Schelmenromane. Thomas Manns "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull"


Seminararbeit, 2003

14 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Vorwort

1 Einleitung
1.1 Die Historie des Schelmenromans
1.2 Der Pikaro als Protagonist des Schelmenromans

2 Pikareske Elemente der neueren Romane

3 Hauptteil
3.1 Fiktive Ich- Erzählform
3.2 Parallelen zu historischen Pikaroromanen
3.3 Herkunft von Felix Krull
3.4 Episodisches Erzählschema
3.5 Entkriminalisierung Krulls
3.6 Schimmelpreester als Mentor der „Kunst“
3.7 Erweckungserlebnis bei der Initiations- Szene
3.8 Die Kunst des Sich- Verstellens
3.9 Kosmische Mysterien und mythologische Identifikationen
3.10 Schelmenbeichte

4 Zusammenfassung

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

0 Vorwort

In dieser Seminararbeit wird der Roman „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ von Thomas Mann als mögliches Beispiel für einen modernen Schelmenroman aus dem 20. Jahrhundert gewählt. Es wird daher auf den folgenden Seiten über die „Kunst der Täuschung“ insofern eingegangen, dass man sie in Beziehung von inhaltlichen Aspekten des Täuschens (Krull täuscht als Protagonist der Geschichte die anderen Figuren) zu der Art des Erzählens (Krull täuscht als Ich- Erzähler die Lesenden und ist daher ein „unzuverlässiger Erzähler“) setzt.

Dies gilt es nun zu belegen. Falls es zutreffen würde, wäre dies ein Hinweis dafür, dass das Werk „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ wirklich zur Gattung der Schelmenromane angehören würde.

1 Einleitung

Thomas Mann, der 1875 in Lübeck geboren wurde, begann im März 1910 an diesem Roman zu schreiben. Anfangs, so sagt man zumindest, war es noch nicht einmal Manns Absicht einen Schelmenroman zu verfassen. Erst durch die Lektüre der Memoiren Georges Manolescus, welcher im 19. Jahrhundert ein berüchtigter Hochstapler und Dieb war, wurde er auf die Fährte der Schelmengeschichte geführt[1].

In seinem Werk geht es nicht „nur“ um „Die Kunst der Täuschung“, welche Krull zweifellsfrei in gekonnter Manier umsetzt. Sein Talent liegt natürlich einerseits in seinen schon fast chamäleonhaften schauspielerischen und figurwandlerischen Fähigkeiten, andererseits mag er auch durch seine sehr reichhaltige und äußerst ausdrucksstarke Rhetorik zu überzeugen.

Aber Thomas Mann hat diesem Schelmenroman auch eine kleine Prise Sozialkritik hinzugefügt. Diese „Zutat“ gehört diesem Genre an, allerdings nur insofern die Figur des Schelms (vgl. auch Hermann Botes „Till Eulenspiegel“) für diese prädestiniert ist. Der Protagonist soll die Mängel und Fehler der Gesellschaft aufdecken und diese parodieren.

Die Satire in der Zeitkritik und Darstellungsweise wird also hauptsächlich für die sozialkritischen Seitenhiebe verwendet, welche die besitzgierige Gesellschaft betreffen. Das für einen Schelm charakteristische Merkmal, nämlich „das zur Perfektion gebrachte Stehlen“, welches die „Kardinalstugend des Pikaro“[2] darstellt, wird hauptsächlich hierfür angewandt.

1.1 Die Historie des Schelmenromans

Der Schelmen- oder auch Pikaroroman hat seine Wurzeln in Spanien. Hier entstand die novela picaresca während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Nach dem Täuschungsprinzip „Mehr zu geben, als man hat“ handelte der Anti- Held („outcast“) des Schelmenromans. Aufgrund seiner familiären und gesellschaftlichen Herkunft hätte der Pikaro im Hintergrund stehen müssen. Deshalb versuchte er etwas nach Außen darzustellen, was er nicht war.

Charakteristisch für den Schelmenroman ist seine meist in autobiographischer Erzählform geschilderte Lebensgeschichte eines vagabundierenden und bindungslosen Außenseiters, „der sich in einer locker gefügten Folge von Episoden mit Gewitztheit und moralisch nicht unbedenklichen Mitteln gegen eine feindliche und korrupte Welt behauptet“[3]. Allerdings wird von dieser beschriebenen Welt auch ein satirisch gezeichnetes Panorama entwickelt.

