Blombergs Rolle im Kampf um die Wehrmacht bei der Bestimmung des Verhältnisses von Militär und politischer Führung


Seminararbeit, 2004

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Ausgangsposition der Reichswehr vor der Machtübernahme Hitlers

3. Blombergs Ernennung zum Reichswehrminister

4. Blombergs Kampf um die Wehrmacht bis zum Jahre 1934
4.1 Der Kampf gegen die Gleichschaltung
4.1.1 Kooperation und Öffnungspolitik
4.1.2 Personalpolitik in der Reichswehr
4.2 Der Kampf um das Waffenmonopol
4.2.1 Die Rolle der SA
4.2.2 Die Beteiligung der Reichswehr am „Röhm-Putsch“

5. Blombergs Rolle im Kampf um die Wehrmacht bis zum Jahre 1938
5.1 Der Kampf gegen die Gleichschaltung der Wehrmacht
5.2 Personalpolitik und ideologische Beeinflussung
5.3 Die Rolle von SA und SS nach dem „Röhm-Putsch“

6. Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Der 30. Januar 1933 stellte einen bedeutenden Tag in der Geschichte des Deutschen Reiches dar. Nicht nur die Tatsache, dass Adolf Hitler an diesem Tag zum Reichskanzler ernannt wurde, sondern auch die Ernennung des neuen Reichswehrministers von Blomberg hatten äußerst nachhaltige Wirkungen für den Verlauf der Geschichte.

Blomberg verfolgte während seiner Amtszeit zwei Hauptziele. Zum Einen wollte er die Reichswehr vor einer Gleichschaltung durch die Partei bewahren. Zum Anderen wollte er Loyalität gegenüber Hitler zeigen, um somit die Erhaltung des Waffenmonopols zu erzielen und eine Verknüpfung mit der SA zu vermeiden.

Im Rahmen dieser Seminararbeit soll aufgezeigt werden, wie Blomberg es versuchte, diese Ziele zu realisieren und in wieweit er dabei immer mehr Boden im Hinblick auf das hereindringende Gedankengut des Nationalsozialismus preisgeben musste. Es wird dabei der Frage nachgegangen, inwiefern Blomberg handelte, um das Verhältnis zwischen Militär und politischer Führung zu bestimmen. Da Blomberg dabei stets einen Drahtseilakt zwischen Loyalitätserweisung und Unnachgiebigkeit gegenüber dem Regime meistern musste, kann sein Handeln als Kampf bezeichnet werden.

Nachdem die militärischen Ausgangspositionen knapp erläutert wurden, wird auf die Ernennung Blombergs zum Reichswehrminister eingegangen, um dann den Schwerpunkt der Arbeit, Blombergs Kampf um die Wehrmacht zu erörtern. Dabei wird eine Unterteilung in die Zeit vor und nach dem 30.06.1934 vorgenommen, um die Wichtigkeit des „Röhm-Putsches“ für Blombergs weitere Zielverfolgung darzustellen.

2. Die Ausgangsposition der Reichswehr vor der Machtübernahme Hitlers

Der Zusammenbruch des Kaiserreiches im Jahre 1918 stellte für das deutsche Offizierkorps mehr als nur einen Übergang von einer Staatsform zu einer anderen dar. Für die Repräsentanten der Armee brach vielmehr eine Welt zusammen. So schrieb ein bayerischer Artillerieoffizier:

„... die Revolution hat mir den Rest gegeben und hatte mir das Letzte geraubt...nun sieht man plötzlich alles...über den Haufen stürzen. Es geht einem, wie wenn man einen lieben Menschen begraben hat.“[1]

Die Armee war nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches orientierungslos geworden. Dies lag daran, dass das Offizierkorps sein Leitbild von der absoluten Monarchie verloren und seit deren Wegfall keine neue Basis gefunden hatte. Die parlamentarische Republik wurde als Gegenpol angesehen und somit nicht akzeptiert.[2] Der neue Staat wurde oftmals als Übergangserscheinung angesehen. Angestrebt wurde hingegen eine Staatsform, die sich „außenpolitisch als nationalstaatliche Großmacht, innerpolitisch als autoritär strukturierter Obrigkeitsstaat darstellte.“[3] Diese Orientierungslosigkeit der Armee, die mit dem Wunsch einer Veränderung der aktuellen Situation einherging, bot dem Nationalsozialismus eine große Angriffsfläche. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges wünschten sich die Soldaten eine erneute Stärkung der militärischen Kraft, sowie die Beseitigung der Bestimmungen des Versailler Vertrages, die in ihren Augen allenfalls ein Minimum an äußerer Sicherheit für das Deutsche Reich boten[4]. Vor allem in der Reichswehrführung gab es den Wunsch nach einem verteidigungsstarken Staat in dessen Ordnung sich der Wehrgedanke allgemeiner Anerkennung erfreuen sollte.[5]

