Messung der Kundenzufriedenheit


Seminararbeit, 2003

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Kundenzufriedenheit - Schlüssel zum Erfolg ?
2.1. Abgrenzung des Kundenzufriedenheitsbegriffs
2.2. Erfolgsfaktor Widerkäufe
2.2.1. Kundenzufriedenheit als relativer Wert - Das Disconfirmations-Modell
2.2.2. Erwartungen - Die Soll-Komponente
2.2.3. Wahrgenommene Leistungen - Die Ist-Komponente
2.2.4. Diskrepanzanalyse - Der Soll-Ist-Vergleich
2.3. Über Kundenzufriedenheit zum KKV

3. Messung der Kundenzufriedenheit
3.1. Übersicht über die Verfahren zur Messung von Kundenzufriedenheit
3.2. Objektive vs. subjektive Verfahren (Wahrnehmung)
3.3. Ereignis- vs. merkmalsorientierte Verfahren (Orientierung)
3.4. Implizite vs. explizite Verfahren (Direktheit)
3.5. Ein- vs. mehrdimensionale Verfahren (Dimensionalität)
3.6. Ex ante / ex post vs. ex post Verfahren (Zeitpunkt der Messung)

4. Fallbeispiel zur Kundenzufriedenheitsmessung
4.1. Die Bedeutung der Conjoint Analyse für die Zufriedenheitsmessung
4.2. Durchführung einer „traditionelle“ Conjoint Analyse
4.2.1. Festlegung von Merkmalen und Ausprägungen
4.2.2. Bestimmung des Erhebungsdesigns
4.2.3. Präferenzmaß
4.2.4. Die Umfrage - Datenerhebungsmethoden
4.2.5. Schätzung der Teilnutzenwerte
4.2.6. Kundensegmentierung
4.2.7. Entscheidungsregeln
4.2.8. Die Limit Conjoint Analyse

5. Fazit und Ausblick

Literatur- und Internetseitenverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1-1: Entwicklung von Nutzenkategorien in einer Kundenbeziehung

Abb. 2-1: Wirkungsweise des C/D-Paradigmas

Abb. 3-1: Systematisierung von Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

Abb. 3-2: Analyse des Abwanderungsprozesses eines Versicherungs- kunden

Abb. 3-3: Beispiele für Beschwerdeanalyse (Hotelkette)

Tab. 4-1: Marktanteile und ihre Veränderungen auf der Strecke Frankfurt London

Abb. 4-1: Merkmale und ihre Ausprägungen

Abb. 4-2: Die bisherigen Angebote der drei Fluggesellschaften

Tab. 4-2: Von SPSS generierte Conjointkarten

Tab. 4-3: Ratingwerte der Produktkarten durch die zehn ersten Probanden

Tab. 4-4: Metrische Varianzanalyse mit Transformation und Justierung

Abb. 4-3: Bedeutung der einzelnen Merkmale (anhand der Daten des ersten Probanden)

Tab. 4-5: Skalentransformation für die Limit Conjoint Analyse

1. Einleitung

„Der Kunde ist König“! Dieser Satz gilt heute mehr denn je. Längst ist aus der einst so großen „Service-Wüste“ Deutschland1 nur noch ein kleiner Sandkasten geworden. Der Kunde steht im Vordergrund, und das Zauberwort Kundenorientierung macht die Runde.

Dieses Phänomen hat jedoch nichts mit Kundenliebe zu tun, sondern ist reinem Gewinnstreben un- terworfen. So heißt es in der Praxis, dass nur ein zufriedener Kunde auch ein guter Kunde ist. Denn nur dieser wird wiederkommen und dem Unternehmen Umsatz generieren. Hauptgrund für dieses veränderte Denken sind die wettbewerblichen Veränderungen, die in den letzten Jahrzehnten immer deutlicher wurden. So befinden sich viele Märkte heute in einem fortgeschrittenen Stadium des Markt- lebenszyklus, der sog. Reife- oder Stagnationsphase, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Umsatz- steigerungen nur noch durch Verdrängungswettbewerb oder Erschließung neuer Märkte möglich ist, was die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen erklärt.2 Durch den verschärften Wett- bewerb und das steigende Anspruchsdenken der Kunden ist die Gewinnung neuer Kunden in der heutigen Zeit deutlich erschwert und merklich teurer als in der Vergangenheit.3 Durch die zunehmende Standardisierung der (technischen) Qualität wurden die Anbieter-wechselbarrieren (auch Mobilitäts- barrieren genannt) deutlich abgebaut.

