pynchon damit „seine“ Herero darstellt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen schließlich Aufschluß darüber geben, wie Pynchon im Verhältnis zu Postmoderne und Postkolonialität zu positionieren ist.

2. Postmodernismus

Dem Begriff der „Postmoderne“ oder des „Postmodernismus“ ist eine Fülle von Werken und Artikeln gewidmet worden, und es läßt sich wohl selbst zu den Charakteristika, die lange Zeit von vielen als die Hauptkennzeichen der Postmoderne angesehen wurden, inzwischen gegenteilige Meinungen finden. Der Streit fängt schon beim Ursprung des Begriffes an, den die einen in Amerika sehen, die anderen in Lateinamerika. Thematisiert wird außerdem das Verhältnis zu seinem Vorgänger, die „Moderne“: Ist der Postmodernismus ein „Anti-Modernismus“ oder doch eher eine Fortführung des Modernismus? Hat der Postmodernismus bestimmte stilistische Merkmale, die ihn unterscheiden? Oder hat es alle diese stilistischen Merkmale auch schon in anderen Strömungen oder Epochen gegeben? Ist Postmodernismus überhaupt eine „Epoche“, d.h. ist Postmodernismus zeitlich aufzufassen? Oder ist es eine Weltanschauung, eine Ideologie, ein Wertsystem, eine Ästhetik oder eher, wie Peter V. Zima postuliert, nichts von alledem, sondern vielmehr als „Ensemble von verwandten Problemen und Fragen“ zu verstehen, „d.h. als Problematik, auf die Individuen und Gruppen sehr unterschiedlich, auch widersprüchlich antworten.“ (Peter V. Zima: Moderne/ Postmoderne, 2. Aufl., Tübingen, Basel: A. Francke Verlag, 2001, 12).

Wie die verschiedenen Autoren den Begriff der Postmoderne für sich definieren, hängt natürlich in erster Linie stark davon ab, in welchem Kontext sie den Begriff gebrauchen möchten, d.h. welches Erkenntnisinteresse sie verfolgen. Diese Eingrenzung macht auch für die vorliegende Arbeit Sinn, deren Erkenntnisinteresse in einem Vergleich zwischen den Begriffen des Postmodernismus und der Postkolonialität liegt. Ich möchte mich daher, ganz bewußt selektiv, auf einige wenige vermeintliche Charakteristika des Postmodernismus konzentrieren, die einen Vergleich mit dem Begriff des Postkolonialismus möglich machen.

Diese Charakteristika könnten gut als das zusammengefaßt werden, was Ashcroft et. al. in ihrem Werk The Empire writes back als ‚crisis of authority’ bezeichnen:

‘Decentred, allegorical, schizophrenic ... however we choose to diagnose its symptoms, postmodernism is usually treated, by its protagonists and antagonists alike, as a crisis of cultural authority, specifically of the authority vested in Western European culture and its institutions. (...)’” (Owens (1983), 57; zitiert nach: Ashcroft (1989), 162)

Diese Infragestellung der Autorität oder auch Legitimität europäischer bzw. „west­licher“ Sichtweisen zeigt sich in erster Linie in einem Streben postmoderner Autoren nach „Dekonstruktion“: Dekonstruktion von Identität, von Geschichte, von Vernunft und Objektivität, von Realität, kurz Dekonstruktion von allem, was vormals als selbstverständlich und gegeben galt. Mit dieser radikalen Infragestellung wird das narrative Element jeglicher Realität in den Vordergrund geschoben. Gerade mit Hilfe des Mittels der Dekonstruktion wollen postmoderne Autoren auf die Konstruktion aller „Realität“ um uns herum hinweisen. Wenn man etwas dekonstruieren kann, heißt es, daß es konstruiert war bzw. konstruiert werden kann. Ein Begriff, der in dieser Hinsicht öfter benutzt wird, um dieses Phänomen zu bezeichnen, ist der Begriff der „Metafiktion“. Diese Art der Fiktion stellt sozusagen immer wieder ihre eigene Fiktionalität in den Vordergrund, fokussiert immer wieder auf den „fiktionalen Prozeß“, bzw. den „Vorgang des Erzählens“ (siehe hierzu z.B. Thomas Irmer: Metafiction, Moving Pictures, Moving Histories. Der historische Roman in der Literatur der amerikanischen Postmoderne, Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1995).