Die Reichswehrführung war geschlossen der Meinung, dass es im Interesse eines schwachen Staates sein müsse, wieder zur Stärke zurückzufinden. Diese Ansicht wurde durch die Befürchtung bekräftigt, die Reichswehr könne im Notfall an der Aufgabe der Grenzsicherung scheitern. Während die wehrpolitischen Thesen der Nationalsozialisten den Vorstellungen der Reichswehrführung entsprachen, wurden die Auffassungen der Sozialdemokraten und anderer linksgerichteter Parteien als wehrfeindlich abgetan.[6]

Durch das andauernde Festhalten der Seekt´schen Ideale und der damit verbundenen Forderung von Überparteilichkeit und politischer Abstinenz wurde das Offizierkorps sehr anfällig für den sich entwickelnden „wehrfreudigen“ Totalitarismus.[7] So kam es, dass die Reichswehr seit 1930 mehr als eine neutrale Rolle übernahm.

3. Blombergs Ernennung zum Reichswehrminister

Das Frühjahr 1933 war gekennzeichnet durch eine überaus hohe nationale Erregung bei großen Teilen der Reichswehr. Es existierte ein fester Glaube an den zukünftigen Weg zu „nationaler Größe und Wiedergeburt.“[8] Dieser Glaube rührte aus der „Sehnsucht nach absoluter Wehrerkenntnis“[9] und wurde durch die beabsichtigten Erhöhungen des Wehrkraft, sowie der zugesicherten zentralen Stellung der bewaffneten Macht weiter unterstützt.

Die Soldaten dieser Zeit waren beeindruckt von der „nationalen Sprache“[10] des Nationalsozialismus und hofften auf eine schnelle Beseitigung der Auflagen des Versailler Vertrages. Das Offizierkorps des Heeres hatte eine uneinheitliche Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus. Vor allem die jüngeren Offiziere waren von ihm überzeugt. Dieser Umstand, kein geschlossenes Meinungsbild abgeben zu können, führte dazu, dass das Offizierkorps politisch leicht beeinflussbar war.

Dies waren die Umstände, in denen Werner von Blomberg 1933 zum Reichswehrminister ernannt wurde. Die Vorgänge, die dazu führten, sind bis heute allerdings nicht gänzlich geklärt. Es ist unsicher, ob bereits frühzeitig Besprechungen mit Hitler stattgefunden haben, um die Frage nach einem neuen Reichswehrminister zu klären. Es ist jedoch erwiesen, dass Blomberg und Reichenau, beide Kandidaten, die für diesen Posten in Frage kamen, „grundsätzlich dem Nationalsozialismus wohlwollend, mindestens aber nicht ablehnend gegenübergestanden haben.“[11] Für die Ernennung Blombergs sprach zudem, dass das Reichswehrministerium in den Händen eines aktiven Offiziers liegen sollte, dessen politische Richtung nicht festgelegt war. Des weiteren hatte er bereits politische Erfahrungen als Delegierter bei der Abrüstungskonferenz 1932 in Genf gesammelt.[12] Diese Erfahrung, gepaart mit seinem „weltmännisch-verbindlichen Auftreten“[13] befähigte ihn in den Augen des Reichspräsidenten von Hindenburg für den Posten des Reichswehrministers. So wurde Blomberg am Morgen des 30.01.1933 durch den Reichspräsidenten vereidigt, der ihm den „Auftrag“ mit auf den Weg gab, Schluss mit den politischen Methoden Schleichers zu machen.[14]