Somit fokussieren sich heute viele Unternehmen darauf, ihre Kunden langfristig an sich zu binden und die bereits bestehenden Beziehungen auszubauen. Die Anstrengungen vieler Unternehmen richten sich deshalb primär nicht mehr auf einmalige Kaufvorgänge von Kunden, sondern auf langfristige Geschäftsbeziehungen und Markentreue, was in der Theorie unter Kundenbeziehungsmanagement zusammengefasst wird.4 Der Aufbau eines stabilen Kundenstammes gelingt jedoch nur, wenn man eine hohe Kundenzufriedenheit erreicht. Die Gleichung scheint für Unternehmen ganz einfach: Aus Kundenzufriedenheit folgt Kundenbindung und schließlich Unternehmensgewinn. Dieser Zusammenhang wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen (vgl. Abb.1-1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - 1: Entwicklung von Nutzenkategorien in einer Kundenbeziehung5

2. Kundenzufriedenheit - Schlüssel zum Erfolg?

Die Bedeutung der Kundenzufriedenheit für Unternehmen fußt auf zwei Hauptaspekten. Zum einen führt Kundenzufriedenheit dazu, dass Kunden nicht zur Konkurrenz abwandern, sondern eher zu Wiederkäufen neigen. Auf der anderen Seite kann Kundenzufriedenheit als Quelle komparativer Konkurrenzvorteile angesehen werden.

2.1. Abgrenzung des Kundenzufriedenheitsbegriffs

Zufriedenheit ist ein psychologisches Phänomen, das positiv belegt ist und ein angenehmes Gefühl beschreibt. Es bezeichnet eine emotionale Reaktion auf Umwelteinflüsse, wie z.B. die eines Kunden auf eine unternehmerische Leistung. Erste Ansätze zur Zufriedenheitsmessung wurden in den 60er Jahren in Amerika entwickelt. Diese spezialisierten sich jedoch auf die mittlerweile kaum noch be- achtete Messung der Makro-Kundenzufriedenheit. Heute stehen viel mehr die Modelle der Mikro- zufriedenheit im Vordergrund. In diesem Bereich unterscheidet man zwischen ökonomischen und sozial-psychologischen Modellen, wobei sich letztere in der Praxis durchgesetzt haben.

2.2. Der Erfolgsfaktor Wiederkäufe

Gerade die Wiederholungskäufe spielen in der Praxis, wie oben bereits erwähnt, eine enorme Rolle. Zum einen ist es ungefähr fünfmal so teuer einen Neukunden zu akquirieren als einen Altkunden bei der Stange zu halten,6 auf der anderen Seite entfallen „auf Wiederholungskäufe nahezu 70 Prozent des Umsatzes“.7 Jedoch werden Wiederkäufe von Kunden nur getätigt, wenn ihre Erwartungen erfüllt werden. Vor allem das Disconfirmation-Modell, das eine Ausprägung der sozial-psychologischen Modelle darstellt, findet heute in beinahe allen Bereichen Anwendung.8

2.2.1. Kundenzufriedenheit als relativer Wert - Das Disconfirmation-Modell

Heute, genauso wie in der Vergangenheit, besteht in der Praxis die allgegenwärtige Meinung, dass eine hohe Korrelation zwischen Qualität und Kundenzufriedenheit existiert. Doch hat sich der Quali- tätsbegriff im Laufe der Zeit grundlegend gewandelt. Es steht weniger die technische Qualität, wie z.B. Verarbeitungsqualität oder Ausschussquote, im Vordergrund, stattdessen definiert der Kunde heute, was Qualität ist. Er ist es, der durch den (Nicht-) Kauf seine Erwartungen und Vorstellungen über die Qualität definiert, wobei die technische Qualität sicherlich immer noch ein wichtiges Konstrukt bildet, jedoch nicht mehr alleine ausschlaggebend ist. Ziel des Unternehmens sollte es also sein, die Quali- tätserwartungen des Kunden zu erfüllen (bzw. zu übertreffen9 ), um ein ausreichendes Maß an Kun- denzufriedenheit zu generieren.10 Kundenzufriedenheit kann somit als Ergebnis eines Bewertungspro- zesses zwischen persönlichen Erwartungen (Soll-Komponente) und subjektiv wahrgenommenen Leis- tungen (Ist-Komponente) definiert werden. Dieser in der Literatur weit verbreitete Erklärungsansatz für Kundenzufriedenheit wird auch als Confirmation/ Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) be- zeichnet.11