Diese Dekonstruktion bzw. Infragestellung von „Realität“ läßt außerdem die Frage nach „anderen Realitäten“ bzw. anderen Sichtweisen aufkommen. Dies hat eine Beschäftigung mit dem „Anderen“ (und natürlich daher auch mit dem „Selbst“) zur Folge.

All die eben beschriebenen Charakteristika bzw. Problemstellungen, die viele Wissenschaftler der postmodernen Literatur zuordnen, eignen sich gut für einen Vergleich mit postkolonialer Literatur, welche auf ganz ähnlichen Charakteristika und Fragestellungen basiert.

3. Postkolonialismus

Auch über den Begriff des „Postkolonialismus“ bzw. etwas enger gefaßt der „postkolonialen Literatur“ gibt es Uneinigkeiten über die genaue Definition. Während eines der einflußreichsten Werke in dieser Richtung, The Empire writes back von Ashcroft, Griffiths und Tiffin, anfänglich noch eine sehr weite Definition des Begriffes gibt, mehren sich in Reaktion darauf die kritischen Stimmen, die nach einer differenzierteren Betrachtungsweise der ganzen Problematik verlangen, und dies nicht selten auch in Bezug und in Abgrenzung zur postmodernen Literatur.

Wie definieren also zunächst Ashcroft et al. „postkoloniale“ Literatur? Hierzu geben die Autoren als ersten Parameter eine „gemeinsame Erfahrung“ der diese Literatur produzierenden Menschen an:

„This book is concerned with writing by those peoples formerly colonized by Britain, though much of what it deals with is of interest and relevance to countries colonized by other European powers, such as France, Portugal, and Spain.” (Bill Ashcroft u.a. (Hrsg.): The Empire Writes Back. Theory and practice in post-colonial literatures, London 1989, 1)

„Postkoloniale“ Literatur ist also nach Meinung der Autoren länderspezifisch. Die gemeinsame Erfahrung bildet hier die Kolonisierung durch, wie die Autoren betonen, „European imperial domination“ (Ashcroft (1989), 2; meine Hervorhebung). Dies ist insofern wichtig, als daß Ashcroft et al. in logischer Konsequenz auch die US-amerikanische Literatur als postkoloniale Literatur auffassen, was jedoch, wie später noch analysiert werden soll, in der Folge von vielen anderen Autoren kritisiert und zurückgewiesen werden sollte. Die Autoren von The Empire writes back argumentieren jedoch:

„But its [the USA’s] relationship with the metropolitan centre as it evolved over the last two centuries has been paradigmatic for post-colonial literatures everywhere.” (Ashcroft (1989), 2)

Die gemeinsame Erfahrung, kolonisiert worden zu sein, ist jedoch nur das erste Merkmal. Wichtig sei vor allem, wie sich dies dann auf den weiteren Lauf der Geschichte, und u.a. somit auch auf die Literatur aus diesen Ländern auswirkte:

„What each of these literatures has in common (...) is that they emerged in their present form out of the experience of colonization and asserted themselves by foregrounding the tension with the imperial power, and by emphasizing their differences from the assumptions of the imperial centre. It is this which makes them distinctively post-colonial.” (Ashcroft (1989), 2)

Ein weiteres Merkmal postkolonialer Literatur ist also ihr Verhältnis zum ehemaligen Kolonisator, welches sich in ihrem Bemühen ausdrückt, sich von diesem und seinem dominierenden Diskurs abzugrenzen. Während in einer ersten Entwicklungsphase die Literaturen der Kolonisierten noch sehr abhängig von der kolonialen Macht gewesen seien, so könne man in der weiteren Entwicklung mehr und mehr den Versuch einer Abnabelung beobachten:

„It is characteristic of these post-colonial texts that the potential for subversion in their themes cannot be fully realized.” (Ashcroft (1989), 6; meine Hervorhebung)

„The development of independent literatures depended upon the abrogation of this constraining power and the appropriation of language and writing for new and distinctive usages. Such an appropriation is clearly the most significant feature in the emergence of modern post-colonial literatures.” (Ashcroft (1989), 6; meine Hervorhebung)

Ashcroft et al. benutzen Begriffe wie subversion, abrogation und appropriation. Sie scheinen also das post- in „postkolonial“ auch deutlich als anti- zu verstehen, eine Meinung, die in der Folge nicht von allen Kritikern geteilt werden wird. Die Autoren von The Empire writes back sehen jedoch eines der Hauptcharakteristika postkolonialer Literatur eben in dieser Anfechtung des bisher als einzig legitim angesehenen Diskurses der Kolonialmacht. Insofern wird all das, was ehemals als „absolute Wahrheit“ propagiert wurde, nun relativiert und als subjektive Sichtweise einer bestimmten dominierenden Instanz, nämlich der Kolonialmacht, bloßgestellt. Gleichzeitig geht postkoloniale Literatur, laut Ashcroft et al. noch einen Schritt weiter, denn es geht nicht nur um die bloße Aufdeckung, sondern auch um die Wirkungsweise und Macht von Diskursen:

„The concept of discourse (...) has been useful in locating the series of ‘rules’ which determine post-coloniality. (...) What rules, for instance, allow the construction of a map, model, or classificatory system? What rules allow us to identify certain individuals as authors, to identify certain texts as ‘literature’?” (Ashcroft (1989), 167)

Dieses Demontieren und Delegitimieren kolonialer Betrachtungs- und Darstellungs­weisen zieht die Frage nach der eigenen Identität bzw. der eigenen Darstellung von Identität, Geschichte, Wahrheit usw. nach sich. Ashcroft et al. bezeichnen dieses weitere wichtige Charakteristikum postkolonialer Literatur als eine Beschäftigung mit „Place and Displacement“:

„A major feature of post-colonial literatures is the concern with place and displacement. It is here that the special post-colonial crisis of identity comes into being; the concern with the development or recovery of an effective identifying relationship between self and place. (...) Beyond their historical and cultural differences, place, displacement, and a pervasive concern with the myths of identity and authenticity are a feature common to all post-colonial literatures in english.” (Ashcroft (1989), 8f.)

Der koloniale Einfluß wird also auch als Entwurzelung im weitesten Sinne erfahren, mit der sich die postkoloniale Literatur nunmehr durch verschiedene diskursive Praktiken auseinanderzusetzen versucht.

Soweit zunächst ein kurzer Überblick über das richtungsweisende Werk The Empire writes back von Ashcroft et al. Wie schon zu Anfang erwähnt, gab es in der Folge eine große Menge an Reaktionen zu diesem Thema. Es wurde weiter spezifiziert und natürlich auch kritisiert. Da ein Großteil an Kritiken interessanterweise gerade aus einem Vergleich mit dem Phänomen der postmodernen Literatur entsprang, soll diese im nächsten Kapitel besprochen werden, der eben die Vergleichbarkeit von Postmoderne und Postkolonialismus zum Thema hat.

4. Postkolonialismus und Postmodernismus im Vergleich

In diesem Kapitel soll nun der Versuch unternommen werden, das Verhältnis zwischen den zwei Begriffen Postmoderne und Postkolonialität zu analysieren. Die Frage nach einer Begründung oder eines Nutzens eines solchen Unterfangens beantwortet Simon During folgendermaßen:

„Postcolonialism and postmodernism are terms whose application involves a politics. From within a particular society, to encourage postcolonial images and texts rather than postmodern ones, or vice-versa, is to point the culture in a particular direction. Such texts and images enter into, and may come to control, the social apparatuses (...) in which cultural political actions occur. Thus to establish the relations between the two terms is a crucial task.” (During (1985), 371f.)