Die Besetzung des Amtes des Reichswehrministers hatte im weiteren Verlauf der Geschichte schwerwiegende Folgen. Hitler sah in Blomberg einen idealen Partner für die Umsetzung seiner politischen Ziele, die er sich für die Reichswehr gesteckt hatte. Blomberg war zwar als einer der „begabtesten und neuzeitlich denkenden Offiziere bekannt“[15], galt aber nie als starker Mann. Sein Spitzname „Gummilöwe“ charakterisierte ihn in passender Weise, da er nach außen hin sehr imponierte, und innerlich sehr stark schwankte.[16] Er war ein untypischer General, über den Feldmarschall von Rundstedt sagte: „Blomberg war uns immer etwas fremd, er schwebte in anderen Regionen. Er war Anhänger der Steinerschen Richtung, etwas theosophisch und so weiter, es konnte ihn eigentlich niemand recht leiden.“[17]

Blomberg stammte aus einer Offizierfamilie und blickte auf eine erfolgreiche Karriere zurück. Als Chef des Truppenamtes (1927 – 1929) und späterer Befehlshaber des Wehrkreises I (Ostpreußen) hatte er sicherlich die fachliche Qualifikation für das Amt des Reichswehrministers. Fritsch schätzte Blomberg zwar sehr als Mensch, beschrieb ihn allerdings als impulsiv, schwankend und „jeder Beeinflussung von außen zugänglich.“[18] Die Aussage Blombergs, Hitler wirke auf ihn „wie ein großer Arzt“[19] ist bezeichnend für seine „emotionale Gläubigkeit“[20] in den neuen Reichskanzler. Die Ausstrahlung der Person Adolf Hitlers hatte einen enorm hohen Einfluss auf Blomberg. So kam es, dass er dieser Person in den folgenden Jahren in zunehmendem Maße verfiel.[21]

4. Blombergs Kampf um die Wehrmacht bis zum Jahre 1934

4.1 Der Kampf gegen die Gleichschaltung

4.1.1 Kooperation und Öffnungspolitik

In den ersten Jahren als Reichswehrminister verfolgte Blomberg die Zielsetzung, die Reichswehr jeglichen politischen Einflusses zu entziehen, sowie das Waffenmonopol der Reichswehr aufrechtzuerhalten. Seine Politik war zunächst nur auf die Kooperation mit der politischen Führung ausgerichtet. Sie äußerte sich bereits während der ersten Kabinettssitzung am 31. Januar 1933. Auf dieser Sitzung wurden zwei Fragen erörtert.

Zum Einen wurde die Frage geklärt, wie sich die Regierung gegenüber der Kommunistischen Partei verhalten sollte. Hitler sprach sich gegen deren Verbot aus, da er einen Generalstreik befürchtete, der die Wirtschaft stark treffen könnte. Zudem befürchtete er starke innenpolitische Kämpfe.

Zum Anderen wurde darüber beraten, wie die Reichswehr bei eventuellen Unruhen handeln sollte. Hitler vertrat die Meinung, die Reichswehr solle nicht für innenpolitische Zwecke eingesetzt werden. Blomberg befürwortete diesen Vorschlag mit der Begründung, „dass der Soldat als einzig möglichen Gegner einen äußeren Feind anzusehen gewohnt sei.“[22] Er verfolgte die Strategie der „Entpolitisierung“ und der Nichteinmischung in innenpolitische Angelegenheiten. So war es auch von Hindenburg gefordert worden, als er am vorherigen Tag vereidigt worden war. Die Tatsache, dass sich die Reichswehr voll und ganz politischer Diskussionen entzog, war ganz in seinem Sinne.

Mit dieser Erklärung Blombergs wurde dem Reichspräsidenten jedoch ein Teil seiner Entscheidungsfreiheit genommen. Es war sein Recht, bei einer Störung oder bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, bzw. bei der Nichteinhaltung von Reichsgesetzen mit der bewaffneten Macht einzuschreiten um eine Wiederherstellung der geordneten Verhältnisse zu erwirken. Blomberg hatte Hitler insofern den Weg geebnet, als das dieser fortan mit parteieigenen Mitteln gegen Unruhen und Widerstände angehen konnte, ohne Ausnahmebefugnisse des Reichspräsidenten einholen zu müssen.