2.2.2. Erwartungen - Die Soll-Komponente

Erwartungen können sehr unterschiedlicher Natur sein. Einige Kunden erwarten z.B. freundliche Ver- käufer und gute Beratung, andere wiederum legen mehr Wert auf die Qualität der Produkte oder den Preis. Somit ist es beinahe unmöglich allen Kundenerwartungen gerecht zu werden. Erwartungen können durch persönliche Bedürfnisse, bisherige Erfahrungen und Versprechen, bzw. Image des An- bieters entstehen. Außerdem unterscheidet man die „Höhe“ von Erwartungen. Neben realistischen Erwartungen existieren Idealerwartungen (Idealausprägungen), tolerierbare Leistungen, faire Leistun- gen und erfahrungsgestützte Erwartungen. Kundenerwartungen können also sehr unterschiedlich aussehen.12 Zusätzlich zu der Divergenz der Erwartungen verhindert der dynamische Aspekt, also, dass Erwartungen sich über den Zeitablauf verändern können, eine Standarisierung der Soll- Komponente.13 Diese stellt den Referenzwert für die Beurteilung einer Leistung dar, die mindestens erfüllt werden muss, um einen möglichen Erwerb der Leistung zu rechtfertigen.14

2.2.3. Wahrgenommene Leistungen - Die Ist-Komponente

Die subjektiv wahrgenommene Leistung, bzw. Erfahrung, die durch den Ge- bzw. Verbrauch eines Gutes entsteht, verkörpert die Ist-Komponente.15 Sie ist für den Kunden der wichtigste Bestandteil der Bewertung von Leistungen. Es kann vorkommen, dass die individuelle empfundene Leistung von der objektiven Ist-Leistung abweicht. Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum einen besitzt der Mensch nur eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazität und kann somit nicht die gesamte Eigenschaftspalette einer Leistung bewerten, sondern muss sich auf für ihn relevante Aspekte konzentrieren. Des Weiteren können Wahrnehmungsverzerrungen entstehen, falls die Ist-Komponente nicht mit der Soll-Komponente übereinstimmt.16

2.2.4. Diskrepanzanalyse - Der Soll-Ist-Vergleich

Die Diskrepanzanalyse bezeichnet einen kognitiven Vergleich zwischen Soll- und Ist-Leistung. Dabei unterscheidet man zwischen drei Erscheinungsformen. Entweder ist die Ist-Leistung kleiner, gleich groß oder größer als die Soll-Leistung. Wird die Soll-Leistung durch die Ist-Bewertung erfüllt bzw. übertroffen, ist der Kunde zufrieden. Im Gegensatz dazu entsteht Unzufriedenheit, wenn die Kunden- erwartungen nicht ausreichend erfüllt werden. Falls es zu einer negativen Nicht-Bestätigung der Kun- denerwartungen kommt, bedeutet dies aber nicht zwangsläufig den Verlust des Kunden. Zunächst würde man annehmen, dass die positive Nicht-Bestätigung besser als die simple Bestätigung der Erwartungen ist, was aus Kundensicht sicherlich auch so zutrifft, doch birgt das Übertreffen der in die Leistung gesetzten Erwartungen auch eine Gefahr. So wird der Kunde seine Erwartungen (Soll- Leistung) den gestiegenen Ist-Leistungen möglicherweise anpassen, was einen erhöhten Leistungsdruck für das Unternehmen zur Folge hat.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - 1: Wirkungsweise des C/D-Paradigmas [verändert]18