Mit dieser Begründung, die ausdrücklich die politische Dimension der ganzen Problematik proklamiert, tritt During schon mitten in eine der Kontroversen um Postmoderne und Postkolonialität. Jedoch würden wohl hier selbst diejenigen, die der Postmodernen Literatur jegliches gesellschaftskritisches oder politisches Engagement absprechen, During hier im Grundsatz Recht geben. Denn auch „unpolitisches“ Verhalten hat letzten Endes eine politische Dimension.

Die Grundfrage, um die es bei der Debatte geht, bzw. die zwei Grundpositionen, zwischen denen die ganze Argumentation pendelt, formuliert Linda Hutcheon sehr treffend:

„In literary critical circles, debates rage about whether the post-colonial is the postmodern, or whether it is its very antithesis (...).” (Linda Hutcheon: ‘Circling the Downspout of Empire’: Post-Colonialism and Postmodernism, in: Ariel: A Review of International English Literature 20.4 (1989), 149-175, hier: 149)

Zwischen den zwei Extremen „Postmoderne gleich Postkolonialität“ und „Postkolonialität ist das ganze Gegenteil von Postmoderne“ gibt es eine ganze Reihe von unterschiedlichen Positionen, die einmal mehr, einmal weniger Gemeinsamkeiten zwischen den beiden literarischen Strömungen sehen und dies auf unterschiedliche Weise begründen.

Im folgenden sollen die wichtigsten dieser Positionen und Problemstellungen vorgestellt werden.

4.1. Was kam zuerst?

Wenn das Verhältnis zwischen Postmoderne und Postkolonialität diskutiert wird, kommt unweigerlich die Frage auf, welches Phänomen denn nun zuerst da war? Der Wunsch, den vermeintlichen „Erstgeborenen-Status“ der Postmoderne in Frage zu stellen, entspringt hier häufig gerade der Kritik an der Vereinnahmung der Postkolonialen Theorie durch die Postmoderne.

Der Streit um den Ursprung der Postmoderne fängt schon bei „handfesten“ geographischen Aspekten an:

„The fact that postmodernism is alternatively claimed as an invention of either Latin America or the United States (...) is interesting in this light, for it indirectly points to the intersection of the concerns of postmodernism and post-colonialism that interests me here.” (Hutcheon (1989), 160)

Selbst wenn man nicht der Meinung Ashcrofts und anderer Theoretiker ist, daß die USA als postkolonialer Staat bezeichnet werden müsse, bleibt da immer noch Lateinamerika als postkolonialer und dazu noch „Dritte-Welt“-Kontinent in Frage für den Geburtsort der Postmoderne.

Unabhängig von geographischen Gesichtspunkten gibt es jedoch auch theoretische Argumente, die auf einen Ursprung der Postmoderne in den ehemals kolonisierten Gebieten, bzw. in der Begegnung mit den Bevölkerungen dieser kolonisierten Gebiete hinweisen. So sehen es unter anderem auch die Autoren von The Empire Writes Back:

„Conversely, it is arguable that dominant European movements, such as postmodernism, which have sought in recent times to reabsorb post-colonial writing into an international postmodern discourse, may themselves, in fact, be more indebted to the cultural effects of the material practice of colonization and its aftermath than is usually acknowledged.” (Bill Ashcroft u.a. (Hrsg.): The Empire Writes Back. Theory and practice in post-colonial literatures, London 1989, 156)

Die Begegnung mit den kolonisierten Völkern führte laut der Autoren schon in der Endphase der Moderne zu einem Umdenken und Infragestellen bisher als unumstößlicher Tatsachen angesehener Gegebenheiten. Neue, bisher nicht gekannte Sichtweisen über die Welt, Gott, Kunst usw. führte zu einer Relativierung eigener Sichtweisen:

„Europeans were forced to realize that their culture was only one amongst a plurality of ways of conceiving of reality and organizing its representations in art and social practice. Central to this perception was the encounter with African culture (...).” (Ashcroft (1989), 156)

Laut dieser Auffassung waren es also die kolonisierten Völker, welche später eine postkoloniale Literatur in Gang setzen sollten, die auch die Charakteristika der Postmoderne, wie Relativierung, Dekonstruktion, Identitäts-, Autoritäts- und Legitimierungskrise usw. auslösten. Somit würde die Postmoderne tatsächlich zumindest einer kolonialen Bedingung entspringen:

„Here, at the moment of formation of the central texts of modernism, and especially of those modernist texts which point towards the possibilities of the post-modernist deconstruction of the stability and authority of form per se, the encounter with the Other in the form of non-European cultures is crucial. From now on the ‘discovery’ of cultures essentially different from Europe in their basis and development is a central factor in the production and reproduction of European art itself. In this sense the emergence of post-colonial art and its engagement with European models is, from the beginning, part of a radical process affecting both European and non-European cultures.” (Ashcroft (1989), 158)

Einen weiteren Argumentationspunkt, der jedoch die Problematik von einer etwas anderen Seite aufgreift, liefert Arun Mukherjee. Er stellt sich die Frage, inwieweit das Revolutionäre der Postmoderne wirklich so neu ist, und ob dies vielleicht nicht vielmehr eine Frage des Standpunktes sei:

„And so, what may seem postmodernist and new to cultural outsiders may seem quite ordinary and traditional to those from within a culture.” (Arun P. Mukherjee: Whose Post-Colonialism and Whose Postmodernism?, in: World Literature Written in English 30.2 (1990), 1-9, hier: 4)

Mukherjee macht darauf aufmerksam, daß durch die Proklamation des Neuen und Revolutionären an postmoderner Literatur im Grunde auch wieder universalistisch (von einem Standpunkt aus verallgemeinernd für alle anderen) vorgegangen wird, was gerade die Postmodernisten doch vermeiden wollten. In dieser Hinsicht wehrt Mukherjee sich auch gegen die allzuschnelle Vereinnahmung von Autoren aus ehemals kolonisierten Ländern unter das Label „Postmodern“, denn:

“(...) antirealist representation, parody, auto-referentiality, problematizing of history, etc. are deemed to be postmodern tendencies, regardless of their purpose or origin in non-European traditions of story telling. (...) The indigenous roots of the work of ‘postmodernist’ writers like Rushdie are seldom acknowledged and examined by postmodernists.” (Mukherjee (1990), 3)

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Thomas Pynchons 'Gravity's Rainbow' zwischen Postmoderne und Postkolonialität
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Deutsch-amerikanische Vermittlungen - Thomas Pynchon, Thomas Meinecke
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
34
Katalognummer
V33286
ISBN (eBook)
9783638338059
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Thomas Pynchon behandelt in seinem Buch Gravity's Rainbow ein bisher relativ unbekanntes Kapitel deutscher Geschichte: die deutsche Kolonialgeschichte, insbesondere die "Deutsch-Südest-Afrikas" (Namibia). Pynchon thematisiert hier den Genozid am Volk der Hereros. In der Hausarbeit soll daher untersucht werden, inwiefern man Pynchons Roman nicht nur als postmodern, sondern auch als postkolonial einstufen kann, und wie die komplexen Beziehungen der Postkolonialität zur Postmoderne zu bewerten sind
Schlagworte
Postmoderne, Postkolonialität, Deutsch-amerikanische, Vermittlungen, Thomas Pynchon, Thomas Meinecke, Gravity's Rainbow
Arbeit zitieren
Nadia Cohen (Autor:in), 2004, Thomas Pynchons 'Gravity's Rainbow' zwischen Postmoderne und Postkolonialität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33286

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