Die Bezeichnung Pikaro, welche auf das lateinische Wort picus (stechen, hacken, picken) zurückzuführen ist, wird im Deutschen häufig mit Landstörtzer übersetzt (z.B.: Hans J. Chr. Grimmelshausen „Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche“).

In vielen neopikaresken Romanen treten Vertrauensschwindler auf. Thomas Manns Krull ist einer von ihnen. Dieser sogenannte „ confidence- man ist gewissermaßen die alltägliche Erscheinungsform des unreliable narrator[4]. Dieser ist der zeitgemäße Nachfahr des Schelms.

1.2 Der Pikaro als Protagonist des Schelmenromans

Der Schelm ist die Hauptfigur eines Pikaroromans. Dieser ist als eine fingierte Autobiographie angelegt und entwickelt durch die fragwürdige Selbstdarstellung des Protagonisten das satirische Bild einer verkehrten Welt. Er durchstreift während seiner Lebensreise die Landschaft horizontal, durchläuft die verschiedenen Gesellschaftsklassen vertikal und wandert zugleich durch die zeitgenössische Mentalität diagonal. Synchron hierzu verläuft „seinem pseudoautobiographischen ein paraenzyklopädscher Erzählstrang parallel“[5]. Der Blick des Ich- Erzählers ist im klassischen Schelmenroman von unten nach oben gerichtet. Dieser fiktive Ich- Erzähler berichtet „ ab ovo, von Anfang bis Ende, wobei er von dem Standpunkt seines persönlichen Lebensendes als reflektierender Autobiograph spricht“[6]. Hierdurch entsteht eine Doppelperspektive, welche dem didaktischen Anspruch des Schelmenromans entgegentritt. Einerseits wird dem Leser das abenteuerliche Leben erzählt, welches dem Prinzip des delectare entspricht. Andererseits wird die Perspektive des gealterten und an Erfahrungen reicheren Erzählers dargestellt, welche hiermit den moralischen Bezug herstellt. Man tituliert dies auch als prodesse.

[...]


[1] Bauer, Matthias: Der Schelmenroman, Stuttgart: Metzler 1994, S.97.

[2] Wagener, H.: Simplex, Felix, Oskar und andere- Zur barocken Tradition im zeitgenössischen Schelmenroman. In: G. Labroisse und G. P. Knapp (Hgg.): Literarische Tradition heute. Amsterdam 1988, S.124.

[3] Bauer, Matthias: Der Schelmenroman, Stuttgart: Metzler 1994, S.38.

[4] Bauer, Matthias: Im Fuchsbau der Geschichte. Anatomie des Schelmenromans. Stuttgart und Weimar 1993, S.149.

[5] Ebd., S.26.

[6] Von Knigge, Adolf: Der Schelm, der nur noch gibt, was er hat. In: Dichtung- Wissenschaft- Unterricht. Rüdiger Frommholz zum 60. Geburtstag, hg. von F. Kienäcker und P. Wolfersdorf, Paderborn 1986, S. 311.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Schelmenromane. Thomas Manns "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull"
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
14
Katalognummer
V32860
ISBN (eBook)
9783638334761
ISBN (Buch)
9783638789783
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schelmenroman, Thomas, Mann, Bekenntnisse, Hochstaplers, Felix, Krull
Arbeit zitieren
Tobias Schwarzwälder (Autor:in), 2003, Schelmenromane. Thomas Manns "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32860

Kommentare

  • Gast am 23.2.2008

    Schelmenroman - Thomas Mann, ....

    Sie schreiben als Erklärung für das lateinische Wort "picus" "stechen, hacken, picken". Ihnen müsste eigentlich klar sein, dass ein lateinisches Wort mit einer solchen Endung entweder ein Adjektiv oder ein Substantiv sein muss, in keinem Fall aber ein Verb! Ich habe als Definition für "picus" die Übersetzung "Specht, Baumhacker, Weissagevogel" gefunden (Georges: Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch). Mich würde interessieren, woher Sie Ihre Übersetzung haben.
    Mit besten Grüßen
    Katharina Vogt

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Titel: Schelmenromane. Thomas Manns "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull"



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