2.3. Über Kundenzufriedenheit zum komparativen Konkurrenzvorteil

Der Schlüssel zum Erfolg eines Unternehmens ist die Schaffung von komparativen Konkurrenzvortei- len (KKV). Man kann KKV nur generieren, wenn man aus Sicht des Kunden19 bestimmte Probleme besser lösen kann als die Konkurrenz.20 Dies verlangt jedoch konsequente Orientierung an den Wün- schen und Bedürfnissen der Kunden. Durch diese entsteht Kundenzufriedenheit, was Quelle eines KKV ist. Kundenzufriedenheit bekommt eine noch größere Bedeutung, wenn man sich Gedanken über Mundpropaganda macht. So hat die in den USA entwickelte TARP-Studie21 herausgefunden, dass positive Erfahrungen an durchschnittlich drei Personen weitergegeben werden, negative jedoch bis zu 10 Personen berichtet werden. Unzufriedene Kunden bergen also eine große Gefahrenquelle für jedes Unternehmen.

Trotzdem darf nicht der Fehler gemacht werden, die Maximierung der Kundenzufriedenheit als einziges Ziel zu verfolgen. Die Wirtschaftlichkeit und damit der langfristige Erfolg des Unternehmens sollte weiterhin im Vordergrund stehen. Kundenzufriedenheit als Maxime stellt somit auch keine Ja-Nein- Entscheidung dar, sondern ist in unterschiedlichem Ausmaß realisierbar.

3. Messung der Kundenzufriedenheit

Die konsequente Kundenorientierung und der damit verbundene Grundsatz der Kundenzufriedenheit lassen sich nur durch eine ständige Kontrolle des Kundenzufriedenheitsgrades umsetzen. Dazu ist es notwendig ein Modell zur Messung zu entwickeln.

3.1. Übersicht über die Verfahren zur Messung der Kundenzufrie- denheit

In der Literatur existieren sehr viele unterschiedliche Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit, deshalb ist es sinnvoll diese in ein strukturiertes Schema zu ordnen. Zunächst einmal kann man zwischen objektiven und subjektiven Verfahren unterscheiden.22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - 1: Systematisierung von Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit [verändert]23

3.2. Objektive vs. subjektive Verfahren (Wahrnehmung)

Objektive Verfahren beruhen nicht auf sozial-psychologisch subjektiven Wahrnehmungsmodellen, sondern betrachten die ökonomische Seite. Indikatoren zur Messung können monetäre Größen, wie z.B. Umsatz oder Gewinn, oder andere Größen, wie z.B. Wiederkaufrate oder Marktanteilsentwicklun- gen sein. Viele Studien haben eine hohe Korrelation zwischen diesen Größen und der Kundenzufrie- denheit entdeckt. Trotzdem besitzen objektive Verfahren große Mängel. So kann zum einen die Kun- denzufriedenheit auch von unzähligen anderen Faktoren, wie z.B. der konjunkturellen Entwicklung, abhängen und sind somit den Wettbewerbskräften des Marktes ausgesetzt. Zum anderen treten diese Größen immer zeitlich verzögert zur Kundenzufriedenheit auf, da die Steigerung der Kundenzufrie- denheit ein Prozess darstellt und sich keineswegs über Nacht vollzieht. Auch die Wiederkaufrate fällt diesem Problem zum Opfer, da, wenn sie fällt, es häufig schon zu spät sein kann, um Gegenmaß- nahmen einzuleiten. Subjektive Verfahren hingegen basieren auf individuellen Wahrnehmungsmodel- len. In der Praxis hat sich diese Art durchgesetzt, da objektive Verfahren zu viele Probleme aufweisen, um valide und reliable Ergebnisse bei der Messung der Kundenzufriedenheit zu erreichen24

3.3. Ereignis- vs. merkmalsorientierte Verfahren (Orientierung)

Ereignisbezogene Messverfahren fokussieren bestimmte, für die Kundenbeziehung wichtige, Stan- dard- oder Schlüsselerlebnisse. Sie werden deshalb auch häufig als Kontaktpunktanalysen bezeich- net. Hierbei unterscheidet man zwischen vier verschiedenen Messmethoden: Die sequenzielle Ereig- nismethode, die Critical-Incident-Technik, die Switching-Path-Analyse, sowie die Root-Cause- Analyse.25