Die Reichswehrführung hatte in ihren Augen zunächst das erreicht, was sie wollte: Sie war unparteilich und ließ innerpolitische Probleme nicht an sich heran. Die ersten öffentlichen Stellungnahmen des Reichswehrministeriums entsprachen daher auch den Forderungen des Reichspräsidenten, die Reichswehr solle sich jeder politischen Diskussion entziehen. Die Methoden Schleichers, dem politischen General[23], sollten beendet werden. Daraufhin wurde einer der engsten Mitarbeiter Schleichers, General von Bredow, entlassen. Dieser Akt wurde in der Zeitung mit der Überschrift : „Die Entpolitisierung der Reichswehr“[24] gemeldet.

In seinem Antrittserlass stellte Blomberg die Reichswehr als überparteiliches Machtmittel des Staates dar, welches es zu erhalten und zu fördern gelte. Als er am 3. Februar 1933 zu den höheren Befehlshabern sprach, stellte er erneut heraus, dass die Reichswehr aus der Politik herauszuhalten sei. Blomberg verstand den Begriff der „Entpolitisierung“ jedoch vielmehr als „Nichteinmischungsversprechen“[25] in innerpolitische Angelegenheiten. Beruhigt durch die Aussage Hitlers, die Reichswehr würde nicht wie in Italien mit der SA verknüpft werden, nutzte Blomberg den Februar, um die Wehrkreise zu bereisen. Auf einer der Reden erklärte er, dass die Soldaten außerhalb des politischen Kampfes stünden. Die Soldaten gehörten seiner Meinung nach zu keiner Klasse, sondern zum gesamten Volk. Während dieser Reise hatte er im Wehrkreis V befohlen, dass bei Unruhen nicht die verfassungsmäßige Regierung in Stuttgart, sondern die Nationalsozialisten unterstützt werden sollten.[26] Weiterhin sollte es eine festere Zusammenarbeit und ein engeres Verhältnis zwischen den Befehlshabern der Wehrkreise und den in den Ländern eingesetzten nationalsozialistischen Reichsstatthaltern angestrebt werden. Hier wird deutlich, wie die Politik Blombergs ausgerichtet war. Sie hatte das Ziel, der nationalsozialistischen Staatsführung entgegenzukommen, um der Reichswehr gute Positionen für ihre Rolle im Staat zu schaffen.

[...]


[1] E. Wagner (1963), S.22 ff.

[2] Vgl. K.-.J. Müller (1988), S.20.

[3] K.-J. .Müller (1988), S. 21.

[4] Vgl. M. Messerschmidt (1969), S. 1.

[5] Ebenda.

[6] Ebenda.

[7] Vgl. B. Weil (1985), S.15.

[8] B. Weil (1985), S. 16.

[9] Vgl. B. Weil (1985), S. 16.

[10] Vgl. B. Weil (1985), S. 16.

[11] K.-J. Müller (1988), S. 50.

[12] Vgl. H. Höhne (1983), S. 254.

[13] K.-J. Müller (1988), S. 50.

[14] Vgl. T. Vogelsang, (1962), S. 395 f.

[15] Vgl. H. Foertsch (1951), S. 30.

[16] Vgl. G. Buchheit (1961), S. 4.

[17] Zitat nach H. Foertsch (1951), S. 30.

[18] Ebenda.

[19] R. Diels (1950) in K.-J. Müller (1988), S. 51.

[20] K.-J. Müller (1988), S. 51.

[21] Vgl. H. Foertsch (1951), S. 30.

[22] Dokument PS-351, Bd. XXV, S. 375, Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher in F. Hossbach (1957), S. 96.

[23] M. Zeidler (1993), S. 293.

[24] Zitat nach T. Vogelsang: Reichswehrdokumente, S. 436 in: Müller (1988), S. 61.

[25] K.-J. Müller (1988), S. 63.

[26] Vgl. K. D. Bracher (1962), S. 200.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Blombergs Rolle im Kampf um die Wehrmacht bei der Bestimmung des Verhältnisses von Militär und politischer Führung
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V32970
ISBN (eBook)
9783638335577
ISBN (Buch)
9783638683012
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Blombergs, Rolle, Kampf, Wehrmacht, Bestimmung, Verhältnisses, Militär, Führung
Arbeit zitieren
Sven Tillery (Autor:in), 2004, Blombergs Rolle im Kampf um die Wehrmacht bei der Bestimmung des Verhältnisses von Militär und politischer Führung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32970

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