Die sequenzielle Ereignismethode basiert auf einer phasenorientierten Kundenbefragung durch die die vollständige Erfassung der Kundenbeziehung über Kundenkontakte dargestellt werden soll. Zwar ist es möglich durch die persönliche Kundenbefragung reliable und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, doch entstehen auf der anderen Seite sehr hohe Erhebungs- und Auswertungskosten, was dieses Verfahren nicht unbedingt attraktiv macht.26

Die Critical-Incident-Technik betrachtet die Schlüsselereignisse zwischen Kunden und Unternehmen. Durch offen standardisierte Interviews sollen die vom Kunden individuell empfundenen Schlüsselsitua- tionen untersucht werden. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass alle Aspekte, die aus Kundensicht relevant sind, betrachten werden können. Jedoch entsteht hier ebenfalls ein erheblicher Kostenauf- wand.27

Die Switching-Path-Analyse verkörpert eine Weiterentwicklung der gerade erklärten Critical-Incident- Technik. Das Ziel dieser Analysemethode besteht darin, den gesamten Abwanderungsprozess von Kunden darzustellen - angefangen von den ersten Problemen bis hin zur endgültigen Trennung und Anbieterwechsel. Dadurch sollen relevante und hilfreiche Informationen zur Kundenrückgewinnung und zum Verhalten gegenüber abwanderungswilligen Kunden bereitgestellt werden. Abb. 3-2 stellt eine solche Analyse des Abwanderungsprozesses beispielhaft für ein Versicherungskunden dar.28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - 2: Analyse des Abwanderungsprozesses eines Versicherungskunden29

Die Root-Cause-Analyse schließlich sucht nach Gründen der Abwanderung. Wie in der obigen Abbil- dung ersichtlich kann es sehr viele unterschiedliche Abwanderungsgründe geben. Diese sind jedoch mit herkömmlichen Verfahren, wie z.B. Befragung, kaum hinreichend abzubilden. Deshalb wird die Root-Cause-Analyse in einem äußerst komplexen mehrstufigen Verfahren durchgeführt.30

Der signifikante Vorteil ereignisbasierter Messverfahren besteht darin, Situationen aus Sicht des Kunden aufzuarbeiten, um in den Schlüsselsituationen, die eine Kunden-Unternehmen-Beziehung prägen, erfolgreicher zu handeln. Jedoch ist eine quantitative Messung innerhalb dieser Verfahren nicht möglich und der Betrachtungshorizont ist zeitlich stark eingeschränkt, was dazu führt, dass sie sehr selten, bzw. nur punktuell eingesetzt werden.

Merkmalsbasierte Ansätze hingegen betrachten ein „breites Spektrum an Produkt-, Service- oder In- teraktionsmerkmalen“31 und besitzen eine größere Validität als ereignisorientierte Verfahren. In der Praxis wird deshalb häufig auf merkmalsorientierte Messverfahren zurückgegriffen. Gelegentlich fin- den jedoch auch die ereignisorientierten Messmethoden als sog. Vor- oder Prüfuntersuchungen An- wendung.

3.4. Implizite vs. explizite Verfahren (Direktheit)

Implizite Verfahren messen anhand von Indikatoren die Kundenzufriedenheit durch die Ermittlung von wahrgenommenen Leistungsdefiziten. Diese Daten ermitteln sie über eine umfassende Analyse des Beschwerde- oder Reklamationsverhaltens der Kunden durch die zufriedenheitsrelevante Informatio- nen generiert werden sollen.32 Eine Häufung von Beschwerden ist normalerweise ein deutliches Zei- chen, dass ein Problem existiert. Eine beispielhafte Beschwerdeanalyse für eine Hotelkette ist in Abb. 3-3 ersichtlich.

In diesem Beispiel erhält eine Hotelkette im März 248 Beschwerden, von denen 24 % auf das Haus 3 entfallen. Davon sind ein enormer Anteil (62 %) auf das Check-In zurückzuführen bei dem die Kunden hauptsächlich (74 %) auf Grund der zu langen Dauer (Wartezeit) unzufrieden sind.

Jedoch sind solche impliziten Verfahren nicht immer problemlos durchführbar. So kann das Ausblei- ben von Beschwerden nicht zwangsläufig mit vollkommener Zufriedenheit der Kunden gleichgesetzt werden. Für die Kunden bedeutet eine Beschwerde einen hohen Zeitaufwand, viel Ärger, gepaart mit einer mangelnden intrinsischen Erfolgsaussicht, was nicht gerade der Steigerung der Beschwerdera- ten zu Hilfe ist. Aus diesem Grund beschweren sich in der Regel „nur etwa 10 - 20 % der unzufriede- nen Kunden tatsächlich bei einem Unternehmen“.33 Auch ein künstliches Stimulieren der Beschwer- deneigung bei Kunden34 erscheint nicht sinnvoll. Selbst die Abwanderung von Kunden kann nicht oh- ne weiteres als implizite Beschwerdeanalyse herhalten, da häufig Kunden abwandern, ohne dass das Unternehmen es merkt. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Bankkunde einfach ein neues Konto bei einer anderen Bank eröffnet, ohne das alte zu räumen. Und auch die Befragung von Ver- käufern, Händlern oder Absatzmittlern, die in früheren Jahren häufig zur Praxis gehörte, ist heute auf Grund der Verzerrungen durch strategische Antworten längst nicht mehr zeitgemäß.

[...]


1 http://www.fraunhofer.de/german/publications/df/df1997/197-30.htm

2 Voeth, M.; 2003; S. 31 f.

3 Simon, H.; Homburg, C.; 1998; S. 19

4 Hermann, A.; Johnson, M.; 1999

5 Reichheld, F. F.; Sasser, W. E. Jr.; 1990; S.108

6 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S.15

7 Griffin, A., Gleason, G., Preiss, R., Shevenaugh, D.; 1995; S. 65

8 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S.5 f.

9 Wir werden später sehen, dass das Übertreffen der kundenspezifischen Qualitätserwartungen nicht immer vorteilhaft sein muss

10 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S.2 f.

11 Homberg, Ch.; Hentschel, F.; Giering, A.; 1997; S.176 f.

12 Schütze, R.; 1991, S. 160 ff.

13 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S.7 ff.

14 Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003; S. 296

15 Simon, Homburg, 1998, S.39 ff.

16 Zur Vertiefung empfehle ich Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003

17 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S.11

18 Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003; S. 296

19 subjektiv vom Kunden empfunden - nicht zwangsläufig objektiv

20 Backhaus, K.; 1999; S, 26 ff.

21 der interessierte Leser sei auf http://www.e-satisfy.com verwiesen

22 Andreasen, A.R.; 1982; S.182-195

23 Simon, H.; Homburg. C.; 2003; S. 118.

24 Simon, H.; Homburg, C.; 2003; S. 118 f.

25 Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003; S. 308

26 Stauss, B.; Hentschel, B.; 1991; S. 242 f.

27 Bitner, M. J.; Booms, B. H.; Tetreault, M. S.; 1990; S. 71 ff.

28 Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003; S. 310 ff.

29 Bruhn, M.; Meffert, H.; 2003; S. 312

30 zur Vertiefung empfehle ich Wilson, P. F.; Dell, L. D.; Anderson, G. F.; Wilson, P. E.; 1993

31 Simon, H.; Homburg, C.; 2003; S. 120

32 Scharnbacher, K.; Kiefer, G.; 2003; S. 20

33 Simon, H.; Homburg, C.; 1998; S. 151

34 zur näheren Vertiefung möchte ich hierfür Homburg, Ch.; Fürst, A.; 2003 nahe legen

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Messung der Kundenzufriedenheit
Hochschule
Universität Hohenheim  (Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Produktion und Logistik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
28
Katalognummer
V33135
ISBN (eBook)
9783638336864
Dateigröße
803 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Allgemeine Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit + Fallbeispiel via Conjoint-Analyse
Schlagworte
Messung, Kundenzufriedenheit
Arbeit zitieren
Ulrich Reidel (Autor:in), 2003, Messung der Kundenzufriedenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33135

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Titel: Messung der Kundenzufriedenheit



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